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Aus der Klinik Innere Medizin, Kardiologie, Charité,
Campus Virchow Klinik,
Medizinische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin
In Kooperation mit dem Deutschen Herzzentrum Berlin
DISSERTATION
Phänotypische Charakterisierung von
Patienten mit hypertropher
Kardiomyopathie
und Varianten im β-MHC-Gen und αTropomyosin-Gen
Zur Erlangung des akademischen Grades
Doctor medicinae (Dr. med.)
vorgelegt der Medizinischen Fakultät Charité
der Humboldt-Universität zu Berlin
von
Monika Heydenreich
aus
Bochum,
2001
Dekan: Prof. Dr. Dr. h. c. R. Felix
Gutachter:
1. Prof. Dr. med. V. Regitz-Zagrosek
2. Prof. Dr. med. Osterziel
3. PD Dr. med. Kaab
eingereicht:
19.06.2001
Datum der Promotion: 24.05.2002
Zusammenfassung
Die
hypertrophe
Kardiomyopathie
ist
eine
autosomal
dominant
vererbte
Herzmuskelerkrankung. Es kommt zu einer asymmetrischen Hypertrophie insbesondere
des Herzmuskels. Symptome sind unspezifisch und reichen von Dyspnoe bis hin zu
Synkopen. Gelegentlich ist der plötzliche Herztod die erste Manifestation der Erkrankung.
Molekulargenetische Untersuchung des Genomes dieser Patienten zeigten, dass diese
Patienten Mutationen im Proteinen des Sarkomers aufwiesen. Hierunter fällt das β-MHCGen und α-Tropomysin-Gen.
Wir untersuchten 45 nicht miteinanderverwandte Patienten auf Mutationen im β-MHCGen und im α-Tropomysin-Gen. Folgende molekulargenetische Untersuchungen wurden
angewendet: Polymerase-Ketten-Reaktion, Single-Strand-Polymorphismus-Anlyse und
Sequenzierung.
Bei 6 Patienten (13%) fanden wir eine Mutation im β-Myosin-Gen. Kein Patient hatte eine
Mutation im α-Tropomyosin-Gen. In der Literatur wird eine Mutation im β-MHC-Gen in
bis zu 35% und im α-Tropomyosin-Gen in bis zu 3% der Fälle angenommen. Unsere
Patienten hatten die Mutationen: Exon 13 Arg403Trp und Val411Ile, Exon 19 Arg719Trp,
Exon 20 Ile736Thr, Exon 21 Leu796Phe und Exon 23 Cys905Phe. Die Mutationen
Arg403Trp und Arg719Trp waren vorher bereits bekannt. Die Mutationen, Ile736Thr,
Val411Ile, Leu796Phe und Cys905Phe wurden in der Form von uns erstmals ermittelt.
Offensichtlich besitzen unsere Patienten überdurchschnittlich häufiger Mutationen in
anderen Genen, die in dieser Studie nicht untersucht wurden.
Der Phänotyp der Krankheit der HCM war bei unserem Patientenkollektiv sehr heterogen,
und es ließen sich keine signifikanten Unterscheidungen feststellen. So haben wir uns
darauf beschränkt, bei den 6 Patienten mit Mutationen nur nach den von Burn et al. (1997)
aufgestellten Risikofaktoren zu suchen, die einen plötzlichen Herztod herbeiführen
können, und haben sie danach in Patienten mit einem höheren oder niedrigeren Risiko
eingestuft. Kriterien für ein erhöhtes Risiko, einen plötzlichen Herztod zu erleiden, wurden
von Patienten mit den Mutationen: Exon 13 Arg403Trp, Exon 13 Val411Ile, Exon 19
Arg719Trp, Exon 20 Ile736Thr und Exon 21 Leu796Phe erfüllt. Mutationen an diesen
Positionen sind auch in der Literatur mit einem erhöhten Risiko für einen plötzlichen
Herztod assoziiert worden. Der Patient mit der Mutation im Exon 23 Cys905Phe wies
wenige Risikofaktoren auf und unterscheidet sich somit nicht von den in der Literatur
beschriebenen Patienten. Wir konnten dies mit unseren Ergebnissen bestätigen.
Abstract
Hypertrophic Cardiomyopathy is disease of the cardiac muscle which results in an
asymmetric hypertrophy especially of the interventricularseptum of the heart.. It is
transmitted in an autosomal dominant way. The symptoms are unspecific reaching from
dyspnoe to syncopes. Sometimes the sudden death is the first manifestation of the disease.
Molekular genetic researches showed that in the patients genes Mutations in proteins of the
sarkomer were detectable. Two of them are α-Tropomyosin and β-Myosin Heavy Chain.
We examined 45 unrelated Patient of the existence of Mutations in α-Tropomyosin and βMyosin Heavy Chain. We used following Examinations: PCR, SSCP, Sequencing.
A mutation in the β-Myosin Heavy Chain were found in 6 Patients (13%), non in αTropomyosin. Generally mutations are expected in 35% in β-Myosin Heavy Chain and 3%
in αTropomyosin. Our patients seem to have mutations in genes we did not examine in this
study. We detected Mutations in: Exon 13 Arg403Trp and Val411Ile, Exon 19 Arg719Trp,
Exon 20 Ile736Thr, Exon 21 Leu796Phe und Exon 23 Cys905Phe. Mutation Arg 403Trp
and Arg719Trp have been known in this form before, the others were new.
As the phenotypes of our patients were heterogenous and not significantly to be
distinguished we looked for risk factors for sudden death as described by Burn et al. 1997
within our group of patients with mutations. Five Persons showed risk factors as discribed:
Exon 13 Arg403Trp and Val411Ile, Exon 19 Arg719Trp, Exon 20 Ile736Thr, Exon 21
Leu796Phe. The person with the mutation Exon 23 Cys905Phe showed no risk factors for
sudden death.
Our results correlate with those of earlier studies. The patient with the mutation Exon 23
Cys905Phe was classified as a low risk patient while the other mutations correlate with a
further high risk.
Schlagwörter:
Hypertrophe Kardiomyopathie, β-MHC-Gen, α-Tropomyosin, Genetik
Keywords:
Hypertrophic cardiomyopathy, β-MHC, α-Tropomyosin, genetics
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung
1
1.1
Phänotyp der hypertrophen Kardiomyopathie
1
1.2
Häufigkeit der HCM in der Bevölkerung
1
1.3
Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie
2
1.4
Genetik der HCM
4
1.5
Molekulare Pathomechanismen
8
1.6
Häufigkeit der HCM bei Patienten ohne nachweisbare FHCM
8
1.7
Einfluß modifizierender Gene
9
1.8
Fragestellung
10
2
Methoden
11
2.1
Auswahl der Patienten
11
2.2
Anamnese
12
2.3
Methoden zur Diagnose der hypertrophen Kardiomyopathie
12
2.3.1
Echokardiographie
12
2.3.2
Perkutane transluminale Angiographie
12
2.4
Datenbank der 45 Patienten
13
2.5
Statistik
15
2.5.1
Deskriptive Statistik
15
2.5.2
Hardy-Weinberg-Gesetz
16
2.5.3
Analytische Statistik
17
2.6
Materialien
18
2.6.1
Geräte
18
2.6.2
Chemikalien
19
2.6.3
Enzyme und Längenstandards
20
2.6.4
Sonstiges
20
2.6.5
Synthetische Oligonukleotide (Primer)
21
2.7
Isolierung und Aufarbeitung menschlicher genomischer DNA
24
2.8
Polymerase-Kettenreaktion von genomischer DNA
24
2.9
SSCP-Analyse
26
2.10
Klonierung und Sequenzierung
29
2.10.1
Klonierung des PCR-Produktes
29
2.10.2
Hitze-Schock-Transformation kompetenter Zellen
30
2.10.3
Minipräparation von Plasmid DNA
30
2.10.4
Sequenzierung der DNA
31
2.11
Restriktionsfragment-Längen-Polymorphismus-Analyse
34
3
Resultate
36
3.1
Auswertung der klinischen Befunde des Patientenkollektivs mit HCM
36
3.1.1
Patientenkollektiv
36
3.1.2
Familienanamnese
36
3.1.3
Symptome
37
3.1.4
Echokardiographie
40
3.1.5
Elektrokardiographie
41
3.1.6
Medikamentöse Therapie
45
3.2
Mutationen im β-MHC-Gen
45
3.3
Klinische Parameter bei Patienten mit Mutationen im β-MHC-Gen
47
3.3.1
Exon 13 - Arg403Trp bei Lab-Nr. 27
47
3.3.2
Exon 13 - Val411Ile bei Lab-Nr. 11
48
3.3.3
Exon 19 - Arg719Trp bei Lab-Nr. 90
49
3.3.4
Exon 20 - Ile736Thr bei Lab-Nr. 53
50
3.3.5
Exon 21 - Leu 796-Phe bei Lab-Nr. 10
53
3.3.6
Exon 23 - Cys905Phe bei Lab-Nr. 4
54
3.3.7
Zusammenfassender Vergleich der 6 Patienten mit und der 39 Patienten
ohne Mutation im β-MHC-Gen
55
3.4
Untersuchungen im α-Tropomyosin-Gen
57
3.5
Zusammenhang von ACE-D/I-Polymorphismus und hypertropher
Kardiomyopathie
und
ACE-D/I-Polymorphismus
und
Rhythmusstörungen bei Patienten mit HCM
58
3.5.1
ACE-D/I-Polymorphismus und Allelfrequenz bei HCM-Patienten
58
3.5.2
ACE-D/I-Polymorphismus und Arrhythmien der Klasse Lown 4b bei
HCM-Patienten
3.5.3
61
ACE-D/I-Polymorphismus und alle Formen von Rhythmusstörungen
bei HCM-Patienten
63
4
Diskussion
67
4.1
Sensitivität der SSCP-Analyse für den Nachweis von Mutationen
67
4.2
Auswirkungen der Mutationen im β-MHC-Gen und α-TropomyosinGen durch molekularbiologische Krankheitsmechanismen
68
4.2.1
Mutationen im β-MHC-Gen
69
4.2.2
Mutationen im α-Tropomyosin-Gen
70
4.3
Problematik der Prognose des Krankheitsverlaufes
70
4.4
Zusammenhänge zwischen klinischen Parametern von Patienten und
Mutationen im β-MHC-Gen
4.5
72
Zusammenhang der klinischen Parameter von HCM-Patienten und
Mutationen im α-Tropomyosin-Gen
86
4.6
Bedeutung der Genotypisierung für die Diagnostik der HCM
87
4.7
Zusammenhang von ACE-D/I-Polymorphismus und HCM und ACE-
5
D/I-Polymorphismus und Rhythmusstörungen
89
Zusammenfassung
92
1
1
Einleitung
1.1
Phänotyp der hypertrophen Kardiomyopathie
Kardiomyopathien wurden 1995 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als
primäre
Erkrankungen
des
Herzmuskels
definiert,
die
mit
einer
kardialen
Funktionsstörung einhergehen. Nach hämodynamischen Kriterien unterscheidet man
dilatative,
hypertrophe,
restriktive,
arrhythmogene
rechtsventrikuläre
und
nichtklassifizierbare Kardiomyopathien. Die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM), die
hier untersucht wird, zeichnet sich durch eine Hypertrophie der Ventrikelmuskulatur
aus, die meist asymmetrisch ist und insbesondere das Kammerseptum betrifft
(Richardson et al. 1995). Dabei kann es während der Ventrikelsystole zu einer
Obstruktion des Ausflußtraktes des linken, des rechten oder beider Ventrikel kommen.
Gelegentlich sind die Patienten mit HCM beschwerdefrei, häufiger finden sich jedoch
Symptome, die auf die Krankheit hinweisen wie Dyspnoe, Leistungsminderung,
Müdigkeit, Angina-Pectoris-Anfälle, ventrikuläre Arrhythmien bis hin zu ventrikulären
Tachykardien mit Schwindel und Synkopen. Allerdings führt nicht selten erst der
plötzliche Herztod zur ersten Manifestation der Krankheit. Das Manifestationsalter
reicht von der frühen Kindheit bis zum siebten Lebensjahrzehnt (Schwarz et al. 1995).
Die jährliche Mortalität der an hypertropher Kardiomyopathie Erkrankten liegt bei ca.
1% (Maron et al. 1987, Spirito et al. 1994/1997). Das Risiko eines plötzlichen
Herztodes wird bei HCM-Patienten auf 3% pro Jahr geschätzt. Man vermutet, daß die
plötzlichen Todesfälle durch Rhythmusstörungen ausgelöst werden.
1.2
Häufigkeit der HCM in der Bevölkerung
In einer 1989 von Codd et al. veröffentlichten Arbeit wird von einer Inzidenz von
2,5/100.000 Personen pro Jahr in dem untersuchten Gebiet in Minnesota, USA
berichtet. Es wird eine Häufigkeit von 1 : 5000 angenommen. Als Prävalenz wird von
2
19,7/100.000 Personen pro Jahr gesprochen. In jener Studie wurden hauptsächlich
Patienten mit einem schweren Krankheitsbild berücksichtigt, d.h. diejenigen, die sich in
einem kardiologischen Zentrum vorgestellt hatten.
Werden dagegen, wie es in einem Bevölkerungsscreening geschieht, auch leichtere und
asymptomatische Fälle der Krankheit mit eingeschlossen, erhöht sich die Prävalenz der
HCM auf etwa 1 : 500 (Spirito et al. 1989, Maron et al. 1995).
Damit gehört die hypertrophe Kardiomyopathie zu den häufigsten autosomal dominant
vererblichen Gesundheitsrisiken.
1.3
Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie
Das wesentliche morphologische Merkmal der Erkrankung ist die Hypertrophie vor
allem des Myokards mit Einzelzellhypertrophie und Bindegewebsvermehrung
(Schwartz et al. 1995). Der zugrundeliegende pathophysiologische Mechanismus ist
nicht eine systolische, sondern eine diastolische Funktionsstörung, die durch eine
eingeschränkte Dehnbarkeit des hypertrophierten Muskels erzeugt wird. Diese Störung
führt trotz eines hyperdynamen linken Ventrikels zu einem erhöhten diastolischen
Füllungsdruck, der sich retrograd in die Vorhöfe, Lungenstrombahn bzw. in das zentrale
Venensystem fortsetzt (Harrison et al. 1996).
Der Nachweis und die Lokalisation einer myokardialen Hypertrophie können mit Hilfe
der Echokardiographie erfolgen. Sie ist als nicht-invasive Untersuchungsmethode die
Methode der Wahl. Asymmetrische Hypertrophien des Septums und der Hinterwand
können zuverlässig erkannt und beurteilt werden. Eine Septumdicke größer als 13 mm
gilt als krankheitsverdächtig. Das Verhältnis von Septum- zu Hinterwanddicke kann
errechnet und zur Bestätigung der HCM herangezogen werden. Ein Quotient größer als
1,3 gilt bei Fehlen anderer Ursachen der Hypertrophie als pathologisch (Maron et al.
1981).
3
Patienten, die an einer Hypertonie leiden, weisen im Gegensatz zu HCM-Patienten eine
symmetrische Hypertrophie des linken Ventrikels auf. Werte größer 20 mm für das IVS
werden nicht erreicht, ebenso findet man nur selten eine Septum/Hinterwandratio größer
1,5 (Schwartz et al. 1995, Masuda et al. 2000).
In der zweidimensionalen Echokardiographie können das kleine endsystolische
Ventrikelcavum und das hyperdyname Ejectionsverhalten dargestellt werden. Die MMode-Untersuchung gibt vor allem die Dynamik des Herzmuskels wieder. Die
systolische Vorwärtsbewegung des vorderen Mitralsegels (SAM) ist ein Hinweis auf
eine Ausflussbahnobstruktion. Durch eine Doppler-Echokardiographie können sowohl
eine funktionelle Obstruktion erkannt als auch ein intrakavitärer Druckgradient
gemessen und gegebenenfalls eine Mitralinsuffizienz ausgeschlossen werden (Maron et
al. 1981, McKenna et al. 1988). Ein Viertel der Patienten mit HCM zeigt einen
Ausstromgradienten, der auf eine Obstruktion hinweist.
Die Radionuklidventrikulographie mit Thallium-201 kann den Nachweis eines
Myokardperfusionsdefekts auch bei asymptomatischen Patienten erbringen. Die
perkutane transluminale Angiographie und die Druckmessung ermöglichen eine
detailierte Darstellung des Cavums, des linken und rechten Ventrikels und des
Kontraktions- und Relaxationsablaufes. Die Ventrikelhöhle ist bei der hypertrophen
Kardiomyopathie in der Angiographie endsystolisch eng. Die Auswurffraktion ist 7080% hoch (Norm 55-75%). Die Füllungsdrücke in den Herzabschnitten werden
gemessen, um einen möglichen intrakardialen Druckgradienten zu erfassen, und die
vorderen Herzkranzarterien werden dargestellt, um eine koronare Herzkrankheit
auszuschließen. Diese invasive Untersuchungsmethode ist zur Diagnosestellung meist
nicht notwendig und wird nur bei strenger Indikation durchgeführt, z.B. zum Ausschluß
einer koronaren Herzkrankheit und anderer zusätzlicher Herzerkrankungen.
Eine sichere Diagnose durch das Elektrokardiogramm ist nicht möglich, da Zeichen der
linksventrikulären Hypertrophie, die bei einer HCM im EKG auftreten, nicht spezifisch
für die HCM sind, sondern auch bei anderen Erkrankungen auftreten können. Ebenso
kann eine pathologische Q-Zacke in den rechts- und linkspräkordialen Ableitungen
4
sowohl bei der HCM als auch beim Myokardinfarkt beobachtet werden. Etwa 85% der
HCM-Patienten weisen pathologische Veränderungen im Ruhe-EKG auf. Nach
ventrikulären Tachykardien, die auf einen zunehmend schwerwiegenden Verlauf vieler
Herzerkrankungen wie auch der HCM hinweisen (McKenna et al. 1989), wird im
Langzeit-24h-EKG gesucht.
Je nach Zustand des Patienten führt man zunächst eine konservative Therapie durch.
Die Patienten sollen schwere körperliche Belastungen vermeiden. Beim Auftreten von
Vorhofflimmern wird eine Antikoagulantientherapie eingesetzt und in Abhängigkeit
von der Vorhofgröße wird versucht, einen Sinusrhythmus zu erlangen. Die
medikamentöse Therapie der HCM stützt sich auf den Einsatz von β-Blockern und
Kalziumantagonisten, die die Belastungsfähigkeit von Patienten mit HCM steigern.
Relativ günstige Erfahrungen liegen mit Kalziumantagonisten vom Verapamiltyp vor.
Die noch nicht etablierte Therapie mit DDD-Schrittmachern stimuliert das
Ventrikelseptum, so daß es sich kurz vor der übrigen Kammermuskulatur kontrahiert.
Dies soll zu einer günstigeren Ejektionsdynamik führen. Ein relativ großer Teil der
Patienten spricht auf eine medikamentöse Therapie an. Selten muß die septale
Myotomie-Myektomie durchgeführt werden. Hierbei wird entweder transaortal oder
transventrikulär ein Teil des hypertrophierten Ventrikel-Septums entfernt. Diese
Operation bewirkt eine symptomatische Verbesserung der Patienten, die Mortalität liegt
jedoch bei 5% (Harrison et al. 1996). Alternativ kann heute eine transarterielle
Okklusion eines Septalastes mit Instillation von reinem Alkohol (TASH) zur
Verbesserung der Klinik des Patienten führen (Faber et al. 1998).
1.4
Genetik der HCM
In den 60er Jahren wurde vermehrt von Großfamilien berichtet, in denen diese
Krankheit gehäuft auftrat (Hollmann et al. 1960, Pare et al. 1962). Seither wird ein
Gendefekt als Ursache dieser Krankheit in Betracht gezogen. Seit 1987 (Maron et al.)
wird von einer familiären hypertrophen Kardiomyopathie (FHC) gesprochen, wenn bei
einem
Patienten
mit
primärer
myokardialer
Hypertrophie
mit
Hilfe
der
Familienanamnese mindestens ein weiteres betroffenes Familienmitglied identifiziert
5
werden kann. Die Penetranz, die die Tendenz zur Ausprägung von typischen
Symptomen bei genetischen Merkmalsträgern bezeichnet, ist bei jungen Patienten
inkomplett, erreicht jedoch mit zunehmendem Alter der Patienten nahezu 100%. Der
Erbgang der HCM ist in den meisten Fällen autosomal dominant. Neben der familiären
Form kann eine hypertrophe Kardiomyopathie auch „sporadisch“ auftreten. Dies soll
bei bis zu 44% der Fälle mit HCM auftreten (Maron et al. 1984, Watkins et al. 1992,
Greve et al. 1994).
Zum Zeitpunkt der Untersuchung im Jahre 1996 waren Mutationen in vier
verschiedenen Genen als Krankheitsverursacher identifiziert (β-MHC, Troponin T,
MyBP-C, α-TM). Im Gen der schweren Kette des β-Myosins (β-MHC) waren 20
verschiedene Mutationen bekannt und daher wurde das Gen als Hauptverursacher der
Krankheit anerkannt. Inzwischen konnten mit Hilfe von Kandidatengenen und
Kopplungsanalysen in Familien insgesamt zehn Gene ermittelt werden, die die HCM
hervorrufen, von denen zwei Gene erst vor kurzem ermittelt wurden, das α-Aktin
(Morgensen et al. 1999) und das Titin (Satoh et al. 1999). Bei sieben veränderten
Proteinen (β-MHC, Troponin T, MyBP-C, α-TM, Troponin I, ELC, RLC) handelt es
sich um Proteine mit myokardialer Motorfunktion oder um Proteine, die diese
Funktionen kontrollieren. Somit kann die HCM heute als eine Krankheit des Sarkomers
definiert werden (Thierfelder et al. 1996, Vosberg et al. 1998).
Proteine, die bei Mutationen zur Ausprägung der HCM führen, haben unterschiedliche
Eigenschaften und Aufgaben im funktionellen Apparat des Herzmuskels. Einige haben
eher eine enzymatische und krafterzeugende Aufgabe (β-MHC), andere spielen eine
strukturelle Rolle (MyBP-C) und wiederum andere übernehmen eine regulatorische
Rolle (Troponin I, T und α-Tropomyosin) im funktionellen Apparat. Trotzdem führen
sie alle zu dem Hauptmerkmal der HCM, der Hypertrophie des linksventrikulären
Myokards.
Jarcho et al. 1989 fanden die ersten die HCM verursachenden Gendefekte im Gen der
schweren Kette des β-Myosins (β-MHC) auf dem Chromosom 14q1. Das β-MyosinGen gehört zu einer Multigenfamilie für die schwere Kette der Skelett- und
6
Herzmuskelmyosine auf den Chromosomen 17 und 14. Die auf dem Chromosom 14
lokalisierten kardialen Myosingene vom Typ α und β werden im Herzen differentiell
exprimiert, α-Myosin in der Vorhof- und β-Myosin in der Kammermuskulatur (Saez et
al. 1987, Epp et al. 1993, Jaenicke et al. 1990, Liew et al. 1990). Mutationen im βMHC-Gen sind die häufigste Ursache der HCM (ca. 35%). Das β-Myosin-Gen besteht
aus einer N-terminalen Kopf- und einer C-terminalen Schwanzregion. Die meisten
Mutationen befinden sich im Bereich des Kopfes oder im Übergang von Kopf- zu
Schwanzregion, jedoch selten im Schwanzbereich. Zur Zeit sind über 50 verschiedene
Mutationen im β-MHC-Gen detektiert, das sind etwa 50% aller Mutationen, die bisher
für die HCM verantwortlich gemacht werden. Es handelt sich hierbei um
Punktmutationen mit Basenaustausch (Vosberg et al. 1998, Redwood et al. 1999).
Bereits 1993 berichteten Thierfelder et al. über Familien mit Mutationen in dem αTropomyosin-Gen auf dem Chromosom 15q2. Hierbei handelt es sich um ein dimeres
langgestrecktes Protein, das mit Aktinfilamenten Komplexe bildet. Das Gen besteht aus
mindestens 9 Exons. Bisher sind 3 verschiedene „missense mutations“ beschrieben
worden; man erwartet in circa 3% eine der bisher beschriebenen Mutationen in diesem
Gen (Vosberg et al.1998).
Ebenfalls im Jahr 1993 berichteten Watkins et al. von krankheitsverursachenden
Mutationen im kardialen Troponin T auf Chromosom 1q3. Troponin T ist eine
Untereinheit des heterotrimeren Troponinkomplexes, der in den Sarkomeren an
Aktinfilamente gebunden ist. Es tritt in Wechselwirkung mit Tropomyosin und
kontrolliert so die Reaktion zwischen Aktin und Myosin in Abhängigkeit von Calzium.
In diesem Gen sind 11 Mutationen bekannt. Das sind 11% aller bisher beschriebenen
Mutationen (Thierfelder et al. 1994, Moolman et al. 1997). Bei den Mutationen handelt
es sich überwiegend um „missense mutations“, die zum Aminosäureaustausch führen.
In manchen Fällen gibt es Insertionen und Deletionen sowie Punktmutationen an
Spleiß-Donor- bzw. Akzeptorpositionen. Durch Mutationen an diesen Positionen
kommt es zu aberrantem „Spleißen“ (Vosberg et al. 1998, Redwood et al. 1999).
Auf dem Chromosom 11 liegt das kardiale Myosin-Bindungs-Protein-C (MyBP-C)
(Watkins et al. 1995, Bonne et al. 1995). Mit seinem C-Terminus bindet sich das
7
Myosin-Bindungs-Protein-C an die C-terminale Region der schweren Myosinketten und
an Titin. Seine Funktion ist nicht restlos geklärt. Bisher sind 25 Mutationen beschrieben
worden (25% aller bisher beschriebenen Mutationen in den Genen für HCM), wobei
auch seltene Mutationen wie Veränderungen von Spleißsignalsequenzen und Insertion
bzw. Deletion im Gen gesehen wurden. Die erwartete Synthese von grob fehlerhaften
und erheblich verkürzten Myosin-Bindungs-Proteinen blieb jedoch aus. Statt dessen war
die Anzahl funktionstüchtiger Proteine geringer als normal. Man nimmt an, daß diese
Veränderung – in der Literatur als Haploinsuffizienz bezeichnet – zur Entstehung der
Krankheit führt (Vosberg et al. 1998, Redwood et al. 1999).
Auf Chromosom 3 befindet sich das Gen für die leichte Myosinkette vom Typ ELC
(essential light chain), und auf Chromosom 12 liegt das Gen für die leichte Myosinkette
vom Typ RLC (regulatoric light chain) (Poetter et al. 1996). Beide leichten
Myosinketten binden sich gemeinsam an die schweren Ketten des β-Myosins in einer αhelikalen Region am C-Terminus der S1 Domäne. Sie spielen eine wichtige Rolle für
die Kontraktion des Herzmuskels. Bisher sind drei Punktmutationen im RLC-Gen und
zwei im ELC-Gen identifiziert worden. Insgesamt kommen Mutationen in diesen Genen
mit einer Häufigkeit von 2-4% vor (Vosberg et al. 1998).
Mutationen werden außerdem auf dem Chromosom 19 in dem kardialen Troponin I Gen
beschrieben (Kimura et al. 1997). Bei dem Troponin I Gen handelt es sich um eine
Untereinheit des Tropomyosinkomplexes. Bisher sind 6 Mutationen beschrieben
worden, bei denen es sich um 4 Punktmutationen sowie eine Kodondeletion handelte.
Ca. 7% der bisher beschriebenen Mutationen befinden sich in diesem Gen (Vosberg et
al. 1998).
Jüngste Berichte beschreiben das α-Aktin (Morgensen et al. 1999) und das Titin (Satoh
et al. 1999) als krankheitsverursachende Gene.
Bei einer Familie mit HCM und Wolf-Parkinson-Syndrom konnte ein positiver
Kopplungsbefund auf dem Chromosom 7 nachgewiesen werden. Das der Erkrankung
8
zugrundeliegende Gen konnte allerdings bislang noch nicht identifiziert werden
(MacRae et al. 1995).
1.5
Molekulare Pathomechanismen
Auch wenn verschiedene Gene und Mutationen als Verursacher der HCM identifiziert
worden sind, so sind die Zusammenhänge zwischen der Mutation und der Ausprägung
der Krankheit bei den Patienten noch unklar. Die heutige Meinung ist, daß die
Hypertrophie des Myokards aus einem Kontraktionsdefizit resultiert, das durch die im
Mikroskop sichtbare „Disarray“ der Myofibrillen entsteht. Die Kraftübertragung wird
gestört durch die „Disarray“ als Folge der fehlerhaften Zusammensetzung des
Sarkomers.
Allerdings unterscheiden sich die molekularen Krankeitsmechanismen in den einzelnen
Gendefekten. Durch die Gefügestörung des Myokards sollte man Unterschiede in der
Ausprägung der Hypertrophie erklären können. Die Gefügestörung und die
Hypertrophie sind für die linksventrikuläre Füllungsbehinderung und für die
Arrhythmien ursächlich verantwortlich zu machen. Sie beeinflussen wesentlich den
klinischen Verlauf, das Erkrankungsalter und die Penetranz bei der HCM. Sind die
Gendefekte im einzelnen bekannt, könnte der Verlauf der Erkrankung prognostiziert
werden.
1.6
Häufigkeit der HCM bei Patienten ohne nachweisbare FHCM
Annahmen zur Häufigkeit der unterschiedlichen Gendefekte stützen sich bisher nur auf
die Zahl der aufgefundenen Familien. Bei Familienscreening ist der Krankheitsnachweis
unabhängig vom Schweregrad der Krankheit. In Familienuntersuchungen werden die
ca. 50% sporadisch auftretenden Fälle nicht berücksichtigt. Im Gegensatz zu vielen
bisher
veröffentlichten
Untersuchungen
zur
FHC
sind
unverwandte
HCM-
Patientenkollektive wenig untersucht worden. Demzufolge bleibt unklar, welche
9
Genmutationen den Krankheitsbildern dieser Patienten zugrunde liegen, die klinisch
auffällig geworden sind.
1.7
Einfluß modifizierender Gene
Neben den krankheitsverursachenden Mutationen finden sich in den HCM
verursachenden Genen zahlreichen Polymorphismen.
Wenn in einer menschlichen Population für einen Lokus mehr als eine Variante (ein
Allel) mit einer Häufigkeit von über 0,01 nachweisbar ist, wird dieses Phänomen als
Polymorphismus bezeichnet. Polymorphismen können mit Funktionveränderungen und
damit mit Erkrankungen assoziiert sein, entweder weil sie selbst zu einer funktionellen
Veränderung im Gen führen oder mit funktionellen Varianten gekoppelt sind. Aufgrund
ihrer Häufigkeit kommen Polymorphismen jedoch nicht als Ursache seltener
Erkrankungen in Betracht. Seltene Varianten werden als Mutationen bezeichnet die als
Verursacher monogener Erkrankungen in Betracht kommen (Strachnan et al. 1994).
Polymorphismen in HCM verursachenden Genen wurden bislang nicht systematisch
untersucht.
In jüngster Zeit konnte gezeigt werden, daß das klinische Bild auch in Familien mit
identischen Genmutationen unterschiedlich ist. Dies wird auf den modifizierenden
Einfluß der Umwelt und den anderer Gene, die mit Hypertrophie und zellulärer
Organisation zusammenhängen, zurückgeführt. Insbesondere das ACE-Gen, das
Wachstumsprozesse beeinflußt, wurde als modifizierendes Gen postuliert. Die erhöhte
Serumkonzentration von ACE wird mit mehreren kardiovaskulären Erkrankungen in
Verbindung gebracht. Rigat et al. untersuchten 1990 den Polymorphismus des
Angiotensin-I-Converting-Enzym-Gens. Mit dem D-Allel fanden sie einen Marker, der
mit einem erhöhten Serumspiegel von ACE im Blut korreliert. Der Polymorphismus
besteht aus einer Insertion bzw. Deletion eines 287bp DNA Fragmentes. 1993
untersuchten Marian et al. ein Kollektiv von 100 Patienten mit hypertropher
Kardiomyopathie. Sie verglichen diese Gruppe mit einer Gruppe gesunder Patienten
10
und fanden bei HCM-Patienten einen häufigeren D/D-Genotyp, der vor allem in
Familien mit einem hohen Risiko für einen plötzlichen Herztod nachgewiesen wurde.
Yoneyga et al. (1995) kamen zu ähnlichen Ergebnissen. Auch Osterziel et al. (1996)
bestätigten die Assoziation zwischen ventrikulärer Tachykardie und D/D-Genotyp.
Rhythmusstörungen und insbesondere die ventrikulären Rhythmusstörungen stellen ein
erhöhtes Risiko für den Patienten dar, einen plötzlichen Herztod zu erleiden. Das Risiko
wäre leichter erkennbar, wenn ein erhöhtes D-Allel einen Marker darstellen würde.
Dann könnte das D-Allel als risikoerhöhender Faktor bei der Diagnostik der HCM
eingesetzt werden.
1.8
Fragestellung
Wir haben in der vorliegenden Arbeit untersucht, wie häufig Varianten im β-MyosinGen und α-Tropomyosin-Gen in dem unverwandten Patientengut eines tertiären
Referenzzentrums
auftreten,
wie
die
entsprechenden
Patienten
klinisch
und
phänotypisch charakterisiert sind und ob sich eine Beziehung zwischen Genotypisierung
und Phänotypisierung zeigen läßt.
Außerdem sollte der Frage nachgegangen werden, ob das D-Allel des ACE-D/I-Gens
bei unseren HCM-Patienten bzw. HCM-Patienten mit Rythmusstörungen häufiger als
bei einer gesunden Vergleichsgruppe nachzuweisen war und sich somit ein
modifizierender Einfluß des ACE-D/I-Genotyps erkennen läßt.
Die genauere Kenntnis der Beziehung zwischen Genotyp und Klinik bei Patienten mit
hypertropher Kardiomyopathie könnte es erlauben, eine Risikostratifizierung von
Patienten mit HCM anhand genetischer Parameter durchzuführen. Diese würde
gestatten, das Risiko für einen plötzlichen Herztod besser abschätzen und eine die
Prognose verbessernde Therapie gezielter einsetzen zu können.
11
2
Methoden
2.1
Auswahl der Patienten
Aus dem Patientengut des Deutschen Herzzentrums Berlin wurde konsekutiv den 60
Patienten mit HCM, die von 1990 bis 1996 diagnostiziert wurden, eine Untersuchung
auf Bestimmung des Genotyps vorgeschlagen. Die Patienten wurden über den Ablauf
der
Untersuchung
aufgeklärt
und
gaben
schriftlich
ihr
Einverständnis
zur
Genotypisierung und detaillierten Erfassung des Phänotypes. Über 80% der Patienten
erklärten sich zur Untersuchung bereit. Den Patienten wurde jeweils 5ml Blut für die
Genotypisierung abgenommen. Die klinische Diagnose erfolgte nach international
anerkannten Methoden (Maron et al. 1981, McKenna et al. 1988). 45 Patienten mit
hypertropher Kardiomyopathie im Alter von 15-74 Jahren konnten eingeschlossen
werden. Von allen Patienten wurden mit der Erfassung des Phänotyps die Daten
folgender Untersuchungen aufgenommen: Ruhe-EKG, 24h-EKG, Echokardiographie in
2D-Mode
und
Dopplerechokardiographie,
Angiographieuntersuchungen.
Die
Krankheit
Herzkatheter-
war
bei
allen
und
Patienten
echokardiographisch diagnostiziert und zusätzlich bei 31 Patienten (67,4%) mittels
Herzkatheter bestätigt. Als Kriterium für die Aufnahme in das Untersuchungskollektiv
waren eine Interventrikularseptumdicke (IVS) von mehr als 13 mm und eine
Septum/Hinterwandratio von mehr als 1,3 ausschlaggebend. In unklaren Fällen
bewiesen die Befunde der Herzkatheteruntersuchungen das Vorliegen der Krankheit.
Klinische
Befunde,
Elektrokardiogramme
und
in
30
Fällen
Langzeit-
Elektrokardiogramme dieser Patienten wurden systematisch analysiert. Da sich 5
Patienten einer Muskelteilresektion hatten unterziehen müssen und sich damit ihre
Septumdicke fast normalisiert hatte, wurden sie in die statistische Auswertung der
Echokardiographie-Daten (Mittelwerte und Standardabweichung von IVS, HW,
IVS/HW, LVEDD, LVESD, FS) nicht einbezogen. Die Ethikkommission der
Medizinischen Fakultät Charité, Campus Virchow Klinik hat die Untersuchung
genehmigt.
12
2.2
Anamnese
In der detaillierten Anamnese wurden die Patienten nach Symptomen der Krankheit
(Dyspnoe, AP-Symptomatik, Präsynkopen und Synkopen), der Einnahme von
Medikamenten und insbesondere dem eventuellen Vorkommen der hypertrophen
Kardiomyopathie in ihren Familien befragt.
2.3
Methoden zur Diagnose der hypertrophen Kardiomyopathie
2.3.1 Echokardiographie
Mit der nicht-invasiven Methode der Echokardiographie wurde die hypertrophe
Kardiomyopathie ambulant diagnostiziert. Kardiologen wandten bei unseren Patienten
die 2-Dimensionale- und Doppler- Echokardiographie an. Folgende Schnitte wurden
standardgemäß durchgeführt: parasternale lange Achse, parasternale kurze Achse in
Höhe der Aortenklappe, der Mitralklappe und der Papillarsehnen und der apikale zweiund vier- Kammerblick. Es wurden die Dicke des Interventrikularseptums und der
Hinterwand des linken Ventrikels, der linksventrikuläre endsystolische – und
enddiastolische Druck und die Verkürzungsfraktion bestimmt.
2.3.2 Perkutane transluminale Angiographie
Die
perkutane
transluminale
Angiographie
(PTA)
ist
eine
invasive
Untersuchungsmethode. Die Indikation zur Untersuchung muß streng gestellt werden,
ist aber oft nach Zusatzfragen indiziert. Es wurde die Einführung des Katheters nach der
Seldinger Technik durchgeführt (Seldinger-Nadel PG 160 bzw. 205). Zugangsweg ist
die Arteria femoralis. Nach Lokalanästesie wird die Arterie punktiert. Sodann wird
durch die liegende Nadel ein Führungsdraht mit einer flexiblen Spitze in die Arterie
eingefügt. Die Nadel wird entfernt und über den liegenden Mandrin wird ein Oedman-
13
Katheter aufgezogen und in das Gefäß eingeführt. Der Mandrin wird entfernt. Unter
Bildverstärkerfernsehkontrolle wird die Spitze des Katheters an die Stelle des
Gefäßsystems oder des Herzens gebracht, an der das Kontrastmittel injiziert werden
soll. Bei dem Oedman-Katheter tritt das Kontrastmittel üblicherweise durch seitliche
Perforationen aus, um durch den Drüsenstrahl die Gefäßwand nicht zu verletzen.
Als Kontrastmittel werden trijodierte, wasserlösliche Mittel wie z. B. Angiographin
(Schering AG) und Conray (Byk-Gulden) verwendet, da diese bei hoher
Kontrastmitteldichte sehr rasch durch die Nieren ausgeschieden werden und kaum
toxische Reaktion zeigen.
31 unserer Patienten wurden mit der PTA untersucht. Folgende Parameter wurden in die
Auswertung einbezogen: Linksventrikuläres endsystolisches und enddiastoliches
Volumen,
linksventrikuläre
Ejektionsfraktion,
enddiastolicher
Druck,
pulmonalarterieller Druck, aortaler Druck in der Systole.
2.4
Datenbank der 45 Patienten
Zur Erfassung und Auswertung unserer Patienten haben wir eine Datenbank erstellt. Als
klinische Daten wurden aufgenommen:
•
Stammdaten (Alter, Geschlecht, Alter bei Diagnosestellung, Familienanamnese,
Symptome),
•
Elektrokardiogramm Daten ( Rhythmus, LVH, HF, VES, SVES, Couplets)
•
Echokardiographische Daten ( LVEDD, LVESD, IVS, HW, FS)
•
Herzkatheterdaten (LVEDV, LVEF, EDP, PAP, AoPS)
•
medikamentöse Therapie, Muskelresektion, implantierbarer Kardioverter
Folgende Informationen genetischer Daten jeder Probe wurden erfaßt:
•
Standort der DNA
•
die Qualität und Quantität der DNA
•
die Genotypisierung
14
Folgende Genotypisierungsdaten sind vorhanden:
ACE:
I/D Polymorphismus
α-Tropomyosin /β-MHC Komplettes Mutationsscreening in allen Exons und Exon-Intron- Übergängen
PDB-GeEx-Software
Die Datenbanken unserer Patienten wurden mit der PDB-GeEx-Software erstellt
Programmstruktur
Das Programm dient der Erfassung der erhobenen Forschungsdaten und gliedert sich in
zwei Programmteile.
Der erste Programmteil dient der täglichen Dateneingabe sowie der direkten und
schnellen Einsicht in die Daten eines Patienten oder einer Probe. Dieser Programmteil
wurde als Intranetanwendung plattformunabhängig realisiert.
Der zweite Programmteil ermöglicht den Import größerer Datenmengen und bietet die
Möglichkeit, einen Befundbericht zu drucken. Diese Funktionen wurden mit einem
Visual Basic V6.0 Programm erstellt. Als Datenbank dient MS Access 97.
Systemanforderungen
Die Systemanforderungen müssen in Hardware, Software und Internet den neuesten
Anforderungen genügen.
Datenbankaufbau
Das Programm verwendet zwei Datenbanken. Die eine Datenbank enthält Userdaten.
Mit dieser können durch entsprechende Modifikationen einzelne Bereiche vor
unerlaubtem Zugriff gesichert werden.
Die zweite Datenbank beinhaltet die Patienten-Daten. Die einzelnen Tabellen der
Patienten-Datenbank
hierarchisch gegliedert.
sind
durch
Schlüsselfelder
miteinander
verbunden
und
15
Datenimport
Der Import umfaßt fünf verschiedene Importdateien: HK-Import, Echoimport,
Stammdaten-Import, EKG-Import, Therapie-Import. Alle Importtabellen sind mittels
einer intern vom Programm vergebenden PIN an die Datenbank angebunden.
Jede
beliebige
Kombination
von
Parametern
(klinische
Daten,
Genotypen,
Probeeigenschaften) kann abfragt werden.
2.5
Statistik
2.5.1 Deskriptive Statistik
Zur
Charakterisierung
des
Patientengutes
wurden
der
Mittelwert
und
die
Standardabweichung folgender echokardiologischer Ableitungen ermittelt: die Größen
der Interventrikularsepten und der Hinterwände sowie der Quotient aus beiden Werten,
des linksventrikulären endsystolischen- und enddiastolischen Druckes und der
Verkürzungsfraktion der Patienten.
Mittelwert
Das arithmetische Mittel ist definiert als Summe aller Meßwerte, dividiert durch deren
Anzahl.
n
∑x
i
x=
i =1
n
16
Standardabweichung
Die mittlere Abweichung vom Mittelwert bezeichnet man als Standardabweichung.
n
∑ (x − x)
i
s=
2
i =1
n
2.5.2 Hardy-Weinberg-Gesetz
Zur Analyse der Verteilung des ACE-Polymorphismus in unseren Patienten mit HCM
wurde das Hardy-Weinberg-Gesetz angewendet. Das Hardy-Weinberg-Gesetz drückt
die Beziehung zwischen Allelfrequenzen und Frequenzen der Genotypen in einer
stabilen homogenen Population aus. Daraus können Mutationsraten ermittelt und die
Häufigkeit von Genträgern errechnet werden. Die Voraussetzung ist, daß beide Gene
einer Person unabhängig voneinander und nach dem Zufallsprinzip im Erbgut
vorkommen können. Sind D und I die einzigen Allele an einem Lokus, so gilt p+q = 1,
sind noch andere Allele und Genotypen vorhanden, gilt p+q < 1 (Strachnan et al. 1994).
Die beobachteten absoluten Häufigkeiten lassen sich aus den Untersuchungsergebnissen
ablesen: Anzahl der jeweiligen Allele
Die relativen Häufigkeiten können daraus wie folgt errechnet werden:
relative Häufigkeit (Allelfrequenz)
p − Allele
p = alleAllele
q=
q − Allele
alleAllele
Aus den Allelfrequenzen lassen sich die Erwartungshäufigkeiten für die einzelnen
Genotypen mit folgender Formel: p²+2pq+q² = 1 bestimmen. Für den ACEPolymorphismus ergibt sich daraus: DD = p², DI = 2pq, und II = q².
Die errechneten erwarteten Häufigkeiten werden wie folgt ermittelt:
Erwartungshäufigkeiten
x
Anzahl der Individuen
17
2.5.3 Analytische Statistik
Mit Hilfe des χ² Testes kann allgemein ermittelt werden, ob sich beobachtete Werte (B)
von (unter der Hypothese H0) erwarteten Werten (E) signifikant unterscheiden. Der
Testwert für die Anwendung des χ²-Test und der Freiheitsgrad werden folgendermaßen
ermittelt:
Testwert:
n
∑
i =1
( E − B)²
E
Freiheitsgrad: f = n-1
In Statistiktabellen für den χ²-Test ermittelt man durch den Vergleich von Freiheitsgrad
und Testwert die Irrtumswahrscheinlichkeiten (α). Signifikant ist ein Wert zwischen
0,05 und 0,001 (Sachs et al. 1999).
18
2.6
Materialien
2.6.1 Geräte
Autoklav
Varioklav Typ 500, H+P Labortechnik,
München
Brutschrank
Heraeus Instruments UT 20, Berlin
Elektophoresekammern
GNA 200, Pharmacia LKB, Freiburg
Horizon 58, Gibco BRL, Eggenstein
Multigel-Long, Biometra, Göttingen
Geldokumentationsanlage
TI; BioDoc H; BioDoc CCD-Camera,
Biometra, Göttingen
Geltrockner
Geldryer Model 583; VaporTrap; Vacuum
Pump, Bio-Rad; Richmond, USA
Laborwaage
Typ 1712004, Sartorius, Göttingen
Magnetrührer
MR 3001 K, Heidolph, München
Mikrowelle
Micromat, AEG
PCR-Gerät
Gene Amp PCR System 9600, Perkin
Elmer, Weiterstadt
pH-Meter
Delta 320, Mettler
Photometer
Lumat LB 9501, Berthold, Bad Wildbad
Schüttelinkubator
Model 3033, GFL, Burgwedel
Schüttler
SM 25, Bühler, Tübingen
Sequenzierer
ABI Prism 377 DNA-Sequenzierer,
Perkin Elmer, Weiterstadt
Spannungsgeräte
Elektrophoresis Power Supply EPS 200,
Pharmacia Biotech, Freiburg
Sterile Werkbank
Lamin AirHBB 2448, Heraeus, Berlin
Vortex Mixer
Reax 2000, Heidolph, München
Wasserbad
Typ WB 7, Memmert, Schwabach
Zentrifuge
Centrifuge 5417 C, Eppendorf, Hamburg
19
2.6.2 Chemikalien
Es wurden nach Möglichkeit Chemikalien mit der Qualitätsbezeichnung “p.a.”
verwendet.
Amresco, Ohio
Acryl- 40 Solution, Bis- 2 Solution
Biozym, Hameln
Agarose universal
Bohrender, Mannheim
Braun, Melsungen
dNTPs (Desoxy-Nukleotidtriphosphate)
Aqua ad injectabilia
Gibco BRL, Eggenstein
LBAgar (lennox L Agar), S.O.C. Medium
ulta Pure
Merck, Darmstadt
Borsäure, Essigsäure, Ethanol,
Natriumbicarbonat, Salpetersäure,
Silbernitrat,
Tris Base [(Trishydroxymethyl)Aminomethan], Tritriplex III
Ethylendinitrilotetraessigsäure,
Dinatriumsalz- Dihydrat)
Pharmacia, Freiburg
Ficoll 400
Sigma- Chemie, Taufkirchen
Ampicillin, Bromphenolblau, 5-Bromo-4Chloro-3-Indolyl β-D-Galactopyranosid,
DMSO (Dimethylsulfoxid), Ethidiumbromid, Formaldehyd, N,NDimethylformamid, Temed (N,N,N,NTetramethylethylenediamin), X- Gal
20
2.6.3 Enzyme und Längenstandards
Biolabs, Schwalbach/Ts
BstNI, BstYI, DraI, NlaIII, SspI, AflII
Gibco BRL, Eggenstein
50Bp DNA Ladder, 100Bp DNA Ladder,
Taq-DNA-Polymerase, Taq- DNA
Polymerase (recombinant)
MBI Fermentas, Vilnius
100Bp DNA Ladder, BseNI, HinfI
2.6.4 Sonstiges
Filterpapier
Whatman 3MM GF/C Filter Whatman Nr.
1822915, Maidstone, England
Gelfilter
Sephacryl S-200 von Pharmacia
Biotech, Freiburg
Quiagen-tip 20 von Quiagen, Hilden
Kits
PRISMDNA Sequencing Kit Dye
Terminator Cycle Sequencing Ready
Reaction von ABI Perkin-Elmer,
Weiterstadt
Quiagen Plasmid Mini Kit von Quiagen,
Hilden
SureClone Ligation Kit von Pharmacia
Biotech, Freiburg
Kompetente Zellen
Epicurian Coli XL1-Blue Competent
Cells von Stratagene
Vektor
pUC18 Vektor von Pharmacia Biotech,
Freiburg
21
2.6.5 Synthetische Oligonukleotide (Primer)
Tab. 1: Synthetische Oligonukleotide (Primer) zum Nachweis des ACE-Polymorphismus
Intron
Sequenz
Größe
AnnealingTemperatur
Intron 16
5’ - GCTGGAGACCACTCCCATCCTTTCT - 3’
493 bp oder 781
5’ - TAGACCTCCACGACCCCTGCAT -3’
bp
60°C
Tab. 2: Synthetische Oligonukleotide (Primer) zur Amplifikation des α-Tropomyosin-Gens
Exon
Sequenz
Annealing-Temperatur
Exon 1
5‘- CCG GAA TTC TGC TGC AGG CCC AGG CCC C –3‘
62°C
5‘- GGT GCC AGG CTC GAG TCC CG –3‘
Exon 2
5‘- TCC CTG TAC CCC CTG GCC AA –3‘
66°C
5‘- CGC GGA TCC GGG AAG CAG TGT GAG CGT GC –3‘
Exon 3
5‘- CCC AGC CAT TTC CTG AAG CTA CCA –3‘
66°C
5‘- CCA CCA GGA AAG GCA GCT GCA AAA G –3‘
Exon 4
5‘- GGC CAC AGC AGT GCA GTG TGC ATT T –3‘
66°C
5‘- GGC TGT CCT GAA GGC CAC TGC T –3‘
Exon 5
5‘- CCA TGC CCT TCT GTT ACA CAA AGC –3‘
56°C
5‘- TGC CAG AAG GTC ATG CTG TTT AGT C –3‘
Exon 6
5‘- TTG GCT TGT CTC CCA CCC TT –3‘
58°C
5‘- GGC CTC TTT TGA GCA GCT CTT AAA AG –3‘
Exon 7
5‘- GAG TAG ATT GAG CAG CAG CTT GAC A –3‘
58°C
5‘- ATG AAA AGG CCT GAC CGG TTC CAT G –3‘
Exon 8
5‘- CCC TAT GTT TGT AGC TAC AGG AAA C –3‘
62°C
5‘- AGT GCA AAG GAG CGT ATC AAT GTG G –3‘
Exon 9
5‘- TCT GCC TTC CAC TTC CTG GT –3‘
5‘- CAA GGA GGC ATG GTG GTG AGT TTA –3‘
58°C
22
Tab. 3: Synthetische Oligonukleotide (Primer) zur Amplifikation des β-MHC-Gens
Exon
Sequenz
Position
Größe
AnnealingTemperatur
1
2
3
4
5
6
7
8+9
10
11
12
13
14
5´-TGC TGC CCC ATA TAT ACA GC-3
2500
5`-GCA TGA AGT CCT GCA TGA AG-3
2683
5`-AAG CAG GAA GGT GGG ACT GGT-3
3809
5`-GCT CTA ATG CCC AGT CTT AC-3
3986
5`-CCA GGG AGG GAA GGG AAG A-3
4325
5´-TGT ACA GGT GGC CAG GGT GGA-3
4638
5´-AAC CCT CTT GAG GAA GGA GG-3
4833
5´-TGG ATG GAG CAA GAA CAG AG-3
5091
5´-CTC TAA CTC CCA AAA TCA CC-3
5257
5´-TAT CCC AGT TCC CTT CAG GAA-3
5525
5´-CAC GAG AGC ATC CTG TGC A_-3
5562
5´-CTG GGA TCA GGG AGA TTC TG-3
5691
5´-GGT CTC CAG TAG TAT TGT TC-3
6197
5´-TCT TCT CCC TCC CTT CTG CG-3
6403
5´-TGT ACC GCA GAA GGG AGG G-3
6378
5´-GGT GAG CTT AGG CTG AGC CT-3
6733
5´-TTT CCT TGT GCC CAA ACC CT-3
7098
5´-AGT TGG TCT CAG TCG GTG GC-3
7263
5´-GCT TGT GTC CCC TAA CCA TGT-3
7427
5´-CCT CAC TGC CAA TCC TCC C-3
7614
5´-AGG GAT CTC ACT TAC CCA TC-3
8152
5´-CCA AGA ATC CCT GCC TCC CAC-3
8374
5´-CCA GCA GTC ATC TCT TTA CC-3
8733
5´-ATG CCA GTC TCC CTA CTA CCC T-3
8948
5´-CCT GCT CAA TAT GGG TCT CTC-3
8988
5´-AAT GTG GGA GCG AGT GAG TG-3
9226
184
60°
178
60°
314
62°
259
55°
269
60°
130
55°
207
55°
356
60°
165
60°
188
60°
223
55°
216
60°
239
60°
23
Exon
Sequenz
Position
Größe
AnnealingTemperatur
15
16a
16b
17
5´-CCA CTC ACA CCC ACT TTC TG-3
9406
5´-CAA GGG CTC GGA TCC TTC AG-3
9751
5´-CCT GTG TGA AGG CTC AG-3
10176
5´-CGG CAT AGT GGA TCA GGG AG-3
10391
5´-TGT TTG ACA ACC ACC TGG GC-3
10296
5´-CTG GCT CAG AAC CTT GGC AGA
10593
5´-CCT ACC TCC CCA CAC TAG TG-3
10761
346
57°
216
55°
298
57°
147
58°
226
55°
220
60°
225
55°
187
60°
369
60°
339
60°
5´-GCC AAG TTG GCT GGG GCT GTG TC-3 10907
18
19
20
5´-TC CTG CAT CTC TTT CTG GC-3
11192
5´-TAG GGA GAT GTC CTA GGA GG-3
11417
5´-CTC ACA GAC TCC TCC TAC TT-3
12003
5´-ATC CCA TTC CCA TCA GG CAG-3
12222
5´-CAG AGC AGA TCA CTG CAG AGC-3
12251
5´-GGA GTC AAT GGA AAA GAG ATG GC-3 12475
21
5´-CCATCT CTT TCC CTC GTA CC
12692
5´-AAC CAG CCT GGG CCT CAA GAG AA-3 12879
22
23
5´-ACC TCA GGT AGG AAG GAG GC-3
13030
5´-TGT GGG AAG TGA AGG CAG AGC-3
13398
5´-CCT GCA AGA ATG G AGG ACC T-3
13907
5´-AGA CCC GGG CTG GAG CCA AA-3
14245
24
2.7
Isolierung und Aufarbeitung menschlicher genomischer DNA
Hochmolekulare menschliche DNA wurde aus kernhaltigen Leukozyten isoliert, die von
eingefrorenem oder frischem Blut stammten, dem EDTA als Antikoagulanz zugesetzt
war (Miller et al. 1988).
Die Bestimmung der Konzentration und Reinheit der isolierten DNA erfolgte
anschließend durch spektrometrische Messung bei 260 nm und 280 nm.
2.8
Polymerase-Kettenreaktion von genomischer DNA
Die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) ist eine durch Mullis et al. (1987) eingeführte
Methode. Ein beliebiger Abschnitt eines Gens kann durch die PCR, ein System
aufeinander folgender DNA-Synthesen, enzymatisch vervielfältigt werden. So entstehen
etwa 105 Kopien der DNA-Ziel-Sequenz (Strachnan et al. 1994). Es können Fragmente
von 100 bp (Basenpaare) bis auf über 10 kb vermehrt werden. (Cheng et al. 1994).
Dafür werden zwei Oligonukleotide (Primer) benötigt, die an komplementäre
Sequenzen der DNA binden und den zu amplifizierenden Teil der DNA jeweils vom 5‘Ende zum 3‘-Ende einrahmen. Der Vorwärts- (forward-) Primer wird komplementär zur
Sequenz am 3‘-Ende des Gegensinnstranges (antisense strand) und der Rückwärts(reverse-) Primer komplementär zur Sequenz am 5‘-Ende des Sinn-Stranges (sense
strand)
ausgewählt.
Weiterhin
benötigt
man
eine
ausreichende
Menge
Desoxynukleosidtriphosphate (dNTPs) und eine hitzebeständige DNA-Polymerase, in
diesem Fall die Taq- (Terminus aquaticus) Polymerase. Die entstandenen Amplifikate
können für die verschiedenen Methoden des Mutationsnachweises eingesetzt werden.
25
Ein PCR-Standardansatz mit einem Gesamtvolumen von 25µl enthält folgende
Reagentien:
2,5 µl
PCR-Puffer
4 µl
dNTPs (je 200M von ATP, CTP, GTP, TTP)
0,2 µl
Taq-Polymerase ( 1U/µl)
3 µl
DNA (20ng/ ml)
3 µl
Forward-Primer (10 pmol/µl)
3 µl
Reverse-Primer (10 pmol/µl)
ad 25 µl
Aqua inject.
Die isolierte DNA der Patienten wurde als Template für die PCR verwendet. Die Primer
lassen sich aus den vorangegangenen Tab. 1, 2 und 3 entnehmen. Die PCR wurde dann
in dem Thermozykler Perkin Elmer Gene Amp 9600 nach folgendem Standardprotokoll
durchgeführt:
I
II
III
5 min
94°C
initialer Denaturierungsschritt
20 sec
94°C
Denaturierung
20 sec
(Tabelle)
Primer-Annealing
20 sec
72°C
Primer-Verlängerung
5 min
72°C
in 35 Zyklen
finaler Verlängerungsschritt
Die PCR-Produkte wurden anschließend in einer Gibco BRL Horizon 58
Elektophorese-kammer auf ihre Fragmentlänge geprüft.
Es wurde ein 2%iges Agarosegel (20ml) mit 2 µl Ethidiumbromid (10mg/µl) in 1fach
TBE (0,1M Tris Base; 0,1M Borsäure; 0,002M Tritriplex III) verwendet.
26
Jeweils 4 µl des PCR-Produktes gemischt mit 2 µl Agaroseladepuffer (5fach TBE; 20%
Ficoll 400; Bromphenolblau (0,1%ige Lsg.); Aqua dest.) wurden auf das Gel
aufgetragen und mit einer Spannung von 100V elektrophoretisch aufgetrennt. Als
Längenstandard diente ein 100 bp DNA Leiter. Die mit Ethidiumbromid gefärbte DNA
wurde auf einem Transluminator unter UV-Licht sichtbar gemacht und das Ergebnis
mittels einer Videodokumentationsanlage der Firma Biometra, Göttingen aufgezeichnet.
2.9
SSCP-Analyse
Zur Suche nach Mutationen wurde die SSCP-Analyse (single-strand-conformationalpolymorphism) durchgeführt. Bei dieser Methode werden die PCR Fragmente durch
Hitze denaturiert, und anschließend werden die einzelsträngigen DNA-Fragmente unter
nicht denaturierenden Bedingungen elektrophoretisch aufgetrennt (Abb.2). Es werden
schon Unterschiede in der DNA von nur einer Base erkannt. Bei einer Mutation ändert
sich die Laufgeschwindigkeit des Amplifikates im Gel (Orita et al. 1989). Ihr
entscheidender Vorteil liegt in der schnellen, einfachen und kostengünstigen
Durchführung. Abb. 1 zeigt beispielhaft eine SSCP-Analyse der DNA von 6 Patienten
ohne Vorkommen einer Variante.
Abb. 1: SSCP-Analyse der DNA von 6 Patienten ohne Vorkommen einer Variante.
27
4 µl des PCR-Amplifikates wurden mit 6 µl eines formamidhaltigen Gelladepuffers (6
Teile Formamid; 1 Teil Agaroseladepuffer) gemischt und dann vor dem Auftragen des
PCR-Amplifikates bei 95°C für 5 min denaturiert und anschließend auf Eis gelagert. Bei
den benutzten Gelen handelt es sich um 10%ige Polyacrylamid- (PAA-) Gele
(Acrylamid : Bisacrylamid 49:1) in 0,5 x TBE Elektrophoresepuffer (0,05M Tris Base;
0,05M Borsäure; 0,001M Tritriplex III; pH 8). Die Polymerisation der Gele geschah mit
Zugabe von 0,1% TEMED (N,N,N,N-Tetramethylethylendiamin) und 0,1% APS
(Amoniumpersulfat).
Die hier verwendeten Gele wurden in einem Glasplattensystem (Größe 110x120x1mm)
der Firma Biometra aufbereitet. Zur Durchführung der Elektrophorese wurde die
Kammer des Typs Multigel-Long der Firma Biometra, Göttingen benutzt.
Die
Laufzeit
der
Gele
betrug
16-18
Stunden
bei
zwei
unterschiedlichen
Analysebedingungen, nämlich bei Raumtemperatur und 60V Spannung oder bei 4°C
und 70V Spannung.
Abb. 2: Schematische Darstellung des Prinzips der SSCP-Analyse (Grompe et al. 1993)
Nach Beendigung der Elektrophorese wurden die Gele gefärbt. Die Silberfärbung nach
einem Protokoll von Budowle et al. (1991), ein einfaches, kostengünstiges, sensitives
28
und schnelles Verfahren zur Sichtbarmachung von DNA-Fragmenten, wurde wie folgt
durchgeführt:
•
Fixierung der im Gel befindlichen DNA in 10%igem ETOH für mindestens 5 min
•
Einstellung des pH-Wertes in 1%iger HNO3 für mindestens 2 min
•
Färbung der Gele in 200ml 2%iger AgNO3 unter Zugabe von 200µl Formaldehyd
für 20-30 min (Anlagerung der Silberionen an die DNA)
•
Entfernen der unspezifisch gebundenen Silberionen durch dreimaliges Waschen in
Aqua dest.
•
Entwicklung der Gele in insgesamt 600 ml 30%iger NaCO3 unter Zugabe von 300
µl Formaldehyd durch dreimaliges Wechseln der Lösung
•
Fixierung der Gele in 10%iger Essigsäure für mindestens 10 min
Zur Dokumentation wurden die Gele auf einem Whatman Filter aufgezogen und auf
einem Vakuumtrockner bei 80°C 1,5 h getrocknet.
Anschließend an die SSCP-Analyse unserer Patienten führten wir unsere SSCP-Analyse
mit PCR-Produkten häufig vorkommender Genmutationen durch, die uns von Prof.
Vosberg (MP/Bad Neuheim) als Positivkontrollen zur Verfügung gestellt wurden. Alle
Varianten wurden in der SSCP-Analyse detektiert und durch die Sequenzierung
bestätigt (Tab. 4).
Tab. 4: Referenzmutationen bereitgestellt von Prof. Dr. Vosberg, Bad Nauheim
P ro b e n b
0
0
0
1
1
2
2
3
3
0
1
e
1
8
9
3
4
3
6
2
4
7
4
z e ic h n u n g
/9 3
/9 4
/9 5
/9 5
/9 5
/9 5
/9 5
/9 5
/9 5
/9 6
/9 6
M
A
V
A
A
A
G
A
A
A
A
A
u ta tio n
r g 1 4 3 G ln
a l6 0 6 M e t
r g 4 0 3 G ln
la 2 5 9 G lu
r g 2 4 9 G ln
ly 2 1 4 A s p
rg 7 1 9 T rp
rg 4 0 3 T rp
rg 4 0 3 T rp
r g 7 1 9 G ln
r g 4 0 3 G ln
(E x5 )
(E x 1 6 b )
(E x 1 3 )
(E x9 )
(E x9 )
(E x 8 )
(E x1 9 )
(E x1 3 )
(E x 1 3 )
(E x1 9 )
(E x 1 3 )
N
S
S
S
S
S
S
S
S
S
S
S
a
S
S
S
S
S
S
S
S
S
S
S
c h w
C P
C P
C P
C P
C P
C P
C P
C P
C P
C P
C P
e is
R T
4 °C
4 °C
R T
R T
R T
R T
R T
R T
R T
4 °C
+ 4 °C
+ 4 °C
+ 4 °C
+ 4 °C
+ 4 °C
29
2.10
Klonierung und Sequenzierung
2.10.1 Klonierung des PCR-Produktes
Vor der Sequenzierung wird das PCR-Produkt in ein Plasmid eingebaut (kloniert), um
die DNA zu vermehren. Plasmide werden mit Restriktionsenzymen aufgespalten und
das PCR-Produkt wird inseriert. Zur Klonierung wurde das Sure Clone™ Ligations Kit
von der Firma Pharmacia verwandt.
In einem ersten Reaktionsschritt werden durch die Exonukleaseaktivität des KlenowFragments überstehende Adenosinreste am 3`-Ende des PCR-Produktes entfernt, die
durch die terminale Transferaseaktivität der Taq-Polymerase während der PCR
angehängt wurden. Es entstehen an den DNA-Fragmenten stumpfe Enden (blunt-ends).
Das PCR-Produkt wird mittels Polynukleotid-Kinase an dem 5`-Ende des PCRProduktes phosphoryliert und mittels Phenolextraktion und Sephacryl S-200Gelfiltration aufgereinigt. Das gereinigte PCR-Produkt der Wildtypen und der für die
Variante heterozygoten Typen wird mittels T4-Ligase in den Vektor (pUC18) eingebaut
(Abb. 3). Der Vektor ist vorher mit der Restriktionsendonuklease SmaI geschnitten und
mit einer alkalischen Phosphatase dephosphoryliert worden (Strachnan et al. 1994). Die
Reaktion verlief nach Angaben des Herstellers.
Abb. 3: Schematische Darstellung des Plasmidvektors pUC18.
Ampicillin: Ampicillinresistenzgen; ori: Replikationsursprung; lac I: Lactose-Repressor; lac Z:
ß-galactosidase-Sequenz mit MCS (multiple cloning site); SmaI: Restriktionsschnittstelle für das
Enzym
30
2.10.2 Hitze-Schock-Transformation kompetenter Zellen
Die um das PCR-Fragment erweiterten Plasmide werden nach der Transformation
(Aufnahme der genetischen Information in die Zelle) in speziell vorbereiteten Bakterien
(kompetente Zellen) unabhängig vom eigenem Genom repliziert und auf die
entstehenden Tochterzellen verteilt.
Als Wirtsorganismen dienen Epicurian Coli XL1-Blue Competent Cells von
Stratagene.
Pro Ansatz werden 100 µl aufgetauter Zellen mit 2 µl Ligationsansatz 30 min lang auf
Eis inkubiert. Anschließend erfolgt die Aufnahme in die Zellen durch ein Hitze-SchockVerfahren bei 42°C über 2 min und anschließender Kühlung von 2 min auf Eis.
Danach werden 800 µl SOC-Medium zu den transformierten Bakterien gegeben und
dann eine Stunde bei 37°C inkubiert. Die Suspension wird zentrifugiert und der
Überstand verworfen. Das Zellpellet wird unter Zugabe von 40 ml X-Gal (5-Bromo-4Chloro-3-Indolyl β-D-Galactopyranosid; 20 mg/ml DMF(N,N-Dimethylformamid)) auf
einer ampicillinhaltigen LB-Agarplatte (100 mg/ml LB-Agar) ausgestrichen.
Die Platten wurden ca. 12 Stunden bei 37°C im Brutschrank inkubiert.
2.10.3 Minipräparation von Plasmid DNA
Durch das Einfügen des PCR-Fragmentes in das Plasmid geht der Kolonie das lacZ-Gen
(Strukturgen für die β-Galactosidase) verloren. Im Gegensatz zu normalen Kolonien
färben sie sich in Anwesenheit des Plasmids nicht blau, sondern bleiben weiß.
Die weißen Kolonien werden mit einer Impföse gepickt und in 10 µl Aqua injectabile
resuspendiert. Die Lysate werden 5 Minuten denaturiert und als Template für eine
fragmentspezifische PCR eingesetzt und amplifiziert. Um festzustellen, welches Allel in
einer Kolonie vorliegt, werden PCR-Produkte analog zur SSCP-Analyse auf ein
Polyacrylamid-Gel aufgetragen. Durch die Minipräparation der Plasmid DNA bleiben
eine ausreichende Menge und Reinheit der Plasmide erhalten.
31
Die Kolonie wird unter sterilen Bedingungen in ein Röhrchen mit 5 ml LB- Medium
gegeben. Diese wird mit 5 µl Ampicillin (100 mg/ml) überimpft und 12-16 h bei 37°C
in einem Schüttelinkubator mit 120 U/min belassen. Die Plasmidpräparation erfolgte
mittels Quiagen Plasmid Mini Kit R nach Anweisung des Herstellers (Quiagen GmbH).
Bakterienbestandteile, deren Genome und die rekombinanten Plasmide werden
voneinander getrennt. Nach Zentrifugation der Kultur 2 min bei 13000xg wird der
Überstand verworfen. Zu dem Zellpellet wird ein Puffer gegeben, der RNase, NaOH
und SDS (Natriumdodecylsulfat) enthält. Nach Aufschluß der Bakterienzellen durch
SDS wird die chromosomale DNA durch NaOH denaturiert und RNA durch RNase
verdaut. Die Neutralisation geschieht durch Kaliumacetat. Es kommt zur Ausfällung
von Proteinen, Zelldentritus, chromosomaler DNA und SDS. Durch nochmalige
Zentrifugation über 15 min bei 10000xg und Aufreinigung mit Quiagen-tip20 R und
schließlich durch Bindung an einen spezifischen Anionentauscher erhält man die
Plasmid DNA. Für die Sequenzierung sollte die Konzentration der Plasmid DNA
zwischen 200-250 mg/µl liegen (Strachnan et al. 1994).
2.10.4 Sequenzierung der DNA
Die Sequenzierung ist die sicherste Methode, Mutationen zu entdecken. Sie wird
eingesetzt um aberrante PCR Fragmente auf eventuell vorhandene Mutationen zu
überprüfen. Sie funktioniert nach der Kettenabbruch- oder Didesoxy-Methode von
Sanger et al. (1977) (Abb. 4). Sie hat den Nachteil, daß sie zeitaufwendig und
kostenintensiv ist und somit kein schnelles Durchmustern vieler Proben erlaubt.
32
Abb. 4: Schematische Darstellung der zyklischen DNA-Sequenzierung nach Sanger. Der
Sequenzierprimer wird bei der Sequenzierungs-PCR nach Anlagerung an den komplementären
DNA-Strang verlängert, bis es durch den Einbau eines ddNTPs zum Kettenabbruch kommt.
Für die Untersuchung wurde die Methode der Cycler Sequenzierung in dem
automatischen DNA Sequenzierer von Perkin Elmer ABI PRISM™ 377 angewandt. Als
Sequenzier-Primer werden dabei Oligonukleotide verwendet, die komplementär zu
einem Bereich der Plasmid-DNA-Matrize sind. Um einem Kettenabbruch zu erreichen
werden
dem
PCR-Ansatz
Desoxynukleosidtriphosphaten
neben
(dNTPs)
den
üblicherweise
in
adäquater
verwendeten
Menge
Didesoxynukleosidtriphosphate (ddNTPs) zugegeben. Die ddNTPs besitzen in der
Position 3 anstelle einer OH- Gruppe ein H-Atom und führen zu einem Abbruch der
Elongation, da keine Kettenverlängerung von Position 3 zum nächsten Nukleosid mehr
möglich ist. Zusätzlich sind die ddNTPs an Fluoreszenzfarbstoffe gebunden, die
unterschiedliche Emissions- und Absorptionsspektren besitzen.
Die durch die Minipräparation erhaltene Plasmid-DNA wird jetzt als Template für die
PCR eingesetzt. Die Sequenzierungsreaktion erfolgte mittels PRISM™ DNA
Sequencing Kit Dye Terminator Cycle Sequencing Ready Reaktion™ nach Angaben
des Herstellers. Amplifiziert wurde im Perkin Elmer Gene Amp 9600.
33
Für die Sequenzierungs-PCR wurden folgende Reagentien eingesetzt (Wilson et al.
1990):
4 µl
terminator Premix (ddNTPs, dNTPs, AmpliTaq DNA-Polymerase)
2,5 µl
DNA-Template (0,4 µg)
3 µl
pUC18 Vektor spezifische Primer (3,0 pmol) (Tab. 5)
10,0 µl
Aqua dest.
Tab.5: pUC18-Vektor spezifische Sequenzierungsprimer
Oligonukleotid
Oligonukleotid-Sequenz
Nukleotidposition
Annealing-Temp.
VW-Primer
5´-GTTTCCCAGTCACGAC-3´
359 - 377
50°C
RW-Primer
3´-CACAGGAAACAGCTATGAC-5´
483 - 465
50°C
Die Sequenzierungs-PCR verlief nach folgendem Standardprotokoll:
I
Aufheizen des Thermozyklers auf 96°C
II
10 sec
96°C
5 sec
50°C
4 min
60°C
III
25 Zyklen
Abkühlen auf 4°C
Vor dem Auftragen des Produktes auf ein Sequenzierungsgel sind die Proben (10 µl
Amplifikat und 10 µl Aqua dest.) nochmals mit einer Säulenreinigung Sephadex G 50
aufgereinigt und in einer Vakuumzentrifuge getrocknet worden, um überschüssige
Primer abzutrennen.
34
Das Sequenzierungsgel bestand aus 4,5%igem Polyacrylamid-Gel (29:1 Acrylamid zu
Bisacrylamid) und Harnstoff (6 M):
18 g
Harnstoff
7,5 ml
30%ige Acrylamidlösung
6 ml
10x TBE- Puffer
22,0 ml
Aqua bidest.
Die PCR wurde zusammen mit 2 ml Stop-Lösung (5 Teile deionisiertes Formamid /
25mM EDTA / 1 Teil Dextran Blau) bei 90°C für 2 min denaturiert und anschließend
auf Eis gelagert. Die Sequenzierplatte wurde in dem Sequenzer befestigt und die
Pufferkammer mit 1xTBE-Puffer gefüllt. Die Slots wurden mit 1,5 µl der Proben
aufgefüllt und die Elektophorese wurde unter 2700V und 50W 4 Stunden gefahren
(Strachnan et al. 1994, Kap. 6)
2.11
Restriktionsfragment-Längen-Polymorphismus-Analyse
Die Restriktionsfragment-Längen-Polymorphismus-Analyse (RFLP-Analyse) kann zur
Genotypisierung
einer
durch
die
SSCP-Analyse
und
anschließender
DNA-
Sequenzierung gefundenen Variante verwendet werden (Cooper et al. 1984). Die DNAProben unserer Patienten, in denen mittels der SSCP-Analyse eine Mutation gefunden
worden war, wurden mit der RFLP-Analyse untersucht. Die Erkennungssequenz von
vier bis sechs enzymspezifischen Nukleotiden einer Restriktionsendonuklease muß
dafür im Bereich der identifizierten Variante liegen.
Zu jeweils 7 µl PCR-Amplifikat wurden 5 Units des entsprechenden Restriktionsenzym
gegeben. Zum Enzymverdau wurde dieses Produkt für 2,5 Stunden in ein Wasserbad
mit einer enzymspezifischen Temperatur gegeben. Die Restriktionsendonuklease
hydrolisiert das PCR-Produkt durch die Spaltung einer Phosphordiesterbindung
zwischen zwei Nukleotiden der Erkennungssequenz. Je nach Vorhandensein der
Variante ist es möglich, daß Schnittstellen der Restriktionsenzyme zerstört werden oder
neue entstehen. Es entstehen Restriktionsfragmente unterschiedlicher Länge, die durch
35
die Gelelektrophorese mit einem Polyacrylamid-Gel (10%ig 49:1 Acrylamid : BisAcryamid; 0,5x TBE; Laufzeit ca. 2h) und anschließender Silberfärbung (S. 21) sichtbar
gemacht wurden. Die Auswertung der Größe der sich darstellenden Banden ermöglicht
die genaue Bestimmung des Genotyps der untersuchten Personen (Strachnan et al.
1994).
36
3
Resultate
3.1
Auswertung der klinischen Befunde des Patientenkollektivs mit HCM
3.1.1 Patientenkollektiv
Das Patientenkollektiv besteht aus 45 Patienten des Deutschen Herzzentrums Berlin im
Alter von 15-74 Jahren (Mittelwert: 53,73 Jhr ± 13,01). Davon sind 31 männlichen
(53,32 Jhr ± 13,61) und 14 weiblichen (54,64 Jhr ± 12,0) Geschlechts. Bei allen ist die
Krankheit echokardiographisch untersucht und diagnostiziert worden. Zusätzlich wurde
die Diagnose bei 31 Patienten (67,4%) mittels Herzkatheter bestätigt (Tab. 6a: HK, Tab.
6b). 5 Patienten (Lab-Nr.: 6,8,10,40,52) (11%) haben sich im Laufe der Zeit einer
Muskelteilresektion (Myektomie) (Tab. 6a: MR) unterworfen. Sechs Patienten (LabNr.: 37,40,44,52,65,100) (13%) wurde ein antitachykarder Herzschrittmacher
implantiert (Tab. 6a: ICD). Ein Patient verstarb an einem Apoplex.
3.1.2 Familienanamnese
Bei 6 Patienten (Lab-Nr.: 8,11,12,27,43,90) (13%) ist eine familiäre HCM gesichert,
d.h. mindestens ein Verwandter ersten Grades litt auch an der Krankheit (Tab. 6a: pos.
FA). Zwei weitere Patienten (Lab-Nr.: 39 und 104) (4%) erklärten, daß in ihren
Familien Verwandte ersten Grades in jungen Jahren (ca. 40 Jahre) an einem plötzlichen
Herztod verstorben waren. Doch eine genaue Überprüfung der Todesursache mit dem
Nachweis einer hypertrophen Kardiomyopathie wurde nicht erbracht (Tab. 6a: SD). 17
weitere Patienten (37%) hatten Verwandte ersten Grades, die an koronarer
Herzkrankheit litten oder an „Herzversagen“ verstorben waren (Tab. 6a: KHE). 20
Patienten (44%) zeigten keine Anhaltspunkte für eine Herzerkrankung in Ihrer
Familienanamnese (Tab. 6a: Familienanamnese).
37
3.1.3 Symptome
Nach einer Befragung der Patienten zu ihren Krankheitssymptomen erklärten 9
Patienten (20%), unter Schwindelanfällen zu leiden, die als präsynkopale Anfälle
bewertet wurden. 7 Patienten (15%) hatten Synkopen erlitten. 25 (55%) berichteten von
Dyspnoe, 24 (53%) von Angina Pectoris. 5 Patienten (11%) gaben an, völlig
beschwerdefrei zu sein (Tab. 6a: Klinik).
Tab. 6a: Klinik des Patientenkollektivs
Lab.
Alter Geschlecht Familienanamnese
Nr
Pos FA
SD
AD Klinik
KHE
HK MR ICD
H D
PS/S
AP
PS
AP
2
22
M
V
22
H
3
51
M
M
50
H
4
46
M
6
64
M
7
56
W
8
35
W
9
65
M
10
68
M
11
59
W
12
43
W
13
59
M
14
42
M
15
74
W
18
49
W
22
50
M
25
65
M
27
43
28
62
M
62
H D
AP
29
48
M
48
D
AP
33
65
M
34
54
35
51
M
47
37
63
M
43
38
60
M
60
39
45
M
X
39
M
34
V
47
V,B,So
PS
D
H
26
AP
X
AP
X
S
D
PS,S
X
AP
58
V
H D
M,Gv,T
59
D
B,Ne
43
PS
X
PS
AP
X
D
AP
X
V
72
D
AP
X
49
D
44
D
AP
X
AP
X
H
38
V,B
MR
14
M,O,Gm,B
W
AP
V,M
63
M
48
M
45
37
MR
None
58
W
X
None X
15
V
MR
AP
X
AP
PS,S
None X
PS
X
H
D
AP
X
ICD
38
Lab.
Alter Geschlecht Familienanamnese
Nr
Pos FA
SD
AD Klinik
KHE
H D
HK MR ICD
PS/S
AP
40
58
M
V,B
56
H D
42
63
M
V
58
D
43
15
M
44
72
M
45
59
M
57
D
46
58
M
47
D
52
47
M
46
D
53
26
M
26
D
64
62
M
47
H D
S
X
65
53
40
D
S
X
70
47
S
X
71
70
W
81
57
W
85
59
90
40
100
43
104
60
115
69
139
72
150
49
M,O,Gv
V
W
M
None X
H
X
PS
AP
X
AP
X
AP
X
69
H D
57
D
X
57
H D
X
38
B,B
M
AP
S
V
MR ICD
ICD
X
X
35
D
AP
60
H D
AP
57
W
ICD
X
V
To,S,Ni,Gv
MR ICD
AP
29
M
M
72
X
V
M
W
PS
11
V
W
AP
ICD
X
None X
67
D
33
D
AP
X
M – männlich, W – weiblich, Pos FA - positve Familienanamnese: V-Vater, B-Bruder, So-Sohn, MMutter, To-Tochter, O-Onkel, T-Tante, Gv-Großvater, Gm-Großmutter, S-Schwester, Ne-Neffe, NiNichte, SD-Sudden Death, KHE-koronare Herzkrankheit, AD-Alter bei Diagnose Klinik: H-Hypertonie,
D-Dyspnoe, PS-Präsynkopen, S-Synkopen, AP-Angina-Pectoris-Symptomatik, HK-Herzkatheter, MRMuskelteilresektion, ICD- implantierbarer Cardioverter/Defibrilator,
39
Tab. 6b: Herzkatheterdaten des Patientenkollektivs
Lab-Nr
2
3
4
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
18
22
25
27
28
29
33
34
35
37
38
39
40
42
43
44
45
46
52
53
64
65
70
71
81
85
90
100
104
115
139
150
LVEDVI(vol/m²)
LVEF(%)
EDP(mmHg)
PAP(mmHg)
AoPS(mmHg)
120
96
62
55
10
16
28/9/15
38/16/25
120
145
72
114
51
38
76
12
28
20
32/14/22
45
36/20/25
120
90
82
8
24/12/16
120
139
76
106
76
64
85
12
36/12/20
150
16
24/10/15
140
149
116
66
67
14
8
28/8/15
20/6/12
140
150
137
93
107
104
11
98
75
57
78
48
66
83
6
34
9
8
8
10
20/6/11
40/15/24
26/9/15
22/8/13
24/12/17
30/17/24
160
140
140
160
115
110
82
125
68
65
10
20/8/16
120
84
100
76
135
46
100
70
95
110
104
124
101
67
65
58
62
80
65
56
53
69
80
67
62
14
32/13/19
170
15
15
16
8
26
45/16/26
30/15/20
24/12/16
26/8/14
47/19/36
180
120
115
120
110
10
26/10/15
170
20
13
32/17/22
24/13/18
120
120
56
92
71
73
18
16
50/25/33
26/12/18
160
160
98
79
18
36/20/25
140
120
LVEDV – linksventrikuläres enddiastolisches Volumen, LVEF – linksventrikuläre Ejektionsfraktion,
EDE – enddiastolischer Druck, PAP – pulmonalarterieller Druck, AoPS – aortaler Druck in der Systole
40
3.1.4 Echokardiographie
Die Abbildungen Nr. 5 und 6 zeigen die Verteilung der Septumdicke und der
Hinterwanddicke in unserem Patientenkollektiv. Die Septumdicke bei unseren
untersuchten Patienten lag im Mittel bei 18,89±6,88 mm, die Hinterwanddicke bei
12,76±3,38 mm und der Mittelwert für die IVS/HW-Ratio bei 1,54±0,36. Bei den acht
Patienten (17%) mit den Lab-Nr. 6, 28, 33, 37, 38, 46, 71 und 100 wurde in der
Echokardiographie ein SAM (systolic anterior movement) beschrieben (Tab. 6c: SAM).
Hierbei handelt es sich um eine systolisch anteriore Bewegung des vorderen
Mitralsegels.
Zugleich
ist
häufig
eine
mesosystolische
Retraktion
der
Aortenklappenöffnung nachweisbar, die auf eine Ausflußbahnobstruktion hinweist. Der
linksventrikuläre
enddiastolische
Druck
lag
im
Mittel
bei
47,02±7,2,
der
linksventrikuläre endsystolische Druck bei 27,5±6,8 und die Verkürzungsfraktion (FS)
bei 41,03±9,3.
7
6
Patienten
5
4
3
2
1
0
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
Septumdicke (mm)
Abb. 5: Verteilung der Septumdicke bei den Patienten
Mit sechs Ausnahmen erfüllten alle Patienten die erwähnten diagnostischen Kriterien
für HCM. Bei den Ausnahmen handelt es sich um den Patienten Lab-Nr.10, der
myektomiert wurde, und um den Patienten Lab-Nr.90, bei dem die Diagnose nur durch
eine Herzkatheteruntersuchung gesichert wurde. Bei vier weiteren Patienten (Lab-Nr. 6,
41
64, 115, 150) ergab die Echokardiographie keine vollständigen Ergebnisse, so daß die
Diagnose nur durch den Herzkatheter geklärt werden konnte (Tab. 6c).
8
7
6
Patienten
5
4
3
2
1
0
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
H in te rw a n d d ic k e (m m )
Abb. 6: Verteilung der Hinterwanddicke bei den Patienten
3.1.5 Elektrokardiographie
In die Datenbank wurden die Daten des Ruhe-EKGs aller 45 Patienten und die Daten
des Langzeit-EKGs von 33 Patienten aufgenommen. 14 Patienten (31%) wiesen ein
unaufälliges Ruhe-EKG auf, wobei sich bei 6 dieser Patienten (13%) pathologische
Veränderungen im Langzeit-EKG zeigten. 37 Patienten (82%) wiesen einen
Sinusrhythmus und 8 Patienten (18%) Vorhofflimmern auf. 3 Patienten (6%) zeigten
Linksschenkelblöcke, 3 Patienten (6%) Rechtsschenkelblöcke, 3 Patienten (6%)
linksanteriore Hemiblöcke und 5 Patienten (11%) atrioventrikuläre Blöcke. Bei 23
Patienten (51%) konnte im EKG eine linksventrikuläre Hypertrophie festgestellt
werden, die mittels Solokow-Lyon-Index (Sv1+Rv5oder 6> 3,5 mV) bestimmt wurde. Bei 7
Patienten (15%) traten überdurchschnittlich häufig ventrikuläre Extrasystolen (VES)
auf, d.h. im Langzeit-EKG befanden sich mehr VES als 30/h. 16 Patienten (35%)
wiesen vermehrt Couplets, 7 Patienten (15%) vermehrt Triplets und 5 Patienten (11%)
ventrikuläre Tachykardien auf. Patienten mit Triplets, Salven oder ventrikulären
Tachykardien werden nach der Lown-Klassifikation in Lown 4b eingeteilt. In diese
Klasse wurden 12 Patienten eingestuft. Weiterhin besaßen 4 Patienten (8%) Bigeminis
und 9 Patienten (20%) hatten vermehrt supraventrikuläre VES (Tab. 6d: EKG und LEKG).
42
Tab. 6c: Echokardiographiedaten der Patienten
Lab-Nr
2
3
4
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
18
22
25
27
28
29
33
34
35
37
38
39
40
42
43
44
45
46
52
53
64
65
70
71
81
85
90
100
104
115
139
150
IVS(mm)
13
19
18
HW(mm)
9
11
11
IVS/HW
1,44
1,73
1,64
12
26
18
14
20
21
22
17
15
16
18
22
26
18
28
20
18
19
23
18
15
12
22
19
16
16
15
32
17
14
16
29
22
21
23
12
24
15
14
17
12
10
10
12
10
1
2,6
1,8
1,17
2
11
13
11
10
12
13
12
17
29
13
16
11
12
15
14
12
13
11
12
12
12
16
11
2
1,31
1,36
1,6
1,5
1,69
2,17
1,06
0,97
1,54
1,13
1,73
1,92
1,2
1,07
1
1,69
1,73
1,33
1,33
1,25
2
1,55
10
15
15
15
18
8
11
14
1,6
1,93
1,47
1,4
1,28
1,5
2,18
1,07
SAM
LVEDD(mm)
38
46
42
34
42
59
42
LVESD(mm)
18
28
27
16
27
44
20
FS(%)
52
39
35
52
35
25
52
49
43
65
33
35
31
34
17
28
27
47
48
+
46
41
59
45
45
25
21
37
31
32
45
48
37
31
28
+
38
22
42
47
40
43
51
43
49
45
26
26
25
26
28
35
26
44
35
41
49
43
28
42
53
57
22
26
42
54
50
46
59
48
51
51
40
46
47
57
50
28
22
47
26
26
19
24
28
25
36
32
44
52
20
45
49
62
40
39
46
36
36
+
+
+
+
+
+
IVS - Interventrikularseptum, HW – Hinterwand des linken Ventrikels, SAM – systolic anterior
movement, LVEDD – linksventrikulärer enddiastolischer Diameter, LVESD – linksventrikulärer
endsystolischer Diameter, FS - Verkürzungsfraktion
43
Tab. 6d: Elektrokardiogrammdaten der Patienten
Lab-Nr
2
3
4
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
18
22
25
27
28
29
33
34
35
37
38
39
40
42
43
44
45
46
52
53
64
65
70
71
81
85
90
100
104
115
139
150
EKG
Rhythmus
SR
SR
AF
SR
SR
SR
SR
SR
SR
SR
SR
SR
AF
SR
SR
SR
SR
SR
SR
SR
SR
SR
AF
SR
SR
AF
AF
SR
SR
SR
SR
AF
SR
SR
AF
AF
SR
SR
SR
SR
SR
SR
SR
SR
SR
LVH
SB,AVB
LVH
LVH
LSB
LVH
LVH
LVH
LVH
AVB,LSB
RSB,LAHB
LVH
AVB
LVH
LVH
LVH
LVH
AVB
LVH
LVH
LVH
LVH
LAHB
LSB
RSB,AVB
LVH
LVH
LVH
LVH
LVH
LVH
LVH
LVH
LAHB
AVB
RSB
L-EKG
VES
/
/
/
X
/
/
X
X
X
X
/
/
X
/
/
X
/
/
/
Couplets
NSVT/Lown4b
SVES/BI
VT/Salven
Coup
SVES
Coup
Lown4b
Lown4b
BI
Lown4b
Lown4b
SVES
Salve
Salven
Salven
BI
Coup
SVES
Coup
Coup
Coup
Lown4b
Lown4b
BI
Coup
Coup
Lown4b
Coup
Lown4b
Coup
Coup
Coup
Lown4b
SVES
SVES
Coup
Lown4b
BI
Coup
Lown4b
SVES
Salven
Salven
Lown4b
SVES
SVES
SVES
Coup
Coup
AF - atriales Flimmern, SR – Sinusrhythmus, LVH - linksventrikuläre Hypertrophie, SB – Schenkelblock,
LSB/RSB - Links/Rechtsschenkelblock, AVB - AV-Block, LAHB - linksanteriorer Hemiblock, VES ventrikuläre Extrasystolen: x=VES>30/h, - VES/h nicht erhöht, / kein Langzeit-EKG erstellt, CoupCouplet, NSVT – nichtsupraventrikuläre Tachykardie, L4b - Lown Klassifikation 4b, SVES supraventrikuläre Extrasystolen, BI – Bigemini, VT - ventrikuläre Tachykardien
44
Tab. 6e: Daten der medikamentösen Therapie der Patienten
Lab-Nr.
2
3
4
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
18
22
25
27
28
29
33
34
35
37
38
39
40
42
43
44
45
46
52
53
64
65
70
71
81
85
90
100
104
115
139
150
AdP
Therapie
Calcium-Bl
ß-Blocker
X
X
X
X
AAR
ACE-Hem
X
Diuretika
ASS/Marcumar
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
28
7
3
10
8
13
Calzium-Bl- Calziumkanalblocker, AAR- Antiarrhythmika, AdP- Anzahl der Patienten
45
3.1.6 Medikamentöse Therapie
Den Patienten mit HCM werden Kalziumantagonisten oder β-Blocker zur Verbesserung
der
Hämodynamik
empfohlen.
Im
Falle
von
Vorhofflimmern
wird
eine
Antikoagulantientherapie empfohlen. Eine Monotherapie mit Calziumkanalblockern
oder β-Blockern erhielten 21 Patienten (46%). 7 Patienten (15%) erhielten keine
medikamentöse
Therapie.
Insgesamt
bekamen
28
Patienten
(62%)
Calziumkanalblocker, 7 Patienten (15%) β-Blocker, 3 Patienten (7%) Antiarrhythmika,
10 Patienten (22%) ACE-Hemmer, 8 Patienten (22%) Diuretika und 13 Patienten (13%)
Antikoagulantien (Tab. 6e).
3.2
Mutationen im β-MHC-Gen
Das β-MHC-Gen besteht aus 40 Exons und 39 Introns. Die molekulare Masse des
Proteins der schweren Kette des Myosins beträgt ca. 220 kDa. Fast alle Gendefekte
wurden bisher im Kopfbereich des Myosins gefundenen. Aus diesem Grund
untersuchten wir die Exons 1-23. Die DNA-Primer wurden nach der Nucleotidsequenz
des β-MHC-Gen ausgesucht Sie amplifizierten das jeweilige Exon beginnend im
vorhergehenden Intron ca. 10-40 bp vor der Exon-Intron Grenze. So war eine
vollständige Amplifizierung des Exons gewährleistet. Auf Grund der Größe des Exon
16 wurde dieses in zwei überlappenden Fragmenten von weniger als 300 bp analysiert.
Die kleinen Exons 8 und 9 wurden dagegen in einem Fragment einschließlich des
Introns 8 amplifziert. Somit wurden 23 Fragmente mit PCR amplifiziert (Tab. 3).
In 13 Fragmenten (29%) wurde ein aberrantes Laufverhalten bei der SSCP-Analyse
festgestellt. In 5 Exons ließen sich Polymorphismen nachweisen. Es handelt sich dabei
um die Exons 2,3,8,9 und 12. Diese Polymorphismen führten jedoch nicht zu einem
Aminosäureaustausch. Zwei weitere Punktmutationen im Exon 11 und 16 veränderten
ebenfalls
nicht
die
Aminosäuresequenz
krankheitsverursachend zu sein.
und
schienen
somit
nicht
46
Bei den 6 verbleibenden Mutationen ergab die anschließende Sequenzierung einen
Aminosäureaustausch (Abb. 7, Tab. 7). Zwei Mutationen waren bereits bekannt (Pos.
403, 719 im Protein des β-MHC), eine Mutation (Pos. 736 im Protein des β-MHC) war
schon beschrieben worden, allerdings mit einem anderen Aminosäureaustausch. Drei
Mutationen (Pos. 411, 796, 905 im Protein des β-MHC) sind neue Mutationen, aber sie
wurden in direkter Nachbarschaft zu schon beschriebenen Mutationen gefunden.
Abb. 7: Die im Patientenkollektivs gefundenen Mutationen im β-MHC-Gen
Insgesamt fanden wir in 13% der 45 Patienten, die von uns untersucht wurden,
Mutationen im β-Myosin-Gen.
Tab. 7: Mutationen im β-MHC-Gen
betroffenes Exon
Position der Mutation
Position des
Typ der Mutation
Lab. - Nr.
Codons
im Gen
im Protein
13
C10163T
Arg403Trp
1
Transition
27
13
G10187A
Val411Ile
1
Transition
11
19
C13462T
Arg719Trp
1
Transition
90
20
T13659C
Ile736Thr
2
Transition
53
21
C14114T
Leu796Phe
1
Transition
10
23
G15317T
Cys905Phe
2
Transversion
4
47
Klinische Parameter bei Patienten mit Mutationen im β-MHC-Gen
3.3
3.3.1 Exon 13 - Arg403Trp bei Lab-Nr. 27
Bei der Patientin fanden wir eine Transition im Nukleotid an der Position C10163T, die
zu einer Variante im Exon 13 mit einem Aminosäureaustausch von Arginin zu
Tryptophan an der Position 403 führt (Abb. 7, Tab. 7). Die Bestätigung erfolgte durch
wiederholte Sequenzierung aus unabhängigen PCRs.
Die zur Zeit der Untersuchung 43 Jahre alte Patientin litt an Angina-PectorisBeschwerden (Tab. 6a). Ihr Bruder sowie ihr Onkel leiden an HCM. Ein weiterer
Bruder und ihr Sohn sind gesund. Ihre Mutter und Großmutter, beide an HCM erkrankt,
erlagen einen plötzlichen Herztod im Alter von 60 bzw. 62 Jahren (Abb. 8), so daß eine
FCHM angenommen werden muß. Der Echokardiographiebefund war eindeutig. Die
IVS-Dicke betrug 26 mm und die HW-Dicke 12 mm. Das ergibt eine IVS/HW-Ratio
von 2,2 (Tab. 6c). Das Ruheelektrokardiogramm zeigt eindeutige Zeichen einer
linksventrikulären Hypertrophie, das Langzeit-Elektrokardiogramm weist Couplets auf
(Tab. 6d).
Bei
der
Patientin
ist
bis
zum
Zeitpunkt
der
Untersuchung
Herzkatheteruntersuchung nicht durchgeführt worden (Tab. 6b).
mit 62 Jahren SD
mit 60 Jahren SD
HCM
HCM
gesund
* 1952 Patientin
Abb. 8: Familienanamnese von Lab-Nr. 27: schwarz-erkrankt, weiß-gesund, Kreis-weibl., Viereckmännl.
eine
48
3.3.2 Exon 13 - Val411Ile bei Lab-Nr. 11
Ein Nucleotidsäurenaustausch mit einer Transition von Guanin zu Arginin an der
Position G101878A im Gen führte bei der Patientin zum Aminosäureaustausch von
Valin zu Isoleucin des Proteins im Exon 13 an der Position 411 (Abb. 7, Tab. 7). Die
Bestätigung erfolgte durch wiederholte Sequenzierung aus unabhängigen PCRs.
Bei der Patientin handelt es sich um eine zum Zeitpunkt der Untersuchung 59 jährige
Frau, deren Mutter, deren Großvater und eine Tante mütterlicherseits ebenfalls an HCM
litten (Abb. 9), d.h. auch bei dieser Patientin liegt eine FCM vor. Großvater und Tante
starben plötzlich mit 44 Jahren. Die Patientin berichtete von einer Belastungsdyspnoe,
einer Leistungsminderung und einer Tachykardie (Tab. 6a). Die Echokardiographie
ergab eine Septumdicke von 20 mm und eine Hinterwanddicke von 10 mm. Das ergibt
eine IVS/HW- Ratio von 2 (Tab. 6c). Auf dem Ruhe-EKG war das Bild eines
Rechtsschenkelblockes und eines linksanterioren Hemiblockes zu sehen. Beim
Langzeit-EKG waren keine weiteren Abnormitäten zu erkennen (Tab. 6d). Bei der
Patientin wurde eine Herzkatheter-untersuchung durchgeführt. Das LVEDV betrug 90
vol/m², LVEF - 82%, EDP - 8mmHg, PAP - 24/12/16 mmHg, AoPS – 120 mmHg (Tab.
6b).
mit 44 Jahren plötzlich verstorben
keine Angaben
mit 44 Jahren
plötzlicher Herztod
mit 83 Jahren
mit 50 Jahren im Krieg
mit 71 Jahren
Lungenemphysem
mit 75 Jahren plötzliches Herzversagen
* 1936 Patientin, keine Nachkommen
Abb. 9: Familienanamnese von Lab-Nr. 11: schwarz-erkrankt, weiß-gesund, Kreis-weibl., Viereckmännl.
49
3.3.3 Exon 19 - Arg719Trp bei Lab-Nr. 90
Bei dieser Patientin wurde eine Transition im Nukleotid an der Position C13462T mit
einer Variante im Exon 19 gefunden Es fand ein Aminosäurenaustausch von Arginin zu
Tryptophan an der Position 719 statt (Abb. 7, Tab. 78). Die Bestätigung erfolgte mit
wiederholter Sequenzierung mit unabhängiger PCR.
Eine weitere Variante wurde bei einer zum Zeitpunkt der Untersuchung 40 Jahre alten
Patientin gefunden. Der Vater, die Schwester und die Tochter der Schwester waren an
HCM erkrankt und verstarben im Alter von 42, 49 und 14 Jahren an einem plötzlichen
Herztod. Die Tochter der Patientin ist ebenfalls an HCM erkrankt. Der Bruder der
Patientin ist gesund (Abb. 10). Man muß von einer FCM ausgehen. Die Patientin
berichtete von Synkopen (Tab. 6a). Echokardiographisch wurde eine IVS-Dicke von 12
mm und eine HW-Dicke von 8 mm gemessen. Der IVS/HW-Ratio beträgt 1,5 (Tab. 6c).
Die Diagnose wurde durch eine Herzkatheteruntersuchung bestätigt. Der LVEDV
betrug 101 vol/m², LVEF – 62%, EDP – 13mmHg, PAP – 24/13/18 mmHg, AoPS –
120 mmHg (Tab. 6b). Das Elektrokardiogramm zeigt eine linksventrikuläre
Hypertrophie (Tab. 6d).
mit 42 Jahren an HCM
keine Angaben
mit 49 Jahren an HCM
*1955 Patientin
mit 14 Jahren an HCM
*1946 gesund
HCM
Abb. 10: Familienanamnese von Lab-Nr. 90: schwarz-erkrankt, weiß-gesund, Kreis-weibl., Viereckmännl.
50
3.3.4 Exon 20 - Ile736Thr bei Lab-Nr. 53
Bei diesem Patienten war eine Transition im Nukleotid T13659C mit einer Variante im
Exon 20 (Abb. 12 und 13) mit einem Aminosäurenaustausch Isoleucin zu Threonin an
der Position 736 nachweisbar (Abb. 7, Tab. 7) (Abb. 14, 15). Dies wurde bestätigt durch
wiederholte Sequenzierung aus unabhängigen PCRs und dem Restriktionsverdau mit
TspRI, wie Abb. 14 beispielhaft zeigt.
Hier handelt es sich um einen zum Zeitpunkt der Untersuchung 29jährigen Patienten mit
Belastungsdyspnoe und einer allgemeinen Leistungsminderung (Tab. 6a). Die
Familienanamnese ergab keine Hinweise auf eine positive Familienanamnese (Abb. 11).
Sowohl die Eltern als auch die Geschwister sind gesund. Das Interventrikularseptum
wurde mit einer Stärke von 17 mm und die Hinterwand mit einer Stärke von 11 mm
gemessen. Die IVS/HW-Ratio betrug 1,5 (Tab. 6c). Weiterhin bestand eine
geringgradige Mitralinsuffizienz. Das Elektrokardiogramm ergab eine linksventrikuläre
Hypertrophie und einen linksanterioren Hemiblock. Das Langzeit-Elektrokardiogramm
wies Couplets auf (Tab. 6d). Bei dem Patienten wurde eine Herzkatheteruntersuchung
durchgeführt. Der LVEDV betrug 46 vol/m², LVEF – 80%, EDP – 16 mmHg, PAP –
24/12/16 mmHg, AoPS – 115 mmHg (Tab. 6b).
gesund
*1958 gesund
gesund
*1960 gesund
*1966 Patient
Abb. 11: Familienanamnese von Lab-Nr. 53: schwarz-erkrankt, weiß-gesund, Kreis-weibl., Viereckmännl.
51
Abb. 12: SSCP-Analyse von Exon 20 des β-MHC-Gens bei Raumtemperatur.
Spur 1: Patient Lab.-Nr. 53,. Die zusätzliche Bande ist durch einen Pfeil gekennzeichnet.
Spuren 2-7: PCR-Fragmente von Patienten mit Wild-Typ-Sequenz
Abb. 13: Ausschnitt aus der DNA-Sequenz des mutierten Allels bei Patient Lab.-Nr. 53.
Der Pfeil kennzeichnet die Position des T→C Austausches im Kodon 736.
52
M
1
2
3
4
5
200 bp
100 bp
5 0 bp
Abb. 14: Restriktionsverdau mit TspRI zum Nachweis der Mutation Ile736Thr im β-MHC-Gen.
M: 100 bp-Leiter, Spuren 1,2,4 und 5: Restriktionsfragmente von Patienten mit Wild-TypSequenz,
Spur 3: Nachweis der Mutation Ile736Thr bei Patient Lab.-Nr. 53.
Kodon 736
Wild-Typ-Sequenz
mutierte Sequenz
GAG
E
GAG
E
GGA
G
GGA
G
CAG
Q
CAG
Q
TTC
F
TTC
F
ATT GAT AGC AGG AAG GGG
I
D
S
R
K
G
ACT GAT AGC AGG AAG GGG
T
D
S
R
K
G
Abb. 15: Vergleich der Wild-Typ-Sequenz mit der mutierten Sequenz im Exon 20 des β-MHC-Gens.
Der T→C Austausch im Kodon 736 führt zum Austausch der Aminosäure Isoleucin durch
Threonin.
53
3.3.5 Exon 21 - Leu 796-Phe bei Lab-Nr. 10
Bei der Auswertung der DNA des Patienten mit SSCP trat eine Transition im Nukleotid
an der Position C14114T mit einer Variante im Exon 21 auf. Der Aminosäureaustausch
von Leucin zu Phenylalanin an der Position 796 auf (s. Abb. 7, Tab. 7). Die Bestätigung
erfolgte durch wiederholte Sequenzierung aus unabhängigen PCRs.
Im Exon 21 fanden wir eine Mutation bei einem zum Zeitpunkt der Untersuchung
68jährigen Patienten. Die Krankheit wurde bei ihm mit circa 15 Jahren diagnostiziert.
Der
Mann
litt
unter
Präsynkopen,
Belastungsdyspnoe,
Palpitationen,
Rhythmusstörungen und einem Hypertonus (Tab. 6a). Es ließ sich keine positive
Familienanamnese für HCM feststellen. Lediglich der Vater des Patienten litt an
koronarer Herzkrankheit. Anschließend an diese Studie wurde die Tochter des Patienten
im Alter von 27 Jahren auf eine Mutation im Exon 21 untersucht. Die gleiche Mutation
wie beim Vater wurde auch bei ihr festgestellt. Die Tochter ist nicht an HCM erkrankt
(Abb. 16). 1982 unterzog sich der Patient einer therapeutischen Myektomie. Die
derzeitige Septumdicke liegt bei 14 mm und die Hinterwanddicke bei 12 mm (Tab. 6c).
Das
Ruhe-Elektokardiogramm
zeigte
einen
AV-Block
Grad
I,
einen
Linksschenkelblock und einen überdrehten Linkstyp. Im Langzeit-Elektrokardiogramm
fanden sich vermehrte ventrikuläre Extrasystolen, Couplets, Bigeminis und ventrikuläre
Tachykardien (Tab. 6d). Bei dem Patienten wurde vor seiner Operation eine
Herzkatheteruntersuchung durchgeführt. Die damaligen Daten konnten nicht mehr
herangezogen
werden.
Zum
jetzigen
Zeitpunkt
ist
eine
HK-Untersuchung
kontraindiziert.
mit 68 Jahren verstorben
KHE
*1927 Patient
mit 90 Jahren verstorben
*1929 gesund
* 1934 KHE
* 1969 gesund, aber Mutation nachgewiesen, keine Kinder
Abb. 16: Familienanamnese von Lab-Nr. 10: schwarz-erkrankt, weiß-gesund, grau-Mutation ohne
Krankheitsbild, Kreis-weibl., Viereck-männl.
54
3.3.6 Exon 23 - Cys905Phe bei Lab-Nr. 4
Sequenziert wurde eine Transversion im Nukleotid an der Position G15317T, die zu
einer Mutation im Exon 23 mit einem Austausch von Cystein zu Phenylalanin an der
Position 905 führte (Abb. 7, Tab. 7). Die Bestätigung erfolgte durch wiederholte
Sequenzierung aus unabhängigen PCRs.
Ein weiterer Patient, bei dem sich eine Variante im SSCP-Gel erkennen ließ, war zum
Zeitpunkt der Untersuchung 46 Jahre alt. Bei der Familienanamnese lag kein Hinweis
auf eine positive Familienanamnese vor (Abb. 17). Sowohl die Eltern und Geschwister
als auch die Kinder waren gesund. Bisher konnten die Söhne nicht auf eine Mutation
hin untersucht werden. Der Patient hatte Vorhofflimmern, das mittelbar zu einem
Apoplex führte. Weiterhin litt er unter Belastungsdyspnoe, Präsynkopen, und AnginaPectorissymptomatik (Tab. 6a). Außerdem wurde bei dem Patienten neben der Diagnose
HCM eine koronare Herzerkrankung und eine leichtgradige Mitralinsuffizienz
festgestellt. Die gemessene IVS-Dicke betrug 18 mm und die gemessene HW-Dicke 11
mm, woraus sich ein IVS/HW- Ratio von 1,6 ergab (Tab. 6c). Bei dem Patienten wurde
eine Herzkatheteruntersuchung durchgeführt. Der LVEDV betrug 96 vol/m², LVEF –
55%, EDP – 16 mmHg, PAP – 38/16/25 mmHg, AoPS – 120 mmHg (Tab. 6b). Im Jahr
1996 erlag der Patient einem zweiten Apoplex.
Carcinom
Apoplex
*1949 Patient
1996 Apoplex
*1973 gesund
*1938 gesund
*1970 gesund
Abb. 17: Familienanamnese von Lab-Nr. 4: schwarz-erkrankt, weiß-gesund, Kreis-weibl., Viereckmännl.
55
3.3.7 Zusammenfassender Vergleich der 6 Patienten mit und der 39 Patienten ohne
Mutation im β-MHC-Gen
3 Männer und 3 Frauen im Durchschnittsalter von 47,5±12,7 Jahren zeigten Mutationen
im β-MHC-Gen. Das sind 13% aller 45 Patienten. 3 Familien (50%) hatten Verwandte
ersten Grades, die an HCM litten, ein Verwandter einer weiteren Familie (16%) hatte
eine koronare Herzerkrankung. In den restlichen 2 Familien (30%) war keine positive
Familienanamnese bekannt.
Das
Kollektiv
der
Patienten
ohne
Mutation
im
β-MHC-Gen
mit
einem
Durchschnittsalter von 54,77±12,56 Jahren bestand aus 28 Männern und 11 Frauen. 3
Familien (8%) hatten Verwandte ersten Grades, die an HCM litten, in zwei Familien
(5%) ist ein Familienmitglied ersten Grades an einem plötzlichen Herztod verstorben,
ohne daß die genaue Ursache ermittelt werden konnte. In 16 (41%) Familien hatte ein
Verwandter ersten Grades eine koronare Herzerkrankung. In den restlichen 18 Familien
(46%) war keine positive Familienanamnese bekannt. Insgesamt schien eine positive
Familienanamnese für HCM häufiger bei den Patienten mit nachgewiesener Mutation
aufzutreten; aufgrund der geringen Datenzahlen muß dieser Befund jedoch durch neue
Untersuchungen erhärtet werden.
Patienten mit und ohne Mutation im β-MHC-Gen unterscheiden sich nicht in Bezug auf
die Häufigkeit von Dyspnoe (4/6 Patienten (66%) bzw. 21/39 Patienten (53%)), APSymptomatik (3/6 Patienten (50%) bzw. 21/39 Patienten (53%), Präsynkopen (1/6
Patient (16%) bzw. 9/39 Personen (23%)) und Synkopen (1/6 Patient (16%) bzw. 5/39
Personen (12%)) (Tab. 8).
In der Echokardiographie konnten bei den Gruppen mit und ohne Mutation im β-MHCGen keine Unterschiede in Bezug auf die Septumdicke (18,6±4,5 mm bzw.
19,34±4,68), die Hinterwanddicke (10,4±1,36 mm bzw. 13,18±3,6) und den Quotienten
IVS/HW (1,75±0,27 bzw. 1,51±0,38) festgestellt werden. Eine Person wurde
myektomiert (Tab. 8).
Im Elektrokardiogramm zeigten sich bei den Gruppen mit und ohne Mutationen im
β-MHC-Gen folgende Unterschiede in Bezug auf eine nachweisbare linksventrikuläre
Hypertrophie (6/6 Patienten (100%) bzw. 17/39 Personen (43%)), Vorhofflimmern (1/6
Patient (16%) bzw. 7/39 Personen (17%)) Rhythmusstörungen wie ventrikuläre
Tachykardien (2/6 Patienten (30%) bzw. 3/39 Patienten (8%)) (Tab. 8).
56
Tab. 8: Vergleich der Patienten mit Mutationen im β-MHC-Gen mit den Patienten ohne Mutation
Labor-Nr
Mutation
11
Ex13
27
Ex13
Patienten
90
Ex19
53
Ex20
10
Ex21
4
Ex23
Mittelwerte
Mutationen
6 Personen
Gesamt
39 Person
Alter/
Geschlecht
Pos. FA
SD
KHE
Alter bei
Diagnose
Klinik
Hypertonie
Rhythmusst.
59/W
43/W
40/W
29/M
68/M
46/M
47,5±12,7
54,77±12,56
39
50%
-16%
36,33±14,38
8%
5%
41%
47,9±14,74
16%
53%
16%
60%
50%
12%
53%
53%
-16%
50%
15%
10%
72%
KHE
Mitralvit.
Präsynkopen
Synkopen
Dyspnoe
Thoraxschmerz
unsp.SYMP:
ICD
MR
HK
ECHO
IVS (mm)
HW (mm)
IVS/HW
SAM
EKG
Rhythmus
Blocks
LVH
negT
LZ-EKG
VES
Couplets,
VT
SVES
Therapie
Calzium-Bl
ß-Blocker
Antiarrhythmiker
ACE-Hem
Diuretiker
ASS/
Markumar
HCM: M,G,T M,O,Gm,B
HCM: T,S
59
38
38
29
KHE: V
ca.15
H
VT,AVBL,LSB
VT
AF
KHE
MI GradI
MI GradI
PS
S
D
D
P
L
---
---
Schmerzen
---
HK 1995
L
---
D
P
D
P
--MR
---
HK 1995
HK 1988
20
10
2
----
26
12
2,16
----
12
8
1,5
----
17
11
1,5
----
14
12
1,2
----
18
11
1,6
----
18,6±4,5
10,4±1,36
1,75±0,27
19,34±4,68
13,18±3,60
1,51±0,38
SR
RSB,LAHB
LVH
SR
SR
SR
AF
LVH
V1-V6
SR
LAHB
LVH
LVH
II,III,aVF,V5,
V6
1994
1995
-----Couplets
LVH
LVH
aVL,I,V3V6
16% AF
30%
100%
17%AF
26%
43%
16%
30% VT
15%
8%VT
2
2
--
26
5
3
-1
10
7
Colfarit250 1
12
1995
---VT
1990
---Couplets
SVES
Isoptin120
Beloc mite
1995
+
--Couplets,VT
Bigemini
Isoptin120
Soltalex
Allopurinol,
Furo-semid
M – männlich, W – weiblich, Pos. FA – positive Familienanamnese, M=Mutter, G=Großvater,
Gm=Großmutter, S-Schwester, V-Vater, T=Tante, SD – Sudden Death, KHE – koronare Herzerkrankung,
L-Leistungsminderung, D-Dyspnoe, P-Palpitationen, S-Synkopen, VT - ventrikuläre Tachykardie, LSB,
RSB - Links-, Rechtsschenkelblock, AF - atriales Flimmern, MR-Myektomie, HK – Herzkatheter, LVH=
linksventrikuläre Hypertrophie, H-Hypertonie, PS-Präsynkopen
57
3.4
Untersuchungen im α-Tropomyosin-Gen
Das α-Tropomyosin besteht aus 9 Exons, das Molekulargewicht beträgt 39 kDa und
besitzt 288 Aminosäuren. Bislang wurden nur Mutationen im Exon 2 und 5 beschrieben
(Vosberg et al. 1998).
Abb. 18: Die SSCP-Analyse des α-Tropomyosin-Gens. Die Spuren 2-13 zeigen keine Varianten
Wir untersuchten das α-Tropomyosin-Gen unseres Patientenkollektivs mit der SSCP
Analyse. 9 Fragmente wurden PCR-amplifiziert. Es wurde keine Mutation festgestellt,
wie Abb. 18 beispielhaft zeigt.
58
3.5
Zusammenhang
von
ACE-D/I-Polymorphismus
Kardiomyopathie
und
und
hypertropher
ACE-D/I-Polymorphismus
und
Rhythmusstörungen bei Patienten mit HCM
3.5.1 ACE-D/I-Polymorphismus und Allelfrequenz bei HCM-Patienten
Um zu überprüfen, ob eine Assoziation zwischen der Verteilung des ACE-D/IPolymorphismus im Intron 16 und HCM existiert, genotypisierten wir 45 Patienten und
ermittelten die Allel- und Genotypfrequenzen in diesem Kollektiv (Tab. 9).
Die beobachtete Genotypverteilung sieht folgendermaßen aus (Tab. 9):
D/D
14
Patienten (n=45)
D/I
23
I/I
8
Aus dieser Genotypverteilung ergibt sich folgende Allelverteilung:
D -A lle le
51
C h ro m o so m e n (n = 9 0 )
I-A lle le
39
Daraus lassen sich folgende Allelfrequenzen berechnen:
D -A lle l
57%
C h ro m o s o m e n (n = 9 0 )
I-A lle l
43%
Die Erwartungshäufigkeit beläuft sich auf:
H ä u f ig k e it
p²
0 .3 2 5
2pq
0 .4 9
q²
0 .1 8
Die errechneten erwarteten Häufigkeiten lauten:
Patienten (n=45)
D/D
15
D/I
22
I/I
8
Mit Hilfe des χ²-Tests wird überprüft, ob sich die beobachtete und erwartete
Genotypverteilung im Hardy-Weinberg-Gleichgewicht befinden (Statistik S. 14). Der
Testwert ermittelt aus Beobachtungswert und Erwartungswert liegt bei 0,56704. Der
59
Testwert in Verbindung mit dem Freiheitsgrad ( = 2) ergibt einen Wert für die
Irrtumswahrscheinlichkeit > 0,05 (α > 0.95) abgelesen in χ² Test Tabellen (Statistik S.
14).
Der Wert beweist, daß sich das Patientengut in Bezug auf den ACE-D/IPolymorphismus im Hardy-Weinberg-Gleichgewicht befindet, d.h. daß sich keine
zufälligen Verzerrungen gebildet haben. Dies ist Voraussetzung für den Vergleich der
Allelfrequenzen der HCM-Patienten mit den Allelfrequenzen eines Normalkollektivs.
Folgende Ergebnisse des χ² Tests ergeben sich für den Vergleich der Allelfrequenzen
der HCM-Patienten mit den Allelfrequenzen eines Normalkollektivs:
n = 250
f=1
Testwert = 0.173908
α > 0,5
Hieraus ergibt sich, daß die Irrtumswahrscheinlichkeit > 0,05 (α > 0,5) ist. Die Werte
der Versuchsgruppen sind nicht signifikant unterschiedlich (Statistik S. 14).
60
Tab. 9: ACE-D/I-Polymorphismus im Patientenkollektiv
LabNr
2
3
4
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
18
22
25
27
28
29
33
34
35
37
38
39
40
42
43
44
45
46
52
53
64
65
70
71
81
85
90
100
104
115
139
150
EKG
Rhythmus LVH SB,AVB
LEKG
VES
SR
SR
AF
SR
SR
SR
SR
SR
SR
SR
SR
SR
AF
SR
SR
SR
SR
SR
SR
SR
SR
SR
AF
SR
SR
AF
AF
SR
SR
SR
SR
AF
SR
SR
AF
AF
SR
SR
SR
SR
SR
SR
SR
SR
SR
*
*
*
x
*
*
x
x
x
x
*
*
x
*
*
x
*
*
*
LVH
LVH LSB
LVH
LVH
LVH AVB,LSB
LVH RSB,LAHB
LVH AVB
LVH
LVH
LVH
LVH
AVB
LVH
LVH
LVH
LVH LAHB
LSB
RSB,AVB
LVH
LVH
LVH LAHB
LVH
LVH AVB
RSB
LVH
LVH
LVH
Genotyp
Couplets
NSVT/Lown4
b
SVES/B VT/Salven
I
II
ID
DD
x
x
x
Coup
x
SVES
x
x
x
Coup
Lown4b
Lown4b
BI
Lown4b
Lown4b
SVES
Salven
Salven
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
Salven
BI
Coup
SVES
Coup
Coup
Coup
x
Lown4b
Lown4b
x
x
BI
x
x
Coup
x
x
Coup
Coup
Lown4b
x
x
x
x
x
Lown4b
x
Coup
Coup
Coup
x
Lown4b
SVES
SVES
x
x
x
x
Coup
Lown4b
BI
x
x
Coup
Lown4b
SVES
Salven
Coup
Lown4b
Salven
Coup
Lown4b
SVES
SVES
SVES
x
x
x
x
x
x
x
8
x
23
AF- atriales Flimmern, SR- Sinusrhythmus, LVH- linksventrikuläre Hypertrophie, SB – Schenkelblock,
AVB- atrioventrikulärer Block, LSB/RSB- Links- / Rechtsschenkelblock, LAHB – linksanteriorer
Hemiblock, VES- ventrikuläre Extrasystolen: x=VES>30/h, - VES/h nicht erhöht, * kein Langzeit-EKG
erstellt, NSVT – nichtsupraventrikuläre ventrikuläre Tachykardie, SVES – supraventrikuläre
Extrasystolen, Coup-Couplets, BI-Bigemini, VT- ventrikuläre Tachykardie,
14
61
3.5.2 ACE-D/I-Polymorphismus und Arrhythmien der Klasse Lown 4b bei HCMPatienten
Die Kriterien für die Einteilung in eine Gruppe mit bösartigen Arrhythmien der Klasse
Lown 4b erfüllen 13 Personen (Tab. 10).
Um zu überprüfen, ob eine Assoziation zwischen der Verteilung des ACE-D/IPolymorphismus im Intron 16 und HCM-Patienten mit Arrhythmien besteht,
genotypisierten wir 11 Patienten und ermittelten die Allel- und Genotypfrequenzen in
diesem Kollektiv.
Die beobachtete Genotypverteilung sieht folgendermaßen aus (Tab. 10):
Patienten (n=13)
D/D
5
D/I
5
I/I
3
Aus dieser Genotypverteilung ergibt sich folgende Allelverteilung:
D -A lle l
15
C h ro m o so m e n (n = 2 6 )
I-A lle l
11
Daraus lassen sich folgende Allelfrequenzen berechnen:
D -A lle l
58%
C h ro m o s o m e n (n = 2 6 )
I-A lle l
42%
Die Erwartungshäufigkeit beläuft sich auf:
H ä u f ig k e it
p²
0 .3 4
2pq
0 .4 9
q²
0 .1 8
Die errechneten erwarteten Häufigkeiten lauten:
Patienten (n=12)
D/D
4
D/I
6
I/I
2
62
Wie bei der Untersuchung des ACE-D/I-Polymorphismus bei unseren HCM-Patienten
bereits dargestellt, wird hier ebenfalls mit dem χ²-Tests überprüft, ob sich die
beobachtete und erwartete Genotypverteilung im Hardy-Weinberg-Gleichgewicht
befinden (Statistik S. 14). Der Testwert ermittelt aus Beobachtungswert und
Erwartungswert liegt bei 0,9111. Der Testwert in Verbindung mit dem Freiheitsgrad ( =
2) ergibt einen Wert für die Irrtumswahrscheinlichkeit > 0,05 (α > 0,5) abgelesen in χ²
Test Tabellen (Statistik S. 14).
Der Wert beweist, daß sich das Patientengut in Bezug auf den ACE-D/IPolymorphismus im Hardy-Weinberg-Gleichgewicht befindet.
Folgende Ergebnisse des χ² Tests ergeben sich für den Vergleich der Allelfrequenzen
der HCM-Patienten mit den Allelfrequenzen eines Normalkollektivs:
n = 182
f=1
Testwert = 0.00064
α > 0,5
Hieraus ergibt sich, daß die Irrtumswahrscheinlichkeit > 0,05 (α > 0,5) ist. Die Werte
der Versuchsgruppen sind nicht signifikant unterschiedlich (Statistik S.14)
63
Tab. 10: ACE-D/I-Polymorphismus und Arrhythmien der Klasse Lown 4b der HCM-Patienten
Lab-Nr EKG
L-EKG
Rhyth LVH
SB/AVB
Genotyp
VES
Couplets Lown4b
SVES/BI VT
Coup
BI
ID
SR
LVH
+
11
SR
LVH
RSB,LAHB -
18
SR
-
Lown4b
22
SR
LVH
+
Lown4b
29
SR
-
Coup
Lown4b
x
33
SR
-
Coup
Lown4b
x
39
SR
-
Coup
Lown4b
44
SR
+
Coup
Lown4b
52
AF
-
Coup
Lown4b
SVES
x
70
AF
LVH
+
Coup
Lown4b
BI
x
85
SR
LVH
-
Coup
Lown4b
SVES
Salven
x
100
SR
-
Coup
Lown4
SVES
Salven
x
115
SR
Coup
Lown4b
SVES
LAHB
AVB
LVH
Lown4b
Salven
DD
10
LVH
Lown4b
II
x
Salven
x
SVES
x
Salven
x
x
x
x
HCM-Patienten mit ventrikulärer Arrhythmie
3
5
5
HCM-Patienten ohne ventrikuläre Arrhythmie (Tab. 10)
5
18
9
AF- atriales Flimmern, SR- Sinusrhythmus, LVH- linksventrikuläre Hypertrophie, SB – Schenkelblock,
AVB- atrioventrikulärer Block, LAHB – linksanteriorer Hemiblock, LSB/RSB- Links- /
Rechtsschenkelblock, VES- ventrikuläre Extrasystolen: + = VES>30/h, - VES/h nicht erhöht, Coup –
Couplets, SVES – supraventrikuläre Extrasystole, Bi-Bigemini, VT- ventrikuläre Tachykardie
3.5.3 ACE-D/I-Polymorphismus und alle Formen von Rhythmusstörungen bei
HCM-Patienten
Um zu überprüfen, ob eine Assoziation zwischen der Verteilung des ACE-D/IPolymorphismus im Intron 16 und HCM-Patienten mit Rythmusstörungen existiert,
genotypisierten wir 24 Patienten und ermittelten die Allel- und Genotypfrequenzen in
diesem Kollektiv. Im Elektrokardiogramm und im Langzeit-Elektrokardiogramm
fanden sich bei unseren HCM Patienten folgende Rhythmusstörungen: ventrikuläre
Tachykardien, vermehrte ventrikuläre Extrasystolen, Couplets, Bigeminis und
supraventrikuläre Tachykardien. Außerdem traten in dieser Gruppe Patienten Rechts- /
Linksschenkel- und atrioventrikuläre Blockierungen auf (Tab. 11).
64
Die beobachtete Genotypverteilung sieht folgendermaßen aus (Tab. 11):
D/D
10
Patienten (n=24)
D/I
10
I/I
4
Aus dieser Genotypverteilung ergibt sich folgende Allelverteilung:
D -A lle l
30
C h ro m o so m e n (n = 4 8 )
I-A lle l
18
Daraus lassen sich folgende Allelfrequenzen berechnen:
D -A lle l
63%
C h ro m o so m e n (n = 4 8 )
I-A lle l
38%
Die Erwartungshäufigkeit beläuft sich auf:
H ä u f ig k e it
p²
0 .3 9
2pq
0 .4 7
q²
0 .1 4
Die errechneten erwarteten Häufigkeiten lauten:
Patienten (n=24)
D/D
9,5
D/I
11
I/I
3,5
Wie bei der Untersuchung des ACE-D/I-Polymorphismus bei unseren HCM-Patienten
bereits dargestellt, wird hier ebenfalls mit dem χ²-Tests festgestellt, ob sich die
beobachtete und erwartete Genotypverteilung im Hardy-Weinberg-Gleichgewicht
befinden (Statistik S. 14). Der Testwert ermittelt aus Beobachtungswert und
Erwartungswert liegt bei 0,2437728. Der Testwert in Verbindung mit dem Freiheitsgrad
( = 2) ergibt einen Wert für die Irrtumswahrscheinlichkeit > 0,05 (α > 0,8) abgelesen in
χ² Test Tabellen (Statistik S. 14).
Der Wert beweist, daß sich das Patientengut in Bezug auf den ACE-D/IPolymorphismus im Hardy-Weinberg-Gleichgewicht befindet.
65
Folgende Ergebnisse des χ² Tests ergeben sich für den Vergleich der Allelfrequenzen
der HCM-Patienten mit den Allelfrequenzen eines Normalkollektivs:
n = 208
f=1
Testwert = 0.15036
α > 0,9
Hieraus ergibt sich, daß die Irrtumswahrscheinlichkeit > 0,05 (α > 0,9) ist. Die Werte
der Versuchsgruppen sind nicht signifikant unterschiedlich (Statistik S. 14)
66
Tab. 11: ACE-D/I- Polymorphismus und Rhythmusstörungen der HCM-Patienten
Lab-Nr
EKG
L-EKG
Genotyp
Rhyth LVH
SB/AVB
VES
Couplets NSVT/Lown4b SVES/BI
6
SR
LVH
LSB
-
Coup
10
SR
LVH
+
Coup
11
SR
LVH
-
18
SR
22
SR
25
VT
II
ID
DD
x
Lown4b
BI
-
Lown4b
SVES
LVH
+
Lown4b
SR
LVH
+
27
SR
LVH
-
Coup
29
SR
-
Coup
Lown4b
x
33
SR
-
Coup
Lown4b
x
34
SR
+
Coup
35
SR
LVH
+
37
AF
LVH
-
Coup
39
SR
LVH
LAHB
-
Coup
40
AF
LSB
-
42
AF
RSB
44
SR
46
SR
52
AF
53
SR
LVH
LAHB
-
Coup
70
AF
LVH
AVB
+
Coup
71
SR
RSB
-
85
SR
100
SR
115
SR
LVH
LVH
Salven
x
Salven
x
x
Salven
x
x
x
BI
x
x
x
Lown4b
x
x
-
x
+
Coup
-
Coup
-
Coup
Lown4b
x
x
Lown4b
Lown4b
SVES
x
SVES
x
BI
x
x
LVH
-
Coup
-
Coup
LVH
-
Coup
Lown4b
Lown4b
SVES
Salven
SVES
Salven
x
x
SVES
x
HCM-Patienten mit Rhythmusstörungen
4
10
10
HCM-Patienten ohne Rhythmusstörungen (Tab.10)
4
13
9
AF- atriales Flimmern, SR- Sinusrhythmus, LVH- linksventrikuläre Hypertrophie, SB – Schenkelblock,
AVB- atrioventrikulärer Block, LAHB – linksanteriorer Hemiblock, LSB/RSB- Links- /
Rechtsschenkelblock, VES- ventrikuläre Extrasystolen: + = VES>30/h, - VES/h nicht erhöht, Coup –
Couplets, NSVT – nichtsupraventrikuläre Tachykardie, SVES – supraventrikuläre Extrasystole, BiBigemini, VT- ventrikuläre Tachykardie
67
4
Diskussion
Wir konnten bei 45 nicht miteinander verwandten Patienten mit HCM in 6 Fällen
Mutationen im β-MHC Gen finden. Zwei Mutationen waren bereits beschrieben worden
(Positionen 403 und 719). Vier Mutationen sind neu (Positionen 411, 736, 796, 905).
Das klinische Bild unterschied sich bei den Patienten mit β-MHC-Varianten nicht von
dem der Gesamtgruppe mit HCM. Allerdings schien eine positive Familienanamnese
für HCM häufiger bei Patienten mit nachgewiesener Mutation aufzutreten. ICDs und
Myektomien wurden nicht überdurchschnittlich häufig eingesetzt. Im α-Tropomyosin
ließen sich in der DNA der gleichen 45 Patienten keine Varianten nachweisen. Wir
konnten keinen Zusammenhang zwischen HCM und ACE-D/I-Polymorphismus oder
zwischen Rythmusstörungen bei HCM-Patienten und dem ACE-D/I-Polymorphismus
feststellen.
4.1
Sensitivität der SSCP-Analyse für den Nachweis von Mutationen
Zum Zeitpunkt der Untersuchung war die Sequenzierung der DNA die sensitivste
Methode zum Nachweis von Mutationen. Sie ist jedoch zu arbeitsaufwendig für das
Durchmustern der Gene vieler Personen oder vieler verschiedener Gene. Um
Mutationen genau festlegen zu können, ist sie aber unerläßlich (Strachnan et al. 1996).
Fehler sind jedoch auch bei dieser Methode möglich.
Der Vorteil der von uns benutzten SSCP-Analyse besteht darin, daß ein Gen auch bei
nicht bekannter Struktur schnell durchgemustert werden kann. Die Genauigkeit der
SSCP-Analyse ist abhängig von der Länge des Fragments, von der Temperatur und der
ionischen Kraft. Bei einer Länge von 100-200bp zeigt sie in der Elektrophorese ein
verändertes Laufverhalten in bis zu 96% der Fälle an, bei einer Länge über 200bp
reagiert die Analyse weniger sensitiv (Hayashi et al. 1993). Das veränderte
Laufverhalten und die damit vermutete Mutation müssen durch weitere Analysen
bestätigt werden. Da diese Methode nur eine Sensitivität von ca. 90% besitzt, ist es
möglich, daß Mutationen übersehen werden. Allerdings konnten Untersuchungen zum
68
Durchmustern von Genen mit der kürzlich etablierten DHPLC (denaturation-highperformance-liquide-chromatography) Methodik mit einer belegten Sensitivität von
nahezu 100% bestätigen, daß unsere SSCP-Methodik eine im Vergleich zu anderen
Methoden hohe Sensitivität besitzt (Choy et al. 1999, Wagner et al. 1999, Arnold et al.
1999). Es ist daher nahezu ausgeschlossen, daß Mutationen bei unseren Patienten
übersehen worden sind.
Die RFLP-Analyse wurde nur zur Bestätigung der gefundenen Mutation als zweite
unabhängige Methode benutzt.
4.2
Auswirkungen der Mutationen im β-MHC-Gen und α-Tropomyosin-Gen
durch molekularbiologische Krankheitsmechanismen
Da sowohl das β-MHC-Gen wie auch das α-Tropomyosin-Gen kontraktile Elemente
darstellen, beeinträchtigen eventuelle Mutationen die Muskelkontraktion sowohl von
Skelett- als auch Herzmuskulatur (Rayment et al. 1995). Bei der HCM als einer
Erkrankung des Sarkomers (Thierfelder et al. 1996) ist die Hypertrophie die Adaption
des Herzens an ein defektes und zur Kontraktion nicht fähiges Protein. Es gibt zwei
Theorien über die Wirkungsweisen von Mutationen in einem Gen:
1. die dominant-negative Wirkung
2. die Haploinsuffizienz
Das β-MHC-Gen wie auch das α-Tropomyosin-Gen äußern sich nach der dominantnegativen Wirkung, die besagt, daß das trotz Mutation dennoch funktionstüchtige
Protein die Struktur des Sarkomers verändert oder die Funktion der kontraktilen
Proteine stört, die das Sarkomer bilden (Watkins et al. 1996). Das veränderte Protein
wirkt sich somit behindernd auf die Arbeitsweise der kontraktilen Elementen aus.
Dagegen führen Deletions-, Insertionsmutationen und Mutationen in der Nähe einer
Spleiß-Donor- bzw. Spleiß-Akzeptor-Stelle, so wie sie im MyBP-C Gen vorkommen,
69
nicht zu veränderten Proteinen. Vielmehr werden die Proteine gar nicht gebildet oder
nicht gut im Sarkomer eingefügt, so daß sie schneller abgebaut werden und ein Mangel
dieses Proteins vorliegt. Diesen Vorgang nennt man Haploinsuffizienz (Redwood et al.
1999).
Mutationen in der DNA bewirken einem Aminosäureaustausch im zugehörigen Protein.
Es wird vermutet, daß dabei entstehende Ladungswechsel im Protein für die
Ausprägung der Krankheit von Bedeutung sein könnten (Anan et al. 1994). Durch den
Ladungswechsel aber auch durch einen Aminosäureaustausch mit daraus resultierendem
Wechsel der Aminosäurenseitengruppen verändert sich die Konformation des Proteins.
Damit ist gemeint, daß ein Protein sich nicht in der normal vorliegenden Form
strukturieren und formieren kann. Wechselwirkungen zwischen Aminosäuren, die von
einander entfernt sind, sind nicht mehr gewährleistet. Ein direkter kausaler
Zusammenhang
zwischen
Krankheitsausprägung
konnte
dem
Ladungswechsel
bisher
nicht
im
festgestellt
Protein
werden.
und
Bei
der
unseren
Untersuchungen traten in zwei Fällen Ladungswechsel im Protein auf, bei den übrigen
vier Mutationen waren keine Ladungswechsel zu beobachten.
4.2.1 Mutationen im β-MHC-Gen
Wir haben 45 Patienten des Deutschen Herzzentrums mit der SSCP-Analyse auf
Mutationen im β-MHC-Gen und im α-Tropomyosin-Gen untersucht, da diese beiden
Gene von den vier im Jahr 1996 bekannten Genen zum Zeitpunkt unserer Untersuchung
in mehreren Familienuntersuchungen als Krankheitsverursacher bestätigt worden waren.
Wir wollten feststellen, wie weit diese beiden Gene auch in einem nicht verwandten
Patientenkollektiv zu der Krankheit führen.
Etwa bei einem Drittel aller Fälle von HCM (35%) soll eine Mutation im β-MHC-Gen
krankheitsverursachend sein. Nach dem heutigen Wissensstand werden über 50
verschiedene Mutationen im β-MHC-Gen beschrieben, das sind 50% aller bekannten
Mutationen (Watkins et al. 1995, Vosberg et al. 1998). Von unseren 45 Patienten
70
weisen dagegen nur 6 Patienten (13%) eine Variante mit einem Aminosäureaustausch
im β-Myosin-Gen auf. Im Verhältnis zu den in der Literatur beschriebenen Angaben
erscheint dieser Anteil sehr gering zu sein. Allerdings beziehen sich die Aussagen der
Literatur auf Häufigkeiten aus Erhebungen an Familien. Die Verteilung der Mutationen
in unserem Patientenkollektiv reflektiert dagegen die Häufigkeit von Mutationen in
einem Kollektiv symptomatisch erkrankter nicht miteinander verwandter Patienten. Wie
schon erwähnt (S.42), ist es unwahrscheinlich, daß wir Mutationen auf Grund fehlender
Sensitivität unserer Untersuchungsmethode übersehen haben könnten. Da wir in dieser
Studie nur zwei Gene untersucht haben, ist es denkbar, daß sich in unserem
Patientenkollektiv überdurchschnittlich viele Patienten mit einer Mutation in einem
anderen Gen befinden. In den letzten Jahren hat unser Labor unser Patientenkollektiv
auf Mutationen in weiteren Genen untersucht. Es fanden sich unerwartet viele Varianten
im MyBP-C-Gen (Erdmann et al. 1998).
4.2.2
Mutationen im α-Tropomyosin-Gen
Eine Mutation im α-Tropomyosin-Gen ist sehr selten, es wird in der Literatur ein
Auftreten von höchstens 3-5% diskutiert (Watkins et al. 1995, Vosberg et al. 1998). Bei
unseren Patienten konnte keine Variante im α-Tropomyosin-Gen festgestellt werden.
Dieses Ergebnis scheint uns nicht im Widerspruch zu Watkins zu stehen, da unser
Patientenkollektiv nur aus 45 Patienten besteht, etwa der Hälfte des Patientenkollektivs
von Watkins et al. (1995).
Wie bei den in der Literatur beschriebenen Familienuntersuchungen, zeigte sich auch
bei unserem nicht verwandten Patientenkollektiv, daß Mutationen eher im β-MHC-Gen
als im α-Tropomyosin-Gen zu finden sind.
4.3
Problematik der Prognose des Krankheitsverlaufes
71
Der Phänotyp der HCM ist sehr heterogen. Obwohl die Echokardiographie die
wichtigste Methode für die Diagnostik der HCM ist, versagt sie jedoch, wenn man eine
Prognose der Krankheit stellen oder das Risiko eines plötzlichen Herztodes bei einem
Patienten
vorhersagen
will,
da
weder
die
Septumdicke
(IVS)
noch
die
Ausflußbahnobstruktion mit der Schwere der Krankheit korrelieren (Hauser et al. 1997).
Deshalb gelten seit 1997 folgende Parameter als Risikofaktoren für einen plötzlichen
Herztod: eine positive Familienanamnese, ein Auftreten der Krankheit schon in der
Kindheit, Synkopen, ventrikuläre Tachykardien, eine Septumdicke größer als 35 mm
und ein starker Blutdruckabfall bei Anstrengungen (Burn et al. 1997, Spirito et al. 1997,
Hauser et al. 1997). Der positive Vorhersagewert, ob eine Person mit Risikofaktoren
tatsächlich einen plötzlichen Herztod erleiden wird, bleibt dennoch gering. Der negative
Vorhersagewert dagegen ist relativ hoch (Spirito et al. 1997).
Auch EKG-Parameter liefern Hinweise auf die Prognose. Ventrikuläre Tachykardien
sind zu 64% sensitiv und zu 80% spezifisch für das Risiko eines plötzlichen Herztodes,
aber sie haben nur zu 22% einen positiven Vorhersagewert (McKenna et al. 1989).
Weitere Risikofaktoren, die im EKG gesehen werden, sind eine eindeutige LVH
(diagnostiziert z.B. durch den Solokow Index), Repolarisierungswechsel und TWelleninversion in I, aVL (McKenna et al. 1997).
Bereits im Frühstadium der Krankheit ist das EKG in der Lage, Veränderungen
aufzuzeigen (Al-Mahdavi et al. 1994, Fananapazir et al. 1999). In der Studie von
Fananapazir
et
al.
1999
hatten
zwei
Drittel
der
Patienten
mit
HCM
Sinusknotenabnormalitäten, 20% zeigten verspätete oder schnelle AV-Überleitungen
und 30% Hisbündelleitungsstörungen, obgleich das Septum nicht pathologisch
vergrößert war. Während der Untersuchung konnten Arrhythmien gesehen werden, vor
allem „Reentry Tachykardien“ und Vorhofflimmern. Wenn anhaltende ventrikuläre
Tachykardien auftraten, waren diese Bilder zu 75% polymorph und nur zu 25%
monomorph. Nichtanhaltende ventrikuläre Tachykadien waren dagegen nicht mit einem
höheren Risiko verbunden (Spirito et al. 1994).
72
Aus diesen Gründen haben wir uns bei der Beschreibung des Phänotyps, der sich auch
bei unserem Patientenkollektiv als sehr heterogen darstellte, darauf beschränkt,
aufzuzeigen, ob diese Patienten Risikofaktoren für einen plötzlichen Herztod besaßen
und somit ihre Krankheit mit einem hohen oder eher niedrigen Risiko für einen
plötzlichen Herztod einhergeht. Bei 22 Personen unseres Patientenkollektivs haben wir
Risikofaktoren feststellen können, wir konnten aber nur bei 5 von ihnen Mutationen
detektieren. Dies unterstreicht unsere Annahme, daß wahrscheinlich die Mutationen der
Patienten mit Risikofaktoren, bei denen wir keine Mutation finden konnten, auf anderen
als auf den von uns untersuchten Genen zu finden sind.
4.4
Zusammenhänge zwischen klinischen Parametern von Patienten und
Mutationen im β-MHC-Gen
Abb. 19 gibt eine Übersicht über die Mutationen in Exons 13, 19, 20, 21, 23 im βMyosin-Gen, die vor unserer Untersuchung bereits beschrieben worden waren.
Abb. 19: Darstellung des β-MHC-Gens mit den bisher beschriebene Mutationen in den
Exons 13,19,20,21 und 23
Nach Marian et al. (1995) scheint es, daß die Mutationen im β-MHC-Gen in den
Kodons 403 (im Exon 13), 453 (im Exon 14) und 719 (im Exon 19) zu einer schweren
73
Ausprägung der Krankheit mit verminderter Lebenserwartung der Patienten führen.
Patienten mit einer Mutation in den Kodons 256 (im Exon 9) und 908 (im Exon 23)
hingegen weisen eine durchschnittliche Lebenserwartung auf.
Drei unserer Patienten haben Mutationen an oder in der Nähe der Positionen im Protein,
die nachgewiesenermaßen zu einer schweren Ausprägung der Krankheit führen,
nämlich an den Positionen 403 und 719 und in der nahegelegenen Position 411. Die
Mutation eines Patienten befindet sich in der Nähe der benignen Position 908, nämlich
an Position 905. Zwei Patienten weisen Mutationen in den Kodons 736 und 796 auf, für
die keine Informationen vorliegen, in wie weit diese Mutationen zu einem malignen
oder benignen Krankheitsverlauf führen. Im folgenden sollen die 6 Mutationen im
einzelnen diskutiert werden.
Das Exon 13 spielt eine entscheidende Rolle im Wechselspiel von Myosin und Aktin
(Rayment et al. 1995). Diese Region steht prominent aus dem Protein heraus. Sie bildet
die Basis einer Schleife, die sich von den Positionen 403 zu 413 erstreckt. Das Aktin
bindet sich an diese Schleife mit seinen Positionen Prolin 332 und Glutamin 334
(Roopnarine et al. 1998). Diese Region ist eine von drei Bindungsstellen zwischen
Myosin und Aktin bei der sich sowohl hydrophobische wie auch ionische Bindungen
ausbilden können (Milligan et al. 1997). Die Moleküle an dieser Stelle sind in ihrer
Ladung ausgeglichen und stabil. Die Konformation dieser Position ändert sich mit der
Bindung an Aktin. Das Arginin im Kodon 403 ist besonders in den Vorgang der
Bindung des Aktins eingebunden. Es geht mit anderen Molekülen in der Umgebung
keine Bindung ein, obwohl es stark basisch geladen ist. Es wird aber vermutet, daß es
bei der Anlagerung von Aktin zu einer direkten Bindung von Arginin mit Aktin kommt.
Untersuchungen zeigten, daß die Beweglichkeit des Aktin-Myosin-Komplexes bei einer
Mutation an dieser Position abnimmt. Bei einer Mutation zu Glutamin wird die Ladung
weniger positiv. Zusätzlich ist die Aktivität von aktinaktivierter Magnesium-ATPase
verringert (Rayment et al. 1995).
Die erste beschriebene Mutation im β-MHC-Gen überhaupt befand sich im Kodon 403
(Arginin zu Glutamin) (im Exon 13) und wurde von Geisterfer-Lowrance et al. (1990)
74
identifiziert. Die Position 403 wird in der Literatur auch als „Hot Spot“ beschrieben,
denn eine große Anzahl der Mutationen wurde hier nachgewiesen. Man nimmt an, daß
die schweren Krankheitsverläufe der Patienten mit einer Mutation an dieser Position
dadurch zu erklären sind, daß diese Position für die Interaktion mit Aktin von
Bedeutung ist (Rayment et al. 1995).
Die Mutation Arg403Gln (Geisterfer-Lowrance et al. 1990, Watkins et al. 1992,
Perryman et al. 1992, Vybral et al. 1992, Fanapazir et al. 1993, Fananapazir et al. 1994,
Epstein et al. 1992 und Marian et al. 1994) führte in allen Familien zu einer starken
Ausprägung der Krankheit, schlechter Prognose und 100%iger Penetranz bei einer
Septumdicke zwischen 13-30 mm.
Dausse et al. (1993) und Al-Mahdavi et al. (1994) beschrieben je eine Familie mit der
Mutationen Arg403Leu. Die Familien mit dieser Mutation wiesen eine inkomplette
Penetranz auf, denn in beiden Familien zeigten nicht alle Personen Symptome trotz
Mutationen. In einer Familie bestand eine hohe Inzidenz für einen plötzlichen Herztod.
Drei Familienmitglieder waren im Alter von 15, 16 und 24 Jahren an dieser Krankheit
verstorben. Außerdem traten bei dieser Familie gehäuft Herzanfälle auf, so daß drei
Personen vor Erreichen des 60sten Lebensjahres herzinsuffizient wurden und zwei sich
im Alter von 49 und 59 Jahren einer Herztransplantation unterziehen mußten. In der
anderen Familie wurde eine junge Patientin mit einer ausgeprägten Symptomatik
beschrieben. Die Septumdicke aller Patienten lag zwischen 14 und 33 mm.
Drei Autoren Dausse et al. (1993), Al-Mahdawi et al. (1994), Posen et al. (1995) haben
eine Mutation an der Stelle Arg403Trp beschrieben, deren Penetranz geringer als bei
den Mutationen Arg403Gln und Arg403Leu eingestuft wurde. Die von Dausse et al.
(1993) und Posen et al. (1995) beschriebenen Familien zeigten wenig Symptomatik und
besaßen eine Septumdicke zwischen 13-17 mm. Kein Familienmitglied war an
plötzlichem Herztod verstorben. Al-Mahdawi et al. (1994) berichtete von zwei Familien
in denen die Krankheit bereits zwischen dem 9-15 Lebensjahr auftrat. Die betroffenen
Personen zeigten eine ausgeprägte Symptomatik mit Risikofaktoren (Arrhythmien,
75
Synkopen), die Septumdicke betrug zwischen 27-40 mm. Nur eine Person verstarb an
einem plötzlichen Herztod.
Zwei unserer Patienten haben eine Mutation im Exon 13 auf oder in der Nähe dieses
„Hot Spots“. Eine Patientin hatte die Mutation Arg403Trp und die andere Patientin die
Mutation Val411Ile.
Die zum Zeitpunkt der Untersuchung 43jährige Patientin (Lab-Nr. 27) mit der Mutation
Arg403Trp
zeigte
außer
einer
Angina-Pectoris-Symptomatik
wenig
klinische
Auffälligkeiten. Zwei weitere Personen in der Familie leiden ebenfalls an HCM. Zwei
weitere Personen erlagen einem plötzlichen Herztod im Alter von 60 bzw. 62 Jahren.
Drei Personen der Familie sind klinisch gesund. Die recht große Septumdicke von 26
mm paßt zu den vorher beschriebenen Familien. Trotz positiver Familienanamnese
scheint sich die Mutation Arg403Trp klinisch ähnlich milde auszuwirken wie die in der
Literatur beschriebenen Mutationen der Familien.
Die 59jährige Patientin (Lab-Nr. 11) weist die Mutation Vla411Ile auf, die etwas von
dem „Hot Spot“ entfernt gelegen ist. Es handelt sich um eine vorher noch nicht
beschriebene Mutation. Dennoch passen die Symptome zu den beschriebenen klinischen
Bildern der Familien mit den Mutationen Arg403Gln und Arg403Leu, die zu starker
Ausprägung mit schlechter Prognose führen. Die Patientin litt unter Belastungsdyspnoe
und Leistungsminderung, außerdem bestanden Tachykardien und Rhythmusstörungen.
Die Septumdicke war mit 20 mm deutlich erhöht, wenn auch nicht ganz so stark wie bei
der Patientin Lab-Nr. 27. Drei weitere Familienmitglieder waren an der Krankheit
gestorben. Die etwas entfernt von der Position Arg403Gln oder Arg403Leu gelegene
Mutation
führte
zu
ähnlich
ausgeprägter
Symptomatik
–
Dyspnoe
und
Leistungsminderung - Tachykardie und einer positiven Familienanamnese, die
eindeutige Risikofaktoren für einen plötzlichen Herztod darstellen.
Trotz der beschriebenen Risikofaktoren der Patientinnen Lab-Nr. 11 und Lab-Nr. 27
scheint die Krankheit der betroffenen Patientinnen selbst gutartiger zu verlaufen als in
76
der Literatur angegeben. Beide Frauen erreichten ein Lebensalter (59 und 43 Jahren)
über der in der Literatur angegebenen durchschnittlichen Lebenserwartung von 35±15
Jahren, die für Patienten mit einer Mutation Arg403Gln (Watkins et al. 1992, Marian et
al. 1994) angenommen wird.
Bei der Mutation Arg403Trp kommt es zu einem Ladungswechsel beim
Aminosäureaustausch,
während
dieser
bei
der
Mutation
Val411Ile
fehlt.
Untersuchungen hierzu zeigten, daß sich die Ladung sowohl bei einem Wechsel von
Arginin zu Glutamin als auch von Arginin zu Leucin bzw. Arginin zu Tryptophan
ändert (Watkins et al. 1992). Unterschiedliche Seitengruppen der Aminosäuren führen
zu unterschiedlicher Konformation: Arginin ist eine basische Aminosäure mit einer
stark polaren Guanidiniumgruppe, Leucin ist eine aliphatische Aminosäure, Tryptophan
hat zwei aromatische Ringe und Stickstoffatome und Glutamin hat sowohl Sauerstoffals auch Stickstoffatome. Die Mutation Val411Ile hat weder zu einem Ladungswechsel
geführt noch unterscheiden sich ihre Aminosäuren wesentlich. Valin und Isoleucin sind
zwei aliphatische Aminosäuren, wovon Valin lediglich ein Kohlenstoffatom mehr
besitzt.
Welche weiteren Faktoren für eine Konformationsänderung von Bedeutung sind bleibt
unklar.
Vermutungen von Watkins et al. (1992), daß durch Mutationen im Gen auch
verschiedene Aufgaben des daraus entstehenden Proteins gestört werden, konnten von
Rayment et al. (1995) bestätigt werden. Danach spielen das Exon 19 mit den Positionen
716 und 719 eine wichtige Rolle bei der Interaktion mit der leichten Kette, ELC. Die
leichten Ketten haben die Aufgaben, die Konformation der α-Helix Struktur von
Myosin
zu
stabilisieren.
Außerdem
überführen
und
vergrößern
sie
die
Konformationsänderungen, die sich aus der Bindung von Nukleotiden mit dem Kopf
des Myosins ergeben (Rayment et al. 1995). Diese Region befindet sich im Protein
hinter einer Gruppe von mehreren hochaktiven Cysteinaminosäuren, die auf Grund ihrer
Schwefelsäuregruppen Brückenbindungen eingehen können. Das Exon 19 liegt
angrenzend an die kleine α-Helix, die mit ELC in Interaktion tritt (Rayment et al. 1995).
Ist diese Interaktion gestört, so kommt es zu Konformationsstörungen im β-MHC-Gen;
77
die Bindung von Aktin zu Myosin und somit die Kontraktion des Herzmuskels ist
vermindert.
In dem Exon 19 sind an zwei Positionen Mutationen beschrieben worden:
Gly716Arg (Anan et al. 1994); Arg719Gln (Consevage et al. 1994) und Arg719Trp
(Anan et al. 1994, Geve et al. 1994, Tesson et al.1998).
Die Mutation Arg719Gln wurde von Consevage et al. (1994) beschrieben. Vier
Personen der Familie litten an HCM. Die Krankheit trat bei allen Mitgliedern dieser
Familie schon früh auf, allerdings ohne die klinischen Symptome wie Synkopen oder
Präsynkopen. Die Septumdicke war eindeutig pathologisch mit Größen zwischen 20
und 27 mm.
Anan et al. (1994) beschrieben eine Mutation an der gleichen Position mit einem
Aminosäurenaustausch von Arginin zu Tryptophan. Diese Mutation wies eine
schlechtere Prognose auf als Arg719Gln. In dieser Familie bestand eine hohe Inzidenz
für einen plötzlichen Herztod mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 38
Jahren. Vier Personen in dieser kleinen Familie hatten eine Mutation in der DNA, davon
waren zwei an einem plötzlichen Herztod verstorben. Eine Person wurde nach einem
Herzstillstand im Alter von 19 Jahren erfolgreich reanimiert. Die Penetranz der
Erkrankung betrug 100%. In der von Greve et al. (1994) untersuchten Familie zeigte
sich eine sporadische Mutation Arg719Trp (De Novo). Der Patient, bei dem die
Mutation das erste Mal aufgetreten ist, verstarb im Alter von 60 Jahren an einem
plötzlichen Herztod. 3 seiner Kinder und 3 Enkelkinder hatten HCM. 2 Enkelkinder
waren im Alter von 15 und 18 Jahren an plötzlichem Herztod gestorben. Auch die von
Tesson et al. (1998) beschriebene Familie zeigte eine maligne Ausprägung der HCM. 6
Personen zwischen 29-70 Jahren wurden untersucht. 4 Personen zeigten Symptome wie
Palpitationen und Dyspnoe, bei 2 Personen wurde das Herz transplantiert. Nur 5
Personen
dieser
Familie
erfüllten
die
echokardiographischen
Kriterien.
Die
Septumdicke war im Mittel 15,3±7 mm und betrug zwischen 10 und 24 mm. Alle
78
Personen
wiesen
im
EKG
abnormale
T-
oder
Q-Wellen
auf.
2 Personen dieser Familie waren bereits an plötzlichem Herztod verstorben. Zum
Zeitpunkt des Herztodes wie auch der Herztransplantation waren die Patienten im Mittel
36±23 Jahre alt.
Auch unsere zum Zeitpunkt der Untersuchung 40jährige Patientin mit der Lab-Nr. 90
hat die Mutation Arg719Trp. Die Patientin hat mehrere Synkopen erlitten. Ihre
Septumdicke ist nicht über die Norm vergrößert, nur das EKG weist Zeichen einer
Hypertrophie auf. Drei Verwandte der Patientin litten ebenfalls an der Krankheit und
sind an ihr verstorben, die Tochter der Patienten ist ebenfalls an HCM erkrankt. Da die
Anzeichen für eine HCM nur im EKG und nicht in der Echokardiographie zu sehen
waren, befand sich die Patientin wahrscheinlich in einem frühen Stadium der Krankheit,
in dem die Echokardiographie noch keine Hypertrophie nachweisen kann. Trotzdem
weisen die Synkopen und die positive Familienanamnese auf ein erhöhtes Risiko hin,
einen plötzlichen Herztod zu erleiden. Demnach ist das klinische Bild unserer Patientin
den Fällen ähnlich die in der Literatur beschrieben wurden.
Bei dieser Mutation kommt es beim Austausch der Aminosäuren zu einem
Ladungswechsel. Arginin ist eine basische Aminosäure mit einer stark polaren
Guanidiniumgruppe, während Tryptophan nicht geladen ist aber zwei aromatische
Ringe und Stickstoffatom besitzt.
Ähnlich dem Exon 19 spielt auch das Exon 20 an den Positionen 723, 736, 741 eine
wichtige Rolle bei der Interaktion mit der leichten Kette ELC. Das Exon 20 ist eng
verbunden mit einem noch nicht näher beschriebenen strukturellen Element, das mit
ELC eine Verbindung eingeht (Rayment et al. 1995). Es bilden sich zum großen Teil
van-der-Waals-Kräfte aus, aber es kommen auch hydrophobische Bindungen vor
(Milligan et al. 1997).
Im Exon 20 sind Mutationen an folgenden Positionen gefunden und beschrieben
worden: Arg723Cys (Watkins et al. 1992); Pro731Leu (Toyo-Oka et al. 1994, Kimura
79
et al. 1994); Ile736Met ( Kimura et al. 1994); Gly741Trp (Arai et al. 1995, Kimura et al.
1994) und Gly741Arg (Fananapazir et al. 1993, Kimura et al. 1994).
An der Position Gly741Trp haben Arai et al. (1995) eine Mutation beschrieben. Von
den untersuchten 5 Personen einer Familie zeigten 4 Personen eine Mutation. Zwei
Familienmitglieder waren bereits an einem plötzlichen Herztod im Alter von 16 und 65
Jahren verstorben. Die Septumdicke lag bei den Mitgliedern dieser Familie zwischen 14
und 22 mm. Bei 2 Personen ließ sich ein SAM feststellen. 3 Personen hatten EKGVeränderungen
wie
LVH,
ST-Veränderungen
und
Q-Zackenveränderungen.
Fananapazir et al. (1993) beschrieben zwei weitere Familien in diesem Kodon mit dem
Aminosäurenaustausch von Glycin zu Tryptophan. In der einen Familie besaßen 2 von
5, in der anderen Familie 3 von 4 Personen diese Mutation. Das Alter in beiden
Familien betrug zwischen 20-45 Jahren, alle Personen mit Mutationen hatten ein
verändertes EKG und die Septumdicke betrug zwischen 14-19 mm, im Mittel 17±2,5
mm.
In dem Kodon 736 wurde eine Mutation mit einem Austausch von Isoleucin (einer
aliphatischen Aminosäure) zu Methionin (einer Aminosäure mit einer Schwefelgruppe)
nachgewiesen (Kimura et al. 1994). Über den Phänotyp wurden keine näheren Angaben
gemacht.
Unser Patient hat eine Mutation im Kodon 736 mit einem Aminosäureaustausch von
Isoleucin zu Threonin. Die Krankheit wurde bei diesem Patienten mit der Lab-Nr. 53 im
Alter von 29 Jahren diagnostiziert. Die Familienanamnese war unauffällig. Der Patient
hatte auskultatorisch eine geringgradige Mitralinsuffizienz und litt unter den
krankheitstypischen aber dennoch unspezifischen Symptomen wie Dyspnoe und
Leistungsminderung. Die Septumdicke maß 17 mm und die Hinterwand 11 mm. Das
EKG zeigte eine linksventrikuläre Hypertrophie, einen linksventrikulären Hemiblock,
Extrasystolen und Couplets. Auch wenn die klinischen Symptome des Patienten auf den
ersten Blick nicht auf ein erhöhtes Risiko für einen Herztod hinweisen (keine Synkopen,
IVS<35mm), so muß doch das Auftreten der Krankheit im Alter von 29 Jahren als
Risikofaktor für einen plötzlichen Herztod betrachtet werden. Außerdem weist das EKG
80
ventrikuläre Extrasystolen und Couplets nach, die als Vorstufen zu den Risikofaktoren
der ventrikulären Tachykardien in Betracht gezogen werden müssen. Um zu klären, ob
es sich bei diesem Patienten um eine in der Familie neu aufgetretene Mutation handelt,
müßte die komplette Familie untersucht werden. Dies war zum Zeitpunkt der
Untersuchung nicht durchführbar.
Bei dieser Mutation kommt es zu keinem Ladungswechsel. Allerdings sind die
Aminosäuren in ihren Seitengruppen sehr unterschiedlich. Isoleucin ist eine aliphatische
Aminosäure während Threonin zu den neutralen Aminosäuren mit einem zusätzlichen
Sauerstoffatom in der Seitengruppe gehört. Obwohl die Mutation als schwerwiegend
eingestuft worden ist, kann kein Ladungswechsel im Protein nachgewiesen werden. Die
Seitengruppen
der
Aminosäuren
könnten
also
hier
relevant
für
die
Konformationsänderung im Gen sein.
Das Exon 21 und dort speziell die Kodons 778 und 782 befinden sich in der langen
α-Helix, die die Leichtkettenbindungsregion bildet. Vermutet wird, daß es durch die
Anlagerung der Leichtketten zur Umformung der chemischen Energie, die bei der ATPHydrolyse entstanden ist, in mechanische Bewegung kommt. Bisher ist diese Hypothese
noch nicht bestätigt worden (Rayment et al. 1995), doch da die Exons 19, 20 und 21 für
die Bindung von Aktin an Myosin wichtig sind, führen Mutationen in diesem Bereich,
wie erwähnt, zu Konformationsänderungen des Proteins und somit zu einer nicht
ausgeprägten Kontraktion.
Bisher wurden nur zwei Mutationen im Exon 21 beobachtet, nämlich an der Position
778 mit einen Austausch von Asparagin zu Glycin (Harada et al. 1993, Kimura et al.
1994) und an der Position 797 mit einem Austausch von Alanin zu Thyrosin (Moolman
et al.1995/93).
Harada untersuchte 3 Familien, welche die Mutation Asp778Gly besaßen. In einer
Familie hatten 3, in einer anderen 6 und in der dritten Familie 5 Personen diese
Mutation. In der zuletzt genannten Familie traten bei einer Person weder klinische
81
Symptome
auf,
noch
war
echokardiographisch
ein
verdickter
Herzmuskel
nachzuweisen, lediglich das EKG zeigte Abnormalitäten. Damit betrug die Penetranz
für die Erkrankung ca. 90%. Plötzliche Herztode waren nicht beschrieben.
Moolmann et al. (1995) beschrieben zwei Familien mit einer Mutation im Exon 21 an
der Position Ala797Thr. In einer Familie (25 Personen) wurde diese Mutation bei 5
Personen zwischen 24 und 62 Jahren festgestellt. 2 Personen wiesen keine Symptomatik
auf. Die drei anderen zeigten typische Symptome wie Belastungsdyspnoe und APSymptomatik. Die Septumdicke betrug 8-14,5 mm. Eine Person wies ein SAM auf. Bei
allen Personen zeigten sich im EKG ST- oder Q-Zackenveränderungen. 3 Personen
dieser Familie waren jung an Herzerkrankungen verstorben. Bei der anderen Familie
(11 Personen) wurde ebenfalls bei 5 Personen die gleiche Mutation gefunden. Eine
Person wurde im Alter von 65 Jahren herzinsuffizient und verstarb. Die anderen vier
Personen waren zwischen 31 und 38 Jahre alt. Eine Person litt an Dyspnoe, die anderen
Personen waren beschwerdefrei. Alle Personen hatten Veränderungen im EKG. Die
Septumdicke betrug zwischen 17-22 mm. Zwei Personen wiesen ein SAM auf.
Unser Patient Lab-Nr. 10, zum Zeitpunkt der Untersuchung 68 Jahre alt, hat eine
Mutation an der benachbarten Position Leu796Phe. Der Patient litt bereits seit seiner
Kindheit an HCM und hatte eine stark ausgeprägte klinische Symptomatik:
Präsynkopen,
Belastungsdyspnoe,
AP-Symptomatik,
Hypertonie
und
Rhythmusstörungen. 1982 mußte er sich einer Myektomie unterziehen, so daß die
Septumdicke jetzt nur 14 mm beträgt. Die Familienanamnese des Patienten war eher
unauffällig. Lediglich der Vater des Patienten hatte eine koronare Herzkrankheit.
Anschließend an diese Studie wurde in der DNA der Tochter des Patienten im Alter von
27 Jahren die gleiche Mutation Leu796Phe gefunden, jedoch hatte sie bis zu dem
Zeitpunkt der Untersuchung keine Anzeichen für eine Erkrankung. Es bleibt
abzuwarten, ob die Krankheit auch bei ihr auftreten wird. Wie oben erwähnt, weist der
Patient mehrere Risikofaktoren für einen plötzlichen Herztod auf: die ausgeprägte
Symptomatik zeigt Dyspnoe, AP-Symptomatik und Synkopen. Die Septumdicke war so
erheblich, daß eine Myektomie durchgeführt werden mußte. Es ist gesichert, daß sich
die Mutation weitervererbt hat. Spekulativ bleibt, ob schon der Vater diese Mutation
82
aufwies. Diese Mutation hat ähnlich schwerwiegende Auswirkungen wie die
Mutationen der in der Literatur beschriebenen Familien.
Auch bei dieser Mutation kam es zu keinem Ladungswechsel im Protein. Allerdings
veränderte sich die Aminosäure von der aliphatischen Aminosäure Leucin zu
Phenylalanin, welche einen aromatischen Ring in der Seitengruppe besitzt. Wiederum
wird die Hypothese nicht bestätigt, daß Ladungswechsel in den Aminosäuren allein für
eine Konformationsänderung im Gen und somit für die Ausprägung der Krankheit von
Bedeutung sind. Daher könnten auch hier die Aminosäureseitenketten relevant für eine
Konformationsänderung im Gen sein.
Das Exon 23 liegt im Übergang vom Myosinkopf zum Schwanzbereich. Mutationen in
diesem Bereich führen zu keiner Konformationsänderung im Kopfbereich, sondern man
vermutet, daß die fehlende Kraftübertragung von Kopf- zu Schwanzbereich zur
Ausprägung der HCM führt. In diesem Bereich beugt sich der Myosinkopf zum
Aktinfilament. Bei erhöhter Steifheit oder fehlender Kraft des Filamentes ist die
Kontraktion vermindert (Rayment et al. 1995). Die Schwanzregion des Myosins
verbindet sich im Schwanzbereich mit anderen Myosinmolekülen zu einem dicken
Filament, welches das Rückrat und die Achse für den Aktin-Myosin-Komplex während
der Kontraktion bildet. Mit Hilfe dieses Models wird versucht, die weniger
dramatischen Verläufe der Krankheit bei Familien mit einer Mutation im Exon 23 zu
erklären.
Im Exon 23 sind mehrere Mutationen an verschiedenen Positionen gefunden worden:
Glu949Lys (Watkins et al. 1992); Glu935Lys (Kimura et al. 1994, Nishi et al. 1995);
Glu930Lys (Marian et al. 1994); Glu924Lys (Watkins et al. 1992) und Leu908Val
(Epstein et al. 1992, Fanapazir et al. 1993; Al-Mahdavi et al. 1993).
Von den drei Autoren, die eine Mutation im Kodon 908 von Leucin nach Valin
beschrieben haben, wird diese Mutation als gutartig eingestuft. Die Penetranz der
Erkrankung wurde auf 61% festgelegt. Die Patienten hatten eine durchschnittliche
83
Lebenserwartung. In der von Epstein et al. (1992) und Fananapazir et al. (1993)
untersuchten Familie hatten 12 von 31 Personen mit einer Mutation keine
linksventrikuläre Hypertrophie. Nur 5 Personen hatten ein pathologisches EKG. Kein
Kind dieser Familie hatte HCM, jedoch sind 2 Personen der Familie unter 55 Jahren an
plötzlichem Herztod verstorben. Die Septumdicke der 19 Patienten betrug zwischen 1527 mm. In der Familie, die Al-Mahdavi et al. 1993 beschrieben, waren 4 Personen an
HCM erkrankt. Die Mutter des Patienten litt unter Herzbeschwerden und Palpitationen.
Die Septumdicke betrug 26 mm und die Hinterwanddicke 11 mm. Mit 61 Jahren
verstarb sie an Herzinsuffizienz. Der Onkel und die Großmutter des Patienten
verstarben im Alter von 18 bzw. 71 Jahren an plötzlichem Herztod. Der untersuchte
Patient war 40 Jahre alt und symptomfrei. Er hatte ein pathologisches EKG, sein
Echokardiographiebefund zeigte jedoch keine Hypertrophie. Bei einer seiner Töchter
wurde eine Mutation nachgewiesen. Zum Zeitpunkt der Untersuchung hatte sie aber
noch keine Symptome der HCM entwickelt.
Unser Patient Lab-Nr. 4, zum Zeitpunkt der Untersuchung 46 Jahre alt, hat eine
Mutation Cys905Phe in direkter Nachbarschaft der zuvor beschriebenen Mutationen.
Der Patient litt an Dyspnoe und AP-Symptomatik. Außerdem hatte der Patient eine
koronare Herzkrankheit und eine geringgradige Mitralinsuffizienz. Die Septumdicke
betrug 18 mm und die Hinterwanddicke 11 mm. Das EKG wies Vorhofflimmern und
eine linksventrikuläre Hypertrophie auf. 1988 führte eine Thrombembolie der Arteria
Meningea media zu einem Apoplex. 1996 verstarb der Patient an einem zweiten
Apoplex. In seiner Familie waren keine Herzerkrankungen bekannt, allerdings war der
Vater des Patienten ebenfalls an einem Apoplex verstorben. Spekulativ ist, ob bei ihm
zuvor ebenfalls Vorhofflimmern vorlag. Beide Apoplexe des Patienten wurden durch
Embolien hervorgerufen, die ihre Ursache in einem Vorhofflimmern hatten, einer
häufigen Komplikation der HCM. Ohne die Komplikation des Vorhofflimmerns wäre
die Krankheit bei diesem Patienten vermutlich ähnlich benigne verlaufen, wie sie in der
Literatur beschrieben ist.
Veränderungen im EKG scheinen bei Mutationen in diesem Exon eine Rolle zu spielen.
Bei zwei der oben beschriebenen Familien und bei unserem Patienten waren
pathologische Veränderungen früher mit Hilfe des EKGs als mit Hilfe der
Echokardiographie zu erkennen.
84
Eine weitere Vermutung, warum die Krankheit bei unserem Patienten so
schwerwiegend verlaufen ist, wäre die Annahme, daß eine Mutation auf einem anderen
Gen die Krankheit unseres Patienten wesentlich beeinflußt hat. Für diese Hypothese
müssen weitere Untersuchungen folgen.
Auch bei dieser Mutation gab es keinem Ladungswechsel beim Aminosäurenaustausch.
Allerdings handelt es sich bei Cystein um eine Aminosäure mit einem Schwefelatom in
der Seitengruppe, während Phenylalanin einen aromatischen Ring besitzt.
Zusammenfassend fanden sich im Bezug auf den Phänotyp keine Unterschiede
zwischen den Patienten mit β-MHC-Mutationen und den Patienten mit fehlendem
Mutationsnachweis. Bei letzteren müssen Mutationen in anderen Genen angenommen
werden. Der fehlende Unterschied mag zum Teil auf die relativ kleine Zahl untersuchter
Patienten zurückzuführen sein und zum Teil darauf beruhen, daß unterschiedliche
Myosinmutationen unterschiedliche molekulare Pathomechanismen induzieren und zum
Teil darauf, daß Genotyp-Phänotyp Beziehungen bei HCM nicht eindeutig und eng
sind.
6 Patienten unseres Patientenkollektivs wiesen Mutationen auf. Wie schon auf Seite 52
erwähnt, waren zwei Mutationen (Positionen Arg403Trp, Arg719Trp) schon vorher in
der Literatur beschrieben worden. Eine dritte Mutation (Position Ile736Thr) war
ebenfalls
beschrieben
worden,
jedoch
mit
einem
unterschiedlichen
Aminosäureaustausch. Drei Mutationen waren neu (Positionen Val411Ile, Asp796Phe
und Cys905Phe).
5 unserer Patienten wiesen die von Burn et al. (1997), Spirito et al. (1997) und Hauser et
al. (1997) beschriebenen Kriterien auf, die ein erhöhtes Risiko für einen plötzlichen
Herztod darstellen. Damit konnten wir bestätigen, daß Mutationen im Exon 13
Arg403Trp, Exon 13 Val411Ile, Exon 19 Arg719Trp, Exon 20 Ile736Thr und Exon 21
Asp796Phe auch bei unseren Patienten mit einem hohen Risiko für einen plötzlichen
Herztod einhergehen.
85
Die Mutation im Exon 13 (Arg403Trp) ist in der Literatur allerdings im Vergleich zu
der Mutation Arg403Gln als relativ benigne beschrieben worden. Trotz der
Risikofaktoren scheint die Ausprägung der Krankheit unserer Patientin mit dieser
Mutation ebenfalls unauffällig zu sein.
Unser Patient mit der Mutation im Exon 23 Cys905Phe zeigte wie die in der Literatur
beschriebenen Patienten keine Anzeichen für eine erhöhte Gefahr, einen plötzlichen
Herztod zu erleiden. Lediglich Vorhofflimmern konnte festgestellt werden, eine
Komplikation der HCM. Diese wiederum verursachte eine Thrombose mit
nachfolgendem Apoplex, woran der Patient schließlich verstarb. Die Ausprägung der
Mutation bei diesem Patienten können wir nur mit Einschränkungen als benigne
einstufen. Die Vermutung, daß eine weitere Mutation bei diesem Patienten in einem
anderen Gen vorlag, läßt sich nicht ausschließen.
Der Ort der Mutation im β-Myosin-Gen scheint für die Ausprägung der Krankheit
verantwortlich zu sein. So beeinträchtigen Mutationen im Exon 13 die Anlagerung von
Aktin an Myosin und die Mutationen in den Exons 19, 20 und 21 beeinflussen die
Anlagerung von ELC. Das Exon 23 dagegen ist wichtig für die Kraftübertragung vom
Kopf- auf den Schwanzbereich im Protein. Daraus lassen sich einige Unterschiede für
die Ausprägung der HCM auch bei unseren Patienten erklären, jedoch können nicht alle
Unterschiede hierauf zurückgeführt werden. Wie die Mutation Arg403Trp bei unserer
Patientin gezeigt hat, müssen noch weitere Aspekte in die Bewertung für die
Ausprägung der Krankheit mit einbezogen werden. Bei zwei Mutationen (Arg403Trp,
Arg719Trp) traten z.B. Ladungswechsel beim Aminosäureaustausch auf, die laut
Literatur zu einer Konformationsänderung im Protein führen und damit die Ausprägung
der Krankheit mitbestimmen. Diese Theorie konnte nur bei der Mutation Arg719Trp
bestätigt werden.
Eventuell sind die Wechsel der Seitengruppen beim jeweiligen Austausch der
Aminosäuren von Bedeutung für die Konformation des Proteins.
86
4.5
Zusammenhang der klinischen Parameter von HCM-Patienten und
Mutationen im α-Tropomyosin-Gen
Es wird heute davon ausgegangen, daß Patienten mit einer Mutation in dem αTropomyosin-Gen eine durchschnittliche Lebenserwartung haben und seltener einen
plötzlichen Herztod erleiden. Jedoch ist der Phänotyp variabel (Maron et al. 1998).
Bisher sind drei verschiedene Mutationen in diesem Gen beschrieben worden und zwar
im Exon 2 und 5 (Abb. 20).
Abb. 20: Darstellung des α-Tropomyosin-Gens und der bisher beschriebenen Mutationen
1993 berichteten Thierfelder et al. von zwei Familien, bei denen die Erkrankung mit
HCM auf Mutationen dieses Gens zurückgeführt wurde. Beide Mutationen fanden sich
im Exon 5 und zwar an den Stellen Glu180Gly und Asp175Asn. Die Familie mit der
Mutation Glu180Gly besaß eine durchschnittliche Septumdicke von 12,5±4,7 mm. Die
Familienanamnese ergab eine geringe Wahrscheinlichkeit für einen plötzlichen Herztod.
Bei der anderen Familie mit der Mutation Asp175Asn betrug die durchschnittliche
Septumdicke 23,7±7,7 mm und die Wahrscheinlichkeit für einen plötzlichen Herztod
eines Familienmitgliedes war höher, wie Thierfelder et al. 1996 berichteten.
1995 wurde von einer weiteren Mutation in diesem Gen im Exon 2 Ala63Val berichtet
(Ankajima-Taniguchi et al.). In der Familie des Patienten waren bereits 3 Personen an
87
HCM verstorben. Die untersuchte Patientin war 32 Jahre alt. Das EKG war pathologisch
und die HCM ging in eine dilatative Herzinsuffizienz über.
Da sich unser unverwandtes Patientenkollektiv nicht von den in der Literatur
beschriebenen Patienten unterscheidet, hofften wir, Mutationen im α-Tropomyosin-Gen
zu finden. Wir konnten jedoch keine Mutationen in diesem Gen nachweisen und daher
auch nicht den Zusammenhang zwischen dem Phänotyp unserer Patienten und
eventuellen Mutationen untersuchen.
4.6
Bedeutung der Genotypisierung für die Diagnostik der HCM
Unsere Untersuchungen haben gezeigt, daß mit dem „Screening“ des β-MHC-Gens und
des
α-Tropomyosin-Gens
allein
nur
bei
einem
Teil
der
Patienten
krankheitsbestimmende Mutationen gefunden werden konnten. Die Erklärung könnte
darin bestehen, daß Mutationen, die die HCM hervorrufen, auch in anderen als den hier
untersuchten Genen auftreten, da die Krankheit sehr heterogen ist (Solomon et al. 1990,
Schwarz et al. 1995, Malik et al. 1997). Zur Zeit werden in der Fachliteratur neben den
beiden oben genannten Genen acht weitere Gene für die hypertrophe Kardiomyopathie
verantwortlich gemacht: Kardiales Troponin T (Watkins et al.1993), Myosin-BindungsProtein C (Watkins et al. 1995, Bonne et al.1995), Kardiales Troponin I (Kimura et al.
1997), leichte Myosinketten vom Typ ELC (Poetter et al. 1996), leichte Myosinketten
vom Typ RLC (Poetter et al. 1996), kardiales α-Aktin (Morgensen et al. 1999), Titin
(Sateh et al. 1999) und das nicht näher bestimmte Gen auf Chromosom 7 (MacRae et al.
1995). Daher müßten bei entsprechendem Krankheitsverdacht sämtliche 10 in Frage
kommenden Gene mit Hilfe molekulargenetischer Methoden im Krankenhaus
untersucht werden. Darüber hinaus ist zu erwarten, daß in kurzer Zeit weitere
Krankheitsgene wie die erst 1999 von Morgensen et al. (1999) und Satoh et al. (1999)
beschrieben Gene entdeckt werden.
Nur bei einigen wenigen Mutationen lassen sich Prognosen für den Verlauf der
Krankheit ableiten: Als gesichert gilt, daß Mutationen im β-MHC-Gen an den
88
Positionen 403 (Exon 13), 453 (Exon 14) und 719 (Exon 19) zu einer starken
Ausprägung der Krankheit mit verminderter Lebenserwartung der Patienten führen.
Patienten mit einer Mutation in dem Kodon 256 (Exon 9) und 908 (Exon 23) haben
hingegen eine fast normale Lebenserwartung (Marian et al. 1995).
Daraus ergibt sich die Problematik, wie gefundene Mutationen zur Zeit gewertet werden
sollen. Auch bei nachgewiesener Mutation läßt sich noch keine für den Patienten
gewinnbringende Therapie ableiten. Lediglich auf eine Änderung der Lebensführung
kann hingewiesen werden. Somit sollten Genotypisierungen von Patienten mit großer
Vorsicht und nicht obligat durchgeführt werden (Al-Mahdavi et al. 1994, Komajda et al.
1996, Maron et al. 1998).
Ein Screening gesunder Verwandter von HCM-Patienten oder gesunder Personen
allgemein zur Feststellung einer Mutation ist ebenfalls sehr problematisch. Die
Ausprägung einer Mutation kann auch innerhalb einer Familie unterschiedlich sein
(Schwarz et al. 1995). Es können keine verbindlichen Aussagen über die Art des
Phänotypes oder den Zeitpunkt des Auftretens der Krankheit getroffen werden. Die
psychischen Probleme sind nicht abzuschätzen, die sich bei einer Person entwickeln
können, die genotypisch als positiv getestet wird, phänotypisch aber negativ ist. Es gilt
weiterhin, daß eine genotyp-positive Person mit phänotyp-negativer Ausprägung nicht
therapiert wird und keine Einschränkungen in ihrem Lebensstil beachten muß (Maron et
al. 1998).
Nach wie vor hofft man jedoch, mit der Screening-Methode Personen, die an HCM
erkrankt sind, genauer untersuchen und Grenzfälle besser erkennen zu können. Durch
Langzeitstudien erstrebt man, eine bessere Therapie entwickeln und besonders bei
Kindern, die eine positive Mutation besitzen (Fananapazir et al. 1995, Maron et al.
1998), präventive Maßnahmen durchführen zu können. Es mangelt noch an
Erfahrungen, gefundene Mutationen auszuwerten (Fananapazir et al. 1995), um zu
besseren Strategien zu kommen, Risikofaktoren bestimmen und ausschließen zu können
(Komajda et al. 1996).
89
4.7
Zusammenhang von ACE-D/I-Polymorphismus und HCM und ACE-D/IPolymorphismus und Rhythmusstörungen
Da ein Zusammenhang zwischen Mutationen in den oben beschriebenen Genen und der
Ausprägung des Phänotyps noch nicht eindeutig nachvollziehbar ist, hofft man, mit der
Untersuchung von „modifying factors“ genauere Kenntnisse zu erwerben. Zu diesen
Faktoren zählen neben Umwelteinflüssen und Verhaltensweisen des Individuums wie
z.B. Rauchen auch genetische Auffälligkeiten wie das Auftreten des D-Allels im ACEPolymorphismus.
Die erhöhte Serumkonzentration von ACE wird mit mehreren kardiovaskulären
Erkrankungen in Verbindung gebracht. Das Angiotensin-Converting-Enzym katalysiert
die Bildung von Angiotensin II aus Angiotensin I. Angiotensin II wirkt als
Vasokonstriktor im Serum und führt zur Zellproliferation. Weiterhin inaktiviert ACE
das Bradykinin und blockt die Kallikrein-Synthese. Rigat et al. fanden (1990) mit dem
D-Allel des I/D-Polymorphismus einen Marker für den erhöhten Serumspiegel von
ACE im Blut. In der Bevölkerung gibt es zwei homozygote Genotypen für das ACEGen und einen heterozygoten Genotyp: Personen mit dem kurzen Deletions-Allel (DAllel) fehlt eine 287bp DNA Sequenz, dagegen besitzen Personen mit dem langen
Insertions-Allel (I-Allel) diese 287bp DNA Sequenz; heterozygote Personen haben
sowohl ein Allel mit als auch eins ohne die 287bp. Das Gen ist verantwortlich für 47%
des ACE-Spiegels im Serum. Der Genotyp D/D im ACE-Gen führt zu einem höheren
Spiegel von ACE im Blut (Cambien et al. 1992). Die Verteilung von D-Allel zu I-Allel
Frequenz wird mit 60% zu 40% bei gesunden Personen angegeben (Rigat et al. 1990).
Rigat et al. (1992) identifizierten das Intron 16 des ACE-Gens als eine entscheidende
Position für einen I/D-Polymorphismus. Dieses Gen liegt auf dem Chromosom 17q23
und umfaßt 21 kb mit 26 Exons. Das entsprechende Enzym, das codiert wird, heißt
Dipeptidyl-Carboxypeptidase 1 (DCP1). Inzwischen sind weitere Sequenzvarianten (ca.
78) in diesem Gen festgestellt worden (Rieder et al. 1999).
90
1993 berichteten Marian et al., daß 69% ihrer HCM-Patienten das D-Allel besaßen. Vor
allem Patienten mit einer ausgeprägten Symptomatik wiesen diesen Genotyp auf.
Yoneyga et al. (1995) und Pfeufer et al. (1997) konnten dies von HCM-Patienten mit
sporadischen Mutationen bestätigen. Je nachdem in welchem Gen oder in welcher
Position im Gen die Mutation stattfand, wurde eine unterschiedliche D-Allelfrequenz
gefunden. Sie ist vermehrt bei Patienten mit einer Mutation im β-MHC-Gen an der
Position 403 im Protein beschrieben worden (Tesson et al. 1997). Lechin et al. (1995)
zeigten einen Zusammenhang zwischen Septumhypertrophie bei HCM-Patienten und
dem D/D-Genotyp des ACE-Polymorphismus auf. Pfeufer et al. (1997) konnten dies bei
ihrer Untersuchung nicht nachvollziehen. Yamada et al. (1997) versuchten mit dem
ACE-D/I-Polymorphismus anhand von Daten der Echokardiographie die Schwere der
Krankheit zu bestimmen. Sie konnten jedoch keinen Zusammenhang feststellen. Eine
Korrelation zwischen ventrikulärer Tachykardie, HCM und D/D-Genotyp sahen
Osterziel et al. (1996) als signifikant und damit als existent an. Nach wie vor ist nicht
geklärt, wie sich der ACE-Polymorphismus auf den Phänotyp der Krankheit auswirkt.
Trotz kontroverser Diskussion nahmen Andersen-Sylven et al. (1996) an, daß der D/DGenotyp einen verschlechternden Einfluß auf die Krankheit besitzt. In aktuellen
Arbeiten konnte gezeigt werden, daß die Mortalitätsrate bei Patienten mit
Herzinsuffizienz und D/D-Genotyp erhöht ist (McDonagh et al. 1999, Cuozo et al.
1999). Alvarez et al. (1998) vermuteten, daß mehrere genetische „modifying factors“
wie z.B. ACE und Angiotensin-1-Rezeptor (AT-1-R) synergistisch wirken und sich das
Risiko für einen Herztod erhöht, wenn der C/C-Genotyp des AT-1-R und der D/DGenotype des ACE-D/I-Polymorphismus gemeinsam vorliegen.
Außer ACE und AT-1-R werden Endothelin-1 und Angiotensinogen als „modifying
factors“ angesehen (Bruganda et al. 1997).
Diese Untersuchungen veranlaßten uns, den ACE-D/I-Polymorphismus an unserem
Patientenkollektiv nachzuprüfen, um zu sehen, ob das D-Allel, wie in der Literatur
beschrieben, auch bei unseren Patienten eine Rolle als „modifying factor“ spielt und
somit den Phänotyp der Patienten mit HCM mitbestimmen könnte. Wir haben deshalb
den ACE-D/I-Polymorphismus sowohl in unserem Patientenkollektiv mit HCM als auch
91
speziell bei den Patienten mit HCM und Rhythmusstörungen untersucht. Es ließ sich
weder
bei
unseren
HCM-Patienten
noch
bei
den
HCM-Patienten
mit
Rhythmusstörungen und hier auch speziell bei den Patienten mit Arrhythmien der
Lown-Klassifikation 4b kein signifikanter Unterschied zur Normalbevölkerung
nachweisen. Damit können wir von keinem Zusammenhang zwischen dem D/DGenotyp und HCM bzw. dem D/D-Genotyp und Rhythmusstörungen bei Patienten mit
HCM berichten.
92
5
Zusammenfassung
Wir untersuchten 45 Patienten des Deutschen Herzzentrums Berlin auf Mutationen im
β-MHC-Gen und im α-Tropomysin-Gen. Bei 6 Patienten (13%) fanden wir eine
Mutation im β-Myosin-Gen. Kein Patient hatte eine Mutation im α-Tropomyosin-Gen.
In der Literatur wird eine Mutation im β-MHC-Gen in bis zu 35% und im αTropomyosin-Gen in bis zu 3% der Fälle angenommen. Offensichtlich besitzen unsere
Patienten überdurchschnittlich häufiger Mutationen in anderen Genen, die in dieser
Studie nicht untersucht wurden. Unsere Patienten hatten die Mutationen: Exon 13
Arg403Trp und Val411Ile, Exon 19 Arg719Trp, Exon 20 Ile736Thr, Exon 21
Leu796Phe und Exon 23 Cys905Phe. Die Mutationen Arg403Trp und Arg719Trp
waren vorher bereits bekannt. An der Position 736 im Protein war ebenfalls bereits eine
Mutation jedoch mit einem anderen Aminosäureaustausch beschrieben worden. Die
Mutationen, Val411Ile, Leu796Phe und Cys905Phe wurden von uns erstmals ermittelt.
Der Phänotyp der Krankheit der HCM war auch bei unserem Patientenkollektiv sehr
heterogen, und es ließen sich keine signifikanten Unterscheidungen feststellen. So
haben wir uns darauf beschränkt, bei den 6 Patienten mit Mutationen nur nach den von
Burn et al. (1997), Hauser et al. (1997) und Spirito et al. (1997) aufgestellten
Risikofaktoren zu suchen, die einen plötzlichen Herztod herbeiführen können, und
haben sie danach in Patienten mit einem höheren oder niedrigeren Risiko eingestuft.
Kriterien für ein erhöhtes Risiko, einen plötzlichen Herztod zu erleiden, wurden von
Patienten mit den Mutationen: Exon 13 Arg403Trp, Exon 13 Val411Ile, Exon 19
Arg719Trp, Exon 20 Ile736Thr und Exon 21 Leu796Phe erfüllt. Mutationen an diesen
Positionen sind auch in der Literatur mit einem erhöhten Risiko für einen plötzlichen
Herztod assoziiert worden. Wir konnten dies mit unseren Ergebnissen bestätigen.
Der Patient mit der Mutation im Exon 23 Cys905Phe wies wenige Risikofaktoren auf
und unterscheidet sich somit nicht von den in der Literatur beschriebenen Patienten.
Allerdings verstarb er an einem Apoplex, der sich als Folge einer Embolie entwickelt
hatte. Diese Embolie hatte ihren Ursprung in Vorhofflimmern, einer Komplikation der
HCM.
Unsere Ergebnisse weisen, wie in der Literatur beschrieben, darauf hin, daß die
Schwere der Krankheit unter anderem von dem Ort der Mutationen im Gen abhängig
sein kann. Das Exon 13 ist ein wichtiger Ort der Bindung von Aktin an Myosin. Exon
19, 20 und 21 stellen die Verbindung zu ELC her. Das Exon 23 überträgt die Energie
vom Kopf des Proteins zur Schwanzregion.
Unser Patient mit der Mutation im Exon 13 Arg403Trp zeigte allerdings, daß nicht
allein der Ort der Mutation für die Ausprägung der Krankheit verantwortlich zu sein
scheint. Die Patientin wies lediglich eine positive Familienanamnese als Risikofaktor
93
für einen plötzlichen Herztod auf. Sonst war die Klinik der Patientin unauffällig. Damit
bestätigten wir die in der Literatur für diese Position Arg403Trp im Exon 13 erwähnten
Fälle, die als relativ benigne und milde eingestuft wurden. Es liegt die Vermutung nahe,
daß für die Ausprägung der Krankheit auch entscheidend ist, in welche Aminosäure die
Mutation mündet.
Diskutiert wird außerdem, in wie weit andere Faktoren – sogenannte „modifying
factors“ - zur Ausprägung der Krankheit führen. Einer dieser Faktoren ist der D/DGenotyp des ACE-Polymorphismus. Wir untersuchten den ACE-Polymorphismus an
unserem Patientenkollektiv und nochmals speziell bei Patienten mit HCM und
Rhythmusstörungen. Wir konnten kein erhöhtes Vorkommen des D/D-Genotyps
abweichend von der Normalbevölkerung feststellen und somit keinen Zusammenhang
bestätigen.
94
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104
Verzeichnis der Tabellen
Tab. 1:
Synthetische Oligonukleotide (Primer) zum Nachweis des ACEPolymorphismus............................................................................................. 21
Tab. 2:
Synthetische Oligonukleotide (Primer) zur Amplifikation des αTropomyosin-Gens......................................................................................... 21
Tab. 3:
Synthetische Oligonukleotide (Primer) zur Amplifikation des β-MHCGens................................................................................................................ 22
Tab. 4:
Referenzmutationen bereitgestellt von Prof. Dr. Vosberg, Bad Nauheim ..... 28
Tab.5:
pUC18-Vektor spezifische Sequenzierungsprimer ........................................ 33
Tab. 6a: Klinik des Patientenkollektivs........................................................................ 37
Tab. 6b: Herzkatheterdaten des Patientenkollektivs..................................................... 39
Tab. 6c: Echokardiographiedaten der Patienten........................................................... 42
Tab. 6d: Elektrokardiogrammdaten der Patienten........................................................ 43
Tab. 6e: Daten der medikamentösen Therapie der Patienten ....................................... 44
Tab. 7:
Mutationen im β-MHC-Gen........................................................................... 46
Tab. 8:
Vergleich der Patienten mit Mutationen im β-MHC-Gen mit den
Patienten ohne Mutation................................................................................. 56
Tab. 9:
ACE-D/I-Polymorphismus im Patientenkollektiv ......................................... 60
Tab. 10: ACE-D/I-Polymorphismus und Arrhythmien der Klasse Lown 4b der
HCM-Patienten............................................................................................... 63
Tab. 11: ACE-D/I- Polymorphismus und Rhythmusstörungen der HCM-
Patienten ......................................................................................................... 66
105
Verzeichnis der Abbildungen
Abb. 1: SSCP-Analyse der DNA von 6 Patienten ohne Vorkommen einer
Variante. ......................................................................................................... 26
Abb. 2: Schematische Darstellung des Prinzips der SSCP-Analyse (Grompe et
al. 1993).......................................................................................................... 27
Abb. 3: Schematische Darstellung des Plasmidvektors pUC18.
Ampicillin:
Ampicillinresistenzgen; ori: Replikationsursprung; lac I: LactoseRepressor; lac Z: ß-galactosidase-Sequenz mit MCS (multiple cloning
site); SmaI: Restriktionsschnittstelle für das Enzym...................................... 29
Abb. 4: Schematische Darstellung der zyklischen DNA-Sequenzierung nach
Sanger. Der Sequenzierprimer wird bei der Sequenzierungs-PCR nach
Anlagerung an den komplementären DNA-Strang verlängert, bis es
durch den Einbau eines ddNTPs zum Kettenabbruch kommt........................ 32
Abb. 5: Verteilung der Septumdicke bei den Patienten .............................................. 40
Abb. 6: Verteilung der Hinterwanddicke bei den Patienten........................................ 41
Abb. 7:
Die im Patientenkollektivs gefundenen Mutationen im β-MHC-Gen .......... 46
Abb. 8:
Familienanamnese von Lab-Nr. 27: schwarz-erkrankt, weiß-gesund,
Kreis-weibl., Viereck-männl. ......................................................................... 47
Abb. 9: Familienanamnese von Lab-Nr. 11: schwarz-erkrankt, weiß-gesund,
Kreis-weibl., Viereck-männl. ......................................................................... 48
Abb. 10: Familienanamnese von Lab-Nr. 90: schwarz-erkrankt, weiß-gesund,
Kreis-weibl., Viereck-männl. ......................................................................... 49
Abb. 11: Familienanamnese von Lab-Nr. 53: schwarz-erkrankt, weiß-gesund,
Kreis-weibl., Viereck- männl. ........................................................................ 50
Abb. 12: SSCP-Analyse von Exon 20 des β-MHC-Gens bei Raumtemperatur.
Spur 1: Patient Lab.-Nr. 53,. Die zusätzliche Bande ist durch einen Pfeil
gekennzeichnet. Spuren 2-7: PCR-Fragmente von Patienten mit WildTyp-Sequenz................................................................................................... 51
106
Abb. 13: Ausschnitt aus der DNA-Sequenz des mutierten Allels bei Patient Lab.-
Nr. 53. Der Pfeil kennzeichnet die Position des T→C Austausches im
Kodon 736. ..................................................................................................... 51
Abb. 14: Restriktionsverdau mit TspRI zum Nachweis der Mutation Ile736Thr
im β-MHC-Gen.
M: 100 bp-Leiter, Spuren 1,2,4 und 5:
Restriktionsfragmente von Patienten mit Wild-Typ-Sequenz, Spur 3:
Nachweis der Mutation Ile736Thr bei Patient Lab.-Nr. 53............................ 52
Abb. 15: Vergleich der Wild-Typ-Sequenz mit der mutierten Sequenz im Exon
20 des β-MHC-Gens. Der T→C Austausch im Kodon 736 führt zum
Austausch der Aminosäure Isoleucin durch Threonin. .................................. 52
Abb. 16: Familienanamnese von Lab-Nr. 10: schwarz-erkrankt, weiß-gesund,
grau-Mutation ohne Krankheitsbild, Kreis-weibl., Viereck-männl. .............. 53
Abb. 17: Familienanamnese von Lab-Nr. 4: schwarz-erkrankt, weiß-gesund,
Kreis-weibl., Viereck-männl. ......................................................................... 54
Abb. 18: Die SSCP-Analyse des α-Tropomyosin-Gens. Die Spuren 2-13 zeigen
keine Varianten .............................................................................................. 57
Abb. 19: Darstellung des β-MHC-Gens mit den bisher beschriebene Mutationen
in den Exons 13,19,20,21 und 23 .................................................................. 72
Abb. 20: Darstellung des α-Tropomyosin-Gens und der bisher beschriebenen
Mutationen ..................................................................................................... 86
107
Abkürzungen
β-MHC
β-Myosin-Heavy-Chain
α-TM
α-Tropomyosin
ACE
angiotensin converting enzyme
APS
Amoniumpersulfat
Aqua inject.
Aqua injectabile
Aqua dest.
Aqua destillata
Arg
Arginin
ATP (A), CTP C, GTP (G), TTP (T)
Adenosin-, Cytosin-, Guanin-, Tymidin- Triphosphat
Bp
Basenpaare
Cys
Cystein
DNA
Dinucleotidacid
dNTPs
Dinukleotidtriphosphat
EDTA
Ethylenediaminetetraaceticacid
ELC
essential light chain
f
Freiheitsgrad
FHCM
familial hypertrophic cardiomyopathy
HCM
hypertrophic cardiomyopathy
HW
Hinterwand des linken Ventrikels
Ile
Isoleucin
IVS
Interventrikularseptum
Kb
kilobasen
MyBP-C
Myosinbindungsprotein-C
PAA-Gele
Polyacrylamid-Gele
PCR
polymerase chain reaction
Phe
Phenylalanin
RFLP
Restriktionsfragmentlängenpolymorphismus
RLC
regional light chain
RNA
Ribonucleinacid
SAM
systolic anterior movement
SDS
Natriumdodecylsulfat
SSCP
single-strand conformational polymorphism
Taq-Polymerase
Terminus aquaticus polymerase
TBE
Tris Base Borsäure Tritriplex III
TEMED
N,N,N,N Tetramethylethyldiamin
Trp
Tryptophan
Val
Valin
108
Danksagung
Frau Prof. Dr. med. Regitz-Zagrosek danke ich für die Überlassung der Themas und die
freundliche Beratung bei der Abfassung der Arbeit.
Ebenso bin ich Frau Dr. Erdmann sowie den Mitarbeitern des Labor des DHZB für die
Betreuung bei der Durchführung der Untersuchungen zu großem Dank verpflichtet.
Ich möchte Prof. Voßberg, Bad Neuheim für die zur Verfügung gestellten Proben
danken.
Ebenfalls danke ich den Patienten des DHZB, die sich für diese Studie zur Verfügung
gestellt haben.
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