Aus dem Institut für Anatomie und Zellbiologie (Lehrstuhl II) der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. - Eine Studie zur Entwicklung der Scapula-Klinge Ein neuer Pfad der Skelett-Entwicklung beim Vogel-Embryo. INAUGURAL -DISSERTATION zur Erlangung des Medizinischen Doktorgrades der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. Vorgelegt im Jahre 2003 von Florian Ehehalt geboren in Ulm Dekan Prof. Dr. med. J. Zentner 1. Gutachter Privatdozent Dr. med. R. Huang 2. Gutachter Prof. Dr. med. R. Horch Jahr der Promotion 2005 „Der menschliche Verstand vermag die Gesamtheit der Ursachen der Erscheinungen nicht zu begreifen. Aber das Bedürfnis, nach diesen Ursachen zu forschen, liegt in der Seele des Menschen.“ Lew N. Tolstoj Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung.......................................................................................................................1 1.1. Vergleichende Anatomie des Skeletts der oberen Extremität.............................1 1.2. Herkunft und Entwicklung des Flügelskeletts.....................................................3 1.3. Umliegende Signalgeber legen das Zellschicksal der Somitenderivate fest.......5 1.4. Positionsinformationen innerhalb des paraxialen Mesoderms legen die Morphologie der Somitenderivate fest................................................................6 1.5. Die Scapula entwickelt sich auch in Säugetieren modular................................................................................................................7 1.6. 2. Fragestellung und methodischer Zugang.............................................................9 Material und Methoden..............................................................................................10 2.1. Tiere...................................................................................................................10 2.2. Mikrochirurgische Technik...............................................................................10 2.2.1. Art und Herstellung des Instrumentariums..............................................10 2.2.2. Allgemeine Operationstechnik und Fixierung.........................................11 2.2.3. Spezielle Operationstechniken................................................................12 2.2.3.1. Implantation einer Barriere zwischen Achsenorgane und Somiten......12 2.2.3.2. Ektoderm-Entfernung...........................................................................12 2.2.3.3. Implantation einer Barriere zwischen Somatopleura und Somiten .....13 2.2.3.4. Herstellung von Wachtel-Huhn-Chimären...........................................13 2.3. Analyse des Skelett-Musters.............................................................................14 2.3.1. Knorpel-Knochenfärbung mit Gewebe-Verdau....................................15 2.3.2. Knorpelfärbung für weitere histologische Aufarbeitung.......................15 2.4. Histologie und Färbetechniken..........................................................................16 2.4.1. Whole-mount in situ-Hybridisierung....................................................16 2.4.2. Herstellung der Paraffinschnitte für die histologische Untersuchung.........................................................................................17 2.4.3. Proliferationsdetektion mit BrdU-Assay...............................................17 2.4.4. Immunhistochemische Färbung an Hühnerembryonen und WachtelHuhn-Chimären.....................................................................................19 2.5. Fotografie...........................................................................................................20 2.6. Chemische Reagenzien und Zusammensetzung der verwendeten Lösungen...........................................................................................................20 2.6.1. Lösungen für die Operation...................................................................20 2.6.2. Lösungen für die Skelett-Analyse.........................................................20 2.6.3. Lösungen für die whole-mount in situ-Hybridisierung und Histologie...............................................................................................21 3. Ergebnisse....................................................................................................................24 3.1. Barrieren-Implantation zwischen den Achsenorganen und Somiten................24 3.2. Ektoderm-Entfernung........................................................................................25 3.2.1. Entfernung des kompletten Ektoderms über den Somiten und der zukünftigen Extremitätenregion............................................................25 3.2.2. Entfernung der zukünftigen AER..........................................................26 3.2.3. Ektoderm-Entfernung über den Somiten...............................................27 3.2.3.1. Ektoderm-Entfernung über den epithelialen Somiten..........................27 3.2.3.2. Ektoderm-Entfernung über den kompartimentierten Somiten.............28 3.2.3.3. Ektoderm-Entfernung über den epithelialen Somiten mit nachfolgender Entnahme der Goldfolie........................................................29 4. 3.3. Barrieren-Implantation zwischen Somatopleura und Somiten..........................30 3.4. Heterotope Transplantation von zukünftigen Dermomyotomen.......................31 Diskussion....................................................................................................................33 4.1. Die Entwicklung der chondrogenen Zellen des Dermomyotoms hängt von anderen Signalen ab als die der chondrogenen Zellen des Sklerotoms.............33 4.2. Die Entwicklung der Scapula-Klinge ist unabhängig von der Entwicklung des intrinsischen Flügelskeletts.........................................................................34 4.3. Die chondrogenen Zellen des Dermomyotoms werden während der Segmentierung des paraxialen Mesoderms spezifiziert................34 4.4. Ektodermale Signale erhalten die chondrogene Zellpopulation im Dermomyotom aufrecht.....................................................................................37 4.5. Ektoderm und Somatopleura steuern die Differenzierung der ScapulaKlinge................................................................................................................38 5. Zusammenfassung.......................................................................................................40 6. Literatur.......................................................................................................................41 7. Abbildungen.................................................................................................................47 8. Lebenslauf....................................................................................................................64 9. Danksagung..................................................................................................................66 10. Eigene Vorträge und Publikationen..........................................................................67 11. Erklärung.....................................................................................................................68 ___________________________________________________________________Einleitung 1 1. Einleitung Die Extremität von Wirbeltieren besteht aus zwei funktionellen Hauptelementen, dem knöchernen Skelett und der dazugehörigen Muskulatur. Das Skelett übernimmt die passive Stützfunktion, während die Muskeln aktive Bewegungsarbeit verrichten. Die in allen drei Raumdimensionen koordinierte Beweglichkeit der Extremität setzt unter anderem voraus, dass die Skelett- und Muskelelemente während der embryonalen Entwicklung an der richtigen Position ausgebildet werden. Anatomisch unterscheidet man am post-kranialen Skelett (Skelett des Rumpfes) zwei Hauptteile: das Achsenskelett, zu dem die Wirbelsäule und die Rippen gezählt werden und das Skelett der oberen und unteren Extremität. Das Extremitätenskelett selbst wird in vier Abschnitte eingeteilt: (1) Obere und untere Extremität werden durch sogenannte Gürtel (Schulter- bzw. Beckengürtel) am Rumpf befestigt. (2) Daran schließt sich das Stylopodium an, was dem Oberarm bzw. Oberschenkel und ihren Knochenelementen (Humerus bzw. Femur) entspricht. (3) Der Unterarm bzw. Unterschenkel mit den Knochen Radius/Ulna bzw. Tibia/Fibula wird allgemein als Zeugopodium bezeichnet. (4) Als letztes Element fasst man alle weiter distal gelegenen Strukturen (Hand bzw. Fuß) unter dem Begriff Autopodium zusammen. Die einzelnen Abschnitte stehen über Gelenke und den darüber hinwegziehenden Muskeln in Verbindung. Die bisher zur Extremitäten-Entwicklung angefertigten Studien konzentrieren sich fast ausschließlich auf die Entwicklung der distalen Abschnitte der Extremität (Stylo-, Zeugo-, Autopodium). Die Entwicklung der direkt an den Rumpf angrenzenden Gürtel-Regionen wurden bisher kaum in die Betrachtungen einbezogen. Die hier vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Mechanismen, die an der Entwicklung der Hauptkomponente des proximalen Flügelskeletts, der Scapula des Vogels, beteiligt sind. 1.1. Vergleichende Anatomie des Skeletts der oberen Extremität Während der anatomische Aufbau von Stylo-, Zeugo- und Autopodium zwischen verschiedenen Spezies prinzipiell immer gleich ist, zeigt das Schultergürtelskelett eine große morphologische Variationsbreite innerhalb des Wirbeltierreiches. ___________________________________________________________________Einleitung 2 Bei Säugetieren besteht das Schultergürtelskelett aus zwei Komponenten: (1) der Clavicula („Schlüsselbein“), die die knöcherne Verbindung der oberen Extremität mit dem ventralen Rumpfskelett darstellt, und (2) der Scapula, die als flächige Rahmenkonstruktion („Schulterblatt“) über der kranialen Hälfte des dorsalen Thorax liegt. Sie steht an ihrem kranialen Ende in einer gelenkigen Verbindung mit dem Humerus und der Clavicula. Der am weitesten kranial gelegene Abschnitt der Scapula überdacht das Schultergelenk und wird als Acromion („Schulterdach“) bezeichnet. Das Schultergürtelskelett des Vogels besteht hingegen aus drei Skelettelementen: (1) das Schlüsselbein endet ventral ohne Gelenkverbindung zum Achsenskelett direkt in der Brustmuskulatur. Ein zusätzlicher Knochen, (2) der Procoracoid, übernimmt die Aufgabe der ventralen knöchernen Fixierung. (3) Die Scapula überspannt als röhrenförmiger Knochen den ganzen dorsalen Thorax und artikuliert an ihrem kranialen Ende mit Clavicula, Procoracoid und Humerus. Die Scapula lässt sich beim Vogel in drei Abschnitte einteilen: (1) Der Scapula-Kopf ist der oberste Abschnitt, der die Gelenkflächen für die angrenzenden Knochen enthält. (2) Der Scapula-Hals folgt kaudal und verbindet den Scapula-Kopf mit (3) der Scapula-Klinge, die säbelförmig über dem Thorax zu liegen kommt (Abb.1). Ein flächiges „Schulterblatt“ findet sich beim Vogel nicht. Die morphologischen Unterschiede im Schultergürtelskelett verschiedener Spezies machen einen Vergleich anhand der Anatomie schwierig, da über die Homologie der einzelnen Schultergürtelelemente und Scapula-Abschnitte Unklarheit herrscht. Allerdings lassen sich gemeinsame Bauprinzipien des Schultergürtels in allen Vertebraten, die einen Schultergürtel ausbilden, finden: (1) Der Schultergürtel steht lediglich in der ventralen Mittellinie mit dem Rumpfskelett in gelenkiger Verbindung, während (2) seine dorsale Komponente, die Scapula, nur mit Muskelschlingen direkt am Rumpf befestigt ist. Dieses Bauprinzip erlaubt bei sicherer Fixierung den großen Bewegungsumfang der oberen Extremität. Dass der große Bewegungsumfang unter anderem auf die muskuläre und damit flexible Befestigung der Scapula zurückzuführen ist, lässt sich durch einen Vergleich mit dem Beckengürtel veranschaulichen. Das Os ilium („Darmbein“) stellt im Beckengürtel die dorsale Komponente des Gürtelskeletts dar. Das Darmbein ist jedoch mit der Wirbelsäule über das Iliosakral-Gelenk verbunden, was die Beweglichkeit des Beines gegen den Rumpf einschränkt, dafür aber eine sehr sichere Fixierung erlaubt. ___________________________________________________________________Einleitung 3 1.2. Herkunft und Entwicklung des Flügelskeletts Die verschiedenen Anteile des Flügels entstehen aus unterschiedlichen Herkunftsgeweben. Das Bindegewebe und das Skelett des Flügels (Stylo-, Zeugo- und Autopodium) stammen aus der Somatopleura des Extremitätenfeldes. Die Muskeln wandern aus paraxialen Strukturen, den Dermomyotomen in die Extremität ein (Christ et al., 1977; Chevallier et al., 1977a). Chevallier et al. (1977b) haben gezeigt, dass die Scapula sich vom übrigen Extremitätenskelett in ihrem Ursprung unterscheidet. Die Autoren konnten nachweisen, dass die Scapula ihr Anlagematerial aus den Urwirbeln, den sogenannten Somiten, bezieht. Dieses Bild wurde verifiziert und detaillierter untersucht. Huang et al. (2000b) kamen zu dem Schluss, dass die Scapula aus zwei unterschiedlichen embryonalen Kompartimenten hervorgeht. Ihr kranialer Abschnitt (Scapula-Kopf und -Hals) ist ein Derivat der Somatopleura des Extremitätenfeldes, während der kaudale Abschnitt (Scapula-Klinge) sein Zellmaterial aus den Somiten des zerviko-thorakalen Übergangsbereiches (Somiten 17-24) bezieht. Der kraniale Abschnitt lässt sich seiner Herkunft nach dem Extremitätenskelett im engeren Sinne zuordnen, da dieses ebenfalls aus der Somatopleura hervorgeht (Christ et al., 1977). Das Flügelskelett besteht also nicht aus einem gemeinsamen Herkunftsgewebe, sondern hat einen doppelten Ursprung. Es ist modular, aus einer somatopleuralen und einer paraxialen Komponente, aufgebaut. Das Verhältnis zwischen der Entwicklung dieser beiden Komponenten wurde bisher noch nicht schlüssig geklärt. Die Arbeiten zur Entwicklung der distalen somatopleuralen Komponente der Extremität (Stylo-, Zeugo-, Autopodium) an verschiedenen Wirbeltiermodellen, vor allem am Mäuse- und am Hühnerembryo, haben in den letzten Jahrzehnten zu einer Vielzahl neuer Erkenntnisse beigetragen. Die molekularen Mechanismen der Extremitäten-Entwicklung sind zu einem beachtlichen Teil aufgeklärt. Man geht davon aus, dass der erste Schritt dieser Entwicklungssequenz in der Festlegung eines „Extremitätenfeldes“ besteht, das die anteriorposteriore Ausdehnung der Extremitätenknospe innerhalb der Somatopleura festlegt. Die Etablierung des somatopleuralen Extremitätenfeldes findet auf molekular-genetischer Ebene ihren Niederschlag in der Expression von bestimmten Hox-Genen (Cohn et al., 1997, 1999). Die Zellen des somatopleuralen Extremitätenfeldes sind kompetent, auf induktive Signalmoleküle mit Ausknospung der Extremitätenanlage zu reagieren. Als induktives Signalmolekül der oberen Extremität konnte Wnt2c identifiziert werden, das vom intermediären Mesoderm sezerniert wird. Die Zellen des somatopleuralen Extremitätenfeldes ___________________________________________________________________Einleitung 4 werden dadurch instruiert, einen Wachstumsfaktor (FGF10) zu bilden (Kawakami et al., 2001). Dieser Wachstumsfaktor induziert im darüber liegenden Ektoderm die Formierung einer Ektoderm-Verdickung, die ihrerseits beginnt Wachstumsfaktoren (v.a. aus der FGF- und BMP-Familie) zu produzieren. Diese Ektoderm-Verdickung wird als „apikale ektodermale Randleiste“ (AER) bezeichnet und ist für das proximo-distale Auswachsen der Extremität verantwortlich (Saunders, 1948). Im Zuge der weiteren Entwicklung steht die AER mit dem Mesenchym der Extremitätenknospe in ständiger Interaktion und sorgt im Zusammenspiel mit weiteren Signalzentren für die dreidimensional koordinierte Entwicklung der Extremität. Die beschriebenen Signalnetzwerke bestehen sowohl in der oberen wie in der unteren Extremitätenknospe. Die Morphologie der oberen bzw. unteren Extremität unterscheidet sich jedoch erheblich. Die Spezifizierung einer Extremitätenknospe auf eine dieser beiden Möglichkeiten wird durch Tbx-Gene (T-box-Gene) entschieden. Wenn die Extremitätenknospe Tbx5 exprimiert, entsteht eine obere Extremität, während die Tbx4Expression zur Entwicklung einer unteren Extremität führt (Gibson-Brown et al., 1996; Rodriguez-Esteban et al., 1999; Übersichtsarbeiten zur Extremitäten-Entwicklung von Johnson und Tabin, 1997; Ng et al., 1999; Capdevila et al., 2001). Um sich der Entwicklung der paraxialen Komponente des Flügelskeletts, der Scapula-Klinge, thematisch nähern zu können, ist es nötig, die Grundzüge der Somitenentwicklung herauszuarbeiten. Somiten sind aus dem unsegmentierten paraxialen Mesoderm hervorgegangene epithelial organisierte Bälle, deren Binnenraum (Somitocoel) mit mesenchymalen Zellen ausgefüllt ist. Die Somiten ordnen sich beidseits der primären Achsenorgane Chorda dorsalis und Neuralrohr an. Die mesenchymal-epitheliale Transformation des paraxialen Mesoderms beginnt im Kopfbereich und schreitet in kraniokaudaler Richtung vor, so dass am Ende beim Huhn 52 Somitenpaare entlang der Achsenorgane zu liegen kommen (zusammengefasst von Christ und Ordahl, 1995; Christ et al., 1998). Der ventrale Teil des epithelialen Somiten beginnt sich mesenchymal zu organisieren. Man bezeichnet diesen Abschnitt des Somiten als „Sklerotom“. Aus dem Sklerotom geht in der weiteren Entwicklung das Achsenskelett, d.h. die Wirbelsäule (zusammengefasst von Christ et al., 2000) und die Rippen (Huang et al., 2000c), hervor. Der dorsale Teil des Somiten bleibt nach der Abtrennung des Sklerotoms epithelial organisiert und wird als „Dermomyotom“ bezeichnet. Direkt unterhalb dieser Epithelschicht formiert sich in der weiteren Entwicklung das Myotom. Das Myotom stellt das Baumaterial für die ___________________________________________________________________Einleitung 5 post-kraniale quergestreifte Körperwandmuskulatur dar. Zahlreiche Untersuchungen haben ergeben, dass die Zellen des Myotoms durch Proliferation und Abgliederung aus dem dermomyotomalen Zellverband entstehen (zusammengefasst von Ordahl et al., 2000). Während das mediale Drittel des Dermomyotoms die epaxiale Domäne, d.h. die spätere autochthone Rückenmuskulatur, bildet, geben das mittlere und das laterale Drittel Zellen an die hypaxiale Domäne, d.h. an die spätere ventro-laterale Rumpf- und an die Extremitätenmuskulatur, ab (Huang und Christ, 2000a). Als nicht-myogene Derivate des Dermomyotoms sind die Dermis des Rückens und Blutgefäße bekannt (zusammengefasst von Brand-Saberi und Christ, 2000). Überraschenderweise liegen die Vorläuferzellen der Scapula-Klinge in den Dermomyotomen des zerviko-thorakalen Übergangsbereiches (Huang et al., 2000b). Somit ist die ScapulaKlinge der einzige bekannte Knochen, der seinen Ursprung im dermomyotomalen Zellverband hat. Huang et al. (2000b) haben die Scapula-Klinge deshalb als „verknöcherten Muskel“ bezeichnet. Aus diesen Ergebnissen kann geschlossen werden, dass die Dermomyotome des zervikothorakalen Übergangsbereiches neben der myogenen, dermogenen und angiogenen auch eine chondrogene Potenz aufweisen. Die Signal-Mechanismen, die diese chondrogene Subpopulation von dermomyotomalen Zellen zu ihrer Entwicklung benötigen, sind bislang völlig unklar. 1.3. Umliegende Signalgeber legen das Zellschicksal der Somitenderivate fest Wie die Entwicklung der Extremität hängt auch die Somitenentwicklung von der Spezifizierung und Aufrechterhaltung der räumlichen Polarität in bezug auf die Körperachsen ab. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass die Kompartimentierung des epithelialen Somiten in das dorsal gelegene Dermomyotom und in das ventral gelegene Sklerotom von Signalmolekülen abhängt, die von den Achsenorganen, vom Ektoderm und vom Seitenplattenmesoderm gebildet werden (zusammengefasst von Brand-Saberi et al., 1996; Stockdale et al., 2000). Die Achsenorgane Chorda dorsalis und Neuralrohr werden anhand ihrer Aufgaben während der Embryonalentwicklung unterteilt in (1) den ventral gelegenen Chorda-BodenplattenKomplex und (2) den mittleren und dorsalen Teil des Neuralrohrs. Der Chorda-BodenplattenKomplex sezerniert die Signalmoleküle Sonic hedgehoc (Shh) und Noggin. Noggin ist ein ___________________________________________________________________Einleitung 6 Antagonist einiger BMP-Moleküle („Bone Morphogenetic Protein“). Diese zwei Signalmoleküle scheinen für die Ventralisierung des Somiten verantwortlich zu sein und steuern so die Etablierung des Sklerotoms und damit die Induktion des Achsenskeletts (Johnson et al., 1994; Ebensperger et al., 1995; Balling et al., 1996; Müller et al., 1996; McMahon et al., 1998; zusammengefasst von Dockter, 2000). Das mittlere und dorsale Neuralrohr bildet eine Vielzahl von Signalmolekülen der Wnt-Familie und der TGFβSuperfamilie („Transforming Growth Factor“) und spielt für die Dorsalisierung (Ausbildung des Dermomyotoms) und die Medialisierung (Ausbildung der epaxialen Muskulatur) des Somiten eine wichtige Rolle (Marcelle et al., 1997; Ikeya und Takaya, 1998; zusammengefasst von Borycki und Emerson, 2000). Das Ektoderm übernimmt, unter anderem durch die Sekretion von Wnt-Proteinen, eine dorsalisierende und lateralisierende Funktion und wirkt so positiv auf die Muskelentwicklung ein (Wagner et al., 2000; Dietrich et al., 1998). Zudem konnte gezeigt werden, dass das Ektoderm für die Proliferation von Muskelvorläuferzellen essentiell ist (Amthor et al., 1999). Das Seitenplattenmesoderm produziert das Signalmolekül BMP-4 („bone morphogenetic protein 4“) und wirkt dadurch lateralisierend auf den Somiten, was für die Entwicklung der hypaxialen Muskulatur von Bedeutung ist (Pourquié et al., 1996). Die bisherigen Arbeiten legen den Schluss nahe, dass umliegende Signalgeber darüber entscheiden, ob Zellen des epithelialen Somiten an der Bildung des dorsalen Dermomyotoms oder an der des ventralen Sklerotoms beteiligt werden. Mit dieser Entscheidung wird auch das Zellschicksal festgelegt. Die Sklerotomzellen werden zu Knorpel-/Knochenzellen des Achsenskeletts, während die dermomyotomalen Zellen hauptsächlich zu Muskelzellen werden. 1.4. Positionsinformationen innerhalb des paraxialen Mesoderms legen die Morphologie der Somitenderivate fest Die Somiten sind prinzipiell gleich aufgebaut, ebenso wie die Wirbelsäule, deren Bewegungssegmente sich nicht in der Komposition ihrer Bauelemente, jedoch in der Morphologie unterscheiden. Man bezeichnet die Abfolge prinzipiell gleicher Bauelemente entlang der anterior-posterioren Achse als „Metamerie“ (Brand-Saberi und Christ, 2000). Trotzdem entstehen Wirbel und Bewegungssegmente, die sich in ihrer Morphologie stark unterscheiden. Als exemplarisches Beispiel können hier die Rippen dienen, die nur in Höhe ___________________________________________________________________Einleitung 7 der Brustwirbelsäule ausgebildet werden. Die anderen Abschnitte der Wirbelsäule entwickeln keine Rippen, sondern nur kurze Rippenrudimente. Welche Mechanismen führen zu den morphologischen Unterschieden zwischen den verschiedenen Segmenten des Achsenskeletts? Die Somiten werden durch eine sogenannte „Segmentierungsuhr“ in Relation zur anteriorposterioren Achse des Embryos (dies entspricht der kranio-kaudalen Achse des adulten Organismus) spezifiziert. Die Somiten erhalten auf diese Weise eine Positionsinformation zur Spezifizierung ihrer Anlagehöhe (Dubrulle et al., 2001). Diese Positionsinformation findet auf molekularer Ebene ihren Ausdruck in der Expression von Homöobox- (Hox-) Genen. HoxGene gehören zu einer Gen-Familie, die sich durch eine gemeinsame Konsensus-Sequenz (die sogenannte „Homöobox“) auszeichnet und deren Produkte die Transkription zahlreicher nachfolgender Gene während der Embryonalentwicklung regulieren. Hox-Gene werden entlang der anterior-posterioren Achse in verschiedenen Kombinationen, dem sogenannten Hox-Code, exprimiert. Zell-Verbände werden je nach ihrem Hox-Code z.B. zu Halswirbeln, während eine andere Kombination der Hox-Gen-Expression den Zell-Verband z.B. die Form von Brustwirbeln annehmen lässt. (Kessel et al., 1991; Krumlauf et al., 1993; Burke et al., 1995; Nowicki et al., 2000). Die Zellen des Sklerotoms scheinen ausnahmslos dieser Spezifizierung zu unterliegen, während nicht alle Zellen des Dermomyotoms davon beeinflusst werden. Es wurde gezeigt, dass sich die Muskelvorläuferzellen, die in die Somatopleura einwandern, gemäß ihren Umgebungssignalen entwickeln, während die Muskelvorläuferzellen, die nicht mit der Somatopleura in Kontakt kommen, schon sehr früh in ihrer späteren Morphologie festgelegt sind und sich gemäß ihrer Anlagehöhe weiterentwickeln (Nowicki et al., 2000). Die bisher an Mäuse- und Hühnerembryonen durchgeführten Arbeiten legen den Schluss nahe, dass der Hox-Code innerhalb des paraxialen Mesoderms vor allem für die zukünftige Form der Somitenderivate verantwortlich ist. Welche Rolle Positionsinformationen innerhalb des paraxialen Mesoderms bei der Entwicklung der chondrogenen Dermomyotomzellen spielen, ist bisher noch nicht untersucht worden. 1.5. Die Scapula entwickelt sich auch in Säugetieren modular Die detaillierten Untersuchungen zur Entwicklung der Somiten und ihrer Derivate wurden erst durch die Identifikation von bestimmten Genen ermöglicht, die selektiv in einem der Somitenkompartimente exprimiert werden. So kann das paired-box-Gen Pax1 als Marker für ___________________________________________________________________Einleitung 8 das Sklerotom benutzt werden, während sich das Dermomyotom durch die spezifische Expression von Pax-3 auszeichnet (Brand-Saberi et al., 1993; Goulding et al., 1993; Love und Tuan, 1993; Williams und Ordahl, 1994). Pax1 wird auch von den zukünftigen ScapulaZellen aus dem Dermomyotom exprimiert, nachdem sie ihren endgültigen Anlage-Ort in der Schultergürtelregion erreicht haben (Hofmann et al., 1998; Healy et al., 1999; Huang et al., 2000b). Diese Beobachtung führte zu der Hypothese, dass die Scapula-Zellen ihr Muskelschicksal im Laufe ihrer Entwicklung hin zu einem Knorpelschicksal ändern (Huang et al, 2000b). An Mäusen, bei denen ein bestimmtes Gen durch Mutation seine Funktion eingebüßt hat, kann man die Rolle dieses Gens in der Embryonalentwicklung untersuchen. Timmons und Kollegen (1994) beschrieben für die Mutation des Pax1-Gens in der Maus-Mutante undulated einen Defekt im kranialen Abschnitt der Scapula. In diesen Mäusen bleibt die Verknorpelung des Acromions aus. Den gleichen Phänotyp im Acromion zeigen Mäuse, bei denen Pax1 und Hoxa5 gleichzeitig ausgeschaltet wurden (Aubin et al., 2002). Als ein weiterer Transkriptionsfaktor, der die Scapula-Entwicklung beeinflusst, konnte Emx-2 identifiziert werden. Emx-2 ist homolog zum Drosophila-Gen empty spiracles und spielt während der Musterbildung im Endhirn eine entscheidende Rolle (zusammengefasst von Cecchi et al., 2000). Außerdem wird es bei der Maus in der Anlage des Urogenitalsystems exprimiert (Pellegrini et al., 1997). Homozygote Emx2-Mutanten zeigen überraschenderweise sowohl einen Defekt in der Scapula als auch im Ilium (Pellegrini et al., 2001). Während sich in der Maus die kranialen Abschnitte der Scapula, Acromion und Schultergelenksregion, normal entwickeln, fehlt der kaudale Abschnitt, das „Schulterblatt“ im engeren Sinne, komplett. Emx2 kommt also als Schlüsselregulator für die Scapula-Entwicklung bei Säugetieren in Betracht. Diese Annahme kann erklären, warum es nur sehr wenige Missbildungen des Schultergürtels beim Menschen gibt (Wolpert, 1999). Das Schlüssel-Gen Emx2 wird nämlich auch für die Entwicklung von Großhirn und Nieren benötigt, ohne die der Embryo nicht überlebensfähig ist. Aufgrund der unterschiedlichen Morphologie der Scapula des Vogels und der Maus lassen sich die beiden Spezies kaum vergleichen. Trotzdem deuten die zwei vorgestellten Mausmutanten auf unterschiedliche Entwicklungsmechanismen bezüglich des kranialen und kaudalen Scapula-Abschnitts hin. Pax1 scheint unabdingbar für die Ausbildung des kranialen Abschnitts, während Emx2 eine wichtige Rolle bei der Formierung des kaudalen ScapulaAbschnitts einzunehmen scheint. Auch bei Säugetieren kann man also einen modularen, zweigleisigen Entwicklungsmechanismus der Scapula beobachten. ___________________________________________________________________Einleitung 9 1.6. Fragestellung und methodischer Zugang Durch die Entdeckung des doppelten Ursprungs der Scapula beim Vogel wird eine Vielzahl neuer Fragen aufgeworfen. Die vorliegende Arbeit will anhand der Ergebnisse nach mikrochirurgischer Manipulation am Vogel-Embryo zur Klärung der folgenden Fragen beitragen: a) Welches Verhältnis besteht zwischen den Entwicklungsmechanismen der somatopleuralen und paraxialen Anteile des Flügelskeletts? b) Welche embryonalen, die Somiten umgebenden Gewebe kommen als Signalgeber für die Entwicklung der Scapula in Betracht? c) Welche Mechanismen spezifizieren das Zellschicksal der chondrogenen Zellpopulation in den Dermomyotomen des zerviko-thorakalen Übergangsbereiches? Die Entfernung der zukünftigen AER verhindert das Auswachsen einer Extremitätenknospe. Die Analyse des Schultergürtelskeletts nach dieser Operation wird in der vorliegenden Arbeit vorgestellt. Aus den Ergebnissen werden Schlüsse über den Zusammenhang der Entwicklung des somatopleuralen und des paraxialen Flügelskeletts gezogen. Die Isolation von Scapula-bildenden Somiten von umliegenden, signalproduzierenden Geweben mit anschließender Skelettanalyse erlaubte, den Einfluss dieser Gewebe auf die Entwicklung des gesamten Extremitätenskeletts zu untersuchen. Daraus werden sich Schlussfolgerungen sowohl hinsichtlich der Aufrechterhaltung dieser Zellpopulation im Dermomyotom, als auch zu den Mechanismen ihrer Differenzierung ergeben. Die Verfolgung des Schicksals der chondrogenen Dermomyotomzellen an ektopischer Lokalisation gibt Auskunft über die intrinsische Fähigkeit der zerviko-thorakalen Dermomyotome, eine chondrogene Subpopulation zu etablieren. Aus diesem Ergebnis wird geschlossen, dass die Zellen der Scapula-Klinge segmental spezifiziert werden. ________________________________________________________Material und Methoden 10 2. Material und Methoden 2.1. Tiere Die befruchteten Hühner-Eier der Rasse „Weiße Leghorn“ (Gallus gallus) und von japanischen Wachteln (Coturnix coturnix japonica) wurden vom Hühnerhof Bronner in Freiburg/Tiengen bezogen und bei 18°C aufbewahrt. Die Eier wurden bei 37.8°C und 80% Luftfeuchtigkeit in einem Brutschrank inkubiert, bis das angestrebte Entwicklungsstadium erreicht war. Das Entwicklungsstadium wurde vor der Operation und bei der Fixierung entsprechend den Maßgaben von Hamburger und Hamilton (1951) bestimmt. Im folgenden wird das Entwicklungsstadium mit der entsprechenden Nummer mit der Abkürzung „HH-Stadium Nr.“ angegeben. 2.2. Mikrochirurgische Technik 2.2.1. Art und Herstellung des Instrumentariums Zum Öffnen der Eierschale wurden Metallsägeblätter (Haushaltsbedarf) verwendet. Die Operationen wurden unter binokularen Operations-Mikroskopen (Wild/Heerbrugg, Schweiz M10 oder M3Z) durchgeführt. Zur kontrastreicheren Darstellung unter dem Operationsmikroskop musste der Embryo in ovo bei Bedarf mit speziell angefertigten Farbstiften angefärbt werden. Dazu wurden über dem Bunsenbrenner aus Glasstäben feine Glaskugeln hergestellt, die mit einer blauen FarbstoffLösung beladen wurden. Für die exakte Schnittführung im embryonalen Gewebe kam elektrolytisch geschärfter Wolfram-Draht (Durchmesser 0,5 mm; Elektrolyse in gesättigter NaNO2-Lösung bei 12V Spannung) zum Einsatz. Als Halterung und Griff für den Draht diente eine Glaspipette, in deren schmales Ende der Draht eingeschmolzen wurde. Intraoperativ wurde die so hergestellte Wolfram-Nadel in der Kerzenflamme gesäubert und nachgeschärft. Die feinen, intraoperativ und zur Fixierung verwendeten Instrumente aus dem ophtalmologischen Operationsbedarf (Federscheren, Sieblöffel) wurden von den Firmen Aesculap und Geuder bezogen und sterilisiert verwendet. Als Greifinstrumente kamen Dumont-Pinzetten (Schweiz) zur Anwendung. ________________________________________________________Material und Methoden 11 Selbst hergestellte Saugkapillaren dienten bei Transplantationsoperationen zur schonenden Entfernung von überstehendem Empfängergewebe, das mit der Wolfram-Nadel nicht entfernt werden konnte, und zum Transfer des Spendergewebes zum Empfänger. Hierzu wurde eine Pasteur-Pipette an ihrem schmalen Ende mit der Pinzette gegriffen und über der Kerzenflamme zur Rotglut gebracht. Außerhalb der Flamme wurde das erhitzte Glas so schnell wie möglich ausgezogen. Durch Brechen an verschiedenen Stellen der so entstandenen Kapillare konnte der Durchmesser dem jeweiligen Bedarf angepasst werden. Auf das unversehrte Ende der Pasteurpipette wurde ein ca. 40 cm langer Gummischlauch aufgesteckt. Über den Gummischlauch wurde der Unterdruck innerhalb der Kapillare durch Saugen mit dem Mund kontrolliert. 2.2.2. Allgemeine Operationstechnik und Fixierung Die Operationen wurden in einem eigens dafür eingerichteten Raum vorgenommen, der mit UV-Strahlen frei von Mikroorganismen gehalten wurde. Vor dem Operationsbeginn wurden die Arbeitsoberflächen und die Hände mit 70%iger Ethanollösung desinfiziert. Die Position des Embryos und der Luftblase konnte mit Hilfe von Durchlicht im geschlossenen Ei festgestellt werden. Die Oberfläche der Eierschale wurde über dem Embryo und der Luftblase mit 70%iger Ethanollösung desinfiziert. Mit der Metallsäge und einer Pinzette wurde ein rechteckiges Fenster (ca. 5x5 mm) direkt über dem Embryo ausgeschnitten, so dass die der Schale anliegende Eihaut unversehrt zum Vorschein kam. Die Schale über der Luftblase wurde angesägt. Mit einer feinen Pinzette wurde die Eihaut im Operationsfenster entfernt. Ein Pinzetten-Stich in die Luftblase durch die angesägte Eierschale führte dann zu einem Absinken des Embryos im Ei. Eine physiologische Nährlösung (nach Locke und Rosenheim) mit Antibiotikazusatz wurde in das Operationsfenster getropft, was zu einem Aufschwimmen des Embryos führte. Die Oberflächenspannung der Nährlösung reichte aus, den Embryo an den Rand des Operationsfensters in der Eierschale zu heben. Die Beleuchtung von der Seite wurde nun so eingestellt, dass der bestmögliche Kontrast im Operationsfeld erreicht wurde. Mit einer Wolfram-Nadel wurde die Vitellinmembran über dem Operationsgebiet entfernt, was den Embryo für den eigentlichen Eingriff freilegte. Nach abgeschlossener Operation wurden 1-2 ml Eiweiß mit einer großlumigen Injektionskanüle (Braun Sterican Gr. 2) über das Loch zur ehemaligen Luftblase abgesaugt, was zum Absinken des Embryos führte. Das Operationsfenster und die Öffnung zur Luftblase ________________________________________________________Material und Methoden 12 wurden mit Klebeband (Leukosilk) abgedichtet, um die Austrocknung des Embryos zu verhindern. So behandelt wurden die Eier in den Inkubator zurück gestellt. Zur Fixierung wurden die Embryonen durch ein großzügiges Fenster in der Ei-Schale entnommen und je nach weiterer Verarbeitung in PBT oder PBS präpariert. Die Ei-Häute, die inneren Organe und der Kopf wurden je nach Bedarf entfernt, bevor das Exemplar in die Fixier-Lösung gegeben wurde. 2.2.3. Spezielle Operationstechniken 2.2.3.1. Implantation einer Barriere zwischen Achsenorgane und Somiten Um die Scapula-bildenden Somiten von Signalen der Achsenorgane abzuschirmen, wurde mit einer Wolfram-Nadel der Embryo zwischen den Achsenorganen und den epithelialen Somiten 17-24 in den HH-Stadien 13/14 durchtrennt. In den entstandenen Schlitz wurde eine Aluminiumfolie (Dicke: 20 µm) passender Größe implantiert, um den Austausch von Signalmolekülen nachhaltig zu unterdrücken. 2.2.3.2. Ektoderm-Entfernung Großer Wert musste auf die Festlegung der medio-lateralen und anterior-posterioren Ausdehnung des entnommenen Ektoderms gelegt werden. Hierzu wurde das zu entnehmende Ektoderm mit der Wolfram-Nadel entlang den angestrebten Grenzen perforiert, bevor es entfernt wurde. Diese Abgrenzung erlaubte eine sehr genaue Bemessung der Exstirpationsgrenzen und sorgte für die Schonung des umliegenden Ektoderms. Weiterhin wurde besonderes Augenmerk auf die Unversehrtheit der unter dem Ektoderm liegenden Strukturen, insbesondere Somiten bzw. Dermomyotome, gelegt. Die genauen Exstirpationsgrenzen sind bei den entsprechenden Experimenten angegeben. Das Ektoderm ließ sich bei 2 Tage bebrüteten Embryonen ohne Schaden an den darunter gelegenen Strukturen abziehen. Nach 3 Tagen Inkubationszeit (ca. HH-Stadium 18) ist allerdings die subektodermale extrazelluläre Matrix so stark, dass sie ein schadfreies Abziehen behindert. Deshalb musste die extrazelluläre Matrix mit 0,1% Trypsin-Lösung (Sigma, Deisenhofen) verdaut werden. Um den Embryo durch diese Behandlung nicht zu sehr zu schädigen, wurde das Ei nach 10 – 30 Sekunden Einwirkzeit mindestens fünfmal mit frischer Locke-Nährlösung ausgespült. Das Ektoderm hat eine sehr hohe Proliferationsrate. Entfernt man es zum Beispiel von der zukünftigen Extremitätenregion in 2 Tage bebrüteten Embryonen (HH-Stadium 14), so kann ________________________________________________________Material und Methoden 13 man schon nach 6 Stunden eine nahezu vollständige Bedeckung der Wunde mit EktodermRegenerat beobachten. Man muss davon ausgehen, dass das regenerierte Ektoderm seine physiologische Signalaktivität wieder aufnimmt. Wenn man die Embryonen länger als 6 Stunden reinkubieren möchte, muss die Regeneration deshalb unterbunden werden. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde die Ektodermläsion mit Blattgold bedeckt. Blattgold ist eine wenige Atomschichten dicke Folie aus elementarem Gold. Wegen seiner chemisch edlen Eigenschaften kann Gold keine Reaktion im Gewebe auslösen, isoliert die Dermomyotome aber nachhaltig vom ektodermalen Einfluss. Das Blattgold wurde mit einer Federschere unter dem Mikroskop passend zugeschnitten und auf das operierte Gebiet gelegt. 2.2.3.3. Implantation einer Barriere zwischen Somatopleura und Somiten Zur Beantwortung der Fragestellung war es nötig, die Scapula-bildenden Somiten so spät wie möglich vom Einfluss der lateral gelegenen Somatopleura zu isolieren. Hierzu sind zwei Vorraussetzung zu erfüllen: (1) Die Anlage der Köperhöhlen, das Coelom muss vollständig kavernisiert sein, und (2) die medio-laterale Abfaltung des Embryos darf nicht zu weit fortgeschritten sein. Als geeignetes Stadium für diesen Eingriff erwies sich HH-Stadium 16/17. Mit einer Wolfram-Nadel wurden das Ektoderm und die Somatopleura durchstochen. Die Nadelspitze lag dann im Coelom und erlaubte ein Vorpräparieren bis zur medialen Umschlagfalte der Somatopleura in die Splanchnopleura. Von dieser Umschlagfalte aus wurde in anteriorer Richtung entlang aller Scapula-bildenden Somiten (So. 24-17) die Somatopleura vom paraxialen und intermediären Mesoderm getrennt. Um den Austausch von Signalmolekülen und den Zell-Zell-Kontakt nachhaltig zu unterdrücken, wurde in den so entstandenen Schlitz eine sterilisierte Aluminiumfolie passender Größe implantiert. 2.2.3.4. Herstellung der Wachtel-Huhn-Chimären Das Prinzip der Wachtel-Huhn-Chimärisierung besteht darin, dass dem Hühnerembryo eine bestimmte Zellpopulation entnommen und durch eine Zellpopulation des Wachtelembryos ersetzt wird. Der Hühnerembryo entwickelt sich mit dem implantierten Wachtelgewebe normal weiter. Nach Fixierung können die implantierten Zellen mit einem spezifischen Antikörper gegen Wachtelzellen im Hühnerembryo nachgewiesen werden. Die Verteilung und Differenzierung der Wachtelzellen gibt Aufschluss über das Entwicklungsschicksal der transplantierten Zellpopulation. ________________________________________________________Material und Methoden 14 Vorraussetzung zur Beantwortung der Fragestellung war, dass nur dermomyotomales Gewebe transplantiert wurde. Gleichzeitig sollte dies in möglichst jungen Stadien geschehen. Da bekannt ist, dass die dorsale Hälfte von epithelialen Somiten das zukünftige Dermomyotom darstellt, wurde diese transplantiert. Das Stadium von Spender (Wachtel) und Empfänger (Huhn) wurde so gewählt, dass sich die Somiten-Hälften des Transplantats und die entnommenen Somiten-Hälften des Empfängers (Huhn) in ihrem Reifegrad nicht unterschieden. Man kann davon ausgehen, dass sich die Anlagehöhe und Anzahl der Scapulabildenden Somiten von Wachtel und Huhn entsprechen (Huang et al., 2000b). Herstellung des Transplantats aus Wachtelembryonen: Die Wachtelembryonen wurden bis HH-Stadium 14 inkubiert. In diesem Stadium sind die Scapula-bildenden Somiten zum größten Teil in epithelialem Zustand. Das Ektoderm wurde über den Somiten entfernt. Zwei bis drei epitheliale Somiten wurden als Transplantat ausgewählt. Die dorsalen Hälften dieser Somiten wurden mit einer Wolfram-Nadel ausgeschnitten ohne umliegendes Gewebe mit in das Transplantat aufzunehmen. Das Transplantat wurde mit einer Saugkapillare zum präparierten Empfänger transportiert. Präparation des Empfängers (Hühnerembryo): Die Hühnerembryonen wurden bis zu den HH-Stadien 12/13 inkubiert. In diesen Stadien sind die zervikalen Somiten in epithelialem Zustand. In Höhe der Somiten 9-12 wurde das Ektoderm von medial her mobilisiert und auf die Seite geklappt. Die darunter gelegenen dorsalen Hälften der epithelialen Somiten wurden mit einer Wolfram-Nadel entnommen. Überstehendes Gewebe wurde mit einer Saugkapillare entfernt. Das Transplantat wurde in die so präparierte Lücke eingebracht. Das Ektoderm wurde zurückgeklappt und diente als Fixierung des Transplantates. Das Ergebnis dieser Operation war ein Hühnerembryo, dessen zervikale Dermomyotome zum Teil durch Scapula-bildende Dermomyotome der Wachtel ersetzt wurden. 2.3. Analyse des Skelett-Musters Um einen optimalen dreidimensionalen Überblick zu erhalten, wurde das Skelettsystem im intakten Embryo angefärbt und unter dem Mikroskop beurteilt. Die Scapula, das distale Extremitätenskelett und das Achsenskelett ossifizieren indirekt, d.h. eine knorpelige Anlage dieser Knochen geht dem Umbau in endgültiges Knochengewebe voraus. Das hat zur Folge, dass man den Skelett-Status eines Embryos durch Anfärben dieser Knorpelschablone sichtbar machen kann. Die Scapula ist am 9. Entwicklungstag (HH-Stadium 35) fast vollständig ________________________________________________________Material und Methoden 15 knorpelig angelegt. Die Embryonen wurden deshalb nach 8 bis 9 Tagen Inkubationszeit fixiert. Ein Farbstoff, der sich zur Anfärbung von Knorpel eignet, ist Alcian-Blau. Seine kationischen Eigenschaften lassen Alcian-Blau an anionische Proteoglykane (z.B. HeparansulfatProteoglykan) binden, die in entsprechend großen Mengen nur im Knorpel vorkommen (Rohrbach, 1999). Um das in der Tiefe liegende Skelett darzustellen, muss nach der Färbung das umliegende Gewebe durchsichtig gemacht werden. Zwei Methoden kamen je nach Fragestellung zur Anwendung. 2.3.1. Knorpel-Knochenfärbung mit Gewebe-Verdau - Fixierung und Aufbewahrung bei 4°C in 100% Ethanol. - 100% Aceton in Raumtemperatur für 24 Stunden (Erhöhung der Gewebepermeabilität). - Färbung in Farblösung I (Herstellung der erwähnten Lösungen siehe Abschnitt 2.5.) für 3-4 Tage bei Raumtemperatur. - Gewebe-Verdau in KOH-Lösung bis das Skelett gut sichtbar ist. - Beurteilung, Fotografie und Lagerung in 100% Glycerin zur Stabilisierung des Skeletts. Durch den Verdau des Weichteilgewebes ergibt sich eine sehr gute Übersicht über das Skelett-Muster. Die Weichteile gehen jedoch völlig verloren. 2.3.2. Knorpelfärbung für weitere histologische Aufarbeitung - Fixierung und Aufbewahrung in 100% Ethanol bei 4°C mit einmaligem Lösungswechsel zur vollständigen Dehydrierung. - Färbung in Farblösung nach Kant und Goldstein (1999) für 7-9 Tage bei Raumtemperatur. - Aufhellung, Weiterverarbeitung und Aufbewahrung in 100% Methylsalicylat (Sigma). Diese Methode erlaubt nach der dreidimensionalen Beurteilung des Skeletts die immunhistologische Aufarbeitung des Exemplars. Nachteilig wirkt sich die schlechtere Sicht auf das Skelett am ungeschnittenen Gesamtpräparat aus. ________________________________________________________Material und Methoden 16 2.4. Histologie und Färbetechniken 2.4.1. Whole-mount in situ-Hybridisierung Die whole-mount in situ-Hybridisierung ermöglicht die Detektion von mRNA eines bestimmten Gens in einem vollständig intakten Embryo. So lässt sich ein Bild über die Expression dieses Gens in Relation zur Anatomie des untersuchten Embryos gewinnen. Die Methode lässt auf zellbiologischer Ebene nur Schlüsse auf die Transkription eines Genes, jedoch nicht auf die Translation zu. Prinzipiell beruht die Methode auf der Eigenschaft von Nukleinsäuren doppelsträngige Moleküle zu bilden, wenn die Nukleinsäure-Abfolge entsprechend zueinander passt. Die mRNA liegt als Einzelstrang in der Zelle vor. Gibt man einen markierten gegensinnigen Strang eines bestimmten Gens hinzu, bildet dieser mit der entsprechenden mRNA einen Doppelstrang. Somit wird der markierte Strang in dieser Zelle fixiert, während er aus mRNAnegativen Zellen wieder ausgewaschen wird. Eine enzymatisch katalysierte Farbreaktion macht die Bindung des markierten Gegenstrangs sichtbar. Das hier verwendete Protokoll für die Pax1-in situ-Hybridisierung folgt -in einzelnen Schritten modifiziert- dem Protokoll nach Nieto et al. (1996). Die folgende Tabelle fasst die Arbeitsschritte zusammen. Arbeitsschritte Temp. Anzahl/Zeit I. Vorbehandlung der Embryonen Präparation der Embryonen in PBT 4°C Fixierung der Embryonen mit 4% PFA in PBT über Nacht 4°C Waschen in PBT 1x 15 min 4°C Dehydrierung in 100% Methanol 2x 15 min 4°C Rehydrierung in PBT 1x 15 min 4°C Enzym-Verdau mit Proteinase K (20 µg/ml) in PBT ca. 60 min 18°C Waschen in PBT 1x 10 min 4°C Fixierung in 0,25% Glutaraldehyd und 4% PFA in PBT 1x 20 min 4°C Waschen in PBT 1x 10 min 4°C Prähybridisieren in Hybridisierungspuffer 1x 2 h 65°C (Aufbewahrung in Methanol bei –20°C möglich) ________________________________________________________Material und Methoden 17 In frischem Hybridisierungspuffer über Nacht 65°C II. Hybridisierung Hinzufügen der RNA-Sonde zum Hybridisierungspuffer 1x 2 d 65°C III. Waschen Waschen in 2fach SSC ohne CHAPS 1x 20 min 65°C Waschen in 2fach SSC mit CHAPS (CHAPS:SSC = 1:50) 2x 20 min 65°C Waschen in 0,2fach SSC mit CHAPS (CHAPS:SSC = 1:50) 2x 20 min 65°C Wechsel in KTBT 1x 5 min 18°C IV. Immunhistochemischer Sonden-Nachweis Blockierung unspezifischer Bindungen mit 10% Pferdeserum in KTBT 1x 4 h 18°C Inkubation mit Antikörper-Lösung (anti-DIG) über Nacht 4°C Waschen in KTBT 6x 2 h 18°C Waschen in KTBT über Nacht 4°C Waschen in AP-Puffer 2x 15 min 18°C Inkubation mit der Färbe-Lösung (vor Licht geschützt) nach Bedarf 18°C Waschen in AP-Puffer über Nacht 4°C Refixierung in 4% PFA in PBS 2.4.2. Herstellung der Paraffinschnitte für die histologische Untersuchung Nach der Fixierung wurden die Embryonen in vollständig dehydriertem Zustand (100% Ethanol) oder aus 100% Methylsalycilat in Rotihistol (Roth) überführt und in Paraffin eingebettet. Mit einem Mikrotom wurden die interessierenden Abschnitte der Embryonen in der Transversalebene lückenlos in 8 µm dicke Scheiben geschnitten. Die Serienschnitte wurden auf Glycerin-Gelatine bedeckte Objektträger aufgezogen und in einem Wärmeschrank (40°C) getrocknet. 2.4.3. Proliferationsdetektion mit BrdU-Assay Die Embryonen wurden 24 Stunden nach der Ektoderm-Entfernung (HH-Stadium 20) aus dem Inkubator entnommen, das Klebeband entfernt und durch das Fenster in der Ei-Schale wurden 100 µl einer 40 mmol 5´Bromo-2-Desoxyuridin-Lösung (BrdU, Sigma) appliziert. Die Embryonen wurden für 25 min im Brutschrank reinkubiert. In dieser Zeit wurde das BrdU ________________________________________________________Material und Methoden 18 von sich teilenden Zellen in ihre DNA eingebaut. Das in die DNA eingebaute BrdU konnte durch immunhistochemische Methoden nachgewiesen werden und gab somit Aufschluss über die Proliferationsrate im Gewebe. Die Embryonen wurden präpariert und nach Serra (1946) für mindestens 24 h fixiert. Nach zweimaligem Waschen in 100% Ethanol wurden die Embryonen in Paraffin eingebettet und geschnitten. Das Protokoll für die immunhistochemische Detektion der BrdU-markierten DNA kann der folgenden Tabelle entnommen werden. Arbeitsschritte Anzahl / Zeit I. Entparaffinierung/Blockierung der endogenen Peroxidase Rotihistol (Roth) 4x 3 min 100% Ethanol 2x 3 min Methanol und Wasserstoffperoxid (600 µl H2O2 in 200 ml MeOH) 1x 20 min II. Brechen der Zell- und Kernmembran 2 N HCl 1x 30 min/ 37°C 0,1 M Na2B4O7 pH 8.5 1x 15 min III. Immunreaktion Waschen in PBS-Tween 1x 5 min Waschen in PBS 1x 5 min 1% Rinderserumalbumin (BSA) zur Präinkubation 1x 20 min anti-BrdU-Antikörper (Maus, Dako) 1:100 in PBS 1x 90 min Waschen in PBS 2x 5 min Ziegen-anti-Maus-Antikörper mit Peroxidase (GamPo, Sigma) 1x 60 min 1:250 in PBS Waschen in PBS 1x 5 min IV. Färbung Farbreaktion in DAB-Lösung mit Ammoniumnickelsulfat 1x 10 min Waschen in Aqua bidest. 2x 30s Gegenfärbung der Kerne mit Kernecht-Rot-Lösung 1x 30s V. Dehydrieren und Eindeckelung Aufsteigende Alkoholreihe, von dort in Rotihistol Deckgläser mit Entellan fixieren ________________________________________________________Material und Methoden 19 2.4.4. Immunhistochemische Färbung an Hühnerembryonen und Wachtel-Huhn-Chimären Nach der Beurteilung des Skelett-Musters an ganzen Embryonen wurden die mit Methylsalicylat behandelten Exemplare in Paraffin eingebettet, um immunhistochemisch das Muskelmuster und/oder den Verbleib der transplantierten Wachtelzellen aufzuklären. Prinzipiell werden zur immunhistochemischen Detektion von bestimmten Zelltypen Antikörper verwendet, die zelltypische Antigene binden und somit am Antigen fixiert werden. Muskelzellen exprimieren das muskelspezifische Antigen Desmin. Gegen Desmin gibt es sowohl monoklonale als auch polyklonale Antikörper zu kaufen. Wachtelzellen exprimieren andere Kernmembran-Antigene als Hühnerzellen. Ein monoklonaler Antikörper steht gegen diese wachtelspezifischen Proteine zur Verfügung. Die Detektion von Antigenen, die vom untersuchten Gewebe selbst exprimiert werden, folgt dem gleichen Prinzip wie die Detektion von BrdU mit dem Anti-BrdU-Antikörper. Ein erster Antikörper bindet das betreffende Antigen (Desmin oder Kernmembranproteine von Wachtelzellen). Dieser erste Antikörper wird von einem zweiten Antikörper erkannt, der mit einem Enzym markiert ist. Diese Enzym kann eine Farbreaktion katalysieren und somit das Antigen sichtbar machen. Hier werden nur die Unterschiede zur Immunhistochemie nach BrdU-Behandlung (siehe 2.4.3.) angegeben: Die Immunhistochemie mit Anti-Desmin- und QCPN-Antikörpern wurde ohne Brechen der Zell- und Kernmembranen durchgeführt. Die Schnitte von Hühnerembryonen wurden mit einem murinen, monoklonalen Anti-DesminAntikörper (Dako, Verdünnung 1:100 in PBS) inkubiert. Als zweiter Antikörper diente ein Ziegen-anti-Maus-Antikörper mit Peroxidase-Konjugation (GamPo, Sigma). Die DABReaktion mit Ammoniumnickelsulfat ergab eine Braunfärbung der Desmin exprimierenden Zellen. Die Schnitte von Wachtel-Huhn-Chimären wurden einer Doppelmarkierung von Wachtelzellen und Muskelzellen unterzogen. Im ersten Inkubations-Schritt erkannte ein polyklonaler, aus Kaninchenserum gewonnener Anti-Desmin-Antikörper (Sigma, Verdünnung 1:400) das Desmin, und ein muriner, monoklonaler QCPN-Antikörper (Quail Cell Nuclei, Hybridoma Bank, Überstand der Zellkultur) die Zellkerne der Wachtelzellen. Im zweiten Schritt erkannte ein Ziegen-anti-Kaninchen-Antikörper, mit Peroxidase konjugiert (GarPo, Sigma, Verdünnung 1:250), den Anti-Desmin-Antikörper und ein Ziegen-anti-MausAntikörper, mit alkalischer Phosphatase konjugiert (GamAP, Dako, Verdünnung 1:100), den ________________________________________________________Material und Methoden 20 QCPN-Antikörper. Zuerst wurde nun die Peroxidase-Reaktion mit DAB-Lösung ohne Ammoniumnickelsulfat entwickelt. Danach wurden die Schnitte in AP-Puffer überführt und die Alkalische-Phosphatase-Farbreaktion mit NBT/BCIP-Färbelösung bis zu 60 min entwickelt. Aus dem AP-Puffer heraus erfolgte die Gegenfärbung mit Kernecht-Rot. Die Desmin tragenden Muskelzellen wurden hellbraun, die Wachtelzellen blau angefärbt. 2.5. Fotografie Totalpräparate wurden mit einem Wild M10 Stereomikroskop fotografiert. An einem Durchlichtmikroskop der Firma Leica wurden die Serienschnitte fotografiert. Als Filmmaterial diente Kodak Ektachrom 64T. Die Diafilme wurden von der Firma Vario (Freiburg) entwickelt. Mit handelsüblichen Dia-Scannern wurden die Diapositive digitalisiert. Die Zusammenstellung und Beschriftung der Abbildungen erfolgte mit der Bildbearbeitungssoftware „Adobe Photoshop 7.0“. 2.6. Chemische Reagenzien und Zusammensetzung der verwendeten Lösungen 2.6.1. Lösungen für die Operation • Farbstofflösung für Farbstifte: 1% Nil-Blau-Sulfat und 2,5% Agar in Aqua bidest. erhitzten und die Farbstifte mit der entstandenen Flüssigkeit imprägnieren. • Locke-Lösung: Stammlösung A: 94,270 g NaCl auf 1000 ml Aqua bidest. Stammlösung B: 12,0253 g KCl auf 1000 ml Aqua bidest. Stammlösung C: 15,8092 CaCl*H2O auf 1000 ml Aqua bidest. 100 ml A auf 1000 ml mit Aqua bidest auffüllen + 37 ml B + 21 ml C + 0,03 g Penicillin G Natriumsalz 2.6.2. Lösungen für die Skelett-Analyse • Farblösung I für Knorpel-/Knochenfärbung: ________________________________________________________Material und Methoden 21 0,017 g% Alcian-Blau (Sigma) 0,006 g% Alicarin-Rot (Sigma) 68 Vol% Ethanol in Aqua dest. 5 Vol% Eisessig • KOH-Lösung für Gewebe-Verdau bei Knorpel-/Knochenfärbung: 1 g% KOH-Tabletten 20 Vol% Glycerin in Aqua dest. • Farblösung nach Kant und Goldstein (1999): 0,015 g% Alcian-Blau (Sigma) 20 Vol% Eisessig in reinem Ethanol 2.6.3. Lösungen für die whole-mount in situ-Hybridisierung und Histologie • Paraformaldehyd (PFA) (Sigma) 10fach PBS-Stammlösung: 72 g NaCl, 4,3 g KH2HPO4, 14,8 g Na2HPO4*12H2O auf 2000 ml mit Aqua bidest auffüllen. • PBT: 0,1% Triton X-100 (Sigma) in PBS. • Proteinase K-Stammlösung: 20 mg/ml Proteinase K (Sigma) in PBT. • Glutaraldehyd-Stammlösung: 25 % Glutaraldehyd (Sigma) • Hybridisierungspuffer: 2% Blockierungspulver (Boehringer) 0,1% Triton X-100 0,1% CHAPS (Sigma) 1 mg/ml tRNA 5mM EDTA 50 µg/ml Heparin in 1:1 Formamid : 5fach SSC ________________________________________________________Material und Methoden 22 • 20fache SSC-Stammlösung: 3M NaCl und 0,3M Natrium-Citrat; pH 7.0 • KTBT-Lösung: 50mM Tris-HCl, pH 7.5; 150mM NaCl; 10mM KCl, 1% Triton X-100 • Antikörper-Lösung: Anti-Digoxigenin-Antikörper (Boehringer) und 10% Ziegen-Serum in KTBT werden im Verhältnis 1:2000 verdünnt. • AP-Puffer: 5 ml 1M Tris-Puffer pH 9,5 2,5 ml 1M MgCl2 mit destilliertem Wasser 1 ml 5M NaCl auf 50 ml auffüllen 2 ml Triton X-100 (Firma) • Färbe-Lösung: 4,5 µl/ml NBT (Boehringer) 3,5 µl/ml BCIP (Boehringer) in AP-Puffer • CHAPS-Lösung: 10 g Trockensubstanz in 100 ml Aqua bidest. • 1 M Tris-Puffer-Stammlösung: 121,1 g Tris in 800 ml Aqua bidest. auflösen, pH-Einstellung mit konzentrierter HCl, auf 1000 ml mit Aqua bidest. auffüllen • Pax1-Sonde: Die Pax1-Sonde ist als ein 1,5 kb Insert in den Vektor pBluescript II KS (Ebensperger et al. 1995) einkloniert. Sie wurde durch in-vitro-Transkription mit Digoxigenin-UTP nach dem Protokoll der Firma Roche (DIG RNA Labeling Mix, 10x konz., Best. Nr. 1277073) markiert. • BrdU-Lösung 40mmol: 0,01228 g/ml BrdU (Sigma) in Locke-Lösung • Serra-Fixierlösung 1l: 600 ml Ethanol, 300 ml Formol, 100 ml Eisessig • PBS-Tween: 500 µl Tween in 1000 ml PBS • BSA: Rinderserumalbumin (Serva) ________________________________________________________Material und Methoden 23 • DAB-Lösung ohne Ammoniumnickelsulfatzusatz: 200 ml Tris-HCl Puffer pH 7.6 + 80 mg DAB + 40 µl H2O2 • DAB-Lösung mit Ammoniumnickelsulfatzusatz: 175 ml Tris-HCl pH 7.6 + 1% Ammoniumnickelsulfat in 25 ml Tris-HCl pH 7.6 + 80 mg DAB + 40 µl H2O2 • 80 mg DAB-Portionen: Diaminobenzidin (DAB) 5g in 62,5 ml Aqua bidest. lösen und in 1 ml portionieren ergibt eine Endkonzentration von 80 mg/ml. Lagerung bei –20°C. • Kernecht-Rot-Lösung: 1 g Kernecht-Rot in 1000 ml 5%iger Aluminiumsulfatlösung lösen und filtrieren. __________________________________________________________________Ergebnisse 24 3. Ergebnisse 3.1. Barrieren-Implantation zwischen den Achsenorganen und Somiten Die Entwicklung des Sklerotoms und damit des Achsenskeletts hängt hauptsächlich von der Signalaktivität des Chorda-Bodenplatten-Komplexes ab. Dieser Komplex besteht aus der Chorda dorsalis und dem ventralen Abschnitt des Neuralrohrs. Von ihm wird das Signalmolekül Sonic hedgehog (Shh) gebildet. Shh induziert die Expression von Pax1 im Somiten und spezifiziert so das Sklerotom (Johnson et al., 1994). Man geht davon aus, dass die Pax1-Induktion den ersten Schritt zur Festlegung der Knorpelvorläuferzellen auf ihr zukünftiges Zellschicksal darstellt (Christ et al., 2000). Somit ist der Chorda-BodenplattenKomplex ein Induktor des chondrogenen Zellschicksals während der Somitenentwicklung. Der intermediäre und dorsale Teil des Neuralrohrs produziert zahlreiche Signalmoleküle, die während der Entwicklung des Somiten eine medialisierende Funktion ausüben. Die Entwicklung der epaxialen Muskulatur hängt essentiell von den Signalmolekülen aus den dorsalen Abschnitten des Neuralrohrs ab (zusammengefasst von Borycki und Emerson, 2000). Es stellt sich die Frage, ob die Achsenorgane für die Entwicklung der chondrogenen Dermomyotomzellen ebenso eine induktive Rolle spielen. Um den Einfluss des Chorda-Bodenplatten-Komplexes und der dorsalen Anteile des Neuralrohrs auf die Scapula-Entwicklung zu untersuchen, wurde eine Aluminium-Barriere zwischen die Achsenorgane, Neuralrohr und Chorda dorsalis, und die Scapula-bildenden Somiten von zwei Tage alten Embryonen (HH-Stadium 14) implantiert (Abb. 2A). Bei sieben Embryonen wurde der Skelett-Status analysiert. Alle Embryonen zeigten schwere Entwicklungsstörungen im Achsenskelett und den Rippen. Die Wirbel, insbesondere die Wirbelbögen, waren missgebildet, während die Rippen stark verkürzt oder nicht vorhanden waren. Die Entwicklungsstörungen der Sklerotomderivate waren wegen des ausgeschalteten Shh-Signals zu erwarten. Allerdings zeigte keiner der operierten Embryonen Störungen der Scapula-Entwicklung (Abb. 2B und 2C). Länge und Breite der Scapula-Klinge waren auf der Kontrollseite und der Operationsseite immer gleich. Daraus kann geschlossen werden, dass Signale aus den Achsenorganen Neuralrohr und Chorda dorsalis nicht für die Entwicklung der Scapula benötigt werden. Die Signale, die zur Differenzierung der Knorpelvorläuferzellen im Dermomyotom führen, müssen sich also von __________________________________________________________________Ergebnisse 25 den Signalen, die auf sklerotomale Knorpelvorläuferzellen wirken, grundlegend unterscheiden. 3.2. Ektoderm-Entfernung Das Ektoderm spielt während der embryonalen Entwicklung eine entscheidende Rolle. Am besten untersucht ist die Rolle des Ektoderms bei der Entwicklung der Extremität. Das Ektoderm bildet über der distalen Spitze der Extremitätenknospe eine Verdickung, die sogenannte apikale ektodermale Randleiste (AER). Diese Struktur hält das darunter liegende Mesenchym in einem proliferativen Status und sorgt so für das proximo-distale Auswachsen der Extremität. Entfernt man die AER, so entwickelt sich eine verkürzte Extremität (Saunders, 1948). Das über dem paraxialen Mesoderm liegende Ektoderm ist während der Reifung der Somiten mitverantwortlich für: (1) die Epithelialisierung des paraxialen Mesoderms (Sosic et al., 1997), (2) die Musterbildung innerhalb des epithelialen Somiten entlang seiner dorsoventralen Achse (Wagner et al., 2000), (3) die Musterbildung innerhalb des Dermomyotoms entlang seiner medio-lateralen Achse (Dietrich et al., 1998) und (4) die Aufrechterhaltung eines gut eingestellten Gleichgewichtes zwischen Proliferation und Differenzierung im sich entwickelnden Dermomyotom (Amthor et al., 1999). Die essentielle Rolle des Ektoderms während der Entwicklung der Muskelvorläuferzellen ist also zu einem beachtlichen Teil bekannt. Fraglich ist die Rolle des ektodermalen Einflusses auf die Entwicklung der knorpelbildenden Zellen des Dermomyotoms. 3.2.1. Entfernung des kompletten Ektoderms über den Somiten und der zukünftigen Extremitätenregion Das Ektoderm wurde bei zwei Tage bebrüteten Embryonen (HH-Stadien 13/14) über den Somiten und der kompletten zukünftigen Flügelregion entfernt (Somiten-Höhe 15-20). In medio-lateraler Ausdehnung reichte das Operationsgebiet von der Mitte des Neuralrohrs bis an das extraembryonale Mesenchym heran (Abb. 3A). Zehn Embryonen wurden operiert und ihr Skelett analysiert. Bei allen Embryonen war auf der Operationsseite keine Extremität ausgebildet, da die zukünftige AER mit entfernt wurde. Die Ausbildung der Scapula war in neun von zehn Embryonen ausgeblieben (Abb. 3B). Bei sieben von neun Embryonen war kein Material der Scapula nachzuweisen, während zwei Embryonen Rudimente der kaudalen __________________________________________________________________Ergebnisse 26 Scapula-Klinge aufwiesen. Der ventrale Teil des Schultergürtelskeletts (Procoracoid und Clavicula) war in diesen Embryonen ebenfalls nicht ausgebildet. Bei einem von zehn Embryonen war die Beurteilung des Schultergürtelskeletts nicht möglich, da das Achsenskelett und die Rippen ebenfalls stark missgebildet waren. Aus diesen Ergebnissen kann geschlossen werden, dass das Ektoderm der Extremitätenregion als möglicher Produktionsort von Signalmolekülen, die für die Ausbildung der Scapula nötig sind, in Betracht kommt. Ob das Ektoderm direkt auf die Scapula-bildenden Dermomyotome wirkt oder ob sein Einfluss über die auswachsende Extremitätenknospe vermittelt wird, kann mit diesem experimentellen Ansatz nicht beantwortet werden. 3.2.2. Entfernung der zukünftigen AER Der Schultergürtel wird anatomisch als Teil des Anhangskeletts der oberen Extremität betrachtet. Diese Sichtweise legt nahe, dass die Entwicklung des Schultergürtels den gleichen Signaleinflüssen unterliegt wie die Entwicklung des restlichen Extremitätenskeletts. Eine Möglichkeit diese Hypothese zu testen, ist die frühest mögliche Entfernung der AER, um ein Auswachsen der Extremität und damit die Etablierung von Signalzentren innerhalb der Extremitätenknospe zu unterdrücken. Michaud et al. (1997) konnten an Wachtel-Huhn-Chimären das Ursprungsmaterial der AER festlegen. Am zwei Tage alten Embryo (HH-Stadium 14) liegt das AER bildende Ektoderm in einem 150 µm breiten Streifen über der medialen Somatopleura in Höhe der Somiten 15-20 (Abb. 3C). Die genau bekannte Lokalisation macht es möglich, die zukünftige AER lange vor der Ausknospung der Extremitätenanlage zu entfernen und so ein Auswachsen des Flügels zu verhindern. Damit kann die Frage beantwortet werden, ob das Ektoderm der Extremitätenregion direkt auf die Scapula-Entwicklung wirkt oder ob sein Einfluss indirekt über die auswachsende Extremitätenknospe vermittelt wird. Die zukünftige AER wurde an fünf Embryonen in HH-Stadium 14 entfernt und das Skelett untersucht. Skelettelemente distal des Schultergelenks (Stylo-, Zeugo-, Autopodium) waren in keinem der Embryonen ausgebildet. Vier von fünf Embryonen hatten eine normal entwickelte Scapula (Abb. 3D), während ein Embryo Knorpellücken im kranio-kaudalen Scapula-Verlauf aufwies. In allen Fällen war der Scapula-Kopf mit dem Procoracoid verschmolzen, was auf eine wichtige Rolle des Humerus bei der Ausbildung des Schultergelenks hindeutet. __________________________________________________________________Ergebnisse 27 Dieses Ergebnis legt nahe, dass die Entwicklung der Scapula nicht von Signalen aus der Extremitätenknospe abhängig ist, und dass das ektodermale Signal über dem Extremitätenfeld direkt auf die Scapula-Entwicklung einwirkt. 3.2.3. Ektoderm-Entfernung über den Somiten Die oben beschriebenen Ergebnisse legen den Verdacht nahe, dass dem über den Somiten liegenden Ektoderm eine induktive Rolle bei der Entwicklung der Scapula-Klinge zukommt. Dieser Verdacht kann durch die Entfernung des Ektoderms über den Scapula-bildenden Somiten geprüft werden. Um den zeitlichen Aspekt des ektodermalen Einflusses näher ergründen zu können, wurden drei unterschiedliche experimentelle Ansätze gewählt: (1) Da die Vorversuche an zwei Tage alten Embryonen (HH-Stadium 13/14) durchgeführt wurden und die Ergebnisse einen ektodermalen Einfluss in diesem Stadium vermuten lassen, war es sinnvoll in diesem Stadium das Ektoderm lediglich über den Somiten zu entfernen. Im HHStadium 13/14 sind die Scapula-bildenden Somiten epithelial organisiert (Abb. 4A). (2) Der erste bekannte molekulare Marker der Scapula-Entwicklung, Pax1, wird allerdings erst im HH-Stadium 21, d.h. nach 3,5 Tagen Inkubationszeit, angeschaltet. Die Scapula-bildenden Somiten sind zu diesem Zeitpunkt schon in ihre Untereinheiten Sklerotom und Dermomyotom kompartimentiert. Deshalb ist es interessant, das Ektoderm kurz vor der Aktivierung von Pax1 in der Schultergürtelregion an drei Tage alten Embryonen (HH-Stadium 18) über den kompartimentierten Somiten zu entfernen (Abb. 5A). (3) Da beide Experimente zu Effekten an der Scapula-Klinge führten, sollte mit der dritten Versuchsreihe geklärt werden, ob es sich bei einem der beiden Effekte um einen echten induktiven Vorgang handelt - d.h., dass zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Signal des Ektoderms gebraucht wird, um die ScapulaKlinge zu etablieren - oder ob das Ektoderm als permanenter Signalgeber für die ScapulaEntwicklung benötigt wird. Dazu wurde das Ektoderm in HH-Stadium 13/14 entfernt. Nach 20 Stunden Reinkubationszeit (HH-Stadium 17/18) wurde die Goldfolie wieder entnommen (Abb. 6A). Diese Vorgehensweise lässt die Regeneration des Ektoderms nach Entnahme der Goldfolie zu. 3.2.3.1. Ektoderm-Entfernung über den epithelialen Somiten Sechs Embryonen wurden operiert und das Skelett des Thorax und des Flügels analysiert. Die Scapula-Klinge war in drei von sechs Fällen komplett verschwunden (Abb. 4B). Die anderen drei Embryonen bildeten lediglich kaudale Rudimente der Scapula-Klinge aus, während der __________________________________________________________________Ergebnisse 28 von der Goldfolie abgedeckte kraniale Teil der Scapula-Klinge nicht verknorpelte. Alle Exemplare entwickelten die Komponenten des somatopleuralen Skeletts (Scapula-Kopf/Hals, Stylo-, Zeugo-, Autopodium). Nur in einem von sechs Embryonen waren zusätzlich Beeinträchtigungen der Wirbel- und Rippenentwicklung zu beobachten. Anhand von histologischen Schnitten und immunhistochemischen Untersuchungen wurden die Embryonen weiter untersucht. Es war von großem Interesse, ob weitere Derivate des Dermomyotoms, insbesondere die hypaxiale Muskulatur, von der Operation betroffen waren. Alle Embryonen zeigten schwere Defekte in der Schultergürtelmuskulatur. Die Interkostalmuskulatur war ebenfalls stark in ihrer Ausbildung beeinträchtigt (Abb. 4C). Dieses Ergebnis legt nahe, dass durch die Operation nicht nur die Entwicklung der ScapulaKlinge, sondern vielmehr die Entwicklung des gesamten Dermomyotoms beeinträchtigt wurde. Um diese Annahme zu überprüfen, wurde an fünf Embryonen die Morphologie und die Proliferation des Dermomyotoms nach 24 Stunden Reinkubationszeit untersucht. Die Dermomyotome, denen das bedeckende Ektoderm fehlte, zeigten alle sowohl eine gestörte Morphologie als auch ein ungeordnetes Proliferationsmuster, insbesondere in der hypaxialen Domäne (Abb. 4D). Dieses Ergebnis kann man als einen Hinweis darauf betrachten, dass das ektodermale Signal ab HH-Stadium 13/14 von allen dermomyotomalen Zellen benötigt wird. Sowohl die Muskelvorläufer- als auch Knorpelvorläuferzellen des Dermomyotoms sind in ihrer Entwicklung vom Ektoderm abhängig. 3.2.3.2. Ektoderm-Entfernung über den kompartimentierten Somiten Da das Ektoderm über den ausgereiften, kompartimentierten Somiten mit einer sehr soliden extrazellulären Matrix an das darunter liegende Dermomyotom geheftet ist, wurde vor der Operation ein kurzer Verdau mit dem Enzym Trypsin nötig, um die Integrität der Dermomyotome zu erhalten. Diese Behandlung überlebten vier Embryonen, die alle den gleichen Skelett-Phänotyp zeigten. Das Ektoderm wurde über den vier kranialen Scapulabildenden Somiten (17-20) in HH-Stadium 18 entfernt (Abb. 5A). Die Scapula-Klinge bildete sich in keinem der untersuchten Embryonen aus. Der Rest des Flügelskeletts entwickelte sich normal (Abb. 5B). __________________________________________________________________Ergebnisse 29 Auf den ersten Blick ergab sich also ein Phänotyp der oberen Extremität wie nach der Ektoderm-Entfernung über den epithelialen Somiten. Die histologischen Schnitte zeigten jedoch signifikante Unterschiede in der Muskulatur unter dem Operationsfeld. So waren die Interkostal-Muskeln normal ausgebildet. Die normalerweise in die Scapula inserierenden Muskeln waren jedoch bei allen Embryonen stark in ihrer Masse reduziert bis hin zum kompletten Verlust (Abb. 5C). Das Experiment wurde an acht weiteren Embryonen durchgeführt, um den ektodermalen Einfluss auf den einzigen bekannten molekularen Marker der Scapula-Vorläuferzellen, Pax1, zu untersuchen. Die operierten Exemplare wurden für drei Tage bis zum HH-Stadium 29/30 reinkubiert, da während der normalen Entwicklung in diesem Stadium die Pax1-Expression in dem größten Teil der Scapula-bildenden Zellen nachzuweisen ist. Alle acht Embryonen zeigten eine deutliche Herunterregulierung bis hin zum kompletten Verlust der Pax1-mRNA im Bereich der zukünftigen Scapula-Klinge (Abb. 5D). Diese Experimente zeigen, dass die Formierung der Scapula-Klinge auch noch im spätem Stadium von ektodermalen Signalen abhängt. Die Entwicklung der Scapula-Klinge konnte durch die Ektoderm-Entfernung über dem reifen Somiten spezifischer unterdrückt werden als durch die Ektoderm-Entfernung über den epithelialen Somiten, was an den weniger in Mitleidenschaft gezogenen Muskeln der Thorax-Wand deutlich wird. Trotzdem muss gesagt werden, dass in keinem Fall nur der Knorpel von der Operation betroffen war, sondern auch die Schultergürtelmuskeln, die in die Scapula inserieren. Weiterhin lassen die Ergebnisse den Schluss zu, dass die Knorpelvorläuferzellen des Dermomyotoms ein ektodermales Signal benötigen, um die Pax1-Expression zu induzieren. Eine fehlende Pax1-Expression mündet im Ausbleiben der Verknorpelung. 3.2.3.3. Ektoderm-Entfernung über den epithelialen Somiten mit nachfolgender Entnahme der Goldfolie Da das Ektoderm eine sehr gute Regenerationsfähigkeit besitzt, war es möglich, das zeitlich limitierte Fehlen von ektodermalen Einflüssen auf die Entwicklung der Scapula-Klinge zu untersuchen. Dazu wurde das Ektoderm in HH-Stadium 13/14 entfernt und mit Goldfolie ersetzt. Die Goldfolie wurde bei einem Zweiteingriff nach 20 Stunden Reinkubationszeit im HH-Stadium 17/18 entfernt (Abb. 6A). So konnte sich die entstandene Ektoderm-Wunde über den Somiten wieder schließen. Drei Embryonen wurden operiert. In der Knorpel-Färbung beobachtete man eine etwas schmälere Scapula-Klinge auf der Operationsseite als auf der __________________________________________________________________Ergebnisse 30 Kontrollseite (Abb. 6B). Dieser Eindruck wurde durch die histologischen Schnitte bestätigt. Die Knorpelanlage der Scapula-Klinge war in jedem Fall vorhanden, jedoch war die KnorpelMasse deutlich reduziert (Abb. 6C). Ein Effekt auf die Muskeln der Thorax-Wand war nicht zu beobachten. Die Muskelmasse des Schultergürtels war nur leicht reduziert. Der vorübergehende Verlust ektodermaler Signalaktivität führt also zu einer reduzierten Anzahl von Knorpel-Zellen, jedoch nicht zu einem kompletten Fehlen der Scapula-Klinge. Dieses Ergebnis zeigt, dass die ektodermale Signalaktivität über einen langen Zeitraum benötigt wird. Zwischen HH-Stadium 13 und 18, d.h. während der SomitenKompartimentierung, ist das Ektoderm für die Aufrechterhaltung der Knorpel-Vorläuferzellen verantwortlich, weil die unterbrochene Signalaktivität bis HH-Stadium 18 nicht zu einem kompletten Verlust, sondern nur zur Reduktion des Scapula-Klingen-Knorpels führt. Somit muss das ektodermale Signal, das zur endgültigen Differenzierung der Scapula-Zellen führt, später als HH-Stadium 18 abgegeben werden. 3.3. Barrieren-Implantation zwischen Somatopleura und Somiten Um zu überprüfen, ob die dermomyotomale Subpopulation chondrogener Zellen von Signalen aus der Somatopleura abhängig ist, wurde an Embryonen in HH-Stadium 16/17 die Somatopleura von Scapula-bildenden Somiten durch die Implantation einer Aluminiumfolie isoliert (Abb. 7A). Vier Embryonen haben diese Operation bis zum Ende der Reinkubationszeit überlebt und wurden analysiert. Bei keinem der Embryonen konnte eine Scapula-Klinge vorgefunden werden (Abb. 7B). Drei Embryonen zeigten eine normale Entwicklung des somatopleuralen Flügelskeletts. Einer der vier Embryonen wies einen verkürzten Flügel auf. Die Rippen waren in allen Embryonen im Operationsgebiet stark verkürzt bis nicht vorhanden. Dies lässt sich damit erklären, dass die Entwicklung der distalen Rippen-Anteile von Signalen aus der Somatopleura abhängt und die Rippen-Anlagen in die Somatopleura einwachsen (Sudo et al., 2001). In den histologischen Schnitten ließ sich am Anlage-Ort der Scapula-Klinge statt eines Knorpels nur mesenchymales Gewebe beobachten, das von den Schultergürtelmuskeln umgeben ist (Abb. 7C). Die normalerweise in die Scapula inserierenden Muskeln waren angelegt und zum Teil differenziert. Weiter lateral gelegene Muskeln der ventro-lateralen Körperwand waren nicht zu ausgebildet. Dies kann auf die implantierte Barriere __________________________________________________________________Ergebnisse 31 zurückgeführt werden, die die Einwanderung der hypaxialen Muskelvorläuferzellen in die Brustwand unterdrückt. Dieses Experiment legt den Schluss nahe, dass Signale aus der Somatopleura für die Entwicklung der Scapula-Klinge unabdingbar sind. Die Operation zeigte einen spezifischen Einfluss auf die Chondrogenese der Scapula-Klinge. Dies kann man daraus ersehen, dass nach Barrierenimplantation die Muskeln der Scapula-Region zum großen Teil angelegt und differenziert sind. 3.4. Heterotope Transplantation von zukünftigen Dermomyotomen Es stellt sich die Frage, warum gerade die Dermomyotome des zerviko-thorakalen Übergangs Knorpelzellen zur Entwicklung der Scapula-Klinge beisteuern und die weiter kranial und kaudal gelegenen Dermomyotome dies nicht tun. Welche Mechanismen erlauben es den Zellen, darüber Bescheid zu wissen, dass sie zu Knorpelzellen werden sollen? Eine Möglichkeit ist, dass die vorhin beschriebenen Signale aus dem Ektoderm und der Somatopleura diese Zellen spezifizieren. Ein anderer denkbarer Mechanismus wäre, dass die Scapula-bildenden Dermomyotome schon früher über ihre Position entlang der anteriorposterioren Achse informiert werden und somit wissen, dass sie eine chondrogene Subpopulation von Zellen enthalten müssen. Durch dieses Prinzip wird zum Beispiel die unterschiedliche Form und Größe der Wirbel entlang der Wirbelsäule festgelegt (Kieny et al., 1972; Dubrulle et al., 2001; zusammengefasst von Christ et al., 1998). Um diese Hypothese für die Zellen der Scapula-Klinge zu verifizieren, wurde ihr Schicksal in Wachtel-Huhn-Chimären in einer Region verfolgt, in der normalerweise keine chondrogenen Zellen im Dermomyotom vorkommen. An Wachtelembryonen wurden dorsale Hälften von Scapula-bildenden Somiten als Transplantat gewonnen. Im Hühnerembryo wurden im zukünftigen Halsbereich dorsale Hälften von epithelialen Somiten entnommen und durch das Transplantat aus der Wachtel ersetzt (Abb. 8A). Die dorsale Hälfte des epithelialen Somiten stellt das zukünftige Dermomyotom dar. Siebzehn Embryonen wurden operiert und das Skelett-Muster der Halsregion untersucht. Alle siebzehn Embryonen zeigten ektopischen Knorpel. Vier von siebzehn Embryonen zeigten einen einzelnen, kleinen ektopischen Knorpel direkt unter der Haut (Abb. 8B). Die histologischen Schnitte bestätigten, dass der überzählige Knorpel aus Wachtelmaterial aufgebaut war und die ihn umgebenden Muskeln eine Mischung aus Huhn- und WachtelZellen darstellten. Der Knorpel aus Wachtelmaterial stand nicht in Verbindung mit der Wirbelsäule. Die Derivate des Sklerotoms, wie z.B. die Wirbel und die Hirnhäute, enthielten __________________________________________________________________Ergebnisse 32 keine Wachtelzellen (Abb. 8C und 8C`). Aus diesen Beobachtungen kann geschlossen werden, dass der ektopische Knorpel aus Wachtel-Zellen einen kurzen, im Hals wachsenden (ektopischen) Abschnitt der Scapula-Klinge darstellt. Die anderen dreizehn von siebzehn Embryonen zeigten mehr als einen ektopischen Knorpel im Halsbereich. Bei den Operationen dieser Embryonen sind auch Anteile des Sklerotoms mittransplantiert worden, weil in den histologischen Schnitten Sklerotomderivate aus Wachtelzellen identifiziert werden konnten. In elf Embryonen konnte nach morphologischen Kriterien davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem zusätzlichen ektopischen Knorpel um Rippen handelte. Zwei Embryonen zeigten mehr als ein Knorpel-Element ohne Verbindung zur Wirbelsäule und waren somit nicht zu beurteilen. Diese Beobachtung ist am ehesten auf die Schwierigkeiten bei der Operation zurückzuführen. Es ist nicht möglich, am epithelialen Somiten das zukünftige Dermomyotom morphologisch exakt gegen das zukünftige Sklerotom abzugrenzen. Trotz dieser Schwierigkeiten zeigen vier Embryonen den oben beschriebenen eindeutigen Phänotyp. Aus den transplantierten dorsalen Somiten-Hälften entwickelt sich im Halsbereich ein ektopischer Knorpel, der aus Wachtel-Zellen besteht und deshalb als ektopischer Teil der Scapula-Klinge interpretiert werden kann. Daraus lässt sich schließen, dass die dermomyotomale Subpopulation chondrogener Zellen schon im epithelialen Somiten hinsichtlich ihres Entwicklungsweges zu Knorpelzellen spezifiziert ist. Das Experiment zeigt zudem, dass die Signale aus dem Ektoderm und der Somatopleura, die die weitere Entwicklung der Scapula-Klinge steuern, auch im Hals-Bereich produziert werden. __________________________________________________________________Diskussion 33 4. Diskussion Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass die Entwicklung der Scapula-Klinge des Vogels prinzipiell anderen Mechanismen unterliegt als die Entwicklung des restlichen post-kranialen Skeletts. Die Ergebnisse erlauben ein hypothetisches Modell der Entwicklung der ScapulaKlinge aufzustellen, das die Spezifizierung und Aufrechterhaltung ihrer dermomyotomalen Vorläuferzellen und deren Ausdifferenzierung umfasst. 4.1. Die Entwicklung der chondrogenen Zellen des Dermomyotoms hängt von anderen Signalen ab als die der chondrogenen Zellen des Sklerotoms Von den zahlreichen somitischen Zellpopulationen, war bisher nur eine einzelne dafür bekannt, zu Knorpel und anschließend zu Knochen auszudifferenzieren. Diese Zellpopulation hat ihren Ursprung im Sklerotom und bildet später das Achsenskelett. Man kann davon ausgehen, dass die chondrogenen Zellen des Sklerotoms durch Signale aus den Achsenorganen und insbesondere aus dem Chorda-Bodenplatten-Komplex auf ihr Knorpelschicksal festgelegt werden. Auf molekularer Ebene wird dies durch das Signalmolekül Shh vermittelt und findet in der Expression des Sklerotom-Markergens Pax1 seinen Ausdruck (zusammengefasst von Christ et al., 2000). Die Scapula-bildenden Somiten des zerviko-thorakalen Übergangsbereiches besitzen zusätzlich zu den sklerotomalen Knorpelvorläuferzellen des Achsenskeletts eine weitere chondrogene Zellpopulation im Dermomyotom, die später die knöcherne Scapula-Klinge bildet. Kurz vor der endgültigen Differenzierung in Knorpelzellen exprimieren auch diese Zellen Pax1 (Huang et al., 2000b). Diese Feststellung legt den Verdacht nahe, dass dermomyotomale Knorpelvorläuferzellen ebenso wie Sklerotomzellen, durch Signale der Achsenorgane induziert werden könnten. Wahrscheinlicher macht diesen Verdacht die Tatsache, dass der Chorda-BodenplattenKomplex die Gen-Expression im Dermomyotom über die Expression von Shh beeinflussen kann (Huang et al., 2003). Die vorliegenden Experimente zeigen jedoch, dass dieser Verdacht nicht zutreffend ist. Isoliert man die Scapula-bildenden Somiten vollständig vom Einfluss der Achsenorgane, so findet sich trotzdem eine normale Entwicklung der kompletten Scapula. Die chondrogenen Zellen des Dermomyotoms folgen also nicht den gleichen Signalen wie ihre __________________________________________________________________Diskussion 34 Schicksalsgenossen im Sklerotom, sondern müssen von einem anderen Entwicklungsmechanismus abhängig sein. 4.2. Die Entwicklung der Scapula-Klinge ist unabhängig von der Entwicklung des intrinsischen Flügelskeletts Während der Extremitäten-Entwicklung wird am dorsalen Rand der Extremitätenknospe die sogenannte Zone polarisierender Aktivität (ZPA) etabliert. Die ZPA produziert wie der Chorda-Bodenplatten-Komplex das Signalmolekül Shh. Somit könnte die ZPA ein Induktor der Pax1-Expression und somit der Knorpelzellen in der Scapula-Region sein. Dass dies jedoch nicht der Fall ist, konnte durch die vorliegenden Ergebnisse gezeigt werden. Verhindert man das Auswachsen einer Extremitätenknospe und somit die Bildung einer ZPA durch die Entfernung der zukünftigen AER, dann entwickelt sich trotzdem ein vollständiges Schultergürtelskelett. Ein sehr ähnlicher Phänotyp wurde von Carrington und Fallon (1988) beschrieben. In dieser Arbeit wurde die sogenannte limbless-Mutante des Huhns untersucht. Die limbless-Mutante ist nicht in der Lage, die dorso-ventrale Achse der Extremität und damit die AER zu etablieren (Grieshammer et al., 1996). Dass Scapula-Kopf und -Hals und der ventrale Schultergürtel sowohl nach AER-Entfernung als auch bei der limbless-Mutante trotz ihres somatopleuralen Ursprungs immer zur Ausbildung kommen, könnte damit erklärt werden, dass zwar das Auswachsen der Extremität verhindert wird, jedoch die ExtremitätenInduktion und -Ausknospung (engl.: budding) normal vonstatten gehen (Grieshammer et al., 1996). Alle weiteren Ergebnisse der hier vorliegenden Arbeit zeigen, dass sich die Entwicklung der Scapula-Klinge ohne Beeinträchtigung der Entwicklung des restlichen Flügelskeletts unterdrücken lässt. Hieraus kann man schließen, dass die Entwicklung des intrinsischen (aus der Somatopleura hervorgegangenen) Flügelskeletts und die der aus dem paraxialen Mesoderm hervorgegangenen Scapula-Klinge völlig unterschiedlichen Signalmechanismen unterliegen. 4.3. Die chondrogenen Zellen des Dermomyotoms werden während der Segmentierung des paraxialen Mesoderms spezifiziert Prinzipiell kommen zwei mögliche Mechanismen der Spezifizierung der dermomyotomalen chondrogenen Zellpopulation in Betracht: __________________________________________________________________Diskussion 35 (1) Spezifizierung durch Signale aus den umliegenden Geweben oder (2) frühe und autonome Spezifizierung innerhalb des paraxialen Mesoderms. Die heterotope Transplantation von dorsalen Somiten-Hälften, den zukünftigen Dermomyotomen, aus der Scapula-bildenden Region in die Hals-Region führt zur Ausbildung eines Abschnitts der Scapula-Klinge im Hals des Empfängers. Dieses Ergebnis legt nahe, dass die dorsalen Hälften epithelialer Somiten der zerviko-thorakalen Übergangszone stabile und autonome Information über ihre Position entlang der anterior-posterioren Achse besitzen. Diese segmentspezifische Positionsinformation legt die zukünftigen Zellen der ScapulaKlinge auf ihr Knorpel- bzw. Knochenschicksal fest. Die Spezifizierung dieser Zellpopulation muss somit während oder kurz nach der Segmentierung des paraxialen Mesoderms in epitheliale Somiten erfolgen. Die benötigten Signale aus der Umgebung (Ektoderm und Somatopleura) werden auch in der Halsregion und deshalb unspezifisch entlang der Körperhauptachse produziert und spielen somit keine Rolle bei der Spezifizierung der chondrogenen Zellen des Dermomyotoms. Ein Mechanismus zur Festlegung von Positionsinformation entlang der anterior-posterioren Achse wurde von Dubrulle et al. (2001) und Zákány et al. (2001) herausgearbeitet. Die Arbeiten dieser Autoren zeigen, dass die segmentspezifische Identität von Somiten kurz vor der Epithelialisierung des paraxialen Mesoderm festgelegt wird. Verschiedene Wirbeltierspezies wurden bezüglich der Herkunft ihres Scapula-Materials untersucht. Das Amphibium Ambyostoma maculatum bezieht kein Material aus den Somiten in seinen Schultergürtel ein (Burke, 1991a), wohingegen Schildkröten (Yntema, 1970; Burke 1991b) und Vögel (Chevallier, 1977b; Huang et al., 2000b), beides Amnioten, somitisches Material für bestimmte Abschnitte ihrer Scapula verwenden. Dementsprechend kommt Burke (1991a) zu dem Schluss, dass die Beisteuerung somitischen Materials zur Scapula eine NeuEntwicklung darstellt, die während der Evolution der Amnioten aufgetreten ist. Hox-Gene sind dafür bekannt, den Bauplan der Wirbeltiere entlang der anterior-posterioren Achse festzulegen. Die anteriore Expressionsgrenze einiger Hox-Gene im Embryonalstadium spiegelt die Grenzen verschiedener Wirbelsäulenabschnitte im erwachsenen Organismus wieder. Im Laufe der Evolution scheinen Veränderungen der Hox-Gen-Expression gängige Mechanismen zur Änderung des Körper-Bauplans zwischen den Tieren unterschiedlicher evolutionärer Entwicklungsstufen zu sein (Burke et al., 1995; Cohn et al., 1997; Cohn et al., 1999; Cohn, 2002; Ronshaugen et al., 2002). __________________________________________________________________Diskussion 36 Die Einbeziehung dermomyotomaler Zellen in die Vogel-Scapula kann man als streng lokalisierten Zugewinn eines neuen Zellschicksals innerhalb der betreffenden Dermomyotome betrachten. Nach heutigem Erkenntnisstand wird dieser evolutionäre Zugewinn, d.h. die Änderung des generellen Bauplans entlang der anterior-posterioren Achse, am ehesten durch die Veränderung der Hox-Gen-Expression im paraxialen Mesoderm hervorgerufen. Interessanterweise hat Hoxc5 eine anteriore Expressionsgrenze in Höhe der kranialen Scapula-bildenden Somiten (So. 17/18) (Burke et al., 1995), was eine Rolle von Hoxc5 in der Spezifizierung der chondrogenen Zellpopulation impliziert. Die Mutation des paralogen Hoxb5-Gens in der Maus führt allerdings nur zu einer Verschiebung des Schultergürtels in anteriorer Richtung, jedoch nicht zum Ausbleiben der Scapula-Entwicklung (Rancourt et al., 1995). Die Mutation eines anderen paralogen Hox-Gens (Hoxa5) führt nur in Kombination mit der Pax1-Mutation zu regelmäßigen Defekten im Acromion (Aubin et al., 2002). Die Hox-Gen-Expression lässt sich im Huhn durch die Implantation von Kunststoff-Kügelchen, die mit Retinsäure beladen sind, unspezifisch ändern. So konnte gezeigt werden, dass die Implantation von Retinsäure in die proximale Extremitätenknospe des Vogelembryos zu einer Herunterregulierung von Hoxc6 im entsprechenden Bereich führt. Nachfolgend sind Defekte im kranialen Abschnitt der Scapula zu beobachten (Oliver et al., 1990). Bisher konnte keinem einzelnen der untersuchten Hox-Gene die führende Rolle bei der Spezifizierung der dermomyotomalen chondrogenen Zellpopulation zugeschrieben werden. Am ehesten könnte hierfür eine bisher unbekannte Kombination der Expression verschiedener Steuerungsgene verantwortlich sein. Die Hypothese, dass die Positionsinformation der chondrogenen Zellen des Dermomyotoms ihr molekular-genetisches Korrelat in der Expression von Hox-Genen findet, muss mit anderen Methoden weiter untersucht werden. Ein Hinweis darauf, dass heterotop transplantierte Dermomyotome ihre Hox-Gen-Expression zum Teil beibehalten und sich entsprechend ihrer Herkunft entwickeln, lieferten Nowicki und Burke (2000). Die Autoren zeigten, dass die Zellpopulation des Dermomyotoms, die nicht in die Somatopleura einwandert, nach heterotoper Transplantation ihre Hox-Gen-Expression beibehält und sich gemäß ihrem Ursprungsort entwickelt, während dermomyotomale Zellen, die die Somatopleura penetrieren, ihre Morphologie entsprechend dem umliegenden Gewebe der Körperwand und der Extremität annehmen. Die in dieser Arbeit gezeigten Ergebnisse legen nahe, dass die Scapula-bildenden Zellen des Dermomyotoms nicht in die Somatopleura __________________________________________________________________Diskussion 37 einwandern und sich deshalb nach Transplantation in die Hals-Region entsprechend ihrem Herkunftsort ausdifferenzieren können. Frühere Studien betonen vor allem die Auswirkungen von Positionsinformation auf die Morphologie der Derivate des paraxialen Mesoderms, z.B. Halswirbel- vs. Brustwirbelentwicklung. Am Achsenskelett konnte gezeigt werden, dass das aus dem Sklerotom stammende Achsenskelett schon sehr früh in seiner Morphologie festgelegt wird. Schon die anterioren Abschnitte der Segmentplatte verfügen über Informationen, ob sie sich z.B. zu Brust- oder Halswirbeln entwickeln sollen (Kieny et al., 1972). Als Mechanismus für die Ausbildung der unterschiedlichen Wirbel-Morphologie wurde von Duboule (1995) die unterschiedliche Proliferationsrate innerhalb der verschiedenen Sklerotom-Abkömmlinge entlang der anterior-posterioren Achse vorgeschlagen. Die hier vorgelegten Ergebnisse geben allerdings erste Hinweise darauf, dass während der Segmentierung des paraxialen Mesoderms entlang der anterior-posterioren Achse auch über das Zellschicksal (Muskel- vs. Knochenentwicklung) entschieden werden kann. In den Somiten des zerviko-thorakalen Übergangsbereiches wird ein embryonales Feld (sozusagen das „Scapula-Klingen-Feld“) etabliert, das Ursprungsmaterial für die Scapula-Klinge zur Verfügung stellt. Die Zellen dieses Feldes sind zwar noch undifferenziert, aber auf das Knorpel- bzw. Knochenschicksal determiniert und kompetent, auf Umgebungssignale anders zu reagieren als die restlichen dermomyotomalen Zellen. Ihnen ist ein bestimmtes Entwicklungsprogramm vorgegeben. Die Signale aus benachbarten Strukturen ermöglichen die Ausführung dieses zugrunde gelegten Entwicklungsprogramms. 4.4 Ektodermale Signale erhalten die chondrogene Zellpopulation im Dermomyotom aufrecht Zwei der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Experimente weisen auf die Rolle des Ektoderms bei der Aufrechterhaltung der dermomyotomalen Knorpelvorläuferzellen im Verband mit den Muskelvorläuferzellen hin. Die Entfernung des Ektoderms über den epithelialen Somiten des zerviko-thorakalen Übergangs führt zu einem völligen Ausbleiben der Entwicklung einer Scapula-Klinge sowie der hypaxialen Schultergürtel- und Interkostalmuskulatur. Dieser Phänotyp kann dadurch erklärt werden, dass das Ektoderm eine bestimmende Rolle bei der Spezifizierung der hypaxialen Muskulatur einnimmt (Dietrich et __________________________________________________________________Diskussion 38 al., 1998). Unser Experiment zeigt, dass die Scapula-bildenden Zellen im Dermomyotom von dieser Regel nicht ausgenommen sind. Werden die Scapula-bildenden Somiten nur für 20 Stunden vom ektodermalen Einfluss isoliert, führt dies zu einer deutlichen Verminderung der Knorpelmasse der Scapula-Klinge. Das sich regenerierende Ektoderm nimmt nach 20 Stunden seine Signalaktivität wieder auf und kann so einen Teil der Knorpelvorläuferzellen retten. Diese Ergebnisse legen nahe, dass ein andauerndes Vorhandensein ektodermaler Signale Grundvoraussetzung für eine ungestörte Entwicklung des Dermomyotoms ist. Die in das Dermomyotom eingebetteten Knorpelvorläuferzellen sind von diesem Signal genauso abhängig wie die Muskelvorläuferzellen. Als einziges bekanntes Signalmolekül, dass das ektodermale Signal auf das Dermomyotom vermitteln könnte, kommt Wnt-6 in Betracht. Wnt-6 ist ein sezerniertes Signalmolekül der Wnt-Familie und wirkt über mehrere membranständige Rezeptoren der Frizzled-Familie (Cauthen et al., 2001). In der Induktion von Neuralleistenzellen spielt Wnt-6 als ektodermales Signal eine entscheidende Rolle (Garcia-Castro et al., 2002). Die Implantation von Wnt-6 produzierenden Zellen kann die Entwicklung der Scapula-Klinge bei fehlendem Ektoderm jedoch nicht retten und beeinflusst bei Implantation ohne Ektoderm-Entfernung die Entwicklung der Scapula-Klinge eher negativ als positiv (unpublizierte Daten M. RodriguézNiedenführ). Somit muss von einem oder mehreren unbekannten Signalmechanismen ausgegangen werden, die den ektodermalen Einfluss auf die Entwicklung der Scapula-Klinge vermitteln. 4.5. Ektoderm und Somatopleura steuern die Differenzierung der Scapula-Klinge Zwei experimentelle Ansätze beleuchten den Einfluss des Ektoderms und der Somatopleura auf die Differenzierung der Scapula-Vorläuferzellen zu Knorpel. Die Entfernung des Ektoderms über den reifen, kompartimentierten Somiten des zerviko-thorakalen Übergangs führt zu einem Verlust der Pax1-Expression in den Scapula-Vorläuferzellen und nachfolgend zum Verlust der Scapula-Klinge. Lediglich die hypaxiale Schultergürtelmuskulatur, die direkt in die Scapula-Klinge inseriert, ist nach dieser Operation in ihrer Entwicklung beeinträchtigt. Die ebenfalls hypaxialen Interkostalmuskeln entwickeln sich normal. Daraus lässt sich __________________________________________________________________Diskussion 39 schließen, dass die Entwicklung des hypaxialen Dermomyotoms nicht komplett beeinträchtigt wurde. Die Isolierung Scapula-bildender Dermomyotome vom Einfluss der Somatopleura durch Implantation einer Barriere zwischen diese beiden Gewebe führt zum Ausbleiben der Scapula-Verknorpelung. Die umgebende hypaxiale Muskulatur (Schultergürtel- und Interkostalmuskeln) zeigt nach dieser Operation prinzipiell keine Defekte. Diese Ergebnisse zeigen, dass zur Differenzierung der Scapula-Klinge, d.h. zur endgültigen Realisierung des chondrogenen Entwicklungsprogramms ektodermale und somatopleurale Signale notwendig sind. Das ektodermale Signal wird für die Expressions-Initiation des chondrogenen Regulatorgens Pax1 in dermomyotomalen Knorpelvorläuferzellen benötigt. Diese Beobachtung ist deshalb sehr bemerkenswert, weil bisher nur bekannt war, dass der Chorda-Bodenplatten-Komplex mit seinem Signalmolekül Shh für die Induktion der Pax1Expression in paraxialen Knorpelvorläuferzellen benötigt wird. Das vorliegende Ergebnis legt einen neuen, ektodermalen Weg der Pax1-Induktion und Knorpelbildung nahe. Monsoro-Burq und Le Douarin (2000) haben eine Art der Chondrogenese für die Dornfortsätze der Wirbelbögen postuliert, die sich von der Chondrogenese des restlichen Achsenskeletts ebenfalls grundlegend unterscheidet. Es wurde gezeigt, dass die Verknorpelung der Dornfortsätze von einem ektodermalen Signalmolekül (BMP-4) abhängt. Die enge Verknüpfung von ektodermalem Signal und Verknorpelung führte die Autoren zu dem Konzept des „subektodermalen Knorpels“, der einem grundlegend anderen Differenzierungsmodus folgt als der Rest des Achsenskeletts. Die anatomische Lage der Scapula-Klinge direkt unter der Haut und die Abhängigkeit ihrer Ausbildung vom Ektoderm legt nahe, auch dieses Skelettelement als „subektodermalen Knorpel“ zu bezeichnen. Der molekulare Mechanismus der Differenzierung bleibt allerdings trotz intensiver experimenteller Bemühungen unklar. ____________________________________________________________Zusammenfassung 40 5. Zusammenfassung Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit lassen den Schluss zu, dass sich die Entwicklung der Scapula-Klinge grundlegend von der Entwicklung des restlichen post-kranialen Skeletts unterscheidet. Die Entwicklung der Scapula-Klinge scheint einen neuen Modus der Chondrogenese bei Vertebraten aufzuzeigen. Das post-kraniale Skelett besteht aus dem Achsenskelett (Wirbelsäule und Rippen) und dem Extremitätenskelett. Das Achsenskelett hat seinen Ursprung im Sklerotom, das durch Shhvermittelte Induktion aus dem ventralen Abschnitt des epithelialen Somiten hervorgeht. Das Sklerotom exprimiert Pax1, das die Sklerotomzellen als Knorpelvorläufer determiniert. Die unterschiedliche Morphologie der Wirbelsäulenabschnitte wird vor der Segmentierung des paraxialen Mesoderms festgelegt. Das distale Extremitätenskelett (Stylo-, Zeugo-, Autopodium) entsteht aus der Somatopleura, die im Bereich des Extremitätenfeldes als Knospe auswächst. Im Zentrum der Extremitätenknospe kondensieren die Knorpelvorläuferzellen. Die Morphogenese der einzelnen Knochenabschnitte wird durch zwei Signalzentren der Extremitätenknospe entschieden. Die Scapula-Klinge entsteht (im Gegensatz zu den restlichen, somatopleuralen Elementen des Schultergürtels) aus den Dermomyotomen des zerviko-thorakalen Übergangsbereiches. Die Chondrogenese der Dermomyotomzellen lässt sich in drei Phasen gliedern: (1) Spezifizierung: Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass die Dermomyotomzellen durch die Segmentierung des paraxialen Mesoderms instruiert werden, Knorpelvorläuferzellen zu bilden. Die anterior-posteriore Begrenzung des so etablierten Scapula-Klingen-Feldes legt die spätere Ausdehnung der Scapula-Klinge fest. Das Zellschicksal der chondrogenen Dermomyotomzellen und die Morphologie der Scapula-Klinge müssen demnach auf dem Erwerb spezifischer Positionsinformationen entlang der anterior-posterioren Achse beruhen. (2) Aufrechterhaltung: Während der Kompartimentierung der Somiten (HH-Stadium 14-18) unterliegen die chondrogenen Zellen des Dermomyotoms (ähnlich den Zellen der zukünftigen hypaxialen Muskulatur) dem Einfluss des angrenzenden Ektoderms. Das Ektoderm ist für eine regelhafte Proliferation und Musterbildung im Dermomyotom verantwortlich. (3) Differenzierung: Nach der Ausreifung des Dermomyotoms (nach HH-Stadium 18) wird eine Kombination aus ektodermalen und somatopleuralen Signalen benötigt, um die Zellen der Scapula-Klinge zur Expression von Pax1 und damit zur endgültigen KnorpelzellDifferenzierung zu bringen. ____________________________________________________________________Literatur 41 6. Literatur Amthor, H., Christ, B. and Patel, K. (1999). A molecular mechanism enabling continuous embryonic muscle growth - a balance between proliferation and differentiation. Development 126, 1041-53. Aubin, J., Lemieux, M., Moreau, J., Lapointe, J. and Jeannotte, L. (2002). Cooperation of Hoxa5 and Pax1 Genes during Formation of the Pectoral Girdle. Dev Biol 244, 96-113. Balling, R., Helwig, U., Nadeau, J., Neubuser, A., Schmahl, W. and Imai, K. (1996). Pax genes and skeletal development. Ann N Y Acad Sci 785, 27-33. Borycki, A. G. and Emerson, C. P., Jr. (2000). 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Der Abschnitt der Scapula, der die Rippen (R) dorsal überzieht, wird als Scapula-Klinge (ScKl) bezeichnet. Zur besseren Orientierung sind auf der Abbildung die Halswirbelsäule (HWS), die Brustwirbelsäule (BWS) mit ihren Anhangsgebilden, den Rippen (R), das Darmbein (Db) und der Femur-Kopf (FK) bezeichnet. ________________________________________________________________Abbildungen 49 Abb. 1 ________________________________________________________________Abbildungen 50 Abbildung 2: Barrieren-Implantation zwischen Achsenorgane und Somiten. (A) Operationsschema: Transversal-Schnitt durch einen zwei Tage bebrüteten Embryo (HH-Stadium 14) in Höhe des zerviko-thorakalen Übergangsbereiches nach rechtsseitiger Implantation einer Aluminiumfolien-Barriere (Alu) zwischen die Achsenorgane [Neuralrohr (NR), Chorda dorsalis (CD)] und die epithelialen, Scapula-bildenden Somiten (So). (B)+(C) Skelett-Muster nach der in (A) beschriebenen Operation und sieben Tagen Reinkubationszeit. Aufsicht von dorsal (B) und Aufsicht von rechts lateral (C). Die schwarzen Pfeile markieren das kaudale Ende der Scapula (links: Kontrollseite; rechts: Operationsseite). Die Scapula-Klinge ist links- und rechtsseitig normal entwickelt. Die Defekte in Sklerotomderivaten versichern über den Erfolg der Operation. Die schwarzen Pfeilspitzen markieren in (B) die missgebildeten Wirbelbögen und in (C) die nur rudimentäre ausgebildeten Rippen. ________________________________________________________________Abbildungen 51 Abb. 2 ________________________________________________________________Abbildungen 52 Abbildung 3: Ektoderm-Entfernung I (A) Operationsschema: Transversal-Schnitt durch einen zwei Tage bebrüteten Embryo (HH-Stadium 14) in Höhe des zerviko-thorakalen Übergangsbereiches zur Entfernung des Ektoderms über dem gesamten Extremitätenfeld. Der schwarz hervorgehobene Abschnitt des Ektoderms, vom Neuralrohr (NR) bis über die Somatopleura (SP) reichend, wurde entfernt und durch Goldfolie ersetzt. (B) Skelett-Muster nach der in (A) beschriebenen Operation und sieben Tagen Reinkubationszeit (links: Kontrollseite; rechts: Operationsseite). Die schwarzen Pfeilspitzen markieren die kranio-kaudale Ausdehnung der Scapula auf der Kontrollseite. Auf der Operationsseite bleibt die Entwicklung des Flügelskeletts, inklusive der Scapula-Klinge, aus. Die Entwicklung des Achsenskeletts ist nicht beeinträchtigt (ein Wirbelkörper und eine Rippe sind mit schwarzen Pfeilspitzen markiert). (C) Operationsschema: Transversal-Schnitt durch einen zwei Tage bebrüteten Embryo (HH-Stadium 14) in Höhe des zerviko-thorakalen Übergangsbereiches. Schwarz hervorgehoben ist das Ektoderm über der medialen Somatopleura (SP), das die zukünftige AER darstellt. Dieser Bereich wurde entfernt und durch Goldfolie ersetzt. (D) Skelett-Muster nach der in (C) beschriebenen Operation und sieben Tagen Reinkubationszeit (links: laterale Aufsicht auf die Kontrollseite; rechts: laterale Aufsicht auf die Operationsseite). Die Operation verhindert das Auswachsen des distalen Extremitätenskeletts komplett. Der beidseitige Vergleich des Schultergürtelskeletts zeigt jedoch eine ungestörte Entwicklung der Scapula auf beiden Seiten (rote Pfeile). Auf der Operationsseite bildet sich kein Humerus-Kopf (HK) aus. Das Gelenk von Procoracoid (Pc) und Scapula-Kopf ist fusioniert (rote Pfeilspitzen). Das rote Sternchen markiert die implantierte Goldfolie. ________________________________________________________________Abbildungen 53 Abb. 3 ________________________________________________________________Abbildungen 54 Abbildung 4: Ektoderm-Entfernung II (A) Operationsschema: Transversal-Schnitt durch einen zwei Tage bebrüteten Embryo (HH-Stadium 14) in Höhe des zerviko-thorakalen Übergangsbereiches. Schwarz hervorgehoben ist das Ektoderm, das den epithelialen Somiten (So) bedeckt. Dieser Bereich wurde entfernt und durch Goldfolie ersetzt. (B) Skelett-Muster nach der in (A) beschriebenen Operation und sieben Tage Reinkubationszeit (dorsale Aufsicht; links: Kontrollseite; rechts Operationsseite). Die roten Pfeile markieren die kranio-kaudale Ausdehnung der Scapula. Auf der Operationsseite bildet sich nur der kraniale Abschnitt der Scapula (-Kopf und -Hals) aus. Die Scapula-Klinge fehlt. Das schwarze Sternchen markiert die implantierte Goldfolie. (C) Histologischer Transversal-Schnitt durch die kraniale Thorax-Region desselben Embryos. Immunhistochemische Färbung des muskelspezifischen Proteins Desmin (braunes Farbsignal) zur Beurteilung der Muskelentwicklung (links: Kontrollseite; rechts: Operationsseite). Die roten Pfeile markieren die Lage des Knorpels der Scapula-Klinge. Auf der rechten Seite ist dieser nicht ausgebildet (kein hellblaues Farbsignal). Die schwarzen Pfeilspitzen markieren die hypaxiale Interkostalmuskulatur, die rechts nicht ausgebildet ist (kein braunes Farbsignal). Die epaxialen Muskeln (EM) entwickeln sich auf beiden Seiten normal. (RM: Rückenmark; WK: Wirbelkörper; Oe: Oesophagus; L: Lunge) (D) BrdU-markierter (dunkelbraunes Farbsignal) Transversal-Schnitt durch die Thorax- Region nach der in (A) beschriebenen Operation und 24 Stunden Reinkubationszeit zur Beurteilung der Proliferation und Morphologie des Dermomyotoms (links: Kontrollseite; rechts: Operationsseite). Die schwarze Umrandung hebt die Grenzen des nicht beeinträchtigten hypaxialen Dermomyotoms hervor. Die schwarzen Pfeilspitzen markieren die korrespondierende Stelle auf der Operationsseite. Sowohl das Proliferationsmuster als auch die Morphologie des hypaxialen Dermomyotoms sind ohne den ektodermalen Einfluss gestört. (rote Sternchen: Goldfolie; NR: Neuralrohr; CD: Chorda dorsalis; SG: Spinalganglion) ________________________________________________________________Abbildungen 55 Abb. 4 ________________________________________________________________Abbildungen 56 Abbildung 5: Ektoderm-Entfernung III (A) Operationsschema: Transversal-Schnitt durch einen drei Tage bebrüteten Embryo (HH-Stadium 18/19) in Höhe des zerviko-thorakalen Übergangsbereiches. Das Dermomyotom (DM) ist ausgebildet, der Somit kompartimentiert. Schwarz hervorgehoben ist der Abschnitt des Ektoderms, der nach Entfernung durch Goldfolie ersetzt wurde. (B) Skelett-Muster eines Embryos nach der in (A) beschriebenen Operation und sieben Tagen Reinkubationszeit (links: Kontrollseite; rechts: Operationsseite). Die roten Pfeile markieren die kranio-kaudale Ausdehnung der Scapula. Auf der Operationsseite bleibt die Entwicklung der Scapula-Klinge aus. Der kraniale Scapula-Abschnitt (Kopf und Hals) und das distale Extremitätenskelett (Stylo- (Sp), Zeugo- (Zp) und Autopodium) werden normal ausgebildet. Das rote Sternchen markiert die implantierte Goldfolie. (C) Histologischer Transversal-Schnitt durch die Thorax-Region desselben Embryos nach immunhistochemischer Färbung des Muskelproteins Desmin (braunes Farbsignal). Die roten Pfeile markieren die Region der Scapula-Klinge und ihrer Muskulatur, die auf der Operationsseite nicht ausgebildet sind. Die roten Pfeilspitzen markieren die InterkostalMuskulatur, die auch auf der Operationsseite normal entwickelt ist. (RM: Rückenmark; WK: Wirbelkörper; Oe: Oesophagus) (D) Whole-mount in situ-Hybridisierung zur Darstellung der Pax1-Expression im Schultergürtlebereich nach der in (A) beschriebenen Operation und drei Tagen Reinkubationszeit (HH-Stadium 29; links: Kontrollseite; rechts: Operationsseite): Die roten Pfeile markieren die kranio-kaudale Ausdehnung der Pax1-Expression. Auf der Operationsseite wird Pax1 nur im kranialen Abschnitt der Scapula-Region exprimiert. Der kaudale Abschnitt (spätere Scapula-Klinge) bleibt Pax1-frei. Das rote Sternchen markiert die implantierte Goldfolie. ________________________________________________________________Abbildungen 57 Abb. 5 ________________________________________________________________Abbildungen 58 Abbildung 6: Ektoderm-Entfernung IV (A) Mehrschritt-Operationsschema: (a) An einem zwei Tage bebrüteten Embryo (HH- Stadium 14 wurde das Ektoderm über den epithelialen, Scapula-bildenden Somiten entfernt (schwarz hervorgehoben) und durch Goldfolie ersetzt. (b) Nach zwanzig Stunden Reinkubationszeit wurde die Goldfolie (gelb hervorgehoben) über den ausgereiften Somiten entfernt. (B) Skelett-Muster eines Embryos nach der unter (A) beschriebenen Operation und sieben Tagen Reinkubationszeit nach Ersteingriff (links: Kontrollseite; rechts: Operationsseite). Die roten Pfeile markieren die kranio-kaudale Ausdehnung der Scapula. Auf der Operationsseite ist die Scapula-Klinge leicht verkürzt und deutlich verschmälert. (C) Histologischer Transversal-Schnitt durch die Thorax-Region desselben Embryos mit immunhistochemischer Färbung des Muskelproteins Desmin (braunes Farbsignal). Die roten Pfeile markieren den Knorpel der Scapula-Klinge (hellblau). Auf der Operationsseite ist die Knorpel-Masse deutlich reduziert (schwarze Umrandung in der Ausschnittsvergrößerung C´). Die hypaxialen Muskeln des Schultergürtels und der Interkostalräume entwickeln sich auf beiden Seiten normal. (RM: Rückenmark; WK: Wirbelkörper) ________________________________________________________________Abbildungen 59 Abb. 6 ________________________________________________________________Abbildungen 60 Abbildung 7: Implantation einer Barriere zwischen Somatopleura und Scapula-bildende Somiten (A) Operationsschema: Transversal-Schnitt durch einen drei Tage bebrüteten Embryo (HH-Stadium 16/17) in Höhe des zerviko-thorakalen Übergangsbereiches nach Implantation einer Aluminiumfolien-Barriere (Alu) zwischen die Somatopleura (SP) und die kompartimentierten, Scapula-bildenden Somiten (SO). (B) Skelett-Muster eines Embryos nach der in (A) beschriebenen Operation und sieben Tagen Reinkubationszeit (links: Kontrollseite; rechts: Operationsseite). Die roten Pfeile markieren die kranio-kaudale Ausdehnung der Scapula. Auf der Operationsseite ist keine Scapula-Klinge ausgebildet, während sich der kraniale Abschnitt der Scapula (Kopf und Hals) normal entwickelt. (C) Histologischer Transversal-Schnitt durch die Thorax-Region desselben Embryos mit immunhistochemischer Färbung des Muskelproteins Desmin (braunes Farbsignal). Die roten Umrandungen fassen die Region der Scapula-Klinge ein. Die Ausschnittsvergrößerungen zeigen, dass auf der Operationsseite nur eine mesenchymale Zellmasse angelegt ist (rote Pfeile), während die Kontrollseite einen normal differenzierten Knorpel zeigt (gestrichelte Umrandung). Die Muskulatur ist proximal der Barriere normal ausgebildet. (RM: Rückenmark; WK: Wirbelkörper) ________________________________________________________________Abbildungen 61 Abb. 7 ________________________________________________________________Abbildungen 62 Abbildung 8: Heterotope Transplantation von zukünftigen, Scapula-bildenden Dermomyotomen (A) Mehrschritt-Operationsschema: (a) Herstellung des Transplantates durch Entnahme von 2-3 dorsalen Hälften epithelialer, Scapula-bildender Somiten aus einem Wachtel-Embryo (blau). (b) Präparation des Empfängers (Huhn; rot) durch Resektion von 3-4 dorsalen Hälften epithelialer Somiten aus dem Hals-Bereich. (c) Transfer des Transplantates in den Empfänger. (d) Zustand nach Fixierung des Transplantates im Empfänger: Die dorsalen Hälften der HalsSomiten sind durch Scapula-bildende, dorsale Somiten-Hälften aus der Wachtel ersetzt. (B) Skelett-Muster des Halsbereichs eines Embryos nach der in (A) beschriebenen Operation und sieben Tagen Reinkubationszeit (Aufsicht von rechts, dorso-lateral). Der rote Pfeil markiert einen einzelnen ektopischen Knorpel auf der Operationsseite. (A: Auge; HWS: Halswirbelsäule) (C) Histologischer Transversal-Schnitt in Höhe des ektopischen Knorpels in (B) mit immunhistochemischer Doppel-Färbung von Muskelprotein (Desmin; hellbraunes Farbsignal) und Wachtelzellen (blaues Farbsignal). Der rote Rahmen markiert den Bereich des ektopischen Knorpels und wird vergrößert in (C`) dargestellt. Der ektopische Knorpel liegt direkt unter der Haut, ist in Halsmuskulatur eingebettet und hat keine Verbindung zur Wirbelsäule. Die Derivate des Sklerotoms (z.B. Wirbelkörper, Hirnhäute) sind nicht mit dem Anti-Wachtel-Antikörper (kein blaues Farbsignal) angefärbt. (WK: Wirbelkörper; RM: Rückenmark) (C`) Ausschnittsvergrößerung aus (C). Der ektopische Knorpel (rote Pfeilspitzen) besteht komplett aus Wachtelzellen (blaue Farbreaktion v.a. im perichondralen Bereich). Die inserierenden Muskeln stellen ein Gemisch aus Wachtel- und Huhnmaterial dar. ________________________________________________________________Abbildungen 63 Abb. 8 __________________________________________________________________Lebenslauf 64 8. Lebenslauf Angaben zur Person Name Florian Ehehalt Geburtstag 5. April 1978 Geburtsort Ulm Eltern Peter Ehehalt (Vermessungstechniker) Doris Ehehalt, geb. Haas (Bauzeichnerin) Ausbildungsweg Juni 97 Allgemeine Hochschulreife am „Hans und Sophie Scholl-Gymnasium“, Ulm Sept. 97-Sept. 98 Zivildienst als Pflegehelfer im Querschnittgelähmten-Zentrum des Rehabilitationskrankenhauses Ulm Okt. 98-Okt. 99 Medizinstudium an der Universität Ulm seit Okt.99 Medizinstudium an der Universität Freiburg Aug. 00 Ärztliche Vorprüfung Aug. 01 Erstes Staatsexamen Praktische Tätigkeiten im Rahmen der Ausbildung Sept./Okt. 01 Aug. 02 Famulatur am Pathologischen Institut der Universität Freiburg als Sektionsassistent Famulatur am „Klinikum rechts der Isar“ der Technischen Universität München im Fach Allgemein- und Viszeralchirurgie Sept. 02 Mitarbeit im Labor von Martin J. Cohn, Department of Zoology, Institute of Animal and Microbial Sciences, University of Reading, UK, über die „Entwicklung und Evolution des äußeren Genitales beim Vogel-Embryo“ März 03 Famulatur am „Klinikum der Barmherzigen Brüder“, Wien, im Fach Urologie __________________________________________________________________Lebenslauf 65 Nebentätigkeiten bis Okt. 99 Pflegerische Aushilfe an der Zivildienststelle seit Okt. 99 Sitzwachentätigkeit an der Uniklinik Freiburg WS 01/02 Präparationsassistent im Rahmen des anatomischen Unterrichts _________________________________________________________________Danksagung 66 9. Danksagung Mein tiefer Dank gilt Herrn PD Dr. Huang für die Überlassung des Themas und die Erstellung des Erst-Gutachtens über die vorliegende Arbeit. Herrn PD Huangs Vorarbeiten legten den Grundstein für meine wissenschaftliche Arbeit an diesem Thema. Unter seiner ständigen und umfassenden Betreuung war es mir eine große Freude, Fragen zu stellen und diese experimentell zu bearbeiten. Besonders hervorheben möchte ich, dass Herrn PD Huangs operative Fertigkeiten mir immer Vorbild und Ansporn waren. Ebenso hat mich das geduldige Engagement Herrn PD Huangs im Labor und beim Studentenunterricht begeistert und wird mich nachhaltig prägen. Für die Übernahme des Zweit-Gutachtens bedanke ich mich zutiefst bei Herrn Prof. Dr. Horch. Von ganzem Herzen möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Christ bedanken. Sein beständiges Interesse am Fortgang der Arbeit und seine begleitenden Anregungen haben grundlegend das Zustandekommen der Arbeit gefördert. Unter vielem anderen durfte ich von Herrn Prof. Dr. Christ lernen, wie wissenschaftliches (Nach-) Fragen und Arbeiten vonstatten gehen soll. Auf die hervorragende technische Assistenz von Herrn Frank, Frau Gimbel, Frau Koschny und Frau Schüttoff baut ein wesentlicher Teil meiner methodischen Ausbildung im Labor auf. Dafür bin ich allen Beteiligten sehr dankbar. Herr Dr. Cohn hat viele Ideen und Anregungen in intensiven und umfassenden Diskussionen zu dieser Arbeit beigesteuert, wofür ich ihm zu tiefem Dank verpflichtet bin. Ebenso diskussionsfreudig waren Herr Dr. Rodriguez-Niedenführ und Herr Malashichev, die durch ständiges Nachfragen und Kommentieren ihren Beitrag zu dieser Arbeit geleistet haben. Für ihre Hilfsbereitschaft und das freundschaftliche Verhältnis im Labor bedanke ich mich bei Marlyse Dieugié-Fomenou und Julia Schrägle. Stefan Blaser und Stefanie Jellinghaus danke ich herzlich für die eingehende Durchsicht und Korrektur des Manuskripts. Meiner Familie danke ich aus vollem Herzen. Ohne die menschliche und die finanzielle Unterstützung durch meine Familie wäre diese Arbeit nicht auszuführen gewesen. ______________________________________________Eigene Vorträge und Publikationen 67 10. Eigene Vorträge und Publikationen F. Ehehalt, R. Huang, B. Christ; „Die Skapula wird von der embryonalen Haut induziert”; Verhandl. der Anat. Gesell., Supplement zum 184. Band des Anat. Anz.(Annals of Anatomy), 2001, S. 156 (Abstract) F. Ehehalt, R. Huang, B. Christ; „Dermomyotomal contribution to scapula requires ectodermal and somatopleural signals and is segmentally specified by positional values.“; 98. Versammlung der Anatomischen Gesellschaft (Joint Meeting), März 2003, Dresden Huang, R., Stolte, D., Kurz, H., Ehehalt, F., Cann, G. M., Stockdale, F. E., Patel, K. and Christ, B. (2003). Ventral axial organs regulate expression of myotomal Fgf-8 that influences rib development. Dev Biol 255, 30-47. ___________________________________________________________________Erklärung 68 11. Erklärung Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit ohne unzulässige Hilfe Dritter und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe. Die aus anderen Quellen direkt oder indirekt übernommenen Daten und Konzepte sind unter Angabe der Quelle gekennzeichnet. Insbesondere habe ich hierfür nicht die entgeltliche Hilfe von Vermittlungsbzw. Beratungsdiensten in Anspruch genommen. Niemand hat von mir unmittelbar oder mittelbar geldwerte Leistungen für Arbeiten erhalten, die im Zusammenhang mit dem Inhalt der vorgelegten Dissertation stehen. Die Arbeit wurde bisher weder im In- noch im Ausland in gleicher oder ähnlicher Form einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt. ................................................. (Datum) ........................................................ (Unterschrift)