Ursprung und Entwicklung des Universums: Voraussetzungen

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Ursprung und Entwicklung des
Universums:
Voraussetzungen für unsere
Existenz
Günter Sigl
II. Institut theoretische Physik, Universität Hamburg and
formerly APC (Astroparticule et Cosmologie), Université Paris 7
http://www2.iap.fr/users/sigl/homepage.html
1
Kopernikanisches Prinzip: Wir sind nicht an einem speziellen Ort
(und zu einer speziellen Zeit ?) im Universum
Allerdings leben wir in einer „golden age“: Zu wesentlich früheren
Zeitpunkten war noch nicht genügend Kohlenstoff synthetisiert.
Zu späteren Zeitpunkten sind die meisten Sterne als Energiequellen
nicht mehr verfügbar (R.Dicke)
Diese Argumentation gilt in einem Universum in dem die universellen
26 im Standardmodell bekannten Naturkonstanten „sind was sie sind“.
Aber was legt die Naturkonstanten fest ?
2
3
Kosmische Koinzidenzen
Die Naturkonstanten scheinen fein abgestimmt zu sein !
Beispiele:
Wäre die starke Wechselwirkung nur wenige Prozent stärker,
würden Di-Protonen und Di-Neutronen als gebundene Zustände
existieren und Wasserstoff wäre im frühen Universum komplett in
Helium fusioniert => kein Wasser und keine langlebigen Sterne !
Wäre die Gravitation nur geringfügig stärker, würden sich zu
schnell zu viele schwarze Löcher bilden um genügend für die
Entwicklung von Leben notwendige Strukturen zu bilden.
Ein Universum mit einer um einen Faktor > 10 größer als
beobachteten kosmologischen Konstanten würde zu schnell
expandieren um genügend für die Entwicklung von Leben notwendige
Strukturen zu bilden.
4
Im frühen Universum werden nur Helium, Deuterium, und Lithium
synthetisiert. Alle höheren Elemente, insbesondere der für Leben wie wir
es kennen essentielle Kohlenstoff, werden in Sterne synthetisiert:
He4 + He4
Be8 + He4
→
→
Be8
C12 + γ
Da Be8 eine Lebensdauer von nur ~ 10-17 Sekunden hat, ist die Rate für diesen
Prozess sehr klein außer C12 hat eine Resonanz gerade bei der Energie
zu der sich Ruhemasse und kinetische Energien von Be8 und He4 aufaddieren.
Das ist in der Tat der Fall. Hätte die starke Kraft eine nur geringfügig
andere Stärke, wäre die Resonanz bei der falschen Energie und Kohlenstoff
könnte nicht in Sternen fusioniert werden !
5
W. Hu
Die kosmische Mikrowellen Hintergrundstrahlung gibt Aufschluss über die
Dichtefluktuationen als das Universum etwa 1000 mal kleiner war:
9
Die kosmische Mikrowellen Hintergrundstrahlung ist der perfekteste bekannte
Plancksche Strahler mit Störungen von der Ordnung 10-5.
10
p p   
Im frühen Universum war Materie und Antimaterie im thermischen Gleichgewicht
mit Strahlung. Als die Temperatur unter ~ 1 GeV fiel, vernichtete Materie mit
Antimaterie. Ein kleiner Überschuss von Materie über Antimaterie blieb jedoch
übrig. Er ist unverzichtbar für die Entwicklung von Leben. Woher aber kam er ?
nbaryon
−10
≈6×10
n
Probleme mit der Interpretation von großen, dimensionslosen Zahlen
Beispiele:
Wenn man die Newtonsche Konstante durch eine fundamentale
Massenskala ausdrückt, GN = Ћc5/Mpl2, ist die resultierende Planck
Skala, MPl ~ 1.22x1019 GeV, um > 17 Größenordnungen größer als alle
bekannten Teilchenmassen. Mit anderen Worten; Warum ist die
Gravitation so viel schwächer als alle anderen Wechselwirkungen ?
Ein „typisches“ Alter des Universums wäre demnach die Planck-Zeit:
5 1 / 2
0
t Pl = ℏ G N /c

−44
≈5.4×10
sec
Das ist etwa 62 Größenordnungen kleiner als das gegenwärtige Alter des
Universums !
Das Problem der kosmologischen Konstanten:
Einstein's Gleichungen lauten
wobei naiv die Nullpunktsenergie in der Quantenmechanik wäre:
Mit der Planckmasse MPl als höchster fundamentalen Massenskala wäre die
„natürliche“ Vakuumenergiedichte ρv ~ MPl4. Das ist etwa 120 Größenordnungen
größer als die tatsächliche (und kritische) Dichte.
p
rC
ℏ
28
p
−14
c 0 t U ≈10 cm ; r C =
≈2.1×10 cm ⇒
≈2×10−42
m p c0
c0 t U
G N me m p
F grav G N me m p
e
−41
F em= 2 ; F grav=
⇒
=
≈3.6×10
2
2
F em
r
r
e
2
Dirac 1937: Das Verhältnis der Coulomb Wellenlänge des Protons zur
Größe des Universums ist ungefähr gleich der relativen Stärke der
Gravitations- und elektromagnetischen Kraft zwischen einem Elektron
und einem Proton.
Eine typische Elementarteilchenmasse kann damit durch eine Kombination
der Planckmasse und desAlters des Universums ausgedrückt werden:
m ≈

2
ℏ
G N c0t U
1 /3

Dies entspricht der Lebensdauer von (lebensnotwendigen)
Hauptreihensternen als Funktion der Naturkonstanten
14
Das heutige Universum ist in guter Näherung flach. Seine Energiedichte liegt daher
sehr nahe an der kritischen Dichte, Ω=ρ/ρcrit~1. Im strahlungsdominierten
Universum ändert sich Ω mit dem Skalenfaktor R(t) oder der Temperatur T
wie folgt:
2
−1∝ Rt  ∝T
−2
Bei einer Temperatur T ~ GeV musste die Abweichung von einem ungekrümmten
Raum also kleiner als ~ 10-26 sein, bei der Planck Temperatur sogar kleiner als
10-64 !
15
Entropie und kosmologischer Ursprung des
2.Hauptsatzes
Entropie S =log
Anzahl der Mikrozustände konsistent mit
Makrozustand charakterisiert durch Variablen p , T , ...
2. Hauptsatz der Thermodynamik:
Die Entropie in einem isolierten System kann niemals abnehmen.
Wenn nicht-gravitative Wechselwirkungen dominieren, hat man
Anzahl der Zustände von N Teilchen= Anzahl der Zustände pro Teilchen
und damit
S≈ N ×log  Anzahl der Zustände pro Teilchen
16
N
Wenn nicht-gravitative Wechselwirkungen dominieren, entspricht der Zustand
maximaler Entropie einer homogenen thermischen Verteilung.
Beispiel: Vergleiche N ~ 1024 Teilchen in einem Volumen V und in einem
Volumen V/10. Dann ist
Anzahl der Zustände für V
N
10
=10 =10
Anzahl der Zustände für V / 10
24
und damit
S V −S V / 10≈10
24
17
Nicht-gravitative Entropie
Für einen thermischen Zustand von Radius R und Temperatur T ist die Entropie
von der Strahlung dominiert:
3
3
4
3
S≈T R
und die Energie ist:
E≈T R
Damit das System stabil gegen Gravitationskollaps ist, muss R größer als der
Schwartzschildradius (siehe Diskussion von schwarzen Löchern) sein:
R >> RS = 2GN E/c04. Daraus folgt
3/ 2
S R ≈ A
3 /4
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Entropie der Gravitation
Bezüglich der Gravitation ist ein schwarzes Loch der natürliche Endzustand:
Ein schwarzes Loch bildet sich wenn die Fluchtgeschwindigkeit v größer als die
Lichtgeschwindigkeit c0 wird:
G N Mm
GN M
mvc 0
⇒ R RS with RS ≈ 2
R
c0
Schwarze Löcher haben keine „Haare“, d.h. schwarze Löcher mit gleicher Masse,
Drehimpuls und Ladung sind ununterscheidbar. Ihre Entropie muß damit
proportional zu ihrer Größe sein:
4  R 2S
2
 
A
M
2
2
S= 2 =
≈ M pl R S≈
2
M pl
4 pl
4l Pl
19
Der 2. Hauptsatz ist damit erfüllt:
2
S =
2
1
 M 1 M 2 − M −M
M
2
Pl
2
2
=
2M 1 M 2
M
2
pl
0
Entropie wird daher maximiert für ein maximal großes schwarzes Loch !
Der Mikrowellenhintergrund hat eine Entropie pro Baryon von
S CMB
n
9
≈
≈10
N b n baryon
Unsere Milchstraße hat ~ 1068 Baryonen und im Zentrum ein schwarzes Loch der
Masse M ~ 3.6x106 Sonnenmassen ~ 3 x 1063 GeV. Seine Entropie ist daher
~(3x1063 GeV/1019 GeV)2 ~ 1089, und damit
S heute
S CMB
21
≈10 ≫
Nb
Nb
20
Das sichtbare Universum hat ~ 1080 Baryonen. Seine maximale Entropie ist daher
~(1080 GeV/1019 GeV)2 ~ 10122, und damit
S max
S heute
S CMB
42
≈10 ≫
≫
Nb
Nb
Nb
Fazit:
Beim Urknall war das Universum in einem thermischen, Entropie-maximierenden
Zustand bezüglich der nicht-gravitativen Wechselwirkungen, aber in einem
flachen, Entropie-minimierenden Zustand bezüglich der Gravitation.
Da die Gravitation die Entropie dominiert, war nur so eine nicht-triviale Evolution
möglich die den 2.Hauptsatz erfüllt! Der 2.Hauptsatz hat kosmologischen
Ursprung !
Wie kann man das erklären ? Anthropisches Prinzip ?
21
Allerdings können nicht alle Naturkonstanten anthropisch erklärt werden:
Zum Beispiel sollte das Proton instabil sein, aber seine Lebensdauer
ist wesentlich länger als für das Leben erforderlich!
22
Die kosmische Mikrowellen Hintergrundstrahlung gibt Aufschluss über die
Dichtefluktuationen als das Universum etwa 1000 mal kleiner war:
23
Daraus folgt dass dunkle Materie erforderlich für die Entwicklung von Struktur
24 ist.
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Es gibt mehrere unabhängige Indizien für dunkle Materie:
Galaktische Rotationskurven
Der „bullet cluster“
Röntgenstrahlung = Baryonen
in rot
dunkle Materie von
Gravitationslinsen-Effekten
in blau
Die Sterne folgen der dunklen
Materie, aber nicht das heiße
Gas.
Der Großteil der Masse ist in Gas
Der „kosmische Kuchen“
Das „warum jetzt“ Problem: Warum sind die Beiträge von
Materie, dunkler Materie, dunkler Energie zur Gesamtdichte gerade
heute so ähnlich, obwohl sie sich ganz anders entwickeln ?
Die „landscape“ in der Stringtheorie: Natürliche Auslese à la Darwin
von multiplen Universen ?
A.Linde
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31
Spekulationen auf der „landscape“
Stringtheorie hat etwa 10500 mögliche Lösungen. Es gibt also sicher
Lösungen in denen z.B. die kosmologische Konstante um einen Faktor
10120 kleiner ist als ihr „natürlicher Wert“.
Außerdem könnten bestimmte Kombinationen von Werten von Naturkonstanten
wahrscheinlicher werden weil sie zu Inflation und damit zu einer
exponentiellen Vergrößerung des Volumens führen.
„Eternal Inflation“
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