Fachinformation 24 (03/09) | Molekulare Onkologie

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Fachinformation 24 (03/09) | Molekulare Onkologie
Molekulargenetische Diagnostik bei Myeloproliferativen Neoplasien (Übersicht)
Dipl. - Ing. Tanja Hinrichsen, Dr. rer. nat. Karin Mayer
Wissenschaftlicher Hintergrund
Zu den wichtigsten Vertretern der Myeloproliferativen Neoplasien (MPN) zählen die
Chronisch Myeloische Leukämie (CML), die Polycythämia vera (PV), die Essentielle
Thrombozythämie (ET) und die Primäre Myelofibrose (PMF). Eine sichere Abgrenzung der
CML zu den anderen MPNs ist durch den zytogenetischen Nachweis einer PhiladelphiaTranslokation t(9;22)(q34;q11.2) oder den molekulargenetischen Nachweis eines BCR-ABLFusionstranskripts möglich. Bis vor einigen Jahren war eine eindeutige Abgrenzung der
BCR-ABL-negativen MPNs zu anderen Neoplasien allerdings schwierig. Die nachfolgend
aufgeführten molekulargenetischen Marker leisten hierzu einen wichtigen Beitrag.
- Janus-Kinase 2 (JAK2)-V617F-Mutation bzw. JAK2 Exon 12-Mutationen:
Laut Klassifikation der WHO 2008 für BCR-ABL-negative MPNs gehört das Vorliegen
einer JAK2-V617F-Mutation bzw. von einer von acht bisher bekannten Mutationen im
JAK2-Exon 12 zu den Hauptkriterien für die Diagnose einer MPN. Bei der JAK2-V617FMutation kommt es zum Austausch von Guanin durch Thymidin an Nukleotidposition
2343 und somit zu einer Substitution von Valin durch Phenylalanin an
Aminosäureposition 617 des JAK2 Polypeptids. Dies führt zu einer dysregulierten
Kinaseaktiviät. Bei den JAK2 Exon 12-Mutationen handelt es sich um 8 verschiedene
somatische Missense-, Deletions- oder Insertionsmutationen (K539L, N542-E543del,
F537-K539delinsL, H538QK539L, R541-E543delinsK, H538-K539delinsL, E543D544del), bei denen die Aminosäurereste 538-543 involviert sind. Es wird vermutet,
dass Mutationen im Exon 12 des JAK2-Gens zu einer veränderten JAK2Signaltransduktion führen. Die JAK2-V617F-Mutation kann bei nahezu allen Patienten
mit PV nachgewiesen werden und ist zudem bei ca. 50% der Patienten mit ET bzw. mit
PMF detektierbar. Bei JAK2-V617F-negativen Patienten mit PV oder Idiopathischer
Erythrocytose ist meist eine JAK2 Exon 12-Mutation nachzuweisen.
- Mutationen im Myeloproliferativen-Leukämie-Virus-Onkogen (MPL):
Die Mutationen W515L, W515K und W515A im MPL-Gen, welches für den
Thrombopoetin-Rezeptor kodiert, sind etwa in 8,5% der JAK2-V617F-negativen Fälle mit
ET bzw. in 10% der JAK2-V617F-negativen Fälle mit PMF nachweisbar. Bisher bekannte
Mutationen im MPL-Gen führen zu einem Aminosäureaustausch von Tryptophan nach
Leucin (W515L) , nach Lysin (W515K) oder nach Alanin (W515A) und somit zu einer konstitutiven Aktivierung des JAK-STAT-Signalweges. Eine weitere Mutation (MPLS505N) ist
im Zusammenhang mit familiärer ET beschrieben. Es sind auch andere seltenere
MPL-Varianten (A506T, A519T, L510P) beschrieben, deren klinische Relevanz bislang
aber unklar ist.
- Expression des Polycythämia rubra vera-1 (PRV-1)-Gens:
Eine PRV-1-Überexpression wird in ca. 70-80% der Patienten mit PV, in ca. 20-50% der
Patienten mit ET und in ca. 50% der Patienten mit PMF beobachtet. Die PRV-1-Überexpression korreliert hierbei mit dem Auftreten von EPO-unabhängigen, erythroiden
Kolonien und ist daher langfristig mit der Ausbildung einer PV assoziiert.
Indikation
Verdacht auf Myeloproliferative Neoplasie bzw. Myeloproliferatives Syndrom (PV, ET, PMF)
ZENTRUM
FÜR
HUMANGENETIK
Dr. Klein und Dr. Rost
UND LABORATORIUMSMEDIZIN
I
LOCHHAMER STR . 29
I
82152 M ARTINSRIED
Tel. 049/89/895578-0
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Anforderung/Versand
GKV: gelber Überweisungsschein Nr. 6 (Anforderungstext: V.a. MPN, JAK2-V617F-Mutation
bzw. Jak2-Exon 12-Mutationen bzw. MPL-Mutationen bzw. PRV-1-Überexpression, humangenetisches Gutachten); weißer Überweisungsschein Nr. 10 (Anforderungstext:
Dichtegradisolierung von Zellen und Differenzierung und Quantifizierung von Granulozyten)
PKV: formlos oder über Anforderungsformular Molekulare Onkologie
Versand über den normalen Postweg, auf Wunsch kostenlose Versandtüten bzw. Abholung
Material
5-10 ml EDTA-Blut/Knochenmark
Methode
- Janus-Kinase 2 (JAK2)-V617F-Mutation bzw. JAK2-Exon 12-Mutationen:
Aus einer Blutprobe werden mittels Magnet-Beads Granulozyten isoliert und DNA extrahiert. Für eine gesicherte Aussage sollte der Anteil der isolierten Granulozyten 95-100%
der Gesamtleukozytenzahl betragen.
Exon 14 des Janus Kinase 2 (JAK2)-Gens wird mittels allelspezifischer PCR amplifiziert.
Der Nachweis des Austausches von Guanin durch Thymidin an Nukleotidposition 2343
erfolgt mittels Gelelektrophorese der allelspezifischen PCR-Produkte.
Exon 12 des Janus Kinase 2 (JAK2)-Gens wird mittels PCR amplifiziert und doppelsträngig sequenziert, um Punktmutationen zu detektieren.
- Mutationen im Myeloproliferativen-Leukämie-Virus-Onkogen (MPL):
Aus einer Blutprobe werden mittels Magnet-Beads Granulozyten isoliert und DNA extrahiert. Für eine gesicherte Aussage sollte der Anteil der isolierten Granulozyten 95-100%
der Gesamtleukozytenzahl betragen. Exon 10 des MPL-Gens wird mittels PCR amplifiziert und doppelsträngig sequenziert, um Punktmutationen zu detektieren.
- Expression des Polycythämia rubra vera-1 (PRV-1)-Gens:
Aus einer Blutprobe werden mittels Magnet-Beads Granulozyten isoliert, Gesamt-RNA
extrahiert und die RNA durch quantitative RT-PCR auf die Expression des Polycythämia
rubra vera-1 (PRV-1)-Gens untersucht. Für eine gesicherte Aussage sollte der Anteil der
isolierten Granulozyten 95-100% der Gesamtleukozytenzahl betragen. Als Referenz für
die relative Quantifizierung der PRV-1-Transkripte dient die Expression von
Glycerinaldehyd-3-Phosphatdehydrogenase (GAPDH). Die Quantifizierung der PRV-1Expression ist jedoch kein absolut spezifischer Marker und kann nur in Verbindung mit
dem klinischen Bild sowie anderen diagnostischen Kriterien für die Diagnose einer
Polycythämia vera herangezogen werden.
Dauer der Untersuchung
ca. 2 Wochen nach Probeneingang
Literatur
Lambert et al. 2007 Schweiz Med Forum, 7:11-13 / Ganten und Ruckpaul:
Molekularmedizinische Grundlagen von hämatologischen Neoplasien. Heidelberg 2003, S.
273 / Tefferi et al., 2008 Leukemia, 22:14-22 / Pietra et al. 2008, Blood 111:1686 / Li et al.
2008, Blood 111:3863 / Scott et al., 2007 NEJM 356:459-468 / Williams et al., 2007 Exp
Hematol. 35:1641-1646 / Koppikar et al. 2008 Acta Haematol, 119:218 / Kilpivaara et al.,
2008 Leukemia, 22:P106-P110 / Chaligne et al., 2008 Leukemia 22: 1557-1566 / Sirhan et
al., 2005 Haematologica, 90: 406-408 / Kralovics, 2008 Leukemia, 22:1841-1848 / Gunn et
al, J Mol Diagn 10(5): 442-51 (2008)
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