4. Tag: Quantenmechanisches Atommodell 1 4. Tag: Quantenmechanisches Atommodell 1. Quantenmechanik Ein Quant ist die kleinste Einheit einer physikalischen Größe, die ein System aufnehmen oder abgeben kann. So ist z.B. ein Energiequant der kleinste Energiebetrag, den ein System aufnehmen kann. In der klassischen Physik kann dieser Betrag beliebig klein sein. Die Quantenmechanik sagt uns dagegen, dass die Größe eines Quants (durch das betrachtete System und seinen Zustand) festgelegt ist. Die Bezeichnung Quant kommt von dem lateinischen Wort „quantum“ für „Menge“. Diese Quantelung der Energie macht den sogenannten Welle-Teilchen-Dualismus sehr deutlich. Mit der Quantenmechanik etablierte sich die Sichtweise, dass Materie und Strahlung einen dualen Charakter besitzen. Mit diesem Dualismus meint man, dass Wellen (Strahlung) auch Verhalten zeigen, das bisher als charakteristisch für Teilchen galt und umgekehrt. 2. Die Schwächen des Bohrschen Atommodells Die Einsicht, dass Energie nur in diskreten Paketen übertragen werden kann, geht auf Max Planck zurück. 1913 wendete Niels Bohr das Konzept der Quanten auf die Berechnung der Energieniveaus im atomaren Wasserstoff an. Es handelte sich hierbei um ein geniales Flickwerk von Konzepten der klassischen Physik und der Quantenphysik. Die Quantentheorie widerspricht diesem Modell jedoch in einigen grundsätzlichen Punkten: • Werner Heisenberg zeigte 1927, dass es unmöglich ist, Ort und Impuls eines Teilchens gleichzeitig genau zu bestimmen (Heisenbergsche Unschärferelation). Dies ist jedoch die Grundlage des Bohrschen Atommodells: Es schreibt den Elektronen exakte Kreisbahnen um den Kern vor, mit einem exakt definiertem Impuls (bzw. Energie). • Das Elektron kann auch am Kern selbst angetroffen werden. Dies ist nach dem Bohr-Modell verboten. • Im Grundzustand des Wasserstoffatoms ist der Bahndrehimpuls des Elektrons gleich null, daher kann es nicht die Zentrifugalkraft sein, die die Anziehung durch den positiv geladenen Kern ausgleicht. 3. Quantenmechanisches Atommodell Somit mußte das Bohrsches Atommodell falsch sein. Die Quantenmechanik ersetzte die exakte Bahn des Elektrons durch einen mathematischen Ausdruck, das Orbital. Ein Orbital ist die Wellenfunktion eines Elektrons. Es bringt damit zum Ausdruck, dass Materie (das Elektron) wie eine 4. Tag: Quantenmechanisches Atommodell 2 elektromagnetische Welle beschrieben werden kann. Sie gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der man ein Elektron an jedem Punkt in der Nähe eines Kerns finden kann. Der mathematische Ausdruck läßt sich durch Lösen der Schrödinger-Gleichung ermitteln. Dieser Ausdruck ist jedoch wenig anschaulich, und deshalb wird ein Orbital oft durch eine Grenzfläche dargestellt, innerhalb derer das Elektron eine bestimmte Aufenthaltswahrscheinlichkeit (typisch sind 90 Prozent) besitzt und entlang derer die Orbitalamplitude einen konstanten Wert hat. Die Lappen nicht kugelförmiger Orbitale sind durch Ebenen getrennt, in denen die Amplitude gleich Null ist. Diese Ebenen heißen Knotenebenen. Abbildung 1: Grenzflächendarstellung für das 1s-Orbital In Abbildung 1 ist die Grenzflächendarstellung für das Elektron eines Wasserstoffatoms im Grundzustand (energieärmster Zustand) dargestellt. Der Atomkern befindet sich im Ursprung des Achsenkreuzes, die Grenzfläche schließt 90% der Ladung des Elektrons ein. Die Schrödinger-Gleichung sagt aus, dass die Elektronen nicht beliebige Energien haben dürfen. Sie sagt damit indirekt aus, dass Orbitale nicht beliebige Form haben können. Um den Zustand des Elektrons in einem Wasserstoffatom genau zu spezifizieren (z.B. Aufenthaltsbereiche, Knotenflächen, Orientierung), benötigen wir laut der Schrödinger-Gleichung die vier Zahlen n, l, m und s. Diese vier Zahlen dürfen nur genau festgelegte Werte einnehmen. Da man dies als Quantelung bezeichnet, werden die Zahlen auch als Quantenzahlen bezeichnet. Tabelle 1: Die Quantenzahlen zur Beschreibung des Elektronenzustands am Wasserstoffatom Quantenzahl „Erlaubte“ Zahlen Was legt die Quantenzahl fest? Hauptquantenzahl n n = 1, 2, 3, 4 .... Gibt die Energie des Zustands an. Nebenquantenzahl l l = 0, 1, 2, .... , (n-1) Legt die Form des Orbitals fest. Magnetquantenzahl m m = ±0, ±1, ±2, ... ±l Bestimmt die Orientierung des oben genannten Orbitales. Spinmagnetquantenzahl s s=±½ Bestimmt die Elektronenspins. Orientierung des 4. Tag: Quantenmechanisches Atommodell 3 In der Tabelle 1 sind die vier Quantenzahlen zusammen mit den nach der Schrödinger-Gleichung erlaubten Zahlen aufgeführt. Die Hauptquantenzahl n legt die Energie des Elektrons fest. Sie bestimmt damit auch die Elektronenschale und den mittleren Abstand vom Atomkern. Die Nebenquantenzahl l (auch: Drehimpulsquantenzahl) gibt Auskunft über die Gestalt des Orbitals. Man unterscheidet je nach Nebenquantenzahl: • s-Orbitale (Nebenquantenzahl l = 0) • p-Orbitale (Nebenquantenzahl l = 1) • d-Orbitale (Nebenquantenzahl l = 2) • f-Orbitale (Nebenquantenzahl l = 3) Abbildung 2: Grenzflächendarstellung für 2p-Orbitale Abbildung 3: Grenzflächendarstellung für 3d-Orbitale 4. Tag: Quantenmechanisches Atommodell Magnetquantenzahl m: 4 Außerdem ist es verboten, die Orientierung der Orbitale beliebig zu wählen. Auch das ist eine Besonderheit der Quantenmechanik. Die Magnetquantenzahl m beschreibt die Orientierung des Orbitals im Raum. Spinquantenzahl s: Ein einzelnes Elektron ist ein kleiner Magnet; man kann dies durch die Annahme einer ständigen Drehung („Spin“) des Elektrons um seine eigene Achse deuten. Eine kreisende Ladung ist ein elektrischer Strom und erzeugt ein Magnetfeld. Die Spinquantenzahl kann nur einen von zwei Werten annehmen (+ 1/2 oder –1/2) 4. Pauli-Prinzip Nach dem Ausschließungsprinzip von Wolfgang Pauli dürfen keine 2 Elektronen in einem Atom in allen vier Quantenzahlen übereinstimmen. Wenn z.B. bei zwei Elektronen n, l und m übereinstimmen, müssen sie sich im Wert von s unterscheiden. Die beiden Elektronen haben entgegengesetzten Spin und besetzen das gleiche Orbital. (Man bezeichnet sie dann auch als gepaarte Elektronen.) Aus dem Pauli-Prinzip folgt direkt, dass jedes Orbital maximal mit 2 Elektronen gefüllt sein kann. 5. Orbitalbesetzung und die Hundsche Regel Die Verteilung der Elektronen eines Atoms auf die verschiedenen Orbitale nennt man die Elektronenkonfiguration des Atoms. Die Elektronenkonfiguration für den Grundzustand, d.h. energieärmsten Zustand wird nach folgenden Regeln ermittelt: • Die Elektronen besetzen stets die energieärmsten Orbitale. • Jedes Orbital wird mit maximal zwei Elektronen gefüllt. (Pauli-Prinzip) • Existieren mehrere entartete (d.h. energiegleiche) Orbitale, so verteilen sich die Elektronen auf diese Orbitale so, dass eine maximale Zahl von ungepaarten Elektronen mit parallelem Spin resultiert. Paralleler Spin bedeutet gleiche Richtung des Spins aller ungepaarten Elektronen (oder auch: gleiche Werte für die Spinquantenzahlen). Dies ist die Hundsche Regel der maximalen Multiplizität. Sie ist eine Folge der negativen Ladung der Elektronen, die sich abstoßen. Beispiel: N 7 ; 7 Elektronen ; Elektronenkonfiguration: 1s22s22p3 6. Literatur [1] P.W. Atkins: Quanten. VCH Verlagsgesellschaft, Weinheim (1993) [2] C.E. Mortimer: Chemie – Das Basiswissen der Chemie. Thieme Verlag, Stuttgart, 5. Auflage (1987)