Akademieprojekt „Griechische Mythen in unserer Sprache“ http://s295.beta.photobucket.com/user/museion/media/HP/Navigation/griechen.gif.html Magdalena Barth Klasse 8c Theresia-Gerhardinger-Gymnasium am Anger 1 1 Inhalt 1. Begegnung mit der griechischen Mythologie im Alltag ................................................. 3 2. Griechische Mythen in der deutschen Sprache ............................................................. 6 2.1. Der Zankapfel ................................................................................................................. 6 2.2. Der Trojaner .................................................................................................................... 8 2.3. Die Achillesferse ........................................................................................................... 10 2.4. Der Mentor .................................................................................................................... 12 2.5. Jemanden bezirzen ...................................................................................................... 14 2.6. Die Sisyphosarbeit/-aufgabe ...................................................................................... 16 2.7. Die Tantalusqualen ...................................................................................................... 18 3. Redewendungen aus der griechischen Mythologie in anderen Ländern ................. 20 4. Quellenangaben ............................................................................................................... 22 5. Mail-Auskünfte .................................................................................................................. 22 2 1. Begegnung mit der griechischen Mythologie im Alltag Wenn ich in München unterwegs bin, brauche ich mich nur genau umsehen, um altgriechische Kultur zu entdecken. Der Königsplatz mit der Glyptothek und den Propyläen erinnert an die Akropolis in Athen. Aber die alten Griechen haben sich nicht nur in Gebäuden und Denkmälern, Statuen und Tempeln, Vasen und Gemälden verewigt. In der Süddeutschen Zeitung vom 19.10.2012 konnte ich zum Beispiel lesen, dass die Firma RWE den Preis „Prom des Jahres“ verleiht. Wie mir die RWE Energiedienstleistungen GmbH auf Nachfrage mitgeteilt hat, steht dafür Prometheus Pate. Dieser hat laut der griechischen erschaffen, Sage den die Göttern Menschen das Feuer gestohlen und es zu den Menschen gebracht. Mit dieser Namensgebung möchte laut dem dortigen Projektleiter, Dr. Kurt E. Becker, RWE „zum einen einen Hinweis geben auf die großen Zusammenhänge […] Zum unserer Zivilisation. anderen möchten wir [RWE] aber auch darauf verweisen, dass mit diesem Geschenk die Verpflichtung zum „Maßhalten“ in energetischen Fragen Abbildung 1A verbunden ist“1 (Energieeffizienz). Diese Energie müssen wir auch heute schützen und bewahren. Daher wird der „Prom des Jahres“ als Preis für Nachhaltigkeit bei Immobilien verliehen. 1 A Prom des Jahres, Mail-Auskunft http://www.zub-kassel.de/files/images/projekte/prom2008/pokal.jpg 3 Sogar beim Einkaufen stoße ich bei Firmennamen auf die griechische Mythologie: u.a. Demeter und Nike. „Demeter ist der Verband für Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise und organisiert Demeter-Bauern, -Verarbeiter und –Handel“2. Dabei nennt sich, wie mir von der Pressestelle von Demeter e.V. mitgeteilt wurde, der Verband nach der griechischen Göttin Demeter. Diese altgriechische Fruchtbarkeitsgöttin war einst für das Wachsen und Gedeihen auf den Feldern verantwortlich. Der Demeter-Verband achtet durch den Verzicht von synthetischen Dünger und chemischen Pflanzenschutzmittel auf eine gezielte Förderung der Lebensprozesse in Boden und in der Nahrung und drückt dies mit seiner Namensgebung auch nach außen aus.3 Die Firma Nike stellt Sportschuhe und Sportkleidung her. Der Firmenname geht auf 'Nike', die griechische Göttin des Sieges, der die römische Göttin Victoria entspricht, zurück. Wie ich von der Firma Nike erfahren habe, gab es das Firmenlogo schon, bevor ein passender wurde. Johnson Firmenname Dem fiel ergebnislosen gesucht Vertriebsleiter nach Jeff langen Überlegungen schließlich über Nacht die geflügelte Siegesgöttin Nike ein, über die er in einem griechischen Mythologiekurs gehört hatte. Da das Markenzeichen, der Haken, auch wie ein Flügel Abbildung 2 B aussah, einigten sie sich auf den Namen „Nike“.4 So stellt sich die Frage, ob die alten Griechen nicht auch heute noch in unserer Sprache präsent sind. Könnte es sein, dass wir oft nicht wissen, dass dieses Wort oder 2 Demeter e.V., Mail-Auskunft Vgl. Demeter e.V., Mail-Auskunft 4 Vgl. Nike, Mail-Auskunft B http://www.newmagicrunning.com/c/99-category/nike.jpg 3 4 jene Redewendung aus der griechischen Mythologie stammt, geschweige denn kennen wir überhaupt die dazugehörenden Sagen? Ich habe einige Redewendungen aus dem täglichen Sprachgebrauch ausgewählt und werde versuchen, den Zusammenhang mit der griechischen Mythologie herzustellen. 5 2. Griechische Mythen in der deutschen Sprache 2.1. Der Zankapfel Diese Überschriften in Verbindung mit Zankapfel kann ich oft zu Themen in der Politik und in der Wirtschaft lesen: • „HGAA bleibt noch lange Zankapfel zwischen Bayern und Österreich“ 5 • „Ein Zaun als Zankapfel“6 • „Betreuungsgeld bleibt Zankapfel“7 Abbildung 3 C 5 http://www.finanzen.ch/nachrichten/aktien/HGAA-bleibt-noch-lange-Zankapfel-zwischenBayern-und-Oesterreich-268596 6 http://www.fr-online.de/darmstadt/nachbarschaftsstreit-darmstadt-ein-zaun-alszankapfel,1472858,21108044.html 7 http://www.tagesschau.de/inland/koalitionsgipfel138.html C http://4.bp.blogspot.com/oHGj9PdrbHE/TaIjy0ZrRTI/AAAAAAAAArk/c9PG4DboQCA/s1600/Za nkapfel.jpg 6 Heute kommt der Begriff „Zankapfel“ sehr oft vor und bedeutet einen Streitpunkt, der meist nicht zur Zufriedenheit aller Beteiligten gelöst werden kann. Der Zankapfel ist hier der Anlass zum Streit oder der Gegenstand einer Auseinandersetzung. Diese Redewendung ist seit dem 16. Jahrhundert in der deutschen Sprache bekannt.8 Woher kommt das Wort aber? Thetis, eine Meernymphe und Göttin heiratete den Menschen Peleus. Aus dieser Verbindung ging der bekannte Krieger Achill hervor. Bei der Hochzeit seiner Eltern waren alle Götter und Göttinnen eingeladen. Nur Eris, die Göttin der Zwietracht und des Streites, war aus Angst, sie könnte die gute Stimmung verderben, nicht eingeladen worden. Als Göttin fand Eris natürlich trotzdem heraus, dass sie als einzige der Unsterblichen nicht zur Feier gebeten wurde. Sie nahm einen Apfel, auf dem stand: „Für die Schönste“. Diesen Apfel warf die Zornige als Rache unter die Feiernden. Tatsächlich gerieten dann auch Hera (Gattin des Zeus und Göttin der Ehe und Geburt), Athene (Göttin der Weisheit, des Handwerks, der Künste und Wissenschaften und des Krieges) und Aphrodite (Göttin der Liebe und Schönheit) in Streit darüber, wem von ihnen der Apfel als der Schönsten zustehe. So kam es, dass Zeus befahl, ein Sterblicher, nämlich Paris, solle diesen Zank beenden. 8 Vgl. Duden, S.939 7 2.2. Der Trojaner In der Zeitung und im Internet konnte ich in letzter Zeit wiederholt lesen: • „Trojaner sperrt PC und fordert Lösegeld: BSI9 warnt vor neuer Welle“10 • „Trojaner befällt tausende Rechner“ 11 • „Trojaner verbreitet sich in gefälschter Facebook-Mail“ 12 Abbildung 4 D In der IT gibt es Schadsoftware, die man Trojaner nennt. „Trojaner“ in der IT sind Programme, die vorgeben etwas anderes, unbedenkliches zu sein wie z.B. Fotos, 9 BSI: Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik http://www.teletarif.de/warnung-neuer-trojaner 11 http://www.taz.de/!85432/ 12 http://computer.t-online.de/trojaner-warnung-vorsicht-vor-gefaelschter D http://projekt-6g.homepage24.de/bilder/troja.jpg 10 8 Rezepte oder ähnliches. Tatsächlich verbirgt sich dahinter aber Schadsoftware mit verschiedenen Auswirkungen auf den eigenen Rechner oder das eigene Netzwerk. Woher kommt aber der Name? Im Trojanischen Krieg um die Stadt Troja wurde dieselbe zehn Jahre lang von den Griechen belagert. Die Griechen wollten Helena, die schönste Frau der Welt und Ehefrau vom König Menelaos, von den Trojanern zurückerobern. Die Göttin Aphrodite hatte Helena an den Prinzen Paris als Gegenleistung für den Gefallen, dass er ihr den Zankapfel zuerkannt hatte, verschenkt. Die Einwohner der Stadt Troja hatten ihrem jungen Prinzen Paris und Helena Unterschlupf gewährt. Damit zogen sie sich den Zorn von Helenas Gatten Menelaos zu, den zukünftigen König von Sparta. Obwohl die Griechen deutlich in der Überzahl waren, wurde es nichts mit dem schnellen Sieg über Troja. Stattdessen belagerten die Griechen die Stadt über neun Jahre erfolglos. Sehr viele tapfere Männer starben. Entschieden wurde der Krieg erst durch die List des klügsten Mannes der Welt, dem König von Ithaka, Odysseus. Er erfand das hölzerne Pferd, das die Griechen dann als Versöhnungsgeschenk an die Göttin Athene ausgaben. Dann täuschten sie die Abreise vor. Sie ließen nur das hölzerne „Geschenk“, in dem sich einige der tapfersten Krieger, unter ihnen auch Odysseus, versteckt hatten, zurück. Außerdem blieb auch ein Mann, der sich als Opfer auszugeben und sich unter das Volk der Trojaner zu mischen hatte, zurück. Der Plan ging auf: Der Grieche außerhalb des Pferdes erzählte den versammelten Trojanern eine erfundene Geschichte, in der er das trojanische Volk veranlasste, das Pferd in die Stadt zu ziehen. In der Nacht darauf segelten die versteckten Schiffe zurück, die Krieger stiegen aus dem hohlen Ross und öffneten ihren inzwischen zurückgekehrten Kameraden das Stadttor. Noch bevor die Trojaner wussten, was gespielt wurde, war die griechische Armee in die Stadt eingedrungen, hatte die Bewohner überwältigt und die Stadt zerstört. Obwohl das Trojanische Pferd eine hinterlistige Kriegswaffe war, muss man zugeben, dass sich Odysseus eine hervorragende List ausgedacht hatte. In unserer Sprache ist das Trojanische Pferd heute als Symbol für ein gelungenes Täuschungsmanöver eingegangen.13 13 Vgl. Schmeh, Klaus, S. 31 9 2.3. Die Achillesferse Mit der Achillesferse ist zum einen in der Medizin ein Körperteil und zum anderen eine Redewendung in unserer Sprache gemeint. So ist oft zu lesen: • „Das deutsche Finanzsystem: Achillesferse der Wirtschaft?“ von Siegfried Jaschinski, erschienen im Verlag Schäffer-Poeschel • „High-Tech ist die Achillesferse unserer Kultur“14 • „Logistik ist die Achillesferse der Online-Händler“ 15 Abbildung 5 E 14 http://www.energieleben.at/high-tech-ist-die-achillesferse-unserer-kultur/ http://www.salesbusiness.de/Nachrichten/172/5544/Logistik-ist-die-Achillesferse-der- OnlineHaendler.html E http://www.hellenica.de/Griechenland/Mythos/Bild/Achilleion.jpg 15 10 Als Redewendung bezeichnet die Achillesferse eine oder die einzig verwundbare oder schwache Stelle eines Systems, eines Menschen oder einer Taktik. „Achillesferse“ ist ein rhetorisches Mittel, eine Metapher, und seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts in der deutschen Sprache nachgewiesen.16 Was hat aber die Achillesferse mit Achill zu tun und woher stammt diese Redewendung? Achill ist der Sohn der Meeresgöttin Thetis und des sterblichen Mannes Peleus. Seine Mutter wollte ihn unverwundbar machen und tauchte ihn in den Styx, den Fluss zur Unterwelt. Dabei hielt sie ihren Sohn Achill an der Ferse fest, welche damit als einziger Körperteil nicht vom Styx benetzt wurde und damit als einziger Körperteil verletzlich blieb. Achill war im Trojanischen Krieg auf der Seite der Griechen mit dabei. Einmal beleidigte Agamemnon, der Anführer der Griechen, den jungen Krieger so, dass Achill erst wieder mitkämpfte, als sein bester Freund Patroklos getötet wurde. Achill tötete Hektor, den Mörder seines Freundes, und wollte Troja sofort einnehmen. Aus Furcht um Troja schoss der Gott Apoll daraufhin Achill einen Pfeil in die rechte Ferse. Sie war die einzige Stelle, an welcher der Sagenheld Achill verwundbar war. An dieser Verletzung starb der Königssohn. Es gibt aber unterschiedliche Überlieferungen, wer den Pfeil abschoss. In Schwabs Sagen schießt Apoll den Pfeil. Andere Quellen behaupten, Paris schießt einen Pfeil ab, der von Apoll gelenkt wird. Allein an einer Wunde an der Ferse zu sterben, ist aber laut einer Ärztin eher unwahrscheinlich. So wäre hier als Todesursache nur eine Blutvergiftung denkbar. So ein Tod von Achill ist also nur in der Mythologie möglich. 16 Vgl. Duden, S. 19 11 2.4. Der Mentor • „Lena Meyer-Landrut siegte nicht zuletzt mit Hilfe ihres Mentors Stefan Raab beim Eurovision Song Contest 2010.“17 • „Mentorin oder Mentor können Studierende höherer Fachsemester (mindestens im 3. Fachsemester) werden.“18 Abbildung 6 F Ein Mentor ist eine Person, die jemanden unterstützt und hilft und es gut mit ihm meint. Er gibt wertvolle Tipps oder hilft bei der Lösung eines Problems. „Mentoren“ spielen in der Wirtschaft aber auch in der Politik eine große Rolle. Dabei gibt eine erfahrene Person (Mentor) ihr fachliches Wissen oder ihr Erfahrungswissen an eine diesbezüglich noch unerfahrene Person (Mentee oder Protegé) weiter. Diesen Wissenstransfer nennt man Mentoring.19 Mentoring-Programme gibt es z.B. an der TU 17 http://www.welt.de/wirtschaft/karriere/junge-profis/article13797670/Ein-Mentor-ist-wie-Dopingfuer-die-Karriere.html 18 http://www.fu-berlin.de/sites/qualitaetspakt/mentoring/mentor/index.html F http://www.hellenica.de/Griechenland/Mythos/Bild/TelemachusMentor.jpg 19 Vgl. Wikipedia, Mentoring 12 München. Sie sollen den Studierenden helfen, ihre Kompetenzen zu erweitern und ihre Persönlichkeit zu entwickeln. Das Fremdwort ist in deutschen Texten bereits seit dem 18. Jahrhundert nachgewiesen.20 Wer war Mentor aber in der griechischen Mythologie wirklich? Als Fürst Odysseus von Ithaka nach Troja zog, übernahm Mentor, ein alter Freund des Fürsten, die Erziehung von Telemachos. Dieser ist der Sohn von Odysseus und Penelope, der Schwester von Helena. Mentor wurde damit zum Ziehvater des Fürstensohns während der langen Abwesenheit von Odysseus durch den Trojanischen Krieg und die berühmten „Irrfahrten“. Er kümmerte sich liebevoll und gewissenhaft um ihn. Er erzog ihn gut und Telemachos wurde ein guter und ernsthafter junger Mann. Auch die Göttin Athene, die Schutzherrin des Odysseus, kam zu Telemachos. Sie war immer auf der Seite des Odysseus und wusste, dass sein Sohn ihm sehr wichtig war. Sie half ihm in der Gestalt von Mentor, dem Telemachos bedingungslos vertraute. Athene riet Telemachos zu einer Reise, um etwas über das Schicksal seines Vaters herauszufinden. Sie begleitete ihn die ganze Zeit und passte auf ihn auf. So bekam Mentor auch die Spuren einer Ziehmutter.21 In diesem Zusammenhang bin ich auch auf den Mentor Verlag gestoßen. Auf meine Nachfrage hat mir der Verlag mitgeteilt, dass sie diesen Namen gewählt haben, denn er „passt wunderbar zu einem Verlag, der Lernhilfen für Schüler erstellt, also wirklich im Sinne eines „Mentors“ Schüler beim selbstständigen Lernen unterstützt. [..] Der Mentor Verlag wurde schon 1905 als eigener Verlag innerhalb der Langenscheidt Verlagsgruppe von Carl Langenscheidt gegründet […und] publizierte schon damals Bücher zu den unterschiedlichsten Schulfächern, um Schüler zu unterstützen.“22 Abbildung 7 G 20 Vgl. Duden, S. 521 Vgl. Schmeh, Klaus, S. 40 22 Mentor-Verlag, Mail-Auskunft G Mentor-Verlag 21 13 2.5. Jemanden bezirzen Im Internet habe ich in letzter Zeit folgende Nachrichten entdeckt: • „Doch Ackermann wäre nicht Ackermann, wenn er es nicht schaffen würde zu bezirzen.“23 • „Die Abgründe der See bezirzen alle Sinne“24 Abbildung 6 H Heute bedeutet „jemanden bezirzen“ nichts anderes als jemanden zu verzaubern und ihn um den Finger zu wickeln. Dieser umgangssprachliche Ausdruck ist seit der Mitte 23 http://www.wallstreetjournal.de/article/SB10001424052702303552104577438270139006482.h tml 24 http://webmoritz.de/2012/11/29/die-abgrunde-der-see-bezirzen-alle-sinne/ H http://p4.focus.de/img/gen/m/q/HBmqXhzx_Pxgen_r_Ax541.jpg 14 des 20. Jahrhunderts in der deutschen Sprache bekannt.25 „Bezirzen“ hat seinen Ursprung in der griechischen Mythologie von der Zauberin Circe. Nach dem Trojanischen Krieg geriet Athene wegen dem Griechen Ajax in Zorn. Dieser hatte die Priesterin der Göttin, die Königstochter und Seherin Kassandra, im Heiligtum der Athene in der Stadt vom Altar weggezerrt, sie verletzt und misshandelt. Aus Zorn darüber schickte sie einen großen Sturm, bei dem Poseidon sie unterstützte. Viele Schiffe versanken im Meer. Nur wenige kamen aus dem Sturm heraus, wie zum Beispiel die Schiffe von Agamemnon, Helena und Menelaos und die Schiffe des Odysseus. Noch weniger kamen überhaupt zu Hause an. Und wenn, dann erst nach langen Irrfahrten. Bei den Irrfahrten des Odysseus kam er auch zu der Zauberin Circe. Sie verwandelte alle seine Freunde in Schweine, und Odysseus, der durch ein Kraut des Hermes geschützt war, musste seine Gefährten befreien. Circe hatte sich in den klugen Odysseus verliebt, der auf sämtlichen Bildern immer sehr elegant dargestellt wird, und wollte ihn heiraten. Deshalb versuchte sie, ihn um den Finger zu wickeln und zu verzaubern. Sie wollte, dass er seine Heimat, seine Frau Penelope und seinen Sohn Telemachos vergisst. Doch Odysseus blieb seiner Frau treu und widerstand Circe. Schließlich erbarmten sich die Götter und Zeus schickte Hermes mit dem Befehl an Circe, Odysseus gehen zu lassen. 25 Vgl. Duden, S. 93 15 2.6. Die Sisyphosarbeit/-aufgabe Sisyphos kommt in unserer heutigen Sprache in verschiedenen Wortzusammensetzungen vor: • „Sisyphusland“(SZ-Artikel vom 05.11.2012) über das leidgeplagte Haiti • „Japans gefährliche Sisyphosarbeit“ 26 • „Marine-Einsatz vor Somalia: mehr als eine Sisyphusarbeit?“ 27 Abbildung 7 J 26 http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/asien-und-ozeanien/Japans-gefaehrlicheSisyphusarbeit--/story/10452176 27 http://www.diw.de/sixcms/detail.php?id=diw_01.c.368562.de J http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e0/Franz_Von_Stuck_-_Sisyphus.jpg 16 Heute verwenden wir die Redewendung Sisyphosarbeit für eine, trotz großer Mühe, unlösbare Aufgabe. Es ist direkt aus der griechischen Mythologie übernommen! Sisyphos hatte die Götter verärgert, indem er ihre Geheimnisse anderen Göttern verraten hatte. Außerdem hat er den Tod gefangengenommen, als der ihn holen wollte. Nur durch Ares, den Kriegsgott, wurde der Tod wieder befreit und Sisyphos starb. Nichtsdestotrotz überlistete Sisyphos Ares und kehrte in die Welt der Lebenden zurück. Als er dann zum zweiten Mal gestorben war, musste er zur Strafe im Tartarus einen sehr schweren Stein auf einen sehr steilen Berg rollen. Doch die Götter wollten es ihm nicht einfach machen. Sie ließen den großen Stein immer, wenn er fast oben angekommen war, wieder nach unten rollen. Zuerst war Sisyphos noch nicht erschöpft und machte einfach weiter. Doch es wollte und wollte einfach nicht gelingen, den Stein nach oben zu wälzen und so versuchte er es immer und immer wieder. Er musste die Aufgabe ja schließlich lösen. Doch auch nach vielen Versuchen klappte es nicht. In dem Zeitungsartikel „Sisyphusland“ wird über das Land Haiti berichtet, das von einer Katastrophe in die nächste gerät: Zuerst das Erdbeben, dann die Cholera und nun auch noch der Hurrikan „Sandy“, der zu Überschwemmungen führte und Ernten vernichtete. „Es ist eine Sisyphusarbeit. Kaum erholt sich Haiti ein wenig von seinen Schicksalsschlägen, schon kommt die nächste biblische Plage daher.“28. Meiner Meinung nach passt dieser Vergleich sehr gut, da es Haiti wie Sisyphos ergeht. Kaum hat Haiti mit den Aufräumarbeiten begonnen und eine Besserung wäre in Sicht, trifft sie schon die nächste Zerstörungswelle und das Land muss wie Sisyphos von neuem beginnen. 28 SZ vom 05.11.2012, S.10, „Sisyphusland“ von Peter Burghardt 17 2.7. Die Tantalusqualen Bei meiner Internetrecherche habe ich folgende Headlines entdeckt: • „Tantalusqualen beim Kauf eines Mobiltelefons?“ 29 • „Die Tantalusqualen der Malerei“ 30 Abbildung 8 K Heute bedeuten Tantalusqualen, genauso wie damals, unendliche Wünsche oder Sehnsüchte, die man nicht befriedigen kann, obwohl die Erfüllung schon vor Augen ist.31 29 http://www.heise.de/tp/artikel/7/7318/1.html http://www.suedkurier.de/region/bodenseekreis-oberschwaben/friedrichshafen/DieTantalusqualen-der-Malerei;art372474,4227755 31 Vgl. Maier, Friedrich, S. 75 K http://lisaleaks.files.wordpress.com/2012/11/tantalus.jpg 30 18 Woher kommt das aber? Tantalos war ein Sohn des Zeus und ein mächtiger und reicher König. Bei den Göttern war er so beliebt, dass ihm eine ganz besondere Ehre zuteil wurde: er durfte mit den Göttern am Tisch sitzen, essen und ihre Gespräche hören. Doch er stahl Essen, verteilte es an die Menschen und plauderte die Geheimnisse aus. Doch damit nicht genug. Er lud die Götter zu einem Essen ein und ärgerte sie, indem er seinen Sohn geschlachtet, zerstückelt und ihn den Göttern gebraten vorgesetzt hatte, um ihre Allwissenheit zu prüfen. Nur Demeter, die um ihre Tochter Persephone trauerte, aß gedankenlos etwas. Persephone war ein uneheliches Kind des Zeus, der es ohne das Wissen der Mutter seinem Bruder Hades versprochen hatte. Als der sie nun entführte, versank Demeter in tiefe Trauer, sodass sie das Schulterblatt des Sohnes von Tantalos aß. Die Götter setzten mitleidig das Kind wieder zusammen und ersetzten das fehlende Schulterblatt durch eines aus Elfenbein. Dann zogen sie sich zurück und schworen Tantalos Rache. Nachdem er gestorben war, kam er in den Tartaros, einen Teil im Hades und „Ort der Strafe für die Schwerstverbrecher“32. Er stand angekettet an einen Baum bis zum Hals in Wasser und über ihm ächzte ein Baum unter der Last seiner vielen Früchte. Tantalos litt aber unter schrecklichem Hunger und Durst. Denn immer, wenn er sich bückte, um zu trinken, floss das Wasser ab und wenn er sich streckte, um zu essen, dann kam ein Windstoß und blies die tief hängenden Äste aus seiner Reichweite. Er erlitt schlimmste Qualen, obwohl die Erlösung so nahe gewesen wäre. Mit „Tantalusqualen“ meint Katja Seefeld in ihrem Artikel “Tantalusqualen beim Kauf eines Mobiltelfons?“ die moralischen Qualen, die entstehen (sollten), wenn man ein Handy kauft. In Handys wird nämlich das Metall „Tantal“ verarbeitet, durch dessen Verkaufserlöse angeblich die Bürgerkriege im Kongo finanziert werden. Ich finde, dass hier keine Tantalusqualen im eigentlichen Sinne gemeint sind, denn dazu müsste eine Lösung schon sichtbar, aber doch unerreichbar sein. Generell fällt auf, dass die Redewendung „Tantalusqualen“ oft im übersteigerten Sinn verwendet wird. 32 Maier, Friedrich, S. 72 19 3. Redewendungen aus der griechischen Mythologie in anderen Ländern Sind diese Redewendungen aus der griechischen Mythologie aber nur in der deutschen Sprache vertreten? Meine Nachforschungen im Internet und bei Muttersprachlern haben ergeben, dass es sie nicht nur im Deutschen, sondern im gesamten europäischen Raum, wie zum Beispiel im Englischen, Französischen, Italienischen, Spanischen und im Portugiesischen gibt. Interessant ist aber, dass einzelne Redensarten auch im außereuropäischen Raum vorkommen, wie zum Beispiel im Russischen, Chinesischen und im Japanischen. So heißt zum Beispiel „Zankapfel“ im Englischen „apple of discord“. Im Französischen sagt man zu einem Zankapfel „pomme de discorde“, im Italienischen "pomo della discordia“, im Spanischen „manzana de la discordia“. Im Gegensatz zum Deutschen wird hier überall der römische Name der Göttin „Discordia“ verwendet. Auch im Russischen ist mit „яблоко раздора“ die Redewendung Zankapfel vertreten. In Deutschland ist der Zankapfel gebräuchlicher als Erisapfel, der auf die griechische Göttin „Eris“ Bezug nimmt. Der Trojaner wird „Trojan“ (Englisch), „troiano“ oder „virus troiano“ (Italienisch) oder „troyen“ (Französisch) genannt. Auch gibt es den „Trojaner“ auf Russisch und auf Spanisch. Sogar im Libanon verbindet man mit dem Begriff „Trojaner“ Tricksereien. Die Achillesferse ist im gesamten europäischen Sprachgebrauch vertreten. Sogar im Japanischen und Russischen ist diese Redewendung bekannt. Der Mentor heißt auf Französisch „avoir un mentor“, auf Schwedisch „mentor“. Er ist auch im Italienischen und sogar im Chinesischen (指導者) vertreten. Jemanden bezirzen heißt auf Englisch „bewitch“, auf Italienisch „ammaliare“ oder „abbindolare“ und auf Schwedisch „charma“ oder „tjusa“. Er ist auch im Französischen und im Ungarischen bekannt. Aber leider fehlt hier überall der sprachliche Bezug auf die Zauberin Circe, wie es im Deutschen so auffällig ist. 20 Auch Sisyphosaufgabe und Tantalusqualen sind im europäischen Sprachgebrauch vertreten. Ob allerdings diese Redewendungen in den anderen Ländern auch so tief im Sprachgebrauch verwurzelt sind wie im Deutschen, konnte ich nicht herausfinden. 21 4. Quellenangaben 1. Schwab, Gustav: Sagen des klassischen Altertums, Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig 2001, ISBN 978-3-458-34492-6 2. Schmeh, Klaus: Das trojanische Pferd – Klassische Mythen erklärt, Rudolf Haufe Verlag GmbH & Co. KG 2007, ISBN 978-3-448-08055-1 3. Maier, Friedrich: Geflügelte Worte aus der Antike, C.C. Buchners Verlag, Bamberg 2010, ISBN 978-3-7661-5988-5 4. Duden: Das Herkunftswörterbuch, 4. Auflage, 2007, ISBN 978-3-411-04074-2 5. Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Mentoring 6. Wiktionary http://de.wiktionary.org/wiki/Achillesferse http://de.wiktionary.org/wiki/Zankapfel http://de.wiktionary.org/wiki/Trojaner http://de.wiktionary.org/wiki/Mentor http://de.wiktionary.org/wiki/bezirzen 5. Mail-Auskünfte 1. Mail vom 05.11.2012 Prom des Jahres 2. Mail vom 26.11.2012 Demeter 3. Mail vom 18.12.2012 Nike 4. Mail vom 02.01.2013 Mentor Verlag 22