Kap. IV : Einiges aus Mengenlehre und Modelltheorie §20 Eine

Werbung
Math. Logik IV.20
Kap. IV : Einiges aus Mengenlehre und Modelltheorie
§20 Eine Axiomatisierung der Mengenlehre
20.1 In seinem Hauptwerk
Cantor, G.: Beiträge zu Begründung der transfiniten Mengenlehre, Math.Ann. 46 (1895) ,
481-512, 49 (1897), 207-246 (s. Ges. Abh. S.282)
gab Georg Cantor (1845-1918) seine berühmte Beschreibung einer Menge:
Unter einer "Menge" verstehen wir jede Zusammenfassung M von bestimmten
wohlunterschiedenen Objekten unserer Anschauung oder unseres Denkens (welche die
"Elemente" von M genannt werden) zu einem Ganzen.
Man kann diese "Definition" in folgendem Sinne zu präzisieren versuchen:
Zu jeder Eigenschaft E(x) existiert die Menge M aller Objekte x
mit der Eigenschaft E(x):
M = {x: E(x) }.
E. Zermelos Erklärung des Begriffes Eigenschaft als definite Eigenschaft wurde von A.
Fraenkel und Th. Skolem dahingehend präzisiert, dass Eigenschaften als Ausdrücke einer
bestimmten formalen Sprache festzulegen sind. Diese Sprache, L ZF , besitzt als einziges nichtlogisches Zeichen ein 2-stelliges Prädikat ∈ für die Elementbeziehung. Die CANTORsche
Definition kann nun als Forderung präzisiert werden:
∃y ∀x ( x ∈ y ↔
Komprehensionsaxiom:
ϕ(x,....) )
wobei ϕ (x,....) eine beliebige Formel ist, in welcher y nicht vorkommt.
Dieses Axiom (eigentlich ein Axiomenschema, da es aus unendlich vielen Axiomen besteht) ist
nun aber widerspruchsvoll:
20.2 RUSSELLsche Antinomie (1903):
Wählt man für ϕ(x) die Formel x ∉ x, so liefert das Komprehensionsaxiom die Existenz einer
Menge r mit
∀x ( x ∈ r ↔ r ∉ r ) , insbesondere gilt für x = r:
r∈r ↔ r∉r ,
Widerspruch!
Ähnliche Widersprüche erhält man, wenn man für
"x = x"
ϕ(x) die Formel
(Antinomie der "Menge aller Mengen" von CANTOR)
"x ist Kardinalzahl"
(Antinomie von CANTOR (um 1899, publiziert erst 1932))
"x ist Ordinalzahl" (Antinomie von CANTOR (1895) und BURALI-FORTI (1897))
IV.67
Math. Logik IV.20
wählt, wobei man noch einige Schritte in der Anwendung der Theorie durchführen muss um zum
Widerspruch zu gelangen, während die Antinomie von RUSSELL (die um die gleiche Zeit auch
bereits ZERMELO bekannt war) sehr elementar - und daher besonders beeindruckend - ist.
20.3 Auswege
a) RUSSELLsche Typentheorie: Das Komprehensionsaxiom wird eingeschränkt. Zur Vermeidung
eines circulus vitiosus darf bei der Definition der Menge y durch die Eigenschaft ϕ (x) nicht
auf einen Bereich Bezug genommen werden, dem dieses y selbst angehört. Man nimmt eine
Stufeneinteilung vor: x0 , x1 , . . und vereinbart, dass xn ∈ xm nur erlaubt ist, wenn m = n+1.
Das Komprehensionsaxiom hat dann die Form
∃yn+1 ∀xn ( xn ∈ yn+1 ↔ ϕ(xn) ).
Da die Bildung von rn ∉ rn nicht mehr erlaubt ist, ist die RUSSELLsche Antinomie nicht mehr
formulierbar. Dieses prädikative Komprehensionsaxiom schränkt die Mengenbildung jedoch
stark ein; die Idee eines stufenweisen Aufbaus der Mengenlehre werden wir jedoch auch in der
ZF-Mengenlehre wieder finden.
b) ZERMELOsches Aussonderungsaxiom: Das Komprehensionsaxiom wird eingeschränkt auf die
Bildung von Teilmengen einer bereits gegebenen Menge a:
Aussonderungsaxiom:
(AusS)
∃ y ∀ x ( x ∈ y ↔ x ∈ a ∧ ϕ(x,....) )
Um dieses Axiom anwenden zu können, müssen wir die Menge a , aus welcher mittels der
Eigenschaft
ϕ
eine Teilmenge ausgesondert wird, bereits haben - weitere Axiome sind
erforderlich! Versucht man erneut, die RUSSELLsche Antinomie abzuleiten, so erhält man die
Existenz einer Menge r mit
r ∈ r ↔ r ∈ a ∧ r ∉ r, also
• es gibt keine "Menge aller Mengen" (für a eingesetzt, erhielte man den RUSSELLschen
Widerspruch),
• es gibt eine "leere" Menge (setze für ϕ(x) ein: x ≠ x und für a irgendeine Menge).
c) Unterscheidung zwischen Mengen und Klassen (von NEUMANN, GÖDEL, BERNAYS): Man
lässt eine (mehr oder weniger beschränkte) Komprehension von Mengen zu, das Ergebnis ist
dann aber nicht notwendig wieder eine Menge, sondern zunächst eine Klasse {x|ϕ (x)}. So kann
man für die Formeln von 20.2 bilden:
die RUSSELLsche Klasse
R = {x| x ∉ x },
die Klasse aller Mengen
V = {x| x = x },
die Klasse aller Ordinalzahlen
On = {x| x ist Ordinalzahl},
die Klasse aller Kardinalzahlen, u.s.w.
IV.68
Math. Logik IV.20
Das Auftreten von Antinomien wird nun dadurch vermieden, dass diese Klassen keine Mengen
sind - die Frage, ob etwa R ∈ R oder R ∉ R , wird gar nicht erst zugelassen, bzw. erst unter
der Annahme sinnvoll, dass
(+) die Klasse R eine Menge r
ist. Die RUSSELLsche Klasse führt jetzt nur zum Widerspruch mit der Annahme (+), mithin
ergibt sich als Ergebnis, dass R keine Menge ist! Ebenso lassen die anderen Antinomien in der
jetzigen Formulierung die Folgerung zu, dass bestimmte Klassen keine Mengen sind.
Andererseits gibt es andere "harmlose" Klassen, von denen man problemlos annehmen kann,
dass sie Mengen sind, z.B.
{x| x ≠ x } (leere Klasse)
{x| x = a } (Einermenge {a}),
{x| x ∈ a } (die Menge a als Klasse aller Elemente von a), u.s.w.
Die verschiedenen Axiomensysteme der Mengenlehre unterscheiden sich weniger in dem jeweils
zugelassenen Bereich von Mengen als in dem Status, den sie den Klassen einräumen:
• ohne Klassen:
das Axiomensystem ZF von ZERMELO-FRAENKEL
• mit eliminierbaren
Klassen ("virtuelle Klassen" (QUINE)):
das Axiomensystem ZF von ZERMELO-FRAENKEL in einer erweiterten ZF-Sprache, die
Klassenterme zuläßt, welche aber eliminierbar sind
• mit freien Klassenvariablen:
das Axiomensystem von BERNAYS
• mit freien und gebundenen Klassenvariablen, aber nur prädikativen Klassen:
das
Axiomensystem
NBG
(von
NEUMANN-GÖDEL-BERNAYS),
hier
hat
das
Komprehensionsaxiom die Form
∃Y ∀x ( x ∈ Y ↔ ϕ(x,...., A,....) ) ,
wobei jetzt A, B,..., X,Y,...Klassen bezeichnen (x,y,... weiterhin Mengen) und
ϕ (x,....) eine
Eigenschaft von Mengen ist (möglicherweise mit Klassen als Parametern - prädikative Form).
• Klassen, ernst genommen (imprädikativ):
das Axiomensystem QM von QUINE-MORSE mit dem Komprehensionsaxiom wie oben, aber
jetzt werden auch Formeln zugelassen, die Quantifikationen über Klassen enthalten; in diesem
System lassen sich mehr Aussagen über Mengen beweisen als in NBG!
• neben Klassen und Mengen auch noch Halbmengen:
die alternative Mengenlehre von VOPENKA.
Neben der Entscheidung, welchen existentiellen Wert man den Klassen einräumen soll, bleibt
als Hauptproblem die Frage: welche Mengen existieren - bzw.: welche Eigenschaften definieren
Mengen - oder (wenn wir ein allgemeines Komprehensionsprinzip für Klassen zugrunde
legen): welche Klassen führen zu Mengen?
IV.69
Math. Logik IV.20
Im folgenden werden wir eine Axiomatisierung der Mengenlehre ZF nach ZERMELO und
FRAENKEL skizzieren, dabei aber Ideen von
Scott, D.: Axiomatizing Set Theory, in: Axiomatic Set Theory, Proc. AMS Symposia in Pure
Math. 13,2 (1971), 207-214
folgen, welche den Aufbau von Mengen mittels Stufen von Mengen axiomatisiert (vgl. 20.3.a).
Die Sprache des SCOTTschen Axiomensystems S ist die Sprache von ZF (also die Sprache des
∈
Prädikatenkalküls mit der Elementbeziehung
als einzigem nicht-logischen Zeichen),
ergänzt um Variable S, S´, S´´, . . für die Stufen.
20.4 Basis-Axiome von S
∀ S ∃ x (x = S )
jede Stufe ist eine Menge
(Ext)
∀ x (x ∈ a ↔ x ∈ b ) → a = b
Extensionalitätsaxiom
(AusS)
∃ y ∀ x ( x ∈ y ↔ x ∈ a ∧ ϕ(x,....) )
a ∈ S ↔ ∃ S´ ∈ S (a ∈ S´ ∨ a ⊆ S´)
Aussonderungsschema
(Acc)
Accumulationsaxiom,
bzw.
(Acc1) S´ ∈ S ∧ (a ∈ S´ ∨ a ⊆ S´) → a ∈ S
(Acc2) a ∈ S → ∃ S´ ∈ S (a ∈ S´ ∨ a ⊆ S´)
Aus diesen Axiomen wird folgen, dass
• die Elementbeziehung zwischen den Stufen einer Kleiner-Beziehung im Sinne einer
Wohlordnung entspricht.
Das Accumulationsaxiom (Acc), das sich auch in die zwei Axiome (Acc1) und (Acc2) aufspalten
läßt, besagt dann für (Acc1):
• Mengen, die Elemente einer Stufe sind, sind auch Elemente aller höheren Stufen,
• außerdem enthält jede Stufe die Teilmengen aller früheren Stufen.
Nach (Acc2) sind umgekehrt Elemente einer Stufe gerade die Elemente und Teilmengen
früherer Stufen.
20.5 Eine der Hauptaufgaben der CANTORschen Mengenlehre war es, den Zählprozess über die
natürlichen Zahlen hinaus ins Transfinite fortzuführen. Allgemeiner kann man danach fragen,
ob sich bestimmte Eigenschaften endlicher wie auch einfacher unendlicher Menge (z.B. Menge
der natürlichen Zahlen) auf beliebige Mengen übertragen lassen, insbesondere: besitzt jede
Menge eine Ordnung, so dass sich die Elemente in dieser Ordnung "aufzählen" lassen? Zur
Untersuchung dieser Frage dient der Begriff der Wohlordnung:
Definition (vgl. §17.4)
(i)
Eine (irreflexive) partielle Ordnung auf a ist eine 2-stellige Relation < auf a, so dass
∀x ∈ a ¬ x < x
irreflexiv
∀ x,y,z ∈ a ( x < y ∧ y < z → x < z)
transitiv .
( i i ) Eine (irreflexive) l i n e a r e O r d n u n g auf a ist eine partielle Ordnung auf a mit
∀ x,y ∈ a ( x < y ∨ x = y ∨ y < x )
konnex (vergleichbar).
IV.70
Math. Logik IV.20
( i i i ) Eine Wohlordnung auf a ist eine lineare Ordnung auf a , welche zusätzlich
( M i n ) Ø ≠ b ⊆ a → ∃x ∈ b ∀ y ∈ b ¬ y < x
Minimalitätsbedingung
erfüllt, welche wegen (ii) äqivalent ist zu
(Kl)
Ø ≠ b ⊆ a → ∃x ∈ b ∀ y ∈ b x ≤ y
Existenz eines kleinsten Elementes ,
wobei wie üblich
x≤y: ↔ x<y∨x=y.
Ist < eine Wohlordnung auf der Menge a , so lassen sich die Elemente von a in aufsteigender
Folge gemäß dieser Ordnung aufzählen:
a0 < a1 < . . . < an < an+1.< . . . . ,
wobei man als nächstes Element in dieser Aufzählung mittels (KL) jeweils das kleinste unter
den noch nicht aufgezählten wählt (falls noch nicht alle aufgezählt sind). Im Falle unendlicher
Mengen benötigt man als Indizes der Aufzählung Ordinalzahlen als Fortsetzung der
natürlichen Zahlen:
0 < 1 < 2 < . . . < n < n+1 < . . . < ω < ω+1 < ω+2 < . . . < ω+ω . . . < ω ω . . . < ω3 < . . < ωω < . . .
CANTOR führte Ordinalzahlen als Repräsentanten von Wohlordnungen ein; heute definiert man
die Ordinalzahlen üblicherweise nach von NEUMANN als transitive Mengen, die durch die ∈ Beziehung wohlgeordnet sind. Hier lässt sich zunächst aus den Axiomen folgern, dass die Stufen
durch die ∈-Beziehung wohlgeordnet sind:
20.6 Folgerungen aus den Basis-Axiomen
(i)
S∉S
[Wäre nämlich S ∈ S , so könnte man wegen des Aussonderungsaxioms die Menge
r = {x∈ S| x ∉ x } bilden und erhielte nach (Acc1): r ∈ S
und damit den RUSSELLschen Widerspruch: r ∈ r ↔ r ∉ r !]
(ii)
S´ ∈ S → S´ ⊆ S
[Folgt direkt aus (Acc1)!]
(iii)
trans(S)
Transitivität der Stufen
[Ähnlich wie in (i) benutzt man eine Antinomie; der formale Beweis ist jedoch sehr
umfangreich und abstrakt. Beachte aber, dass nicht jedes Element einer Stufe wiederum eine
Stufe zu sein braucht!]
Dabei heißt eine Menge transitiv gdw sie mit jedem Element auch dessen Elemente enthält:
trans(a): ↔ ∀x ∀ y (x ∈ a ∧ y ∈ x → y ∈ a), d.h. ↔ ∀x (x ∈ a → x ⊆ a).
Damit vereinfacht sich das Accumulationsaxiom zu
(iv)
(v)
a ∈ S ↔ ∃ S´ ∈ S a ⊆ S´ , und wir erhalten insbesondere
b ⊆ a∈S →b∈S.
Wenn eine Menge in einer Stufe S als Element erscheint, so gilt dies bereits für eine kleinste
Stufe; allgemeiner gilt sogar das
IV.71
Math. Logik IV.20
Minimumsprinzip
für
Stufen:
∃ S ϕ (S,....) → ∃ S [ϕ (S,....) ∧ ∀ S´ ∈ S ¬ ϕ(S´,....)]
(vi)
.
Daraus folgen nun:
S ∈ S´ ∨ S = S´ ∨ S´ ∈ S
(vii)
Vergleichbarkeit von Stufen
( v i i i ) S ∈ S´ ↔ S ⊆ S´ ∧ S ≠ S´ ↔ S ⊂ S´, sowie
S ⊆ S´ ∨ S´ ⊆ S ,
d.h.
die Stufen sind durch die ∈ -Beziehung (im Sinne von < ) wohlgeordnet,
durch die ⊆ -Beziehung (im Sinne von ≤) wohlgeordnet.
(Aber die die ∈ -Beziehung wie auch die die ⊆-Beziehung sind bezogen auf beliebige Mengen i.a.
nicht einmal eine lineare Ordnung!)
Gibt es nun überhaupt Mengen und Stufen?
Aus dem Aussonderungsaxiom folgt die Existenz folgender Mengen:
Ø (leere Menge), a ∩ b (D u r c h s c h n i t t ) , a - b (Differenz) ,
aber auch aus den weiteren Axiomen folgt bisher nicht die Existenz einer Stufe (zählt man
∃ S (S = S) zu den logischen Axiomen, so gibt es wenigstens eine Stufe. Wir fügen also als
weiteres Axiom hinzu
(Restr)
∀ x ∃ S (x ∈ S)
Restriktionsaxiom
20.7 Folgerungen aus den Basis-Axiomen + (Restr)
(i)
∃ x ϕ (x, . . ) → ∃ x [ϕ (x,....) ∧ ∀ y ∈ x ¬ ϕ(y,....)]
( i i ) (Paar)
(Sum)
(Pot)
Fundierungsschema
∃ y ∀ x (x ∈ y ↔ x = a ∨ x = b)
Paarmengenaxiom
∃ y ∀ z (z ∈ y ↔ ∃ x ∈ a z ∈ x)
∃ y ∀ z (z ∈ y ↔ z ⊆ a)
Summenaxiom
Potenzmengenaxiom
Beweis:
Seien etwa die Mengen a und b gegeben. Dann existieren nach (Restr) Stufen S und S´ mit
a ∈ S und b ∈ S´. Wegen der Vergleichbarkeit der Stufen gilt S ⊆ S´ ∨ S´ ⊆ S, also
entsprechend a,b ∈ S´ ∨ a,b ∈ S, und somit existiert das Paar {a,b} nach dem Aussonderungsaxiom als Teilmenge von S´ bzw. S . Die anderen Fälle beweist man ähnlich.
Damit kann man als Mengen einführen:
{a,b} := {x|x = a ∨ x = b}
Paarmenge (ungeordnetes Paar)
(a,b) := {{a},{a,b}}
geordnetes Paar
∪ a := {z| ∃x ∈ a
Vereinigungsmenge
z∈x}
IV.72
Math. Logik IV.20
P(a) := {z| z ⊆ a }
Potenzmenge
Wie in II.§7 angedeutet, können mit Hilfe des geordneten Paares Relationen und Funktionen
als Mengen von geordneten Paaren eigeführt werden.
20.7
Von den restlichen ZF-Axiomen fehlen nun noch das
∀ x ∀ y ∀ z (ϕ (x,y) ∧ ϕ(x,z) → y = z ) →
→ ∃u ∀ y (y ∈ u ↔ ∃x ∈ a ϕ (x,y))
Ersetzungsschema:
(“das Bild einer Menge a unter einer Funktion F, die durch eine Formel ϕ (x,y) definiert ist,
ist wieder eine Menge”) und das
∃ x ( Ø ∈ x ∧ ∀ y(y ∈ x → y ∪ {y} ∈ x))
Unendlichkeitsaxiom:
Diese kann man erhalten etwa durch Hinzufügen eines Reflexionsprinzips der Form
(Refl)
∃ S [a ∈ S ∧ ∀ x ∈ S (ϕ (x) ↔ ϕ S (x))]
oder durch eines der folgenden Axiomenschemata:
(Coll)
∀ x ∃ y ϕ (x,y,....) → ∃S [ a ∈ S ∧ ∀x ∈ a ∃ y ∈ S ϕ (x,y,....) ]
(Closure)
∀ x ∃ y ϕ (x,y,....) → ∃S [ a ∈ S ∧ ∀x ∈ S ∃ y ∈ S ϕ (x,y,....) ]
bzw.
welche dann auch noch das Axiom (Restr) überflüssig machen.
Im folgenden werden wir, wie in der Mathematik üblich, auch Großbuchstaben
A, B, . . zur
Bezeichnung von Mengen verwenden.
20.8 Definition (Mächtigkeiten, Kardinalzahlen)
A ~ B : ⇔ es existiert eine Bijektion F : A ↔ B
A ist gleichmächtig mit B
A ) B : ⇔ es existiert eine Injektion F : A → B
A ist schmächtiger als B
(A ist von Mächtigkeit kleiner oder gleich B)
A ' B : ⇔ A ) B und nicht A ~ B
A ist von Mächtigkeit kleiner als B
Beispiele: Es ist { ~ {2n|n ∈ { } ~ {2n+1|n ∈ { } ~ | ~ } , aber } ' ~ .
Allgemein gilt:
(i)
A ) B und B ) C ⇒ A ) C
(Transitivität)
( i i ) A ) B und B ) A ⇒ A ~ B
(Antisymmetrie/ CANTOR-SCHRÖDER-BERNSTEIN)
( i i i ) A ) B oder B ) A
(Vergleichbarkeit/ HARTOGS; äquivalent mit dem AC)
Die Äquivalenzklasse aller zu A gleichmächtigen Mengen heißt die Mächtigkeit von A , die
entsprechende Relation
≤
auf den Äquivalenzklassen ist dann wegen (i) - (iii) eine lineare
Ordnung. Da (außer im Falle A = Ø) die Mächtigkeiten echte Klassen sind, versucht man statt
dieser geeignete Repräsentanten aus den Äquivalenzklassen auszuwählen:
IV.73
Math. Logik IV.20
• Im Falle einer endlichen Menge A gilt: A ~ {0, 1, . . . , n-1} = n für genau ein n , dieses n
heißt die Anzahl von A .
• Das Auswahlaxiom AC (Axiom of choice) besagt, dass zu jeder Menge A nicht-leerer und
paarweise disjunkter Mengen eine Auswahlmenge B existiert (d.h. eine Menge B , die aus
jedem Element von A genau ein Elementauswählt).
AC ist äquivalent zum Wohlordnungssatz (ZERMELO 1904), welcher besagt, dass sich jede
Menge wohlordnen läßt. Unter dieser Voraussetzung ist jede Menge gleichmächtig mit einer
Ordinalzahl (im Falle endlicher Mengen mit genau einer natürlichen Zahl
n = {0,1,...,n-1});
im Falle unendlicher Menge allerdings mit meheren, unter welchen man die kleinste als die
Kardinalität (oder Mächtigkeit) von A wählt und mit
|A|, card(A) oder
A , (|A| bezeichnet dagegen i.a. das Universum der Struktur A!)
bezeichnet.
Die unendlichen Kardinalzahlen bezeichnet man mit dem hebräischen Buchstaben ℵ ( Aleph).
Wir brauchen uns hier nur zu merken:
ℵ 0 = kleinste unendliche Kardinalzahl, ℵ 1 = kleinste überabzählbare Kardinalzahl, also
|A| ≤ ℵ 0 ⇔ A abzählbar, |A| = ℵ 0 ⇔ A abzählbar-unendlich,
|A| > ℵ 0 ⇔ |A| ≥ ℵ 1 ⇔ A überabzählbar,
|A| = |B| ⇔ A ~ B .
Wegen
|A ∪ B| = |A x B| = max(|A|,|B|)
für A oder B unendlich
|A| < |P(A)|
(P(A) = {X|X ⊆ A} die Potenzmenge von A ),
und
sind Addition und Multiplikation für unendliche Kardinalzahlen sehr einfach, dagegen ist bereits
die Potenz von 2
im Rahmen der üblichen Mengenlehre nicht bestimmbar. So gilt für die
Kardinalität des Kontinuums
c = 2ℵ 0 = | ~ | ≥ ℵ 1 , aber die Annahme
(CH)
2ℵ 0 = ℵ 1
Kontinuumshypothese
ist im Rahmen der üblichen Mengenlehre (selbst mit Auswahlaxiom) unentscheidbar, d.h. weder
beweisbar noch widerlegbar.
IV.74
Math. Logik IV.21
§21 Modelltheoretische Grundbegriffe
21.1 Definition
Es seien A und B L-Strukturen mit Universum A bzw. B.
A ⊆ B : ⇔ A ⊆ B und
(U1)
Ri A = R i B ∩ A n
(U2)
Fj A = F j B Á A m
(U3)
cA = c B
für jedes n-stellige Relationssymbol Ri von L,
für jedes m-stellige Funktionssymbol Fj von L,
für jede Individuenkonstante c von L .
A ist Unterstruktur
(Substruktur) von
B .
Damit eine nicht-leere Teilmenge A ⊆ B Universum einer Unterstruktur A von B ist, muß A
die cB enthalten und unter den Funktionen FjB abgeschlossen sein:
21.2 Lemma
Es sei B L-Struktur, Ø ≠ A ⊆ B = |B| . Dann gilt:
A = |A| für eine L-Struktur A ⊆ B genau dann, wenn
cB ∈ A
(i)
für jede Individuenkonstante c von L und
( i i ) a 1 ,....,am ∈ A ⇒ FjB (a 1 ,....,am ) ∈ A für jedes m-stellige Funktionssymbol Fj von L.
21.3 Definition
B L-Struktur, A ⊆ B = |B| . Dann sei das Erzeugnis von A in B
< A > B := {tB [a 1 ,....,a m ]| t(v1 ,....,v m ) L-Term, a1 ,....,a m ∈ A } ;
A erzeugt B : ⇔ <A>B = B ,
B endlich-erzeugbar: ⇔ es gibt ein endliches A ⊆ B , welches B erzeugt.
Es sei
21.4 Satz
Es sei B L-Struktur, A ⊆ B = |B| , A ≠ Ø, falls L keine Individuenkonstante enthält.
Dann ist
<A>B die kleinste Menge C mit A ⊆ C ⊆ B , welche (i) und (ii) von Lemma 21.2 erfüllt.
Insbesondere ist <A>B Grundbereich einer Unterstruktur C ⊆ B , und zwar der kleinsten
Unterstruktur, welche A enthält. Ferner gilt:
card(A) ≤ card(< A > B ) ≤ max(card(A), card(L)) , insbesondere
card(<A> B ) = card(A) , falls card(A) ≥ card(L)) .
21.5 Als Kardinalität einer Sprache L
bezeichnen wir die Kardinalität ihrer Symbolmenge
(bzw. Formelmenge):
card(L) := card({z|z Symbol von L}) = max(ℵ 0 , card({z|z nicht-logisches Symbol von L}));
IV.75
Math. Logik IV.21
da
card({x⊆F| x endlich}) = card(F)
für unendliche Mengen F ,
so ist auch card(L) = card({ϕ | ϕ L-Formel}) .
Ferner sei die Kardinalität einer Struktur die Kardinalzahl ihres Grundbereiches:
card(A) := card(A) , wobei
A = |A| .
21.6 Definition
Es seien A und B L-Strukturen mit Universum A bzw. B.
h: A → B Homomorphismus: ⇔ h: A → B und
(H1)
(H2)
(H3)
a 1 ,....,a n ∈ A ⇒ (RiA a 1 ,....,a n ⇒ RiB h(a1 ),....,h(a n ) )
für jedes n-stellige Relationssymbol Ri
A
a 1 ,....,a m ∈ A ⇒ h( Fj a 1 ,....,a m ) = FjB h(a1 ),....,h(a m )
für jedes m-stellige Funktionssymbol Fj von L,
A
B
h(c ) = c
für jede Individuenkonstante c von L .
h: A → B Monomorphismus: ⇔ h injektiver Homomorphismus,
h: A → B Epimorphismus: ⇔ h
surjektiver Homomorphismus,
h: A → B Einbettung: ⇔ h injektiver Homomorphismus mit
(H1´)
a 1 ,....,a n ∈ A ⇒ ( RiA a 1 ,....,a n ⇔ R iB h(a1 ),....,h(a n ) )
für jedes n-stellige Relationssymbol Ri
(Setzt man für Ri das Gleichheitssymbol ein, so besagt (H1´) bereits, dass h injektiv ist.)
h: A ↔ B
Isomorphismus: ⇔ h
bijektive Einbettung,
A ≅ B : ⇔ es ex. ein Isomorhismus h: A ↔ B
A isomorph zu B .
Ähnlich wie im Falle der Unterstruktur werden hiermit die üblichen algebraischen Begriffe auf
beliebige Strukturen verallgemeinert. Wichtiger für die Behandlung im Rahmen der
Mathematischen Logik sind folgende Varianten:
21.7 Definition
Es seien A und B L-Strukturen mit Universum A bzw. B. Wir erinnern:
Th(A): = { ϕ L-Satz| A |= ϕ}.
A ≡ B : ⇔ Th(A ) = Th(B )
⇔ für alle L-Sätze ϕ : A
⇔ A
A ist elementar-äquivalent zu B
ªϕ ⇔ Bªϕ
ª Th(B) ⇔ B ª Th(A) .
IV.76
Math. Logik IV.21
A ) B : ⇔ A ⊆ B und (A,A ) ≡ (B,A) , d.h.
bzw.:
A ⊆ B und
für alle L A -Sätze ϕ : A ª ϕ ⇔ B ª ϕ
für alle L-Formeln ϕ (x 1 ,....,x n ) und alle a 1 ,....,a n ∈ A :
A ª ϕ[a 1 ,....,a n ] ⇔ B ª ϕ[a 1 ,....,a n ]
A ist elementare Substruktur von B .
h: A → B elementare Einbettung: ⇔ h : A → B und
für alle L-Formeln ϕ (x 1 ,....,x n ) und alle a 1 ,....,a n ∈ A :
A ª ϕ[a 1 ,....,a n ] ⇔ B ª ϕ[h(a 1 ),....,h(a n )],
21.8
(i)
Lemma
A ⊆ B ⇔ die identische Abbildung iA : A → B ist eine Einbettung von A in B ,
A ) B ⇔ die identische Abb. iA : A → B ist eine elementare Einbettung von A in B ,
( i i ) jeder Isomorphismus ist eine elementare Einbettung, und somit:
isomorphe Strukturen sind elementar-äquivalent:
h: A ↔ B ⇒ (A,A ) ≡ (B,h(a)) a ∈ A ⇒ A ≡ B ,
(iii) A ) B ⇒ A ≡ B .
(iv) Eine Theorie T ist vollständig gdw je zwei Modelle von T sind elementar-äquivalent;
im Falle einer abzählbaren Sprache kann man sich wegen des Satzes von Löwenheim (III.18.2)
auf abzählbare Modelle beschränken).
21.9 Beispiele
1.
T DLO sei die Theorie der dichten linearen Ordnung ohne Endpunkte in der Sprache mit
einem 2-stelligen Relationszeichen < . In diesem Falle gilt:
Je zwei abzählbare Modelle von TDLO sind isomorph (CANTOR), folglich:
TDLO ist vollständig und damit TDLO = Th(} ,<} ) .
( } ,< } ) ≡ (~ ,< ~ ) , aber diese Strukturen sind natürlich nicht ismorph (da nicht einmal
gleichmächtig), andererseits sind } und | gleichmächtig , aber nicht
( } ,< } ) ≡ (| ,< | ), ferner
( } ,< } ) ) (~ ,< ~ ) .
2.
Es sei G := {2n|n ∈ {} die Menge der geraden Zahlen. Dann sind die Strukturen
(G,< G ) und ({ ,< { ) isomorph (mittels der Abbildung 2n |→
n ) und somit elementar-
äquivalent, ferner ist
(G,< G ) Substruktur von ({ ,< { ) , aber keine elementare Substruktur von ({ ,< { ) , die
identische Abbildung ist in diesem Fall also eine Einbettung, aber keine elementare Einbettung.
3.
T F sei die Theorie der Körper. Die Körper } und ~ der rationalen bzw. reellen Zahlen
sind Modelle dieser Theorie, } Substruktur von ~ , aber keine elementare Substruktur, und
die beiden Modelle sind weder elementar-äquivalent noch isomorph.
IV.77
Math. Logik IV.21
21.10 Satz
A und B seien L-Strukturen mit Universum A bzw. B , A endlich. Dann gilt:
(i)
A ≡ B ⇒ B endlich, |A| = |B| und A ≅ B .
(ii)
A ) B ⇒ A = B .
(Zum Beweis s. etwa: Friedrichsdorf-Prestel, pp. 99ff oder Rothmaler Satz 8.1.1, p.148)
Damit eine Unterstruktur
A von B eine elementare Unterstruktur ist, müssen alle Sätze
über Elemente von A , die in A gelten, auch in B gelten und umgekehrt; dabei kommt es vor
allem darauf an, dass Existenzsätze über Elemente von A , die in B gelten, auch in A gelten.
Das folgende Kriterium hat überdies den Vorteil, dass es nur über die Gültigkeit in B spricht,
während die Struktur A nur in Form ihres Grundbereiches A eingeht:
21.11 Satz (Kriterium von TARSKI-VAUGHT)
Es sei A ⊆ B . Dann gilt A ) B gdw
(*) für alle L-Formeln ϕ (x 0 ,....,x n ) und alle a 1 ,....,a n ∈ A gilt:
B ª ∃x 0 ϕ(x 0 ,....,x n )[a 1 ,....,a n ] ⇒ es ex. ein a0 ∈ A mit B ª ϕ(x 0 ,....,x n )[a 0 ,a 1 ,....,a n ].
Wir haben oben bemerkt, dass A ≡ B ⇔ B ª Th(A) und A ) B ⇔ (B,A) ª Th(A,A) .
Ähnlich gilt in Verallgemeinerung von Lemma 21.8 (i):
21.12 Definition
Für eine L-Struktur A sei
D(A) : = { ϕ | ϕ atomarer oder negierter atomarer L A -Satz und A ª ϕ} das Diagramm von A ,
Th(A,A) : = { ϕ | ϕ L A -Satz und A ª ϕ}
die vollständige (L A -)Theorie von A .
21.13 Satz
Es seien A , B L-Strukturen, h : A → B , (B ,h(a)) a ∈ A
einer L A -Struktur B´ mit a B´ = h(a) für a ∈ A . Dann gilt:
(B,h(a)) a ∈ A ª D(A)
⇔ h: A → B
( i i ) (B,h(a)) a ∈ A ª Th(A,A) ⇔ h: A → B
(i)
die Expansion von B z u
Einbettung,
elementare Einbettung.
2 1 . 1 4 Satz Folgende Bedingungen sind äquivalent für eine Theorie der Sprache L :
(i)
Sind A , B ª T , so A ⊆ B gdw A ) B .
( i i ) Für jedes
A ª T ist T ∪ D(A) vollständig (bezüglich der erweiterten Sprache LA ).
( i i i ) Zu jeder L-Formel
ϕ (x 1 ,....,x n ) existiert eine universelle L-Formel
ψ (x 1 ,....,x n ) (d.h.
von der Form ∀ v1 . . ∀ vm δ , wobei δ ohne Quantoren) mit
T |− ϕ (x 1 ,....,x n ) ↔ ψ (x 1 ,....,x n ).
Eine Theorie
T, die eine (und damit alle Bedingungen) von 21.14 erfüllt, heißt m o d e l l -
vollständig.
IV.78
Math. Logik IV.21
2 1 . 1 5 Satz
a)
Folgende Bedingungen sind äquivalent für eine Theorie der Sprache L :
(i)
T erlaubt Q.E. (Q u a n t o r e n - E l i m i n a t i o n ), d.h. zu jeder L -Formel
ϕ ( x 1 ,....,x n )
existiert eine quantorenfreie L-Formel ψ (x 1 ,....,x n ) mit
T |− ϕ (x 1 ,....,x n ) ↔ ψ (x 1 ,....,x n ) .
( i i ) Für jedes
A , welches Unterstruktur eines B ª T ist, ist
T ∪ D(A) vollständig.
( i i i ) T ist modell-vollständig und besitzt die “Amalgamierungs-Eigenschaft”.
b)
Ist T modell-vollständig und besitzt T eine Primmodell (d.h. ein Modell, welches sich in
jedes Modell von T einbetten läßt), so ist T vollständig.
21.16 Beispiele:
( 1 ) Die Theorie der reell-abgeschlossenen Körper ist modell-vollständig, vollständig, besitzt
Q.E. und ist entscheidbar.
( 2 ) Die Theorie der algebraisch-abgeschlossenen Körper ist modell-vollständig, nicht
vollständig, besitzt Q.E. und ist entscheidbar;
die Theorie der algebraisch-abgeschlossenen Körper einer festen Charakteristik ist außerdem
vollständig.
( 3 ) Die Theorie DLO der dichten linearen Ordnungen ohne Endpunkte (bzw. mit Festlegung über
die Existenz von Endpunkten) ist modell-vollständig, vollständig, besitzt Q.E. und ist
entscheidbar.
( 4 ) Die Theorie der natürlichen Zahlen mit O und Nachfolger, Th( { ,O,´), ist modellvollständig, vollständig, besitzt Q.E. und ist entscheidbar.
(Dagegen ist die Theorie der natürlichen Zahlen allein mit Nachfolger, Th({ ,´), vollständig,
aber nicht modell-vollständig und ohne Q.E.!).
Die Zahlentheorie, also die Theorie Th( { ,+,x,O,´), ist nicht modell-vollständig, aber
vollständig, besitzt keine Q.E. und ist unentscheidbar.
Beweise und weitere Beispiele finden sich in Büchern über Modelltheorie, etwa:
Chang-Keisler: Model Theory, NHPC Amsterdam (3. Aufl.)
Prestel, A.: Einführung in die mathematische Logik und Modelltheorie (vieweg 1986)
Rothmaler, Philip: Einführung in die Modelltheorie, Spektrum-verlag 1995
IV.79
Math. Logik IV.22
§22 Die Sätze von LÖWENHEIM-SKOLEM-TARSKI
Die Existenz beliebig großer (elementarer) Erweiterungen einer Struktur erhält man durch
einfache Anwendung des Kompaktheitssatzes:
22.1 Satz (LÖWENHEIM-SKOLEM-TARSKI,
A
sei eine unendliche L-Struktur,
"aufwärts")
κ eine Kardinalzahl. Dann existiert eine L-Struktur
B
mit
card(B) ≥ κ und A ) B , insbesondere
A ≡ B.
Falls κ ≥ card(A), card(L), so kann B mit card(B) = κ gewählt werden.
Beweis: Es sei C eine Menge mit card(C) = κ , C ∩ A = Ø . In der um neue Konstanten c für
c ∈ C erweiterten Sprache LC betrachten wir die Menge von Sätzen
Σ : = Th(A) ∪ {¬ c = c´| c,c´∈ C, c ≠ c´} .
Dann hat jede endliche Teilmenge Σ 0 von Σ ein Modell (nämlich A selber, wobei die endlich
vielen Sätze der Form ¬ c = c´ in Σ 0 in A durch geeignete Elemente aus A (denn A ist
unendlich!) interpretiert werden können. Nach dem Kompaktheitssatz hat also
Modell der Form
(B,c B )c ∈ C mit c B ≠ d B für verschiedene c,d ∈ C .
Die Abbildung
c |→ c B ist also eine injektive Funktion von C in B, somit
Ferner ist
Σ selbst ein
C ) B , d.h. card(B) ≥ κ .
A ≡ B , da B ª Th(A) .
Um die stärkere Aussage
A ) B zu erhalten, gehen wir von
A zur Struktur A ´= (A,c) c ∈ A
und zur Satzmenge
Σ ´ : = Th(A´) ∪ {¬ c = c´| c,c´∈ C, c ≠ c´} in der erweiterten Sprache L A ∪ C
über, die nach derselben Überlegung wie oben ein Modell der Form
(B,c B ) c ∈ A ∪ C mit c B ≠ d B für verschiedene c,d ∈ A ∪ C hat. Ersetzt man in dieser
Struktur die Elemente c B durch c für c ∈ A , so erhält man A ) B .
(Genauer: die Abbildung c |→ c B für c ∈ A ist nach 21.13 (ii) eine elementare Einbettung h
von A in B , somit haben wir zunächst nur h[A] (= das h-Bild von A ) ) B , aber da h ein
Isomorphismus von
A mit h[A ] ist, so kann man eine zu B
isomorphe Struktur mit den
gewünschten Eigenschaften finden.)
Um den Zusatz zu erhalten, wähle man das Termmodell für Σ bzw. Σ´ .
Um auch einen entsprechenden "abwärts"-Satz zu finden, können wir die Unterstrukturen
benutzen, die von Teilmengen erzeugt werden; damit diese jedoch elementare Unterstrukturen
sind, müsen sie stärkere Abschlußeigenschaften erfüllen, und zwar nach dem Kriterium von
TARSKI-VAUGHT (21.11) geeignete Existenzbeispiele für Existenzformeln enthalten. Dazu
erweitern wir die Methode der HENKIN-Erweiterungen (III § 16), welche für Existenzsätze
neue Ko n stanten einführt, auf Existenzformeln, für welche entsprechende F u n k t i o n e n
eingeführt werden:
IV.80
Math. Logik IV.22
22.2 Definition
Die Sprache L´ entstehe aus der Sprache L , indem für jede L-Formel
ϕ(v 0 ,....,v n ) mit den
freien Variablen v 0 ,....,v n
ein neues n-stelliges Funktionszeichen F∃ v ϕ
0
werde. Das zugehörige SKOLEM-Axiom ist
hinzu-genommen
∀ v 1 .... ∀ v n [∃ v 0 ϕ(v 0 ,....,v n ) → ϕ(F ∃ v ϕ( v 1 ,....,v n ),v 1 ,....,v n ) ] .
0
(Die gebundenen Variablen in ϕ seien so umbenannt, dass sie nicht auch frei vorkommen.)
L´ heißt primitive SKOLEM-Erweiterung von L.
Für eine Theorie T der Sprache L sei T´ die Theorie der Sprache L´, welche man aus T erhält, indem man die SKOLEM-Axiome hinzunimmt, die primitive SKOLEM-Erweiterung von T .
22.3 Satz (über primitive SKOLEM-Erweiterungen)
L´ sei primitive SKOLEM-Erweiterung von L . Dann gilt:
(i)
card(L) = card(L´) .
( i i ) Jede L -Struktur
A
läßt sich expandieren zu einer L ´-Struktur
A ´ , in welcher die
SKOLEM-Axiome gelten.
( A´ heißt entsprechend eine primitive SKOLEM-Expansion von A .)
Ist ferner T´ primitive SKOLEM-Erweiterung von T , so gilt weiter:
( i i i ) T´ ist konservative Erweiterung von T .
( i v ) Sind A und B L-Strukturen,
A´ und B´
ihre primitiven SKOLEM-Expansionen , so
gilt:
A´ ⊆ B´ ⇒ A ) B .
Beweis: Für (ii) muß man das Auswahlaxiom benutzen, um zu jeder L-Formel ϕ(v 0 ,...,v n )
eine Funktion G : An → A definieren zu können, so dass für alle a1,...., an ∈ A
G(a 1 ,...., an ) ein Element a von A ist mit der Eigenschaft |= ϕ[a,a1 ,...., an ] ,
falls ein solches existiert (ein beliebiges Element aus A sonst).
G heißt dann eine SKOLEM-Funktion von A (für die Formel ∃ v 0 ϕ(v 0 ,....,vn ) ).
(iv) beweist man dann mit Hilfe des Kriterium von TARSKI-VAUGHT.
Will man erreichen, dass in einer Erweiterung von L zu jeder Existenzformel eine SKOLEMFunktion existiert, so muß man (wie im Falle der HENKIN-Erweiterungen) den Prozess von
22.2 iterieren:
22.4 Definition
Zu gegebener Sprache L definiere durch Rekursion Erweiterungen Ln durch
L o = L , L n+1 = L n ´ , L * =
∪ n∈{ Ln
SKOLEM-Erweiterung von L ;
zu vorgegebener L-Theorie T sei die SKOLEM-Erweiterung T* von T die Theorie der
Sprache L * , die zusätzlich zu den Axiomen von T die SKOLEM-Axiome für die Sprache L *
enthält.
IV.81
Math. Logik IV.22
22.5 Satz (über SKOLEM-Erweiterungen)
L * sei SKOLEM-Erweiterung von L . Dann gilt:
( i ) card(L ) = card(L * ) .
Ist ferner T* SKOLEM-Erweiterung von T , so gilt weiter:
( i i ) Zu jeder L * -Formel ϕ(v 0 ,....,v n ) gibt es ein Funktionszeichen F der Sprache L * , so
dass
T * |− ∀ v 1 .... ∀ v n [∃ v 0 ϕ(v 0 ,....,v n ) → ϕ(F ( v 1 ,....,v n ),v 1 ,....,v n ) ] .
Insbesondere erlaubt T* Quantorenelimination, d.h. zu jeder L * -Formel ϕ(v 0 ,.....,v n ) gibt
es eine quantorenfreie Formel ψ (v0 ,....,vn ) der Sprache L * , so dass
T * |− ∀ v ο .... ∀ v n [ ϕ(v 0 ,....,v n ) ↔ ψ(v 0 ,....,v n ) ] .
läßt sich expandieren zu einer L * -Struktur A * , in welcher die
SKOLEM-Axiome gelten. ( A* heißt entsprechend eine SKOLEM-Expansion von A .)
( i i i ) Jede L -Struktur
A
( i v ) T´ ist konservative Erweiterung von T : A ª T ⇒ A * ª T * .
( i v ) Sind A und B L-Strukturen, A * und B * ihre SKOLEM-Expansionen , so gilt:
A* ⊆ B * ⇔ A * ) B * .
22.6 Definition
A sei L-Struktur, Ø ≠ X ⊆ A = | A |, A * sei (eine) SKOLEM-Expansion von A . Dann heißt
*
SH(X) := {t A [x 1 ,....,x n ] | x1 ,....,x n ∈ X , t L* -Term}
SKOLEM-Hülle von X in A ,
H(X) sei die Unterstruktur B von A
mit Grundbereich B = SH(X) .
(SH(X) und H(X) sind eigentlich auch noch von der Wahl von A * abhängig!)
Da die Individuenkonstanten und Funktionen von
A
unter den SKOLEM-Funktionen von A
vorkommen müssen (Beweis?), kann man auch SH(X) erhalten als Abschluß von X unter den
SKOLEM-Funktionen von A .
22.7 Korollar (LÖWENHEIM-SKOLEM-TARSKI,
A
sei eine unendliche L-Struktur,
existiert eine L-Struktur
"abwärts")
κ eine Kardinalzahl mit
card(L) ≤ κ ≤ card(A ). Dann
B mit
card(B) = κ und B ) A .
Ferner kann man zu gegebenem X ⊆ A mit card(X) = κ ≥ card(L) ein solches B mit X ⊆ |B |
finden.
22.8
Satz (LÖWENHEIM-SKOLEM-TARSKI)
A sei eine unendliche L-Struktur, κ ≥ card(L) eine Kardinalzahl.
(i)
Falls κ ≤ card(A), so existiert eine L-Struktur B mit card(B) = κ und B ) A .
( i i ) Falls κ ≥ card(A), so existiert eine L-Struktur B mit card(B) = κ und
IV.82
A ) B.
Math. Logik IV.22
22.9 Korollar
T sei eine Theorie der Sprache L mit mindestens einem unendlichen Modell.
Dann hat T für jede Kardinalzahl κ ≥ card(L) ein Modell
A mit card(A) = κ .
22.10 Bemerkung
Eine Theorie T heißt kategorisch genau dann, wenn je zwei Modelle von T isomorph sind,
κ -kategorisch gdw je zwei Modelle von T der Kardinalität κ isomorph sind.
Aus 22.8 folgt (Test von VAUGHT):
Ist eine Theorie κ -kategorisch für ein κ ≥ card(L) und besitzt T nur unendliche Modelle,
so ist T vollständig.
Insbesondere ist damit die Theorie TDLO der dichten linearen Ordnung ohne Endpunkte (Bsp.
21.9 (1)) vollständig.
Nach Satz 21.10 sind vollständige Theorien, die ein endliches Modell haben, kategorisch; nach
22.9 ist aber keine Theorie (erster Stufe) mit einem unendlichen Modell jemals kategorisch!
Es gibt Theorien, die
•
für keine unendliche Kardinalzahl
κ κ -kategorisch sind (z.B. die Theorie der reell-
abgeschlossenen Körper),
für κ = ℵ 0 , aber für keine überabzählbare Kardinalzahl
Theorie der dichten linearen Ordnung ohne Endpunkte),
•
•
κ κ -kategorisch sind (z.B. die
κ κ -kategorisch sind (z.B. die Theorie der
nur für überabzählbare Kardinalzahlen
algebraisch-abgeschlossenen Körper),
•
für alle unendlichen Kardinalzahlen
κ κ -kategorisch sind (z.B. die Theorie der
unendlichen Mengen in der Sprache mit = und den Konstanten cn ; einzige Axiome sind die Sätze
cn ≠ cm für n ≠ m).
Mehr Unterscheidungen gibt es nicht, da nach einem Satz von MORLEY (1965) gilt:
Ist eine Theorie (in einer abzählbaren Sprache) für ein überabzählbares κ κ kategorisch, so für alle überabzählbaren κ κ -kategorisch.
Interessant ist außerdem das Ergebnis von VAUGHT, dass eine vollständige Theorie niemals genau
zwei abzählbare nicht-isomorphe Modelle besitzen kann. Eine Reihe neuerer Arbeiten
(insbesondere von SHELAH) beschäftigt sich mit der Frage
•
wieviele nicht-isomorphe Modelle der Mächtigkeit κ kann eine Theorie T besitzen
und
•
wie kann man diese Modelle klassifizieren?
IV.83
Math. Logik IV.23
§23 Die Sätze von SKOLEM und HERBRAND
23.1 Definition
ϕ offen:
⇔ ϕ Formel ohne Quantoren,
ϕ existentiell: ⇔ ϕ Formel der Gestalt ∃ v 1 . . . ∃ v n ϕ , wobei ϕ offen,
ϕ universell: ⇔ ϕ Formel der Gestalt ∀ v1 . . . ∀ vn ϕ , wobei ϕ offen,
wobei die offenen Formeln auch zu den existentiellen wie zu den universellen Formeln gezählt
werden.
Für eine pränexe Formel
ϕ = ϕ(v 0 ,v 1 ,....,v n ) ist die SKOLEM-Normalform
ϕ S wie folgt
definiert:
ϕS = ϕ
falls ϕ offen,
S
S
(∀ x ϕ ) = ∀ x ϕ ,
( ∃ v 0 ϕ ) S = ϕ S (F( v 1 ,....,v n ),v 1 ,....,v n ) )
, wobei F = F∃v ϕ .
0
Entsprechend dual sei für eine pränexe Formel
ϕ = ϕ(v 0 ,v 1 ,....,v n ) die H E R B R A N D -
Normalform ϕ H wie folgt definiert:
ϕH = ϕ
falls ϕ offen,
(∃ x ϕ )H = ∃ x ϕ H ,
( ∀ v 0 ϕ ) H = ϕ H (F( v 1 ,....,v n ),v 1 ,....,v n ),) , wobei F = F∃ v ψ mit ψ = DN ϕ .
0
Insbesondere ist
ϕ S stets eine universelle, ϕ H eine existentielle Formel (in der Sprache der
SKOLEM-Erweiterung).
Beispiel: Für offenes ϕ ist
( ∀ v 0 ∃ v 1 ∀ v 2 ∀ v 3 ∃ v 4 ϕ (v o ,v 1 ,v2 ,v3 ,v 4 ,v5 )) S =
∀ v 0 (∃ v 1 ∀ v 2 ∀ v 3 ∃ v 4 ϕ (v o ,v 1 ,v2 ,v3 ,v 4 ,v5 )) S =
∀ v 0 (∀ v 2 ∀ v 3 ∃ v 4 ϕ (v o ,F 1 (v 0 ,v5 ), v2 ,v3 ,v 4 ,v5 )) S =
∀ v 0 ∀ v 2 ∀ v 3 (∃ v 4 ϕ (v o ,F 1 (v 0 ,v5 ), v2 ,v3 ,v 4 ,v5 )) S =
∀ v 0 ∀ v 2 ∀ v 3 ϕ (v o ,F 1 (v 0 ,v5 ), v2 ,v3 ,F2 (v 0 , v2 ,v3 ,v5 ),v 5 )
mit geeigneten Funktionszeichen F1 , F2 ,
23.2 Satz über die SKOLEM-Normalform
Ist T eine Theorie der Sprache L, ϕ eine pränexe Formel der Sprache
ϕ S eine universelle Formel von L* mit denselben freien Variablen, ferner
(i)
ª ϕS → ϕ
L (oder L*), so ist
(ii) Für jedes Modell A* der SKOLEM-Axiome von L* gilt A* ª ϕ S → ϕ , insbesondere
T* |− ϕ S ↔ ϕ .
(iii)
ϕ hat ein Modell ⇔ ϕS hat ein Modell .
IV.84
Math. Logik IV.23
(iv)
Ist ϕ ein pränexer Satz, so
ª ϕ ⇔ |= ϕH .
23.3 Satz
ϕ
sei ein offener Satz, in welchem das Gleichheitszeichen nicht vorkommt. Dann gilt:
|− ϕ ⇔ ϕ ist Tautologie.
23.4 Satz von HERBRAND (für Formeln ohne = )
ϕ
sei eine pränexer Satz der Sprache
L *, in welchem das Gleichheitszeichen n i c h t
vorkommt,
ϕ H = ∃ v 1 . . . ∃ v n ψ , wobei ψ offen. Dann gilt:
|− ϕ ⇔ es gibt konstante Terme tk1 ,....,tkn , 1 ≤ k ≤ m, so dass
ψ (t 1 1 ,....,t 1 n ) ∨ . . . ∨ ψ (t m 1 ,....,t m n ) eine Tautologie ist.
23.5 Satz von HERBRAND (für Formeln mit = )
ϕ sei eine pränexer Satz der Sprache L*,
ϕ H = ∃ v 1 . . . ∃ v n ψ , wobei ψ offen. Dann gilt:
|− ϕ ⇔ es gibt konstante Terme tk1 ,....,tkn , 1 ≤ k ≤ m, , so dass
ψ (t1 1 ,....,t1 n ) ∨ . . . ∨ ψ (tm 1 ,....,tm n ) eine Quasi-Tautologie ist, d.h. eine tautologische
Folgerung aus Einsetzungen in Gleichheitsaxiome.
23.6 Satz von SKOLEM
Zu jeder Theorie T gibt es ein konservative Erweiterung T´ von T , so dass die nicht-logischen
Axiome von T´ offene Formeln sind.
23.7 Konsistenzlemma von HILBERT-ACKERMANN
Eine offene Theorie T ist inkonsistent gdw es eine Quasi-Tautologie gibt, welche Disjunktion
von Negationen von (Termeinsetzungen von) nicht-logischen Axiomen von T ist.
Beweise dieser Sätze findet man z.B. im Buch von
SHOENFIELD: Mathematical Logic, §4.3 - §4.5 (pp. 48-57).
23.8 Satz
Zu jeder Formel ϕ der Sprache L gibt es eine pränexe Formel ϕ * derselben Sprache von der
Form ∃ ∃ . . . ∃ ∀ . . .∀ ψ , ψ offen , so dass gilt: ª ϕ ⇔ ª ϕ * .
Dabei gilt sogar: ª A ϕ ⇔ ª A ϕ* , wobei
ª A ϕ : ⇔ für alle L-Strukturen A mit A = |A| gilt: A ª ϕ .
IV.85
Herunterladen