Astrophysik I - Institut für Geophysik und extraterrestrische Physik

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Astrophysik I
Prof. Dr. Jürgen Blum
Institut für Geophysik und Meteorologie
Technische Universität Braunschweig
Mendelssohnstraße 3
38106 Braunschweig
27. Januar 2004
Inhaltsverzeichnis
1 Strahlung kosmischer Objekte
1.1 Intensität, Flussdichte, Leuchtkraft . . . . . . . . . . . .
1.2 Helligkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.1 Scheinbare Helligkeiten . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.2 Absolute Helligkeiten . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.3 Extinktion und Rötung des Sternlichts . . . . . .
1.3 Strahlungsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.2 Das Wasserstoffatom . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.3 Quantenzahlen, Auswahlregeln, Besetzungszahlen
1.3.4 Molekül- und Festkörperspektren . . . . . . . . .
1.3.5 Schwarzkörperstrahlung . . . . . . . . . . . . . .
1.3.6 Nicht-thermische Strahlung . . . . . . . . . . . .
1.4 Strahlungstransport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.5 Temperaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1
1
3
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5
6
6
6
9
9
9
12
12
13
2 Das
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
2.6
2.7
2.8
Gravitationsgesetz und die Bewegung von Himmelskörpern
Das Newtonsche Gravitationsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die Bewegungsgleichungen von Himmelskörpern . . . . . . . . . . .
Die Lösungen der Bewegungsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . .
Die Bahnelemente für geschlossene Bahnen . . . . . . . . . . . . . .
Die Keplerschen Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die Entweichgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Der Virialsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die Jeans-Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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16
16
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17
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19
20
20
3 Das
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
3.7
3.8
3.9
3.10
3.11
Sonnensystem
Die Erdbahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die Mondbahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die Albedo planetarer Körper . . . . . . . . . . . . .
Wärmestrahlung der Planeten . . . . . . . . . . . . .
Innerer Aufbau von Planeten . . . . . . . . . . . . .
Aufbau der Planetenatmosphären . . . . . . . . . . .
Stabilität von Planetenatmosphären . . . . . . . . . .
Stabilität eines Satelliten gegenüber Gezeitenkräften .
Die erdähnlichen Planeten . . . . . . . . . . . . . . .
Die jupiterartigen Planeten . . . . . . . . . . . . . .
Der Asteroidengürtel . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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22
22
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23
26
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29
30
31
36
38
I
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3.12 Kometen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.13 Der Kuiper-Gürtel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.14 Extrasolare Planetensysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
40
40
4 Stellarphysik
4.1 Massen und Radien von Sternen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1.1 Sternradien- und Leuchtkräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1.2 Sternmassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Masse-Leuchtkraft-Beziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3 Klassifizierung von Sternspektren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.4 Hertzsprung-Russel- und Farben-HelligkeitsDiagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5 Sternatmosphären . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5.1 Anregungs- und Ionisationsniveaus, Saha-Gleichung . . . . . . .
4.5.2 Aufbau der Sternatmosphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5.3 Spektrale Energieverteilung grauer Atmosphären . . . . . . . . .
4.5.4 Fraunhofer-Linien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.6 Innerer Aufbau und Energieerzeugung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.6.1 Hydrostatisches Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.6.2 Energietransport und Temperaturschichtungen im Sterninneren
4.6.3 Energieerzeugung durch Kernfusion . . . . . . . . . . . . . . . .
4.6.4 Stabilität der Sterne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.6.5 Grundgleichungen zum Sternaufbau . . . . . . . . . . . . . . . .
4.6.6 Energietranport durch Strahlung oder Konvektion? . . . . . . .
4.7 Nach-Hauptreihen-Entwicklung von Sternen . . . . . . . . . . . . . . .
4.8 Bestimmung der Alter von Sternhaufen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.9 Endphasen der Sternentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.10 Sternentstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.10.1 Molekülwolken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.10.2 Gravitationsinstabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.10.3 Das Drehimpulsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.10.4 Beginn des protostellaren Kollaps´ . . . . . . . . . . . . . . . .
4.10.5 Bildung einer Akkretionsscheibe . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.10.6 T-Tauri-Sterne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
47
47
47
50
52
II
53
54
54
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70
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75
76
77
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83
86
86
86
87
87
88
91
Literatur zur Astrophysik I
1. Karttunen, Kröger, Oja, Poutanen, Donner (Hrsg.): Astronomie – Eine Einführung,
Springer Verlag, Heidelberg u. a., 1997
2. Unsöld, Baschek: Der neue Kosmos, 7. Aufl., Springer Verlag, Heidelberg u. a.,
2002
3. Scheffler, Elsässer: Physik der Sterne und Sonne, BI Wissenschaftsverlag, 1974
4. Weigert, Wendker: Astronomie und Astrophysik – Ein Grundkurs, 3. Aufl., VCH
Verlag, Weinheim u. a., 2001
5. Voigt: Abriss der Astronomie, 5. Aufl., Spektrum Akadamischer Verlag
6. Gürtler, Dorschner: Das Sonnensystem, J. A. Barth Verlag
III
Kapitel 1
Strahlung kosmischer Objekte
1.1
Intensität, Flussdichte, Leuchtkraft
Name
Spez. Intensität
Intensität
Flussdichte
Symbol
Iν
I
Fν
Einheit
W m−2 Hz−1 sr−1
W m−2 sr−1
W m−2 Hz−1
F
L
W m−2
W
Spez. Leuchtkraft
Spez. Energie
Lν
dEν
W Hz−1
J
Energie im Volumen dV
dE
J
Energiedichte
du
J m−3
Gesamtenergiedichte
u
J m−3
Gesamtflussdichte
Leuchtkraft (=Fluss)
Erklärung
R∞
I = 0 Iν dν
Strahlungsleistung
pro Flächeneinheit
R
Fν = Rs Iν cos θ d ω
F = s I cos θ d ω
L = (ωr2 ) F
Leistung, die durch eine
Fläche hindurchgeht
Lν = (ωr2 ) Fν
Energie im Frequenzintervall
[ν, ν + dν]
dEν = Iν cos θ dA dν dω dt
dE = I cos θ dA dω dt
= Ic dω · dV (cosθ = 1)
dE
du = dV
= Ic d ω
Energiedichte der Strahlung aus
einem Raumwinkel
dω
R
u = Ic s I dω
Bemerkung
(1) (2)
(1) (2)
(3)
(3)
(4)
(4)
(1)
Bemerkungen:
(1) Integration über alle Richtungen
(2) dω = sin θ dθ dφ: Raumwinkel, aus der die Strahlung empfangen wird (s. Abb.
1.1.1)
(3) ωr2 : Fläche, durch die die Strahlung hindurchtritt
(4) dA · dt = dA ·
ds
c
=
dV
c
, dV : Volumenelement, c: Lichtgeschwindigkeit
1
Abbildung 1.1.1: Erklärung des Raumwinkels
Man spricht von isotroper Strahlung, wenn I unabhängig von der Richtung ist. Dann
gilt mit dω = sin θ dθ dφ :
Z π Z 2π
cos θ sin θ d φ d θ = 0,
(1.1.1)
F = I
φ=0
θ=0
d. h. es tritt der gleiche Fluss ein wie aus.
Die Strahlungsmenge, die durch eine Fläche hindurchfließt, ist
Z
π/2
Z
2π
cos θ sin θ d φ d θ = π I.
F = I
θ=0
(1.1.2)
φ=0
Für isotrope Strahlung ergeben sich
F = π I,
(1.1.3)
L = 4 π r2 F
(1.1.4)
(d.h. Gesamtleuchtkraft eines eingeschlossenen Objekts unabhängig von der Entfernung
r) und
4π
I.
(1.1.5)
c
Die gebräuchliche Einheit für die Flussdichte ist das Jansky; 1 Jy = 10−26 W m−2 Hz−1 .
u =
2
1.2
Helligkeiten
1.2.1
Scheinbare Helligkeiten
1. Definition von N. R. Pogson, 1856:
√
Helligkeit (Klasse m) : Helligkeit (Klasse m+1) = 5 100
= 2,512
2. Definition:
Einer gewählten Flussdichte F0 entspricht die Größenklasse 0.
Daraus folgt für die Größenklasse m eines Objektes mit der Flussdichte F
m = −2.5 log
F
.
F0
(1.2.1)
Beweis:
m − (m + 1) = −2.5 log
= −2.5
√
Fm
5
= −2.5 log 100 = −2.5 log 1001/5
Fm+1
1
log 100 = −1.
5
(1.2.2)
Größendifferenz zweier Sterne:
∆ m = m1 − m2 = −2.5 log
F1
.
F2
(1.2.3)
Beispiele für scheinbare Helligkeiten:
Sonne:
Vollmond:
Sirius:
schwächste beobachtbare Objekte:
- 26.8 mag
- 12.5 mag
- 1.5 mag
∼ 25 mag
Bei der Angabe einer scheinbaren Helligkeit muss immer der Spektralbereich,
für den diese Helligkeit gilt, angegeben werden. Folgende Spektralbereiche werden häufig benutzt:
U (ultraviolett)
B (blau)
V (sichtbar=visuell)
R (rot)
I (infrarot)
3
Abbildung 1.2.1: Wellenlängenintervalle der UBVRI- und uvby-Systeme und deren effektive (≈ mittlere) Wellenlängen
Abbildung 1.2.2: Relative Duchlässigkeiten der Filter für das UBVRIHelligkeitssystem. Die Maxima der einzelnen Helligkeitsintervalle
sind auf 1 normiert.
Weiterhin wird auch noch die bolometrische Helligkeit mbol benutzt, die die gemessene Strahlung bei allen Wellenlängen zu Grunde legt. I. A. gilt
mbol ≤ mv .
(1.2.4)
Ein Farbenindex ist die Differenz zweier Helligkeiten desselben Objekts bei verschiedenen Farben. Die Konstante F0 wird so gewählt, dass für Sterne des Spektraltyps A0 (z.B. Wega) gilt: U − B ≡ B − V ≡ 0 mag.
4
1.2.2
Absolute Helligkeiten
Scheinbare Helligkeiten hängen von der Entfernung ab und geben somit keine Informationen über die tatsächlichen Helligkeiten von Sternen.
Definition der absoluten Helligkeit:
Absolute Helligkeit eines Sterns = scheinbare Helligkeit des Sterns in 10 pc Entfernung (1 pc = 3, 0857 · 1016 m).
µ
¶2
F (r)
10pc
−2
F (r) ∝ r ,→
=
(1.2.5)
F (10pc)
r
bzw.
µ
m − M = −2.5 log
10pc
r
¶2
= −5 log
10pc
r
= 5 log
.
r
10pc
(1.2.6)
Es gilt die Beziehung zwischen Absoluthelligkeit und Leuchtkraft:
Mbol − Mbol,¯ = −2.5 log
L
;
L¯
(1.2.7)
die absolute bolometrische Helligkeit Mbol = 0 mag entspricht einer Leuchtkraft von
L0 = 3 · 1028 W.
1.2.3
Extinktion und Rötung des Sternlichts
Der Raum zwischen einer kosmischen Strahlungsquelle und einem Beobachter auf der
Erde ist nicht leer. Interstellare Materie bewirkt:
- Absorption (und Re-Emission bei anderen Wellenlängen)
- Streuung
von Sternlicht.
Die Gesamtheit der Strahlungsverluste wird als Extinktion bezeichnet.
Korrektur des Entfernungsmoduls m − M :
m − M = 5 · log
r
+A
10pc
(1.2.8)
A: Extinktion in Größenklassen
Die Rötung des Sternlichts durch Streuung wird als Farbexess bezeichnet. Es gilt:
V = MV + 5 · log
5
r
+ AV
10pc
(1.2.9)
B = MB + 5 · log
r
+ AB
10pc
(1.2.10)
⇒ B − V = (MB − MV ) + (AB − AV )
(1.2.11)
= (B − V )0 + EB−V .
| {z }
| {z }
(1.2.12)
Normalfarbe
Farbexess
Im interstellaren Raum gilt in guter Näherung:
AV = 3, 0 · EB−V .
1.3
1.3.1
(1.2.13)
Strahlungsmechanismen
Grundlagen
I. Strahlung besteht aus Photonen, die die Energie eines Atoms um ∆E = hν
verändern.
h: Plancksches Wirkungsquantum; h = 6, 67 · 10−34 J s
ν: Frequenz des Lichts
II. Atome besitzen Linienspektren; heiße, dünne Gase produzieren Emissionsspektren, kühle Gase vor einer Quelle weißen Lichts Absorptionsspektren.
III. Atome besitzen einen Grundzustand und angeregte Zustände (höhere Energieniveaus); typische Lebensdauer eines angeregten Zustandes ∼ 10−8 s; Übergänge
zwischen den Zuständen sind unter Absorption bzw. Emission von Strahlung
möglich.
IV. Übergangsformen zwischen den Energienieveaus eines Atoms: Absorption, Emission (spontan u. induziert), Ionisation, Rekombination, frei-frei.
V. Strahlung ist auch eine elektromagnetische Welle und ist deswegen polarisierbar.
VI. Streuung ist eine Absorption, gefolgt von einer sofortigen Emission bei gleicher
Wellenlänge, aber in eine andere Richtung.
1.3.2
Das Wasserstoffatom
Energieniveaus im Wasserstoffatom nach dem Bohrschen Atommodell:
1
m e4
1
·
En = −
= −13.6 eV · 2
2 2 n2
2
n
32 π ²0 h̄
m: Elektronenmasse
e: Elementarladung
ε0 : Dielektrizitätskonstante
h
h̄ = 2π
n: Hauptquantenzahl; n = 1, 2, 3, ...
6
(1.3.1)
Abbildung 1.3.1: Verschiedene Arten des Übergangs zwischen den Energieniveaus. Absorption und Emission laufen zwischen zwei gebundenden Zuständen
ab, während Ionisation und Rekombination zwischen einem gebundenen und einem freien Zustand ablaufen. Die Wechselwirkung eines
Atoms mit einem freien Elektron kann zu einem frei-freien Übergang
führen.
1 eV: 1, 6 · 10−19 J
Übergangsenergien:
µ
En→m = 13, 6 eV
1
1
−
m2
n2
¶
= hν = h
c
λ
Wellenlänge der absorbierten/emittierten Strahlung λ:
µ
¶
µ
¶
1
1
13, 6 eV
1
1
−1
λ =
− 2 = R
− 2
hc
m2
n
m2
n
R = 1, 097 · 107 m−1 (Rydberg-Konstante)
n = 1: Lymen-Serie (UV)
n = 2: Balmer-Serie (VIS)
n = 3: Paschen-Serie (IR)
n = 4: Brackett-Serie (IR)
n = 5: Pfund-Serie (IR)
7
(1.3.2)
(1.3.3)
Abbildung 1.3.2: Die Übergänge des Wasserstoffatoms. Das untere Bild zeigt einen
Teil des Spektrums des Sterns HD 193182. Auf beiden Seiten des
Sternspektrums sehen wir ein Emissionsspektrum des Eisens. Die
Wellenlängen dieser Orientierungslinien sind bekannt und können genutzt werden, um die Wellenlängen im beobachteten Sternspektrum
zu bestimmen. Die Balmerlinien des Wasserstoffs sind als dunkle Absorptionslinien zu erkennen, die am linken Ende gegen die BalmerIonisationsgrenze (auch Balmersprung genannt) bei λ = 364, 7 nm
konvergieren. Die Zahlen (15,....,40) bezeichnen die Quantenzahl n
höherer Energieniveaus. (Foto Mt. Wilson Observatory)
8
1.3.3
Quantenzahlen, Auswahlregeln, Besetzungszahlen
I. Quantenzahlen:
n : Hauptquantenzahl
l: Bahndrehimpuls-Quantenzahl
ml : magnetische Quantenzahl
ms : Spinquantenzahl
II. Auswahlregeln:
Erlaubte Übergänge: ∆ l = ± 1 (elektrische Dipolübergänge)
Verbotene Übergänge: ∆ l 6= ± 1 (magnetische Dipol-, Quadropol-Übergänge)
Verbotene Linien können nur in extrem verdünnten Gasen (z. B. Planetarische
Nebel) beobachtet werden.
Der Hyperfeinstruktur-Übergang des Wasserstoffs (magnetischer Dipol-Übergang)
hat eine Lebensdauer von τ = 1, 1 · 107 Jahren; Abregung normalerweise durch
Stöße; im interstellaren Raum sind die mittleren Stoßzeiten aber > τ , sodass der
HFS-Übergang in Emission bei einer Wellenlänge von λ = 21 cm (Radiostrahlung) beobachtet werden kann.
III. Besetzungszahlen:
Im thermodynamischen Gleichgewicht gilt für die Besetzungszahl ni eines angeregten Zustandes der Energie Ei bzgl. Grundzustand (Index 0)
µ
¶
ni
gi
Ei − E0
=
· exp −
(Boltzmann − Verteilung)
n0
g0
kT
(1.3.4)
T : Temperatur
gi : Statistisches Gewicht des Zustandes i (Bedeutung: Das Energieniveau i ist
gi -fach entartet; für Wasserstoff ist gi ∝ n2 )
1.3.4
Molekül- und Festkörperspektren
Moleküle bestehen aus mehreren Atomen, die gegeneinander schwingen und um ihr
Massezentrum rotieren können; auch Schwingungs- und Rotationszustände sind gequantelt; Schwingungsübergänge liegen meist im IR-, Rotationsübergänge im Mikrowellenbereich. Festkörper besitzen breite Emissions-/Absorptionsbanden.
1.3.5
Schwarzkörperstrahlung
Schwarzkörperstrahlung = Hohlraumstrahlung = thermische Strahlung
Spezifische Intensität: (Achtung: hieß in Kap. 1.1 Iν !)
9
Bν =
2hν 3
1
[W m−2 Hz−1 sr−1 ]
2
c exp(hν/kT) − 1
(1.3.5)
(Plancksches Strahlungsgesetz)
oder:
2hc2
1
Bλ =
[W m−2 m−1 sr−1 ]
5
λ exp(hc/λ kT) − 1
(1.3.6)
Bν dν = −Bλ dλ
(1.3.7)
dν
c
= − 2 (aus λ · ν = c)
dλ
λ
(1.3.8)
mit
und
Gesamtintensität:
Z
Z
∞
∞
Bλ dλ =
Bν dν =
B(T ) =
0
0
2k 4 π 4 4
T
c2 h3 15
(1.3.9)
Die Gesamtflussdichte einer isotropen Strahlung ist (s. Kap. 1.1)
F = π B = σ T4
σ = 5, 67 · 10−8 W m−2 K−4
Stefan − Boltzmann − Gesetz
(Stefan − Boltzmann − Konstante)
(1.3.10)
(1.3.11)
Die Wellenlänge der maximalen Intensität ist
λmax · T = const = 2, 90 · 10−3 K · m
Wiensches Verschiebungsgesetz
(1.3.12)
Näherungen des Planckschen Strahlungsgesetzes:
I. Wiensche Näherung:
hc
λ ¿ λmax → e λ k T À 1
(1.3.13)
2 h c2 −h c/λ k T
e
λ5
(1.3.14)
Bλ (T) =
II. Rayleigh-Jeans-Näherung:
λ À λmax → ehc/λ k T ≈ 1 + h c/λ k T
Bλ (T ) =
10
2ckT
λ4
(1.3.15)
(1.3.16)
Abbildung 1.3.3: Die Intensitätsverteilung Schwarzer Körper bei Temperaturen von
12000 K, 9000 K und 6000 K. Da sich die Temperaturen wie 4:3:2
verhalten, stehen die vom Wienschen Verschiebungsgesetz gegebenen
Wellenlängen der maximalen Intensität im Verhältnis 1:4, 1:3 und
1:2, bzw. verhalten sich wie 3:4:6. Die absoluten Wellenlängen der
Maxima sind 241,5 nm, 322 nm und 483 nm. Die Gesamtintensitäten
bzw. die Flächen unter den Kurven sind proportional zu 44 , 34 und
24 .
Leuchtkraft eines Sterns:
L = 4 π R2 F
R: Sternradius
F: Flussdichte an der Sternoberfläche
oder normiert:
µ
¶2 µ ¶4
T
L
R
·
.
=
L¯
R¯
T¯
(1.3.17)
(1.3.18)
Absolute Helligkeit eines Sterns:
Mbol − M¯ = −2.5 log
R
T
L
= − 5 log
− 10 log
L¯
R¯
T¯
11
(1.3.19)
1.3.6
Nicht-thermische Strahlung
I. Laser und Maser:
Nach der Boltzmannverteilung sind immer mehr Elektronen im Grund- als in
jedem angeregten Zustand; eine Besetzungs-Inversion ist jedoch möglich, wenn z.
B. ein metastabiler Zwischenzustand existiert.
Abbildung 1.3.4: Das Wirkungsprinzip von Laser und Maser. In einem metastabilen
Zustand (einem Zustand mit relativ langer mittlerer Lebensdauer)
werden Atome angesammelt; es gibt mehr Atome im metastabilen
Zustand als im Grundzustand. Diese Besetzungsinversion wird aufrechterhalten, indem man Atome durch Strahlung auf einen höheren
Anregungszustand bringt (”Pumpen”), von dem sie spontan in das
metastabile Niveau übergehen. Wenn die Atome mit Photonen bestrahlt werden, deren Energie gleich der Anregungsenergie des metastabilen Zustands ist, induzieren diese Photonen weitere Strahlung
der gleichen Wellenlänge; durch diese induzierte Emission wird die
Intensität der kokärenten Strahlung verstärkt.
Stimulierte Emission (kohärent und monochromatisch) wird beispielsweise in interstellaren Molekülwolken gefunden.
II. Synchrotronstrahlung:
Beschleunigte Bewegung elektrischer Ladungen in Magnetfeldern.
III. Bremsstrahlung:
Beschleunigte Bewegung elektrischer Ladungen in elektrischen Feldern.
1.4
Strahlungstransport
Ausbreitung der Strahlung von der Quelle bis zur Detektierung.
Änderung der Gesamtstrahlungsenergie dE in einem Zylinder mit Grundfläche dA (Verbindung Quelle-Erde ⊥ dA) und Länge dr:
dE = dIν dA dν dω dt
Absorbierte Energie im Zylinder:
12
(1.4.1)
dEabs = aν Iν dr dA dν dω dt
(1.4.2)
aν : Opazität des Mediums bei der Frequenz ν; [aν ] = m−1 = m2 m−3
Abgestrahlte Energie im Zylinder:
dEem = jν dr dA dν dω dt
(1.4.3)
jν : Emissionskoeffizient des Mediums bei der Frequenz ν; [jν ] = Wm−3 Hz−1 sr−1
dE = − dEabs + dEem
(1.4.4)
dIν = − aν Iν dr + jν dr
(1.4.5)
dIν
jν
= −Iν +
.
aν dr
aν
(1.4.6)
oder
oder
Mit der Ergiebigkeit Sν = ajνν ([Sν ] = [Iν ] = W m−2 Hz−1 sr−1 )und der optischen Tiefe
τν (dτν = aν dr) ergibt sich die Grundgleichung des Strahlungstransports:
dIν
= − Iν + Sν
dτν
(1.4.7)
Beispiel:
Strahlung durchsetzt eine nicht-emittierende (Sν = 0) und homogene (aν = const.)
Schicht der Dicke s (dτν = aν dr):
Z Iν
Z s
dIν
=
− αν dr
(1.4.8)
Iν (0) Iν
0
→ Iν = Iν (0) e− αν s = Iν (0) e−τν (s)
1.5
(1.4.9)
Temperaturen
Die Temperatur ist nur eindeutig im thermodynamischen Gleichgewicht definiert.
Für alle anderen Fälle benutzt man Temperaturdefinitionen, die einzelne Erscheinungen
beschreiben:
• Effektivtemperatur Tef f
Temperatur eines schwarzen Körpers, der dieselbe Gesamtstrahlungsflussdichte
wie der Stern aufweist, d. h.
4
F = σ Tef
f
(Gesamtflussdichte an der Oberfläche)
13
(1.5.1)
Mit L = 4 π R2 F und F 0 =
erhält man
L
4 π r2
µ
0
F =
R
r
(Gesamtflussdichte am Ort des Beobachters)
¶2
F =
³ α ´2
2
4
σ Tef
f,
(1.5.2)
wobei α = 2R
der Winkeldurchmesser (nur in Ausnahmefällen interferometrisch
r
messbar!) des Sterns ist.
• Strahlungstemperatur Ts
Für isotrope Strahler, bei denen für die Wellenlänge λ für die Flussdichte Fλ =
π Bλ (Ts ) gilt, erhält man
Fλ0
=
³ α ´2
2
π Bλ (Ts ).
(1.5.3)
• Farbtemperatur TF
Für Sterne, deren Winkeldurchmesser α unbekannt ist, benutzt man zwei Wellenlängen λ1 , λ2 :
Fλ0 1
Bλ1 (TF )
λ52 exp (hc/λ2 kTF ) − 1
=
,
=
Fλ0 2
Bλ2 (TF )
λ51 exp (hc/λ1 kTF ) − 1
(1.5.4)
F0
und mit mλ1 −mλ2 = −2.5 log Fλ0 1 +const ergibt sich mit der Wienschen Näherung
λ2
(s. Gl. 1.3.14)
µ
mλ1 − mλ2 = − 2.5 log
|
{z
λ2
λ1
¶5
hc
+ 2.5
kTF
}|
µ
1
1
−
λ1
λ2
{z
a
¶
log e + const (1.5.5)
}
b
TF
Bestimmung der Konstanten durch die Definition B − V = 0 für A0-Sterne
• Kinetische Temperatur Tk
Mittlere kinetische Energie eines Moleküls mit Masse m und mittlerer thermischer
Geschwindigkeit v:
Ek =
3
1
m v 2 = k Tk
2
2
→ Tk =
mv 2
.
3k
Für ideale Gase gilt für den Druck P (n: Molekül-Anzahldichte):
14
(1.5.6)
(1.5.7)
P = n k Tk .
(1.5.8)
Im thermodynamischen Gleichgewicht gilt:
Tef f = Ts = TF = Tk = T.
15
(1.5.9)
Kapitel 2
Das Gravitationsgesetz und die
Bewegung von Himmelskörpern
2.1
Das Newtonsche Gravitationsgesetz
*
*
F1 = G m1 m2
*
*
r
r3
(2.1.1)
*
*
*
mit G = 6.67 · 10−11 N kg−2 m2 , r = r2 − r1 und r1 , r2 Positionen der gravitativ
wechselwirkenden Massen m1 und m2 .
2.2
Die Bewegungsgleichungen von Himmelskörpern
*
*
¨
m1 r1
= − G m 1 m2
r
r3
(2.2.1)
*
*
¨
m2 r2
= + G m 1 m2
r
r3
(2.2.2)
*
r
(2.2.3)
r3
Dies ist eine vektorielle Differentialgleichung zweiter Ordnung. Vollständige Bestim*
*
˙
mung durch Kenntnis von Ort r und Geschwindigkeit r zu einem Zeitpunkt t. Andere
vollständige Bestimmung durch 6 Bahnelemente (s. Kap. 2.4).
*
¨
=⇒ r =
2.3
*
¨
r2
−
*
¨
r1
= G (m1 + m2 )
Die Lösungen der Bewegungsgleichungen
Die Bahn hat die geometrische Form (s. Abb. 2.3.1)
r =
k 2 /µ
1 + e · cos f
(2.3.1)
*
*
*
˙
(Gleichung für Kegelschnitte in Polarkoordinaten). Hierbei bezeichnen k = r × r den
*
*
*
˙
spezifischen Drehimpuls (L = m2 r × r ist der Drehimpuls), µ = G (m1 + m2 ),
16
*
e die Exzentrizität der Bahn ( e zeigt in Richtung des Perizentrums, bei dem sich die
beiden umkreisenden Körper am nächsten kommen) und f die wahre Anomalie (Winkel
*
*
zwischen Radiusvektor r und e )
Abbildung 2.3.1: Mögliche Bahnformen bei der Kepler-Bewegung: Kreis (e = 0), Ellipse
(0 < e < 1), Parabel (e = 1), Hyperbel (e > 1)
2.4
Die Bahnelemente für geschlossene Bahnen
Bahnform:
große Halbachse a
Exzentrizität e
√
(→ kleine Halbachse = b = a 1 − e2 )
17
Lage der Bahn im Raum:
Bahnneigung (Inklination) i
Länge des aufsteigenden Knotens Ω
Abstand des Perihels vom aufsteigenden Knoten = ω
Position auf der Bahn:
Perihelzeit τ
Abbildung 2.4.1: Die sechs Bahnelemente einer geschlossenen Ellipsenbahn
Zusammenhang zwischen dem Parameter der Bahn k2 /µ (s. Gl. 2.3.1) und der großen
Halbachse
a =
2.5
k 2 /µ
1 − e2
für e < 1
(2.4.1)
Die Keplerschen Gesetze
1. Keplersches Gesetz:
Die Bahn eines Planeten ist eine Ellipse, in deren einem Brennpunkt die Sonne
steht.
2. Keplersches Gesetz:
Der Leitstrahl zwischen Sonne und Planet überstreicht in gleichen Zeiten gleiche
Flächen (s. Abb. 2.5.1).
Die Flächengeschwindigkeit beträgt Ȧ =
1
2
*
| k |
Das zweite Keplersche Gesetz ist eine Konsequenz des Drehimpulserhaltungssatzes.
18
Abbildung 2.5.1: Die schattierten Flächen der Ellipse sind gleich groß. Nach dem zweiten Keplerschen Gesetz werden für die Entfernungen AB, CD und
EF gleiche Zeiten benötigt.
3. Keplersches Gesetz:
Das Verhältnis der dritten Potenzen der großen Halbachsen zweier Planeten ist
gleich dem Verhältnis der Quadrate ihrer Umlaufzeiten.
I
Z
P
dA =
Ȧ dt
(2.5.1)
0
Z
dA =
| Bahnumlauf
{z √ }
π ab = π a2 1−e2
1
2
⇒ P2 =
kP =
1
2
Z P
1
k
dt
2
0
|√ {z }
P·
(2.5.2)
G (m1 + m2 ) a (1−e2 )
4π 2
a3
G (m1 + m2 )
(2.5.3)
Näherung für das Sonnensystem (m1 À m2 ):
µ
2.6
P
1 Jahr
¶2
=
³ a ´3
1 AE
1 AE = 1, 496 · 1011 m
.
(2.5.4)
Die Entweichgeschwindigkeit
Um sich von einem Körper der Masse m1 beliebig weit (d. h. unendlich weit) entfernen zu können, benötigt ein Körper der Masse m2 eine Mindestgeschwindigkeit, die so
genannte Fluchtgeschwindigkeit vc .
Energieerhaltung liefert
m2 µ
1
m2 vc2 =
2
R
19
(2.6.1)
bzw.
r
2G (m1 + m2 )
,
(2.6.2)
R
wenn R die Ausgangsentfernung ist, bei der sich m mit vc bewegt. Ausgedrückt über
die Kreisbahngeschwindigkeit im Abstand R
r
2πR
G (m1 + m2 )
vk =
=
(2.6.3)
P
R
ergibt sich
vc =
vc =
√
2 vk .
(2.6.4)
Bei der Bahn der Erde um die Sonne erhält man vk ≈ 30 km/s und vc ≈ 42 km/s.
2.7
Der Virialsatz
Für geschlossene Systeme von Körpern, die nur der Gravitation unterliegen, gilt im
zeitlichen Mittel für das Gesamtsystem das Virialtheorem
1
< U >,
(2.7.1)
2
wobei T die kinetische Gesamtenergie und U die potenzielle Energie des Systems sind.
< T >= −
U1,2 = − G mr212m1
Potenzielle Energie von Punktmassen:
Potenzielle Energie einer homogenen Kugel:
2.8
U = − 35
(m1 À m2 )
GM 2
R
Die Jeans-Grenze
Anwendung des Virialsatzes auf gravitierende Gaswolken (Sir James Jeans, 1902):
< T >= p · V =
< U >= −
ρ k B Tk
M k B Tk
·V =
µm
µm
3
M2
3 G M2
= − Gp
,
3
5 R
5
M/ρ
mit µm : Molekulargewicht; ρ: Dichte der Wolke. Der Virialsatz liefert nun
r
M J k B Tk
3
ρ
2 3
=
G MJ
µm
10
MJ
µ
=⇒ MJ =
10
3
¶3/2
1
10 kB Tk
2/3
· √
= MJ
3
3 µm G
ρ
µ ¶3/2
µ
¶3/2
10
kB Tk
1
= 6, 1
√ ;
µm G
ρ
3
20
(2.8.1)
(2.8.2)
(2.8.3)
(2.8.4)
(2.8.5)
Gravitativer Kollaps von Wolken mit M > MJ , denn dann überwiegt die Gravitationsenergie die kinetische Energie (und damit den Druck) der Wolke; wichtig für
Sternentstehung in Molekülwolken.
³
Jeans-Masse: MJ = 5, 46 ·
kB Tk
µm G
Kollaps für M > MJ
Jeans-Radius: RJ =
1
5
GM
Kollaps für R < RJ
21
µm
kT
´3/2
√1
ρ
Kapitel 3
Das Sonnensystem
3.1
Die Erdbahn
Definitionen des Jahres:
a) Siderisches Jahr (Sternjahr)
Dauer eines Umlaufs der Erde um die Sonne (wobei nach einem Jahr die Sonne
in Bezug auf die Sterne wieder an der gleichen Stelle steht):
365,25636 mittlere Sonnentage
b) Tropisches Jahr
Verschiebung des Frühlingspunkts (Schnittpunkt Himmelsäquator-Ekliptik; parallel Erdäquator) durch Präzession um 50”/Jahr entlang der Ekliptik; Dauer
zwischen zwei Durchgängen der Sonne durch den Frühlingspunkt:
365,24220 Tage (entspricht vier Jahreszeiten)
c) Anomalistisches Jahr
Dauer zwischen zwei Periheldurchgängen der Erde (beeinflusst durch Störungen
anderer Planeten):
365,25946 Tage
Schiefe der Ekliptik:
Neigung der Erdachse gegenüber der Erdbahn unterliegt (nichtperiodischen) Störungen.
² = 23.452294◦ − 0, 00013◦ t [Jahre]
∧
t = 0 = Jahr 1900
1 AE = 1, 49597870 · 1011 m
e = 0, 0167
ca. 147 − 152 · 106 km
Große Halbachse der Erdbahn:
Exzentrizität der Erdbahn:
Abstand Erde-Sonne:
22
3.2
Die Mondbahn
Siderischer Monat (wahrer Monat): 27,322 Tage
Synodischer Monat (Dauer der Mondphasen): 29,531 Tage
Mittlere Entfernung Erde-Mond: 384.400 km
Exzentrizität: ² = 0, 055
Abstand Mond-Erde: 356.400 - 406.700 km
(Scheinbarer Winkeldurchmesser 29, 4´ - 33, 5´)
Rotationsperiode des Mondes: 27,322 Tage (gebundene Rotation)
ABER: Rotationsgeschwindigkeit ist konstant, Bahngeschwindigkeit ist nicht konstant
(2. Keplersches Gesetz) ⇒ 59 % der Mondoberfläche sind sichtbar
Neigung der Mondbahn gegen Ekliptik: ca. 5◦
Gezeitenwirkungen im Mond-Erde-System:
• Gezeiten (Meeresspiegel-Variation ca. 1 m; Erdkruste ca. 0,3 m)
• Abbremsung der Rotation der Erde
• Vergrößerung der Mondbahn (um ca. 1 cm/Umlauf)
3.3
Die Albedo planetarer Körper
Albedo = Rückstrahlvermögen
Flussdichte der Sonnenstrahlung am Ort eines Planeten:
Fp = F¯
2
R¯
r2
(3.3.1)
F¯ : Flussdichte auf der Sonnenoberfläche
R¯ : Sonnenradius
r: Abstand Planet-Sonne
Der Gesamtfluss auf die Planetenoberfläche ist
L = Fp · π R 2
R: Planetenradius
23
(3.3.2)
Die sphärische Albedo (Bond-Albedo) ist definiert als das Verhältnis zwischen zurückgeworfenem und einfallendem Fluss, d. h. der reflektierte Fluss beträgt:
2
R¯
π R2 .
(3.3.3)
r2
Wird die Strahlung isotrop reflektiert, so ist die beobachtbare Flussdichte in der Entfernung ∆
L0 = A · L = A · F¯
L0
(3.3.4)
4 π ∆2
Für anisotrope Reflexion muss die Flussdichte um den Faktor C · φ (α) korrigiert werden, wobei φ (α) die Phasenfunktion mit der Normierung φ (α = 0◦ ) = 1 und C eine
Normierungskonstante darstellen.
F =
C ergibt sich zu
C = Rπ
0
2
φ (α) sin α dα
,
(3.3.5)
und die beobachtete Flussdichte in der Entfernung ∆ ist
2
R¯
C · φ (α)
A
·
F
π R2 .
¯
4 π ∆2
r2
Damit kann die sphärische Albedo ausgedrückt werden als:
F =
A ≡ p·q
p =
Z
CA
4
(3.3.6)
mit
(3.3.7)
geometrische Albedo
(3.3.8)
π
q = 2
φ (α) sin α dα
Phasenintegral
(3.3.9)
0
Die geometrische Albedo ist das Verhältnis der von einem Planeten und von einer
Lambertschen Fläche (A = 1 , φ (α) = cos α für α [0, π2 ], φ (α) = 0 für α ²[ π2 , π])
reflektierten Flussdichten beim Phasenwinkel α = 0◦ .
Phasenkurven: Beobachtbar ist die Phasenfunktion φ (α) nicht direkt, sondern nur
Helligkeiten von planetaren Körpern.
m = V (1, 0) + 5 · log
r∆
− 2, 5 log φ (α)
2
r⊕
r⊕ : Abstand Erde-Sonne
V (1, 0): Scheinbare Helligkeit bei 1 AE Abstand und α = 0◦
24
(3.3.10)
Abbildung 3.3.1: Gebräuchliche Symbole für die photometrischen Formeln
Die Phasenkurve ist definiert als
V (1, α) ≡ m − 5 · log
r∆
= V (1, 0) − 2.5 log φ (α)
r⊕
(3.3.11)
Abbildung 3.3.2: Die Phasenkurven von Mond und Venus. Die absolute Größe V (1, α)
ist normalisiert, sodass V (1, 0) = 0 ergibt.
Man kann zeigen, dass die geometrische Albedo als Funktion der Beobachtungsgrößen
gegeben ist durch:
p =
r ∆ −0.4(m0 − m¯ )
10
r⊕ R
m0 = m (α = 0◦ )
m¯ = scheinbare Helligkeit der Sonne.
25
(3.3.12)
Weitere Effekte und Methoden:
• Oppositionseffekt ∝ ≈ 0 − 10◦ : keine Schatten, kohärente Rückstreuung (für
atmosphärelose Körper)
• Polarisation/Polarimetrie: maximal bei α ≈ 90◦ (für atmosphärelose Körper)
• Spektroskopie/Spektrophotometrie: chemische/mineralogische Zusammensetzung
3.4
Wärmestrahlung der Planeten
Strahlungsfluss an der Sonnenoberfläche:
2
L = 4 π R¯
σ T¯4
Stefan − Boltzmann − Gesetz
(3.4.1)
R¯ : Sonnenradius
T¯ : Oberflächentemperatur der Sonne
Absorbierte Sonnenstrahlung:
Labs
π R2
= (1 − A) · L
4 π r2
(3.4.2)
R: Planetenradius
r: Abstand Planet-Sonne
Annahmen:
1. thermisches Gleichgewicht
2. langsame Rotation (unbeleuchtete Seite hat Zeit abzukühlen und trägt nicht zur
Wärmestrahlung bei)
Emittierte Strahlung:
Lem = 2 π R2 σ T 4 = Labs
µ
⇒
T = T¯
1−A
2
¶1/4 µ
R¯
r
(3.4.3)
¶1/2
(3.4.4)
Annahme: Schnelle Rotation (gesamte Oberfläche hat dieselbe Temperatur)
¶1/4 µ
¶1/2
R¯
1−A
(3.4.5)
⇒
T = T0
4
r
Wahre Temperaturen auf Planetenoberflächen können z. T. deutlich über diesen theoretischen Temperaturen liegen.
µ
Gründe:
1. Atmosphären → Treibhauseffekt
2. Innere Wärmequellen
26
Abbildung 3.4.1: Theoretische und beobachtete Temperaturen von einigen Planeten.
∧
∧
(8.25) = Gl. 3.4.4, (8.26) = Gl. 3.4.5
3.5
Innerer Aufbau von Planeten
Der Druckverlauf im Inneren eines Planeten wird durch das hydrostatische Gleichgewicht
bestimmt. Innerhalb einer Kugel vom Radius r befindet sich die Masse
Z
V (r)
Z
0
r
0
ρ (V ) dV =
M (r) =
ρ (r0 ) 4 π r0 2 dr0
(3.5.1)
0
0
V (r): Volumen innerhalb r
ρ (r): radialer Dichteverlauf
oder
d M (r)
= 4 π r2 ρ (r) .
dr
(3.5.2)
An der Oberfläche der Kugel mit Radius r herrscht eine Schwerebeschleunigung von
g (r) =
G · M (r)
.
r2
(3.5.3)
G: Gravitationskonstante
Im Bereich des Volumenelements ändert sich der Druck p gemäß der Gleichung
Kraft = Masse · Beschleunigung
− dp · dA = ρ (r) · dA · dr · g (r) .
(3.5.4)
dA: Flächenelement
Damit lässt sich die hydrostatische Gleichung ableiten:
dp
G M (r)
= − ρ (r) g (r) = − ρ (r)
.
dr
r2
Spezialfall homogene Kugel, d. h. ρ (r) = ρ = const.:
27
(3.5.5)
Für den Druck im Mittelpunkt der Kugel mit Radius R und Gesamtmasse M gilt
Z
0
dp
dr
R dr
Z R
G M (r)
= ρ
dr
r2
0
Z R
G M ³ r ´3
= ρ
dr
r2
R
0
1 GM
= ρ
2
R
pc =
(3.5.6)
µ
³ r ´3 ¶
M (r)
=
M
R
(3.5.7)
(3.5.8)
(3.5.9)
Für alle Körper, bei denen ρ (r) nach innen monoton zunimmt, gibt pc den Maximalwert des Drucks an.
Beispiel Erde:
M = 5, 97 · 1024 kg
ρ = 5.500 kg m−3
R = 6, 38 · 106 m
G = 6, 67 · 10−11 m3 s−2 kg−1
,→ pc = 1, 7· 1011 Pa ' 1, 7 Mbar (der wahre Wert ist um etwa einen Faktor 2 größer).
I. A. benötigt man zur Lösung der hydrostatischen Gleichung die
Zustandsgleichung der Materie
p = p (ρ, T , chemische Zusammensetzung)
,
d. h. im radialsymmetrischen Fall wird benötigt ρ = ρ (r) , T = T (r) ,
chemische Zusammensetzung = chemische Zusammensetzung (r).
3.6
Aufbau der Planetenatmosphären
Die Druckschichtung einer Planetenatmosphäre wird durch die hydrostatische Gleichung beschrieben. Für geometrisch dünne Atmosphären ist die Schwerebeschleunigung
konstant, d. h. g = GRM
2 . Mit h = r − R (Höhe über der Oberfläche) ergibt sich
dp
= − g · ρ (h)
dh
.
(3.6.1)
Die Zustandsgleichung des idealen Gases verbindet p und ρ:
p = ρ
kT
µ mu
1
µ: mittleres Molekulargewicht (in Einheiten von Mu = 12
m(6 C))
1
−27
6
mu = 1, 66 · 10 kg: = 12 m( C) Atommassenkonstante.
28
(3.6.2)
Daraus ergibt sich
dp
g µ mu
dh
= −
dh = −
p
kT
H
(3.6.3)
mit der Skalenhöhe
H =
kT
g µ mu
.
(3.6.4)
Für H = const, d. h. für g = const, T = const, µ = const kann man die Differentialgleichung integrieren:
p = p0 e−h/H
(barometrische Höhenformel)
(3.6.5)
mit dem Druck am Boden p0 = p (h = 0).
3.7
Stabilität von Planetenatmosphären
Nach der kinetischen Gastheorie haben Moleküle eines Gases mit der Masse m und der
Temperatur T eine wahrscheinlichste Geschwindigkeit
r
2 kT
.
(3.7.1)
v =
m
Die Entweichgeschwindigkeit von einem Himmelskörper der Masse M mit Radius R ist
r
2GM
ve =
.
(3.7.2)
R
Für ve ≥ v kann ein Körper keine Atmosphäre über längere Zeit halten, aber auch für
>
ve ∼ v kann es zu einem langsamen Entweichen der Atmosphäre kommen (MaxwellSchwanz der Molekülgeschwindigkeit).
29
3.8
Stabilität eines Satelliten gegenüber Gezeitenkräften
Annahmen über den Satelliten:
• Kreisbahn
• keine Kohäsionskräfte; nur Gravitation (d. h. gültig für nicht zu kleine Monde).
Wir betrachten einen Zentralkörper der Masse M , des Radius R, der mittleren Dichte
ρ und einen Satelliten mit den Größen Ms , Rs , ρs . Die gegenseitige gravitative Anziehung der beiden Mondhälften kann durch G · Ms /2R·2Ms /2 abgeschätzt werden.
s
Die Gezeitenkraft, die die beiden fiktiven Massen Ms /2 auseinanderzieht, ist G · M ·
Ms · Rr3s , wenn r der Radius der Mondbahn ist.
Bedingung für die Stabilität des Satelliten:
G·
Ms2
M M s Rs
≥ c·G
2
4 Rs
r3
c = O(1)
(3.8.1)
(lokale Dichte ≥ globale Dichte!).
Mit M =
4
3
π ρ R3 und Ms =
4
3
π ρs Rs3 erhält man
r
≥ (4c)1/3
R
µ
ρ
ρs
¶1/3
.
(3.8.2)
Genauere Betrachtung durch E. Roche (1850) ergibt für einen gebundenen rotierenden
Satelliten
r
≥ 2.44
R
µ
ρ
ρs
¶1/3
(lokale Dichte ≥ 14,5 · globale Dichte).
30
(3.8.3)
3.9
Die erdähnlichen Planeten
Abbildung 3.9.1: Radius-Dichte-Diagramm planetarischer Himmelskörper. Liegende
Kreuze: Planeten; stehende Kreuze: Planetoiden (beide durch ihre
Symbole bzw. ihre Nummer im Kreis gekennzeichnet); offener Kreis:
Erdmond; gefüllte Kreise: Galileische Jupitermonde; gefüllte Dreiecke: große Saturnmonde; gefüllte Quadrate: große Uranusmonde; offene Dreiecke: Triton (Spitze nach unten), Charon (Spitze nach oben).
Während sich bei den Gesteinsplaneten solche mit großem Eisenkern deutlich von den anderen absondern, ist bei den Eisplaneten
der Übergang von denen mit großem Gesteinskern zu denen ohne
nennenswerten Kern fließend. Jupiter und Saturn liegen dicht an der
theoretischen Kurve für reine Wasserstoffplaneten.
31
Merkur
Siderische Umlaufzeit [a]
0,241
Große Halbachse [AE]
0,388
Exzentrizität
0,206
Neigung gegenüber Ekliptik
7,0◦
Masse [MErde ]
0,055
Äquatorradius [RErde ]
0,38
5,43
Mittlere Dichte [g/cm3 ]
Siderische Rotationsdauer [d] 58,65
Neigung des Äquators
gegen Bahnebene
Monde
2◦
-
32
Venus
0,615
0,723
0,007
3,4◦
0,82
0,95
5,24
- 243,0
(retrograd)
3◦
-
Erde
1,000
1,000
0,017
1,00
1,00
5,52
0,997
Mars
1,881
1,524
0,093
1,8◦
0,11
0,53
3,93
1,03
23,5◦ 23,9◦
1
2
Abbildung 3.9.2: oben: die terrestrischen Planeten; unten: die jupiterartigen Planeten
33
Abbildung 3.9.3: Atmosphären der terrestrischen Planeten
Starke Abweichungen zwischen der Effektivtemperatur (bestimmt durch Sonneneinstrahlung, Albedo und Abstrahlung) und der wahren Oberflächentemperatur. Starker
Treibhauseffekt bei Venus, schwacher Treibhauseffekt bei Erde und Mars; starke Albedoschwankungen bei Erde (Land - Wasser, Wolken - klar, Schnee - Land) und Mars
(Polkappen - Land, Staubstürme).
34
Innerer Aufbau:
Erde
Schalenstruktur (bestimmt durch Seismologie);
Kruste: ∼ 0 − 25 km, Gestein, p = 0 − 6 · 108 Pa, ρ = 2, 6 − 3, 4 g/cm3
Mantel: ∼ 25 − 2900 km, Gestein, p = 6 · 108 − 1 · 1011 Pa, ρ = 3, 4 − 9, 9 g/cm3
Kern: ∼ 2900 − 6400 km, flüssiges und festes Eisen, p = 1 − 4 · 1011 Pa, ρ =
9, 9 − 13, 1 g/cm3
Mond
Schalenstruktur (bestimmt durch Seismologie - Mondbeben); kaum radiale Dichtenunterschiede; Zentraldruck p (0) = 4, 7 · 109 Pa;
p (r) = 23 π G ρ2 (R2 − r2 ); (vgl. Kap. 3.5)
Kruste: ∼ 0 − 60/90 km (Vorder-/Rückseite), Gestein
Mantel: ∼ 60/90 − 1500 km, Gestein
Kern: ∼ 1500 − 1700 km, teilweise aufgeschmolzenes Gestein
Merkur
Schalenstruktur (hohe mittlere Dichte); Kern von festem/flüssigem Eisen (Dichte; Magnetfeld)
Venus
Sehr erdähnlich im Aufbau; etwas kleinerer Eisenkern (geringere mittlere Dichte)
Mars
Wenig Informationen über den inneren Aufbau bekannt; Modelle sagen Schalenaufbau
vorher.
Abbildung 3.9.4: Der Schalenaufbau der erdartigen Himmelskörper im maßstäblichen
Vergleich. Zu Vergleichszwecken wurde auch der Pluto als Eisplanet
mit besonders großem Gesteinskern mit aufgeführt.
35
3.10
Die jupiterartigen Planeten
Jupiter Saturn
Siderische Umlaufzeit [a]
11,87
29,63
Große Halbachse [AE]
5,203
9,52
Exzentrizität
0,048
0,055
◦
Neigung gegenüber Ekliptik
1,3
2,5◦
Masse [MErde ]
318
95
Äquatorradius [RErde ]
11,2
9,4
Mittlere Dichte [g/cm3 ]
1,33
0,69
0,45
Siderische Rotationsdauer [d] 0,41
Neigung des Äquators
gegen Bahnebene
Monde
3◦
39
27◦
30
Uranus
Neptun
84,67
165,5
19,2
30,0
0,05
0,01
◦
0,8
1,8◦
15
17
4,0
3,9
1,24
1,60
-0,72
0,67
(retrograd)
98◦
20
29◦
8
Große Massen und Radien (”Riesenplaneten”), aber geringe Dichte; großer Gesteinsoder Eiskern; Hülle aus H2 /He, bei Uranus und Neptun zusätzlich Eisschale H2 O, NH3
Abbildung 3.10.1: Der innere Aufbau der jupiterartigen Planeten Jupiter, Saturn und
Uranus. An den Schalengrenzen wurden die Werte von Druck, Dichte
und Temperatur angegeben (nach Modellberechnungen von D. J.
Stevenson). Zur Kennzeichnung der absoluten Größe der Planeten
dienen die Kreise über den Sektoren.
36
Ring- und Mondsysteme:
- alle vier äußeren Planeten besitzen Ringsysteme mit eingelagerten kleinen Monden innerhalb der Roche-Grenze
Abbildung 3.10.2: Die Ringsysteme der jupiterartigen Planeten relativ zur Größe der
Planeten. Beim Saturnringsystem sind die Bezeichnungen der Komponenten eingetragen. Die Roche-Grenze liegt zwischen F- und GRing, sodass sich das Saturnringsystem größtenteils, die drei anderen
Systeme vollständig innerhalb dieser Grenze befinden.
- System großer regulärer Monde
- irreguläre Monde (eingefangene Asteroiden)
Abbildung 3.10.3: Links: Die acht inneren Jupitermonde. Rechts: Die Bahnen der 31
bekannten äußeren Jupitermonde.
37
3.11
Der Asteroidengürtel
Kleinkörpersystem zwischen Mars und Jupiter (dort wo die Titius-Bode-Reihe [an =
(0, 4 + 0, 3 · 2n ) AE] einen Planeten vorhersagt); große Halbachsen typ. 2 AE ≤ a ≤
4 AE, aber auch Ausnahmen mit a < 2 AE und a > 4 AE; größter Asteroid (1)
Ceres R = 480 × 453 km; geschätzte Gesamtmasse 3 · 1021 kg (5 · 10−4 ME , davon
entfallen ca. 40% auf (1) Ceres; sichere Bahnerfassung für mehr als 5.000 Asteroiden;
radiale Häufigkeitsverteilung (s. Abb. 3.11.1) zeigt Lücken mit niedriger Besetzungszahl
bei Resonanzen zum Jupiterumlauf (vgl. Cassini-Lücke ↔ Minas); Gruppierungen der
Asteroiden mit ähnlichen Exzentrizitäten und Inklinationen (s. Abb. 3.11.2) lassen
auf gemeinsamen Ursprung der Mitglieder der so genannten “Familien“ schließen; alle
Körper ≤ 20 km sind nicht primordial, sondern durch Kollisionen entstanden; Quelle
für die meisten Meteoriten.
Abbildung 3.11.1: Histogramm der großen Bahnhalbachsen a der Planetoiden mit einer
Säulenbreite von 0,05 AE. Pfeile markieren Resonanzstellen zum Jupiterumlauf unter Angabe des jeweiligen Verhältnisses der Umlaufzeiten. Die
Buchstaben kennzeichnen Planetoidenfamilien oder -gruppen: HU Hungaria Gruppe, Fl Flora-Familie, Ph Phocaea-Familie, K Koronis-Familie,
E Eos-Familie, Th Themis-Familie, C Cybele-Gruppe, Hi Hilda-Gruppe,
T Trojaner. Bei der (4:3)-Resonanz wurde nur der Planetoid (279) Thule
gefunden. Im oberen Bild ist die Auftrittshäufigkeit der taxonomischen
Typen stark schematisiert aufgeführt (nach R. P. Binzel, M. A. Barucci
u. M. Fulchignoni, 1991). Innerhalb von 2,5 AE dominieren die “magnetischen“ Planetoiden (S, M, E...), während im äußeren Gürtel und jenseits
davon die primitiven (undifferenzierten) Klassen (C, D,...) vorherrschen.
Dazwischen scheint es einen kleinen Anteil von Mischtypen (“metamorphe“ Planetoiden) zu geben.
38
Abbildung 3.11.2: Familien im Planetoidengürtel (nach V. Zappalà u. Mitarb., 1990).
Aufgetragen sind die numerische Exzentrizität (unten) und der Sinus des Neigungswinkels (oben) der Bahnen über der großen Bahnhalbachse für 4.100 Planetoiden. Die Bahnelemente a0 , e0 , i0 (sog.
Eigenbahnelemente) sind von den periodischen Störungen befreit.
Die senkrechten Linien markieren die Kommensurabilitäten 2:7, 1:3,
2:5, 3:7 und 4:9. Familien werden durch Punkthäufungen in solchen
Diagrammen sichtbar. Die Abkürzungen bedeuten: E Eos-Familie,
F Flora-Familie (die in mehrere Unterfamilien zerfällt), K KoronisFamilie, T Themis-Familie.
39
3.12
Kometen
Kometen sind kleine Himmelskörper im interplanetaren Raum, die flüchtige Substanzen enthalten, die sie in Sonnennähe freisetzen können; bei der Annäherung an die
Sonne umgibt sich der Kometenkern mit einer Hülle aus Staub und Gas (Koma); der
Sonnenwind erzeugt durch Wechselwirkung mit dem Komagas den von der Sonne weg
gerichteten, geraden Gasschweif; unter Einwirkung des Sonnenlichtdrucks bilden die
Staubteilchen den von der Sonne weg gerichteten, gekrümmten Staubschweif.
Abbildung 3.12.1: Klassifizierung von Kometen
3.13
Der Kuiper-Gürtel
Erst seit 1992 bekannt; mittlerweile mehrere hundert Objekte zwischen a = 30 AE
und a = 50 AE entdeckt; geschätzte Population > 70.000; Quelle für kurzperiodische Kometen; i. A. geringe Inklinationen gegen die Ekliptik; mehrere Gruppen von
Kuiper-Gürtel-Objekten bekannt; Beispiel Plutinos: wie Pluto nahe (oder in) einer
3:2-Resonanz mit der Neptunbahn; größtes bislang entdecktes Trans-Neptun-Objekt
(neben Pluto 2.320 km ® und Charon 1.270 km ®), Quaoar (1.200 ± 200 km ®), 2002
entdeckt.
3.14
Extrasolare Planetensysteme
Lit.: Clark, Extrasolar Planets, Wiley 1999
www.obspm.fr/encycl/encycl.html (The Extrasolar Planets Encyclop.)
www.exoplanets.org (Calif. & Carnegie Planet Search)
40
Methoden der Entdeckung extrasolarer Planeten:
- Direktabbildung:
im IR; Probleme: kleine Winkeldistanzen und große Helligkeitsunterschiede →
noch keine Entdeckung
- Mikrogravitationslinseneffekt:
Problem: nicht wiederholbar → noch keine Entdeckung (?)
- Sternbedeckung/Transit:
nur wenige Prozent aller Planeten machen Transits → zwei Entdeckungen
- Astrometrie (s. Abb. 3.14.1):
Problem: sehr geringe Positionsveränderungen, schwer messbar → noch keine
Entdeckung
Abbildung 3.14.1: Die Sonnenbewegung im Weltraum. Die Sonne wird durch die Gravitationskräfte der Planeten angezogen. Die Abbildung zeigt die Bewegung der Sonne um das Baryzentrum des Sonnensystems, gesehen
von einer Distanz von 10 pc. Die Stellung der Sonne ist während
ausgewählter Jahre gezeigt.
41
- Doppler-Verschiebung (s. Abb. 3.14.2):
Messung der Bahngeschwindigkeit eines Sterns beim Umlauf und das Baryzentrum eines Planetensystems.
Schwerpunktsatz:
M1
R2
=
M2
R1
(3.14.1)
Index 1: Stern
Index 2: Planet
Abbildung 3.14.2: Sterne in einem Doppelsternsystem gehorchen elliptischen Umlaufbahnen um ihr gemeinsames Massezentrum, welches Baryzentrum
genannt wird. Das Verhältnis der Bahnradien der Sterne ist umgekehrt proportional zum Verhältnis ihrer Massen.
Annahme: Kreisbahnen; Umlaufgeschwindigkeit des Sterns um das Baryzentrum
Stern-Planet:
v1 =
2 π R1
.
P
(3.14.2)
3. Keplersches Gesetz mit M2 ¿ M1 und R2 À R1 (Planetenmasse ¿ Sternmasse):
µ
R23
=
G
4 π2
¶
P 2 M1
(3.14.3)
s
,→
P =
42
4 π 2 R23
G M1
(3.14.4)
⇒
v1
v1
v1
v1
∝
∝
∝
6
=
s
2 π R1
(2 π R1 )2 G M1
v1 =
=
P
4 π 2 R23
s
s
¶2
µ
1
R12
M2
=
G M 1 3 = G M1
R2
M1
R2
s
M2 1
=
G 2
M1 R2
(3.14.5)
(3.14.6)
(3.14.7)
M2 : massereiche Planeten
−1/2
R2 : kleine Halbachsen
−1/2
M1 : massearme Zentralsterne
v1 (Entfernung): entfernungsunabhängige Methode
Doppler-Effekt:
Verschiebung der Lage von Spektrallinien, wenn das beobachtete Objekt entlang
der Sichtlinie eine Relativgeschwindigkeit zu uns besitzt.
∆λ
v1
=
λ
c
(3.14.8)
∆λ
:
λ
relative Linienverschiebung
c: Lichtgeschwindigkeit
Bestimmung von M2 und R2 :
- Beobachtung der maximalen Linienverschiebung ∆ λmax
- Berechnung der Bahngeschwindigkeit nach
- Berechnung von R1 =
v1 P
2π
∆ λmax
λ
=
(Messung der Periode!)
- Messung der Sternmasse M1 (aus Spektraltyp)
- Bestimmung von R2 aus dem 3. Keplerschen Gesetz
q
R1
- Bestimmung von M2 = v1 M1GR2 oder M2 = M1 R
2
43
v1
c
Abbildung 3.14.3: Beispiel einer Radialgeschwindigkeitsmessung am Stern 51 Peg.
Abbildung 3.14.4: Phasengerechte Auftragung der Dopplergeschwindigkeiten aus Abb.
3.14
44
Bei Bahnen, die gegen die Sichtlinie geneigt sind, lässt sich nur die Komponente
v1 · sin i und damit M2 · sin i bestimmen (i: Winkel zwischen Sichtstrahl und
Bahnnormale).
Aus dem zeitlichen Verlauf von ∆ λ über eine Periode lassen sich bei nichtkreisförmigen Bahnen die große Halbachse a2 und die Exzentrizität e ermitteln.
Abbildung 3.14.5: Bahnexzentrizitäten als Funktion der großen Bahnhalbachsen für die
bisherigen Planetenkandidaten (Stand Juli 2002)
Ergebnisse:
- Instrumentelle Entwicklungen so weit, dass Linienverschiebungen von Relativgeschwindigkeiten ≤ 5 m/s messbar sind.
- Bislang 117 Planeten in 102 Planetensystemen entdeckt (Stand: 5.11.2003);
typische Massen: 1 Jupitermasse
<
typische Halbachsen: ∼ 4 AE
typische Exzentrizitäten: 0 ≤ e ≤ 1
⇒ Jupitergroße Planeten auf teilweise sehr exzentrischen Bahnen, teilweise
deutlich innerhalb der Merkur-Bahn.
ABER: Beobachtungstechnik bevorzugt systematisch massereiche Planeten auf nahen Bahnen (s. o.)
- Auch einige Mehrfachsysteme entdeckt.
45
- Temperaturabschätzung über
µ
T2 = T1
1−A
2...4
¶1/4 µ
r1
R2
¶1/2
(3.14.9)
(s. Kap. 3.4) führt teilweise zu T2 > 1000 K ⇒ Bezeichnung ”hot Jupiters”.
46
Kapitel 4
Stellarphysik
4.1
Massen und Radien von Sternen
4.1.1
Sternradien- und Leuchtkräfte
Winkeldurchmesser α =
??).
2R
r
(s. Kap. 1.5); Kenntnis der Entfernung r nötig (s. Kap.
- Interferometrie; Genauigkeiten bis 0, 00100 ; nur für einige Dutzend nahe und/oder
große Sterne anwendbar.
- Sternbedeckungen durch den Mond; schnelle Photometrie (< 1 ms) nötig, um die
rasche Bedeckung eines Sterns (Dauer einige 10 ms) aufzulösen; geht nur für helle
Sterne nahe der Ekliptik.
- Mit Kenntnis der Entfernung r (s. Kap. ??) und der Effektivtemperatur Teff lässt
4
sich die Leuchtkraft aus L = 4 π R2 σ Teff
ableiten, Teff aus Mehrfarbenphotometrie oder Spektroskopie; Theorie der Sternatmosphären.
(M − M¯ = − 2, 5 log L/L¯ = − 5 log R/R¯ − 10 log T /T¯
m − M = 5 log r/10pc)
Ergebnis der Leuchtkraftbestimmungen:
<
<
10−3 ∼ L/L¯ ∼ 105
4.1.2
(4.1.1)
Sternmassen
Sternmassenbestimmungen nur in Doppelsternsystemen möglich.
- Visuelle Doppelsterne (beide Komponenten getrennt sichtbar)
3. Keplersches Gesetz
M1 + M2 =
47
a3
P2
(4.1.2)
Abbildung 4.1.1: Intensitätsverlauf am Ende einer Sternbedeckung durch den Mond.
(M1 , M2 in M¯ , a = a1 + a2 in AE, P in Jahren)
Bei visuellen Doppelsternen ist die Bestimmung der Bahnneigung i gegen die
Sichtlinie durch Bahnbestimmung möglich.
a = a1 + a2
(4.1.3)
(ai : große Halbachse der Bahn der Komponente i)
a1
M2
=
a2
M1
(4.1.4)
→ Bestimmung von M1 und M2 :
Bestimmung von a1 und a2 im Winkelmaß durch Bahnbeobachtung der
Doppelsternkomponenten; Bestimmung der wahren großen Halbachsen über
Entfernung des Doppelsternsystems (Parallaxenmethode; s. Kap. ??).
- Spektroskopische Doppelsterne (eine/zwei Komponente/n ohne astrometrische
Bewegung sichtbar) (vgl. Kap. 3.14 → Exoplaneten).
Periodische Veränderung der Lage von Spektrallinien; Dopplereffekt der Umlaufgeschwindigkeit der beiden Sterne in Sehstrahlrichtung; keine Möglichkeit der
Bestimmung der Bahnneigung i.
48
Für die beiden Komponenten i = 1, 2 des Doppelsternsystems gilt (M1 > M2 ):
(a1 sin i)3
M23 sin3 i
=
= (M1 + M2 )
P2
(M1 + M2 )2
µ
M2
M + M2
| 1
{z
<
(a2 sin i)3
M13 sin3 i
=
= (M1 + M2 )
2
2
P
(M
+
M
)
1
2
| {z }
|
{z
}
(a)
µ
¶3
sin3 i
}
(4.1.5)
sin3 i
(4.1.6)
1
8
M1
M1 + M2
¶3
(b)
(a) = wird gemessen, wenn eine oder beide Spektren sichtbar sind
(b) = wird berechnet
- Bedeckungsveränderliche (Algol-Typ)
i ≈ 90◦ ; gegenseitige Bedeckung der beiden Komponenten; Bestimmung von
Massen und Durchmessern, wenn die Doppler-Linienverschiebungen messbar sind;
genaueste Methode der Massenbestimmung.
Abbildung 4.1.2: Scheinbare relative Bahn und Lichtkurve des Bedeckungsveränderlichen IH Cas. Entsprechende Punkte der Bahn un der
Lichtkurve sind durch Zahlen markiert. Die Hauptverfinsterung der
helleren durch die schwächere und kleinere Komponente ist hier
ringförmig.
Ergebnisse der Massenbestimmungen:
<
<
0, 07 ∼ M/M¯ ∼ 100
(4.1.7)
Zwischenergebnis:
Die Sonne (R¯ = 6, 96 · 108 m, M¯ = 1, 99 · 1030 kg, L¯ = 3, 85 ·
1026 W) ist ein durchschnittlicher Stern.
49
Abbildung 4.1.3: Verteilung der Massen von Alter-Null-Sternen.
4.2
Masse-Leuchtkraft-Beziehung
Frage: Sind Massen und Leuchtkräfte (bzw. Radien) von Sternen korreliert oder unabhängig voneinander?
4
L = 4 π R2 · σ Teff
(4.2.1)
Abbildung 4.2.1: Empirische Masse-Leuchtkraft-Beziehung für Hauptreihensterne.
Aufgetragen ist die Leuchtkraft L bzw. die absolute bolometrische
Helligkeit Mbol der Sterne als Funktion ihrer Masse M.
50
M ≥ 0, 2M¯ : log
L
M
= 3, 8 log
+ 0, 08
L¯
M¯
(4.2.2)
empirische Masse-Leuchtkraft-Beziehung für Hauptreihensterne
M ≤ 0, 2M¯ : log
Scheffler, Elsässer:
L
M
∝ 2, 8 log
L¯
M¯
L ∝ M4
L ∝ M 1,5
(4.2.3)
0m < Mbol < 7m
Mbol > 7m
Schwerebeschleunigung an der Oberfläche von Sternen:
GM
R2
Empirsche Messungen von g aus Spektralanalyse (kommt später) ergeben:
g =
(4.2.4)
- für Hauptreihensterne
g ≈ const ≈ 2 · 102 m s−2 (innerhalb Faktor 2)
- für Riesen und Überriesen
>
g ∼ 10−2 m s−2
- für weiße Zwerge
g ≈ 106 m s−2
4
Mit L = 4 π R2 σ Teff
und g = G M/R2 erhält man
M
I
g
=
,
4
L
4 π G σ Teff
und mit
L ∝ M 3,8
(4.2.5)
g = const.
bzw.
4
Teff
∝ M 2,8
Teff ∝ M 0,7
R ∝ M 0,5
bzw.
(4.2.6)
.
(4.2.7)
Mit steigender Sternmasse steigen Effektivtemperatur und Radius der Sterne; die Schwerebeschleunigung von Hauptreihensternen ist nahezu konstant.
51
4.3
Klassifizierung von Sternspektren
Harvard-Klassifikation der Sternspektren (1890); mit späteren Modifikationen (die letzte 2001)
O
B - A blau
F -
G gelb
K
-
M -
L
- T
rot
Unterteilung durch nachgestellte Zahlen 0...9 (Beispiel: Sonne G2)
Aufteilung gem. Harvard-Schema beinhaltet eine Anordnung der Sterne nach Temperaturen (O: heißeste; T: kühlste Sterne).
Charkteristika der Spektralklassen:
O: T > 30.000 K; He II stark, keine H-Linien
B: T = 11-30.000 K; He I stark; schwache H-Linien
A: T = 7.500-11.000 K; stärkste H-Linien, Ca II schwach
F: T = 5.900-7.500 K; H schwächer; Ca II stärker, Me schwach
G: T = 5.200-5.900 K; H schwächer; Ca II, Me II dominierend
K: T = 3.900-5.200 K; starke Me-Linien, Molekülbanden erscheinen, H fast verschwunden
M: T = 2.500-3.900 K; starke Molekülbanden (TiO); kein H
L: T = 1.300-2.500 K; starke Molekülbanden; neutrale Metalle (K, Cs, Rb), kein TiO
T: T < 1.300 K; KI, CH4 , H2 O
Abbildung 4.3.1: Spektraltyp Sp und Leuchtkraftklasse LC der MK-Klassifikation in
Abhängigkeit vom Farbindex B - V und der absoluten Helligkeit
MV [mag].
52
Aufteilung der Sternspektren in Leuchtkraftklassen (gemäß der Breite der Wasserstofflinien, wo H vorhanden).
(Ia-0
I
II
III
IV
V
VI
4.4
Hyperriesen)
Überriesen
Helle Riesen
Riesen
Unterriesen
Hauptsequenz (=Zwerge)
Unterzwerge
Linienbreite
(Schwerebeschleunigung)
nimmt
zu.
?
Hertzsprung-Russel- und Farben-HelligkeitsDiagramme
Die Betrachungen bei der Masse-Leuchtkraft-Beziehung (s. Kap. 4.2) legen nahe, dass
auch absolute Helligkeit (MV = MV (L)) und Spektraltyp (Sp = Sp (T )) korreliert
sind.
Auftragung von MV gegen Sp liefert das Hertzsprung-Russel-Diagramm bzw. von MV
gegen die “Farbe“ B − V das äquivalente Farben-Helligkeits-Diagramm.
Abbildung 4.4.1: Farben-Helligkeits-Diagramm mit MV [mag] und B- V [mag] für Sterne, deren trigonometrische Parallaxen relative Fehler ≤ 10% haben,
nach H. Jahreiss (1999). Links: 943 Sterne mit vom Erdboden aus gemessenen Parallaxen, rechts: 16.623 Einzelsterne aus dem HipparcosKatalog, dessen Daten mit dem Astrometriesatelliten HIPPARCOS
gewonnen wurden.
53
Charakteristika der Sterngruppierungen im HRD:
- die meisten Sterne liegen auf der Hauptreihe, die sich diagonal von links oben
(O und B-Sterne; heiß und hell) nach rechts unten (M-Sterne, kühl und dunkel)
erstreckt
- rechts oben befinden sich die Riesensterne, die bei gleicher Temperatur (oder Sp
oder B − V ) absolut heller, d. h. größer sind als die Hautreihensterne
- extrem helle Sterne (Überriesen) befinden sich am oberen Rand des HRD
- weiße Zwerge sind links unten (heiß und dunkel)
Abbildung 4.4.2: Spektraltyp Sp und Leuchtkraftklasse LC der MK Klassifikation in
Abhängigkeit vom Farbindex B - V und der absoluten Helligkeit
MV [mag].
4.5
Sternatmosphären
Untersuchung von Sternatmosphären, weil diese uns (1) die Effektivtemperatur und g
und damit die Leuchtkraft und Masse und (2) die chemische Zusammensetzung (Elementhäufigkeiten) verraten.
Def.: Atmosphäre = Teil des Sterns, aus dem wir Strahlung empfangen.
4.5.1
Anregungs- und Ionisationsniveaus, Saha-Gleichung
Wiederholung aus Kap. 1.2.3:
54
Die Besetzungszahl des i-ten angeregten Zustands eines neutralen Atoms im Verhältnis
zum Grundzustand (i = 0) ist durch die Boltzmann-Verteilung
µ
¶
Ni
gi
Ei − E0
=
exp −
(4.5.1)
N0
g0
kT
(gi = statistisches Gewicht) gegeben.
Die Saha-Gleichung beschreibt das Gleichgewicht der Reaktion Atom ⇐⇒ Ion + Elektron. Erweiterung der Boltzmann-Verteilung auf kontinuierliche Zustände positiver
Energie oberhalb E∞ = 0. Aufteilung der Kontinuums - Energiezustände in Quantenzellen des Phasenraums mit dem Volumen dx · dy · dz · dpx · dpy · dpz = h3 , in
dem zwei freie Elektronen Platz haben (spin-up, spin down).
Es ergibt sich für das statistische Gewicht für ein einfach ionisiertes Atom im Grundzustand (Index 1,0) + ein freies Elektron
g = g1,0 · 2 ·
(2 π me k T )3/2
h 3 Ne
(4.5.2)
me : Elektronenmasse
Ne : Elektonendichte [m−3 ],
und somit sieht die erweiterte Boltzmann-Verteilung (bezogen auf die Grundzustände
von Ion und neutralem Atom) folgendermaßen aus:
Ne ·
³ χ ´
N1,0
g1,0
(2 π me k T )3/2
0
=
·2·
·
exp
−
N0,0
g0,0
h3
kT
(4.5.3)
Saha-Gleichung
χ0 : Ionisationsenergie des neutralen Atoms.
Für die Gesamtzahl der einfach ionisierten bzw. neutralen Atome (egal in welchem
Energiezustand) ergibt sich
³ χ ´
N1
Q1
(2 π me k T )3/2
0
Ne ·
=
·2·
exp −
3
N0
Q0
h
kT
(4.5.4)
mit
Qi =
∞
X
s=0
³
χi, s ´
gi, s exp −
kT
Zustandssumme
(4.5.5)
gi, s : statistisches Gewicht des Zustands s im i-fach ionisierten Atom
χi, s : Anregungsenergie des Zustands s im i-fach ionisierten Atom relativ zum Grundzustand.
Entsprechend gilt für das Verhältnis der Gesamtzahlen des r+1-ten und des r-ten
Ionisationszustands
³ χ ´
Nr + 1
Qr + 1
(2 π me k T )3/2
r
Ne ·
=
·2·
exp −
3
Nr
Qr
h
kT
55
(4.5.6)
χr : Ionisationsenergie des r-fach ionisierten Atoms.
Mit Pe = Ne · k T (Pe : “Elektronendruck“, Ne : Elektronen-Anzahldichte [m−3 ]) und
K
mit θ = 5.040
ergibt sich
T
µ
log
Nr+1
· Pe
Nr
¶
= − χr · θ +
2 Qr+1
5
log T − 1, 48 + log
2
Qr
,
(4.5.7)
Saha-Gleichung in logarithmischer Form,
wobei Pe in [Pa], χr in [eV] und T in [K] zu rechnen sind.
Abbildung 4.5.1: Zur Verdeutlichung der Terminologie.
Abbildung 4.5.2: Thermische Ionisation und Anregung als Funktion der Temperatur T
bzw. Θ = 5.040/T für einen Elektronendruck Pe = 10 Pa (' für Atmosphären von Hauptreihensternen). Die Temperaturskala überdeckt
den ganzen Bereich von den O-Sternen (links) bis zu den M-Sternen
(rechts). Die Sonne (G2) ist etwa bei T = 5.800 K einzuordnen.
Achtung: dargestellt sind die Anregungen des 2. Quantenzustands
für Wasserstoff.
56
Konsequenzen für stellare Atmosphären (aus Abb. 4.5.2)
• Wasserstofflinienstärke nimmt mit steigender Temperatur bis T ≈ 10.000 K zu,
weil die Besetzungszahl des 1. angeregten Zustands steigt.
• Für T > 10.000 K ist Wasserstoff nahezu vollständig ionisiert, obwohl k T =
0, 86 eV (für T = 10.000 K) und damit k T ¿ χ0 = 13, 6 eV.
• Bei vollständiger Ionisation der stellaren Atmosphäre ist der gesamte Gasdruck
(Ionen und Elektronen) gegeben durch Pg = N · k T (N : Anzahldichte aller
Teilchen); für Wasserstoff gilt dann Pg /Pe = 2.
• Bei der Sonne (T ≈ 6.000 K) sind im Wesentlichen alle Metalle einfach ionisiert,
die einen Häufigkeitsanteil von ∼ 10−4 haben; deshalb ist Pe ≈ 10−4 Pg .
Abbildung 4.5.3: Diese Elemente (Kernladungszahl Z, Atomgewicht µ und solare
Häufigkeit bezogen auf Wasserstoff = 100) tragen wesentlich zum
Elektronendruck Pe = ne · k T in Sternatmosphären (Pe ' 10 Pa)
bei. Angegeben sind weiterhin Ionisierungsenergie und statistisches
Gewicht des Grundzustandes der ersten Ionisationsstufen. Die drei
Gruppen - eingeteilt nach der Ionisationsenergie χ0 des neutralen
Atoms - treten in verschiedenen Temperaturbereichen in Aktion.
4.5.2
Aufbau der Sternatmosphäre
Beschränkung auf kompakte Atmosphären, d. h. Dicke der Atmosphäre ¿ Sternradius
⇒ Annäherung durch planparallele Schichten mit konstanter Schwerebeschleunigung.
Charakterisierung der Sternatmosphäre durch
57
4
- Effektivtemperatur Teff (d. h. F = σ Teff
an der Oberfläche)
- Schwerebeschleunigung (nahezu konstant für Hauptreihensterne)
- Häufigkeitsverteilung der Elemente (chemische Zusammensetzung)
(Vernachlässigung von Rotationen, Schwingungen, Magnetfelder).
Zur Beschreibung des Aufbaus von Sternatmosphären werden zwei Gleichungen benötigt:
I) Energietransport-Gleichung (Strahlung, Konvektion, Wärmeleitung,...) ⇒ Temperaturverteilung
II) hydrostatische Gleichung ⇒ Druckverteilung
I) Betrachtet man ein Einheitsflächenelement in der Tiefe t (gemessen von beliebigem Nullpunkt aus), dessen Normale mit dem der Sternoberfläche den Winkel ϑ
bildet, so strömt durch das Flächenelement die Strahlungsleistung in Richtung
der Normalen.
Iν (t, ϑ) dν dω
(4.5.8)
Abbildung 4.5.4: Strahlungsgleichgewicht
• Abschwächung der Strahlung durch Absorption längs des Wegelements
ds = − dt/ cos ϑ
(4.5.9)
dIνabs = − Iν (t, ϑ) κν ds .
(4.5.10)
um
κν : Absorption pro Längeneinheit bei der Frequenz ν [m−1 = m2 /m3 ]
• Zunahme der Strahlung durch Emission
Im thermodynamischen Gleichgewicht gilt Emission/Zeit = Absorption/Zeit.
58
- Emission/Zeit:
dEem
dt
= jν dν · dA · ds · dω (s. Kap. 1.4)
jν : Emissionskoeffizient des Mediums
- Absorption/Zeit:
dEabs
dt
= κν ds Bν (T ) dA dω dν
bzw.
jν = κν Bν (T )
(4.5.11)
Kirchhoffscher Satz
dIνem = Bν (T ) · κν ds
⇒
(4.5.12)
Damit ergibt sich die Änderung der Intensität mit der Tiefe
dt
dt
− Bν (T (t)) κν
.
(4.5.13)
cos ϑ
cos ϑ
Wir ersetzen die geometrische Tiefe t durch die optische Tiefe τν für die
Strahlung der Frequenz ν
dIν (t, ϑ) = Iν (t, ϑ) κν
Zt
τν =
κν dt
bzw.
dτν = κν dt
(4.5.14)
dIν (t, ϑ)
= Iν (t, ϑ) − Bν (T (t))
d τν
(4.5.15)
−∞
− ∞: Beobachter
⇒
cos ϑ
(Strahlungstransportgleichung, Strömungsgleichung)
(vgl. Kap. 1.4 Strahlungstransportgleichung
dIν
dτν
= −Iν + Sν )
Erfolgt der gesamte Energietransport durch Strahlung, d. h. herrscht Strahlungsgleichgewicht, so muss der Gesamtstrahlungsstrom unabhängig von der
Tiefe sein:
Zπ Z∞
4
Iν (t, ϑ) cos ϑ 2 π sin ϑ dϑ dν = σ Teff
F =
(4.5.16)
ϑ=0 ν = 0
Randbedingung: an der Sternoberfläche verschwindet die einfallende Strahlung, d. h.
Iν (0, ϑ) = 0
für
59
π/2 < ϑ ≤ π
(4.5.17)
Praktische Näherungen für so genannte “graue Atmosphären“, d. h. solche,
bei denen der Absorptionskoeffizent geeignet über Linien und Kontinuum
gemittelt wird:
Z∞
1
κ̄
Z∞
dBν (T )
dν =
dT
0
0
1 dBν (T )
dν
κν
dT
(4.5.18)
(Rosselandsche Mittelwertbildung)
und
Zt
τ =
κ dt.
(4.5.19)
−∞
Damit ergibt sich eine Temperaturschichtung
3 4
T (τ ) = Teff
4
µ
4
2
τ +
3
¶
(4.5.20)
4
(vgl. Kap. 1.5, L = 4 π R2 σ Teff
).
q
τ = 0 : T (0) = 4 12 Teff = 0, 84 Teff
¡ ¢
τ = 23 : T 23 = Teff
II) Hydrostatische Gleichung
d Pg
= g ·ρ
dt
(4.5.21)
d Pg
gρ
=
d τ0
κ0
(4.5.22)
bzw.
Druckschichtung
τ0 , κ0 bei einer Wellenlänge λ0 , mit
dτ
dτ0
=
κ
.
κ0
Dazu wird noch die ideale Gasgleichung benötigt, die Gasdruck Pg , Gasdichte ρ
und Temperatur verbindet
Pg = ρ
kT
µm
µm : mittlere Molekülmasse
µm = 1, 26 · mH : neutrale Sternmaterie
µm = 0, 60 · mH : vollständig ionisierte Sternmaterie
60
(4.5.23)
mH : Masse des H-Atoms
“Graue Atmosphären“ beeinhalten noch keine Spektrallinien.
4.5.3
Spektrale Energieverteilung grauer Atmosphären
Die sichtbare Strahlung eines Sterns stammt aus verschiedenen Tiefen seiner Atmosphäre; Schwächung der Strahlung (der Frequenz ν), die aus einer Tiefe τν unter dem
Winkel ϑ zur Normalen der Atmosphäre kommt um den Absorptionsfaktor exp (− τν / cos ϑ).
Strahlungsintensität an der Sternoberfläche (τν = 0):
Z∞
dτν
cos ϑ
(4.5.24)
3
4
(4.5.25)
κ̄
dτ0
κ0
(4.5.26)
1 d Bν (T )
dν
κν
dT
(4.5.27)
τν
Bν (T (τν )) e− cos ϑ
Iν (0, ϑ) =
0
µ
4
T (τ ) =
τ̄ =




dτ̄
κ̄
=
dτ0
κ0
Z∞
·



κ̄ dt 

Rt
−∞
1
κ̄
4
Teff
2
τ +
3
¶
Zτ̄
τ̄ =
Zτ0
dτ =
0
d Bν (T )
dν =
dT
0
·
Z∞
0
0
Zt
τν =
κν dt
(4.5.28)
dτν = κν dt
(4.5.29)
−∞
bzw.
+ Zustandsgleichung
+ hydrostatische Gleichung
Iterative (numerische Lösung) des Gleichungssystems.
Beinhaltet auch Mitte-Rand-Verdunklung (Mitte: ϑ = 0, Rand: ϑ =
π
).
2
Mitte-Rand-Verdunklung nur bei der Sonne messbar; aus welcher (optischen) Tiefe
τ ∗ (ϑ) kommt der Hauptbeitrag zur ausgestrahlten Intensität?
Entwickeln Bν (τν ) nach τν :
61
µ
¶
d Bν
Bν (τν ) = Bν (τ ) + (τν − τ )
+ ...
d τν τ ∗
µ
¶
d Bν
∗
∗
Iν (0, ϑ) = Bν (τ ) + (cos ϑ − τ )
+ ...
d τν τ ∗
∗
⇒
∗
(4.5.30)
(4.5.31)
Für cos ϑ = τ ∗ verschwindet das zweite Glied auf der rechten Seite, und wir erhalten
die
Eddington-Barbiersche Näherung
Iν (0, ϑ) = Bν (τν = cos ϑ)
(4.5.32)
⇒ Hauptbeitrag der Strahlung kommt aus einer optischen Tiefe τν = cos ϑ (gemessen senkrecht zur Sonnenoberfläche) bzw. τν / cos ϑ = 1 (gemessen entlang des
Sehstrahls)
Tiefere Schichten haben höhere Temperaturen; deshalb Sonnenmitte heller als Sonnenrand.
Bei den Sternen ist die Mitte-Rand-Verdunklung nicht auflösbar, und man muss über
die über das Sternscheibchen gemittelte Intensität bzw. die spezifische Flussdichte ermitteln:
Zπ/2
Fν (0) = 2 π
Iν (0, ϑ) cos ϑ sin ϑ dϑ .
(4.5.33)
0
Mit der Eddington-Barbierschen Näherung erhält man (
π/2
R
0
Fν (0) = π Bν (τν =
cos ϑ sin ϑ dϑ = 12 )
2
) .
3
(4.5.34)
Im lokalen thermodynamischen Gleichgewicht entspricht die Sternstrahlung bei der
Frequenz ν der lokalen Temperatur in einer (optischen) Tiefe τν = 23 .
Anmerkungen zum Verständnis:
- Intensität der von einer Schicht der optischen Dichte τν an der Sternoberfläche
und senkrecht zur Sternoberfläche (ϑ = 0) emittierten Strahlung
Zτν
Bν (T ) exp (−τν0 ) dτν0 .
(4.5.35)
Iν (0, 0) = Bν (T ) (1 − exp (− τν )) .
(4.5.36)
Iν (0, 0) =
0
Für T = const ergibt sich:
62
Grenzfall 1: τν À 1
⇒
Iν (0, 0) = Bν (T )
(4.5.37)
Iν (0, 0) = τν Bν (T ) .
(4.5.38)
Grenzfall 2: τν ¿ 1
⇒
Beitrag der optischen Tiefe τν ist von entscheidender Bedeutung für das Aussehen des Spektrums; für “undurchsichte“ Schichten erhält man rein kontinuierliche
Spektren eines Schwarzkörperstrahlers; für “durchsichte“ Schichten erhält man
ein Emissionslinienspektrum (wichtig in der Sonnenchromosphäre), wobei die relativen Linienstärken nur durch die Linienabsorptionskoeffizienten bestimmt sind.
Abbildung 4.5.5: Spektrum einer thermisch strahlenden Schicht für verschiedene
Schichtdicken im Fall starker Linienabsorption.
63
- Richtungsabhängigkeit der Strahlungsintensität bei verschiedenen optischen Tiefen
I (τ̄ , ϑ) ∝ cos ϑ + τ̄ +
2
3
(4.5.39)
Abbildung 4.5.6: Richtungsverteilung der Strahlungsintensität bei verschiedenen optischen Tiefen.
- Explizite Berechnung der Mitte-Rand-Verdunklung
I (0, ϑ)
2
=
I (0, 0)
5
µ
¶
3
1 + cos ϑ
2
(4.5.40)
stimmt gut mit Beobachtungen der Mitte-Rand-Verdunklung der Sonne überein.
Achtung: Endlicher Intensitätswert am Rand der Sonne!
Abbildung 4.5.7: Relative Mitte-Rand-Variation der Gesamtstrahlung der Sonne, aus
Beobachtungen bei zahlreichen Wellenlängen und nach der Theorie
grauer Atmosphären.
64
- Sterne zeigen Absorptionsspektren, weil die spezifische Flussdichte an der Oberfläche des Sterns gegeben ist durch
µ
Fν (0) = π Bν
2
τν =
3
¶
;
(4.5.41)
für Frequenzen, bei denen die Sternmaterie stark absorbiert, liegt τν =
an der Oberfläche, und damit in kühleren Schichten.
4.5.4
2
3
näher
Fraunhofer-Linien
Äquivalentbreite einer Fraunhoferlinie Wλ :
Wλ gibt die Breite eines rechteckigen Streifens im Spektrum an, dessen Fläche der des
Linienprofils gleicht.
Abbildung 4.5.8: Profil und Äquivalentbreite einer Fraunhoferlinie.
Zur Berechnung des Strahlungstransports in Fraunhoferlinien unterteilt man den Absorptionskoeffizienten in einen kontinuierlichen Absorptionskoeffizienten κ (der sich mit
der Frequenz nur langsam ändert) und einen Linienabsorptionskoeffizienten κν .

Rt
0
0
Zt
κν :
τν (t) =
κν (t ) dt 

−∞
χν (t) =
(κν + κ) dt0
(4.5.42)
Rt


κ:
τ (t) =
κ (t0 ) dt0 
−∞
−∞
Linieneinsenkung (an der Oberfläche des Sterns; Index 0)
F (0) − Fν (0)
F (0)
Bν (T (τ = 2/3)) − Bν (T (χν = 2/3))
=
Bν (T (τ = 2/3))
Rν (0) =
65
(4.5.43)
(normiert!)
(4.5.44)
F, Fν : Strahlungsströme im Kontinuum und in der Linie
Äquivalentbreite:
Z
Wλ =
Rν (0) dλ
(4.5.45)
Näherung für schwache Fraunhoferlinien bzw. für die Flügel starker Linien, κν ¿ κ
(Eddington-Barbier-Näherung).
χν =
¡
und Reihenentwicklung von Bν χν =
2 κν
Rν (0) =
3 κ
⇒
2 ³
κν ´
1+
3
κ
¢
2
(4.5.46)
3
µ
d ln Bν
dτ
¶
(κν ¿ κ)
(4.5.47)
τ = 2/3
• die Flügel von Linien entstehen hauptsächlich in den Schichten, in denen das
Kontinuum entsteht (τ > 2/3);
• die Linienstärke wird entscheidend durch den Temperaturgradienten in der Sternatmosphäre bestimmt;
• Absorptionslinien
(R
h¡
i ν (0) > 0) bei nach innen ansteigender Temperatur
¢
d ln Bν
> 0
dτ
τ = 2/3
Verbreiterung von Spektrallinien:
- Dopplereffekt:
Maxwell-Boltzmann-Verteilung der Geschwindigkeiten von Atomen
κν =
√
" µ
¶2 #
1
∆λ
e2
λ20
π
N ·f ·
exp −
4 π ε0 mc2
∆λD
∆λD
(4.5.48)
∆λD
v0
=
λ0
c
(4.5.49)
λ0 : Linienmitte
q
2 kT
v0 : wahrscheinlichste Geschwindigkeit der Atome; v0 =
m0
∆λ: Abstand zur Linienmitte
N : Besetzungszahl des unteren Niveaus
f : Oszillatorenstärke
1
e2
= 2, 82 · 10−15 m: klassischer Elektronenradius
4 π ε0 mc2
- Strahlungs-/Stoßdämpfung:
Endliche Lebendauer eines angeregten Zustands wegen spontaner Emission bzw.
Stoßabregung (durch Atom- oder Elektronenstöße) führt über Heisenbergsche
Unschärferelation ∆ E · ∆ τ = h̄ zu einer Linienverbreiterung
66
e2
1
1
λ40
N
·
f
·
γ
·
4 π 4 π ε0 mc2
c ∆λ2
κν =
γ = γStr. + γStoß .
(4.5.50)
(4.5.51)
γ: Dämpfungskonstante
1/γ: mittlere Lebensdauer.
Abbildung 4.5.9: Linienabsorptionskoeffizient κν (bezogen auf die Linienmitte).
4.6
4.6.1
Innerer Aufbau und Energieerzeugung
Hydrostatisches Gleichgewicht
(vgl. Kap. 3.5)
dP
G M (r)
= − ρ (r)
dr
r2
(4.6.1)
dM (r)
= 4 π r2 ρ (r) .
dr
(4.6.2)
und
Der Druck P setzt sich zusammen aus Gasdruck Pg und Strahlungsdruck Ps ,
d. h.
P = Pg + Ps
Ps ist nur in sehr heißen und massereichen Sternen wichtig.
67
(4.6.3)
Zustandsgleichung der Materie (ideale Gasgleichung):
Pg = ρ
kT
µ̄mu
(4.6.4)
Bei vollständiger Ionisation (Zentrumstemperaturen À 104 K) gilt:
1
4
, µ̄He = , µ̄Z ≈ 2 (Z > 2)
2
3
Einschub: Mittleres Molekulargewicht µ̄
µ̄H =
X Xi (Zi + 1)
1
=
µ̄
Ai
i
(4.6.5)
(4.6.6)
Xi : relative (Massen-) Häufigkeit des Elements i
Zi : Ordnungszahl des Elements i
Ai : Massenzahl des Elements i
- nur H (He; Z):
⇒
µ̄H
1
=
2
µ
µ̄He
¶
4
= ; µ̄Z ≈ 2
3
(4.6.7)
- hauptsächlich H und He (XH + XHe À XZ ):
⇒
1
3
1
= 2 XH + XHe + XZ
µ̄
4
2
(4.6.8)
XH + XHe + XZ = 1
4.6.2
Energietransport und Temperaturschichtungen im Sterninneren
Wichtig sind nur Energietransport durch Strahlung und Energietransport durch Konvektion.
a. Ann.: Strahlungsgleichgewicht
Strahlungstransportgleichung (vgl. Kap. 4.5.2)
cos ϑ
dIν (t, ϑ)
= Iν (t, ϑ) − Bν (T (t))
dτν
dτν = κν dt
(4.6.9)
(4.6.10)
Integration über alle Frequenzen (Strahlungsgleichgewicht!), Rosselandsche Mittelwertbildung und Ersetzen des Absorptionskoeffizenten κ0 (Einheit [m−1 ]) durch
3
den Massenabsorptionskoeffizienten κ (Einheit m−1 mkg ), d. h. κ0 = κ · ρ, ergibt
mit dt = − dr
68
cos ϑ
dI
= −I + B
κρ dr
(4.6.11)
Integration über alle Richtungen liefert den Fluss
Zπ
Z
dI
cos2 ϑ 2π sin ϑ dϑ
κρ dr
F = −
( B = 0)
|
{z
}
wegen Isotropie
0
(4.6.12)
Zπ Z2π
(F =
I cos θ sin θ dθ dϕ)
(s. Kap. 1.1)
(4.6.13)
ϑ=0 ϕ=0
Im Sterninneren ist I nahezu isotrop, sodass gilt:
Zπ
dI
dI
cos2 ϑ · 2π sin ϑ dϑ ≈
κ ρ dr
κ ρ dr
0
Zπ
cos2 ϑ 2π sin ϑ dϑ
|0
{z
=
}
4π
3
=
σ
1 ac 4
Mit I = T 4 =
·
T
π
π
4
(4.6.14)
4π dI
3 κ ρ dr
(4.6.15)
µ
¶
J
4σ
4
−16
F = πI = σT , a =
= 2, 56 · 10
c
m3 K4
Strahlungskonstante
(4.6.16)
ergibt sich somit
F = −
¡d
dr
c d
(a T 4 )
3κ ρ dr
(4.6.17)
¢
(a T 4 ) Gradient der Energiedichte der Strahlung .
Strahlungsstrom:
L (r) = 4π r2 F = −
16π a c r2 T 3 dT
3
κ ρ dr
(4.6.18)
b. Energietransport durch Konvektion
Energietransport gekoppelt mit Materietransport (Aufsteigen heißer, Absinken
kühler Materie).
69
Zusammenhang zwischen P und T durch Adiabatengleichung
T ∝ P
1−
1
γ
,
µ
cP
γ =
cV
¶
5
γ = für einatomige Gase .
3
(4.6.19)
Differentiation ergibt
dT
=
dr
µ
1
1−
γ
¶
T dP
P dr
(4.6.20)
c. Energietransport durch Strahlung oder Konvektion?
Die beste Wärmeleitung liefert den schwächsten Temperaturgradienten (Beispiel:
Erhitzen eines Endes eines Holz- bzw. Metallstabs).
µ
¶
dT
3κ ρ L (r)
= −
dr
4 a c T 3 4π r2
µ
µ ¶S
¶
dT
1 T dP
= 1−
dr K
γ P dr
Für
¡ dT ¢
Für
¡ dT ¢
4.6.3
dr S
dr S
>
¡ dT ¢
<
¡ dT ¢
dr K
dr K
⇒
Konvektion
⇒
Strahlung
(4.6.21)
(4.6.22)
Energieerzeugung durch Kernfusion
I. Wasserstoffbrennen
Abschätzung der Zentraltemperatur von Sternen (Beispiel Sonne, ρ (r) > const =
ρ¯ ).
Pc =
1
G M¯
ρ¯
= 1, 3 · 1014 Pa
2
R¯
(vgl. Kap. 3.5)
(4.6.23)
Die ideale Gasgleichung liefert dann
Tc =
µ̄¯ mu Pc
= 6 · 106 K .
ρ¯ k
(4.6.24)
Mittlere kinetische Energie eines Protons im Sonneninneren
Ekin =
3
kTc ≈ 1 keV
2
Coulombabstoßung zweier Kerne
70
(4.6.25)
Epot =
1 Z Z 0 e2
4π ε0 r
(4.6.26)
Z, Z 0 : Ordnungszahlen
r ∝ A1/3 ∝ Z 1/3 : Kernradien.
Für Z = Z 0 = 1 und r = 1, 4 · 10−15 m = 1, 4 fm
ergibt sich
Epot ≈ 1 MeV
(4.6.27)
Maxwell-Schwanz N (E) ∝ exp (−E/kTc ), d. h.
N (E)
≈ exp (−1000) = 0
N (kTc )
(4.6.28)
Auflösung: Tunneleffekt
Abbildung 4.6.1: Verlauf der potenziellen Energie zweier Kerne mit den Ladungen Z · e
und Z 0 · e im gegenseitigen Abstand r (schematisch).
pp-Ketten
p (p, e+ νe ) d (p, γ)3 He
p (p, e+ νe ) d (p, γ)3 He
I.
À
4
He + 2p; 4p → 4 He + 2e+ + 2νe +∆E (4.6.29)
II.
p (p, e+ νe ) d (p, γ)3 He (α, γ)7 Be (e− , νe γ)7 Li (p, α)4 He
4p + e− → 4 He + e+ + 2νe + ∆E
(4.6.30)
(4.6.31)
III.
p (p, e+ νe ) d (p, γ)3 He (α, γ)7 Be (p, γ)8 B (e+ νe )8 Be(2 α)
4p → 4 He + 2e+ + 2νe + ∆E
(4.6.32)
(4.6.33)
71
Die Proton-Proton-Ketten PP I, PP II, PP III
H (p, e+ νe )2 D (p, γ)3 He (3 He, 2p)4 He
∆E = 26, 23 MeV
PP I
+ ∆Eνe = 2 · 0, 263 MeV
3
He (α, γ)7 Be (e− , νe γ)7 Li (p, α)4 He
PP II
3
He (α, γ)7 Be (p, γ)8 B (e+ νe )8 Be (2α)
PP III
(4.6.34)
∆E = 25, 67 MeV
(4.6.35)
∆E = 19, 28 MeV
T1/2 (8 Be) ≈ 10−17 s
(4.6.36)
Reaktionsdauern in der PP-I Kette (für M = M¯ )
1
H (p, e+ νe )2 D
2
D (p, γ)3 He
3
He (3 He, 2p)4 He
O (1010 Jahre)
O (1 Sekunde)
O (106 Jahre)
schwache WW
starke WW und uu-Kern
starke WW und gu-Kern
Summenreaktion: 4 1 H → 4 He + 2e+ + 2νe + ∆E; e+ + e− → ∆E
mittl. freie Weglänge der Neutrinos λν ≈ 1012 km!
Mit steigender Temperatur gewinnen PP II und PP III an Bedeutung (weil bei
PPI 2 3 He-Teilchen benötigt werden).
Der CNO-Zyklus
Abbildung 4.6.2: Reaktionen des CNO-Trizyklus
12
C (p, γ)13 N (e+ νe )13 C (p, γ)14 N (p, γ)15 O (e+ νe )15 N (p, α)12 C
Hauptzyklus
∆E = 25, 0MeV
4p → 4 He + 2e+ + 2νe + ∆E
72
(4.6.37)
Die PP-Kette und der CNO-Zyklus sind stark temperaturabhängig.
Abbildung 4.6.3: Temperaturabhängigkeit der Energieerzeugung ε durch das Wasserstoffbrennen im Gleichgewicht für die Elementmischung der Sonne
und der Population I-Sterne. ε in [W kg−1 ], ρ in [kgm−3 ], XH relati2
ver Massenanteil des Wasserstoffs. ε/ρXH
ist für die pp-Kette nur von
T abhängig, für den CNO-Zyklus außerdem proportional zur Häufigkeit XC,N /XH . Im Zentrum der heutigen Sonne ist XH = 0, 36 (ursprünglich 0,73), ρ = 1, 6 · 105 kg m−3 , T = 1, 5 · 107 K und somit
ε ' 1, 8 · 10−3 W kg−1 .
Abbildung 4.6.4: Energieerzeugung e beim Wasserstoff-, Helium- und Kohlenstoffbrennen pro Gramm des Ausgangsmaterials (Konzentration X = 1, 0!).
Für die Dichte beim Wasserstoff- und Heliumbrennen 104 g cm−3 ,
beim Kohlenstoffbrennen jedoch 105 g cm−3 angenommen. Gestrichelt
sind die Verlustraten durch Photo- und Paarvernichtungsneutrinos
eingetragen. Diese Kurven beziehen sich auf nichtentartete Materie
mit XH ≈ 0 (µ̄Z = 2) und ρ = 105 g cm−3 .
II. Heliumbrennen
• 3 α-Prozess
(T ≈ 1...2 · 108 K)
∆E = 7, 3 MeV
2 4 He *
) 8 Be (α, γ)12 C
8
T1/2 ( Be) = 10−17 s
73
(4.6.38)
mittlere Stoßzeit mit 4 He ≈ 10−21 s
Resonanz nötig (→ d. h. das dritte α-Teilchen muss genau die richtige Energie haben).
12
•
C (α, γ)16 O
∆E = 7, 2MeV
bzw.
12
•
C (α, γ)16 O (α, γ)20 Ne (α, γ)24 Mg (α, γ)28 Si
14
N (α, γ)18 F (e+ ν)18 O (α, γ)22 Ne (α, n)25 Mg
Erzeugung freier Neutronen
⇒ Aufbau schwerer Elemente (keine Coulomb-Barriere!) bis A ≈ 60.
Abbildung 4.6.5: Bindungsenergie von Atomkernen, gerechnet pro Nukleon, in
Abhängigkeit von der Massenzahl A. Der Kurvenverlauf macht sofort
die energetische Sonderstellung des Prozesses 41 H → 4 He deutlich.
III. Kohlenstoffbrennen (T ≈ 5 · 108 − 109 K)
12
C(12 C, p)23 Na (p, α)20 Ne
12
C (12 C, α)20 Ne
∆E = 4, 6 MeV
(4.6.39)
IV. Photodesintegration und weitere Brennphasen (T > 1, 5 ... 2 · 109 K)
Quasi-Gleichgewichtsprozess zwischen Photodesintegration (20 Ne (γ, α)16 O) und
Einfang von α-Kernen (16 O (α, γ)20 Ne).
Ebenso verläuft Sauerstoffbrennen (T ≈ 1, 4 · 109 K)
16
O+
16
O *
)
32
Si + γ;
31
S + n;
31
P +1 H;28 Si +4 He
(4.6.40)
>
und Siliziumbrennen (T ∼ 2 · 109 K)
28
Si +
28
74
Si *
)
56
Fe
(4.6.41)
4.6.4
Stabilität der Sterne
Betrachten wir verschiedene Zeitskalen:
• Zeitspanne, während der ein Stern seine Abstrahlung aus Gravitationsenergie
bestreiten kann (Helmholtz-Kelvin-Zeit).
τHK
¯ ¯
¯ EG ¯
GM2
= ¯¯ ¯¯ ≈
L
RL
(4.6.42)
(unter Benutzung des Virialsatzes Eth = − 12 EG )
Sonne: tHK = 3 · 107 Jahre
• Zeitskala, auf der ein Stern in der Lage ist, das (gestörte) hydrostatische Gleichgewicht wiederherzustellen (Freifallzeit).
r
τff ≈
1
Gρ
(4.6.43)
Sonne: tff ≈ 1 Stunde
• Zeitspanne, die ein Stern auf der Hauptreihe zubringt (Entwicklungszeit oder
Verweilzeit auf der HR) = Zeitskala, auf der der Stern 10 % des Wasserstoffvorrats
im Kern in Helium umwandelt.
τHR ≈ 6 · 109
M/M¯
Jahre
L/L¯
(4.6.44)
τHR muss proportional M/L sein, da der maximale Energiegewinn ∝ M und der
Energieverlust ∝ L ist).
τN ∝
4.6.5
E
M
∝
L
Ė
(4.6.45)
Grundgleichungen zum Sternaufbau
dM (r)
= 4π r2 ρ
dr
d P(r)
G M (r)
= −ρ
dr
r2
d L (r)
= 4π r2 ρ ε
dr
Masse innerhalb r
(4.6.46)
hydrostatisches Gleichgewicht
(4.6.47)
nukleare Energieerzeugung
(4.6.48)

3 κρ L (r)
d T (r)



½
 dr = − 4 a cT 3 4π r2
Engietransport Strahlung
µ
¶
durch
Konvektion 
d T (r)
1 T (r) d P (r)


= 1−

dr
γ P (r) dr
75
(4.6.49)
Chemische Zusammensetzung der Materie Xi = H, He ...: P = P (Xi ), ε = ε (XI ), κ =
κ (Xi ), γ = γ (Xi )
kT
P = Pg + Ps ; Pg = ρ µ̄m
u
Zustandsgleichung
ε = ε (P, T, ρ); κ = κ (P, T, ρ); γ = γ (P, T, ρ) Materialgleichungen
(4.6.50)
([ε] = J kg−1 s−1 ; [κ] = m2 kg−1 ; [γ] = 1)
M (0) = 0
L (0) = 0
M (R)
L (R)
T (R)
P (R)
=
=
=
=

M



L
Randwerte
Teff oder = 0 


0
(4.6.51)
Satz von Russell und Vogt:
Zu einer vorgegebenen Gesamtmasse M und einer bestimmten chemischen Zusammensetzung (X1 , X2 , ...) gibt es nur eine Gleichgewichtskonfiguration (d. h. der Aufbau
des Sterns ist damit eindeutig festgelegt).
Konsequenz: Die Hauptreihe als Ort gleicher chemischer Zusammensetzung hat nur
einen freien Parameter, die Sternmasse (bzw. L, Teff , R).
4.6.6
Energietranport durch Strahlung oder Konvektion?
Sternmodellrechnungen ergeben, dass
• Sterne mit M > 1, 5 M¯ (Tc > 20 · 106 K, CNO-Zyklus) besitzen konvektiven
Kern und Hülle im Strahlungsgleichgewicht.
• Sterne mit M < 1, 5 M¯ (Tc < 20 · 106 K, pp-Kette) besitzen Strahlungsgleichgewicht im Kern und konvektive Hülle; Tiefe der Konvektionszone nimmt mit
abnehmender Sternmasse zu, bis für M < 0, 3M¯ die Sterne voll konvektiv sind.
Lösungen des Gleichgewichtssystems für den Sternaufbau für alle praktischen Fälle nur
numerisch möglich.
Langsame Änderung der chemischen Zusammensetzung des Sterns (lokal bzw. global).
Für das Wasserstoffbrennen gilt z. B.
4mH
· εH, He = − ẊHe
QH, He
¾
26, 2 MeV (pp)
=
25, 0 MeV (CNO)
ẊH = −
QH, He
(4.6.52)
(4.6.53)
Nukleare Zeitskala für das Wasserstoffbrennen:
EH, He · M
L
Verweildauer auf der Hauptreihe
τN =
;
EH, He = XH
τHR =
1
τN
10
76
QH, He
[J kg−1 ]
4 mu
(4.6.54)
(4.6.55)
4.7
Nach-Hauptreihen-Entwicklung von Sternen
Entwicklungszustand der Sonne:
Alter der Sonne: 4, 5 · 109 Jahre
Ursprüngliche chemische Zusammensetzung der Sonne: XH = 0, 73, XHe = 0, 25, XRest =
0, 02
Heutige chemische Zusammensetzung der Sonne im Zentrum: XH = 0, 33, XHe =
0, 65, XRest = 0, 02
Leuchtkraft, Radius und Zentraldichte nahmen mit fortschreitender Entwicklung zu.
Erhöhung des Molekulargewichts und Abnahme der Gesamtzahl aller Teilchen (4H →
1He) im Zentralgebiet erfordert (z. B. nach der idealen Gasgleichung p · V = n · k · T )
bei nicht fallendem Druck und Temperatur eine Verkleinerung des Kernvolumens unter
Erhaltung der Masse des Kerns → höhere Dichte im Kern.
Durch diese Kontraktion des Kerns wird Gravitationsenergie frei, die nach dem Virialtheorem zu einer Temperaturerhöhung führt. Bevor die für das He-Brennen im Kern
nötige Zentraltemperatur von ∼ 108 K erreicht wird, entsteht zunächst eine Wasserstoff
brennende Schale um den Heliumkern. Damit vergrößert sich der Sternradius, was zu
einer Verringerung der Effektivtemperatur führt. Im HRD bewegt sich der Stern von
der Hauptreihe nach rechts weg.
77
Abbildung 4.7.1: Stellare Entwicklungswege im HRD im Hauptreihenstadium und
später. Auf der Hauptreihe (begrenzt durch die gestrichelten Kurven) findet die Entwicklung auf der nuklearen Zeitskala statt. Die
Entwicklung nach der Hauptreihe zum Roten Riesen erfolgt auf der
thermischen Zeitskala. Der mit He bezeichnete Punkt entspricht der
Helium-Zündung und in Niedrigmassensternen dem Helium-Blitz. Die
Gerade zeigt die Positionen von Sternen mit gleichem Radius.
Die Details sind kompliziert, deshalb ein Beispiel für die Entwicklung eines massereichen
Sterns:
M = 7 M¯
X = 0,602, Y = 0,354, Z = 0,044
Tc = 3 · 107 K (CNO-Zyklus)
(Zentralwert)
ρc = 10 g/cm3
(Zentralwert)
MK /M = 0,26 (MK : Masse im konvektiven Kern)
78
Abbildung 4.7.2: Nach-Hauptreihenentwicklung eines massereichen Sterns
79
Abbildung 4.7.3: “Zwiebelschalenstruktur“ eines entwickelten Population I-Sterns mit
M = 25 M¯ nach Ablaufen des Siliziumbrennens. Eingezeichnet
sind die Zonen der maximalen Energieerzeugung und die häufigsten
Produktnuklide innerhalb der jeweiligen Brennschale. Außerhalb von
M (r) = 8, 43 M¯ bzw. r = 0, 55 R¯ hat der Stern noch seine ursprüngliche H- und He-reiche Zusammensetzung. Der neutronisierte
Fe-Kern reicht bis M (r) = 2, 1 M¯ bzw. r = 4, 2 · 10−3 R¯ =
2.900km; im Zentrum beträgt die Temperatur Tc = 8, 2 · 109 K und
die Dichte ρc = 2, 2 · 1012 kg m−3 . Im Hertzsprung-Russell-Diagramm
befindet sich dieser Stern (Effektivtemperatur 4.400 K, Leuchtkraft
3 · 105 L¯ und Radius um 103 R¯ ) im Bereich der Roten Überriesen.
Das Heliumbrennen für Sterne mit M < 2, 5 M¯ verläuft nicht hydrostatisch (wie bei
den Sternen mit M > 2, 5 M¯ ), sondern explosiv.
Fermi-Dirac-Entartung des Elektronengases im Innern.
Pel À Pion = > P = Pel
(4.7.1)
Im nicht-relativistischen Fall ist (→ Unschärferelation)
1
Pel =
20
N
:
V
µ ¶2/3 2 µ ¶5/3
3
h
N
π
me V
(4.7.2)
Elektronendichte
Im relativistischen Fall ergibt sich:
µ ¶4/3
µ ¶1/3
1 3
N
Pel =
hc
(4.7.3)
8 π
V
Wichtig: Der Druck hängt nicht von der Temperatur ab. Bei Energiezufuhr keine Expansion und Abkühlung. Materie aus der Hülle fällt auf den entarteten Kern auf, und
die Temperatur erhöht sich, ohne dass der Druck steigt. Bei T = 8 · 107 K zündet das
Helium-Brennen, und die Temperatur erhöht sich innerhalb der Freifallzeit so stark,
bis die Entartung aufgehoben wird → Helium-Flash. Die dabei im Innern entstehende
Explosionswelle wird zum Teil von der Hülle aufgefangen; ein Teil der Sternmasse geht
aber ins interstellare Medium verloren.
80
Abbildung 4.7.4: Entwicklungsweg eines Population I-Sterns von 1,1 bzw. 1,0 M¯
im Hertzsprung-Russell-Diagramm. Entwicklung von 1,1 M¯ vom
zentralen Wasserstoffbrennen (A) bis zum Helium-Flash (E) ohne
Berücksichtigung von Massenverlust. Annahme von 0,1 M¯ Massenausstoß beim Helium-Flash. Weitere Entwicklung des Sterns mit 1,0
M¯ unter Berücksichtigung von Massenverlust. F → G: Zentrales
Heliumbrennen und Wasserstoffschalenbrennen. G → J: Asymptotischer Riesenast; von den hier ab I auftratenden thermischen Pulsen
(Heliumschalen-Flash) ist nur einer (J) eingezeichnet. Der Massenverlust wird bei H wesentlich und führt zu einer Endmasse von 0,6
M¯ , die bei K erreicht wird.
81
4.8
Bestimmung der Alter von Sternhaufen
Abbildung 4.8.1: Schematische Farben-Helligkeitsdiagramme von Sternhaufen. M3 ist
ein Kugelsternhaufen. Das Haufenalter ist entlang der Hauptreihe
dargestellt. Das Alter der Haufen wird durch den Punkt der Hauptreihe bestimmt, in dem die Sterne von der Hauptreihe abzuwandern
beginnen.
• Entfernung aller Sternhaufenmitglieder ist gleich
• Hauptreihenanpassung
• Abknickpunkt von der Hauptreihe ergibt das Alter.
82
4.9
Endphasen der Sternentwicklung
I. Weiße Zwerge (massearme Sterne)
<
Wenn für massearme Sterne (M ∼ 3 M¯ ) nach den diversen He-Flashs die Kontraktion und damit zusammenhängend die Nukleosynthese so weit fortgeschritten
ist, dass bei weiterer Kontraktion keine nukleare Energie mehr freigesetzt werden kann (kein Kohlenstoffbrennen möglich!), fängt der Stern an abzukühlen und
als Ganzes zu schrumpfen. Die dabei frei werdende Gravitationsenergie wird abgestrahlt. Ein stabiler Gleichgewichtszustand ist erst dann erreicht, wenn das
Elektronengas vollständig entartet ist. Der Stern ist dann ein Weißer Zwerg.
Abbildung 4.9.1: Hertzsprung-Russell-Diagramm für Weiße Zwerge. Die Geraden sind
Linien gleicher Masse und damit auch gleichen Radius´ für vollständig
entartete Konfigurationen, die nur aus den Elementen C bis Mg bestehen. Sterne eines endlichen Massenbereichs bedecken einen Flächenstreifen. Die eingetragenen Punkte entsprechen den beobachteten
Weißen Zwergen mit bekannten Entfernungen.
Masse-Radius-Beziehung von Weißen Zwergen im nicht-relativistischen Fall:
R ∝ M −1/3
(4.9.1)
∧
Ein Weißer Zwerg mit M = 1 M¯ hat R ≈ 10−2 R¯ (= Erdgröße); ρ ≈
106 g/cm3 .
Abkühlzeit zum Schwarzen Zwerg: mehrere 109 Jahre.
83
Im relativistischen Fall ergibt sich keine Gleichgewichtskonfiguration. Daraus
folgt, dass es eine Grenzmasse Mkr geben muss, oberhalb der ein aus entarteter Materie aufgebauter Stern nicht mehr stabil sein kann.
Abbildung 4.9.2: Gesamtenergie E von Sternen verschiedener Masse bei vollständiger
Elektronenentartung in Abhängigkeit vom Radius R.
Abbildung 4.9.3: Die Endpunkte der Entwicklung für Sterne unterschiedlicher Massen
in Abhängigkeit von der Zentraldichte. Die Kurve zeigt das Verhalten der Zentraldichte vollständig entarteter Körper (T = 0K). Die
Chandrasekhar-Masse und die Oppenheimer-Volkov-Masse entsprechen den Maxima dieser Kurve.
Diese Grenzmasse liegt bei Mkr = 1, 44 M¯ und heißt Chandrasekhar-Masse.
Alle Sterne, die nach dem Massenverlust im Riesenstadium M < Mkr haben,
entwickeln sich zu Weißen Zwergen.
84
II. Sterne mittlerer Masse
<
<
Für Sterne im Massenbereich 3 M¯ ∼ M ∼ 8 − 15 M¯ findet nach dem HeliumFlash und dem Ende des zentralen Helium-Brennens noch ein Kohlenstoff-Flash
(12 C + 12 C → 23 Na + p; 20 Ne + 4 He; 24 Mg + γ; 23 Mg + n) statt, bei höheren
Massen auch noch ein Sauerstoff-Flash (16 O + 16 O → 32 S + γ; 31 S + n; 31 P +
p; 28 Si + α). Die Sterne explodieren dadurch, bilden eine so genannte Supernova
Typ II und hinterlassen keinen Reststern.
III. Sterne hoher Massen
>
Für Sterne mit M ∼ 8 − 15 M¯ wird der Kollaps durch Photodesintegration der
Nuklide oberhalb 5 · 109 − 1010 K ausgelöst; im Zentrum
γ + 56 Fe → 13 4 He + 4 n
γ + 4 He → 2 p + 2 n.
(4.9.2)
Druckabfall durch
• Ende der Fusion → keine Energieerzeugung
• Absorption von γ-Strahlung → kein Strahlungsdruck
und Kollaps der Hülle auf das Zentrum in der Freifallzeit (∼ 0, 1 s). Explosionsartiges Einsetzen der Kernfusion in der Hülle → Supernova Typ II.
Aber: es bleibt ein entarteter Neutronenstern (p + e → n + ν); R ≈ 10 km
>
<
>
ρ ∼ 2 · 1017 kg/m3 für M ∼ 1, 8 M¯ bzw. ein Schwarzes Loch für M ∼ 1, 8 M¯
übrig (Grenzmasse heißt Oppenheimer-Volkov-Masse).
Supernova Typ II:
•
•
•
•
•
∆ m > 20 mag
Expansionsgeschwindigkeit bis zu 104 km/s
Freigesetzte Gesamtenergie ∼ 1046 J
Elektromagnetische Strahlung ∼ 1044 J (1%)
Neutrinos 99%
Schwarze Löcher:
Entweichgeschwindigkeit = Lichtgeschwindigkeit
r
ve =
2 GM
= c
R
(4.9.3)
Kritischer Radius = Schwarzschildradius
Rs =
M
2 GM
=
3
km
c2
M¯
Sonne: Rρ = 3 km
Erde: Rρ = 9 mm.
85
(4.9.4)
4.10
Sternentstehung
4.10.1
Molekülwolken
Beobachtungen zeigen, dass Sternentstehung in Molekülwolken stattfindet.
Molekülwolken:
∧
• NH2 ≈ 103 ... 106 cm−3 (= 10−21 ... 10−18 g/cm3 )
• T ≈ 10 ... 50 K
• ® ≈ 1 ... 5 pc
• M ≈ 102 ... 104 M¯ (1 M¯ = 2 · 1030 kg)
Ã
(
Molekülwolkenkomplexe:
!
<
® ∼ 50 pc
<
M ∼ 106 M¯
Um eine erste Abschätzung über die Dauer der Sternentstehung zu gewinnen, betrachten wir die Freifallzeit.
τdyn ≈ √
1
' 107 ... 106 Jahre
G ρ̄
(4.10.1)
für
ρ̄ ≈ 10−22 ... 10−20 g/cm3 .
4.10.2
(4.10.2)
Gravitationsinstabilität
(Jeans-Instabilität, vgl. Kap. 2.8)
Anmerkung: kugelförmige Gaswolke, konstante Dichte und Temperatur, Radius R,
Masse M
Bedingung für Kollaps:
Gravitationsenergie > 2 x thermische Energie
3 M2
M
G
> 3 kT
5
R
µ̄ mu
,→ M > MJ =
5 kT
T
R ' 6 · 1014 R [kg]
G µ̄ mu
µ̄
Beispiel 1: Diffuse interstellare Wolken (T = 100 K, R = 2 pc, µ̄ = 1)
⇒ M > 1.900 M¯ , aber: diffuse interstellare Wolken haben M < 100 M¯ .
86
(4.10.3)
(4.10.4)
Beispiel 2: Molekülwolken (T = 20 K, R = 2 pc, µ̄ = 2)
⇒ M > 190 M¯ ,→ Molekülwolken neigen zur Gravitationsinstabilität.
Fragmentation der kollabierten Wolken:
Während des Kollaps´ wird wegen MJ ∝ R die Jeans-Masse immer kleiner, d. h. immer
kleinere Bereiche der Molekülwolke kollabieren in sich (auch bedingt durch anfängliche
Dichteschwankungen).
Kühlung beim Kollaps:
Energieverlust von H2 , He durch Stoßanregung anderer Gasteilchen (C II, O II, Moleküle) mit nachfolgender Abstrahlung im optisch dünnen IR; Temperatur bleibt konstant.
4.10.3
Das Drehimpulsproblem
homogene Kugel ρ = 10−24 g/cm3 , Molekülwolken-Fragment 1 M¯ , R = 0, 3 pc.
Drehimpuls: J = θ · ω
Trägheitsmoment: θ =
2
5
M R2
= 3 · 10−16 s−1 (Gradient der Umlaufgeschwindigkeit um galaktisches
ω = 10km/s
kpc
Zentrum)
⇒ J/M¯ ≈ 1016 m s−2 .
Kontraktion von R auf R¯ (R¯ = 7 · 108 m) bewirkt ω = 0, 05 s−1 (entsprechend einer
Oberflächengeschwindigkeit von 3 · 104 kms−1 !)
⇒ Drehimpulsverlust durch Aufwickeln des interstellaren Magnetfelds.
Sonne
Jupiter
Masse
Drehimpuls
2 · 1030 kg
1, 1 · 1042 kg m2 s−1 (2 · 10−2 JJup )
4, 9 · 1027 kg
5, 1 · 1043 kg m2 s−1
(2, 5 · 10−3 M¯ )
Die am Ende des isothermen Fragmentierungsprozesses (wenn die Wolke im FIR optisch dick wird) stehenden Verdichtungen werden Protosterne genannt.
Protosterne befinden sich nicht im hydrostatischen Gleichgewicht.
4.10.4
Beginn des protostellaren Kollaps´
T = 10 K, M = 1 M¯ , k (λ ≥ 100 µm) ≈ 1 cm2 g−1 (Massenabsorptionskoeffizient
!
des Staubs), ρ = 10−17 g cm−3 , τ = k · ρ · R = 1 ⇒ R = 106 R¯
87
Weitere Entwicklung für R < 106 R¯ kompliziert; gleichzeitge Lösung der hydrostatischen
Bewegungsgleichungen und des Energietransportproblems.
Qualitativ setzt sich der Kollaps folgendermaßen fort:
• Helmholtz-Kelvin-Kontraktion (quasi-statisch) (gewonnene Gravitationsenergie
wird von der Oberfläche des Protosterns abgestrahlt); straker Dichtegradient zum
Zentrum hin.
Abbildung 4.10.1: Zustand einer kontrahierenden interstellaren Wolke für verschiedene
Zeiten. Die Dichte 1 (in relativen Einheiten) zum Zeitpunkt t = 0
entspricht etwa 1019 g cm−3 ; die Ausdehnung (Skala unten) ist in
Sonnendurchmessern D¯ gegeben.
• H2 -Dissoziation (bei einigen 103 K) setzt den Druck herab und führt zu erneutem
dynamischen Kollaps.
• Bildung eines zweiten H1 -Kerns (ρ = 10−2 g cm−3 , T¯ = 104 K) und erneute
hydrostatische Kontraktion.
4.10.5
Bildung einer Akkretionsscheibe
• Zweiter hydrostatischer Kern (nach 3 · 105 Jahren);
M = 10−3 M¯ , R = 10 R¯ (Anfang) ... 1 M¯ (Ende)
• weit ausgedehnte, optisch dicke, kalte Hülle mit niedriger Dichte, RH = 106 R¯ , ρ <
10−8 g cm−3 , deren Materie frei auf den Kern “regnet“
⇒ Akkretionsstoßfront mit v = 10 km s−1 (Anfang) ... 300 km s−1 (Ende)
⇒ Bildung einer Akkrektionsscheibe für J 6= 0
88
Abbildung 4.10.2: Verlauf der Zentraltemperatur eines kollabierenden sphärisch symmetrischen Molekülwolkenfragments bis zur Bildung eines Hauptreihensterns in Abhängigkeit von der Zentraldichte (teilweise schematisiert).
Abbildung 4.10.3: Entwicklungswege im HRD während der quasi-statischen Kontraktion für Sterne der Population I. Die eingetragenen Zeiten (Jahre)
bezeichnen das Ende der vollkonvektiven Phase (rechts) und den Beginn des Wasserstoffbrennens (links) auf der Alter-Null-Hauptreihe.
Nullpunkt der Zeitzählung ist der Beginn der quasi-hydrostatischen
Entwicklung, wenn der Protostern “von rechts kommend“ die zu
seiner Masse gehörende Hayashi-Linie erreicht.
89
Beste Beobachtbarkeit von Protosternen bzw. von Sternen in der Vor-HauptreihenEntwicklung in der etwa 106 Jahre dauernden Phase der asymptotischen Annäherung
an die Hayashi-Linie (→ T-Tauri-Sterne)
Hayashi-Linie: Grenzlinie L = L (Teff ) der voll konvektiven Sterne mit der Eigenschaft, dass rechts davon keine Objekte vorkommen können, die sich im hydrostatischen
Gleichgewicht befinden.
Abbildung 4.10.4: Entwicklungsweg im HRD für einen sphärisch symmetrischen Protostern nach hydrodynamischen Modellrechnungen. Die Zahlen im
Kurvenverlauf geben Entwicklungszeiten seit Bildung des quasistatischen Kerns in Jahren an.
90
4.10.6
T-Tauri-Sterne
• Unregelmäßig Veränderliche, die in den Bereichen interstellarer Wolken - Dunkelwolken, diffuse Nebel - auftreten; meist nahe bei OB-Assoziationen.
• Lage im HRD kennzeichnet sie als sehr junge Objekte, Alter 105 − 107 Jahre.
Abbildung 4.10.5: Spektrum eines T-Tauri-Sterns (offene Kreise) im Vergleich zu einem
Schwarzkörperstrahler (gestrichelte Linie).
• TT-Sterne besitzen IR-Exzess.
• Li-Absorptionslinie λ 6707 Å; noch nicht durch 7 Li + 1 H → 2 4 He bei T ≈
2 · 106 K zerstört; Li-Häufigkeit ähnlich wie im interstellaren Gas (Li/H ≈ 10−9 ).
• P-Cygni-Profile → expandierende Hülle; Massenverluste von 10−8 ... 10−7 M¯ /Jahr.
• Jets bei einigen T-Tauri-Sternen beobachtet.
<
>
• MT T ∼ 2 − 3 M¯ (MHerbig Ae/Be ∼ 2 − 3 M¯ )
91
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