Pathophysiologie und Klinik der Makuladegeneration:

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1. Jahrgang, November 2007, 141-149
- - - Rubrik Fortbildungsartikel - - -
Pathophysiologie und Klinik der
Makuladegeneration:
Angiogenesehemmer als
neue Therapieoption
Häufigkeit
Klinik
Anatomie
Prophylaxe
Pathogenese
Therapie
Maculadegeneration
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Pathophysiologie und Klinik der
Makuladegeneration:
Angiogenesehemmer als neue Therapieoption
Dr. med. Karsten Klabe,
Augenarzt
Chefarzt der Augenabteilung Marienhospital
Rochusstr. 2
40479 Düsseldorf
Lektorat:
Prof. Dr. med. Jost Jonas, Chefarzt der Augenklinik am Universitätsklinikum Mannheim
Prof. Dr. Georg Kojda, Fachpharmakologe, Fachapotheker für Arzneimittelinformation, Institut für Pharmakologie und Klinische Pharmakologie, Universitätsklinikum Düsseldorf
Den Fortbildungsfragebogen zur Erlangung eines Fortbildungspunktes zum
Fortbildungstelegramm Pharmazie finden Sie hier*:
http://www.uni-duesseldorf.de/kojda-pharmalehrbuch/FortbildungstelegrammPharmazie/Kurzportraet.html
Titelbild : Universitätsbibliothek New York , Urheber: Photoprof, Lizenz: Fotolia
Fortbildungstelegramm Pharmazie 2007;1:141-149
Maculadegeneration
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Abstract
Anatomische Vorbemerkungen
Age related macular degeneration (AMD)
is one of the most frequent causes of
functional blindness in elderly in the
western world. About 4,5 million people
suffered from different subtyps of this
disease in Germany. Therapy and
prophalactics could only slower disease
progression over a long period. With the
introduction of antiangionetic drugs for
therapy of neovascular AMD started a
new period in securing patients visual
function.
Die Altersbedingte Makuladegeneration
ist eine Erkrankung die sich im Bereich
der Netzhaut des hinteren Augenpols
abspielt. Dabei sind unterschiedliche benachbarte anatomische Strukturen betroffen. Dazu zählen die Photorezeptoren
und das retinale Pigmentepithel, die
Bruch´sche Membran und die Aderhaut.
Abstrakt
Die
Altersabhängige
Makuladegeneration (AMD) zählt zu den häufigsten
Erblindungsursachen im höheren Lebensalter in den Industrienationen. In
Deutschland sind ca. 4,5 Mio Menschen
von den unterschiedlichen Formen der
AMD betroffen. Die Therapie und Prophylaxe dieser Erkrankung erreichten lange
ausschließlich eine Verlangsamung des
Krankheits-verlaufes. gerichtet Mit der
Einführung von Angiogenesehemmern in
die Thera-pie der neovaskulären Makuladegeneration wurde ein großer Schritt zu
einer visuserhaltenden Behandlung getan.
Häufigkeit
Die AMD gilt als Hauptursache für eine
schwere Sehbehinderung bis zur funktionellen Erblindung bei den über 50jährigen in der westlichen Welt. Nach
Schätzungen der AMD Alliance sind
weltweit ca. 25 -30 Mio. Menschen betroffen. Aufgrund der demografischen
Entwicklung ist mit einer Verdreifachung
der Erkrankungsfälle in den nächsten 25
Jahren zu rechnen.
In Deutschland sind ca. 4,5 Mio. Menschen von den unterschiedlichen Formen
der AMD betroffen. Dabei sind 90 % der
Erkrankungsfälle Formen der trockenen
Makuladegeneration.
Die Prävalenz der Erkrankung steigt mit
zunehmendem Lebensalter von ca. 1%
der 65-74-jährigen bis zu 13% bei Personen älter als 85 Jahre.
Abb. 1: Schema der räumlichen Beziehung von retinalem Pigmentepithel,
Bruch´scher Membran und Aderhaut
(aus Duane´s Ophthalmology, Wolters
Kluwer 2007).
Pathogenese
Das menschliche Auge macht typische
Altersveränderungen durch. Für die altersabhängige Makuladegeneration sind
die betroffenen Strukturen sowohl die
Photorezeptoren mit dem darunter liegenden retinalem Pigmentepithel, die
Bruch´sche Membran und die Aderhaut
(Choriocapillaris).
Die Photorezeptoren und das retinale
Pigmentepithel bilden eine Funktionseinheit. Während des Sehaktes ist neben
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der Teilnahme am Vitamin-A-Kreislauf,
der Melaninsynthese besonders die Phagozytose der distalen Photorezeptorenaußensegmente durch das retinale Pigmentepithel (RPE, Abb. 1) von herausragender Bedeutung bei der Entstehung
einer Makuladegeneration. Dabei kommt
es im Laufe des Lebens zu einer Akkumulation von Lipofuszin in den Zellen des
retinalen Pigmentepithels – nicht weiter
aufarbeitbaren Restprodukten der Phagozytose.
Die unter dem retinalen Pigmentepithel
liegende Bruch´sche Membran (Abb. 1)
ist eine mehrschichtige azelluläre Membran. Über dieser Membran findet ein reger Stoffaustausch zwischen retinalem
Pigmentepithel und Aderhautgefäßen in
beiden Richtungen statt. Mit zunehmendem Lebensalter kommt es zu einen
deutlichen Verdickung dieser Membran
mit dem Ergebnis der Störung des oben
genannten Stofftransportes. Die Verdickung der Bruch´schen Membran findet
besonders im Bereich der Makula statt.
Die innere Schicht der Aderhaut (Abb.
1), die Choriokapillaris, ist ein schichtartiges Geflecht von Blutgefäßen, über die
mehr als ¾ des gesamten Blutflusses
des Auges erfolgt. Sie versorgt das retinale Pigmentepithel, die Photorezeptoren
und Teile der äußeren Netzhautschichten
mit Sauerstoff und Nährstoffen und ist
für den Abtransport von Stoffwechselendprodukten aus diesen Strukturen
verantwortlich. Im Alter kommt es zu
einer Abnahme der Kapillaranzahl und
einer Verringerung des Gefäßdurchmessers. All diese Veränderungen können
zum einen zu einer Ansammlung von
Zellabfall aus dem retinalen Pigmentepithel und zum anderen zu einer Bildung
von Neovaskularisationen aus den Gefäßen der Aderhaut führen.
Die Ausbildung einer Altersabhängigen
Makuladegeneration stellt sich als sehr
komplexer Vorgang dar, der durch unterschiedlichste
Faktoren
(Komplementfaktor H, unterschiedliche Wachstumsfaktoren, Fibroblasten, und Enzyme) beeinflusst wird. Zusätzlich beeinflussen genetische Faktoren und Umweltbedingungen und Begleiterkrankungen die Ausprägung und Ausmaß der
Erkrankung. Zu dem wesentlichen umweltbedingten Risikofaktor zählt nach
heutiger Meinung das Rauchen. Bei den
Begleiterkrankungen werden immer wieder Hypertonie, Diabetes, Atherosklerose,
Hypercholesterolämie
kontrovers
diskutiert.
Klinik
Nach der Einteilung der International
ARM Epidemiological Study Group unterscheiden wir bei der AMD Früh- und
Spätstadien (Tab. 1). Dabei werden die
Frühstadien nicht als Makuladegeneration sondern als Makulopathie klassifiziert(Abb. 2). Zu den Frühstadien zählen
Unregelmäßigkeiten des retinalen Pigmentepithel (Hyper- und Hypopigmentationen) und harte Drusen (<63 µm
Durchmesser). Veränderungen des Spätstadiums fassen sowohl Veränderungen
der trockene AMD (geografische Atrophie) als auch alle Formen der feuchten
(neovaskulären) AMD zusammen.
Drusen sind gelbliche Akkumulationen
von Stoffwechselendprodukten unterschiedlicher
Größe
unter
in
der
Bruch´schen
Membran.
Wir
unterscheiden im Wesentlichen harte, weiche
Drusen und basal deposits. Harte Drusen
sind kleiner als 63 µm, rund und scharf
begrenzt.
Formen der AMD
Frühform
trockene
Form der
AMD
feuchte
Form der
AMD
Drusen
Pigmentveränderungen
Spätform
Geografische
Atrophie
Choroidale
Neovaskularisation (CNV)
Pigment-epithelabhebung
Retinale
angiomatöse
Vaskularisation
Disziforme
Narbe
(Endstadium)
Tab. 1: Übersicht zu den verschiedenen
Formen der Makuladegeneration.
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Weiche Drusen sind größer als 63 µm,
unscharf begrenzt und neigen dazu zu
konfluieren. Basal deposits kommen in
unterschiedlicher Ausprägung zumeist
als
flächige
Ablagerungen
in
der
Bruch´schen Membran vor und sind im
Gegensatz zu Drusen ophthalmoskopisch
nicht sichtbar.
Abb. 2: Makuläre Druse (Pfeile).
Pigmentepithelveränderungen stellen
sich als Hyper- oder Hypopigmentierungen im Bereich der Makula dar. Sie
sind Ausdruck eines unter-schiedlichen
Pigmentgehaltes des retinalen Pigmentepithels und verursacht durch atrophe
oder reparativer Prozesse dieser Zellschicht. Die Frühformen führen in aller
Regel nicht zu einer Verschlechterung
der Sehschärfe. In einzelnen Fällen können jedoch Verziehungen im zentralen
Gesichtsfeld beobachtet werden (Metamorphopsien).
Bei den Spätformen ist die geografische Atrophie die einzige trockene
Form. Hierbei kommt es zunächst zu
einer Atrophie des retinale Pigmentepithels, der dann - aufgrund der fehlenden Interaktion - eine sekundäre Atophie
auch der Photoreptoren folgt (Abb. 3).
Dies ist verbunden mit einer allmählichen Verschlechterung der Sehschärfe.
Die einzelnen Formen der feuchten Makuladegeneration gehen stets mit einer
Neovaskularisation einher. Die neovaskulären Gefäße sprossen aus der Aderhaut, seltener aus den Netzhautgefäßen, aus und führen aufgrund ihrer höheren Permeabilität zu eine extrazellulären Ansammlung von Flüssigkeit, Blut
und oder Lipiden. Damit verbunden ist
eine Schädigung sowohl des n als auch
der Photorezeptoren. Diese Schädigung
führt letztendlich zur Sehverschlechterung.
Die häufigste Form ist die choroidale
Neovaskularisation (CNV), die je nach
Lokalisation und Darstellung in der Fluoreszenzangiografie (FAG) eingeteilt wird.
Im FAG wird durch einen fluoreszierenden Farbstoff der Ausstrom von Flüssigkeit aus neovaskulären Gefäßen dargestellt (Abb. 4). Zeigt sich dabei ein klar
abzugrenzendes Gefäßmuster sprechen
wir von einer klassischen CNV. Sind die
Strukturen nicht abgrenzbar von einer
okkulten CNV.
Form der
CNV
P
Abb. 3: Geografische Atrophie, die
Kompositionsaufnahme zeigt im Netzhautzentrum einen Untergang des retinalen Pigmentepithels mit durchscheinendem Aderhautgeflecht (Pfeile Außengrenzen der Atrophie, P – Sehnervenkopf).
FAG,
klassischer
Anteil
Lokalisation zum
RPE
klassische
CNV
100 %
oberhalb
des RPE
überwiegend
klassische
CNV
> 50 %
oberhalb &
unterhalb
der RPE
minimal klassische CNV
< 50 %
oberhalb &
unterhalb
der RPE
okkulte CNV
0%
unterhalb
des RPE
Tab. 2: Einteilung der chorioidalen Neovaskularisation (CNV), (FAG: Fluoreszenzangiografie, RPE: retinales Pigmentepithel).
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Bei einer Pigmentepithelabhebung
handelt es sich um eine Spaltung der
Bruch´schen Membran. In dem entstehenden Zwischenraum sammelt sich
Flüssigkeit. In vielen Fällen ist diese
Flüssigkeitansammlung mit einer CNV
kombiniert. Die Pigmentepithelabhebung
imponiert zumeist als rundliche Schwellung bzw. Erhabenheit im Bereich der
Makula. Die Sehschärfe des betroffenen
Auges ist in vielen Fällen nur gering herabgesetzt, jedoch fallen deutliche Metomorphopsien auf. Erst beim Übergang in
das Endstadium einer disziformen Narbe
oder geografischen Atrophie kommt es
zu einer massiven Verschlechterung der
Sehschärfe.
Die disziforme Narbe kann als kleine
fibrotische Vernarbung des Netzhautzentrums aber auch als großflächige seröse Abhebung des zentralen Netzhaut
mit Lipideinlagerungen und subretinalen
Blutungen
imponieren.
Allen
Ausprägungen ist ein Ausfall der entsprechenden Netzhautfunktion und damit eine deutliche Einschränkung der
Sehschärfe gemein.
ge dieser Studie waren Überlegungen,
die basierend auf histologischen Untersuchungen, eine Rückgang von eben
diesen Substanzen in Augen älterer Probanden nachweisen konnten und die Annahme, dass oxidative Prozesse - verursacht durch freie Radikale.- zu einem
wichtigen Mechanismus der Schädigung
der Netzhaut zählen.
Inhaltsstoff
Tagesdosis
Zink
80 mg
Kupfer
2 mg
Vitamin C
500 mg
Vitamin E
400 I.E
β-Karotin
15 mg
Tab. 3: AREDS-Formulierung.
Dabei zeigte sich ein um 25% niedrigeres Risiko eine fortgeschrittenene AMD
zu entwickeln bei einer kombinierten
Therapie. Eine Zink – Monotherapie verringerte das Risiko um 21% und Antioxidantien – Monotherapie um17%. Auf der
Basis dieser Studienergebnisse wurde
eine Vielzahl von NahrungsergänzungsPräparaten entwickelt. Diese weisen zum
Teil deutlich differente Dosierungen auf
und ersetzen in vielen Fällen das getestete Betakarotin durch Zeaxanthin und
Lutein (Weblink 7).
Hinweise zur Beratung bei
AREDS-Präparaten in der Apotheke
Abb. 4: Fluorenszenangiografie-Befund
einer klassischen choriodalen Neovaskularisation, im Angiogramm zeigt sich eine
zunehmende
Farbstoffaufnahme
und
Leckage als Beleg für eine Neovaskularisation:– zentraler heller werdender Bereich.
Prophylaxe
Im Rahmen der Age Related Eye Disease
Study (AREDS) wurde in einer großen
randomisierten,
placebo-kontrollierten
Studie die Wirksamkeit einer hochdosierten Vitamindiät und der Zufuhr von Betakarotin und Zink untersucht. Grundla-
AREDS-Formulierungen sind eine nachweislich wirksame Vitaminprophylaxe
zur Vorbeugung einer fortgeschrittenen
AMD.
AREDS-Formulierungen sollten erst
nach augenärztlicher Einschätzung des
Risikos einer fortgeschrittenen AMD
eingesetzt werden.
AREDS-Formulierungen können eine
Gelbfärbung der Haut verursachen
(Karotinoide)
ß-Karotin erhöht bei Rauchern das Risiko von Bronchuskarzinom bzw. Pleuramesotheliom
Die Wirksamkeit des Ersatzes von ßKarotin durch die Karotinoide Lutein
und Zeaxanthin ist bislang nicht durch
Studien belegt.
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Es sollte jedoch festgehalten werden,
dass die Studienergebnisse nicht 1:1 auf
die Verhältnisse in Mitteleuropa übertragen werden können, denn die Grundernährung älterer US-Amerikaner und damit auch die Zufuhr von Vitaminen durch
Nahrungsmittel unterscheiden sich von
mitteleuropäischen Verhältnissen. Außerdem gilt, dass für die Gabe von
AREDS-Formulierungen bei Patienten
ohne augenärztlichen Befund (Primärprävention) nach einer kürzlichen MetaAnalyse offensichtlich nicht genug Evidenzen vorliegen, die eine präventive
Wirksamkeit belegen (1).
Eine wichtige Maßnahme zur
Vermeidung schwerer Formen der
AMD ist die Früherkennung. Hierzu ist es auch notwendig breit
über die Erkrankung zu informieren und regelmäßige Kontrollen
durchzuführen
Es wird dazu geraten auch im Sinne der
Prophylaxe einer AMD auf eine gesunde
Ernährung zu achten. Darüber hinaus
kommen die Experten der AMD Alliance
International zu dem Schluss, dass fehlendes Bewusstsein der Bevölkerung über die Möglichkeit der Entstehung einer
AMD deren Früherkennung behindert.
Daher erscheint sinnvoll, mehr als bislang über die Erkrankung zu informieren.
Hierzu kann beispielsweise auch durch
Hinweise auf den Amslertest beigetragen
werden (siehe Hinweis und Weblink 8).
kommt die Therapie nur für Befunde außerhalb der Stelle des schärften Sehens
(extrafoveale CNV) in Frage.
Einen ähnlichen therapeutischen Ansatz
hat die transpupilläre Thermotherapie (TTT). Im Unterschied zur klassischen Lasertherapie wird hier das Zielgewebe nur auf Temperaturen von ca.
45°C erwärmt also nicht koaguliert. Der
genaue Wirkungsmechanismus ist nicht
bekannt. Andererseits stellt die exakte
Dosierung und damit die Verhinderung
einer Koagulationswirkung das größte
Problem bei dieser Methode dar. Da die
neovaskulären Gefäße ver-gleichbar mit
Tumorgefäßen eine höhere Sensibilität
gegenüber ionisierender Strahlung zeigen, stellt die Bestrahlungstherapie
mit einer per-kutanen Teletherapie einen
weiteren Therapieansatz dar. Aufgrund
sehr wechselnder Ergebnisse und des
hohen apparativen Aufwandes wird diese
Methode heute kaum noch angewandt.
Einen deutlichen Impuls bei der Behandlung der feuchten AMD stellte die breite
klinische Anwendung der photodynamischen Therapie (PDT) im Jahre 2000
dar. Die photodynamische Therapie beruht auf einem bereits in der Urologie
und Dermatologie verbreiteten Verfahren
bei dem ein lichtsensibler Farbstoff durch
Laserbestahlung zum Zerfall gebracht
wird. Durch diesen Zerfall bilden sich
freie Radikale, die das Gefäßendothel
schädigen und so zu einer Thrombosierung des Gefäßes führen (Abb. 5).
Therapie
Die Therapie der AMD hat in den letzten
Jahren deutliche Fortschritte gemacht.
Dabei zielen alle heute angewandten
Therapien auf die Behandlung der neovaskulären Makuladegeneration ab. Eine
effektive Behandlung von Frühformen
oder der geografischen Atrophie ist, bis
auf einzelne Erfolge bei der Lasertherapie von Drusen, bisher nicht möglich.
Noch bis zum Beginn dieses Jahrtausends stellte die thermische Laserkoagulation die einzig erprobte und verbreitete Therapie dar. Hier wird in aller
Regel mit einem Argon-Laser der Bereich
der Netzhaut mit der CNV koaguliert. Die
Koagulation führt zu einer chorioretinalen Narbe. Aufgrund dieser Vernarbung
Abb. 5: Fluoreszenzangiografie- Befund
einer klassischen chorioidalen Neovaskularisation; Postoperativ ist keine Farbstoffaufnahme mehr nachweisbar – der
Beleg für den Verschluß des CNVGefässes.
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Die PDT zur Behandlung der CNV nutzt
als Farbstoff das Benzoporphyrinderivat
Verteporfin, das mit einem Infrarot Laser mit einer Wellenlänge von 690 nm
angeregt wird. Dabei macht man sich zu
Nutze, dass sich das Verteporfin sich
verstärkt in Neovaskularisationen anreichert. Nach erfolgter Aktivierung des
Farbstoffes kommt es innerhalb von 24 h
zu einer Thrombosierung der CNV- Gefäße. Allerdings zeigt sich in vielen Fällen
nach einigen Wochen eine Rekanalisierung der CNV, die eine Wiederholung der
Therapie notwendig machen kann. Weiterhin ist die photodynamische Therapie
nicht bei allen Unterformen der CNV
gleich gut wirksam. Die besten Ergebnisse werden bei rein klassischen und
überwiegend klassischen Formen erzielt.
Verteporfin
Placebo
Patienten (Visusverlust < 6 Linien)
85%
64%
Patienten (Visus
≤20/200)
44%
66%
Visusverlust von
der Baseline
(Buchstaben)
11.7
22.6
Änderung der Kontrastsensitivität
von der Baseline
-0.2
-6.4
Progression der
klassischen CNV
29%
65%
Tab. 4: Ergebnisse der TAP-Studie (Angaben als Durchschnittswerte).
Das aktuellste in die Praxis eingeführte
Therapieprinzip ist der Einsatz von
Hemmern des Vascular Endothelial
Growth Factors (VEGF-Hemmer).
VEGF spielt eine wesentliche Rolle bei
der Genese neovaskulärer Erkrankungen des Auges und somit auch der
AMD. Durch eine Hemmung des VEGF
kommt es sowohl zu einem Rückgang
des Gefäßwachstums als auch zu einer
Verringerung der Leckage der CNV. Die-
se Hemmung ist reversibel und somit
bedarf es einer mehrfachen Anwendung.
Zur Therapie werden zum jetzigen Zeitpunkt 3 verschieden Präparate verwendet. Alle Medikamente werden direkt in
das Auge injiziert (intravitreal). Das erste zugelassene Medikament war Pegaptanib-Natrium (Macugen®), ein Aptamer das selektiv VEGF165 hemmt. Es
folgte Ranibizumab (Lucentis®), ein
Antikörperfragment das alle Unterformen
von VEGF bindet. Beide Medikamente
sind für die Behandlung der CNV zugelassen. Eine weitere Behandlungsalternative bildet der Antikörper Bevacizumab
(Avastin®), der eigentlich für die Behandlung des colorektalen Karzinoms entwickelt wurde. Auch hier erfolgt eine
Hemmung aller Unterformen von VEGF.
Für die Behandlung der CNV wird es nur
im Rahmen eines off-label-uses verwendet.
Die chirurgische Therapie der AMD ist
sehr heterogen. Sie reicht von Verdrängung subretinaler Blutungen durch Injektion eines sterilen Gases in das Auge
über die chirurgische Entfernung subretinalen Blutes, die Translokation der
Netzhaut auf ein unbeschädigtes Pigmentepithel (Makularotation) und die
Verpflanzung von Pigmentepithel in den
Bereich der Makula. Den chirurgischen
Therapien ist bis auf die reine Gasinjektion zumeist ein hoher operativer Aufwand, eine sehr variable Erfolgsrate und
ein relativ hohes Komplikationsrisiko
eigen. Aus diesen Grunden treten sie
zunehmend in den Hintergrund.
Fazit
Die AMD stellt nach wie vor die häufigste
Erblindungsursache in der westlichen
Welt. Trotz der Zunahme der Erkrankungszahlen wächst durch den ernormen
Wissenszuwachs über dieses Krankheitsbild und die Einführung innovativer Therapie die Chance diese Erkrankung zunehmend besser behandeln zu können.
Hinweis:
Eine Version des Amslertestes für Patienten zur Verlaufsbeobachtung der AMD mit Hinweisen für Apothekerinnen und Apotheker als herunterladbarer PDF zum Ausdrucken finden Sie in der Rubrik “Serie Apothekenpraxis”
http://www.uni-duesseldorf.de/kojda-pharmalehrbuch/FortbildungstelegrammPharmazie/SerieApothekenpraxis.html
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Der Autor
Herr Dr. med. Karsten Klabe, geb. 1967 in Malchin, Studium der Humanmedizin 1988 -1994 in Rostock, klinische Ausbildung zum Augenarzt in
Rostock, Schwerin und Bochum 1994 – 2000,1996 Promotion auf dem
Gebiet der medizinischen Mikrobiologie, Oberarzt der Augenklinik der
Helios Klinik Wuppertal 2000 - 2003, Leitender Oberarzt der Augenabteilung am St. Martinus Krankenhaus Düsseldorf, seit November 2004 Chefarzt der Augenabteilung der Marien Hospitals Düsseldorf
Weiterführende Literatur
1) Chong EW, Wong TY, Kreis AJ, Simpson JA, Guymer RH. Dietary antioxidants and primary prevention of age
related macular degeneration: systematic review and meta-analysis. BMJ 2007;335:755.
2) F.G.Holz, D.Pauleikoff,R.F.Saide,A.C.Bird; Altersabhängige Makuladegeneration, Springer - Verlag, 2.Auflage,
Berlin 2004
3) N.Eter; Choroidale Neovaskularisation bei altersabhängiger Makuladegeneration,Uni-med Verlag, Bremen
2007
4) A.J.Augustin, Augenheilkunde; 3.Auflage, Springer - Verlag, 2007
5) S.J.Ryan (Editor), Retina, 4.Auflage, Mosby, 2005
6) P.N.Penfold,J.Provis, Macular Degeneration;Springer - Verlag, 2004
7) Stellungnahme zu aktuellen therapeutischen Möglichkeiten bei der neovaskulären altersabhängigen Makuladegeneration. Aktualisiertes Konsesuspapier der retinologischen Gesellschaft, der Deutschen Ophtalmologischen
Gesellschaft und des Berufsverbandes der Augenärzte. Klin Monatsbl Augenheilkd 2006;223:271-278
Weiterführende Links
1) Originalpublikation der AREDS-Studie 2001 in englischer Sprache
http://www.pubmedcentral.nih.gov/picrender.fcgi?artid=1462955&blobtype=pdf
2) Die altersabhängige Makuladegeneration. Eine Informationsbroschüre des der Deutschen Ophtalmologischen
Gesellschaft und des Berufsverbandes der Augenärzte
http://www.dog.org/patienten/amd.pdf
3) Makuladegeneration. Eine Kurzinformation zur AMD der Augenklinik Mülheim (bei beidseitigem Druck des
PDFs kann das DIN A4-Blatt zu einer Broschüre gefaltet werden)
http://www.augenklinik-mh.de/_pdf/makula.pdf
4) Augenärzte informieren: Die altersabhängige Makuladegeneration. http://www.augeninfo.de/patinfo/amd.pdf
5) Stellungnahme der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, der Retinologischen Gesellschaft und des
Berufsverbandes der Augenärzte zu aktuellen therapeutischen Möglichkeiten bei der neovaskulären altersabhängigen Makuladegeneration
http://www.augeninfo.de/patinfo/0706amd.pdf
6) Stellungnahme der gemeinsamen Kommission zur Evaluation alternativer / komplementärer Angebote in der
Augenheilkkunde von DOG und BVA
http://www.dog.org/patienten/alterna.pdf
7) Folien des Vortrages von Dr. med. Karsten Klabe zum Thema Maculadegeneration im Rahmen der zertifizierten regionalen Fortbildung für Apotheker der Stadt Köln am 21. Mai 2007
http://www.uni-duesseldorf.de/kojda-pharmalehrbuch/fortbildungkoeln/index.html
8) AMD Alliance International: Campaign Report 2003, Länderbericht zu Früherkennung und Low Vision Rehabilitation. Ein ausführlicher Bericht zur Augengesundheit, Prävalenz und Früherkennung der AMD in Deutschland
sowie einem Vergleich mit anderen europäischen und außereuropäischen Ländern.
http://www.amdalliance.com/documents/AMD%20German%20report.pdf
Impressum:
http://www.uni-duesseldorf.de/kojda-pharmalehrbuch/FortbildungstelegrammPharmazie/impressum.html
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