H Demodex im Kindesalter, wird von einem besonders virulenten Stamm verursacht. Differenzialdiagnose Konjunktivitis jeglicher Genese (bakteriell, viral, durch Pilze, allergisch u.a.) Haemophilus aegyptius Labordiagnostik Haarbalgmilbe Erregerbezeichnung Haemophilus aegyptius Synonym Koch-Weeks-Bazillen Morphologie Gramnegative, kokkoide Stäbchen Taxonomie Familie: Pasteurellaceae Gattungen: Pasteurella, Haemophilus, Actinobacillus Gattung: Haemophilus: 16 Arten H. aegyptius hat zu H. influenzae enge genetische und biochemische Verwandtschaft, daher im strengen Sinne H. influenzae als Biotyp zuzuordnen. Historie Von Robert Koch 1883 in Ägypten im Eiter von akuter Konjunktivitis gesehen, 1886 von J. E. Weeks gezüchtet, bis 1950 als Koch-Weeks-Bazillen bezeichnet. Mikroskopie. Schlankes, nicht bekapseltes gramnegatives Stäbchen. Kultur. Anspruchsvoll, wächst auf KochblutAgar. Differenzierung. Nach Wuchsfaktoren und biochemischen Kriterien. Therapie Augentropfen oder -salben mit Chloramphenicol, Rifampicin, Sulfonamiden oder Chinolonen (Norfloxacin, Ciprofloxacin). Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Nicht näher bekannt. Unterschiede der Lipooligosaccharide (LOS) sowie der äußeren Membranproteine (P1) bei virulenten und avirulenten Stämmen. Transmission Übertragung durch Kontaktinfektion Vermehrung und Inkubationszeit Nicht näher bekannt. Erkrankungen/Symptome H. aegyptius verursacht eine akute oder subakute eitrige Konjunktivitis bei Kindern, in warmen Ländern (Nordafrika, Südstaaten der USA). Das seit 1984 charakterisierte Brasilian purpuric fever (BPF), eine lebensbedrohliche Infektion Resistenz Sehr empfindlich gegen Umwelteinflüsse. Immunantwort Keine Daten verfügbar. 285 Haemophilus ducreyi Wirtsbereich Taxonomie Mensch, Nachweis auch in Stechmücken gelungen. Familie: Pasteurellaceae Gattungen: Pasteurella, Haemophilus, Actinobacillus Gattung Haemophilus mit 16 Arten Risikogruppen Kinder Historie Epidemiologie Konjunktivitis v.a. in warmen Ländern (Nordafrika, Südstaaten der USA), Brazilian purpuric fever (v.a. in Sao Paulo, Brasilien). Genetik Sequenz von 19 Nukleotiden, 34 Proteinen und einer 1 Struktur bekannt (Stand Mai 2001) Von Agosto Ducrey 1889 erstmals in Präparaten aus Ulcus molle gesehen. Erkrankungen/Symptome Ulcus molle (weicher Schanker, engl. chancroid), eine sexuell übertragbare Krankheit, weiche, meist schmerzhafte Ulzerationen im Genitalbereich mit inguinaler Lymphadenitis. Prävention Differenzialdiagnose Keine Daten verfügbar. Treponema pallidum (Syphilis), Herpes simplex Virus (HSV) Typ 1 und 2, Calymmatobacterium granulomatis (Granuloma inguinale) Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Keine Daten verfügbar. Meldepflicht Nein Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Keine Daten verfügbar. Schlüsselliteratur 1. Albritton, W.L. Infections due to Haemophilus species other than H. influenzae. Ann. Rev. Microbiol. 36: 199–216, 1982 2. Kilian, M. (Hrsg.) Haemophilus, Pasteurella und Actinobacillus. Academic Press London, 1981 3. The Brazilian Purpuric Fever Study Group. Brazilian purpuric fever identified in a new region of Brazil. The Brazilian Purpuric Fever Study Group, J Infect Dis 165 Suppl 1:S16–9, 1992 Haemophilus ducreyi Erregerbezeichnung Haemophilus ducreyi Synonym Entfällt Morphologie Gramnegative kokkoide Stäbchen 286 Labordiagnostik Mikroskopie. Gramfärbung, in Abstrichen fischzugartig angeordnet, Direktpräparat wenig sensitiv (typische Anordnung oft durch Superinfektion verwischt), bei Wachstum in Flüssigkultur Tendenz zur Autoagglutination Kultur. Schwierig, schneller Transport notwendig, Schaf-Kochblut-Agar (7–8%) mit Vancomycin (3mg/l) zur Unterdrückung der Begleitflora, eine Woche Bebrütung bei 31–34°C und 5% CO2. Kleine, bräunlich gefärbte, sehr feste Kolonien. Zweites Medium zur Verbesserung der Sensitivität empfohlen (z.B. Gonokokken Agar mit 2% Rinder-Hämoglobin und 5% fötalem Kälberserum (GC-HgS) mit Vancomycin (3mg/l) und 1% IsoVitalex oder GonokokkenAgar mit Fildes-Zusatz Biochemische Differenzierung. Abhängigkeit von X-Faktor (Hämin), Katalase negativ. DNA - Amplifikation. Die Kultur war lange Zeit Goldstandard der Diagnostik, zeigt gegenüber DNA-Amplifikationstechniken (PCR z.B. mit groEL-Gen als Primer) jedoch nur eine Sensitivität von 75%. Auch eine Multiplex-PCR (H. ducreyi, T. pallidum, HSV Typ 1 und 2) ist beschrieben, jedoch noch nicht kommerziell erhältlich (Stand Mai 2001). Haemophilus influenzae Sonstige Diagnoseverfahren. Antigennachweis mittels monoklonalen Antikörpern im direktem Immunfluoreszenztest vielversprechend, Hybridisierung (DNA-DNA oder DNA-RNA) noch in Erprobung. Serologie (Antikörpernachweis) für epidemiologische Zwecke im Einsatz. Therapie Erythromycin, Cotrimoxazol, Kombination von Aminopenicillinen und Betalaktamase-Inhibitoren, zur Eindosisbehandlung Ciprofloxacin oder Ceftriaxon. Betalaktamasebildung regional sehr häufig. Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Nicht näher bekannt. Unterschiede der Lipooligosaccharide (LOS) bei virulenten und avirulenten Stämmen, Resistenz gegen Phagozytose und Serumbakterizidie. Das äußere Membranprotein „Ducreyi serum resistance A“ (DsrA) vermittelt Serumbakterizidie und spielt eine Rolle bei der pathogenetisch wichtigen Progression von der Papel- zur Pustelbildung. Transmission H. ducreyi wird über sexuelle Kontakte übertragen, begünstigt durch Läsionen im Genitalbereich. Vermehrung und Inkubationszeit 3–14 Tage, in der Regel 3–5 Tage. Resistenz Sehr empfindlich gegen Umwelteinflüsse. Immunantwort Ähnelt verzögerter Hypersensitivitätsreaktion vom Typ IV, hinterlässt keine bleibende Immunität. Epidemiologie Nur sporadisch in westlichen Ländern, häufig in Südostasien, Lateinamerika; in Schwarzafrika häufigste Ursache von Genitalulzerationen (genital ulcer disease). Genetik Sequenz von 64 Nukleotiden und 151 Proteinen bekannt (Stand Mai 2001). Prävention Expositionsprophylaxe (Kondom). Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Eintrittspforte für HIV, daher von CDC frühe Diagnostik und Behandlung empfohlen! Meldepflicht In Deutschland besteht nach dem Infektionsschutzgesetz seit 1.1.2001 keine Meldepflicht mehr. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen CDC, HIV Prevention Through Early Detection and Treatment of Other Sexually Transmitted Diseases - United States Recommendations of the Advisory Committee for HIV and STD Prevention, MMWR 47 (RR12); 1–24, 1998 http://www.cdc.gov/nchstp/od/mmwr/ hiv_prevention_through_early_det.htm Schlüsselliteratur 1. Albritton, W.L. Infections due to Haemophilus species other than H. influenzae. Ann. Rev. Microbiol. 36: 199–216, 1982 2. Albritton, W.L. Biology of Haemophilus ducreyi. Microbiol. Rev. 53: 377–389, 1989 3. Morse, S.A. Chancroid and Haemophilus ducreyi. Clin. Microbiol. Rev. 2: 137–157, 1989 4. Trees, D.L., S.A. Morse. Chancroid and Haemophilus ducreyi: an update. Clin. Microbiol. Rev. 8: 357–375, 1995 5. Lewis, D.A. Diagnostic tests for chancroid. Sex. Transm. Inf. 76: 137–141, 2000 Wirtsbereich Nur beim Menschen, symptomlose Träger (häufig bei Frauen). Haemophilus influenzae Risikogruppen Bevölkerungsgruppen mit schlechter persönlicher Hygiene. Erregerbezeichnung Haemophilus influenzae 287 H Haemophilus influenzae Synonym Entfällt Morphologie litenphänomen); die Hämolyse setzt NAD frei. Kolonien klein (1 mm ∅), glatt, konvex, hellgrau, bekapselte Stämme wachsen größer, erscheinen opaleszent und glänzen. Gramnegatives, kokkoides Stäbchen Taxonomie Familie: Pasteurellaceae Gattungen: Pasteurella, Haemophilus, Actinobacillus Gattung Haemophilus: 16 Arten Serotypen: a-f Biotypen: I-VIII Historie Von Richard Pfeiffer während der Grippepandemie von 1889/92 entdeckt, zunächst als Erreger der Influenzae angesehen; nach der Pandemie 1918/19 Zweifel an der ätiologischen Bedeutung; die Entdeckung des Influenzae-Virus (1933) klärt die Frage. Erkrankungen/Symptome Erkrankungen bei Kindern. Durch den Kapseltyp b eitrige Meningitis, Epiglottitis, seltener Otitis, Sinusitis, Pneumonie, septische Arthritis und Weichteilinfektionen. Erkrankungen bei allen Altersklassen. Durch unbekapselte Erreger häufig akute Tracheobronchitis, sekundäre bronchopulmonale Infektionen, akute Exazerbationen der chronischen Bronchitis, seltener Endokarditis, Abdominal- und Genitalinfektionen. Differenzialdiagnose Invasive Erkrankungen können einer Meningokokken-Meningitis/Sepsis ähneln, ansonsten je nach betroffenenem Organsystem Labordiagnostik Mikroskopie. Unbegeißelte, gramnegative Stäbchen (0,3–0,5×0,5–3 µm), Stämme mit Kapsel meist kokkoid, kapsellose oft auffallend pleomorph mit filamentösen Formen. Kultur. Fakultativ-anaerobe, mikroaerophile Bakterien, relativ anspruchsvoll. Anzüchtung auf Kochblut-Agar und Nährböden, die spezielle Wuchsfaktoren (X = Hämin, V = Nikotinamid-adenin-dinucleotid) enthalten. Wachstum auch auf Blutagar in der Nähe von Staphylococcus aureus-Kolonien (Ammen- oder Satel288 Antigennachweis. Nachweis der Kapselsubstanz des Typs b durch Latexagglutination im Liquor bei Meningitis. Biochemische Differenzierung. Auf Haemophilus verdächtige Kolonien (Ammenkultur oder die nicht so typische Koloniemorphologie) müssen differenziert werden. Die normale Oropharyngealflora birgt verschiedene Haemophilusarten, regelmäßig H. parainfluenzae und oft H. haemolyticus, H. parahaemolyticus, H. aphrophilus sowie H. paraphrophilus. Geprüft wird die Abhängigkeit von X- und V-Faktor (für X-Faktor auch Porphyrintest), Haemolyse, Indolbildung, Urease und Ornithindecarboxylase. H. influenzae benötigt sowohl den X- als auch den V-Faktor (Testung mittels supplementierter Blättchen oder Bouillon). Mittlerweile kann die Identifizierung von H. influenzae Kulturisolaten auch mittels DNA-Hybridisierung erfolgen (z.B. Gen-Probe, San Diego, Kalifornien). Serologische Differenzierung. Kapseltragende H. influenzae lassen sich in 6 Typen (a-f) gliedern. Stämme des Typs b verursachen die schweren Infektionen im Kindesalter, die anderen Typen sind pathogenetisch unauffällig. Die Typen lassen sich durch Latexagglutination, direkte Immunfluoreszenz und andere immunologische Methoden bestimmen. Antikörperbestimmung. Für die Dokumentation einer ausreichenden Antikörperantwort nach Impfung mit H. influenzae Typ b kommen Radioimmun- und Enzymimmunassays zum Einsatz. Therapie Klassische Therapie mit Aminopenicillinen (Ampicillin, Amoxycillin). Schwere Infektionen wegen des Risikos der Ampicillinresistenz parenteral mit Cefotaxim und Analogen. Leichtere Infektionen mit Oralcephalosporinen oder Aminopenicillin mit Betalaktamase-Inhibitor. Ampicillinresistenz durch Plasmid-kodierte Betalaktamase, in Mittel- und Nordeuropa 10%, Haemophilus influenzae USA, Spanien, Italien bis 50%; dabei oft Multiresistenz (Chloramphenicol, Tetrazykline, Cotrimoxazol). Nucleotiden, 6188 Proteinen und 18 Strukturen bekannt (Stand Mai 2001) Spezifische Merkmale Aktive Impfung mit Konjugatimpfstoff, empfohlen für Kinder bis zum 6. Lebensjahr, und bei funktioneller oder anatomischer Asplenie, gute Schutzwirkung, deutlicher Rückgang der Infektionen durch den Typ b ! Chemoprophylaxe bei Meningitis oder Epiglottitis für Kontaktpersonen mit Rifampicin oral (über 4 Tage). Prävention Pathogenität Virulenz und Antigenvariabilität Kapselsubstanz (Polyribitolphosphat) des Typs b als wichtiger Virulenzfaktor fördert die Invasion und blockiert die Phagozytose; daneben Neuraminidase, Endopeptidase, Glykopeptid, Lipopolysaccharid, Endotoxin. Durch Zilien (Pili) und Adhesine mit hohem Molekulargewicht (HMW1,2) Adhärenz am oropharyngealen und tracheobronchialen Epithel. Häufig endogene Infektionen. Transmission Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle H Nicht bekannt. Meldepflicht Übertragung durch Kontakt- und Tröpfcheninfektion, begünstigt durch enge Lebensverhältnisse. Hohes Übertragungsrisiko bei Kindern. Namentlich nach § 7 Abs.1 nur für den direkten Nachweis aus Liquor oder Blut (durch das Labor). Vermehrung und Inkubationszeit Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Nicht genau bekannt, zumeist nur wenige Tage. Resistenz Sehr empfindlich gegen Umwelteinflüsse. Immunantwort Immunität (gegen Typ b) nach Impfung unbekannter Dauer, gute Schutzwirkung bei Kindern. Wirtsbereich Nur beim Menschen, vorwiegend Nasopharynx, seltener Mundhöhle, Genitalschleimhaut (H. influenzae Biotyp IV). Keimträger häufig unter Kindern und Erwachsenen. Risikogruppen Kleinkinder bis zum 2. Lebensjahr, Patienten mit Virusinfektionen der Atemwege und Defekten der mukoziliären Clearance. Epidemiologie Häufungen in Kinderheimen und Krankenhäusern, Epidemien nicht bekannt. Genetik Seit 1995 gesamtes Chromosom sequenziert! (Accession-No. NC_000907) Sequenz von 889 ◗ Isolate aus invasiven Infektionen an das Nationale Referenzzentrum für Streptokokken, Institut für Medizinische Mikrobiologie, Universitätsklinikum der RWTH Aachen, 52057 Aachen ◗ Kapseltypisierung im Labor Prof. Schmitt (Pädiatrische Infektiologie) Universität Kiel möglich ◗ http://www.bact.wisc.edu/Bact330/ lectureHflu: University of Wisconsin-Madison: Bacteriology 330 Lecture Topics: Haemophilus influenzae von Kenneth Todar. Schlüsselliteratur 1. Kilian, M. (Hrsg.) Haemophilus, Pasteurella und Actinobacillus. Academic Press London, 1981 2. Frederiksen WM. Ecology and significance of Pasteurellaceae in man – an update, Zbl Bakt 279:27–34, 1993 3. Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI): Infektionen bei Kindern und Jugendlichen, 2. Aufl., Futuramed-Verlag, München, 2000, 4. Gilsdorf, JR et al. Role of pili in Haemophilus influenzae adherence and colonization, Infect. Immun. 65 (8): 2997– 3002, 1997 5. Peltola H. Worldwide Haemophilus influenzae type b disease at the beginning of the 21st century: Global analysis of the disease burden 25 years after the use of the polysaccharide vaccine and a decade after the advent of conjugates, Clin Microbiol Rev 13 (2): 302–17, 2000 289 Haemophilus vaginalis Haemophilus vaginalis Gardnerella vaginalis ◗ Nitratreduktion ◗ Lysindecarboxylase positiv ◗ Ornithindecarboxylase positiv Serologische Differenzierung. Es wurden 68 Ound 64 H-Antigentypen nachgewiesen. Hafnia Phagentypisierung. (Speziallaboratorien) Erregerbezeichnung Hafnia alvei Therapie Siehe Enterobacter Synonym Keine Daten verfügbar. Spezifische Merkmale Morphologie Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Gramnegative Stäbchenbakterien mit einem Durchmesser von 1 µm und einer Länge von 2– 5 µm. Beweglich durch peritriche Begeißelung. Endotoxin. Mit hoher Wahrscheinlichkeit Schmierinfektion. Taxonomie Familie: Gattung: Transmission Enterobacteriaceae Hafnia Vermehrung und Inkubationszeit Keine Daten verfügbar. Historie Hafnia ist die alte Bezeichnung für den Namen von Kopenhagen. Resistenz Erkrankungen/Symptome Immunantwort Erkrankungen durch Hafnia alvei sind selten. Es lassen sich lokalisierte und generalisierte Krankheitsbilder unterscheiden. Wirtsbereich Lokalisierte Prozesse. Postoperative Wundheilungsstörungen, Pneumonien, Abszesse, Harnwegsinfektionen Keine Daten verfügbar. Keine Daten verfügbar. Hafnia alvei kommt im Darm von Menschen, Tieren und Vögeln vor, aber auch in Wasser, Abwasser, Mist sowie im Erdreich. Risikogruppen Generalisierte Prozesse. Durch Übertritt in die Blutbahn kann es zur Sepsis kommen. Risikogruppen für Hafnia-alvei-Infektionen sind immunsupprimierte und abwehrgeschwächte Patienten. Differenzialdiagnose Keine Daten verfügbar. Epidemiologie Labordiagnostik Durch Hafnia alvei bedingte Erkrankungen sind sehr selten und werden allenfalls im Hospital als krankenhauserworbene Infektionen registriert. Kulturelle Anzüchtung. Siehe Escherichia coli Biochemische Differenzierung. ◗ Enzymatische Spaltung von Glukose ◗ Die meisten Stämme können Citrat, Acetat und Malonat als einzige Kohlenstoffquelle verwerten 290 Genetik Keine Daten verfügbar. Prävention Siehe Escherichia coli. Hakenwürmer Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Tierische Hakenwürmer. Beim Menschen treten nur wandernde Larven auf. Keine Daten verfügbar. Taxonomie Meldepflicht § 23 IfSG Abs. 1: Multiresistenz ist zu dokumentieren. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen http://www.cdc.gov/ Schlüsselliteratur 1. Blaser, M.J., Ph.D. Smith, J.I. Ravdin, H.B. Greenberg, R.L. Guerrant (Eds.) Infections of the Gastrointestinal Tract, Raven Press New York, 1995 2. Hahn, H., D. Falke, S.H.E. Kaufmann, U. Ullmann (Hrsg.) Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. 4. Auflage, Springer Verlag Berlin, Heidelberg, New York, Barcelona, Hongkong, London, Mailand, Paris, Singapur, Tokyo, 2001 3. Kist, M., J. Bockemühl, S. Aleksic, M. Altwegg, I.B. Autenrieth, W. Bär, L. Beutin, B. Gerten, E. Heintschel von Heinegg, H. Karch, A. Lehmacher, F. Mehnert, U. Sonnenborn, H. Tschäpe, Chr. V. Eichel-Streiber: Infektionen des Darmes: MiQ 9, Urban und Fischer, München, Jena, 2000 4. Konemann, E.W., H.D. Allen, W.M. Janda, P.C. Schreckenberger, W.C. Winn (Eds.) Diagnostic Microbiology, 5th Ed., Lippincott, Philadelphia, New York, 1997 5. Mandell, G.L., J.E. Bennett, R. Dolin (Eds.) Mandell, Douglas, and Bennett’s Principles and Practice of Infectious Diseases. 5th Ed. Churchill-Livingstone, Philadelphia, London, Toronto, Montreal, Sydney, Tokyo, Edinburgh, 2000 Hakenwürmer Erregerbezeichnung Ancylostoma duodenale, Necator americanus, A. braziliense, A. caninum u.a Synonym Grubenwurm, Todeswurm Morphologie Rötlich gefärbte Fadenwürmer mit Zähnen (Ancylostoma) oder Schneideplatten (Necator) in der Mundkapsel; Größe der Männchen von A. duodenale 10×0,45 mm von N. americanus 7×0,3 mm mit einer Bursa copulatrix am Hinterende; Größe der Weibchen von A. duodenale 12×0,6 mm, von N. americanus 10×0,35 mm. Klasse: Nematoda Ordnung: Strongylida Familie: Ancylostomatidae Historie Hinweise auf A. duodenale bereits im Papyrus Ebers (1600 v. Chr.), später durch Avicenna (980–1037) erwähnt, jedoch genaue Beschreibung erst durch Dubini (1843). Nachweis der Eiauscheidung mit dem Stuhl 1878 durch Grassi und Parona, Darstellung der filariformen Larven 1880 durch Perroncito, Aufklärung des vollständigen Entwicklungszyklus 1896/97 durch A. Looss. Wesentliche klinische und epidemiologische Erkenntnisse während des Baues des St. Gotthard-Tunnels (1879/80). Erst 1902 Beschreibung von N. americanus als zweite Hakenwurmart des Menschen durch Stiles. Erkrankungen/Symptome Pathogenese. Maßgebend für das Entstehen einer Erkrankung ist die Befallsstärke. Bei Massenbefall und bestehender Sensibilisierung werden durch eindringende Parasiten kutane entzündliche Infiltrationen verursacht. Die durch wandernde Larven verursachte pulmonale Phase ist durch granulomatöse und allergisch-infiltrative Reaktionen mit resultierenden passageren Pneumonien gekennzeichnet. Das wesentliche pathogene Agens stellen die Adultwürmer dar, die durch Abbeißen von Darmzotten Schleimhauterosionen, v.a. aber Blutungen verursachen; je nach Spezies kommt es dabei zu einer mehr oder weniger ausgeprägten Eisenmangel-Anämie und Hypalbuminämie (intestinale Phase). A. duodenale verursacht einen Blutverlust von ca. 0,1–0,5 ml pro Tag, bei N. americanus sind die Schädigungen wesentlich (ca. 10fach) geringer. Bei Befall des Menschen mit Larven tierischer Hakenwürmer (v.a. von Hund und Katze) kommt es zum sog. Hautmaulwurf (creeping eruption, Larva migrans cutanea); das Krankheitsbild ist charakterisiert durch entzündliche Reaktionen im Korium, die im Gefolge der im basalen Epithel minierenden Larve auftreten. Makroskopisch stellt sich der Wanderweg als serpiginöser, erhabener, roter Streifen in der Haut dar, der täglich einige mm an 291 H Hakenwürmer Länge zunimmt (Lebensdauer der Larve ca. 10 Tage). Beim Verschlucken infektiöser Larven sind auch Wanderungen in inneren Organen möglich. Symptomatik. Akute Erscheinungen können bei Massenbefall und/oder bei sensibilisierten Personen in Form juckender erythematöser oder papulöser Hautveränderungen auftreten, die durch wandernde humane oder tierische Hakenwurmlarven verursacht werden; die pulmonale Phase kann sich in Form von Dyspnoe, Husten und anderen pneumonischen Symptomen äußern. Die intestinale Phase geht mit uncharakteristischen gastrointestinalen Beschwerden wie Oberbauchschmerzen, Inappetenz, Völlegefühl, Meteorismus, Flatulenz, Obstipation oder Diarrhö einher. Chronische Erscheinungen in Form von Anämie-bedingter Blässe, Müdigkeit, Leistungsschwäche und Symptome einer Mehrbelastung des Herzens finden sich bei stärkerem Befall; speziell bei schlechten Ernährungsbedingungen kommt es durch den chronischen Eiweißverlust zu einer Kwashiorkor-artigen Symptomatik mit Ödemen und Depigmentierungen von Haut und Haaren, im Kindesalter mit Wachstums- und Entwicklungsstörungen einhergehend. verfahrens (z.B. SAF-Methode). Hakenwurmeier sind oval, transparent und dünnschalig mit Abmessungen von 60×40 µm. Sie erlauben keine Differenzialdiagnose zwischen A. duodenale und N. americanus. Eine Speziesdifferenzierung ist jedoch anhand von L3-Larven in Kotkulturen möglich. Therapie Eine ätiologische Therapie in der migratorischen Phase existiert nicht, zur Behandlung der Adulten beider Hakenwurmarten eignen sich in erster Linie Benzimidazolcarbamate (z.B. Mebendazol 2×100mg/d für 3 Tage; Albendazol 1×400mg). Vor allem bei N. americanus ist auch Pyrantelembonat wirksam (10mg/kg KG/d für 4 Tage). Die Behandlung der Larva migrans cutanea erfolgt durch lokale Anwendung von Benzimidazolen oder Ivermectin. Spezifische Merkmale Transmission Die Infektion erfolgt in erster Linie durch aktives Eindringen der Larven in die intakte Haut, aber auch orale Infektionen durch Aufnahme filariformer Larven sind möglich. Vermehrung und Inkubationszeit Differenzialdiagnose Ein eosinophiles Lungensyndrom kann auch durch die Larven von Strongyloides stercoralis und Ascaris lumbricoides verursacht werden. Der intestinale Hakenwurmbefall ist von anderen intestinalen Helminthosen sowie Protozoonosen abzugrenzen; ähnliche Symptome können auch durch chronische bakterielle Enteritiden wie z. B. Yersiniosen ggf. auch durch Magen-Darm-Ulzera hervorgerufen werden. Hypalbuminämien und Ödeme sind gerade in Entwicklungsländern oft eine Folge von Kwashiorkor und/oder nephrotischem Syndrom, letzteres oft auf der Basis einer urogenitalen Bilharziose. Ein Larva migrans cutanea-Syndrom kann auch durch Strongyloides-Arten verursacht werden. Labordiagnostik Der Nachweis einer Hakenwurminfektion erfolgt am effektivsten durch mikroskopische Stuhluntersuchung auf die charakteristischen Eier unter Verwendung eines Anreicherungs292 Die Adultwürmer leben im Dünndarm, wo sie sich von Darmzotten ernähren. Ihre Lebensdauer beträgt 4–5 Jahre. Hakenwürmer entwickeln sich ohne Einschaltung eines Zwischenwirts: Eiablage durch die Weibchen (pro Tag ca. 28.000 Eier bei A. duodenale, 10.000 bei N. americanus). → Ausscheidung der Eier mit dem Stuhl → Schlüpfen der Erst-Larve nach ca. 48 h → Heranwachsen unter zwei Häutungen zur Infektionslarve (L3) innerhalb von 5–8 Tagen → perkutanes Eindringen bei Kontakt mit der menschlichen Haut → über Kapillaren Erreichen des venösen Blutstroms und Wanderung über Herz und Lunge → Eindringen in die Alveolen und Wanderung über Bronchialbaum in den Rachen → Abschlucken, Besiedlung des Dünndarms und Heranwachsen zum Adultwurm. Die Gesamtentwicklung vom Ei bis zum Adultwurm (Präpatenz) beläuft sich auf 5–6 Wochen. Eine Inkubationszeit lässt sich nicht präzise definieren, da das Entstehen von Krankheitserscheinungen von der Zahl der in der Regel akkumulativ eingedrungenen bzw. aufge- Hakenwürmer nommenen Larven und der Dauer der Infektion abhängt. auf nacktem Boden in Endemiegebieten zu vermeiden. Immunantwort Meldepflicht In der Regel hat die durch Hakenwürmer hervorgerufene Immunantwort keine protektive Wirkung. Beobachtungen bei Erwachsenen über eine Abnahme der Befallsstärke trotz kontinuierlicher Transmission lassen jedoch auf die Entwicklung einer Teilimmunität schließen. Nach Infektionsschutzgesetz (Juli 2000) ist bei einer Hakenwurminfektion weder die Erkrankung noch der Erregernachweis meldepflichtig. Wirtsbereich A. duodenale und N. americanus sind spezifische Humanparasiten und können sich nur im Menschen entwickeln. Die beim Menschen lediglich als Wanderlarven auftretenden Hakenwurmarten der Säugetiere haben in Caniden und Feliden ihre eigentlichen Wirte, der Mensch ist für sie Fehlwirt. Risikogruppen In Endemiegebieten ist generell die arme Bevölkerung ländlicher Bereiche (Barfußgehen!) exponiert, unter dieser speziell Kinder. In den gemäßigten Breiten gilt die Hakenwurminfektion in Bergwerken als Berufskrankheit (Grubenwurm). Sie kommt in Deutschland jedoch nicht mehr autochthon vor. Epidemiologie Die Verbreitung von A. duodenale und N. americanus ist primär auf Tropen und Subtropen beschränkt, A. duodenale wurde jedoch in Mitteleuropa auch in Bergwerken und Ziegeleien sowie bei Tunnelbauten eingeschleppt. Während N. americanus ursprünglich in den inneren Tropen und A. duodenale in den Subtropen vorkamen, finden sich beide Arten heute vielfach nebeneinander im gleichen Gebiet. Weltweit rechnet man mit ca. 900 Mio. infizierter Menschen, wobei die Prävalenz lokal bis zu 90% betragen kann. Begünstigend sind feuchte, schattige, warme Plätze mit sandigem Untergrund; auslösend wirken primitive hygienische Verhältnisse, bei denen die Faeces wahllos im Freien abgesetzt werden. Prävention Die Prävention besteht generell in der hygienische Entsorgung menschlicher Fäkalien in Gruben bzw. in dem Verbot einer Verwendung als Dünger. Individuell ist Barfußgehen und Sitzen Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Offizielle Referenzzentren existieren nicht; als fachlich qualifiziert anzusehen sind sämtliche parasitologische und tropenmedizinische Institutionen. Expertenlaboratorien ◗ Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin, Leopoldstr. 5, 80802 München ◗ Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Bernhard-Nocht-Str. 74, 20359 Hamburg ◗ Hygiene-Institut, Abteilung Parasitologie, Im Neuenheimer Feld 324, 69120 Heidelberg ◗ Hygiene-Institut, Abteilung Tropenmedizin, Im Neuenheimer Feld 324, 69120 Heidelberg ◗ Institut für Medizinische Parasitologie, Sigmund-Freud-Str. 25, 53105 Bonn ◗ Institut für Parasitologie, Rudolf-BuchheimStr. 2, 35392 Gießen ◗ Institut für Parasitologie, Bünteweg 17, 30559 Hannover ◗ Institut für Parasitologie und Tropenveterinärmedizin, Königsweg 65, 14163 Berlin ◗ Institut für vergleichende Tropenmedizin und Parasitologie, Leopoldstr. 5, 80802 München ◗ Institut für Tropenmedizin, Wilhelmstr. 31, 72074 Tübingen ◗ Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, Wiederholdstr. 15, 70174 Stuttgart ◗ Landesinstitut für Tropenmedizin, Engeldamm 62/64, 10179 Berlin Web-Adressen Deutsche Gesellschaft für Parasitologie: http://www.dgp.parasitologie.de Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft: http://www.dvg.net u.a. Infos zur Fachgruppe „Parasitologie und parasitäre Krankheiten“ Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit: http://www.dtg.mwn.de 293 H Hantaan Virus British Society for Parasitology: http://www.abdn.ac.uk/bsp/ American Society of Parasitologists: http://www.museum.unl.edu/asp Universität Berlin: Lehrstuhl für molekulare Parasitologie: http://www.biologie.hu-berlin.de/molpara CDC-Center for Disease Control and Prevention: http://www.cdc.gov/ WHO-World Health Organization: http://www.who.int/ Schlüsselliteratur 1. Beaver PC,. Jung RC,. Cupp EW (1984) Clinical Parasitology. 9th edition. Lea & Febiger, Philadelphia 1984. 2. Gilles HM, Ball PAJ (eds) (1991) Hookworm infections. Human Parasitic Diseases Vol.4. Elsevier, Amsterdam et al. 3 Janitschke K, Kimmig P, Seitz HM, Frosch M, Groß U, Hlobil H, Reiter-Owona I (1998) MIQ, Qualitätsstandards in der mikrobiologisch-infektiologischen Diagnostik. 4, Parasitosen. Gustav Fischer 1998. 4. Lang W, Löscher T, Hrsg. (2000): Tropenmedizin in Klinik und Praxis. 3. Aufl. Georg Thieme Verlag Stuttgart 5. Schad GA, Warren KS (eds) 1990) Hookworm disease: current status and new directions. Taylor & Francis, London etc. Hantaan Virus Hantaviren Hantaviren Erregerbezeichnung Hantavirus Synonym Keine Angaben. Morphologie Es handelt sich um sphärische, behüllte Virionen mit einem Durchmesser von ca. 90–100 nm. Die Viruspartikel enthalten drei separate Nukleokapside, die aus dem viralen Nukleokapsidprotein, jeweils einem der drei Segmente des RNA-Genoms sowie einer RNA-Polymerase bestehen. In die Hülle sind zwei Glykoproteine (G1, G2) integriert, die typspezifische antigene Determinanten tragen (vgl. auch Bunyaviridae). 294 Taxonomie Familie Bunyaviridae, Genus Hantavirus. Unterhalb der Genusebene werden die bisher bekannten Isolate bzw. die mit Hilfe der Polymerasekettenreaktion (PCR) nachgewiesenen viralen Genome oder Genomfragmente aufgrund des Verwandtschaftsgrades ihrer Nukleinsäurebzw. der daraus abgeleiteten Aminosäuresequenzen in mindestens 14 verschiedene genetische Gruppen (Genotypen) eingeteilt (Tabelle 1), die mit den immunologisch definierten Serotypen korrespondieren und mit jeweils spezifischen Nagerspezies als Reservoiren assoziiert sind. Innerhalb der genetischen Gruppen wurden wiederum verschiedene Subtypen höheren Homologiegrades beschrieben, die zum Teil ebenfalls mit einem bestimmten Reservoirwirt oder aber einer besonderen Krankheitsausprägung beim Menschen assoziiert sind. Historie Während des Koreakrieges erkrankten über 3000 amerikanische und koreanische Soldaten an einem Krankheitsbild mit hoher Letalität, das als Koreanisches Hämorrhagisches Fieber bezeichnet wurde. Erst 1978 gelang es dem Virologen Ho Wang Lee, das ätiologisch verantwortliche Virus aus dem Lungengewebe der Brandmaus Apodemus agrarius zu isolieren. Es wurde nach dem Grenzfluss zwischen Nord- und Südkorea als Hantaan Virus bezeichnet. Durch die Adaptation des Virus an Vero-E6-Zellen wurden die Voraussetzungen für die Viruscharakterisierung geschaffen. Das Hantaan Virus wurde dem neugeschaffenen Genus Hantavirus in der Familie Bunyaviridae zugeordnet. Mit Hilfe seroepidemiologischer Studien wurde nachgewiesen, dass auch die in Nordeuropa bereits Anfang des Jahrhunderts beschriebene Nephropathia epidemica durch Hantaviren hervorgerufen wird. Während des Zweiten Weltkriegs waren Tausende deutscher Soldaten in Finnland daran erkrankt. Analysen historischer Fallberichte machen es wahrscheinlich, dass es sich auch bei der im ersten Weltkrieg beschriebenen Feldnephritis (auch Kriegsnephritis) um eine Infektion durch Hantaviren gehandelt hat. Erkrankungen/Symptome Die durch die Serotypen Hantaan, Seoul, Puumala und Dobrava hervorgerufenen Krank- Hantaviren heitsbilder fasst man unter dem Begriff „Hämorrhagisches Fieber mit Renalem Syndrom (HFRS)“ zusammen. Der Serotyp Puumala ist der Erreger der auch als Nephropathia epidemica bezeichneten, meist mild verlaufenden HFRS-Variante. Im Mai 1993 wurde eine neue Manifestationsform der Hantavirus-Infektion, das Hantavirus-Lungensyndrom, in den Vereinigten Staaten beschrieben. Einige HantavirusSerotypen wurden bisher nicht mit Erkrankungen beim Menschen in Verbindung gebracht (Tabelle 1). Nach einer Inkubationszeit von 5–35 Tagen beginnen die klinischen Manifestationen des HFRS meist abrupt mit hohem Fieber, das über drei bis vier Tage anhält. Unspezifische Allgemeinsymptome wie Schüttelfrost, Photophobie, Pharynxerythem, Husten und Konjunktivitis stehen zunächst im Vordergrund. Nach 3–6 Tagen haben die meisten Patienten ausgeprägte Lumbalgien, die auch unilateral auftreten und urologische Schmerzursachen vortäuschen können. Gelegentlich treten abdominale Schmerzen, Nausea und Erbrechen auf. Bereits während der Fieberphase beginnt der Anstieg der Retentionswerte. Ca. 4–10 Tage nach Fieberbeginn erreichen sie ihr Maximum, während die unspezifischen Allgemeinsymptome bereits wieder abgeklungen sind. Im Vordergrund der Symptomatik stehen jetzt die renalen Manifestationen. Typisch ist eine Oligurie, die sich bis zur dialysepflichtigen Niereninsuffizienz entwickeln kann. Die beim schweren HFRS im Anschluss an die Fieberphase meist auftretende hypotensive oder Schockphase fehlt in der Regel bei der Infektion durch den Serotyp Puumala. Eine polyurische Phase leitet schließlich die Rekonvaleszenz ein. Das durch Viren des Hantaan-Serotyps verursachte Erkrankungsbild, das in Südostasien als Koreanisches Hämorrhagisches Fieber bezeichnet wird, verläuft schwer. Ausgeprägte hämorrhagische Komplikationen, die letztlich die Prognose bestimmen, sind ebenso häufig (80% der Fälle) wie eine Beteiligung des ZNS. Die Letalität beträgt ca. 4–6%. Das durch den Serotyp Puumala hervorgerufene Krankheitsbild unterscheidet sich vom Koreanischen Hämorrhagischen Fieber durch seinen milderen Verlauf. Ausgeprägte Blutungskomplikationen sind selten. Die Letalität beträgt unter 1%. Nur ca. 5– 10% der Infektionen werden klinisch manifest. Allerdings werden auch bei der Puumala-Virus- Infektion schwere Verläufe beschrieben. Auf die Möglichkeit schwerer Lungensyndrom-ähnlicher Krankheitsbilder durch Infektionen mit diesem Serotyp wurde anhand von Kasuistiken aus Deutschland hingewiesen. Nahezu alle Patienten weisen einen Kreatininanstieg auf, bei ca. der Hälfte erreicht er Werte über 6mg/dl. Fast immer ist auch eine Proteinurie vorhanden. Eine Thrombopenie lässt sich bei 50% der in Deutschland erkrankten Patienten nachweisen, nur in 19% der Fälle erreicht sie jedoch Werte unter 50.000/mm3. Bei ca. 80% der Patienten wird eine für Virusinfektionen ungewöhnliche Leukozytose beobachtet. In einem Teil der Fälle weist eine Transaminasenerhöhung auf die bestehende Begleithepatitis hin. Prädilektionsalter des HFRS ist das 20. bis 40. Lebensjahr. Männer erkranken häufiger als Frauen. Nur selten werden Erkrankungen bei Kindern beobachtet. Beim Hantavirus-Lungensyndrom dauert die Prodromalphase nur 2–3 Tage. Danach entwickelt sich ein rasch fortschreitendes interstitielles Lungenödem, das innerhalb von Stunden in eine akute respiratorische Insuffizienz übergehen kann. Während der Prodromalphase zeigen die Patienten nur unspezifische Symptome. Fieber und Myalgien stehen dabei im Vordergrund. Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Diarrhöen können auftreten. Bei fast allen Patienten findet man eine typische Trias, bestehend aus einer Leukozytose (20.000–30.000/ mm3) mit einer für virale Infektionen ungewöhnlichen Linksverschiebung, dem Auftreten atypischer blastenähnlicher Lymphozyten im Blutbild sowie einer Thrombopenie. Bei den am Hantavirus-Lungensyndrom erkrankten Patienten tritt keine Nierenbeteiligung auf. Ebenso gibt es im Gegensatz zur Puumala-Infektion keinen Anhalt für asymptomatische oder blande Verläufe. Die Letalität des Hantavirus-Lungensyndroms beträgt 40–50%. Differenzialdiagnose Das HFRS ist bei renaler Symptomatik differenzialdiagnostisch gegen nichtinfektiöse Nephritiden und Glomerulonephritiden abzugrenzen, bei hämorrhagischen Manifestationen gegen andere virale hämorrhagische Fieber (Expositionsanamnese), die Leptospirose und Rickettsiosen. Liegen nur unspezifische Symptome vor, ergibt sich eine breite Palette möglicher Diffe295 H Hantaviren Tabelle 1 Spezies des Genus Hantavirus Genotyp/Serotyp/ Spezies Klinische Manifestation Hantaan Hauptreservoir HFRS, Koreanisches Hämor- Apodemus agrarius (Brandrhagisches Fieber (KHF) maus), Apodemus flavicollis (Gelbhalsmaus) Puumala HFRS, Nephropathia epide- Clethrionomys glareolus mica (Rötelmaus) Seoul HFRS, KHF, mildere Verlaufs- Rattus norvegicus (Wanderform ratte), Rattus rattus (Hausratte) Dobrava HFRS, KHF-ähnliche Apodemus flavicollis (Gelbschwere Verlaufsform halsmaus) Sin Nombre Hantavirus-Lungensyndrom Peromyscus maniculatus (Hirschmaus) Bayou Hantavirus-Lungensyndrom Oryzomys palustris (Reisratte) Black Creek Canal Hantavirus-Lungensyndrom Sigmodon hispidus (Baumwollratte) New York Hantavirus-Lungensyndrom Peromyscus leucopus (Weißfußmaus) Andes Hantavirus-Lungensyndrom Oligorizomys longicaudatus (langschwänzige Zwergreisratte) Hantaviren ohne beschriebene Humanpathogenität (Auszug) Prospect Hill keine Microtus pennsylvanicus (Wiesenmaus) Thailand keine Bandicota indica Tula keine Microtus arvalis (Feldmaus) Khabarovsk keine Microtus fortis El Moro Canyon keine Reithrodontomys megalotis (Westl. Erntemaus) renzialdiagnosen. Bei jungen Männern, die abrupt an Fieber erkranken und im Verlauf einen Kreatininanstieg entwickeln, sollte immer an die Möglichkeit eines HFRS gedacht werden. Labordiagnostik Die Diagnose der Hantavirus-Infektion wird durch den spezifischen Antikörpernachweis gestellt. Indirekter Immunfluoreszenztest (IFT). Virusinfizierte Vero-E6-Zellen dienen als Antigen. Der Test ist geeignet zum Nachweis von IgGund IgM-Antikörpern. Der IgM-IFT besitzt im Vergleich zum ELISA eine etwas geringere Sen296 Verbreitungsgebiet Südostasien, Südosteuropa Mittel- u. Nordeuropa weltweit Südosteuropa, Balkan USA (mit Ausnahme der Ostküste) USA, Ostküste USA, Südosten, Florida Kanada, USA (Ostküste) Argentinien, Chile USA Südostasien Osteuropa Russland USA, Mexiko sitivität und wird rascher wieder negativ. Der IgG-IFT eignet sich auch zur Bestätigung positiver ELISA-Ergebnisse. Enzymimmuntests (ELISA). Beschrieben wurden IgG- und IgM-ELISAs im Format klassischer indirekter Tests mit viralen Antigenen oder gentechnisch hergestelltem Nukleokapsidprotein an der Festphase. Ein hochempfindlicher IgM-Nachweis gelingt mit Hilfe des µ-capture-ELISA, bei dem ebenfalls native oder gentechnisch hergestellte Hantavirus-Antigene verwendet werden können. Bereits in der frühesten Krankheitsphase reagieren die meisten Patientenseren positiv. Maximale Extinktionen werden zwischen dem 8. und 25. Tag erreicht. Nach Hantaviren 2–3 Monaten sind bei der Mehrzahl der Patienten keine IgM-Antikörper mehr nachweisbar. Immunblot. Mit dem Test können Antikörper gegen die Hantavirus-Strukturproteine, hauptsächlich gegen das Nukleokapsidprotein, nachgewiesen werden. Im Zweifelsfall kann der Immunblot als Bestätigungstest eingesetzt werden. FRNT. Beim Focusreduktionsneutralisationstest (FRNT) wird eine standardisierte Virusmenge mit dem zu untersuchenden Serum inkubiert und nach Verimpfung auf Zellkulturen die Reduktion von Foci infizierter Zellen im Vergleich zum unbehandelten Virus gemessen. Zum Nachweis der infizierten Zellen werden Immunfärbungen mit monoklonalen Antikörpern eingesetzt. Die Methode ist genotypspezifisch. PCR. Bei der Hantavirus-Infektion kommt es in der Initialphase der Erkrankung zu einer kurzdauernden Virämie, deren Ausmaß mit der Prognose der Erkrankung korreliert. Die bisher vorliegenden Studien zeigen, dass die Sensitivität der RT-PCR aus Serum offenbar abhängig ist vom infizierenden Genotyp und somit vom Krankheitsbild. Die Sensitivität wird zwischen 40 und 90% angegeben und ist bei Patienten mit Koreanischem Hämorrhagischen Fieber am höchsten. Für diagnostische Zwecke ist die RTPCR damit kaum geeignet. Therapie Das HFRS wird in erster Linie symptomatisch behandelt. Bei schweren HFRS-Fällen erwies sich die frühzeitige antivirale Chemotherapie mit Ribavirin als erfolgreich, für das Hantavirus-Lungensyndrom fehlt bisher der Nachweis der Wirksamkeit. Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Die Vielfalt der genetischen Gruppen und ihre Wirtsspezifität wird auf eine Koevolution der Hantaviren und ihrer Nagerwirte zurückgeführt. Mit den Microtinae (in der angloamerikanischen Literatur findet sich oft auch die taxonomische Bezeichnung „Arvicolinae“) sind die Serotypen Tula, Prospect Hill, Khabarovsk und Puumala assoziiert, mit den Murinae die Serotypen Dobrava, Hantaan, Seoul und Thailand, während die Hantavirus-Lungensyndrom-assoziierten Genotypen mit dem Prototyp-Virus Sin Nombre in den Mäusearten der neuen Welt vorkommen, die den Cricetinae (angloamerikan. Literatur oft auch „Sigmodontinae“) zuzurechnen sind. Nicht alle Hantavirus-Genotypen sind für den Menschen virulent (siehe Tabelle 1). Die Pathogenese der Hantavirus-Infektion ist nur wenig erforscht. Bei der natürlichen Infektion weisen Hantaviren eine Organaffinität zur Lunge und Niere auf. Hantavirus-Antigen lässt sich in den Kapillarendothelien nachweisen. Die vaskuläre Dysfunktion stellt somit das zentrale pathophysiologische Geschehen dar. Auf zellulärer Ebene kommt es durch die Infektion nicht zur Lyse. Daher sind die pathologischen Veränderungen wahrscheinlich immunvermittelt. Transmission Hantaviren induzieren in den Nagerspezies persistierende Infektionen, wobei die Tiere selbst nicht erkranken und die Erreger in Speichel, Urin und Fäzes in großer Menge ausscheiden. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt durch Aerosole, kontaminierten Staub, oder direkten Kontakt mit den Ausscheidungen der Nager, wobei die Atemwege offenbar als Eintrittspforte fungieren. In proteinhaltigem Material getrocknet bleiben Hantaviren tagelang infektiös. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch kommt beim HFRS und beim nordamerikanischen Hantavirus-Lungensyndrom nicht vor, wurde aber bei einem Ausbruch des Hantavirus-Lungensyndroms in Argentinien beschrieben. Vermehrung und Inkubationszeit Hantaviren lassen sich nur in wenigen Zelllinien vermehren. Sie verursachen keine Zelllyse. Im Wirtsorganismus findet die Virusvermehrung vorwiegend in Lunge und Niere statt. Die Inkubationszeit bei der natürlichen Infektion beträgt zwischen 5 und 35 Tagen. Resistenz Hantaviren sind in vitro gegenüber Ribavirin empfindlich. Andere wirksame Virostatika sind nicht bekannt. 297 H Hantaviren Immunantwort HFRS-Patienten entwickeln schon sehr früh nach Infektionsbeginn virusspezifische Antikörper vom IgM- und IgG-Typ, die hauptsächlich gegen das Nukleokapsidprotein gerichtet sind. Die IgG-Antikörperantwort erreicht ihr Maximum innerhalb einiger Wochen und persistiert über viele Jahre, wahrscheinlich sogar lebenslang. Ebenso setzt bereits früh die Antikörperbildung gegen das virale Glykoprotein G1 ein. Antikörper gegen das Hüllglykoprotein G2 werden hingegen erst in der Rekonvaleszenzphase nachweisbar. Neutralisationsrelevante Epitope befinden sich auf den Glykoproteinen. Zwischen den Serotypen bestehen ausgeprägte Kreuzreaktionen. Die natürliche Infektion hinterlässt eine homologe (serotypspezifische) Immunität. Wirtsbereich Reservoirwirte sind verschiedene Nager, wobei die Assoziation zwischen Virus und Wirtsspezies serotypspezifisch ist (Tabelle 1). Die Populationsdynamik unterliegt einer drei- bis vierjährigen Periodik, die mit Häufigkeitsgipfeln der Hantavirus-Infektionen in diesem zeitlichen Abstand einhergeht. Risikogruppen Ein erhöhtes Erkrankungsrisiko ergibt sich aus vermehrter Exposition gegenüber den Reservoirwirten. Bei Waldarbeitern, Gestütsarbeitern u.a. wurde eine Antikörperprävalenz von bis zu 26% gefunden. Bei Soldaten wurden immer wieder kleinere, in Kriegszeiten auch größere Ausbrüche von Hantavirus-Infektionen beschrieben. In Deutschland existieren Endemiegebiete mit erhöhter Antikörperprävalenz in der Normalbevölkerung (Schwäbische Alb, Eifel, Unterfranken). Hantaviren werden überdies als potenziell Biowaffen-tauglich angesehen. Ihre mögliche Verwendung im Rahmen bioterroristischer Aktionen muss in Betracht gezogen werden. Epidemiologie Hantaviren sind weltweit verbreitet. Im gesamten südostasiatischen Raum sowie im östlichen Russland und in Südeuropa, vornehmlich in Griechenland, herrscht der Hantaan-Serotyp vor. In Zentral- und Nordeuropa ist der Serotyp Puumala endemisch. Sein Hauptreservoirwirt 298 ist die Rötelmaus (Clethrionomys glareolus). Aber auch in anderen Nagerspezies wie Microtus-Arten, Mus musculus oder sogar Insektivora wie Spitzmäusen wurden Viren des PuumalaTyps nachgewiesen. Der Serotyp Dobrava kommt auf dem Balkan vor und koexistiert dort mit dem Serotyp Puumala. Der Seoul-Serotyp wurde weltweit in Rattenpopulationen nachgewiesen. Dieser Serotyp tritt darüber hinaus auch als Erreger einer durch Laboratoriumstiere, insbesondere Ratten übertragenen Form des HFRS auf. Hauptreservoirwirt des Sin Nombre Virus ist Peromyscus maniculatus (Hirschmaus), die mit Ausnahme der Ostküste nahezu auf dem gesamten Gebiet der Vereinigten Staaten vorkommt. Weltweit beträgt die Inzidenz der HantavirusInfektionen bis zu 200.000 Fälle jährlich. Allein in China werden pro Jahr bis zu 150.000 Fälle beobachtet. Jeweils bis zu 2.000 Fälle treten jährlich in Korea und anderen südostasiatischen Ländern auf, in Russland sind es über 10.000. Jeweils einige Hundert klinisch manifeste Erkrankungen können in Zentral- Nordund Südeuropa erwartet werden. Die durchschnittliche Antikörperprävalenz in Deutschland liegt nach Seroprävalenzstudien bei 1,7% und reicht von 0,8% bis 3,1%. Jährlich werden in Deutschland bis zu 200 HFRS-Fälle diagnostiziert. In den USA sind bis Dezember 2000 281 Fälle von Hantavirus-Lungensyndrom aufgetreten, in Südamerika wurden bisher weit über 400 Fälle aus Argentinien, Chile, Uruguay, Paraguay, Brasilien und Panama berichtet. Genetik Hantaviren besitzen wie alle Bunyaviren ein Minus-Einzelstrang-RNA-Genom, das aus drei Segmenten besteht (L = Large, M = Middle, S = Small). Das S-Segment kodiert für ein ca. 48 kDa großes Nukleokapsidprotein, das MSegment für die beiden Glykoproteine (ca. 64 kDa und 54 kDa). Das Genomprodukt des MSegments wird als Polyportein translatiert und bei Membrandurchtritt in die einzelnen Strukturproteine prozessiert. Das L-Segment kodiert für die virale Polymerase. Im Gegensatz zu den anderen Genera der Familie Bunyaviridae ist bei den Hantaviren keine „ambisense“-Kodierungsstrategie ( Bunyaviren) bekannt. Die in Genbanken hinterlegten und veröffentlichten Nukleotid- und Aminosäuresequenzen Helicobacter pylori von Hantaviren sind auf folgender Internet-Seite abrufbar: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/ Haplorchis Darmegel Prävention Ein Totimpfstoff aus inaktivierten Virionen gegen den Hantaan-Serotyp (Hantavax) sowie Vaccinia-basierte Vakzinen wurden in klinischen Prüfungen erprobt. Sie induzierten bei ca. 75% der Impflinge neutralisierende Antikörper. Die Immunantwort war allerdings nur kurzdauernd. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Das Risiko einer Hantavirus-Infektion, kann nur durch Vermeidung der Exposition gegenüber den Reservoirwirten gemindert werden. Nahrungsmittel sollten für Nager unzugänglich aufbewahrt werden. Nager-infestierte Örtlichkeiten sollten vor Säuberung mit Desinfektionsmitteln behandelt werden. Meldepflicht Der Nachweis einer Hantavirus-Infektion ist nach § 7 Abs.1 Infektionsschutzgesetz durch das Labor namentlich zu melden. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen In Deutschland gibt es kein Referenzzentrum für Hantaviren. Eine aktuelle Liste der diagnostischen Institute, die Hantavirus-Infektionen nachweisen, gibt das Robert-Koch-Institut in Berlin heraus. Hartmanella Acanthamoeba HCoV-229E Coronavirus, humanpathogenes H HCoV-OC43 Coronavirus, humanpathogenes Helicobacter pylori Erregerbezeichnung Helicobacter pylori Synonym Vor 1989 Campylobacter pyloridis, Campylobacter pylori. Morphologie Spiralförmige oder einfach gebogene Stäbchen mit 5–6 unipolar angeordneten und von einer Membranhülle umgebenen Geißeln. Taxonomie Web-Adressen Centers for Disease Control and Prevention URL: http://www.cdc.gov Schlüsselliteratur 1. Krüger, D.H., Zöller L. Hantaviren. In: Porstmann, T. (Hrsg). Virusdiagnostik (1996), 117–128, Blackwell-Verlag, Berlin 2. Schmaljohn, C., Hjelle, B. Hantaviruses: A global disease problem. Em. Inf. Dis. 3 (2) (1997): 95–104 3. Chin, J. (Hrsg.). Control of communicable diseases Manual. 17. Ausgabe (2000), American Public Health Association, Washington 4. Settergren, B. Clinical aspects of nephropathia epidemica (Puumala virus infection) in Europe: A review. Scand. J. Inf. Dis. (2000): 125–132 5. Tidona, C.A., Darai, G. (Eds.) (2001), The Springer Index of Viruses, Springer Berlin, Heidelberg, New York, Tokio Gattung: Helicobacter; weitere Spezies in dieser Gattung u.a.: H. mustelae (Frettchen), H. felis (Katzen, Hunde), H. heilmannii (Mensch) sowie die sog. enterohepatischen Helicobacterarten (z.B. H. hepaticus, H. bilis), die im Darm und in der Leber verschiedenen Tiere gefunden werden und Hepatitis und Leberkarzinome auslösen können. Historie Die Gegenwart spiralförmiger Bakterien in der Magenschleimhaut wurde erstmals Ende des letzten Jahrhunderts (Bizzozero, 1893) beschrieben und in jahrzehntelangen Abständen mehrfach wieder beobachtet. Diese Beobachtungen 299 Helicobacter pylori wurden jedoch auf Kontaminationen zurückgeführt und nicht weiter beachtet. 1983 gelang es den Australiern Robin Warren und Barry Marshall durch Anwendung mikroaerophiler Kulturbedingungen aus endoskopisch gewonnenen Magenbiopsien spiralförmige gram-negative Bakterien anzuzüchten, die sie zunächst als Campylobacter pyloridis bezeichneten. Da dieser Name gegen die Regeln der lateinischen Grammatik verstieß, wurden die Bakterien wenig später in Campylobacter pylori umbenannt. Detailliertere taxonomische Untersuchungen zeigten dann, dass der Erreger gravierende Unterschiede zu Campylobacter sp. aufwies, so dass er 1989 in eine neue Gattung Helicobacter überführt wurde. Erkrankungen/Symptome Alle mit H. pylori infizierten Personen entwickeln eine entzündliche Reaktion der Magenschleimhaut, die in der Regel im Magenantrum besonders ausgeprägt ist (chronische Typ B-Gastritis). H. pylori ist daher als obligat pathogener Erreger anzusehen. Auf dem Boden der durch die H. pylori-Infektion ausgelösten Gastritis (die selbst entweder asymptomatisch sein oder auch zu uncharakteristischen Oberbauchbeschwerden führen kann) können verschiedene Folgekrankheiten entstehen. Die H. pylori-Gastritis heilt in der Regel nicht spontan aus, nur im hohen Alter kann es infolge einer Schleimhautatrophie zur spontanen Elimination der Erreger kommen. Peptisches Ulcus duodeni: Das Zwölffingerdarmgeschwür kommt praktisch ausschließlich bei Patienten vor, die mit H. pylori infiziert sind. Die Eradikation der H. pylori-Infektion verhindert Ulkusrückfälle mit großer Sicherheit. Peptisches Ulcus ventriculi: Der größte Teil der Magengeschwüre (ca. 70%) sind Folge einer H. pylori-Infektion; Rezidive können durch H. pylori-Eradikation verhindert werden. Die restlichen 30% der Magengeschwüre werden durch H. pylori-unabhängige Noxen ausgelöst (insbesondere die Einnahme nicht-steroidaler Antirheumatika). Magenkarzinom: Die H. pylori-Infektion ist ein wichtiger Risikofaktor für die Entstehung des Magenadenokarzinoms. Das Karzinomrisiko ist um so größer je früher die Infektion erworben wurde. 300 Magenlymphom: Die Magenschleimhaut ist bei gesunden Personen praktisch frei von lymphatischem Gewebe. Die H. pylori-Infektion führt häufig zur Bildung von Lymphfollikeln in der Submukosa (sekundäres MALT). Sie ist daher die Voraussetzung für die Entstehung von malignen Non-Hodgkin-Lymphomen des Magens. Differenzialdiagnose Die umfangreichen Differenzialdiagnosen der H. pylori-assoziierten Magenerkrankungen (z.B. medikamtös induzierte Ulzera) fallen in den Bereich der Gastroenterologie und können im Rahmen dieses Lexikons nicht dargestellt werden. Labordiagnostik Infektionsnachweis. Am häufigsten wird der Nachweis der H. pylori-Infektion im Rahmen einer endoskopischen Untersuchung (Ösophagogastroduodenoskopie) erbracht. Hierzu stehen folgende Methoden zur Verfügung: BiopsieUreasetest („Urease-Schnelltest“). Dieser Test nutzt die starke Ureasebildung des Erregers aus. Eine oder zwei Biopsien werden in ein Ureasetestmedium (verschiedene kommerzielle Anbieter, z.B. CLO-Test®) gegeben. Nach kurzer Inkubationszeit kommt es durch die Wirkung der präformierten Helicobacter-Urease zur Alkalisierung und zur Verfärbung des Testmediums. Der Test ist einfach, preiswert und relativ zuverlässig. Vorbehandlung mit Protonenpumpenhemmern kann die Sensitivität verringern. Histologie. Bei entsprechender Erfahrung des Pathologen erlaubt die histologische Untersuchung auch eine Beurteilung über das Vorliegen einer H. pylori-Infektion. Unter Umständen sind spezielle Färbungen (z.B. Warthin-StarryVersilberungsfärbung) notwendig. Kultur. Die Kultur erfolgt auf Blutagar- oder Kochblutagarplatten in mikroaerophiler Atmosphäre (z.B. im Anaerobentopf mit Campylobacter-Gasgenerator). Der Verwendung eines Antibiotikasupplements (z.B. Skirrow'sches Supplement) ist sinnvoll. Inkubation 3–7 Tage bei 37°C. Identifizierung durch charakteristische Kulturmorphologie (bis 1,5 mm große, transparente, glänzende, glatte, konvexe Kolonien), positive Katalase- und Oxidasereaktion und Nachweis von Ureasebildung. Charakteri- Helicobacter pylori stisch sind außerdem Resistenz gegen Nalidixinsäure und Empfindlichkeit gegen Cephalotin. Wegen der Empfindlichkeit des Erregers ist rascher Transport ins Labor, u.U. unter Verwendung eines Transportmediums (z.B. Port-agerm pylori®) notwendig. Wegen der langen Kulturzeit und suboptimalen Sensitivität wird die kulturelle Anzüchtung nicht in allen Fällen durchgeführt. Wichtigste Gründe, eine Kultur durchzuführen sind die Notwendigkeit einer Resistenzbestimmung bei therapeutischen Problemen (z.B. nach erfolglosem ersten Eradikationsversuch, s.u.) und der Wunsch nach Erregertypisierung (Virulenzfaktornachweis, molekulares Fingerprinting). Für die Resistenztestung von H. pylori-Stämmen gibt es keine verbindlichen Richtlinien. Bewährt haben sich die MHK-Bestimmung mit dem Agardilutionstest (die sich nur für die Testung größerer Serien lohnt) und für Einzelisolate die Testung mit Epsilometer-Teststreifen. Neben diesen Methoden stehen auch nicht-invasive diagnostische Methoden zur Verfügung: Serologie. Es gibt zahlreiche kommerziell erhältliche serologische Testkits (ELISA, Immunoblot, Schnelltests zur Durchführung durch den Arzt während der Sprechstunde). Die Qualität dieser Tests ist sehr variabel. Sensitivität und Spezifität der besseren Tests liegen zwischen 90 und 95%. Die Titer fallen nach Eradikation nur langsam ab, daher ist die Serologie nur bedingt zur Verlaufskontrolle geeignet. Atemtests. Diese Tests machen sich, wie der Biopsie-Ureasetest, die starke Ureasebildung zunutze. Dem Probanden wird oral Harnstoff zugeführt, der mit dem stabilen (nicht-radioaktiven) Kohlenstoffisotop 13C markiert ist. Die Wirkung der Urease führt bei Infizierten zur Freisetzung von 13CO2 in die Ausatemluft. Die Auswertung der Atemproben erfolgt durch Massenspektrometrie. Der Test ist sehr zuverlässig und eignet sich sehr gut zur Therapiekontrolle, da er nach erfolgreicher Eradikation sofort negativ wird. Antigennachweis im Stuhl. Diese Tests weisen H. pylori-spezifische Antigene im Stuhl mit einem ELISA-Verfahren nach. Bisherige Studien haben gezeigt, dass die Sensitivität und Spezifität dieser Verfahren mit denen des Atemtests vergleichbar sind. Wie der Atemtest ist auch dieses Verfahren für die Therapieverlaufskontrolle geeignet. Typisierungsmethoden. Die Spezies H. pylori zeichnet sich durch eine ungewöhnlich hohe genetische Variabilität aus. Dies kann zum „Fingerprinting“ von individuellen Isolaten genutzt werden. Zahlreiche Methoden zur molekularen Typisierung von H. pylori-Stämmen sind beschrieben worden. Beispiele sind Restriktionsanalysen genomischer DNA, die Untersuchung von PCR-Restriktionsfragmentpolymorphismen, die sog. RAPD-PCR und die direkte Sequenzierung von PCR-amplifizierten Genfragmenten (z.B. flaB-Flagellingen, ureC-Ureasegen). Diese Methoden ermöglichen es, die Identität bzw. Verwandtschaft von Isolaten zu untersuchen und so beispielsweise Infektketten aufzuklären. Möglicherweise wird in der Zukunft auch der Nachweis bestimmter Virulenzfaktoren (z.B. des VacA-Toxins, s.u.) eine klinische Bedeutung erlangen, solche Methoden werden zurzeit noch validiert. Therapie H. pylori ist in vitro gegen die meisten Antibiotika empfindlich. Dennoch war es außerordentlich schwierig, effiziente Therapieformen für die H. pylori-Infektion zu etablieren, wahrscheinlich weil die üblichen Antibiotika im Magen nur eine stark eingeschränkte Wirksamkeit besitzen. Werden Antibiotika als Monotherapie eingesetzt, lassen sich die Erreger zwar während der Therapie nicht mehr nachweisen, werden jedoch nicht vollständing eliminiert, so dass es nach Beendigung der Therapie zur Rekrudeszenz kommt. Monotherapien (wie auch viele Kombinationstherapien) haben daher keinen verlässlichen Effekt. Ziel der Therapie der H. pylori-Infektion ist die komplette Eradikation des Erregers (definiert als ein negativer Erregernachweis mindestens vier Wochen nach Therapieende). Es sollten außerhalb von klinischen Studien nur Therapieschemata mit nachgewiesener Wirksamkeit eingesetzt werden, da sich aus in vitro-Daten die klinische Wirksamkeit einer Therapie nicht vorhersagen lässt. Die derzeit effektivsten Therapieschemata sind Kombinationen von zwei Antibiotika (z.B. Clarithromycin kombiniert mit Amoxicillin oder Metronidazol) mit einem Säuresekretionshemmer 301 H Helicobacter pylori (bevorzugt einem Protonenpumpenblocker), mit denen sich bei guter Patientencompliance Eradikationsraten um 90% erreichen lassen. Die Häufigkeit von H. pylori-Stämmen mit Resistenzen gegen Clarithromycin und Metronidazol hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen und macht die Therapie zunehmend problematisch. Alternative Therapieschemata bei Versagen der Ersttherapie (sog. Rescue-Therapieformen) sind die sog. Quadrupeltherapie und Kombinationstherapien mit Rifabutin. Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität H. pylori besiedelt im Körper eine ökologische Nische, die für praktisch alle anderen Bakterien nicht zugänglich ist. Zahlreiche Eigenschaften des Erregers können als spezifische Anpassungen an das Leben in diesem Habitat und damit als Pathogenitätsfaktoren angesehen werden. Urease. Alle H. pylori-Isolate bilden das Enzym Urease in großen Mengen. Durch Spaltung von Harnstoff werden Ammoniak und Kohlendioxid freigesetzt. Es wird angenommen, dass so die Mikroumgebung des Bakteriums neutralisiert wird und sich der Erreger während des Aufenthalts im Magenlumen vor der Säure schützt. Außerdem ermöglicht es die Urease H. pylori, Harnstoff als Stickstoffquelle für seine Aminosäuresynthese zu nutzen. Tierexperimente mit urease-negativen Mutanten haben gezeigt, dass Urease ein für die Pathogenität des Bakteriums essentieller Faktor ist. Beweglichkeit. H. pylori ist ein stark bewegliches Bakterium. Charakteristisch ist, dass die Beweglichkeit auch unter Bedingungen erhöhter Viskosität erhalten bleibt. Das Bakterium verdankt die Beweglichkeit einem Bündel von Geißeln (Flagellen), die an einem Pol der Zelle entspringen. Jede Geißel ist von einer Membranhülle umgeben, die das Flagellenfilament vor der Desintegration durch Säure schützt. Auch die Beweglichkeit ist für H. pylori ein essentieller Pathogenitätsfaktor. Adhärenz. H. pylori adhäriert stark an verschiedene Zellkulturlinien. Die Adhärenz bewirkt bei der Zielzelle ein Rearrangement des Zytoskeletts (Aktinkondensation) und die Ausbildung 302 sog. Adhärenzplattformen (adherence pedestals). Es wird angenommen, dass H. pylori mehrere verschiedene Adhärenzfaktoren besitzt. Die Bedeutung von Adhärenz für die Infektion ist noch nicht eindeutig bewiesen. Zytotoxin (VacA). Etwa die Hälfte aller H. pylori-Stämme bilden ein Zytotoxin (vakuolisierendes Zytotoxin, VacA-Toxin). Toxinbildende Stämme werden signifikant häufiger von Ulkuspatienten isoliert als von Patienten, die „nur“ eine Gastritis haben. Gereinigtes Toxin kann im Tiermodell Magenschleimhautulzerationen induzieren. Das Toxin wird daher als ein wichtiger Virulenzfaktor des Erregers angesehen. Die Tatsache, dass sich H. pylori-Stämme in ihrer Fähigkeit zur Toxinbildung unterscheiden ist wahrscheinlich eine der bakteriellen Ursachen für die unterschiedlichen klinischen Verläufe der H. pylori-Infektion bei verschiedenen Patienten. Cag-Pathogenitätsinsel. Die Induktion der Bildung des potenten Zytokins Interleukin 8 scheint eine Schlüsselrolle in der Pathogenese der H. pylori-Gastritis zu spielen. H. pyloriStämme unterscheiden sich erheblich in ihrer Fähigkeit, die Bildung von IL-8 zu induzieren. An dieser Induktion ist eine Gruppe von Genen beteiligt, die auf einer sog. Pathogenitätsinsel (cag-Pathogenitätsinsel) lokalisiert sind. Die Gene erlauben H. pylori wahrscheinlich, einen Sekretionsapparat zu bilden, mit dem die Bakterien das CagA-Protein und möglicherweise weitere Effektorproteine in die Magenschleimhautzellen zu „injizieren“. Bei Patienten mit Magenkarzinom werden praktisch ausschließlich solche H. pylori-Stämme gefunden, bei denen diese Pathogenitätsinsel vorhanden sind. Transmission Die Übertragungswege der H. pylori-Infektion sind bisher nur unzureichend untersucht. Es wird angenommen, dass die Infektion vorwiegend direkt von Mensch zu Mensch übertragen wird. Ob hierbei oro-orale oder fäkal-orale Transmission die Hauptrolle spielt, ist nicht sicher bekannt, wahrscheinlich ist aber oro-orale Übertragung zwischen Mutter und Kleinkind, bzw. zwischen Kleinkindern der epidemiologisch wichtigste Transmissionsweg. Parenterale und sexuelle Übertragung spielen keine Rolle. Helicobacter pylori Ein Sonderfall der Transmission ist die direkte Inokulation über kontaminierte Endoskope oder pH-Sonden, die vor der Erkennung dieses Risikos zu Serien von „epidemischer Hypochlorhydrie“ geführt hat. Steuerung der Entzündungsreaktion spielt Interleukin-8. Im Infiltrat herrschen T-Lymphozyten vom TH1-Typ vor. Eine ausführliche Darstellung der Immunpathenese der H. pylori-Infektion findet sich in der angegebenen Literatur. Vermehrung und Inkubationszeit Wirtsbereich H. pylori ist ein langsam wachsendes anspruchsvolles Bakterium. Im Labor werden zur Koloniebildung auf komplexen Nährmedien 2– 3 Tage benötigt. Die Generationszeit und Vermehrungsgeschwindigkeit in vivo sind nicht bekannt. Da die akute H. pylori-Infektion in der Regel nicht diagnostiziert wird und der Moment der Infektion nicht genau bekannt ist, sind Inkubationszeiten für die verschiedenen H. pylori-assoziierten Erkrankungen nicht bekannt. Bakterien der Gattung Helicobacter haben ein sehr enges Wirtsspektrum. H. pylori wird in der Natur nur beim Menschen und bei einigen Primaten gefunden. Im Labor lassen sich unter bestimmten Bedingungen auch Mäuse, Ratten, Hunde, Katzen und gnotobiotische Ferkel mit H. pylori infizieren. Dies sind wichtige Tiermodelle für das Studium der H. pylori-Infektion. Resistenz Die für den Erfolg der Eradikationstherapie wichtigen Resistenzen bei H. pylori sind die gegen Clarithromycin und andere Makrolide, Metronidazol und Amoxicillin. Die Resistenz von H. pylori gegen Clarithromycin beruht auf Punktmutationen in der 23S rRNA. Sie liegt in Deutschland bei ca. 3%, mit steigender Tendenz, in manchen Ländern (z.B. Belgien, Frankreich, Irland) bereits wesentlich höher (10– 26%). Die Resistenz gegen Metronidazol beruht auf Mutationen in Nitroreduktasegenen. Die Resistenzrate liegt in verschiedenen Ländern und Bevölkerungsgruppen zwischen ca. 20 und 50%. In den letzten Jahren sind auch einzelne Fälle von Amoxicillinresistenz gegen H. pylori beschrieben worden, sie sind aber noch extrem selten. Bei den wenigen untersuchten Fällen beruhte diese Resistenz auf Veränderungen der Penicillinbindeproteine. Andere in vitro beschriebene Resistenzen (z.B. Gyrasehemmer) haben keine klinische Relevanz. Immunantwort Im Verlauf der H. pylori-Infektion werden Antikörper gegen H. pylori-Antigene gebildet, die sich zwar für die serologische Diagnostik eignen, aber nicht zu einer protektiven Immunität führen. Die Reaktion der Magenschleimhaut auf die Infektion ist die Ausbildung einer sog. chronisch aktiven Gastritis, die durch Infiltration mit neutrophilen Granulozyten und Lymphozyten charakterisiert ist. Eine zentrale Rolle in der H Risikogruppen Die H. pylori-Infektion ist dort häufig, wo ungünstige hygienische Bedigungen herrschen und/oder Menschen sehr eng beieinander wohnen (ein extremes Beispiel sind U-Boot-Besatzungen, für die ein erhöhtes H. pylori-Infektionsrisiko gezeigt werden konnte). Zwillingsuntersuchungen haben gezeigt, dass genetische Faktoren die Wahrscheinlichkeit einer H. pylori-Infektion beeinflussen, diese Faktoren sind jedoch noch nicht definiert. Menschen der Blutgruppe 0 haben ein erhöhtes Risiko für bestimmte Folgeerkrankungen der H. pylori-Infektion, was möglicherweise mit der Affinität von H. pylori für die Lewisb-Blutgruppensubstanz zusammenhängt. Als einzige bisher identifizierte Berufsgruppe scheinen Gastroenterologen ein berufsbedingt erhöhtes Risiko für eine H. pylori-Infektion zu haben. Epidemiologie Die H. pylori-Infektion ist weltweit verbreitet. Die lokale Prävalenz der Infektion variiert jedoch stark. In einigen Entwicklungsländern sind über 90% der Bevölkerung infiziert, in den westlichen Industrienationen liegt die Gesamtprävalenz zwischen 25 und 50%. Da die Infektion normalerweise lebenslang bestehen bleibt, nimmt die altersspezifische Prävalenz mit zunehmendem Lebensalter zu. Diese Zunahme unterliegt einem Kohortenphänomen, weil besonders die Lebensbedingungen in der Kindheit die Infektionswahrscheinlichkeit eines Individuums bestimmen. So sind beispielsweise Alterskohorten, in deren Kindheit ein Krieg geherrscht hat, besonders infektionsgefährdet. 303 Hendersonula toruloidea Auf das Kohortenphänomen wird zurückgeführt, dass die Prävalenz der H. pylori-Infektion in allen Industrienationen deutlich rückläufig ist. Die Epidemiologie der H. pylori-Infektion ist bisher nur unvollständig untersucht und es gibt viele offene Fragen. Hierzu gehören die Fragen nach dem vorherrschenden Transmissionsweg (s.o.), nach möglichen epidemiologisch bedeutsamen Umweltreservoirs oder nach der Entstehung der Stammheterogenität innerhalb der Spezies H. pylori, um nur einige zu nennen. Alles deutet jedoch darauf hin, dass sowohl in Industrienationen als auch in Entwicklungsländern der größte Teil der Infektionen in der Kindheit erworben wird und dass prophylaktische Strategien bei der Transmission im Kindesalter angreifen müssen. Genetik Die Genomsequenzen von zwei H. pylori-Stämmen (26695 und J99) sind komplett entschlüsselt worden. Die beiden Genome bestehen aus 1.667.867 (26695) bzw. 1.643.831 (J99) Basenpaaren und enthalten ca. 1.500 Gene. Neunzig Prozent der DNA kodieren für Proteine. Der G+CGehalt des Genoms beträgt 39%. Für etwa 900 der 1.500 Gene kann eine Funktion aufgrund von Homologievergleichen vorhergesagt werden. Die Reihenfolge der Gene in den beiden Genomen von J99 und 26695 ist weitgehend konserviert, nur 10 Fragmentumlagerungen im J99Genom waren notwendig, um die homologen Bereiche der beiden Genome komplett aneinander zu legen. Jeder der beiden Stämme besitzt eine erhebliche Zahl (117 und 89) von Genen, die beim jeweils anderen Stamm nicht vorhanden sind. Etwa die Hälfte dieser Gene sind in einem kleinen hochvariablen Bereich des Chromosoms lokalisiert, der als Plastizitätszone bezeichnet wird. Etwa 50% der Stämme tragen Plasmide, deren Funktion nicht bekannt ist. H. pylori ist in der Lage, DNA aus der Umgebung aufzunehmen (natürliche Kompetenz). Die Fähigkeit zum effizienten DNA-Austausch (Rekombination) bei Vorliegen einer Mischinfektion mit mehreren H. pylori-Stämmen ist die Hauptursache für die extrem hohe genetische Diversität bei verschiedenen H. pylori-Isolaten. 304 Prävention Verbesserung der allgemeinen sozioökonomischen Bedingungen und der Hygiene reduziert die Prävalenz der H. pylori-Infektion. Da nicht genau bekannt ist, wie die Transmission erfolgt, gibt es zurzeit keine spezifischen Empfehlungen zur Expositionsprophylaxe. Eine Impfung gegen H. pylori befindet sich in der Entwicklung. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Siehe Prävention Meldepflicht Es besteht keine Meldepflicht. Referenzzentren und Webadressen ◗ Nationales Referenzzentrum Helicobacter pylori (Leiter: Prof. Dr. Manfred Kist) ◗ Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Universität Freiburg ◗ Hermann-Herder-Str-11, D-79104 Freiburg, Tel. ++49 761 203-6514 (-6546) ◗ (Fax: -6562) ◗ Genomdatenbank von H. pylori 26695 des Instite for Genomic Research (TIGR): http://www.tigr.org/tigr-scripts/CMR2/ GenomePage3.spl?database=ghp ◗ Genomdatenbank von H. pylori J99 der Firma AstraZeneca: http://scriabin.astrazenecaboston.com/hpylori/ ◗ Datenbank von 2D-Proteingelen am MaxPlanck-Institut für Infektionsbiologie http://www.mpiib-berlin.mpg.de/2D-PAGE/ ◗ Proteininteraktionsdatenbank der Firma Hybrigenics: http://pim.hybrigenics.com/ pimriderlobby/current/PimRiderLobby.htm Schlüsselliteratur 1. Malfertheiner, P. (Hg.) Helicobacter pylori – Von der Grundlage zur Therapie. 3. Aufl. 2000. Thieme (Stuttgart, New York) 2. Malfertheiner, P., Mégraud, F., Michetti, P., Price, A. (Hg.) The Year in Helicobacter pylori. Seit 1994 jährlich erscheinendes Supplement von Current Opinion in Gastroenterology 3. Achtman, M. Suerbaum, S. (Hg.) Helicobacter pylori: Molecular and Cellular Biology. 1. Aufl. 2001. Horizon Scientific Press (Wymondham) Hendersonula toruloidea Nattrassia mangiferae Hepatitis A Virus (HAV) Hepatitis A Virus (HAV) Erregerbezeichnung Hepatitis A Virus (HAV) einstellt, nehmen ca. 15% der Krankheitsfälle einen protrahierten und teilweise relapsierenden Verlauf ohne aber in die Chronizität überzugehen. In Abbildung 1 sind beispielhaft solche protrahierten Krankheitsverläufe schematisch dargestellt. Synonym Infektiöse Hepatitis (veraltet) Morphologie Das Virion besteht aus einem nichtumhüllten Partikel mit einem Durchmesser von ca. 27 nm. Das ikosaedrische Kapsid, welches das virale RNA-Genom beherbergt, enthält jeweils 60 Kopien der 3 Hauptstrukturproteine VP1, VP2 und VP3. Bisher ist nicht bekannt, ob auch das kleine Protein VP4 im Virionkapsid integriert ist. Aplastische Anämie. Neben einem häufig zu beobachtenden transienten Effekt des HAV auf das hämatopoetische System werden seltene Fälle schwerer Panzytopenien beschrieben, die mit einer Letalität von über 90% einhergehen. Differenzialdiagnose Die Hepatitis A-Virusinfektion ist von anderen Hepatitiden viraler oder nicht viraler Ätiologie mit einer serologischen Labordiagnostik abzugrenzen. Taxonomie Genus Hepatovirus in der Familie Picornaviridae. Das Virus enthält eine einzelsträngige RNA im positiv-sense in einer Größe von ca. 7.500 Nukleotiden. Historie Hepatitis-Epidemien werden seit dem 5. Jahrhundert vor Christus berichtet. Im Zweiten Weltkrieg wurde die „Infektiöse Hepatitis“ klar von der „Serumhepatitis“ abgegrenzt und als Hepatitis A bezeichnet. Erkrankungen/Symptome Die klinische Manifestation der akuten HAVInfektion reicht von der asymptomatischen Infektion bis hin zur fulminanten Hepatitis mit Todesfolge. Der Schweregrad der Erkrankung ist altersabhängig. Die asymptomatische oder zumindest anikterische Infektion findet sich insbesondere im frühen Kindesalter. Die pathologischen Läsionen der akuten Hepatitis A sind gekennzeichnet durch eine hepatozelluläre Nekrose im periportalen Bereich mit ausgedehnten entzündlichen Infiltraten. Häufig sind Cholestasezeichen zu beobachten. Protrahierte, relapsierende Hepatitis. Neben der normalen Verlaufsform der akuten HAVInfektion, bei der sich eine Normalisierung der Serumtransaminasenwerte nach ca. 4 Wochen Labordiagnostik Die Diagnostik der akuten HAV-Infektion erfolgt routinemäßig über den Nachweis von antiHAV-IgM. IgM anti-HAV verschwindet typischerweise innerhalb 3 Monaten, ist aber insbesondere bei protrahierten Verlaufsformen auch bis zu einem Jahr nach Ikterusbeginn nachweisbar. Therapie Eine HAV-spezifische Therapie steht nicht zur Verfügung. Der therapeutische Einsatz von Interferon bei der fulminanten Hepatitis A wird diskutiert. Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Die beschriebenen HAV-Genotypen zeigen keine Unterschiede in ihrer Pathogenität. Es gibt kein Evidenz für eine Antigenvariabilität. Transmission Die Transmission des HAV findet fast ausschließlich über den fäkal-oralen Weg, insbesondere über kontaminiertes Wasser, kontaminierte Nahrungsmittel und Schmierinfektionen statt. Übertragungen des HAV via Bluttransfusion und kontaminierte Blutprodukte sind beschrieben aber selten. 305 H Hepatitis A Virus (HAV) Abb. 1 Schematische Darstellung verschiedener Verlaufsformen der klinisch-manifesten Hepatitis-A-Virusinfektion Vermehrung und Inkubationszeit Resistenz HAV wird üblicherweise über den fäkal-oralen Weg übertragen. Eine Replikation des Virus im Oropharynx oder intestinalen Bereich konnte nicht sicher nachgewiesen werden, sodass der Weg, über den HAV die Leber erreicht, bisher nicht identifiziert ist. Bereits 2 Wochen vor Ablauf der ca. vierwöchigen Inkubationszeit und Beginn der klinischen Symptomatik wird das in der Leber replizierte Virus über die Gallengänge und den Intestinaltrakt ausgeschieden. Die Virusausscheidung in den Fäzes beläuft sich insgesamt auf ca. 3 Wochen. Eine deutliche Verlängerung der HAV-Ausscheidung findet sich in den protrahierten Verläufen und Infektionen im Neugeborenenalter, wo eine HAV-Ausscheidung über 20 Wochen beobachtet wurde. Die klinische Manifestation der HAV-Infektion und die ihr zugrundeliegende hepatozelluläre Destruktion ist auf immunpathogenetische Mechanismen zurückzuführen. Das Hepatitis A-Virus zeichnet sich durch eine sehr hohe Säurestabilität (pH 1,0 für 2h bei RT) und relative Hitzeresistenz (60°C für 1h) aus. 306 Immunantwort Anti-HAV-IgM ist bei fast allen Patienten mit Beginn der Symptomatik nachweisbar. Kurz darauf finden sich anti-HAV-IgG Antikörper, die lebenslang persistieren. Wirtsbereich Der Wirtsbereich des HAV ist sehr eng. Neben dem Menschen sind nur wenige nicht-humane Primaten infizierbar. Risikogruppen In den westlichen Industriestaaten ist das Risiko einer HAV-Infektion niedrig. Einem erhöhten Erkrankungsrisiko unterliegen aber auch dort bestimmte Berufsgruppen, wie z.B. Personal in Kindertagesstätten und Kliniken oder Arbeiter in Kanal- und Kläranlagen. Ein hohes Risiko einer HAV-Infektion haben Personen, die Hepatitis B Virus aus einem Gebiet mit niedriger HAV-Inzidenz in ein Endemiegebiet reisen. rigen von geimpften Kontaktpersonen aktiv immunisiert werden sollten. Epidemiologie Meldepflicht Die Epidemiologie der Hepatitis A unterliegt einer kontinuierlichen Veränderung. Obgleich das HAV weltweit verbreitet ist, zeigen sich extreme Unterschiede in der Seroprävalenz von Land zu Land. Im Bundes-Gesundheitssurvey 1998 wurde für die Bundesrepublik Deutschland insgesamt über alle Altersgruppen eine antiHAV Prävalenz von 46,5% ermittelt. In der Altersgruppe von 18–19 Jahren lag die Seroprävalenz bei 7%, in der von 20–29 Jahren bei 15,4%. Der direkte oder indirekte Nachweis einer akuten HAV-Infektion ist namentlich nach § 7 Abs. 1 IfSG zu melden. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Referenzzentrum Max-von-Pettenkofer-Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie, Pettenkoferstr. 9a, 80336 München Expertenlaboratorien Genetik Das Hepatitis A Virus besitzt ein einzelsträngiges, lineares (+) Strang RNA-Genom von ca. 7,5 kb Länge. Wie bei allen Picornaviren kann das Genom in 3 Bereiche aufgeteilt werden: 1) die 5`nichtcodierende Region (NCR), die nicht gecapt aber kovalent an ein virales Protein (VPg) am 5`Terminus gebunden ist, 2) ein ORF, das für alle viralen Proteine codiert (P1: virale Capsidproteine, P2 und P3: Nichtstrukturproteine) und 3) eine kurze 3`NCR. Accession No. der Nucleinsäure- und Proteinsequenzen: NC_001489, No. X75215, No. M16632 Prävention Bis zur Verfügbarkeit einer aktiven Prophylaxe konnte nur durch die Gabe von Standardimmunglobulin mit mindestens 100 I.E. anti-HAV eine HAV-Erkrankung über einen Zeitraum von 3–5 Monaten mit einer 80–90%igen Sicherheit verhindert werden. Seit 1992 stehen gut verträgliche inaktivierte Impfstoffe zur aktiven Prophylaxe gegen das HAV zur Verfügung, die zu einem 100%igen Schutz vor einer HAV-Erkrankung führen. Derzeit kann man davon ausgehen, dass bei Einhaltung der vorgeschriebenen Impfschemata ein Impfschutz von über 10 Jahren gegeben ist. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Der aktuelle Stand der empfohlenen Präventivund Bekämpfungsmethoden ist im Merkblatt „Hepatitis A-Erkennung und Verhütung“ des Robert Koch-Instituts zusammengefasst. Eine neueste Untersuchung zeigt, dass zur Unterbrechung der Infektkette auch die Familienangehö- ◗ Prof. Dr. A. Vallbracht, Institut für Virologie, Universität Bremen, Zentrum UFT, Leobener Str., 28359 Bremen, Tel. 0421/218/4272, E-Mail: [email protected] ◗ Prof. Dr. B. Flehmig, Universität Tübingen, Silcherstr. 7, 72076 Tübingen, Tel. 07071/ 2984237, E-Mail: [email protected] Web-Adressen Robert-Koch-Institut: http://www. rki.de Centers for disease control and prevention: http://www.cdc.gov WHO World Health Organization: http://www.who.int/ All the virology on the WWW: http://www.virology.net Schlüsselliteratur 1. Blaine-Hollinger, F. and Ticehurst, J. R., Hepatitis A Virus. In: Virology, Third Edition, edited by Fields, B.N, Knipe, D. M, Howley, P. M., Raven Press, Ltd. New York, Vol. 1, (1996) 735–782 2. Flehmig, B., Normann, A. and Bohnen, D. Transmission of Hepatitis A virus infection despite vaccination. NEJM 343, 301–302 (2000) 3. Tidona, C.A., Darai, G. (Eds.) (2001), The Springer Index of Viruses, Springer Berlin, Heidelberg, New York, Tokio Hepatitis B Virus Erregerbezeichnung Hepatitis B Virus (HBV) Synonym Humanes Hepatitis B Virus 307 H Hepatitis B Virus Morphologie Das Virion (42 nm) besteht aus einem ikosaedrischen Nukleokapsid (Core), in dem sich die virale DNA, die virale Polymerase und eine wirtseigene Proteinkinase C befinden. Die lipidhaltige Virushülle mit HBs-Antigenität enthält ein kleines (SHBs), mittleres (MHBs) und großes (LHBs) Oberflächenprotein. Aus der Hülle ragen die PräS-Domänen von MHBs und LHBs als Spikes heraus. Neben den kompletten Virionen liegen im Serum HBV-infizierter Patienten noch leere, ca. 20 nm große nichtinfektiöse Hüllproteinstrukturen als sphärische und tubuläre HBsAg-Partikel vor. Taxonomie HBV gehört als einziges humanpathogenes Virus zur Familie der Hepadnaviridae, Genus Orthohepadnavirus. Hauptcharakteristika der Hepadnaviren sind die besondere Genomorganisation, die hohe Spezies-Spezifität, ein für DNAViren bemerkenswerter Replikationsmechanismus über eine reverse Transkription, der Lebertropismus und die Fähigkeit, im infizierten Wirt eine starke und langanhaltende Virämie auszubilden. Historie Baruch Blumberg entdeckte 1963 im Rahmen einer anthropologischen Studie das sphärische HBsAg im Serum eines australischen Ureinwohners. Mit der Identifizierung als Oberflächenprotein von HBV (HBsAg) 1967 begann dessen Erforschung, gefolgt vom elektronenmikroskopischen Nachweis des Viruspartikels (Dane, 1970), der Charakterisierung der viralen DNA und der Aufklärung des Replikationsmechanismus der Hepadnaviren. Erkrankungen/Symptome Das ca. einwöchige Prodromalstadium ist durch Fieber, Erbrechen und weitere Symptome (siehe extrahepatische Manifestationen) gekennzeichnet. Die akute Hepatitis B verläuft in zwei Dritteln der Fälle subklinisch. Ein Drittel der Patienten weist einen ikterischen Verlauf auf. Fulminante Verläufe sind selten (<1%), aber oft tödlich. Die klinischen Manifestationen einer HBV-Infektion sind in erster Linie vom Alter und Immunstatus des Patienten abhängig. Bei Neugeborenen und Kindern unter einem Jahr verläuft 308 die Infektion in mehr als 90% der Fälle zunächst asymptomatisch. Davon entwickeln circa. 70– 90% einen chronischen HBV-Trägerstatus, und in ca. 30–50% der Fälle kommt es zur Ausbildung von chronischen Lebererkrankungen, die zu Zirrhose und Leberzellkarzinom (HCC) führen können. Auch bei immuninkompetenten Patienten wie zum Beispiel Organtransplantierten, HIV-Infizierten oder Dialysepatienten ist die Chronifizierungsrate hoch. Bei immunkompetenten Erwachsenen liegt die Chronifizierungsrate dagegen nur um 5%. Die Diagnose der chronischen Hepatitis B beruht auf der HBsAgPersistenz länger als sechs Monate nach Auftreten der Infektion. In Abhängigkeit von den Leberzellveränderungen unterscheidet man den so genannten gesunden HBsAg-Träger-Status (Immuntoleranz) und die chronische Hepatitis, die in eine hoch-replikative Form mit entzündlichen, fibrotischen Leberveränderungen und erhöhten Transaminasen und eine niedrig-replikative Form mit nur geringgradiger Leberpathologie unterschieden wird. Im Verlauf der chronischen HBV-Infektion können drei Phasen durchlaufen werden. Die erste Phase ist in den meisten Fällen durch hohe Infektiosität (hohe HBeAg- und HBV-DNAKonzentrationen im Serum) sowie biochemische und histologische Aktivität gekennzeichnet. Histologisch kann das Spektrum von geringer bis hoher entzündlicher Aktivität und geringem Fibrosegrad bis zur Leberzirrhose reichen. Nach unterschiedlich langer Zeit entwickelt sich bei einem Teil der Patienten eine nicht-replikative Phase mit Abklingen der entzündlichen Aktivität und weitgehender Normalisierung der Transaminasen, der in der Regel eine Serokonversion von HBeAg zu anti-HBe vorausgeht. Diese Phase kann durch intermittierende Reaktivierungen unterbrochen sein, die durch medikamentöse Immunsuppression, Kortikoidtherapie, HBV-Mutanten (im Präcorebereich), Superinfektionen mit anderen Hepatitiserregern bzw. HIV hervorgerufen werden können. Bei nur sehr wenigen Patienten erfolgt Jahre später eine Serokonversion von HBsAg zu anti-HBs, die mit einer Ausheilung verbunden ist. Die chronische Hepatitis B mit hoher Virusreplikation hat ohne Behandlung in der Regel eine schlechte Langzeitprognose. Fünfzehn bis 25% von Betroffenen aller Altersgruppen mit chronischer Hepatitis B haben aufgrund ihrer Erkran- Hepatitis B Virus kung eine erniedrigte Lebenserwartung. Selbst Patienten mit mildem Verlauf können in bis zu 10% eine Zirrhose entwickeln mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von 55%. Extrahepatische Manifestationen. Insbesondere das Prodromalstadium der akuten Hepatitis B zeichnet sich durch extrahepatische Manifestationen wie Urtikaria, Arthralgien und Hauteffloreszenzen (Gianotti-Crosti-Syndrom bei Kindern) aus, deren Auftreten hauptsächlich durch zirkulierende Immunkomplexe bedingt sind. Zehn bis 20% der Patienten mit chronischer HBV-Infektion zeigen extrahepatische Manifestationen, wie Arthralgien, Polyarthritis, Kryoglobulinämie, Myalgien und eine meist membranöse Glomerulonephritis, die durch Hepatitis-B-Antigen-Antikörper-Immunkomplexe bedingt sind. Leberzellkarzinom (HCC). Die Assoziation zwischen HBV-Infektion und HCC ist gesichert. Patienten mit allen Formen des HBsAg-Trägerstatus können nach einer Latenz von ca. 20–40 Jahren HCC entwickeln mit einem 100fach erhöhtem relativen Risiko gegenüber der Normalbevölkerung. Bei Patienten mit einer hohen Viruslast erhöht sich das relative Risiko auf den Faktor 300. Entscheidender Risikofaktor ist die Dauer des HBsAg-Trägerstatus. Differenzialdiagnose Die akute Hepatitis-B-Infektion muss von anderen viralen und bakteriellen Hepatitiden abgegrenzt werden. Bei der chronischen Hepatitis B kommen differenzialdiagnostisch auch Autoimmunhepatitiden, sowie toxische, medikamentöse und alkoholbedingte Hepatitiden in Betracht. Systemische Infektionen vieler Erreger inklusive Protozoen können zu einer Leberbeteiligung führen. Durch serologische, molekularbiologische und histologische Untersuchungen kann eine Diagnose gestellt werden. Labordiagnostik In Tabelle 1 ist das zeitliche Auftreten der HBVMarker in verschiedenen Phasen der HepatitisB-Virusinfektion dargestellt. Für eine Unterscheidung zwischen akuter und chronischer Infektion sowie Immunität stehen verschiedene Testmethoden zum Nachweis der viralen Antigene und Antikörper zur Verfügung (Tabelle 2). Direkter Nachweis von Viruskomponenten. Elektronenmikroskopie, qualitative und quantitative DNA-Nachweise (PCR, DNA-Hybridisierung, Real-time PCR), ELISA zum Nachweis von HBeAg und HBsAg. Indirekter Virusnachweis. ELISA zum Antikörpernachweis: anti-HBc-IgM und -IgG, anti-HBe und anti-HBs. Chemische Laboruntersuchungen. Bestimmung der Aktivitäten der Transaminasen (GPT, Gamma-GTT), der alkalischen Phosphatase, der Bilirubinkonzentration, der Prothrombinzeit und Durchführung einer Serumelektrophorese. Eine Differenzierung von anderen Virushepatitiden erfordert jedoch die Bestimmung der Hepatitis-B-Antigene und -Antikörper. Bei Verdacht auf eine Hepatitis-B-Infektion sollte als erster Schritt HBsAg (Nachweis ab ca. 100 pg/ml) und anti-HBc-IgG aus dem Serum bestimmt werden. Die Höhe der anti-HBc-IgMAntikörper geben einen Hinweis auf das Stadium der Erkrankung (> 200 PEI Einheiten: akute Hepatitis, <10 PEI Einheiten: asymptomatischer Verlauf, 10–200 PEI Einheiten: chronische Hepatitis). Der Nachweis von HBeAg korreliert in der Regel mit einer hohen Virämie (≥106 Genomäquivalente/ml). Ein akut-selbstlimitierter Verlauf ist in der Regel durch den Abfall des HBsAg innerhalb von sechs Wochen um mehr als 50 Prozent mit Verlust von HBeAg und HBV-DNA gekennzeichnet. Anti-HBe verschwindet in der Regel einige Jahre nach der akuten-selbstlimitierten Hepatitis. Bei isoliert anti-HBc-positiven Patienten insbesondere bei Koinfektionen mit HIV ist die Bestimmung der HBV-DNA indiziert. Pathologie und Histopathologie. Nach Infektion der Leber mit HBV kommt es zur Proliferation der Kupfferschen Sternzellen, Ballonierung der Hepatozyten und Einzelzellnekrosen sowie entzündlichen Reaktionen der periportalen Felder und Einlagerung von Ceroidpigment. Typisch sind Leberzellen mit milchglasartig aufgehelltem Zytoplasma. Bei chronischen Hepatitiden sind die Prozesse in Abhängigkeit von der Krankheitsaktivität auf die Periportalfelder beschränkt und verbunden mit wenigen Einzelzellnekrosen, oder sie überschreiten die Periportalfelder und sind mit Mottenfraßnekrosen 309 H Hepatitis B Virus Tabelle 1 Serologische Marker im Verlaufe der Hepatitis B HBsAg HBeAg antiHBcIgM anti-HBc anti-HBe anti-HBs HBV-DNA Interpretation + (+) – – – – + + – +/– – + – + + +/– + – + – – – + – + – +/– – + – +/– – – + + – + – –/+ – – (+) – + – – + – + + – – + + – (+) Inkubationsphase/frühe akute Phase akute Hepatitis B abgelaufene HBV-Infektion, frühe Immunität Spätrekonvaleszenz chronisch aktive Hepatitis Immunität nach Impfung Trägerstatus, hohe Infektiosität Trägerstatus, geringe Infektiosität Tabelle 2 Serologische Marker im Verlaufe der Hepatitis Marker Erklärung HBsAg Oberflächenprotein des HBV, indirekter Marker der Infektiosität, Marker zur Früherkennung der akuten und chronischen Hepatitis sowie der Prognose lösliche Form des viralen Core-Proteins, indirekter Marker der Infektiosität Virusgenom, Infektiositätsmarker, Parameter zur Überwachung antiviraler Therapien Core-Antigen des HBV (kommt nicht in freier Form im Serum vor) IgM-Antikörper gegen HBcAg, frühester diagnostischer Antikörper, hohe Titer nur bei akuter Hepatitis (bei chronischer Hepatitis in Abhängigkeit von der Aktivität) IgG-Antikörper gegen HBcAg, akute, chronische, abgelaufene Infektion, Durchseuchungsmarker Hinweis auf unvollständige Virusvermehrung, Auftreten im akut-limitierten Verlauf: gute Prognose Antikörper gegen HBsAg, Marker der abgelaufenen Hepatitis B zusammen mit anti-HBc, einziger Marker nach Immunisierung HBeAg HBV-DNA HBcAg anti-HBc-IgM anti-HBc-IgG anti-HBe anti-HBs assoziiert. Um entzündliche Aktivität und Ausmaß des bindegewebigen Umbaus reproduzierbar erfassen zu können, wurden Scoring-Systeme eingeführt (Knodell-Score, Ishak-Score, METAVIR-Score), die zur Dokumentation des Therapieverlaufes herangezogen werden. Der immunhistologische Nachweis von HepatitisAntigenen (HBcAg, HBsAg) und/oder das Auffinden von HBV-DNA durch in situ-Hybridisierung/PCR gestatten Aussagen zur Aktivität und Prognose einer Hepatitis B. Therapie Gegenwärtig kommen für die Behandlung der chronischen Hepatitis B Interferon-α (IFN-α) 310 und das Nukleosidanalogon Lamivudin zum Einsatz. Die Indikation zur Therapie besteht bei erhöhten Transaminasen und entzündlichen und fibrotischen Leberparenchymveränderungen. Therapieziel ist neben der Linderung aktueller Symptome die Verhinderung von Komplikationen der HBV-Infektion. Das Therapieansprechen ist durch die Serokonversion von HBeAg nach anti-HBe (partielle Antwort) sowie außerdem von HBsAg nach anti-HBs (komplette Antwort) definiert. Bei HBeAg- und antiHBe-negativen Patienten werden Viruslast und Transaminasenkonzentration zur Beurteilung des Therapieerfolges herangezogen. Bei dekompensierter Leberzirrhose sollte vor Lebertrans- Hepatitis B Virus plantation die Viruslast unter die Nachweisgrenze gesenkt werden. Die Therapie mit IFN-α (z.B. 3-mal wöchentlich bis zu 5 Mio. Einheiten subkutan über vier bis sechs Monate) führt bei HBeAg-positiven Patienten in 30–40% zu einer Serokonversion von HBeAg nach anti-HBe, von denen später ca. 10% einen Übergang zu antiHBs zeigen. Bei HBe-negativen Patienten, die zudem eine hohe Viruslast haben (z.B. durch Präcore-Stop-Mutanten), sollte entweder die Interferondosis erhöht und die Therapie verlängert (9–10 Mio. Einheiten über ein Jahr gegeben) oder mit Lamivudin (100–150 mg per os täglich) behandelt werden. Lamivudin erzielt ähnliche Ansprechraten wie IFN-α und kann bei Kontraindikationen gegen IFN-α eingesetzt werden (z.B. Immunsuppression). Allerdings treten bei zehn bis 20 Prozent der Patienten innerhalb des ersten Jahres bereits Lamivudin-resistente Mutanten auf, und nach drei Jahre liegen sie bei der Hälfte der behandelten Patienten vor. Trotz der Mutanten kann bei Fortsetzung der Therapie bei einem Teil der Behandelten eine Serokonversion zu anti-HBe mit Normalisierung der Transaminasen eintreten. Bei Patienten mit Leberzirrhose kann die Lamivudintherapie zur Unterdrückung der Virämie führen und das Fortschreiten der Erkrankung aufhalten. Da es nach Absetzen der Therapie häufig zum Relaps kommt, muss die Behandlung mindestens ein Jahr durchgeführt werden, um den Viruspool in der Leber zu reduzieren. Kombinationsbehandlungen von Lamivudin und IFNα haben bisher keine signifikant besseren Ansprechraten erzielt. Andere Nukleosidanaloga zeigten entweder eine widersprüchliche oder insuffiziente klinische Wirksamkeit (Famciclovir, Ganciclovir) oder sie befinden sich noch in der klinischen Erprobung. Adefovir Dipivoxil ist ein vielversprechender Kandidat und wirkt auch gegen Lamivudin-resistente Mutanten. In der präklinischen Erprobung sind anti-senseOligonukleotide. Ein weiterer therapeutischer Ansatz ist die Immuntherapie, bei der durch Impfung (T-Zell-Vakzine, Zytokine [Interleukin 12], Peptid-, Protein- oder DNA-Vakzine) eine Th1-Immunantwort stimuliert werden soll. Letzte therapeutische Möglichkeit bei Leberfunktionsverlust ist die Transplantation. Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität HBV selbst ist nicht zytopathogen. Mit der Vermehrung und Freisetzung von HBV werden Virusantigene auf der Leberzellmembran präsentiert, die u.a. eine zelluläre Immunantwort und Zytokinexpression induzieren, die zum Zelluntergang oder auch zur Viruselimination führen. Für die unterschiedlichen Verlaufsformen einer HBV-Infektion werden die individuelle virusspezifische Immunantwort sowie die Zytokinproduktion und -wirkung verantwortlich gemacht. Auch eine Assoziation zwischen Genotyp und klinischem Verlauf der chronischen Hepatitis B wurde beobachtet (z. B. HBV-Genotyp B und die Entwicklung von HCC in Taiwan). Aufgrund der hohen Mutationsrate der reversen Transkriptase treten häufig HBV-Mutanten auf, die zum Teil mit fulminanten Verläufen von HBV assoziiert wurden (PräcoreMutanten). Core-Mutanten (mit Aminosäureaustauschen) wurden beim Übergang von der Immuntoleranzphase zur aktiven Hepatitis beobachtet, was eine Immunselektion wahrscheinlich macht. HBV-Varianten mit einem komplexen Mutationsmuster im C-Gen, CorePromotor und präS1/2-Gen sind eng mit der Pathogenese der chronischen Hepatitis bei immunsupprimierten Patienten assoziiert. Unter prophylaktischer anti-HBs-Gabe nach Lebertransplantation können HBV-Varianten mit Aminosäureaustauschen im Oberflächenprotein (HBsAg) als Fluchtmutanten selektiert werden. Bei über 80% der Fälle eines HBV-assoziierten HCC liegt das HBV-Genom im zellulären Genom integriert vor. Die Integration fördert wahrscheinlich die genetische Instabilität der Zelle. Im HBV-Genom ist bisher kein Onkogen gefunden worden. Es gibt indirekte Beweise dafür, dass transaktivierende Effekte von HBVProteinen (X-Protein, C-terminal verkürztes MHBs/SHBs) zur Mehrschrittpathogenese von HCC beitragen. Transmission HBV wird sowohl horizontal (parenteral, Sexualkontakt) als auch vertikal (perinatal) übertragen. Im Blut können hohe Virustiter (≥1010 Viruspartikel/ml) vorliegen, so dass geringste Mengen, z.B. nach Nadelstichverletzungen, zu einer Infektion führen können. Die direkte In311 H Hepatitis B Virus okulation (i.v.-Drogenäbhängige) von infektiösem Material gehört zu den häufigsten Übertragungswegen. Außer im Blut kann HBV auch im Speichel, Sperma und Vaginalsekret in solchen Mengen vorhanden sein, dass es bei Schleimhautkontakten zur Übertragung kommt. Die perinatale Übertragung stellt in Ländern mit endemisch auftretender Hepatitis den Hauptinfektionsweg dar. Die intrafamiliäre, nichtsexuelle Verbreitung erfolgt überwiegend dann, wenn Kleinstkinder infiziert sind, da bei ihnen in der Regel hohe Virustiter vorliegen. Von HBsAg-Trägern mit einer Virämie von ≤105 Viruspartikeln/ml ist eine Übertragung durch Intim- oder Haushaltskontakte eher unwahrscheinlich. Möglich ist aber eine HBV-Übertragung durch medizinisches Personal mit niedriger Viruslast (HBe-negative HBV-Träger) bei größeren operativen Eingriffen oder von Müttern mit niedriger Viruslast (HBe-negativ) auf das neugeborene Kind. Übertragung durch HBsAg-negatives, anti-HBc-positives Blut ist möglich, so dass die Weitergabe von HBV durch Bluttransfusion trotz HBsAg-Screening nicht völlig ausgeschlossen werden kann. Das Übertragungsrisiko einer HBV-Infektion durch Blutprodukte ist in Deutschland extrem gering und wird zurzeit auf 1:50.000 bis 1:200.000 geschätzt. HBsAg-negative Virusmutanten sind als Infektionsursache in Deutschland zurzeit nicht bedeutsam. Vermehrung und Inkubationszeit Die Inkubationszeit der Hepatitis B kann in Abhängigkeit vor allem von der Erregerdosis 30– 180 Tage (durchschnittlich 70 Tage) betragen. Die primären Zielzellen von HBV in vivo sind Hepatozyten des Menschen und des Schimpansen. Das Virus gelangt durch rezeptorvermittelte Endozytose in die Zelle, wobei die PräS1-Domäne des großen HBV-Oberflächenproteins entscheidend für die Interaktion mit den zellulären Rezeptoren ist. Es gibt Hinweise darauf, dass den sinusoidalen Endothelzellen der Leber eine Schlüsselrolle bei der Aufnahme von HBV (wie auch von anderen Hepatitisviren) in den Hepatozyten zukommt. Das virale Genom wird im Zellkern des Hepatozyten durch zelluläre Replikationsenzyme vervollständigt und kovalent zirkularisiert (ccc-DNA). Initiiert am CorePromotor im Minus-Strang, wird mittels einer 312 zellulären DNA-abhängigen RNA-Polymerase II neben vier mRNAs für die Proteinsynthese die prägenomische mRNA synthetisiert, die auch für das Coreprotein und die Polymerase kodiert. Die polyadenylierte und terminal redundante prägenomische mRNA (3,5 kb lang) wird in das Zytoplasma transferiert und selektiv mit der Polymerase im Core-unreifen Nukleokapsid verpackt. Dort wird von der viralen Polymerase durch reverse Transkription der DNA-Minus-Strang synthetisiert, wobei gleichzeitig die RNA-Sequenz durch die viruskodierte RNaseH abgebaut wird. Eine am 5´-Ende der m-RNA als ε bezeichnete Schleifenformation spielt beim Einbau der mRNA in das Nukleokapsid und der anschließenden reversen Transkription eine entscheidende Rolle. Durch die Synthese des unvollständigen DNA-Plus-Stranges mittels viruskodierter DNA-Polymerase kommt es wieder zur nicht-kovalenten Zirkularisierung des Genoms. Die Nukleokapside werden am endoplasmatischen Retikulum von den Oberflächenantigenen umhüllt und schließlich von der Leberzelle abgegeben. HBV-DNA ist auch in Lymphozyten und Monozyten des peripheren Blutes nachweisbar. In vitro kann HBV durch Zelltransfektion mit klonierter HBVDNA vermehrt werden: Die Replikation von HBV in primären humanen Hepatozyten ist nur transient und erfordert zur Reproduzierbarkeit der Infektion eine Behandlung mit Dimethylsulfoxid oder Polyethylenglykol. Kürzlich wurde ein HBV-Infektions-Modell in primären Spitzmaus-Hepatozyten (Tupaia belangeri) etabliert, mit dem nun die frühe Phase der HBVInfektion untersucht werden kann. Humane HepG2-Hepatoblastomazellen produzieren infektiöses Virus nach transienter oder stabiler Transkription von klonierter HBV DNA. Intakte Viren können sich zwar über die PreS1-Domäne an diese Zellen anheften, aber für eine Infektion ist die Freilegung einer Fusionsdomäne des Oberflächenproteins durch einen proteolytischen Schritt erforderlich. Resistenz HBV kann im Blut in hohen Konzentrationen (>108 infektiöse Einheiten pro ml) vorkommen und ex vivo (konzentrationsabhängig) überleben. Gegenüber Umwelteinflüssen und Desinfektionsmitteln ist HBV relativ stabil, während es gegenüber Detergenzien und organischen Hepatitis B Virus Lösungsmitteln empfindlich ist. Eine weitgehende Inaktivierung des Virus bei 60°C erfolgt erst über zehn Stunden. Bei Temperaturen über 80 °C sind mindestens zehn Minuten zur Inaktivierung erforderlich. Immunantwort Die humorale Antikörperantwort gegen die viralen Hüllantigene führt zur Elimination zirkulierender Viruspartikel. Daneben werden die infizierten Zellen durch die zellulären Immunantworten gegen die Hüll-, Nukleokapsid- und Polymeraseantigene eliminiert. Entscheidend sind die Stärke und Multispezifität der MHC-Klasse I-restringierten T-Zell-Antworten auf das Virus, wobei die T-Zell-Aktivität mit der Ausprägung der Erkrankung sowie der Viruselimination positiv korreliert. CD8-positive aktivierte TZellen können zum einen über Zytokine die Virusreplikation hemmen und zum anderen über TNF-α oder Perforin-FasL die infizierte Zelle zerstören. Die HBV-spezifische zytotoxische T-Zell-Antwort persistiert lebenslang nach klinisch und serologisch durchgemachter Hepatitis B. Sie kann durch eine geringgradige persistierende Virämie aufrechterhalten werden. Bei chronisch infizierten Patienten ist die CTL-Antwort kaum oder nur unzureichend ausgeprägt. Wirtsbereich Das natürliche Wirtsspektrum des Virus umfasst nur den Menschen. Schimpansen und Gibbons können experimentell infiziert werden. Risikogruppen Medizinisches Personal, Empfänger von Blutprodukten, Hämodialysepatienten, immunsupprimierte Patienten und Transplantatempfänger, Drogenabhängige, Strafgefangene, Haushaltsmitglieder und enge Kontaktpersonen von hochvirämischen Virusträgern (in Kindergärten, Schulen, etc.), Personen mit promiskuidem Verhalten und Neugeborene von HBsAg-positiven Müttern. Epidemiologie Die Zahl der jährlichen Neuinfektionen wird weltweit auf 20 Millionen geschätzt, davon allein über 100.000 in Westeuropa. Mit etwa 10.000 gemeldeten Neuerkrankungen pro Jahr (wobei die wirkliche Zahl sicher darüber liegt) zählt die Hepatitis B auch in Deutschland zu den häufigsten Viruserkrankungen. Auch aufgrund des hohen Anteils inapparenter Verläufe muss man von einer wesentlich höheren Infektionsrate ausgehen. Die Anzahl der HBsAg-Träger wird weltweit auf 350 Millionen geschätzt. In tropischen und subtropischen Ländern Afrikas, Mittel- und Südamerikas sowie Süd- und Osteuropas sind bis zu 20% der Bevölkerung chronisch infiziert. Ca. eine Million Menschen sterben weltweit jährlich an den Folgen einer Hepatitis-B-Infektion. Die Genotypen A und D kommen hauptsächlich in Europa und den USA vor, die Genotypen B und C sind in Asien vorherrschend, Genotyp E findet man in West Afrika, Genotyp F ist in Südamerika am häufigsten anzutreffen und Genotyp G ist bisher in Frankreich und Georgien gefunden worden. In Deutschland sind 0,7% der Bevölkerung HBsAg-Träger (ca. 500.000). Hochvirämische Virusträger, insbesondere unerkannte, stellen eine permanente Infektionsquelle dar, und sorgen für die Weiterverbreitung der Hepatitis B in der Bevölkerung. Genetik NCBI-Nummer: 001707. Das HBV-Genom ist mit ca. 3.200 Nukleotiden Länge eines der kleinsten bekannten DNA-Genome animaler Viren. Bisher sind sieben Genotypen (A-G) bekannt, die eine Nukleotiddivergenz von mehr als 8% aufweisen. Im Unterschied zu den anderen Genotypen liegt beim Genotyp G eine 36-Nukleotid-Insertion im C-Gen vor. Das nichtkovalent zirkularisierte, partiell doppelsträngige DNAMolekül besteht aus einem linearen DNA-Minus-Strang von konstanter Länge mit einem am 5’-Ende kovalent gebundenem terminalen Protein. Der komplementäre DNA-Plus-Strang besitzt ein definiertes 5’-Ende, an das ein Oligoribonukleotid-Fragment gebunden ist, sowie ein variables 3’-Ende, wodurch das Genom einen einsträngigen Abschnitt unterschiedlicher Länge aufweist. Die Genomorganisation ist sehr kompakt: Das Genom besteht aus den kodierenden Leserahmen der S-, C-, P- und X-Gene, die sich in allen Leserastern auf dem DNA-MinusStrang extensiv überlappen. Durch die Verwendung unterschiedlicher Startkodone innerhalb eines kodierenden Leserahmens werden bei der Translation des S- und C-Gens aminoterminal unterschiedlich lange, aber am Carboxylende koterminale Proteine erhalten. 313 H Hepatitis B Virus Prävention Zur Primärprävention wird eine Impfung mit rekombinantem, heterolog exprimierten HBsAg (Engerix B und Gen-HB-Vax) eingesetzt. Die Grundimmunisierung erfolgt in der Regel durch dreifache Gabe der Vakzine in dem Zeitintervall von einem Monat zwischen den ersten beiden und sechs bis zwölf Monaten zwischen der zweiten und dritten Impfung. Der anti-HBsTiter sechs Wochen nach erfolgter Grundimmunisierung gestattet Aussagen über den Impferfolg. Mehr als 100 IE/l bedeutet guter Immunstatus. Mit den genannten HBsAg-Impfstoffen wird bei 90% der immunkompetenten Personen eine schützende Immunität erzielt, deren Dauer mit der Höhe der anti-HBs-Antwort nach beendeter Immunisierung korreliert. Non-Respondern und Hypo-Respondern wird eine erneute Impfung empfohlen. Eine Auffrischungsimpfung sollte erfolgen, wenn der anti-HBs-Titer unter 50 IE/l gesunken ist. Bei einem anti-HBs-Titer von mehr als 100 IE/l nach der Immunisierung sollte erst nach zehn Jahren eine Boosterung erfolgen. Patienten mit Immundefekten sowie fünf bis zehn Prozent der gesunden Personen zeigen eine schlechte oder gar keine Antwort. Derzeit durchgeführte klinischen Studien haben gezeigt, dass der trivalente Impfstoff mit PräS1PräS2- und S-Protein immunogener ist und bei den Impfversagern des herkömmlichen Impfstoffes zu einer Immunität führt. Zur Postexpositionsprophylaxe wird eine Simultanimpfung mit Hepatitis-B-spezifischen Immunglobulinen und dem aktiven Impfstoff eingesetzt, die bei perinatalem Übertragungsrisiko bis zu 95% der HBV-Infektionen verhindern kann. Die Sekundärprophylaxe besteht aus der Identifizierung derjenigen Patienten mit chronischer Hepatitis, die von einer Therapie profitieren würden und bei denen somit die Komplikationen der HBV-Infektion verhindert werden können. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Seit 1995 empfiehlt die Ständige Impfkommisson (STIKO) die generelle Hepatitis-B-Immunisierung von Säuglingen, Kindern und Jugendlichen. Zuzüglich sind Risikopersonen (unter anderen Patienten mit nicht HBV-assoziierten 314 chronischen Lebererkrankungen, Patienten in psychiatrischen Einrichtungen, Dialysepatienten, Prostituierte, Reisende in Endemiegebiete) zu impfen. Zur Verhinderung von perinataler Übertragung gehört das HBsAg-Screening von Schwangeren. Bei möglicher akzidenteller oder perinataler Übertragung sollte eine Postexpositionsprophylaxe durchgeführt werden. Neben der Immunprophylaxe sind Maßnahmen zur Verhinderung von Neuinfektionen äußerst wichtig. Dazu gehört das Blutspenderscreening auf HBsAg und anti-HBc, die kontinuierliche arbeitsmedizinische Überwachung von medizinischem Personal (HBV-Serostatus, Impfung) inklusive deren Unterweisung in adäquater Arbeitsweise (z.B. Schutzhandschuhe, Einmalspritzen, Desinfektion von medizinischen Geräten) und die Information der Bevölkerung und insbesondere der Risikopersonen (Kondombenutzung, Gefahren des „needle sharings“). Die Aufklärung von Virusträgern und die Immunisierung ihrer Kontaktpersonen kann Neuinfektionen verhindern. Weiterhin ist die Überwachung von Infektketten durch Virustypisierung wichtig. Meldepflicht Der Verdacht auf eine Hepatitis-B-Infektion, Erkrankung und Tod sind an das Gesundheitsamt zu melden. Darüber hinaus muss auch der Infektionsnachweis durch das Labor gemeldet werden, sofern nicht schon eine chronische Infektion bekannt war (§§ 6 und 7 des IfSG). In einigen Ländern muss zusätzlich jeder Carrierstatus gemeldet werden, wenn er in der diagnostischen Einrichtung erstmalig festgestellt wird. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Konsiliarlaboratorium Institut für Medizinische Virologie der Universität Gießen, Frankfurter Str. 107, 35392 Gießen, Telefon: 0641 9941200 Expertenlaboratorium Institut für Med. Mikrobiologie und Hygiene der Universität Regensburg, Franz-JosefStrauß-Allee 11, 93042 Regensburg, Telefon: 0941 944 6408 Hepatitis C Virus Web-Adressen Centers for Disease Control and Prevention: http://www.cdc.gov/ncidod/diseases/ hepatitis/b Hepatitis B Foundation: http://www.hepb.org Robert-Koch-Institut: http://www.rki.de/ INFEKT/RATGEBER/RAT/HTM Grund wurde HCV 1999 als ein eigenständiges Genus (Hepaciviren) in die Familie Flaviviridae eingeordnet. Interessanterweise gibt es auch eine ferne genetische Verwandtschaft von HCV zu pflanzenpathogenen Erregern (Potyviren, Carmoviren). Historie Schlüsselliteratur 1. Ganem, D.: Hepadnaviridae and their replication. In: Fields, B.N. et al. (eds): Fundamental Virology. LippincottRaven Publishers, Philadelphia, 1199–1234 (1996) 2. Chisari, F.V., Ferrari, C.: Hepatitis B virus immunopathogenesis. Annu. Rev. Immunol. 13, 29–60 (1995) 3. Kann, M., Gerlich, W.H.: Hepatitis B. In: Collier, L. et al. (eds.) Topley & Wilson´s Microbiology and Microbial Infection, 9th ed. Vol 1. Arnold, London, 745–773 (1998) 4. Gerlich, W.H., Thomson, R.: Structure, replication and laboratory diagnosis of hepatitis B virus. In: Bircher et al. (eds.) Oxford Textbook of Clinical Hepatology 2nd Vol 1. Oxford Medical Publications, Oxford, 828–870 (1998) 5. Tidona, C.A., Darai, G. (Eds.) (2001), The Springer Index of Viruses, Springer Berlin, Heidelberg, New York, Tokio Nachdem klar wurde, dass mindestens ein Erreger von infektiösen Non-A-Non-B-Hepatitiden existieren müsste, wurden aus Plasma eines infizierten Schimpansen cDNA-Expressionsbanken hergestellt. Ihre Testung mit dem Serum eines Patienten mit einer chronischen Non-ANon-B-Hepatitis führte 1989 zum Auffinden des ersten HCV-spezifischen Klons 5-1-1, der wiederum zur Identifizierung eines größeren Genabschnitts diente und mit Hilfe spezieller molekularer „Walking“-Techniken schließlich zur Definition des kompletten Virusgenoms führte. Erkrankungen/Symptome Hepatitis C Virus Erregerbezeichnung Hepatitis C Virus (HCV) Synonym Humanes Hepatitis C Virus, Post-Transfusionshepatitis Non-A-Non-B-Virus Morphologie Das Virion wurde bisher nicht zufriedenstellend elektronenmikroskopisch dargestellt. Das 40–60 nm große Virus mit einem sphärischen Nukleokapsid (circa 30 nm) enthält in seiner lipidhaltigen Hülle zwei viruscodierte Proteine, E1 und E2. Neben dem Virus kommen im Serum nackte Nukleokapside vor. Taxonomie Aufgrund von Ähnlichkeiten mit den Flavi- und Pestiviren wie Genomorganisation, Replikationsmechanismus und Prozessierung des Polyproteins wurde HCV der Familie Flaviviridae zugeordnet. Im Unterschied zu den humanen Flaviviren (Gelbfiebervirus, FSME-Virus) und den animalen Pestiviren wird HCV nicht durch Arthropoden übertragen und führt im hohen Maße zu chronischen Verläufen. Aus diesem Bei zirka 75% der Infizierten verläuft die akute Infektion symptomarm oder klinisch inapparent. Ikterus, Abgeschlagenheit und Übelkeit gehören zu den am häufigsten beschriebenen Symptomen. Die Transaminasen sind im Gegensatz zur akuten Hepatitis A oder B nur mäßig erhöht. Fulminante Verläufe sind sehr selten. Abhängig von viralen (Genotyp, Infektionsdosis, Replikationsrate) und wirtsspezifischen (Alter, Immunstatus, HLA-Typen) Faktoren entwickelt sich bei 50 bis 70% der Infizierten eine chronische Hepatitis. Die Analyse der Quasispezies (HVR1 von E2) kann dabei als prognostischer Marker für die Entwicklung einer chronischen Hepatitis C dienen. In der Regel verläuft die chronische HCV-Infektion in rezidivierenden Schüben, wobei viele Patienten über Müdigkeit, Leistungsabfall und unspezifische Oberbauchbeschwerden klagen. Typisch sind fluktuierende Transaminasenerhöhungen. In den symptomfreien Intervallen kann es sowohl klinisch als auch laborchemisch schwierig sein, die chronische Hepatitis von einer ausgeheilten Form zu unterscheiden. Abhängig vom Fibrosegrad in der Leber kommt es bei circa 20% der Patienten nach einem jahrzehntelangen, oft asymptomatischen Verlauf zur Bildung einer Leberzirrhose. Auf dem Boden der Leberzirrhose kann sich ein hepatozelluläres Karzinom entwickeln (insbesondere bei Infektion mit dem 315 H Hepatitis C Virus Genotyp 1b). Zu den Faktoren, die den Krankheitsverlauf beschleunigen können, gehören männliches Geschlecht, höheres Infektionsalter, Alkoholgenuss und Koinfektionen insbesondere mit HIV. Der Grad der Leberfibrose dient als ein prognostischer Marker für den Ausgang der chronischen Hepatitis. Eine spontane Viruselimination und Ausheilung tritt bei Patienten mit chronischer Hepatitis C äußerst selten auf (0,04% pro Jahr). Hepatitis-C-Infektionen können auch mit extrahepatischen Manifestationen verbunden sein, die entweder autoimmunen oder lymphoproliferativen Phänomenen zuzuordnen sind. HCV-Infektionen sind Hauptursache für gemischte Kryoglobulinämien (Typ II), die mit membranoproliferativer Glomerulonephritis, Polyarthritis oder Abgeschlagenheit - meist auf dem Boden einer Vaskulitis - einhergehen. Offensichtlich besteht auch eine Beziehung zur Entwicklung von Autoimmunhepatitiden sowie Porphyria cutanea tarda, Lichen planus und Periarteriitis nodosa. Die akute Hepatitis C kann mit transienter aplastischer Anämie und Agranulozytose assoziiert sein. Die Letalität der HCV-Erkrankung ist gering. Die extrahepatischen Manifestationen, die die Lebensqualität einschränken, spielen eine übergeordnete Rolle. Bei Lebertransplantierten ist die HCV-Infektion die zweithäufigste Ursache nach (HCMV-Infektionen) einer Posttransplantationshepatitis. Etwa 90% der Patienten, die wegen eines HCVbedingten fulminanten Leberversagens oder einer Leberzirrhose transplantiert werden, entwickeln kurz nach Transplantation eine HCVReinfektion, die bei circa 80% einen milden Verlauf aufweist. Die mittelfristige Überlebensrate nach Lebertransplantation scheint nicht durch eine HCV-Reinfektion beeinträchtigt zu sein. Differenzialdiagnose Das klinische Bild einer Hepatitis kann durch Infektionen mit verschiedenen Viren (inklusive EBV und CMV), Leptospiren oder Rickettsien hervorgerufen werden. Neben Infektionen sind toxische, medikamentöse und alkoholische Ursachen für eine Hepatitis in Betracht zu ziehen. Eine Vielzahl von anderen Infektionserkrankungen kann mit einer Leberbeteiligung einhergehen. Die chronische Hepatitis C muss von der 316 chronischen Hepatitis B, von der alkoholischen Hepatitis, von chronischen Cholangitiden, M. Wilson und der Hämochromatose abgegrenzt werden. Neben serologischen und molekularbiologischen Untersuchungen ist für die endgültige Diagnose eine Leberbiopsie unumgänglich. Labordiagnostik Direkter Nachweis von Viruskomponenten. Der Nachweis von HCV-RNA (Virämie) kann in Serum/EDTA-Blut oder im Leberbioptat erfolgen. Klinisch werden zum Screening qualitative Teste (RT-PCR, Transcription-Mediated Amplification [TMA], NASBA [Nucleic Acid Sequence Based Amplification]) eingesetzt. Für Verlaufskontrollen kommen quantitative Verfahren zur Anwendung (kompetitive RT-PCR und spezielle Hybridisierungen [„branched“DNA-Technologie]). Diese stehen als kommerzielle Kits zur Verfügung. Der HCV-RNA Nachweis ist unter anderem indiziert bei Verdacht auf eine akute Hepatitis C bei Seronegativität, bei Verdacht auf eine perinatale Infektion, zur Beurteilung der Infektiosität von asymptomatischen anti-HCV-Trägern, zur Indikationsstellung und Verlaufskontrolle der antiviralen Therapie, zur Bestimmung des Genotyps und für epidemiologische Untersuchungen. Die Bestimmung des HCV-Genotyps/Subtyps ist über die RT-PCR mittels typspezifischer Primer, Hybridisierung mit spezifische Gensonden, Bestimmung des Restriktionsfragmentlängenpolymorphismus oder über die Verwendung Typ-spezifischer Antikörper möglich. Seit kurzem ist der quantitative Nachweis von HCV-Core-Antigen aus Serum / Plasma mittels ELISA möglich, wobei die Kits der neuesten Generation eine ähnliche Sensitivität wie die RNANachweisverfahren haben sollen und als diagnostische Marker für die Antikörper-negative Frühphase und für das Therapiemonitoring eingesetzt werden können. Kommerziell sind diese Tests allerdings noch nicht erhältlich. Indirekter Virusnachweis. Nachweis von virusspezifischen Antikörpern aus dem Serum gegen das Coreprotein und verschiedene Nichtstrukturproteine aus dem NS3-, NS4-, und NS5-Bereich mit ELISA bzw. Immunoblot zur Bestätigung positiver und „indeterminate“ ELISA-Ergebnisse. Der Antikörpernachweis gestattet we- Hepatitis C Virus der Aussagen über einen akut limitierten Verlauf bzw. Immunität noch über das Vorliegen eines chronischen Verlaufs. Bei ca. 90% der Patienten mit akuter Hepatitis C sind HCV-Antikörper im Transaminasengipfel nachweisbar. Bei immunsupprimierten Patienten fehlt jedoch häufig in der akuten Phase die Antikörperantwort, so dass der Nachweis der HCV-Infektion nur über die PCR erfolgen kann. Chemische Laboruntersuchungen. Die Bestimmung der Transaminasen oder der Bilirubinkonzentration erlaubt allein keine Diagnose einer HCV-Infektion, ist aber nützlich für das Verfolgen des Krankheitsverlaufes. Pathologie und Histopathologie. Die histologischen Befunde bei der akuten und chronischen Hepatitis C unterscheiden sich nicht von denen bei anderen Virushepatitiden: Bei akuten Hepatitiden treten hepatozelluläre Nekrosen mit Entzündungszellen (Makrophagen, Lymphozyten) im Leberparenchym und in der portalen Region auf. Die schwere chronische Hepatitis C ist histologisch durch inflammatorische Destruktion und progressive Fibrose gekennzeichnet. Verschiedene Scoring Systeme (Knodell-Score, Ishak-Score oder METAVIR-Score) erfassen sowohl die Aktivität als auch das Stadium einer chronischen Hepatitis. Bei der chronischen Hepatitis C bilden sich typischerweise lymphoplasmazelluläre Infiltrate in den Portalfeldern. Bei circa 50% der Fälle findet sich im Portalfeld ein Lymphfollikel, welches einen regressiv veränderten Gallengang einschließt. Daneben treten wie bei anderen chronischen Virushepatitiden auch Nekrosen (Mottenfraßnekrosen, intralobuläre Nekrosen), Leberparenchymverfettung und Fibrose auf. Im Cytoplasma infizierter Leberzellen können durch Immunstaining HCV-Antigen und durch in situ-Hybridisierung oder PCR Virusnukleinsäure nachgewiesen werden. Therapie Angesichts der hohen Chronifizierungsrate der Hepatitis C kann bereits eine Therapie der akuten Infektion von Nutzen sein. Nach einer jüngsten klinischen Studie führt eine hochdosierte Therapie mit Interferon alpha-2b (5 Mio. Einheiten s.c. pro Tag für vier Wochen, anschließend 5 Mio. Einheiten s.c. dreimal pro Woche für 20 Wochen) bei 98% der Patienten zu einem akut limitierten Verlauf mit anhaltender Viruselimination. Bei Patienten mit einer chronischen Hepatitis C, dauerhaft erhöhten Transaminasen und Leberfibrose ist eine medikamentöse Therapie indiziert. Bei den übrigen Betroffenen muss individuell über eine mögliche Behandlung entschieden werden. Gemäß der „EASL International Consensus Conference on Hepatits C“ von 1999 wird als Primärtherapie bei chronischer Hepatitis C eine Kombinationsbehandlung von AlphaInterferon (IFN-α, 3–6 Mio. Einheiten subkutan 3-mal/Woche) und Ribavirin (Rebetol®, wirkt wahrscheinlich als Immunmodulator) über sechs Monate für die Genotypen 2 und 3 empfohlen. Bei Genotyp 1-Infektionen sollte die Therapie je nach Viruslast über einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten erfolgen. Bei Kontraindikation von Ribavirin kann aber auch eine Monotherapie mit α-IFN durchgeführt werden. Die Erfolgsrate der Behandlung hängt von verschiedenen Faktoren, wie Alter, Geschlecht, Genotyp, Viruslast und Fibrosegrad ab. Wenn nach drei Monaten Therapie noch eine Virämie vorliegt, wird ein Therapieabbruch empfohlen. Nach Beendigung der Therapie kann es zu Rückfällen mit hoher Virusreplikation kommen. Neuere Studien haben gezeigt, dass pegyliertes IFN-α-2b (1,5µg/kg subkutan einmal wöchentlich) in Kombination mit Ribavirin (800 mg täglich per os) über 48 Wochen im Vergleich zur herkömmlichen Kombinationstherapie insbesondere bei Infektionen mit dem prognostisch ungünstigen Genotyp 1b zu einer deutlich besseren Responserate führt. Die Langzeitremission lag in dieser Studie insgesamt bei 54%, bzw. für Genotyp 1b-Infektionen bei 42%. Pegyliertes Interferon ist in Deutschland seit März 2001 zugelassen. Im Schimpansenmodell führte eine therapeutische Impfung mit rekombinantem E1-Protein zur Verbesserung der Leberhistologie bei chronischen Infektionen. Bei lebensbedrohlicher Leberzirrhose bleibt die Lebertransplantation als ultima ratio. Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Die Pathogenese der Hepatitis-C-Infektion beruht am ehesten auf immunvermittelten Prozessen, die sich durch Aktivität von zytotoxi317 H Hepatitis C Virus schen T-Lymphozyten (CTLs) und lokale Zytokinproduktion von CD4-positiven T-Zellen und CTLs äußern. Aus klinischen Beobachtungen ist bekannt, dass immunologisch unreife oder immunsupprimierte Personen einen leichteren Krankheitsverlauf aufweisen als immunkompetente. Es ist aber auch möglich, dass bestimmte HCV-Varianten einen direkten zytopathischen Effekt ausüben oder aber eine veränderte Immunantwort induzieren. Funktionelle Analysen haben gezeigt, dass das Hepatitis-C-Coreprotein mit vielen zellulären Proteinen interagiert, Einfluss auf den programmierten Zelltod hat, die Immunantwort unterdrücken und somit die Pathogenese der HCV-Infektion beeinflussen kann. Der Genotyp 1a kann fulminante HCV-Infektionen hervorrufen. Bei der HCV-Infektion liegen im Serum der Patienten, bedingt durch die fehlende „proof reading“ Funktion der RNA-Polymerase, eng verwandte Virusmutanten (Quasispezies) vor. Das Oberflächenprotein E2 hat zwei hypervariable Regionen, die eine hohe Mutationsrate aufweisen. Die Varianten kommen am ehesten durch Selektionsdruck der humoralen Immunantwort zustande. Transmission Die Übertragung von HCV erfolgt parenteral hauptsächlich durch Blut und Blutprodukte. Vor Beginn der Screeninguntersuchungen auf anti-HCV-Antikörper 1990 waren 90% der Posttransfusionshepatitiden durch HCV-Infektionen bedingt. Durch die Einführung eines HCV-Screenings für alle Blutspenden mittels PCR ab 1.4.1999 ist in Deutschland das Risiko einer transfusionsbedingten Hepatitis C auf ca. 1:200.000 gesunken. Auch die mit Transplantationen übertragenen HCV-Infektionen sind deutlich gesenkt worden. Die Virustransmission durch Intimkontakt oder vertikal von der Mutter zum Kind spielt eine weit geringere Rolle. Auch das Infektionsrisiko bei Nadelstichverletzungen ist aufgrund des niedrigen Virustiters im Blut (bis 107 Genomäquivalente pro ml) geringer als im Falle von HBV und wird mit ca. 1,8% (0–7%) angegeben. Das Risiko einer vertikalen Übertragung erhöht sich bei Vorliegen einer Koinfektion mit HIV. HCV kann auch perkutan innerhalb von Familien oder zwischen Sexualpartnern übertragen werden. Gegenwärtig erfolgt die Übertragung von HCV in Deutschland überwiegend durch i.v.-Drogen318 konsum. Bei einem Teil der HCV-Infektionen bleibt die Infektionsquelle und der Übertragungsweg unklar. Wahrscheinlich spielen hier auch nosokomiale Infektionen eine Rolle. Vermehrung und Inkubationszeit Im Allgemeinen entwickelt sich im Durchschnitt sieben bis acht Wochen nach HCV-Exposition die klinische Symptomatik, obgleich schon nach ca. ein bis zwei Wochen HCV-RNA im Serum nachweisbar ist. Die Replikation findet hauptsächlich in Hepatozyten statt, aber auch extrahepatische Zellen (insbesondere monozytäre Leukozyten) erlauben eine Virusreplikation. Die Virusaufnahme ist rezeptorvermittelt, wobei unter anderem CD 81 als möglicher Rezeptor diskutiert wird. Das Ausmaß der viralen Proteinsynthese wird durch positive und negative Translationskontrollelemente in der 5’Nichtkodierenden Region der viralen mRNA kontrolliert. Bei der Translation entsteht ein Polyprotein von etwa 3000 Aminosäuren Länge, das mit Hilfe zellulärer und viraler NS2-und NS3-Proteasen in folgende Proteine zerlegt wird (vom N-Terminus zum C-Terminus): Coreprotein, E1- und E2-Hüllprotein sowie die Nichtstrukturproteine NS2, NS3, NS4A/B und NS5A/ B. Das Protein NS3 besitzt Protease- und Helikase-Funktionen und NS5B ist eine RNA-abhängige-RNA-Polymerase. Nach Translation bilden HCV-RNA und die Nichtstrukturproteine im Zytoplasma wahrscheinlich einen so genannten Ribonukleoproteinkomplex, in dem die Virusreplikation stattfindet. Es ist noch unklar, wie die Virusassemblierung erfolgt. HCV hat eine hohe Affinität zu Lipoproteinen und Immunglobulinen. Wenngleich eine Anzucht von HCV in der Zellkultur bisher nicht möglich ist, lässt sich durch bestimmte Schritte die Virusreplikation auch in vitro nachvollziehen. Zellkulturen von humanen T- (Molt-4 und H9) und BZellen (Daudi) wie auch von primären humanen Hepatozyten oder primären SchimpansenHepatozyten unterstützen eine produktive HCV-Infektion. Erst kürzlich konnte ein effizientes Zellkultursystem basierend auf HCV Minigenomen (Replikons) implementiert werden. Resistenz HCV kann durch Inkubation mit lipidlösenden Detergentien inaktiviert werden. In wässrigen Medien wird das Virus durch Hitze (60°C für Hepatitis C Virus zehn Stunden, 100°C für zwei Minuten) inaktiviert. Es ist auch empfindlich gegen Frieren und Tauen sowie Aufbewahrung bei Raumtemperatur. Immunantwort Bei der HCV-Infektion bilden sich Antikörper gegen Struktur- und Nichtstrukturproteine. Gegen die hypervariable Region 1 (HVR1) von E2 sind neutralisierende Antikörper gerichtet. In der HVR-1 Region entstehen Fluchtvarianten gegenüber den neutralisierenden Antikörpern, was zur Chronifizierung beitragen kann. Bei Patienten mit akut-selbstlimitiertem Verlauf kommt es zu einer starken multispezifischen zellulären Immunantwort. Dabei spielt insbesondere das NS3-Protein, das häufig zu einer Aktivierung von CD4-positiven T-Zellen mit Th1- oder Th0-Zytokinmuster führt, für die erfolgreiche Viruselimination eine entscheidende Rolle. Bei chronisch infizierten Patienten können HCV-spezifische CTLs mit einem Defekt in der antiviralen Zytokinantwort (TNF-α, ΙFΝ−γ) nachgewiesen werden, wie kürzlich in vitro gezeigt wurde. CTL-Epitope wurden auf allen HCV-Proteinen kartiert. HCV-spezifische CD4positive T-Zellen können im Gegensatz zu HCV-spezifischen Antikörpern und CD8-positiven T-Zellen noch Jahrzehnte nach akut limitierter HCV-Infektion nachgewiesen werden und stellen somit einen Marker für eine durchgemachte, bereits seronegative Hepatitis C dar. Wirtsbereich Der Mensch ist der einzige bekannte natürliche Wirt. Schimpansen lassen sich experimentell infizieren. Risikogruppen Intravenös Drogenabhängige, Hämophiliepatienten und Empfänger von Blut und Blutprodukten, Dialysepatienten, Transplantatempfänger, Personen mit häufig wechselnden Sexualpartnern Epidemiologie Ungefähr 3% (circa 170 Millionen) der Bevölkerung weltweit ist mit HCV chronisch infiziert; in Deutschland sind es zurzeit ca. 500.000 Personen. Die durchschnittlichen Antikörperprävalenzen variieren zwischen ungefähr 0,4% in Deutschland und 5,3% in Afrika. Die Prävalenz steigt jeweils mit dem Alter der untersuchten Gruppe an. Die Genotypen 1–3 kommen weltweit vor, die Genotypen 4 und 5 findet man hauptsächlich im vorderen Orient und in Afrika und Genotyp 6 in Asien. Der Subtyp 1b kommt weltweit am häufigsten vor und ist zurzeit in Deutschland für ungefähr die Hälfte aller Infektionen verantwortlich. Bei den unter 20-Jährigen dominiert mittlerweile der Subtyp 1a mit etwa 60% Anteil unter den HCV-Infizierten, während bei den über 50-Jährigen der Subtyp 1b am häufigsten auftritt. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts treten in Deutschland jährlich ca. 5000 Neuinfektionen von Hepatitis C auf. Hohe Antikörperprävalenzen finden sich bei Angehörigen von Risikogruppen. Insbesondere die Durchseuchung von i.v.-Drogensüchtigen scheint weiter zuzunehmen und kann in Kollektiven mit mehrjährigem Drogengebrauch bei über 80% liegen. Bei den Drogenabhängigen wird häufig der Subtyp 3a nachgewiesen. Die HCV-Ausbreitung in Entwicklungsländern ist wenig verstanden. Möglicherweise geschieht sie hier durch Mehrfachbenutzung kontaminierter medizinischer Instrumente oder durch Gegenstände für rituelle Handlungen. Circa ein Fünftel aller neu auftretenden hepatozellulären Karzinome werden auf eine HCV-Infektion zurückgeführt. Genetik NCBI-Nummer: NC001433. Das virale Genom ist eine einzelsträngige lineare RNA mit PositivOrientierung. Die Replikation erfolgt durch die virale Replikase (NS5b-Polymerase) ohne Korrekturmöglichkeit für Basen-Misspaarungen. Die hohe Mutationsrate bedingt eine große genetische Diversität des Virus. Die Verteilung der Mutationen im HCV-Genom ist nicht gleichförmig, sondern es werden konservierte von den variablen und hypervariablen Regionen (im E2-Bereich) unterschieden. Nach gegenwärtigen Kenntnissen wird HCV in sechs Genotypen mit mehr als 100 Subtypen unterteilt. Diese Einteilung basiert auf dem Grad der Sequenzdivergenz (Genotypen mehr als 28%, Subtypen zwischen 14 und 25% und Isolate 12% Nukleotiddivergenz). Prävention Die Primärprävention besteht zurzeit in der Expositionsprophylaxe, hauptsächlich über die 319 H Hepatitis D Virus Kontrolle und Virusinaktivierung von transfundiertem Blut und Blutprodukten (inklusive PCR-Screening) und über die Aufklärung von Risikogruppen, insbesondere von i. v. Drogenabhängigen. Im Rahmen der Sekundärprophylaxe sollten HCV-infizierte Patienten identifiziert werden, die einer (medikamentösen) Intervention zugänglich sind, um so die Komplikationen Leberzirrhose und HCC zu vermeiden. Dazu zählt auch die engmaschige Kontrolle nach Nadelstichverletzungen. Eine aktive oder passive Immunisierung existiert noch nicht. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Zum einen ist es notwendig, auf globaler Ebene Screening von Blut und Blutprodukten inklusive Standardisierung bei der Auswahl von Spendern, Einhaltung von „Good Laboratory Practice“, technischer Unterstützung und Qualifizierung von Personal durchzusetzen. Zum anderen müssen Beschäftigte im Gesundheitswesen (inklusive traditioneller Medizin) über den Übertragungsweg von HCV informiert werden, so dass angemessen Injektionstechniken, Hygieneregeln, Schutzmaßnahmen (z.B. das Tragen von Handschuhen), Sterilisation und Desinfektion beziehungsweise Verwendung von „Einmalmaterialien“ angewendet werden. Darüber hinaus sind Infektketten zu verfolgen und Infektionsquellen zu identifizieren. Bei medizinischem Personal ist die kontinuierliche Überprüfung des HCV-Serostatus erforderlich. Bei anti-HCV-positivem Personal sollte eine HCV-RNA-Bestimmung mindestens einmal im Abstand von zwei bis drei Monaten durchgeführt werden. Die Entwicklung eines Impfstoffes ist durch die hohe Genomvariabilität erschwert. Neben Impfversuchen mit E2-Protein werden andere Strategien zur Impfstoffentwicklung verfolgt, zu denen DNA-Vakzine, virusähnliche Partikel oder rekombinante virale Vektoren gehören. ist darüber hinaus jeder anti-HCV-Träger nach Länderverordnung meldepflichtig. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Nationales Referenzzentrum Institut für Virologie der Universität Essen, Hufelandstr. 55, 45147 Essen, Telefon: 0221 723 25550 Expertenlaboratorien ◗ Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Universität Regensburg, FranzJosef-Strauß-Allee 11, 93042 Regensburg, Telefon: 0941 944 6401 ◗ Institut für Virologie, Universitätsklinikum Charité, Humboldt-Universität, Schumannstr. 20/21, 10117 Berlin, Telefon: 030 450 525141 ◗ Institut für Med. Mikrobiologie und Immunologie des Universitätsklinikums, Martinistr. 52, 20251 Hamburg, Telefon: 040 4717 2150 ◗ Robert-Koch-Institut, Nordufer 20, 13353 Berlin, Telefon: 01888 754 2379 Web-Adressen Centers for Disease Control and Prevention: http://www.cdc.gov/ncidod/diseases/ hepatitis/c/ Robert-Koch Institut: http://www.rki.de Medscape: http://id.medscape.com/Medscape/ features/ResourceCenter/HepC/public/ RC-index-HepC.html Schlüsselliteratur 1. Liang, T.J., Hoofnagle, J.H. (Eds): Hepatitis C. In: Gallin, J.I. and Fauci, A.S. (Eds). Biomedical Research Reports. Academic Press, San Diego (2000) 2. Zeuzem, S.: Chronische Virushepatitiden – Biologie, Diagnostik und Therapie. UNI-MED Verlag, Bremen (2000) 3. Fields, B.N. et al. (Ed.): Virology 3rd edition. LippincottRaven, Philadelphia (1996) 4. Tidona, C.A., Darai, G. (Eds.) (2001), The Springer Index of Viruses, Springer Berlin, Heidelberg, New York, Tokio Meldepflicht Nach Infektionsschutzgesetz (IfSG §§ 6 und 7) müssen akute Hepatitis-C-Infektionen oder der Nachweis einer HCV-Infektion, soweit nicht schon eine chronische HCV-Infektion bekannt ist, gemeldet werden. In einigen Bundesländern 320 Hepatitis D Virus Erregerbezeichnung Hepatitis D Virus Hepatitis D Virus Synonym Erkrankungen/Symptome Hepatitis Delta Virus, Hepatitis Delta Virus HDV Die HDV-Infektion des Patienten ist von einer bestehenden oder simultanen Infektion mit dem HBV abhängig. Sie kann akut oder chronisch verlaufen. Die ersten Symptome sind durch unspezifische Prodromi wie Müdigkeit, Anorexie und Übelkeit gekennzeichnet. Es schließt sich die eigentliche Hepatitis an, die mit Ikterus und Transaminasen-Anstiegen einhergehen kann. Morphologie HDV ist ein sphärisches, umhülltes Minusstrang-RNA-Virus mit einem Durchmesser von ca. 36 nm. HDV kodiert für ein einziges Protein (HD-Protein, HDAg), welches als kleines (S, ca. 24 kDa) und großes (L, ca. 27 kD) Protein vorkommt. Beide Formen bilden mit der circa 1,7 kb großen genomischen RNA einen Ribonukleoproteinkomplex mit einer sphärischen, core-ähnlichen Struktur (ca. 19 nm Durchmesser). Die Virushülle besteht zu 95% aus dem kleinen HBs-Antigen (ein Protein der Hülle des Hepatitis B Virus [HBV]). Taxonomie HDV verfügt über das kleinste Genom der bisher bekannten animalen Viren und besitzt hinsichtlich seiner Genomstruktur und Genexpression bestimmte Gemeinsamkeiten mit in Pflanzen oder Tieren vorkommenden subviralen Agenzien (Viroide, Satellitenviren). HDV ist ein defektes RNA-Virus, das für die Infektion von Zellen die Hülle des HBV oder anderer Hepadnaviren besitzen muss. Das International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV) hat für die Einordnung von HDV das Genus Deltavirus kreiert, das den Einzelstrang-RNA-Satelliten zugeordnet ist. Historie 1973 wurde vom Turiner Gastroenterologen Mario Rizetto ein neues Antigen (Delta) in den Kernen der Hepatozyten von Patienten mit besonders schweren Hepatitis-B-Verläufen nachgewiesen. Zunächst wurde das Antigen für eine neue Variante des Hepatitis B-core-Proteins gehalten. Durch Infektionsexperimente an HBVinfizierten Schimpansen Anfang der 80er Jahre konnte es jedoch als das Nukleokapsid-Protein (HD-Protein) eines neuen menschlichen Hepatitiserregers, des Hepatitis Delta Virus (HDV), identifiziert werden. Die Klonierung und Sequenzierung des HDV-Genoms im Jahre 1986 zeigte seine strukturelle Ähnlichkeit mit pflanzenpathogenen Viroiden. Simultaninfektion von HDV und HBV. In der Regel tritt eine akute Hepatitis auf, die im Vergleich zur akuten Hepatitis B klinisch schwerer verlaufen kann. Der typische biphasische Transaminasen-Verlauf ist Ausdruck des Leberschadens durch die beiden Viren bzw. deren ausgelöste Immunantwort. Die klinischen Zeichen und Symptome sind in der Regel innerhalb von drei bis zwölf Wochen rückläufig und enden mit dem Verschwinden beider Viren (auch IgMund IgG-anti-HDV gehen üblicherweise innerhalb einiger Monate verloren) sowie der Serokonversion zu anti-HBs. In circa 5% der Fälle erfolgt jedoch ein Übergang in den chronischen Krankheitsverlauf. Die Simultaninfektion kann zu subfulminanten und fulminanten Hepatitiden (insbesondere bei Drogensüchtigen) führen. Fulminante Verläufe treten aber wesentlich seltener als bei der Superinfektion auf. Superinfektion eines HBsAg-Trägers. Die HDV-Superinfektion bei chronischen HBVTrägern führt häufig zu schweren Verläufen der Hepatitis, die in 70–90% der Fälle zur chronischen Hepatitis D fortschreiten. In der Regel verläuft diese aggressiver als die chronische Hepatitis B ohne HDV. Ursache hierfür ist die bereits etablierte HBV-Infektion, die dem HDV durch Bereitstellung der Virushülle die Verbreitung in der Leber und damit eine hohe Replikation ermöglicht. Je mehr Helfervirus vorhanden ist, um so schwerer scheint die Superinfektion zu verlaufen. In mehr als 30% der Fälle kann es zu fulminanten Verläufen mit hoher Letalität kommen. Longitudinale Studien haben ergeben, dass eine HDV-Superinfektion schneller zu einer Leberzirrhose führt als chronische Hepatitis B. Darüber hinaus gibt es Hinweise darauf, dass bei einer HDV-Superinfektion zum Zeitpunkt einer kompensierten Leberzirrhose (Child-Pugh A) das Risiko für ein Leberzellkar321 H Hepatitis D Virus zinom verdreifacht und die Mortalität verdoppelt sind. Neben schweren Verläufen gibt es in seltenen Fällen auch asymptomatische Verlaufsformen der chronischen HDV-Superinfektion. Eine spontane Ausheilung der Superinfektion wird vor allem bei Infektion asymptomatischer HBsAg-Träger beobachtet. HBV-Superinfektion einer klinisch latenten HDV-Infektion (selten). Bei Patienten mit HDV-Infektion-bedingter Lebertransplantation kann es nach der Transplantation zu einer HDV-Reinfektion kommen, bei der trotz HDVReplikation keine begleitenden Leberschäden gesehen werden. Zur Lebererkrankung kommt es erst, wenn auch das HBV reaktiviert (bzw. superinfiziert) wird und eine extrahepatische Verbreitung von HDV ermöglicht. Differenzialdiagnose Der HDV-Ausschluss gehört nicht zur Primärdiagnostik bei akuter Hepatitis. Eine HDV/ HBV-Simultaninfektion kann insbesondere bei fulminanten Verläufen von akuten Hepatitiden durch serologische oder molekulargenetische Untersuchungen von anderen viralen oder bakteriellen Hepatitiden abgegrenzt werden. Bei klinischer Verschlechterung einer chronischen Hepatitis B muss an eine HDV-Superinfektion gedacht werden, wobei hier differenzialdiagnostisch auch HBV-Mutanten oder andere virale Superinfektionen eine Rolle spielen könnten. Labordiagnostik Eine Hepatitis D-Diagnostik ist hauptsächlich angezeigt bei HBsAg-positiven Personen. Sinn macht sie allerdings auch bei akuten Schüben einer chronischen Hepatitis ohne HBsAg-Positivität, da HDV die HBV-Replikation unterdrücken kann, wodurch bei einem Teil der Superinfektionen und der chronisch verlaufenden Simultaninfektionen das serologische Bild einer HBsAg-negativen Hepatitis entstehen kann. Direkter Nachweis von Viruskomponenten. Nachweis von HDV-RNA mittels RT-PCR dient zur Beurteilung der Virusaktivität (unter antiviraler Therapie) und der Infektiosität. Der HDProtein-Nachweis in Lebergewebe mit Immunfluoreszenz oder Immunoblot sowie im Serum in der frühen Phase der akuten Hepatitis (nach 322 Abbau der HBsAg-Hülle mit Detergenzien) mittels ELISA ist möglich. In der Routinediagnostik kommen diese Methoden selten zum Einsatz. Indirekter Virusnachweis. Die spezifische Diagnose einer HDV-Infektion basiert im Wesentlichen auf dem Nachweis von IgM- und IgG-Antikörpern gegen das HD-Protein mittels ELISA (anti µ-capture; kompetitive Immunoassays). IgM-anti-HD ist bei der akuten und der aktiv chronischen Hepatitis D nachweisbar. In der frühen Phase der Simultaninfektion kann anti-HD aber auch fehlen. Rasches Verschwinden von IgM-anti-HD spricht für einen gutartigen Verlauf der Super- oder Simultaninfektion. Die IgG-anti-HD-Antwort tritt bei der Simultaninfektion meist nur transitorisch auf oder kann gänzlich fehlen. Der Nachweis gelingt am häufigsten vier bis sechs Monate nach Erkrankungsbeginn. Bei der Superinfektion werden dagegen hohe anti-HD-Titer erreicht, die auch nach Ausheilung persistieren. Bei der Koinfektion ist im Gegensatz zur Superinfektion hochtitrig anti-HBc-IgM nachweisbar. Die zusätzliche Bestimmung von anti-HBc-IgM dient zum Nachweis einer Simultaninfektion von HBV und HDV. Chemische Laboruntersuchungen. Erhöhung von Transaminasen, alkalischer Phosphatase und Bilirubin sowie Veränderungen hämatologischer Parameter ermöglichen keine ätiologische Zuordnung der Erkrankung. Bei akuter HDV-Infektion liegen in der Regel erhöhte Transaminasen (GPT) um 300–400 U/l und Anstiege der Bilirubin-Werte auf ca. 3–6 mg/dl vor. Therapie In einigen Studien wurden mit Interferon alpha (IFN-α), 3-mal 9 bis 10 Mio. IE / Woche über ein Jahr, bei mehr als 50% der Patienten eine (allerdings nur vorübergehende) Normalisierung der Transaminasen sowie eine Verbesserung des histologischen Befundes beobachtet. Die Langzeit-Ansprechrate mit anhaltender Viruselimination liegt allerdings nur bei 10–20%. Das Nukleosidanalogon Lamivudin scheint die HDVReplikation nicht zu beeinflussen. Möglicherweise kann es aber die Hepatitisaktivität senken (Normalisierung der Transaminasen und des histologischen Befundes). In Mäusen induzierte eine DNA-Vakzine gegen HDV eine signifikante Hepatitis D Virus Th1-Immunantwort, was eventuell therapeutisch genutzt werden könnte. Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Für die Pathogenität des Virus werden zwei Mechanismen, die direkte sowie die immunbedingte Zytopathogenität, diskutiert. Frühe in vitro-Studien haben gezeigt, dass HD-Protein-Expression Zytotoxozität induziert, was allerdings in transgenen Mäusen nicht bestätigt wurde. In Insektenzellen führte die HD-Protein-Expression zur Zellzyklusunterbrechung. In HeLa-Zellen hemmte die HDV-Replikation die Zellproliferation, wobei der genaue Mechanismus ungeklärt ist. Für einen immunvermittelten Mechanismus spricht der Nachweis einer CD4positiven T-Zell-Antwort (Th1 oder Th0) mit Nachweis von Zytotoxizität in bestimmten Assays bei Patienten mit HDV-Superinfektionen. Die drei geographisch unterschiedlich vorkommenden Genotypen von HDV besitzen möglicherweise eine unterschiedliche Virulenz (die schweren Hepatitis D-Verläufe in Südamerika waren ausschließlich mit dem HDV-Genotyp III und dem Genotyp F von HBV assoziiert). Die Aminosäuresequenz der großen HD-Proteine divergieren carboxyterminal um mehr als 70%. Immunhistochemisch kann man unter Einsatz von genotypspezifischen Antikörpern die Genotypen I und II voneinander unterscheiden, was klinisch und epidemiologisch von Bedeutung ist. Transmission Die Übertragung erfolgt auf dem gleichen Weg wie von HBV. Die perkutane Inokulation ist die häufigste Infektionsursache. Seltener als HBV wird HDV durch Intim- und Schleimhautkontakt übertragen. Vertikale Transmissionen sind nur vereinzelt beobachtet worden. genen RNA-Polymerase II und wahrscheinlich einer weiteren zellulären RNA-Polymerase im Zellkern unabhängig von dem Helfervirus HBV statt. Sie vollzieht sich über einen „rollingcircle“ Mechanismus. Als erster Schritt wird die Virus-RNA in einen mehr als ein Genom langen Plus-RNA-Strang umgeschrieben, der anschließend in 1,7 kb große Monomere geschnitten wird. Diese wiederum zirkularisieren und werden dann auf die gleiche Weise transkribiert. Dabei werden Spaltung und Ligation durch die HDV-RNA selbst katalysiert. Eine antigenomische RNA von 800 Basen Länge wird im Zytoplasma zum HD-Protein translatiert. Das zunächst synthetisierte kleinere HD-Protein (S) wird in den Kern zurücktransportiert und befördert dort die RNA-Synthesen. Während der RNA-Replikation kommt es zum RNA-Editing durch die zelluläre RNA-abhängige AdenosinDesaminase, welches zur Ablösung der Synthese des HD-Proteins (S) durch ein 19 Aminosäuren längeres HD-Protein (L) führt. Dieses Protein hemmt die RNA-Synthese, ist aber für die RNA-Wechselwirkung mit dem HBsAg während des Virusassembly und für die Sekretion notwendig. Beide Proteine werden zu etwa gleichen Teilen in die Viruspartikel inkorporiert. Kürzlich konnte gezeigt werden, dass das HDProtein die zelluläre RNA-Polymerase II stimulieren kann. Der Mechanismus der Einbeziehung des HBsAg in die Virusmaturation ist noch unklar. Insgesamt scheint die Vermehrung sehr effizient zu verlaufen, da bis zu 2×1011 HDV-Viruspartikel/ml während der Inkubationszeit im Patientenserum nachweisbar sein können. Resistenz Das Virus übersteht trockene Hitze (60°C) über längere Zeiträume (30 h). Immunantwort Vermehrung und Inkubationszeit In Infektionsexperimenten an Schimpansen wurde die Inkubationszeit von vier bis 20 Wochen bei Simultaninfektion und von drei bis sechs Wochen bei Superinfektion ermittelt. Die Interaktion mit dem Hepatozyten wird sicherlich über die Wechselwirkung von HBsAg mit einem zellulären Rezeptor vermittelt. Die Replikation des Virus findet mit Hilfe der zellei- Sowohl die Simultan- als auch die Superinfektion können zur IgG- und IgM-Antikörperbildung gegen das HD-Protein führen. Allerdings ist die humorale Immunantwort bei der Simultaninfektion oft schwach bzw. fehlt gänzlich. Wie oben beschrieben, sind bei HDV-Superinfektionen auch Th1- und Th0-Immunantworten beobachtet worden. Das konnte auch bei Versuchen mit HDV-DNA-Vakzinen in Mäusen be323 H Hepatitis D Virus stätigt werden, wobei hier auch CD8-positive zytotoxische T-Zellen induziert wurden. besserung der sozio-ökonomischen Verhältnisse beigetragen haben. Wirtsbereich Genetik Das natürliche Wirtsspektrum ist auf den Menschen beschränkt. Waldmurmeltiere (Woodchucks), wenn sie chronische Träger des Woodchuck-Hepatitis-B-Virus (WHBV) sind, und HBsAg-positive Schimpansen lassen sich experimentell mit HDV infizieren. Folgen der Infektion können eine akute, eine chronische Hepatitis sowie eine schnelle Entwicklung von Leberzellkarzinomen – speziell bei Waldmurmeltieren – sein. Primäre Hepatozytenkulturen von Waldmurmeltieren eignen sich für die HDVVermehrung. Wird das HDV-Genom künstlich (Transfektion) in Säugerzellen eingeführt, zeigt seine Replikation keine Spezies-Spezifität. NCBI: NC001653. Das HDV-Genom besteht aus einer einzelsträngigen zirkulären RNA mit negativer Polarität von etwas weniger als 1,7 kb Länge. Etwa 70% der Nukleotide paaren miteinander, so dass unter nicht-denaturierenden Bedingungen eine doppelsträngige, stäbchenförmige Struktur entsteht. Die HDV-RNA enthält fünf offene Leseraster (ORF) in der genomischen und anti-genomischen Orientierung, von denen jedoch nach gegenwärtigen Kenntnissen nur der fünfte ORF, dessen Nukleotidsequenz in allen HDV-Isolaten konserviert ist, in das HDProtein translatiert wird. Die zweite interessante Eigenschaft der HDV-RNA neben ihrer viroidähnlichen Struktur besteht darin, dass sie während der Replikation als Ribozym (katalytische RNA) wirken kann. HDV besitzt drei Genotypen, die in ihren Nukleotidsequenzen um 27–40% voneinander abweichen. Die größte Nukleotiddivergenz gegenüber den Genotypen I und II von 40% liegt beim Genotyp III vor. Risikogruppen Risikogruppen sind chronische HBsAg-Träger. In Niedrig-Endemiegebieten sind insbesondere Drogenabhängige, Hämodialysepatienten, oder Empfänger von multiplen Blut- oder Blutprodukten einem höheren Risiko für eine HDV-Infektion ausgesetzt. Prävention Epidemiologie Das globale Verteilungsmuster von HDV entspricht dem von HBV. Der Anteil von HDV-Infektionen in Relation zu HBsAg-Trägern ist allerdings von der Prävalenz der chronischen Hepatitis B abhängig. In Ländern mit niedriger HBV-Trägerrate (inklusive Deutschland) spielen HDV-Infektionen nur noch bei Risikopersonen (Drogenabhängige, Hämophiliepatienten) eine Rolle. In Ländern mit einer mäßigen bis hohen Prävalenz ist der Anteil an HDV-Infektionen variabel. Bei asymptomatischen HBVTrägern kann er zwischen zehn und 20% und bei Patienten mit HBV-assoziierten Lebererkrankungen zwischen 30 und 60% liegen. Die Ursache für die in bestimmten Regionen Südamerikas periodisch auftretenden HDV-Epidemien mit fatalem Ausgang bei zehn bis 20% der Erkrankten ist bisher unbekannt. Im Gegensatz dazu sind in China trotz hoher HBsAg-Durchseuchung HDV-Infektionen selten. In Südeuropa wurde die Prävalenz von anti-HDV-Antikörpern von 40% in den 80er Jahren auf circa 12% gesenkt, wozu u.a. HBV-Impfungen und Ver324 Bisher existiert weder eine spezifische passive noch eine aktive Impfung. Die Entwicklung von DNA-Vakzinen befindet sich im präklinischem Stadium. Anti-HBs-Antikörper nach Impfung oder nach durchgemachter Hepatitis-B-Infektion schützen vor einer HDV-Infektion. Daher ist eine Hepatitis-B-Immunisierung der effektivste Weg einer Prävention. Für HBV-Träger ist eine Expositionsprophylaxe wie für HBV-Infektionen angezeigt. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Strategien, die der Kontrolle und Vorbeugung von HBV-Infektionen dienen, beeinflussen gleichermaßen die HDV-Infektionen. Dazu gehören unter anderem die aktive Immunisierung der Bevölkerung mit HBsAg, das Screening von Blut- und Blutprodukten auf Hepatitis-B-Marker und Aufklärung von Risikopersonen. Meldepflicht Nach IfSG sind die akute Virushepatitis nach § 6 und auch der Labornachweis (HDV-RNA Hepatitis E Virus und anti-HD-Protein-Antikörper) nach § 7 meldepflichtig. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Morphologie HEV ist ein nicht verhülltes, sphärisches Partikel von 27 bis 30 nm Durchmesser mit wahrscheinlich ikosaedrischer Symmetrie. Taxonomie Konsiliarlabor Institut für Medizinische Virologie der Universität Gießen, Frankfurter Str. 107, 35392 Gießen, Telefon: 0641 / 994 1200 Expertenlaboratorien Institut für Virologie der Universität Essen, Hufelandstr. 55, 45147 Essen, Telefon: 0221/7233550 Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Universität Regensburg, Franz-Josef-Strauß-Allee 11, 93042 Regensburg, Telefon 0941 / 944 6401 Web-Adressen Centers for Disease Control: http://www.cdc.gov/ncidod/diseases/ hepatitis/ Schlüsselliteratur 1. Karayiannis, P.: Hepatitis D virus. Rev. Med. Virol. 8, 13–24 (1998) 2. Meisel, H.: Hepatitis-D-Virus. In: Diagnostische Bibliothek (Porstmann T, Hrg), Blackwell-Verlag, Berlin-Oxford, S. 519–532 (1996). 3. Taylor, J.M.: Hepatitis Delta virus. Intervirology 42, 173– 178 (1999) 4. Fields, B.N. et al. (ed.): Virology 3rd edition. LippincottRaven, Philadelphia, 1996 5. Tidona, C.A., Darai, G. (Eds.) (2001), The Springer Index of Viruses, Springer Berlin, Heidelberg, New York, Tokio Hepatitis Delta Virus Hepatitis D Virus Die taxonomische Klassifizierung des HEV ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abgeschlossen. Provisorisch wurde es wegen seiner strukturellen und physikochemischen Eigenschaften in die Familie Caliciviridae, Genus Calicivirus klassifiziert. Neue Analysen seiner Genomorganisation legen jedoch ein enge Verwandtschaft zu Rubellavirus und den pflanzlichen Furoviren nahe. Historie Im Jahr 1980 wurde HEV als eigenständiges infektiöses Agens identifiziert, als im Verlauf einer epidemischen durch Wasser induzierten Hepatitis Epidemie in Indien durch serologische Methoden festgestellt wurde, dass diese epidemische Hepatitis nicht durch Hepatitis A hervorgerufen wurde. Die Erkrankung wurde als „epidemische Non-A, Non-B Hepatitis“ bezeichnet. Erst 1990 gelang die molekulare Klonierung des viralen Genoms und damit die Möglichkeit der genauen Charakterisierung des Virus. Erkrankungen/Symptome HEV Infektionen können klinisch nicht von anderen viralen Hepatitiden unterschieden werden. Hauptsymptome sind Hepatomegalie, Ikterus und Anorexie. Die meisten Patienten klagen über Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Fieber. Wie auch bei HAV Infektionen werden bei HEV keine chronischen Verläufe beobachtet. Bei Schwangeren treten jedoch fulminante Verläufe auf. Differenzialdiagnose Hepatitis E Virus Alle anderen Virushepatitiden müssen differenzialdiagnostisch erwogen werden. Labordiagnostik Erregerbezeichnung Hepatitis E Virus (HEV) Synonym Keine Daten verfügbar. IgM und IgG Antikörper gegen HEV können im ELISA untersucht werden. IgM anti-HEV kann 1 bis 4 Wochen nach der Infektion nachgewiesen werden. Etwa 3 Monate nach Beginn der Erkrankung sind die IgM Antikörper nicht mehr 325 H Hepatitis E Virus nachweisbar. Auch ein ansteigender IgG Titer ist beweisend für die floride HEV Infektion. Therapie Es gibt keine spezifische Therapie der HEV Infektion. Nord- und Westafrika und Mittelamerika (Mexiko). In den genannten Regionen stellt HEV die häufigste Ursache der epidemischen Hepatitis dar. Meist wird die Erkrankung über kontaminiertes Trinkwasser übertragen. Genetik Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Tierversuche an HEV infizierten Affen legen nahe, dass die Leberschädigung hauptsächlich durch Immunmechanismen hervorgerufen wird, da infiltrierende Lymphozyten einen zytotoxischen Suppressor-Immunphänotyp aufweisen. Die Ursache für die erhöhte Schädigungsrate bei schwangeren Frauen ist unbekannt. Transmission HEV wird wahrscheinlich fäkal/oral übertragen und ist vorwiegend mit kontaminiertem Trinkwasser assoziiert. Ein sexueller Übertragungsweg erscheint ebenso wahrscheinlich, da eine Infektionshäufung im jungen Erwachsenenalter beobachtet wird. Vermehrung und Inkubationszeit Die Inkubationszeit beträgt etwa 40 Tage. Resistenz Keine Daten verfügbar. Immunantwort Siehe Labordiagnostik. Das Genom des HEV besteht aus einer einzelsträngigen polyadenylierten (+)-Strang RNA mit 7,5 kb Länge. Das Genom des HEV Prototypstammes besteht aus einer 5’ nicht kodierenden Region von 27 Nukleotiden, gefolgt von ORF1, der aus 5079 Basen besteht. Ein zweiter ORF beginnt im 2. Leserahmen 38 Nukleotide 3’ der Termination des ORF1 und besteht aus 1980 Nukleotiden. Ein dritter ORF3 besteht aus 369 Nukleotiden. ORF1 kodiert für Nicht-Strukturproteine, ORF2 kodiert das Kapsidprotein und ORF3 kodiert ein kleines immunogenes Protein von unbekannter Funktion. Da die Virusvermehrung in Zellkultur limitiert ist, sind die genauen Mechanismen der Replikation nicht bekannt. Wahrscheinlich erfolgt das Attachment an Rezeptoren auf der Oberfläche von Hepatozyten. Nach dem Uncoating wird das RNA Genom wahrscheinlich durch zelluläre Faktoren translatiert. Prozessierung des translatierten ORF1 Proteins erfolgt durch zelluläre Proteasen. Replikative (-)-Strang Intermediat-RNA wird wahrscheinlich von der viralen Polymerase synthetisiert. Über Virusassembly und -transport ist nichts bekannt. Die genomische Sequenz des HEV ist unter der Genebank Accession No. AF 076239 erhältlich. Wirtsbereich HEV kann sowohl auf Menschen als auch auf Primaten übertragen werden. Als Tiermodelle haben sich vor allem Cynomolgus und Rhesus Affen bewährt. Prävention Risikogruppen Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Schwangere werden von besonders schweren Verläufen betroffen. Es besteht jedoch keine erhöhte Prävalenz während der Schwangerschaft. Alle Altergruppen ab ca. 20 Monaten mit einem Höhepunkt im jungen Erwachsenenalter können betroffen sein. Erste Versuche der Erprobung eines Impfstoffes waren nicht erfolgreich bzw. unsicher. Zurzeit ist kein Impfstoff gegen HEV erhältlich. Keine Daten verfügbar. Meldepflicht Bei Verdacht, Erkrankung und Tod. Epidemiologie Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen HEV Infektionen sind beschrieben worden in Südost- und Zentralasien, im Nahen Osten, ◗ Institut für Virologie, Universitätsklinikum Essen, Prof. Dr. M. Roggendorf, Hufelandstr. 326 Herpes-simplex-Virus 55, 45122 Essen, Tel: 0201/723 3550, Fax: 0201/ 723 5929. ◗ All the virology on the WWW: http://www.virology.net ◗ National center of biotechnology information: http://www.ncbi.nlm.nih.gov Schlüsselliteratur 1. Purcell, R.H., Hepatitis E Virus. In: Fields Virology, Third Edition ed. by B.N. Fields, D.M. Knipe, P.M. Howley et al., Lippincott – Raven Publishers, Philadelphia 1996, 2831– 2843. 2. Tsarev et al., Characterization of a prototype strain of hepatitis E virus. Proc Natl Acad Sci USA 1992; 89: 559–563. 3. Aggarwal, R. and Krawczynski, K. Hepatitis E: An overview and recent advances in clinical and laboratory research. Journal of Gastroenterology and Hepatology 2000; 15: 9– 20. 4. Tidona, C.A., Darai, G. (Eds.) (2001), The Springer Index of Viruses, Springer Berlin, Heidelberg, New York, Tokio Hepatitis G Virus GB Virus/ Hepatitis G Virus proteins (155 kD; VP5 oder UL19). Die Pentons bestehen aus VP5 und 80 bis 100 Kopien des sog. Verpex Proteins VP26. Taxonomie Der Genus Simplexvirus ist der Familie Herpesviridae und der Unterfamilie der Alphaherpesvirinae zugeordnet. Anhand von DNA Homologien, serologischer Typisierung und klinischer Symptomatik unterscheidet man zwei Serotypen, das Humane Herpesvirus 1 (Herpes-simplex-Virus 1 (HSV-1)) und das Humane Herpesvirus 2 (Herpes-simplex-Virus 2 (HSV-2)). Historie Herpes bedeutet „kriechen, kribbeln, schleichen“ und wurde von Hippokrates für bestimmte Hautkrankheiten verwendet. Morton (1694) gibt eine genaue Beschreibung des Krankheitsbildes „Herpes febrilis“. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wird die Terminologie Herpesvirus hominis (simplex) eingeführt. Erkrankungen/Symptome Herpes hominis Herpes-simplex-Virus Herpes-simplex-Virus Erregerbezeichnung Herpes-simplex-Virus Typ 1 und 2 (HSV 1 und 2) Synonym Herpes-simplex-Virus 1: Humanes Herpesvirus 1 Herpes-simplex-Virus 2: Humanes Herpesvirus 2 Das Herpes-simplex-Virus ist durch das klinische Bild der Bläschenbildung auf der Haut und den Schleimhäuten dominiert. Die Inkubationsperiode liegt bei der Primärinfektion zwischen 3 und 14 Tagen. Es sollte zwischen einer Primärerkrankung und einer Exazerbation, die die Folge einer rekurrierenden Infektion sein kann, unterschieden werden. Das Auftreten von Herpesinfektionen am Auge, an inneren Organen und am peripheren sowie zentralen Nervensystem zeigt den breiten Organtropismus und die unterschiedlichen Erscheinungsbilder der Erkrankung. Der überwiegende Teil der Primärerkrankungen von Herpes-simplex-Viren sind Kinderkrankheiten, die in 10–50% der Fälle asymptomatisch ablaufen. Das Krankheitsbild des Herpes-simplex-Virus bezüglich der Gewebsund Organmanifestation ist mannigfaltig und beinhaltet folgende Erkrankungen: Morphologie Das Virion besteht aus einem ikosaedrischen Kapsid (110 nm) mit 162 Kapsomeren (150 Hexons und 12 Pentons), das das virale Genom beherbergt, dem Tegument, das das Kapsid umschließt und einer äußeren Membranhülle (envelope) aus Lipiden, die an der Oberfläche mit Proteinen (spikes) gespickt sind. Die Hexons enthalten sechs Moleküle des sog. major capsid Herpes neonatorum (generalisierter Herpes des Neugeborenen). Die Herpes Sepsis bei Neugeborenen ist überwiegend die Folge einer Infektion im Geburtskanal. Die Häufigkeit des subklinischen Verlaufs ist unbekannt. Das Herpes neonatorum verläuft mit der Häufigkeit von 1 auf 2.000–5.000 Geburten unbehandelt meistens letal. Die Manifestation beginnt am 9. bis 327 H Herpes-simplex-Virus 11. Lebenstag mit einer lokalen Infektion der Haut, Mundschleimhaut, Auge, mukokutane Bläschen, Keratokonjunktivitis oder Choriorenitis. Anschließend folgt das Stadium des Herpes generalisatus mit dem Befall der inneren Organe und einem sepsisähnlichen Bild. Die Letalität beträgt ohne Behandlung 80%. Entwicklung einer Enzephalitis meist am 9./10. Lebenstag bei hämatogener Genese, bei retrogradem axonalem Virustransport am 16./17. Lebenstag mit den Symptomen von fokalen oder generalisierten Krampfanfällen, Tremor, Unruhe oder Lethargie. Enzephalitis, Meningoenzephalitis und Meningitis. Die Herpesenzephalitis repräsentiert 50% aller Enzephalitiden in Mitteleuropa. Die Eintrittspforte des Virus in das Gehirn sind die Neuronen des N. olfactorius oder eine Aktivierung von latent im Ganglion gasseri persistierendem HSV. Die Enzephalitis befällt in erster Linie temporale und orbitoparietale Regionen des Gehirns und manifestiert sich meist einseitig als eine hämorrhagisch-nekrotisierende Enzephalitis mit einer Letalität von 70% (unbehandelt). Nach einer Genesung können neurologische Restschäden und Abnormitäten zurückbleiben. Die zerebrale HSV-1 Infektion ist häufiger als eine HSV-2 Infektion, die sich meist in einer lymphozytären Meningitis äußert. Primäre Herpesmeningitis oder Herpesmeningitis infolge einer Exazerbation ist ein ernstzunehmendes Krankheitsbild. Herpes labialis, Gingivostomatitis, Herpes genitalis und Vulvovaginitis herpetica. Bei diesen Krankheitsbildern dominiert die Bläschenbildung mit einhergehender Entzündung der entsprechenden Schleimhautregionen und einer meist begleitenden Lymphadenopathie. Die mazerierenden und exulzerierenden Bläschen sind blutig und überwiegend sekundär infiziert. Bei Immunsuppression kann eine ausgedehnte, auf tiefere Schichten übergreifende Mukositis entstehen. Herpetische Keratokonjunktivitis, Choriorenitis und Keratitis. Die HSV Infektion der Kornea und der Bindehaut führt zu Läsionen vor allem auf dem Epithel der Hornhaut. Erwachsene sind am häufigsten betroffen, wenn Neugeborene betroffen sind, dann meistens nur an einem Au328 ge. Schwere seröseitrige Konjunktivitis. Trübung und oberflächliche Ulzerationen der Hornhaut. Eventuelles Auftreten von Herpesbläschen im Bereich der Augenlider. Rasche ohthalmologische Behandlung. Choriorenitis bei Generalisation (neonataler Herpes, AIDS). Ekzema herpeticum. Charakterisiert durch eine schwere generalisierte Infektion mit Flüssigkeitsverlust sowie der Gefahr einer bakteriellen Superinfektion und möglicher Sepsis. Entstehung verdickter Krusten auf der Haut mit Ekzem-Effloreszenzen, die sich diffus und rasch ausdehnen können. Herpetische Hepatitis und Sepsis. Ein sehr seltenes Krankheitsbild mit tödlicher Folge. Differenzialdiagnose Zur orofazialen Herpes: Stevens-Johnson-Syndrom, Enterovirus-Infektionen (Herpangia, Hand-Mund-Fuß-Krankheit), rezidivierende Aphthen in der Mundschleimhaut anderer Genese, Schleimhautulzera bei Neutropenie bzw. bestimmten Autoimmunkrankheiten. Zur HSV-Ösophagitis: Infektionen durch CMV, Candida spp., Arzneimittelnebenwirkungen. Zur HSV-Enzephalitis: Enzephalitis durch andere Viren (z.B. VZV, CMV) bzw. Bakterien (z.B. Tbk, Mykoplasmen), Hirnabszess, Hirntumor, Durchblutungsstörungen, Alkoholentzugssyndrom. Zur HSV-Infektion des Auges: Zoster ophthalmicus. Zu HSV-Hautläsionen: H. zoster, Impetigo, Paronychie, Hautmykosen. Der ischämische Insult weist wie die HSV-Enzephalitis bei Beginn ein normales CT auf. Labordiagnostik Eine Infektion mit dem Herpes-simplex-Virus kann durch Laboratoriumsuntersuchungen diagnostiziert werden. Hier stehen folgende Untersuchungsmethoden zur Verfügung: Direkter Virus-Nachweis. Elektronenmikroskopie, Immun-Elektronenmikroskopie, Virusisolierung über Zellkulturen, Restriktionsenzymanalyse des viralen Genoms, DNA-Hybridisierungstest und Polymerasekettenreaktion (PCR). Als Untersuchungsmaterial dienen Bläschenflüssigkeit, Liquor, Tränenflüssigkeit und bei Mundschleimhautinfektion das Rachenspülwasser. Herpes-simplex-Virus Indirekter Virus-Nachweis. Nachweis von Virus-spezifischen Antikörpern der Klasse IgM, IgG und IgA durch KBR, Immunfluoreszenztest, ELISA-Anti-HSV und Neutralisationstest, Western-Blot aus dem Serum. Chemische Laboruntersuchungen. Keine spezifische Testverfahren bekannt; histochemisch können multinukleäre Riesenzellen und intranukleäre Einschlusskörperchen bei Abstrichen (z.B. Zervix-Abstrich) nach Papanicolaou-Färbung nachgewiesen werden. Pathologie und Histopathologie. Die betroffenen Organe bei der generalisierten HSV-Sepsis oder bei der herpetischen Hepatitis der Leber zeigen eine weiche und zerfallende Konsistenz mit Plaque-besiedelten Oberflächen. Histopathologisch ist das Vorkommen von Kerneinschlusskörperchen mit marginaler Chromatinverdichtung an den Kernmembranen charakteristisch für die HSV-Infektion. Auflösung der Zytoplasmamembran und Zusammenballung mehrerer Zellkerne (bis mehrere Hundert) zu einer Riesenzelle führen zur Bildung von Synzytien. Therapie Als Chemotherapie für die Herpesenzephalitis kommt in erster Linie Acyclovir (Acycloguanosin), Adenosin-Arabinosid oder die Kombination von beiden in Frage. Joddeoxyuridin-Präparate, Dimethylsulfoxyd, Acyclovir, Trifluormethylthymidin (TFT) sind bei Keratitisherpetika angezeigt. Zinkoxydpräparate sind bei Hauteffloreszenzen erfolgreich einsetzbar. Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Die Pathogenität des HSV ist genetisch determiniert. Eine Besonderheit der Virus-Wirt Wechselwirkung besteht darin, dass HSV nach der Primärinfektion lebenslang in den Spinalganglien und Ganglien des zentralen Nervensystems des Wirtes latent persistieren (Latenz) kann. Dieser, als latente Infektion bezeichnete Zustand, schützt das Virus gegen Angriffe neutralisierender Antikörper sowie gegen die zelluläre Immunabwehr des Wirtes. Das latent persistierende Virus kann durch bestimmte exogene und endogene Faktoren, wie hormonelle, psychische, stressbedingte, traumatische, chemische und physikalische Einflüsse reaktiviert werden. Das reaktivierte Virus verbreitet sich von Zelle zu Zelle, d.h. von den Ganglien durch die Neuronen bis zu den Zielzellen des Primärinfektionsherdes (z.B. Lippen) und ruft eine rezidivierende Erkrankung hervor, die als Rezidiv bzw. Rekrudeszenz bezeichnet wird. Die Virulenz und Kontagiosität des HSV ist nicht sehr hoch und in erster Linie abhängig vom Virusstamm und vom Wirt bzw. dessen Immunstatus. Das HSV ist bei Temperaturen von –70°C und darüber stabil. Eine Inaktivierung erfolgt sehr schnell bei Temperaturen über 50°C (z.B. 56°C, 30 min) und nach Behandlung mit Detergenzien wie Natriumhypochlorid und Lipidlösungsmitteln, wie z.B. Ether. Transmission Das Virus wird durch direkten Kontakt, hauptsächlich durch Gewebssekretion übertragen, HSV-2 meist über sexuellen Kontakt oder unter der Geburt im Geburtskanal. Vermehrung und Inkubationszeit Die akute Virusvermehrung findet in vivo in den Epithelzellen des Nasen-Rachen-Raumes, der Augen, Genitalien und Nebennieren statt. Im Allgemeinen folgt eine neurotrope Phase während der das latente Virus in den Nervenzellen der Ganglien lebenslang persistiert. Das latent persistierende Virus ist unter bestimmten Risikofaktoren, wie z.B. UV-Licht, chemische Substanzen, immunsuppressive Therapie und Stress reaktivierbar. Die in vitro Vermehrung ist auf Zellkulturen verschiedener Organe (Lungen- und Nierenepithelzellen, Fibroblasten) diverser Spezies möglich. Der zytopathische Effekt (CPE) zeigt sich innerhalb einiger Tage post infectionem, abhängig vom Virustiter des Inokulums. Die Inkubationsperiode beträgt bei der Primärinfektion zwischen 3 und 14 Tagen, beim Herpes neonatorum 9–11 Tage. Bei der HSV-Enzephalitis beträgt das Prodromalstadium mit Fieber, Nausea und Kopfschmerzen wenige Tage. Resistenz Acyclovir resistente Stämme sind sehr selten (<1% der Isolate) und kommen bei normalen Patienten kaum vor. Auch besteht kein Hinweis auf eine Zunahme der resistenten Stämme. Je329 H Herpes-simplex-Virus doch sind bei immunsupprimierten Patienten während der Therapie ca. 5% der Isolate resistent, was zu einer ineffektiven Behandlung führen kann. Immunantwort Die durch eine Herpes-simplex-Virus Infektion hervorgerufene Immunabwehr schützt nicht gegen eine Reaktivierung des latent persistierenden Virus bzw. vor einer intra- und intertypischen Reinfektion. Auch schützt eine vorhergegangene HSV-1 Infektion nicht vor einer HSV-2 Infektion. Wirtsbereich Das Wirtsspektrum des Virus umfasst außer dem natürlichen Wirt (Homo sapiens sapiens) auch zahlreiche andere Spezies wie Affen und Nager. Auch in vitro zeigt das Virus einen sehr breiten Wirtsbereich. Verschiedene Zellkulturen von Primaten sind für das Virus empfänglich. Risikogruppen Neugeborene von Müttern mit primärem oder rekurrierendem Herpes genitalis. Bei floridem Herpes ist Schnittentbindung angezeigt. Im Intervall Indikation von dem Virusnachweis abhängig machen. Ekzemkinder und ekzemkranke Erwachsene. Immunsupprimierte oder immungeschwächte Personen; Patienten unter zytostatischer Therapie, mit Infekten, mit AIDS. Personen nach Geschlechtsverkehr mit Personen, bei denen ein florider Herpes genitalis besteht. Epidemiologie HSV ist weltweit verbreitet und kommt unter natürlichen Bedingungen nur beim Menschen vor. Es sind zwei Serotypen bekannt: Typ 1 (HSV-1) infiziert hauptsächlich Zellen der Mundregion. Die Infektion mit HSV-1 erfolgt überwiegend schon im Säuglings- und Kindesalter durch Tröpfchen- oder Kontaktinfektion und bei Jugendlichen vorwiegend durch engen körperlichen Kontakt. Die Durchseuchungsrate bis zur Pubertät beträgt ca. 50% und erhöht sich im Erwachsenenalter auf über 90%, abhängig vom sozioökonomischen Status und der regionalen hygienischen Infrastruktur der Population. HSV Typ 2 (HSV-2) ist dagegen überwiegend auf die Genitalregion beschränkt. Die 330 Durchseuchungsrate rangiert hier bei ca. 10 bis 20% bei den 20- bis 30-Jährigen in Mitteleuropa, wobei eine Beziehung zwischen sexueller Aktivität und niederem sozialen Status besteht. Während der Geburt kann HSV-2 von der Mutter auf das Neugeborene übertragen werden. Allgemein kann festgestellt werden, dass in höheren Kulturkreisen die Durchseuchung mit HSV-2 größer ist als in Entwicklungsländern. Genetik Das virale Genom ist ein lineares, doppelsträngiges DNA Molekül und enthält 152.262 bp (HSV-1 Stamm 17) bzw. 154.746 bp (HSV-2 Stamm HG52), registriert in der USA-GenBank unter „Accessionnumber“ X14112 für das komplette Genom des HSV-1 (Stamm 17) und unter „Accessionnumber“ Z86099 für das komplette Genom des HSV-2 (Stamm HG52). Das virale Genom besteht aus zwei kovalent miteinander verbundenen Komponenten (long component: L; short component: S). Beide DNA-Abschnitte werden von repetitiven DNA Sequenzen flankiert und nochmals in die unique sequences der langen Komponente (UL) und in die unique sequences der kurzen Komponente (US) untergliedert. Beide Komponenten sind auf einer ideellen Achse im Bereich der so genannten a Sequenzen zu- und voneinander drehbar, womit vier isomere Formen des viralen DNA Moleküls entstehen. Das virale Genom beinhaltet drei Replikationsursprünge (origin of replication). Die DNA Transkription erfolgt unter Mitinanspruchnahme der RNA-Polymerase II des Wirtes und unter Beteiligung viraler Faktoren. Das virale Genom weist ca. 70 Translationseinheiten auf, die mit ATG initiiert und mit TAA, TAG oder TGA terminiert werden. Einige der viralen Transkripte werden gespleißt. HSV exprimiert mehr als 70 individuelle Polypeptide während der lytischen viralen Replikationsphase. Hiervon sind ca. 25 virale Proteine für die Virusvermehrung essentiell. Die viralen Proteine werden entsprechend der drei Kategorien der HSV Gene (α, β und γ-Gene) als α, β und γ Proteine, die entsprechend zwischen 2–4, 5–7 und 15–18 Stunden post infectionem exprimiert werden, bezeichnet. Einige virale Proteine sind phosphoryliert, wie z.B. der α4 Transkriptionsaktivator und andere Strukturproteine. Das α4 Protein wird auch durch Uridin-Ribosylierung modifiziert. Die genetische Verwandt- Herpesvirus simiae schaft zwischen HSV-1 und HSV-2 ist durch starke Homologien der Nukleinsäure (um 50%) sowie identische transkriptionelle Strategien und analoge Genprodukte dokumentiert. Prävention Es besteht ein dringender Bedarf zur Entwicklung einer effizienten Prophylaxe gegen die Herpes-simplex-Virus Infektion. Es ist immer noch nicht gelungen einen spezifischen Impfstoff zur Verhütung von Primärinfektionen bzw. HSV Rezidiven zu entwickeln und klinisch erfolgreich einzuführen. Die bisher angebotenen so genannten „Impfstoffe“ sind nicht als HSV-spezifischer Immunschutz wirksam, und ihre Wirkung könnte allenfalls als Placebo-Effekt betrachtet werden. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Prophylaxe des Herpes neonatorum: bei rekurrierendem Herpes genitalis der Schwangeren regelmäßiger Versuch des Virusnachweises. Falls negativ, natürliche Geburt; falls in den letzten Wochen der Schwangerschaft positiv, Schnittentbindung erwägen. Bei sichtbaren Erscheinungen stets Sectio innerhalb von 24 Std. nach Blasensprung. Möglicherweise in Zukunft einige Tage vor Geburtstermin prophylaktisch Aciclovir und dann normale Entbindung. Passive Immunisierung des Kindes wirkungslos: Herpes neonatorum tritt auch dann auf, wenn Antikörper der Mutter passiv übertragen wurden. Aciclovir beim Kind bei den ersten Anzeichen einer Herpesinfektion verabreichen. Pflegepersonal mit rezidivierendem Herpes simplex auf Neugeborenenstationen nicht beschäftigen. Meldepflicht Webadressen ◗ Introduction to virology: http://www-micro.msb.le.ac.uk/109/ Introduction.html ◗ All the virology on the WWW: http://www.virology.net ◗ Virus databases on-line: http://life.anu.edu.au/viruses/ ◗ The big picture book of viruses: http://www.virology.net/Big_Virology/ BVHomePage.html ◗ National center of biotechnology information: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/ ◗ Links to further information on viruses: http://www2.rki.de/INFEKT/ENIVD/RS1.HTM ◗ The International Committee on Taxonomy of Viruses: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/ICTV/ ◗ Centers for disease control and prevention: http://www.cdc.gov ◗ Institute for molecular virology university of Madison, Wisconsin: http://www. bocklabs.wisc.edu/Welcome.html ◗ Institut für Klinische und Molekulare Virologie, Universität Erlangen: http://www.virology.uni-erlangen.de/ hyp.htm ◗ WHO World Health Organization: http://www.who.int/ Schlüsselliteratur 1. Whitney, R.J., Herpes-simplex-Virus. In: Virology, Second Edition, edited by Fields, B.N., Knipe, D.M, et. al., Raven Press, Ltd. New York, Vol. 2, (1990) 1843–1888. 2. Gorbach, S.I., Bartlett, J.G., Blacklow, N.R. (eds), Infectious Diseases, W.B. Saunders Company (1992). 3. Becker, Y., Darai, G. (eds), Pathogenicity of Human Herpesviruses due to Specific Pathogenicity Genes, Frontiers of Virology 3, Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York, London, Paris, Tokyo, Hong Kong, Barcelona, Budapest (1994). 4. Tidona, C.A., Darai, G. (Eds.) (2001), The Springer Index of Viruses, Springer Berlin, Heidelberg, New York, Tokio Enzephalitis ist meldepflichtig. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Herpesvirus B B-Virus Referenzzentrum Prof. Dr. Bernhard Fleckenstein, Institut für Klinische und Molekulare Virologie, Schlossgarten 4, 91054 Erlangen, Tel. 09131–853563, Fax. 09131– 852101. Herpesvirus simiae B-Virus 331 H Heterophyes Heterophyes Darmegel Heubazillen Bacillus-Arten, fakultativ pathogene keine Unterschiede zwischen var. capsulatum und var. duboisii. Taxonomie Klasse: Euascomycetes Ordnung: Onygenales Familie: Onygenaceae Gattung: Histoplasma Art: Histoplasma capsulatum, Teleomorph: Ajellomyces capsulatus (= Emonsiella capsulata Kwon-Chung) McGinnis & Katz Highlands J Virus Alphaviren Histoplasma capsulatum Erregerbezeichnung Histoplasma capsulatum Darling 1905 Histoplasma capsulatum var. capsulatum Histoplasma capsulatum var. duboisii Vanbreuseghem 1952 Synonym Cryptococcus capsulatus, Histoplasma pyriforme u.a. Morphologie Dimorph. Wirtsgewebe. Var. capsulatum: Mehrere knospende Hefezellen in phagozytierenden Zellen des RES, 2–3×3–4 µm Durchmesser. In gefärbten Schnittpräparaten sind die Pilzzellen von hyalinem Hof umgeben. Tochterzellen sitzen mit schmaler Basis der Mutterzelle auf. Var. duboisii: Pilzzellen in vivo größer: 7–15 µm. Kultur bei 24°C. Watteähnliches, weißes, später bräunliches Myzel, unterseits cremefarben bis bräunlich. Mikroskopisch: Mikrokonidien unmittelbar oder kurzgestielt der Hyphe aufsitzend, einzellig, birnenförmig, 1–4×2–6 µm. Makrokonidien braun, auf kurzen Konidiophoren, dickwandig, kugelig, morgensternartig mit oberflächlichen Projektionen, 8–14 µm. Kultur bei 37 °C. Auf Herz-Hirn-Agar cremefarbene, glänzende, rundlich erhabene Kolonien, später mit unregelmäßigem Rand. Knospende Hefezellen bis 7 µm. Mikroskopisch in Kulturen 332 Historie Erste Fall- und Erregerbeschreibung von S. T. Darling 1905 in Panama, der den intrazellulär lokalisierten Organismus als neues Protozoon beschrieb. Erste Vermutung der Pilznatur 1912 durch H. de Rocha-Lima. Von W. A. de Monbreun 1933 erstmals aus infiziertem Kind isoliert. Erkrankungen/Symptome Synonyme für Erkrankung mit var. capsulatum. Amerikanische Histoplasmose, Kleinzellige Histoplasmose, Klassische Histoplasmose, Darling's Disease. Akute primäre Histoplasmose. Anfangs in der Lunge lokalisiert. Grippe-ähnliche Symptome: Fieber, Schüttelfrost, Schweißausbrüche, Halsschmerzen, Thoraxschmerzen, Husten, Dyspnoe. Schwellung der mediastinalen oder Hiluslymphknoten. Intrazelluläre Lokalisation der Pilze (RES-Zellen). Röntgenologisch dichte, in den Lungenfeldern disseminierte Knötchen oder parenchymatöses Infiltrat. Meist gutartiger und selbstlimitierender Verlauf. Chronisch-progressive Histoplasmose. Gleiche Symptome wie akute Form, jedoch schwerer, mit Hämoptysen und Kavernenbildung, Gewichtsverlust, Ulzerationen an Schleimhäuten. Typisch ist die Verkalkung zentral-nekrotischer Herde mit peripheren fibrösen Zonen (Lunge, Milz u.a.). Disseminierte Histoplasmose. Akut oder chronisch, Gewichtsverlust, Verschlechterung des Allgemeinzustandes, Anämie, Leukopenie, Hepato-Splenomegalie, multiple Lymphknotenschwellungen, Husten, Auswurf, Thoraxschmerzen, Lungenkavernen, Meningoenze- Histoplasma capsulatum phalitis, Endokarditis, intestinale Ulzera, Nieren-, Nebennieren-, Pleura-, Augenbefall. Meist letaler Verlauf nach Wochen oder Monaten. Synonyme für Erkrankung mit var. duboisii. Afrikanische Histoplasmose, Großzellige Histoplasmose. Lokalisierte chronische Form: Breites Befallsspektrum der Organe: Hautbefall am häufigsten an unbedeckten Körperstellen: Abszesse, Ulzerationen, wuchernde Granulome. Schleimhautbefall. Infektion der Knochen: Osteolysen, Osteitis, Osteomyelitis. Lymphknotenbefall. Lungenbefall ist selten. Lokalisierte Formen verlaufen meist benigne. Disseminierung: Selten, aber mit letalem Verlauf. Differenzialdiagnose Akute pulmonale Manifestation: Pneumonien durch Mycoplasma, Legionella, Chlamydia pneumoniae, Coxiella burnetii und Mycobacterium tuberculosis; Chronisch pulmonale Manifestation: Infektion mit Mycobacterium tuberculosis, Mycobacterium avium-intracellulare, Coccidioides immitis, Wegener's Granulomatose, Karzinome. Leishmaniose ist eine histologische Differenzialdiagnose. Labordiagnostik Untersuchungsmaterial. Sputum, Bronchiallavage, Blut, Biopsiematerial. Mikroskopischer Direktnachweis. Intrazellulär lokalisierter hefeähnlicher Zellen mit hyalinen Höfen ist pathognomonisch (Versilberung, PAS, Giemsa, Calcofluor White). Kultur und mikroskopische Merkmale siehe Morphologie. Serologie. Nachweis von präzipitierenden oder komplementbindenden Antikörpern. Biologische Sicherheitsstufe III! Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Infektion des immunkompetenten Menschen ist bei Inhalation großer Erregermengen möglich. Konidien keimen in Alveolen als Hefezellen aus. In ruhenden Makrophagen und in Granulozyten Persistenz und Vermehrung der Pilze. Ausbreitung des Erregers im Organismus in der Regel nur bei Insuffiziens unspezifischer und zellulärer Immunreaktionen. H und M-Antigene sind pluripotente Glykoproteine und vermutlich virulenzassoziiert. Transmission Inhalation von Sporen bei Aufenthalt in Regionen mit hoher Erregerdichte. Keine Übertragung von Mensch zu Mensch, außer bei Transplantationen. Laborinfektionen durch Inhalation kultivierter Sporen. Vermehrung und Inkubationszeit Inkubationszeit 3 bis 21 Tage. Resistenz In stickstoffhaltigem Erdboden bleibt der Pilz vermutlich lange lebensfähig. Immunantwort Die zelluläre Abwehr ist entscheidend. Sporen werden von Alveolarmakrophagen phagozytiert aber nicht abgetötet. CD4+ T-Lymphozyten müssen Makrophagen (durch IFNγ) aktivieren. Außerdem beteiligt sind Granulozyten und NKZellen. Humorale Antwort ist vorhanden, IgM, IgG und IgA sind im Serum nachweisbar, jedoch ohne wesentliche Bedeutung für Abwehr oder Schutz vor Reinfektion. Wirtsbereich Mensch und breites Spektrum an Wirbeltieren; Fledermäuse erkranken, Vögel sind nur besiedelt. Therapie Primär akute Form ist oft selbstlimitierend und bedarf keiner spezifischen Therapie. Chronisch fortschreitende und disseminierte Histoplasmose: Amphotericin B (0,5–0,7mg/kg/die über 2–3 Wochen), danach Itraconazol (400mg/die über 3 Monate). Bei ZNS Beteiligung Fluconazol (800mg/die). Suppressionstherapie bei HIVInfektion mit Itraconazol (400mg/die). Risikogruppen Bewohner von Endemiegebieten, Höhlengänger, Patienten mit defizienter zellvermittelter Immunantwort, besonders AIDS-Kranke. Epidemiologie Endemiegebiete: Var. capsulatum: MississippiTal, Osthälfte der USA, Lateinamerika, Afrika. 333 H Histoplasma pyriforme Vereinzelte Fallberichte aus Australien, Südostasien, Israel, Europa. Var. duboisii: Tropisches Afrika. Natürliches Reservoir: mit den stickstoffreichen Exkrementen von Vögeln, Hühnern und Fledermäusen angereicherte Erde. In Endemiegebieten der USA sind 85–95% der Bewohner Histoplasmin-Hauttest positiv, dort erkranken 26% der HIV- Patienten, in übrigen Gebieten der USA 2%. Genetik Histoplasma hat ein Genom von ca. 2 bis 3×107 bp, ≥7 Chromosomen; klinische und Umweltisolate sind haploid, partiell diploid. Ein sexueller Vermehrungszyklus ist bekannt, weshalb die Zuordnung zu den Ascomyceten erfolgte. ◗ Ajellomyces capsulatus Hefe-spezifisches Protein MS88 (MS88) mRNA: AF357882 ◗ Ajellomyces capsulatus MS8 (MS8) mRNA: AF292398 ◗ H. capsulatum kleine UE 18S rRNA: Z67752 ◗ Ajellomyces capsulatus M Antigen Gen: AF026268 ◗ H. capsulatum Hefe-spezifische (YPS-3) mRNA, 3' Ende: L16845 ◗ Ajellomyces capsulatus Hefe-spezifisches Protein (YPS-21) Gen,: U83168 ◗ Ajellomyces capsulatus var. duboisii große UE rRNA Gen, partielle Sequenz: AF071951 ◗ H. capsulatum ssp. duboisii 18S rRNA Gen: Z75306 Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen ◗ Konsiliarlabor: Robert-Koch-Institut, Nordufer 20, FG212,D-13353 Berlin: http://yellowfever.rki.de/INFEKT/STECKBRF/STBR.HTM ◗ National Centers of Disease Control, Mycotic Diseses Branch, Atlanta, GA 30333, USA. ◗ Centers for disease control and prevention: http://www.cdc.gov/ncidod/dbmd/ diseaseinfo/histoplasmosis_g.htm ◗ HIV-Infektion und Histoplasmose: University of California San Francisco and San Francisco General Hospital: http://hivinsite.ucsf.edu ◗ Weitere Informationen: http://www.medinet.net.mx/seguro/Libros/ Nelson/PARTXVI/ID063.htm Schlüsselliteratur 1. Schwarz J, 1981. Histoplasmosis. Plenum Press New York. 2. Kwong-Chung, KJ & Bennett, JW. 1992, Medical Mycology. Lea & Febiger, Philadelphia. pp. 464. 3. Wu-Hsieh, B & Howard DH. 1993. Histoplasmosis. In: Murphy JW, Friedman H, Bendinelli M (eds.), Fungal infections and immune response. Plenum Press New York, pp. 213. 4. Müller J 1992. Dimorphe Pilze. In: Burkhardt F. (Ed.): Mikrobiologische Diagnostik. G. Thieme Verlag, Stuttgart, New York, pp. 478–486. 5. De Hoog, GS, Guarro, J, Gene, J, Figueras, MJ. Atlas of Clinical Fungi. Centraalbureau voor Schimmelcultures, Universitat Rovira i Virgili, 2000; 708. Prävention Expositionsprophylaxe: Atemschutz in Fledermaushöhlen und Hühnerställen und bei Feldarbeit in Endemiegebieten. Immunsupprimierte sollten Aufenthalt in Endemiegebieten meiden. Bei Hochrisikopatienten in Endemiegebieten mit CD4+ Zellen <150/µl ist Itraconazol als Prophylaxe zu erwägen. Histoplasma pyriforme Histoplasma capsulatum HIV-1 Humanes Immundefizienz Virus Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Feststellung des Durchseuchungsgrades in Endemiegebieten mit Histoplasmin-Hauttest. Koordination und Erhebungen zur Histoplasmose in Deutschland im Rahmen der ECMM- Surveys durch das Robert-Koch-Institut Berlin (Konsiliarlabor). Meldepflicht Keine. 334 HIV-2 Humanes Immundefizienz Virus HTLV-1 Humanes T-Zell Leukämie Virus Humanes Herpesvirus 6 HTLV-2 Humanes Herpesvirus 3 (HHV 3) Humanes T-Zell Leukämie Virus Varicella Zoster Virus Human foamy virus Humanes Herpesvirus 4 Humanes Spumaretrovirus Epstein-Barr-Virus Humanes Coxsackievirus A1–23 und A24 Humanes Herpesvirus 5 (HHV 5) Cytomegalie Virus (CMV) Coxsackieviren H Humanes Herpesvirus 6 Humanes Coxsackievirus B1–B6 Coxsackieviren Erregerbezeichnung Humanes Herpes Virus 6 Synonym Humanes Echovirus 1–7, 9, 11–21, 24–27 und 29–33 HBLV Echoviren und Parechoviren Das Virion besteht aus einem ikosaedrischen Kapsid (90–110 nm) mit 162 Kapsomeren, das das virale Genom (60 nm) beherbergt. Das Tegument umschließt das Kapsid, das wiederum von einer aus Lipiden bestehenden Membranhülle, dem Envelope umgeben ist. Die Envelope-Oberfläche ist mit Glykoproteinen (spikes) bestückt. Der Durchmesser des Gesamtpartikels beträgt 170–200 nm. Humanes Enterovirus 68, 69, 70 und 71 Enteroviren 68–71 Morphologie Humanes Hepatitis B Virus Taxonomie Hepatitis B Virus Genus Roseolovirus in der Familie der Herpesviridae und der Unterfamilie der Betaherpesvirinae. Anhand von Zelltropismus, Antigenität, Nukleotidsequenz und Krankheitsassoziationen werden zwei Varianten, A und B, unterschieden. Die genetische Homologie zwischen diesen beiden Typen beträgt 95%. Die meisten klinischen Isolate sind vom Typ B. Humanes Hepatitis C Virus Hepatitis C Virus Humanes Herpesvirus 1 Historie Herpes-simplex-Virus HHV-6 wurde erstmals von Salahuddin et al. 1986 bei Patienten mit lymphoproliferativen Erkrankungen, darunter Patienten mit „acquired immunodeficiency syndrome“ (AIDS) isoliert und als humanes B-lymphotropes Virus (HBLV) bezeichnet. Aufgrund seiner Morpho- Humanes Herpesvirus 2 Herpes-simplex-Virus 335 Humanes Herpesvirus 6 logie und der eindeutigen Abgrenzbarkeit gegenüber den bekannten Herpesviren erfolgte die Einteilung als humanes Herpesvirus-6. 1988 wurde HHV-6B als häufigster Erreger des Exanthema subitum identifiziert, HHV-6A konnte bislang nicht sicher einem definierten Krankheitsbild zugeordnet werden. Erkrankungen/Symptome Die Primärinfektion mit HHV-6B erfolgt typischerweise in der frühen Kindheit und manifestiert sich bei 30–60% der Infizierten als Exanthema subitum (Synonyma: Roseola infantum, kritisches Dreitagefieber). Trotz eines hohen Fiebers (39–41°C) über 3–5 Tage („Dreitagefieber“) präsentieren sich die Kinder ungewöhnlich symptomarm: milde Pharyngitis, Otitis, zervikale Lympadenopathie, selten Fieberkrämpfe. Das periphere Blutbild zeigt typischerweise eine Leukopenie mit relativer Lymphozytose. Das Auftreten eines makulopapulösen Hautausschlages mit Betonung des Rumpfes und des Nackens („Roseola infantum“), setzt zeitgleich mit dem Abfiebern ein („Morgenröte der Genesung“) und bildet sich ebenfalls innerhalb von Stunden bis einigen Tagen zurück. HHV-6 wird auch mit Mononukleose-ähnlichen Erkrankungen sowie mit selbstlimitierenden Hepatitiden, epileptischen Anfällen und Enzephalitiden in Verbindung gebracht, letzteres mit fatalem Ausgang speziell bei Patienten mit angeborenen oder erworbenen Immundefekten. Auch interstitielle Pneumonien nach Knochenmarkstransplantation sowie Abstoßungskrisen nach Nierentransplantation werden von HHV-6 berichtet. Eine Beteiligung von HHV-6 am Chronic Fatigue Syndrom, Multipler Sklerose (MS) oder an der Entstehung von Malignomen ist derzeit Gegenstand der Forschung. Differenzialdiagnose Insbesondere CMV und EBV-Infektion, weiter Masern, Röteln und Erythema infectiosum. Labordiagnostik Das Dreitagefieber stellt eine harmlose Kinderkrankheit dar und kann klinisch diagnostiziert werden. Bei schwerwiegenden Manifestationen mit vermuteter HHV-6-Ätiologie ist die Bestimmung der Viruslast mittels quantitativer PCR möglich. Als Zeichen einer akuten Infektion gilt der Virusnachweis im Serum, Plasma oder Li336 quor. Bei anderen Materialien (z.B. bronchoalveoläre Lavage, lymphatisches Gewebe) ist die Abgrenzung von der normalen Viruspersistenz schwierig. Direkter Virusnachweis. PCR (nested, nonisotropic, quantitative, multiplexed), Zellkultur, Immunhistochemie, Hybridisierung mittels Southern-Blot. Indirekter Virusnachweis. IFT (Standardtest), EIA, Immunoblot. Nachweis von IgG- und IgM Antikörpern, allerdings relativ geringe Sensitivität. Eine Serokonversion oder ein positiver IgM-Nachweis sprechen, speziell bei Kleinkindern, für eine frische Infektion. Bei Immunsupprimierten ist die Aussage von HHV-6 Antikörpern sehr gering. Therapie Eine spezifische Therapie ist nicht indiziert. Da die Diagnose meist erst mit dem Abklingen der Erkrankung gestellt wird, ist auch der Zeitpunkt einer effektiven antiviralen Therapie meist verpasst. Eine Patientenisolierung ist aufgrund der hohen Durchseuchungsrate in der Bevölkerung nicht notwendig. Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Die Virulenz und Kontagiosität des HHV-6 ist sehr hoch, was aus der frühen und hohen Serokonversionsrate abzuleiten ist. HHV-6 hat einen zytopathischen Effekt auf Lymphozyten in Zellkultur, der von jenem durch HHV-7 nicht unterscheidbar ist. Transmission Die HHV-6-Infektion dürfte über die oropharyngeale Route stattfinden, wofür der hohe Virustiternachweis im Speichel spricht. Weiter ist eine Übertragung durch Bluttransfusionen und Organtransplantationen möglich, aber auch der kongenitale und sexuelle Übertragungsweg wurden beschrieben. Vermehrung und Inkubationszeit Wie alle Herpesviren persistiert HHV-6 nach der Primärinfektion vermutlich ebenfalls lebenslang im Wirt („Latenz“). Ein endgültiger Beweis hierzu steht jedoch noch aus. Als Persis- Humanes Herpesvirus 7 tenzort vermutet man Speicheldrüsen, zirkulierende T-Lymphozyten, Monozyten/Makrophagen und dendritische Zellen. koproteine. 8 Proteine sind an der Zellmembran und 6 am Envelope lokalisiert. Prävention Resistenz Die in vitro Sensitivität gegenüber Ganciclovir und Foscarnet konnte nachgewiesen werden. In vivo Daten sind nicht ausreichend bekannt. Es besteht jedoch eine relative in vivo Resistenz gegenüber Aciclovir: bei HIV-Patienten unter Aciclovir fand sich ein positiver HHV-6 Nachweis. Präventive Maßnahmen sind nicht bekannt. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Impfstoffe und spezifische Immunglobuline existieren nicht. Meldepflicht Immunantwort Die humorale Antwort auf HHV-6 ist nur schwach ausgeprägt, virus-neutralisierendes IgM ist nach 5–7 Tagen mit einem Maximum nach 2–3 Wochen nachweisbar. Eine Bedeutung der zellulären Immunantwort für die Kontrolle der Infektion ergibt sich aus den häufigen Reaktivierungen bei Patienten mit Defekten der zellulären Immunität (AIDS, Organtransplantation). Häufig sind virale Ko-Infektionen mit EBV, CMV oder HIV. Keine. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Mensch (DNA-Isolation auch aus Zervikalabstrich, Nabelschnurblut, Epidermis und Gewebe von Spontanaborten) und Lymphozyten von verschiedenen Affenarten. ◗ NKL: Prof. N. Müller-Lantzsch, Inst. für Med. Mikrobiologie und Hygiene, Abt. Virologie, Universitätskliniken des Saarlandes: http://www.uniklinik-saarland.de/virologie ◗ EL: Dr. F. Neipel, Inst. für Klinische und Molekulare Virologie, Universität Erlangen: http://www.viro.med.uni-erlangen.de ◗ Organ Transplant Association: http://organtx.org/toc.htm ◗ Centers for disease control and prevention: http://www.cdc.gov ◗ Virology Down Under: http://www.uq.edu.au Risikogruppen Schlüsselliteratur Kleinkinder, immunkompromittierte Patienten. 1. Chou, S., Roseola infantum and other infections caused by Herpesvirus-6. In: Infectious diseases, fifth edition. Ed.: Hoeprich, P.D., Jordan, M.C., and Ronald, A.R. J.B. Lippincott-Raven Publ., Philadelphia 1994. 2. Lopez, C., Human Herpesviruses 6 and 7- molecular biology and clinical aspects. In: The human herpesviruses. Ed.: Roizman, B., R.J. Whitley and C. Lopez. Raven Press Ltd., New York 1993. 3. Pellet, P.E. and Black, J. B. Human Herpesvirus 6. In: Fields Virology, third edition, Ed.: Fields, B.N., Knipe, D.M., Howley, P.M. et al. Lippincott-Raven Publ., Philadelphia 1996. 4. Pellet, P.E. and Dollard, S.C. Human Herpesviruses 6, 7 and 8. In: Clinical Virology Manual, third edition, Ed.: Specter, S., Hodinka, R.L., Young, S.A., ASM Press, Washington D.C. 2000. 5. Tidona, C.A., Darai, G. (Eds.) (2001), The Springer Index of Viruses, Springer Berlin, Heidelberg, New York, Tokio Wirtsbereich Epidemiologie Bereits bei Dreijährigen wird eine Seroprävalenz von 90% gefunden, im Gehirn von Erwachsenen gelingt der Virusnachweis in 80%. Genetik (Accession-No. des Genoms NC_001664). Das Virusgenom umfasst 160–170 kbp linearer doppelsträngiger DNA und kodiert ca. 100 Gene. Es setzt sich zusammen aus einer „Unique Region“ (143 kbp) und flankierenden terminalen repetitiven Sequenzen (13 kbp). Isoformen wie bei Herpes-simplex-Viren gibt es daher nicht. Der mittlere G+C-Gehalt beträgt 43%. Starke Sequenzhomologien innerhalb der Herpesviridae besteht für ca. 40 Gene, v.a. CMV und HHV-7. Mehr als 20 HHV-6 spezifische Proteine konnten bislang isoliert werden, 9 davon waren Gly- Humanes Herpesvirus 7 Erregerbezeichnung Humanes Herpes Virus 7 337 H Humanes Herpesvirus 7 Keine Daten vorhanden. CMV-Infektion vermehrt HHV-7 nachgewiesen. Morphologie Differenzialdiagnose Morphologisch entspricht das HHV-7 dem klassischen Aufbau der humanen Herpesviren. Das Virion (180–200 nm) besteht aus einem ikosaedrischen Kapsid, bestehend aus 162 Kapsomeren, und beherbergt das virale Genom. Das Tegument umschließt das Kapsid, das wiederum von einer aus Lipiden bestehenden Membranhülle, dem Envelope umgeben ist. Die Oberfläche ist mit Proteinen, den so genannten „Spikes“, bestückt. Insbesondere HHV-6 Infektionen. Synonym Taxonomie Genus Roseolovirus in der Familie der Herpesviridae und der Unterfamilie der Betaherpesvirinae. Die genetische Homologie zwischen HHV-6 und HHV-7 beträgt 50–60%. Historie HHV-7 wurde erstmals 1990 von Frenkel et al. aus CD-4 positiven T-Lymphozyten eines gesunden Erwachsenen isoliert, die in Kultur spontan zytopathogene Effekte aufwiesen. Aufgrund seiner Morphologie und der serologischen und genetischen Abgrenzbarkeit gegenüber HHV-6 erfolgte die Klassifikation als HHV-7. Erkrankungen/Symptome Die Primärinfektion mit HHV-7 erfolgt typischerweise in der frühen Kindheit, jedoch etwas später als bei HHV-6. Die Mehrzahl der Primärinfektionen geht möglicherweise ohne Krankheitssymptome einher, was aus der serologisch nachgewiesenen hohen Durchseuchung der Bevölkerung abzuleiten ist. Bislang konnte kein Krankheitsbild eindeutig dem HHV-7 zugeordnet werden. HHV-7 wird für knapp 10% der Exanthema subitum Fälle (Fieber 39°C–41°C für 3– 5 Tage, milde Pharyngitis, Otitis, zervikale Lymphadenopathie, makulopapulöser Hautausschlag mit Betonung des Rumpfes und des Nackens zeitgleich mit dem Abfiebern, Rückbildung des Ausschlages innerhalb von Stunden bis einigen Tagen) verantwortlich gemacht. Bei Immunsupprimierten (z.B. nach Organtransplantation) wird 2–4 Wochen vor Beginn einer 338 Labordiagnostik Virusnachweis: Untersuchungsmaterialien, aus denen HHV-7 isoliert werden konnte, sind TLymphozyten, Speichel und Speicheldrüsenbiopsate des Patienten. Zellkultur. Anzüchtung IL-2 stimulierter TLymphozyten oder Ko-Kultivierung mit aktivierten Lymphozyten aus Nabelschnurblut. Virusdetektion mit monoklonalen Antikörpern oder quantitativ mittels PCR möglich. Serologische Testverfahren. IFT, EIA und Immunoblot. Es bestehen Kreuzreaktivitäten zu HHV-6. Therapie Eine Therapie ist nicht bekannt. In vitro ist HHV-7 sensitiv auf Cidofovir. Eine Patientenisolierung ist nicht notwendig, da ein hoher Durchseuchungsgrad der Bevölkerung vorliegt. Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Die Virulenz und Kontagiosität des HHV-7 ist sehr hoch, was aus der hohen und frühen Serokonversionsrate abzuleiten ist. In HHV-7 infizierten Zellkulturen tritt ein Zelltod durch Lyse oder Apoptose ein. Die Antigenvariabilität ist noch Gegenstand der Forschung. Transmission Die Übertragung geschieht wahrscheinlich über den Speichel. Vermehrung und Inkubationszeit Bisher konnte nur in den Speicheldrüsen eine Produktion von HHV-7 nachgewiesen werden. Ob die hohe Rate an Virusnachweis bei Gesunden eine persistierende Infektion oder eine reaktivierte latente Infektion darstellt, ist noch unklar. Humanes Herpesvirus 8 Resistenz Meldepflicht Keine. Keine. Immunantwort Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Wie alle Herpesviren persistiert das HHV-7 nach Primärinfektion vermutlich lebenslang im Wirt. Als Persistenzort vermutet man neben TLymphozyten, die Speicheldrüsen und die Epithelien des Oropharynx. Hierfür spricht der Virusnachweis aus Speichel bei 55% von gesunden Erwachsenen. Wirtsbereich HHV-7 wurde bisher nur bei humanen Proben untersucht. Risikogruppen Kleinkinder, immunkompromittierte Patienten. Epidemiologie Nachweis von HHV-7 bei gesunden Erwachsenen 75% in den Speicheldrüsen, 55% im Speichel. Bei HIV-Patienten steigt die Nachweishäufigkeit im Speichel auf 81%. Serologische Untersuchungen (Immunfluoreszenz, ELISA) zeigen eine hohe Serokonversionsrate im frühen Kindesalter (2–5 Jahre). Genetik (Accession-No. des Genoms NC_001716). Das Virusgenom umfasst 140–150 kbp linearer doppelsträngiger DNA. Der Genomaufbau ist identisch mit dem von HHV-6 und setzt sich zusammen aus einer zentralen „Unique Region“ (ca. 133 kbp) und flankierenden terminalen Repetitionen (ca. 6 kbp) in gleicher Orientierung in der Form DRL-U-DRR. Diese Genomorganisation ist einzigartig bei Herpesviren und ähnelt denen des „Channel Catfish Virus“. Isoformen wie bei Herpes-simplex-Viren finden sich nicht. Der mittlere G+C-Gehalt beträgt 43%. Die Aminosäuresequenzhomologie zwischen HHV-7 und den HHV-6 Varianten beträgt 22–75%. Prävention Präventive Maßnahmen sind nicht bekannt. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Impfstoffe und spezifische Immunglobuline existieren nicht. ◗ NKL: Prof. N. Müller-Lantzsch, Inst. für Med. Mikrobiologie und Hygiene, Abt. Virologie, Universitätskliniken des Saarlandes: http://www.uniklinik-saarland.de/virologie ◗ EL: Dr. F. Neipel, Inst. für Klinische und Molekulare Virologie, Universität Erlangen: http://www.viro.med.uni-erlangen.de ◗ Centers for disease control and prevention: http://www.cdc.gov ◗ Virology Down Under: http://www.uq.edu.au Schlüsselliteratur 1. Chou, S., Roseola infantum and other infections caused by Herpesvirus-6. In: Infectious diseases, fifth edition. Ed.: Hoeprich, P.D., Jordan, M.C., and Ronald, A.R. J.B. Lippincott-Raven Publ., Philadelphia 1994. 2. Lopez, C., Human Herpesviruses 6 and 7- molecular biology and clinical aspects. In: The human herpesviruses. Ed.: Roizman, B., Whitley, R.J. and Lopez, C. Raven Press Ltd., New York 1993. 3. Pellet, P.E. and Black, J. B. Human Herpesvirus 7. In: Fields Virology, third edition, Ed.: Fields, B.N., Knipe, D.M., Howley, P.M. et al. Lippincott-Raven Publ., Philadelphia 1996 4. Pellet, P.E. and Dollard, S.C. Human Herpesviruses 6, 7 and 8. In: Clinical Virology Manual, third edition, Ed.: Specter, S., Hodinka, R.L., Young, S.A., ASM Press, Washington D.C. 2000 5. Tidona, C.A., Darai, G. (Eds.) (2001), The Springer Index of Viruses, Springer Berlin, Heidelberg, New York, Tokio Humanes Herpesvirus 8 Erregerbezeichnung Humanes Herpesvirus 8 (HHV-8) Synonym Kaposi-Sarkom-assoziiertes Herpesvirus (KSHV) Morphologie Die Morphologie von HHV-8 entspricht dem typischen Aufbau eines Herpesvirus. Die Viruspartikel bestehen aus einem strukturierten ikosaedrischen Kapsid, das die virale lineare doppelsträngige DNA beherbergt. Das Kapsid ist von einem amorphen Protein-Tegument und 339 H Humanes Herpesvirus 8 einer sphärischen Lipidhülle mit GlykoproteinFortsätzen umgeben. Taxonomie HHV-8 gehört zur Familie der Herpesviridae und wird aufgrund von Sequenzhomologien der viralen DNA in das Genus Rhadinovirus innerhalb der Unterfamilie der Gammaherpesvirinae eingeordnet. Im Genus Rhadinovirus ist HHV-8 der einzige humanpathogene Vertreter. eng assoziiert. Experimentell konnte gezeigt werden, dass HHV-8 in menschlicher Haut, die zuvor auf SCID-Mäuse transplantiert worden war, Kaposi-Sarkom-ähnliche Läsionen verursacht. Eine Beteiligung an der Entstehung seltener B-Zell-Lymphome wie z.B. dem „Primary Effusion“-Lymphom (PEL) und der multizentrischen Form des Castleman-Lymphoms wird diskutiert. Differenzialdiagnose Historie Aufgrund der zunehmenden epidemiologischen Ausbreitung des Kaposi-Sarkoms (KS) im Zusammenhang mit der HIV-Infektion und AIDS wurde schon früh die Beteiligung eines infektiösen Agens an der Entstehung des KaposiSarkoms vermutet. Im Jahre 1994 wurden von Chang et al. durch ein neues Verfahren (Representational Difference Analysis; RDA) erstmals Herpesvirus-ähnliche DNA-Sequenzen in KSGewebe von AIDS-Patienten nachgewiesen. Die DNA-Sequenzen zeigten signifikante Homologien zur Gruppe der Gammaherpesviren, insbesondere zu Herpesvirus Saimiri und EpsteinBarr-Virus. Anschließende epidemiologische Studien mit Hilfe der PCR-Technologie (Polymerasekettenreaktion) zeigten eine deutliche Assoziation zwischen allen bekannten Formen des Kaposi-Sarkoms und dem neu entdeckten Humanen Herpesvirus 8 (HHV-8), das daher auch als Kaposi-Sarkom-assoziiertes Herpesvirus (KSHV) bezeichnet wurde. HHV-8 wurde aber auch in lymphatischen Organen, in Prostata-Gewebe und in einer Reihe von B-Zell-Lymphomen v.a. im Zusammenhang mit AIDS nachgewiesen. Anhand stabiler Zelllinien aus BZell-Lymphomen von AIDS-Patienten, die latent mit HHV-8 infiziert waren, wurde 1996 von Chang und Mitarbeitern die vollständige DNASequenz des HHV-8-Genoms bestimmt und die Zugehörigkeit zur Gruppe der Gammaherpesviren auf genetischer Ebene bestätigt. Im Jahre 1996 gelang Renne et al. erstmals die Induktion der lytischen Vermehrung von HHV-8 in einer latent infizierten B-Zelllinie und die erste elektronenmikroskopische Darstellung von HHV8-Partikeln. Erkrankungen/Symptome HHV-8 ist mit den klassischen, endemischen und epidemischen Formen des Kaposi-Sarkoms 340 Aufgrund des unklaren kausalen Zusammenhangs zwischen HHV-8 und assoziierten Tumoren steht eine histologische Diagnose im Vordergrund. Labordiagnostik HHV-8-spezifische Nukleinsäuren können entweder durch Nested PCR oder in-situ-Hybridisierung in Gewebebiopsien nachgewiesen werden. Der PCR-Nachweis von HHV-8-spezifischen DNA-Sequenzen im peripheren Blut von immunsupprimierten bzw. HIV-infizierten Individuen ist prädiktiv für die Entwicklung eines Kaposi-Sarkoms. Auch ein serologischer Nachweis HHV-8-spezifischer Antikörper (Immunfluoreszenztest, IFT) ist möglich. Therapie Eine Therapie mit Interferon-α kann zu einer vollständigen Remission aller KS-Läsionen führen. HHV-8 bleibt jedoch häufig in den abgeheilten KS-Herden durch PCR nachweisbar, was eine Erklärung für die relativ hohe Rezidivrate nach Therapieabbruch sein könnte. Die Therapie mit einem chimären (Mensch-Maus) Antikörper gegen CD20 (Rituximab) führte bei Patienten mit HHV-8-assoziierten B-Zell-Lymphomen zu einer vollständigen Remission. Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität In menschlichem Tumorgewebe liegt das virale Genom in der Regel latent vor. Während der Latenz werden nur wenige virale mRNA-Spezies (z.B. v-FLIP, v-Cyclin, LNA-1) und Proteine (z.B. Latent Nuclear Antigen 1, LANA1) exprimiert. In „Primary Effusion“-Lymphom-Zelllinien (z.B. BCBL-1, BC-3) kann ein lytischer Replikationszyklus in vitro durch TPA induziert werden. Humanes Herpesvirus 8 Transmission Genetik Die Übertragungswege von HHV-8 sind nicht bekannt. Das gehäufte Auftreten von KaposiSarkomen bei homosexuellen Männern legt jedoch u.a. einen sexuellen Übertragungsweg nahe. Das Genom von HHV-8 wurde bereits vollständig sequenziert (GenBank Accession Number: U75698, U93872; PubMed ID: 8962146). Es besteht aus einer linearen doppelsträngigen DNA. Der zentrale kodierende Bereich (Long Unique Region) mit einer Länge von 140,5 kbp wird von zwei G+C-reichen terminalen repetitiven Sequenzen von je 801 bp Länge flankiert. Die Unique Long Region beherbergt mindestens 81 offene Leserahmen (ORFs), von denen 66 Homologien zu Herpesvirus saimiri aufweisen. Zudem sind fünf interne Repeat-Regionen enthalten. Eine ganze Reihe der ORFs kodiert für Homologe zellulärer Immun- und Wachstumsregulatoren. Ein kausaler Zusammenhang mit der Immunevasion und Tumorinduktion von HHV-8 ist wahrscheinlich. Das gesamte latente und lytische Transkriptom wurde systematisch mit Hilfe eines DNA-Arrays charakterisiert (PubMed ID: 11134302). Vermehrung und Inkubationszeit Die Replikation von HHV-8 konnte bislang nur in vitro nach Induktion des lytischen Replikationszyklus untersucht werden. Die einzelnen Stadien der Genexpression entsprechen denen der übrigen Gammaherpesviren: ImmediateEarly (0–10 h nach Induktion), Early (10–24 h nach Induktion), und Late (48–72 h nach Induktion). Resistenz Nicht bekannt. Immunantwort Nicht bekannt. Prävention Wirtsbereich Nicht bekannt. HHV-8 wurde bisher nur latent in humanen Kaposi-Sarkomen (vaskuläre Endothelzellen und perivaskuläre spindelförmige Zellen) sowie in humanen B-Lymphozyten nachgewiesen. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Risikogruppen Aus epidemiologischen Studien geht hervor, dass homo- und bisexuelle Männer im Zusammenhang mit AIDS ein um bis zu 100.000-fach erhöhtes Infektionsrisiko im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt aufweisen. Allgemein erkranken Männer 3- bis 4-mal häufiger als Frauen an einem Kaposi-Sarkom. Das Risiko einer HHV-8-vermittelten Tumorinduktion ist bei einer gleichzeitigen HIV-Infektion oder iatrogenen Immunsuppression drastisch erhöht. Nicht bekannt. Meldepflicht Keine. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Prof. Dr. Bernhard Fleckenstein, Institut für Klinische und Molekulare Virologie, Universität Erlangen, Tel. 09131-852 3563, Fax 09131-852 2101, E-Mail: [email protected]. PD Dr. Michael Stürzl, GSF-Institut für Molekulare Virologie, Neuherberg, Tel. 089-3187-3126, Fax 089-3187-3247, E-Mail: [email protected]. Epidemiologie Klassische Formen des Kaposi-Sarkoms sind seit geraumer Zeit endemisch in Zentralafrika (assoziiert mit Lymphadenopathie v.a. bei Kindern), Osteuropa und Süditalien (v.a. bei Männern nach dem 50. Lebensjahr). Seit 1981 ist eine epidemische Form des Kaposi-Sarkoms durch die Verbreitung von AIDS hinzugekommen, so dass das Kaposi-Sarkom und somit auch HHV8 heute weltweit verbreitet sind. Web-Adressen Columbia University´s KSHV Laboratory: http://pathology.cpmc.columbia.edu/C&M/ KSHVirus.html Schlüsselliteratur 1. Chang, Y., Cesarman, E., Pessin, M.S., Lee, F., Culpepper, J., Knowles, D.M., Moore, P.S. (1994): Identification of herpesvirus-like DNA sequences in AIDS-associated Kaposi's sarcoma. Science 266, pp. 1865–1869. 341 H Humanes Immundefizienz Virus Typ 1, Humanes Immundefizienz Virus Typ 2 2. Moore, P.S., Chang, Y. (1995): Detection of herpesviruslike DNA sequences in Kaposi's sarcoma in patients with and without HIV infection. N. Engl. J. Med. 332, pp. 1181– 1185. 3. Cesarman, E., Moore, P.S., Rao, P.H., Inghirami, G., Knowles, D.M., Chang, Y. (1995): In vitro establishment and characterization of two acquired immunodeficiency syndrome-related lymphoma cell lines (BC-1 and BC-2) containing Kaposi's sarcoma-associated herpesvirus-like (KSHV) DNA sequences. Blood 86, pp. 2708–2714. 4. Renne, R., Zhong, W., Herndier, B., McGrath, M., Abbey, N., Kedes, D., Ganem, D. (1996): Lytic growth of Kaposi's sarcoma-associated herpesvirus (human herpesvirus 8) in culture. Nat. Med. 2, pp. 342–346. 5. Russo, J. J., Bohenzky, R. A., Chien, M.-C., Chen, J., Yan, M., Maddalena, D., Parry, J. P., Peruzzi, D., Edelman, I. S., Chang, Y., Moore, P. S. (1996): Nucleotide sequence of the Kaposi sarcoma-associated herpesvirus (HHV8). Proc. Natl. Acad. Sci. USA 93, pp. 14862–14867. 6. Tidona, C.A., Darai, G. (Eds.) (2001), The Springer Index of Viruses, Springer Berlin, Heidelberg, New York, Tokio Humanes Immundefizienz Virus Typ 1, Humanes Immundefizienz Virus Typ 2 mehrere zelluläre Proteine, wie zum Beispiel Cyclophilin, vorhanden. Taxonomie HIV gehört zum Genus Lentivirus innerhalb der Familie der Retroviridae. Zu diesem Genus werden neben HIV eine Reihe von tierpathogenen Viren gerechnet, die chronische Erkrankungen mit langen Inkubationszeiten verursachen und häufig mit Immundefizienz und Enzephalopathien assoziiert sind (SIV; FIV; BIV; Visna Virus, CAEV, EIAV). HIV-1 und HIV-2 stammen von unterschiedlichen SIV Isolaten in verschiedenen Affenspezies ab und wurden unabhängig voneinander auf den Menschen übertragen. HIV-1 stammt aus SIV Isolaten in Schimpansen (P.t. troglodytes), HIV-2 aus Makaken (Cercocebus atys). Historie Humanes Immundefizienz Virus Typ 1 (HIV-1) Humanes Immundefizienz Virus Typ 2 (HIV-2) HIV-1 wurde 1983 von den Arbeitsgruppen von L. Montagnier (Pasteur Institute, Paris) und R. C. Gallo (NIH, Bethesda) als Erreger der Immunschwächeerkrankung AIDS (Acquired Immunodeficiency Syndrome) aus dem Blut eines Patienten mit persistierender Lymphadenopathie isoliert. Synonym Erkrankungen/Symptome Lymphadenopathie-assoziiertes Virus (LAV) Humanes T-Zell Leukämievirus Typ III (HTLVIII) Die HIV-1 Infektion verläuft progredient, irreversibel und letal. Das Stadium der Primärinfektion ist nur in seltenen Fällen klinisch apparent und wird von einer symptomfreien Latenzphase gefolgt. Vor dem AIDS Stadium mit dem Auftreten von opportunistischen Erkrankungen und AIDS-definierenden Tumoren kann ein Wochen oder Monate dauerndes Stadium der generalisierten Lymphadenopathie auftreten. Erregerbezeichnung Morphologie Die reifen, umhüllten Virionen sind sphärisch, haben einen Durchmesser von etwa 100 nm und besitzen ein kegelförmiges Viruskapsid. Auf der Virusmembran werden 72 Hüllprotein-Komplexe exprimiert, die sich aus einem Trimer des Glykoproteins zusammensetzen. Das Glykoprotein besteht aus einer membranständigen gp41 Untereinheit, die das Fusionspeptid enthält, und einer nicht kovalent gebundenen gp120 Untereinheit, die an den Virusrezeptor bindet. HIV Viruspartikel enthalten neben dem Glykoprotein und den viralen Strukturproteinen p24 (Kapsidprotein), p17 (Matrixprotein), p7 (Nukleokapsidprotein) und p6 das akzessorische Protein vpr. Das Kapsid enthält zwei Kopien der viralen RNA einschließlich der gebundenen t-RNA Primer sowie einige Moleküle der Reversen Transkriptase. Darüber hinaus sind in Virionen 342 Primärinfektion. Bei etwa 10 bis 20% der Infizierten tritt etwa ein bis sechs Wochen nach der Infektion ein Mononukleose-ähnliches Krankheitsbild mit Fieber, Angina, Lymphknotenschwellung und gelegentlich einem Exanthem auf. Klinische Latenzphase. Nach der Primärinfektion verläuft die Erkrankung zunächst über einen stark variierenden Zeitraum klinisch ohne Symptome. Die Latenzphase kann wenige Monate bis über 12 Jahre dauern. In einigen gut dokumentierten Fällen kam es auch nach mehr als Humanes Immundefizienz Virus Typ 1, Humanes Immundefizienz Virus Typ 2 12 Jahren nicht zur Ausbildung der Immunschwächekrankheit AIDS (so genannte „LongTerm Survivors“). Generalisierte Lymphadenopathie. Etwa 40% der HIV-Infizierten entwickeln vor dem Übergang in das Immundefizienzstadium AIDS eine generalisierte Lymphadenopathie. AIDS. Kennzeichnend für das Immundefizienzstadium ist das Auftreten von opportunistischen Infektionen und AIDS-definierenden Malignomen. Die opportunistischen Infektionen manifestieren sich in der Regel in der Lunge, dem Gastrointestinaltrakt, dem ZNS oder als disseminierte Infektionen. Das Erregerspektrum der opportunistischen Infektionen reicht von Bakterien (atypische Mykobakterien, M. tuberculosis, Salmonella. spp. etc.), Pilzen (Pneumocystis carinii, Candida albicans, Cryptococcus neoformans, Histoplasma capsulatum, Coccidioides immitis, Aspergillus fumigatus etc.) und Viren (HSV, VZV, CMV, EBV, JC-Virus, Papilloma Virus, Molluscum contagiosum) bis zu Protozoen (Toxoplasma gondii, Cryptosporidium spp., Isopora spp. etc.). AIDS-definierende Tumorerkrankungen sind im Wesentlichen das Kaposi-Sarkom, Non-Hodgkin-Lymphome sowie das invasive Zervixkarzinom bei Frauen. Neurologische Symptome können auftreten im Rahmen einer zerebralen Toxoplasmose, einer progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML) durch das JC-Virus, einer CMV- oder Kryptokokkenmeningitis oder als subakute HIV-Enzephalopathie, die durch HIV selbst verursacht wird. Differenzialdiagnose Differenzialdiagnostisch sind Immundefizienzen anderer Genese abzuklären, die angeboren sein können (z.B. Bruton’sche Agammaglobulinämie, DiGeorge Syndrom, Wiskott-AldrichSyndrom, SCID) oder durch Medikamente (z.B. Glukokortikoide, Zytostatika), Tumore (z.B. Leukämien, M. Hodgkin, NHL) und andere Ursachen (z.B. Splenektomie, Virusinfektion, Malnutrition) ausgelöst werden können. Labordiagnostik Zum Screnning werden in der Regel ELISATests verwendet, die gegen HIV-1 und HIV-2 gerichtete Antikörper nachweisen. Die derzeit üb- lichen HIV Tests der dritten Generation sind besonders sensitive „Double Antigen“-Tests und können Antikörper bereits nach etwas mehr als 30 Tagen nachweisen. HIV Tests der vierten Generation basieren auf einer Kombination aus Antikörper und p24-Nachweis und sollen die diagnostische Lücke zwischen Infektion und Nachweisbarkeit weiter verkürzen. In einzelnen Individuen sind Antikörper jedoch erst verzögert nach bis zu 6 Monaten nachweisbar. Als Bestätigungstest wird heute in der Regel ein Western Blot durchgeführt, bei dem Antikörper gegen einzelne, entsprechend ihrer Größe aufgetrennte Virusproteine nachgewiesen werden. Direkte Nachweismethoden sind der p24 Antigennachweistest, die Polymerasekettenreaktion (PCR) und die Virusisolierung. Der p24 Antigennachweistest ist wenig sensitiv und wird heute kaum noch verwendet. Die qualitative PCR wird verwendet zum Nachweis einer Infektion während der diagnostischen Lücke und bei Neugeborenen von HIV-positiven Müttern. Die quantitative PCR zum Nachweis der Viruslast im Serum wird zur Indikationsstellung sowie zur Verlaufskontrolle der HIV-Therapie eingesetzt. Ein wichtiger immunologischer Verlaufsparameter ist außerdem die CD4-Zellzahl im peripheren Blut, die auch in der Stadieneinteilung des CDC von 1993 mit berücksichtigt wird. Die Virusisolierung findet heute in der Regel keine Anwendung mehr. Therapie Die derzeit zugelassenen Therapeutika basieren auf einer Hemmung der viralen Reversen Transkriptase (RTI, Reverse Transkriptase Inhibitor) und Protease (PI, Protease Inhibitor). Zu den nukleosidischen RTIs gehören AZT, DDI, DDC, Lamivudin (3TC), d4T und Abacavir, zu den nicht-nukleosidischen RTIs Nevirapin, Delavirdin und Efavirenz. In Deutschland sind derzeit Saquinavir, Indinavir, Ritonavir, Nelfinavir, Amprenavir uand ABT378 als PI zugelassen. Aufgrund der hohen Mutationsrate von HIV treten bei einer Monotherapie in der Regel schnell resistente Virusmutanten auf. Deshalb werden heute bevorzugt Kombinationstherapien angewandt, mit denen das Auftreten von resistenten Virusstämmen unterdrückt oder doch zumindest verzögert werden kann. Die Kombinationstherapie von drei oder vier dieser Virostatika im Rahmen der so genannten „HAART“ 343 H Humanes Immundefizienz Virus Typ 1, Humanes Immundefizienz Virus Typ 2 (highly active anti-retroviral therapy) führt zu einer signifikanten Reduktion der Viruslast, einem Rückgang der Letalität und zu einer Verbesserung der Lebensqualität. Spezifische Merkmale medizinischen Bereich. Entsprechend der Viruskonzentration in verschiedenen Körperflüssigkeiten variiert die Infektiosität. Blut und Sperma und Vaginalsekret enthalten hohe, andere Körpersekrete wie Speichel und Tränenflüssigkeit, Urin oder Stuhl jedoch nur geringe Virusmengen. Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität HIV Viren infizieren CD4 Helferzellen und führen zu einer Depletion und einem Funktionsverlust dieser Zellen. Die Ursache für die Depletion der CD4 Lymphozyten ist bislang nicht bekannt. Als Ursache werden unter anderem ein direkter zytopathischer Effekt des Virus, die Eliminierung von infizierten und gesunden Zellen durch die resultierende Immunantwort, die Auslösung von Apoptose durch lösliches gp120, oder ein von HIV oder einem anderem Pathogen kodiertes Superantigen diskutiert. Die hohe Mutationsrate von HIV ist wahrscheinlich ein wichtiger Faktor für die Pathogenese der HIV-Infektion, weil sie sowohl die Pathogenität beeinflusst als wahrscheinlich auch Ursache für die Unfähigkeit des Immunsystems ist, das Virus zu eliminieren. Aufgrund der Fehlerrate der Reversen Transkriptase entsteht kontinuierlich eine große Anzahl an Virusmutanten, die auch als Quasispezies bezeichnet werden. Im Moment existiert, basierend auf der Nukleinsäuresequenz eine Einteilung von HIV-1 in mehr als 10 Subtypen, die sich auch in ihrer geographischen Verteilung unterscheiden. T-Zell lymphotrope und Synzytium-induzierte Isolate, die zur Zellverschmelzung zwischen HIV-infizierten und gesunden CD4-Lymphozyten führen, verwenden CCR5 als Korezeptor und werden auch als SI oder R5 Isolate bezeichnet. Makrophagotrope Isolate induzieren keine Synzytien, verwenden CXCR4 als Korezeptor und werden als NSI oder X4 Isolate bezeichnet. Transmission Eine Übertragung von HIV ist möglich durch homo- und heterosexuelle Kontakte, parenteral durch Blut oder Blutprodukte, sowie durch vertikale Transmission von der HIV-infizierten Mutter auf das Neugeborene. Eine parenterale Übertragung erfolgt durch „needle sharing“ bei i.V. Drogenabhängigen, Bluttransfusionen, Therapie mit Blutprodukten, Transplantationen sowie durch Nadelstichverletzungen im 344 Vermehrung und Inkubationszeit Nach dem Viruseintritt in die Zelle und dem „Uncoating“, der Freisetzung der viralen RNA, wird diese von der viruskodierten Reversen Transkriptase umgeschrieben in DNA. Die virale DNA wird in den Nukleus transportiert und ins Wirtszellgenom integriert. Aufgrund einer Interaktion des Matrixproteins p17 mit der Integrase ist HIV im Gegensatz zu anderen Retroviren in der Lage, nicht-proliferierende Zellen zu infizieren. Dies ermöglicht die Infektion von Langerhans'schen Zellen, Makrophagen und Gliazellen, was in der Pathogenese der HIV-Infektion wahrscheinlich eine wichtige Rolle spielt. Die viralen Transkripte werden von der proviralen DNA transkribiert, ins Zytoplasma transportiert und dort wie zelluläre mRNA translatiert. Diese Schritte werden von den beiden Regulatorproteinen tat und rev gesteuert. Der Zusammenbau der Viruspartikel findet an der Zellmembran während des so genannten „Buddings“ statt. Die Zeit bis zur Serokonversion beträgt in den meisten Fällen ein bis drei Monate. Die im Rahmen einer Primärinfektion auftretenden Symptome können etwa ein bis sechs Wochen nach der Infektion auftreten. Die Inkubationszeit bis zum Auftreten der AIDS Symptome beträgt in der Regel mehrere Jahre. Resistenz Die hohe Mutationsrate von HIV führt aufgrund von Mutationen im Bereich der Reversen Transkriptase und der Protease zu einer schnellen Resistenzentwicklung gegenüber RTI und PI. Mutationen an bestimmten Positionen der beiden Proteine sind mit einer Resistenzentwicklung gegenüber charakteristischen Virostatika assoziiert. Durch Bestimmung der Nukleinsäuresequenz von Patientenisolaten lässt sich daher der Resistenzgrad gegenüber diesen RTI und PI bestimmen (genotypische Resistenztestung). Humanes Immundefizienz Virus Typ 1, Humanes Immundefizienz Virus Typ 2 Immunantwort Risikogruppen Im Verlauf der HIV-Infektion kommt es zu einer humoralen und zellulären Immunantwort gegen HIV. Diese Immunantwort führt offensichtlich jedoch nicht zu einer Elimination des Virus aus dem Körper, da in jeder Phase der Infektion Viruspartikel nachweisbar sind. In der klinischen Latenzphase sind Viren im peripheren Blut in der Regel nicht oder nur in geringer Menge mittels PCR nachweisbar, da die in CD4+ Lymphozyten produzierten Viren im Lymphknoten zurückgehalten und nicht in die Peripherie ausgeschwemmt werden. Im Verlauf der HIV-Infektion kommt es zu einer Reihe von immunologischen Störungen, zum Beispiel einer gestörten spezifischen humoralen und zellulären Immunantwort, einer polyklonalen BZell Stimulation mit Hypergammaglobulinämie, einer gestörten Hypersensitivitätsreaktion vom verzögerten Typ, einer reduzierten γIFN und IL-2 Produktion sowie einer verminderten Aktivität von NK Zellen. Als Folge dieser Störungen entwickelt sich schließlich in späteren Stadien die Immundefizienz mit opportunistischen Infektionen. Entsprechend der Übertragungswege sind Angehörige der folgenden Risikogruppen besonders gefährdet: Homosexuelle, Drogenabhängige, Prostituierte und Personen mit hoher Promiskuität. Wirtsbereich HIV ist streng wirtsspezifisch für den Menschen. In Schimpansen führt HIV zu einer chronischen Virämie, in der Regel offensichtlich jedoch nicht zur Ausbildung von AIDS. Epidemiologie HIV-1 ist inzwischen weltweit verbreitet, wobei die Prävalenz jedoch stark unterschiedlich ist. Im Wesentlichen können drei Regionen eingeteilt werden: (i) Länder mit geringer, etwa gleichbleibender Inzidenz (z.B. USA und Europa), (ii) Länder hoher Inzidenz (z.B. Zentralafrika) und (iii) Länder mit geringer aber steigender Inzidenz (z.B. Südostasien, Brasilien). In nordamerikanischen und europäischen Ländern beschränkt sich die Infektion im Wesentlichen auf die Risikogruppen, Neuerkrankungen und Sterbefälle befinden sich auf einem niedrigen Niveau. Im Gegensatz hierzu liegt die Inzidenz von HIV-1 in einigen Regionen Zentralafrikas bei über 50% mit einer hohen Neuerkrankungs- und Sterberate. In diesen Regionen wird HIV im Gegensatz zu Ländern mit geringer und gleichbleibender Inzidenz hauptsächlich durch heterosexuellen Geschlechtsverkehr übertragen. Drastisch steigende Infektionsraten sind im Moment im südostasiatischen und lateinamerikanischen Raum zu verzeichnen. HIV-2 Infektionen sind derzeit im Wesentlichen auf Westafrika beschränkt. Tabelle 1 Virale Proteine von HIV-1 und ihre Funktion Strukturproteine des Viruskerns (gag) p24 p17 p9, p6 Reverse Transkriptase (pol) p55, p63 Protease p15 Integrase p11 Hüllproteine (env) gp120 gp41 Regulatorische Proteine tat rev nef Akzessorische Proteine vpr vpu vif Kapsidprotein Matrixprotein Nucleokapsidprotein Umschreibung der viralen RNA in DNA Prozessierung der Strukturproteine Integration ins Wirtsgenom Bindung an zellulären Rezeptor Membranfusion Transaktivierung des Promoters Expression der viralen mRNA Herunterregulation des Virusrezeptors Virusreifung, Transmission, Replikation 345 H Humanes Immundefizienz Virus Typ 1, Humanes Immundefizienz Virus Typ 2 Genetik Das Virusgenom mit einer Länge von etwa 9,4 kb, welches im Virion als Einzelstrang (+) RNA vorliegt, wird flankiert von zwei Long Terminal Repeats (LTR's). Das HIV-Genom kodiert wie bei anderen Retroviren für Gag (Strukturproteine des Viruskerns), Pol (Reverse Transkriptase, Integrase, Protease) und Env (Hüllproteine), daneben aber auch für mindestens sechs weitere Virusproteine (Tabelle 1). Dies sind die beiden regulatorischen Proteine Tat und Rev, sowie die nicht-essentiellen Virusproteine Nef, Vpr, Vpu, Vif und Vpx (nur HIV-2). Der transkriptionale Aktivator Tat wirkt auf die TAR Sequenz im 5’LTR (Long Terminal Repeat), welcher den Promotor des Virus darstellt, und verstärkt bei der Transkription sowohl die Initiation als auch die Elongation der viralen mRNA. Rev, ein post-transkriptionaler Aktivator, induziert nach der Bindung an das so genannte RRE-Element den Transport der HIVTranskripte aus dem Nukleus der infizierten Zelle ins Zytoplasma. Da aufgrund eines komplexen Splicings nur die mRNA's der Strukturproteine Gag/Pol und Env, nicht aber der regulatorischen Proteine die RRE-Sequenz enthalten, führt Rev zu einer Verschiebung der Expression von den regulatorischen zu den Strukturproteinen. Darüber hinaus scheint Rev auch noch die Translation von viralen mRNA's zu steigern. Vpu spielt offensichtlich eine Rolle bei der Virusfreisetzung, Vpr, das an Gag p6 bindet und in Virionen eingebaut wird, bei der Virusreplikation und für den zytopathischen Effekt. Das myristylierte Nef Protein ist wahrscheinlich verantwortlich für die Elimination des CD4 Rezeptormoleküls von der Zelloberfläche. Vpx, das nur bei HIV-2 vorkommt, ist notwendig für die Virusreplikation in Makrophagen und peripheren Blutlymphozyten. Eine Vielzahl von HIV-1 und HIV-2 Nukleinund Aminosäuresequenzen wurden bestimmt und sind in verschiedenen Datenbanken allgemein zugänglich. Aufgrund der hohen Zahl und der ständigen Zunahme der Sequenzen soll hier nur auf die derzeit größte Datenbank der Los Alamos National Library hingewiesen werden (http://hiv-web.lanl.gov/). Prävention Eine Impfung gegen HIV ist derzeit nicht möglich. In Tiermodellen mit SIV wurden eine Viel346 zahl von Impfstoffen mit unterschiedlichem Erfolg getestet. In den nächsten Jahren werden eine Reihe von Impfstoffen in klinischen Phase III Studien im Menschen getestet. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Die Strategien zur Krankheitsvorbeugung beschränken sich derzeit auf eine Aufklärung der Bevölkerung hinsichtlich der Gefährdung durch ungeschützten Sexualverkehr, sowie auf die sorgfältige Kontrolle von Blutkonserven, Plasmaprodukten und Transplantaten. Meldepflicht Nicht-namentliche Meldung nach § 7 Abs. 3 des Infektionsschutzgesetzes beim direkten oder indirekten Erregernachweis. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen ◗ Nationales Referenzzentrum für Retroviren, Prof. Dr. Bernhard Fleckenstein, Institut für Klinische und Molekulare Virologie, Schlossgarten 4, 91054 Erlangen, Tel. 09131/853563; Fax 09131/852101 ◗ Stanford HIV RT and Protease sequence database: http://hivdb.stanford.edu/ ◗ Los Alamos National Library HIV Drug Resistence Database: http://hiv-web.lanl.gov/seq-db.html ◗ US Department of Health and Human Services Treatment Information Service: http://www.hivatis.org/ ◗ The big picture book of viruses: http://www.virology.net/Big_Virology/ BVretro.html Schlüsselliteratur 1. Barre, S.F., Chermann, J.C., Rey, F., Nugeyre, M.T., Chamaret, S., Gruest, J., Dauguet, C., Axler, B.C., Vezinet, B.F., Rouzioux, C., Rozenbaum, W., and Montagnier, L. (1983). Isolation of a T-lymphotropic retrovirus from a patient at risk for acquired immune deficiency syndrome (AIDS). Science 220, 868–871. 2. Clavel, F., Guyader, M., Guetard, D., Salle, M., Montagnier, L., and Alizon, M. (1986). Molecular cloning and polymorphism of the human immune deficiency virus type 2. Nature 324, 691–695. 3. Feng, Y., Broder, C.C., Kennedy, P.E., and Berger, E.A. (1996). HIV-1 entry cofactor: functional cDNA cloning of a seven-transmembrane, G protein-coupled receptor. Science 272, 872–877. Humanes Spumaretrovirus 4. Gallo, R.C., Sarin, P.S., Gelmann, E.P., Robert, G.M., Richardson, E., Kalyanaraman, V.S., Mann, D., Sidhu, G.D., Stahl, R.E., Zolla, P.S., Leibowitch, J., and Popovic, M. (1983). Isolation of human T-cell leukemia virus in acquired immune deficiency syndrome (AIDS). Science 220, 865–867. 5. Maddon, P.J., Dalgleish, A.G., McDougal, J.S., Clapham, P.R., Weiss, R.A., and Axel, R. (1986). The T4 gene encodes the AIDS virus receptor and is expressed in the immune system and the brain. Cell 47, 333–348. 6. Tidona, C.A., Darai, G. (Eds.) (2001), The Springer Index of Viruses, Springer Berlin, Heidelberg, New York, Tokio Humanes Papillomavirus Typ 1 bis 87 Papillomavirus Humanes Parechovirus 1 und 2 Echoviren und Parechoviren Humanes Poliovirus 1, 2 und 3 Polioviren Humanes Spumaretrovirus Erregerbezeichnung Humanes Spumaretrovirus (HSRV), humanes Spumavirus Synonym Im englischen Sprachraum „human foamy virus (HFV)“. Morphologie Das etwa 110 bis 130 nm große Virion besteht aus einem ikosaedrischen Kapsid von ca. 50 nm Durchmesser. In ihm befindet sich das virale Genom, welches mit viralen Proteinen komplexiert ist. Die HSRV Virionen enthalten unter anderem Reverse Transkriptase (RT) Aktivität. Die Kapside sind gleichmäßig geformte, ringförmige Strukturen, deren Zentrum transparent ist oder elektronendicht sein kann. Das Kapsid ist von einer Lipidhülle umgeben, in die die viralen Oberflächenproteine (Env) eingelassen sind. Elektronenmikroskopisch erscheinen die Env Proteine als 14 nm lange, gleichmäßig ange- ordnete „Spikes“ (Antennen). Sie bestehen aus einem Transmembranprotein von 48 kDa und dem glykosylierten Oberflächenprotein von ca. 70 kDa, die je Heterodimere zu intakten, elektronenoptisch sichtbaren Env Trimeren bilden. Taxonomie Das Humane Spumaretrovirus ist der Prototyp der Subfamilie Spumavirinae innerhalb der Familie der Retroviridae. Aufgrund der Genomorganisation mit den klassischen retroviralen Genen gag, pol und env und den zusätzlichen bel Genen wird es als komplex organisiertes Retrovirus bezeichnet und weist somit eine den anderen humanen Retroviren vergleichbare Genomorganisation auf. Molekularbiologische Untersuchungen zur Replikation und Genexpression des HSRV zeigten, dass die Spumavirinae eine distinkte und klar abgegrenzte Subfamilie innerhalb der Retroviren repräsentieren. So unterscheiden sie sich in einigen Aspekten ihrer Replikation deutlich von den anderen Retroviren. Aufgrund von Sequenzvergleichen bekannter Retroviren mit den Spumaretroviren sowie durch elektronenmikroskopische Untersuchungen wurde die Stellung der Spumaretroviren als distinkte phylogenetische Gruppe bestätigt. Historie Das Humane Spumaretrovirus war das erste Retrovirus, das aus humanen Zellkulturen isoliert und charakterisiert wurde. Es ist somit das humane Retrovirus, das als erstes isoliert und charakterisiert wurde. Das derzeit einzige für Untersuchungen zur Verfügung stehende HSRV Isolat wurde aus den lymphoblastoiden Zellen eines ostafrikanischen Nasopharynx Karzinom Patienten isoliert. Spumaretroviren induzieren nach Infektion bestimmter permissiver Zellen einen sehr starken zytopathischen Effekt (CPE), der in der Zell-zu-Zell Fusion (Synzytienbildung) und der cytoplasmatischen Vakuolisierung („Schaumbildung“) besteht. Dieser starke CPE führte zur Identifikation der Spumaretroviren und gab der ganzen Subfamilie den Namen (spuma, lat. Schaum; foamy, engl. schaumig). Erkrankungen/Symptome Bislang wurde keine klare Assoziation des HSRV mit einer definierten Erkrankung des 347 H Humanes Spumaretrovirus Menschen etabliert. Befunde, nach denen HSRV-spezifische Antikörper oder HSRV-spezifische DNA in Patienten mit der Basedowschen Krankheit, dem Chronischen MüdigkeitsSyndrom und verschiedenen Thyreoditiden nachweisbar sind, wurden in nachfolgenden Untersuchungen nicht bestätigt. HSRV-spezifische DNA wurde mittels PCR-Amplifikation aus Lymphozyten von Patienten mit dem fatalen Mittelmeerfieber nachgewiesen, eine Bestätigung dieser Befunde erfolgte noch nicht. Die Spumaretroviren der Tiere (verschiedene Affenspezies, Hamster, Katzen, Rinder) werden, ähnlich wie das HSRV, als weitgehend apathogen eingestuft. Mäuse, die das gesamte HSRV Genom oder subgenomische Fragmente des HSRV als Transgen tragen, zeigen verschiedene neurologische Symptome und die Expression von HSRV Genen in bestimmten Bereichen des Gehirns, der Muskulatur und anderen Organen. Es wird diskutiert, dass das Env Oberflächenprotein, der virale Transaktivator der Genexpression Bel 1 oder ein weiteres akzessorisches Genprodukt unbekannter Funktion, das Bet Protein, für die Hirnläsionen in den HSRVtransgenen Mäusen verantwortlich sind. Differenzialdiagnose bestimmen. Aufgrund der hohen genetischen Konserviertheit spumaviraler DNA-Sequenzen sollten diagnostische PCRs nicht in Labors durchgeführt werden, in denen auch mit dem etablierten HSRV Isolat oder klonierter DNA gearbeitet wird, da sonst nicht unterschieden werden kann, ob Amplifikate mit eng verwandten Sequenzen neue HSRV Isolate repräsentieren oder ob sie durch Kontaminationen mit DNA des etablierten HSRV Isolats entstanden. Therapie Keine Daten verfügbar. Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität Keine Daten verfügbar; Spumaviren gelten als apathogen. Transmission Die Spumaretroviren der Affen werden u.a. durch Bissverletzungen übertragen. Durch solche Bissverletzungen wurden auch Affenspumaviren auf Menschen (Tierpfleger) übertragen. Bei Katzen wurde eine hohe Durchseuchungsrate mit dem Katzen Spumavirus (FFV) von bis zu 70% nachgewiesen. Keine Daten verfügbar. Vermehrung und Inkubationszeit Labordiagnostik Der Diagnostik einer HSRV-Infektion kommt eine entscheidende Rolle bei der Analyse der Prävalenz des HSRV zu (siehe auch Epidemiologie). Für die klassische Serologie wurden ELISAs zur Detektion von Antikörpern gegen die HSRV Strukturproteine etabliert. Diese ELISAs zeigen z.T. unspezifische Reaktivitäten. In serologischen Tests, die auf der indirekten Immunfluoreszenz mit Patientenseren basieren, wird nur eine starke nukleäre Färbung gegen die Gag Strukturproteine als positiv bewertet. Weiterhin werden Reaktivitäten gegen das in Zellkulturen sehr stark exprimierte Bet Protein als diagnostisch angesehen. Die Detektion HSRV-spezifischer DNA erfolgt in der Regel mittels der PCR-Amplifikation. Aufgrund des hohen Risikos falsch-positiver Resultate durch „kontaminierende“ DNA ist bei dieser Technik besondere Vorsicht geboten. Zur Bestätigung von PCR-Resultaten ist es deshalb absolut erforderlich, die Nukleotidsequenz der amplifizierten DNA zu 348 Serokonversion bei von Affen gebissenen Tierpflegern kann Monate bzw. Jahre dauern; aus solchen Patienten kann auch infektiöses Virus isoliert werden. Resistenz Keine Daten verfügbar. Immunantwort In experimentell infizierten Katzen wurde eine humorale Immunantwort festgestellt. Wirtsbereich Der Wirtszellbereich des HSRV ist in vitro vergleichsweise breit, eine große Anzahl verschiedener humaner und nicht-humaner in vitro kultivierter Zellen sind infizierbar und erlauben eine permissive Virusreplikation. Die akzidentiellen Infektionen von Tierpflegern mit Affenspumaretroviren und die permanent hohen Antikörpertiter in diesen Personen legen den Schluss nahe, dass Affenspumaviren auch den Humanes Spumaretrovirus Menschen produktiv infizieren können. Versuche, das Affenspumavirus aus den akzidentiell infizierten Patienten zu re-isolieren waren erfolgreich. Risikogruppen Tierpfleger in zoologischen Gärten und Primatenforschungszentren gehören zu den Risikogruppen. Epidemiologie Die Prävalenz des HSRV ist außerordentlich gering und verschiedene Untersuchungen, nach denen die Präsenz des HRSV mit einer definierten Krankheit des Menschen korreliert ist, konnten in nachfolgenden Analysen nicht bestätigt werden. Die geringe Präsenz des HSRV ist auch ein Grund, weshalb für virologische Untersuchungen derzeit nur ein einziges Isolat zur Verfügung steht, obwohl die Isolierung weiterer humaner Spumaretroviren beschrieben wurde. Da durch Bissverletzungen Affenspumaviren auf Menschen (Tierpfleger) akzidentiell übertragen wurden und da Spumaretroviren aus Schimpansen eng mit dem Humanen Spumaretrovirus verwandt sind, wird diskutiert, ob das HSRV durch seltene Interspezies-Transmissionen vom Schimpansen auf den Menschen entsteht / entstanden ist. In Sequenzvergleichen zwischen der HSRV Genomsequenz und bekannten Genomsequenzen der Spumaretroviren der Schimpansen bilden jedoch die verschiedenen Schimpansenviren eine vom HSRV distinkte Gruppe, so dass das HSRV als ein sehr enger Verwandter der Schimpansen-Spumaretroviren anzusehen ist. Genetik Genebank Accession No. NC_001795 (HSRV), NC_01871 (FFV). Das HSRV ist das derzeit am besten untersuchte Spumaretrovirus. Es wird als das Prototyp-Spumaretrovirus eingestuft, da die genetische Organisation bekannten Primaten-Spumaretroviren sehr ähnlich ist. Alle bislang sequenzierten Spumaretroviren weisen neben den klassischen gag, pol und env Genen zusätzliche Leseraster am 3’-Ende des Genoms auf. Expressionsprodukte dieser bel Gene wurden in infizierten Zellen nachgewiesen. Die Präsenz dieser zusätzlichen Gene charakterisieren Spumaretroviren als komplexe Retroviren, analog zum HIV und zum HTLV, den anderen humanen Retroviren. Die Expression der regulatorischen Gene erfolgt von einem im Ende des env Gens gelegenen, internen Promotor und einem klassischen 5‘-LTR Promotor. Dieser interne Promotor ist charakteristisch für Spumaretroviren. Beide Promotoren des HSRV werden durch den viralen Transaktivator der Genexpression, dem Bel 1 Protein, transaktiviert. Der Bel 1 Transaktivator ist für die Replikation des HSRV absolut essentiell. Der Mechanismus der Transaktivierung ist nicht geklärt, doch liegen die für die Transaktivierung notwendigen Zielsequenzen oberhalb der Startpunkte der Transkription. Die identifizierten Zielsequenzen des Bel 1 weisen untereinander keine deutliche Sequenzhomologien auf. Es ist deshalb offen, ob das Bel 1 Protein des HSRV direkt an seine DNA Zielsequenzen bindet oder ob es über Protein-Protein Interaktionen an bereits gebundene Transkriptionsfaktoren bindet. Für das Affen Spumavirus Typ 1 wurde nachgewiesen, dass der entsprechende Transaktivator an Zielsequenzen des internen Promotors direkt bindet. Dem Gag Protein des HSRV fehlt das für Retroviren typische CysteinHistidin Motiv der Nukleokapsid Domäne, stattdessen sind drei Arginin/Glyzin-reiche Sequenzen vorhanden sowie ein konserviertes PQPQRYG Motif, die, funktionell analog zu dem HIV-1 Nukleokapsid Protein, wahrscheinlich ebenfalls die Genom-Enkapsidierung vermitteln. Mindestens eines dieser basischen Motive fungiert als nukleäres Lokalisationssignal. Während der HSRV Replikation akkumulieren Gag Vorläufermoleküle transient im Kern der infizierten Zelle. Das Pol Protein des HSRV wird nicht, wie bei den anderen bekannten Retroviren, als Gag-Pol Fusionsprotein exprimiert. Vielmehr wird die Pro-Pol Translation an einem Methionin am Anfang des pol Gens initiiert. Für die Translation des Pro-Pol Proteins wird eine gespleißte mRNA verwendet; vergleichbare Transkripte sind für andere Retroviren nicht beschrieben worden. Die Reverse Transkriptase, das virale Enzym, das die genomische HSRV RNA in das DNA Provirus umschreibt, hat eine deutliche Präferenz für Mn2+ verglichen zu Mg2+ als bivalentes Kation und unterscheidet sich so von den RTs der anderen humanen Retroviren. 349 H Humanes Spumavirus Prävention Keine Daten verfügbar. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Keine Daten verfügbar. Meldepflicht Keine Meldepflicht. Humanes T-Zell Leukämie Virus Typ 1, Humanes T-Zell Leukämie Virus Typ 2 Erregerbezeichnung Humanes T-Zell Leukämie Virus Typ 1 (HTLV-1) Humanes T-Zell Leukämie Virus Typ 2 (HTLV-2) Synonym Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Keine. Morphologie Expertenlaboratorien Prof. Dr. R.M. Flügel, DKFZ Heidelberg Web-Adressen http://www.ncbi.nih.gov/retroviruses/ genomes/genome.html http://www.dkfz.heidelberg.de/atv/f0800/ english/index.htm Schlüsselliteratur 1. Achong, G., Mansell, P.W.A., Epstein, M.A. und Clifford, P., An unusual virus in cultures from a human nasopharyngeal carcinoma. J. Natl. Cancer Inst. 42:299– 307 (1971). 2. Löchelt, M. und Flügel, R.M. The molecular biology of human and primate spuma retroviruses. In: The Retroviridae, Vol. 4, edited by Levy, J.A, Plenum Press, New York (1995) 239–292. 3. Schweizer, M., Turek, R., Hahn, H., Schliephake, A., Netzer, K.-O., Eder, G., Reinhard, M., Rethwilm, A., und Neumann-Haefelin, D. Markers of foamy virus infections in monkeys, apes, and accidentally infected humans: appropriate testing fails to confirm suspected foamy virus prevalence in humans. AIDS Res. Hum. Retroviruses 11:161–170 (1995). 4. Aguzzi, A., Marino, S., Tschopp, R. and Rethwilm, A. Regulation of expression and pathogenic potential of human foamy virus in vitro and in transgenic mice. Current Topics Microbiol. Immunol. 206:243–273 (1996). 5. Wagner, A, Doerks, A., Aboud, M., Alonso, A., Tokino, T., Flügel, R.M., and Löchelt, M. Induction of cellular genes is mediated by the Bel 1 transactivator in foamy-virus infected human cells. J. Virol. 74:4441–4447 (2000). 6. Tidona, C.A., Darai, G. (Eds.) (2001), The Springer Index of Viruses, Springer Berlin, Heidelberg, New York, Tokio HTLV bildet shärische Viruspartikel mit einem Durchmesser von 80 bis 100 nm. Das Nukleokapsid ist konzentrisch und umgeben von einer Virushülle (Phospholipidmembran). Der Viruskern wird vom Nukleokapsidprotein p15, dem Kapsidprotein p24 und dem Matrixprotein p19 gebildet, die wie bei anderen Retroviren 2 Kopien der viralen RNA umgeben. Auf der Virusmembran befinden sich die Hüllproteine gp46 und das membranständige p21. Die Virionen sind sehr stark zellassoziiert. Taxonomie Innerhalb der Familie der Retroviridae gehören HTLV-1 und 2 zu den Typ C Onkoviren. Sie sind näher verwandt mit dem „Bovine Leukemia Virus“ (BLV) und dem „Simian T-Cell Leukemia Virus“ (STLV). Die Sequenzhomologie zwischen HTLV-1 und HTLV-2 beträgt etwa 65%. Historie HTLV-1 wurde von Poiesz und Mitarbeitern im Jahre 1980 aus einer Zelllinie isoliert (HUT-102), die von einem Patienten mit kutanem T-Zell Lymphom stammte. HTLV-2 wurde 1982 von R. C. Gallo am NIH in Bethesda in einer T-Zelllinie (Mo-T) aus einem Patienten mit Haarzell-Leukämie identifiziert und aufgrund von serologischer Kreuzreaktivität als eng verwandt mit HTLV-1 eingestuft. Erkrankungen/Symptome Humanes Spumavirus Humanes Spumaretrovirus 350 HTLV-1 Adulte T-Zell Leukämie (ATL). Der Manifestationsindex der Adulten T-Zell Leukämie (ATL) Humanes T-Zell Leukämie Virus Typ 1, Humanes T-Zell Leukämie Virus Typ 2 bei HTLV-1 infizierten Personen ist relativ gering (etwa 1% über die gesamte Lebenszeit). Die ATL tritt in der Regel 20 bis 30 Jahre nach der Infektion auf und kann unterteilt werden in 4 Verlaufsformen: (a) pre-ATL (b) chronische ATL (c) ATL vom Lymphom-Typ und (d) akute ATL. Die pre-ATL ist charakterisiert durch das Auftreten von abnormen Lymphozyten und/ oder einer Leukozytose, die chronische ATL als eine weniger aggressive Form der akuten ATL durch Hautläsionen, eine geringe Zahl an leukämischen Zellen im peripheren Blut und das Fehlen einer viszeralen Beteiligung, und die akute ATL durch Hautläsionen, eine starke Leukozytose infolge leukämischer Zellen, Eosinophilie, Neutrophilie und Hepatosplenomegalie. Darüber hinaus können Knochenläsionen, ein erhöhter Kalzium-, LDH- und Bilirubin-Spiegel im Blut, sowie Immundefizienz mit opportunistischen Infektionen auftreten. Die mittlere Überlebenszeit der akuten Form der ATL beträgt 6 Monate. Tropisch Spastische Paraparese (TSP)/HTLV-1assoziierte Myelopathie (HAM). Die Tropisch Spastische Paraparese (TSM), die identisch ist mit der HTLV-1-assoziierten Myelopathie (HAM), tritt vor allem in der Karibik und in Japan auf und ist klinisch vor allem durch eine spastische Parese der Extremitäten mit positivem Babinski-Reflex, Inkontinenz und leichte sensorische Ausfälle charakterisiert. Im Liquor sind Antikörper gegen HTLV-1 sowie atypische Lymphozyten nachweisbar. Mittels NMR sind periventrikulär im Gehirn sowie im thorakalen Rückenmark Demyelinisierungen diagnostizierbar. Darüber hinaus wird ein Zusammenhang zwischen HTLV-1 und einer Reihe weiterer Erkrankungen diskutiert (z.B. B-Zell CLL, HTLV-1 assoziierte Uveitis, sowie eine Form der chronischen Polyarthritis). HTLV-2 Atypische Haarzell-Leukämie. Obwohl HTLV-2 aus einer Zelllinie von einem Patienten mit atypischer Haarzell-Leukämie (vom T-Zell Phänotyp) stammt, ist die Assoziation von HTLV-2 mit dieser Erkrankung bisher nicht gesichert. Ähnliches gilt für andere Leukämie-Formen bzw. Tumoren, so dass eine Krankheitassoziation für HTLV-2 im Gegensatz zu HTLV-1 bislang nicht mit Sicherheit bewiesen ist. Differenzialdiagnose Adulte T-Zell Leukämie und atypische Haarzell-Leukämie. Andere Leukämien (z.B. Akute myeloische Leukämie (AML) M1-7, Akute lymphatische Leukämie (ALL), Chronisch myeloische Leukämie (CML), Osteomyelosklerose) sowie entzündliche Prozesse (z.B. Mononukleose, leukämoide Reaktion bei chronischen Eiterungen, Sepsis) müssen differenzialdiagnostisch abgeklärt werden. Tropisch-spastische Paraparese. Andere entzündliche (z.B. VZV, HSV, EBV, Borreliose), degenerative (z.B. Multiple Sklerose, Syringomyelie) und tumorinduzierte (z.B. spinale Tumoren, Metastasen) spinale Prozesse müssen differenzialdiagnostisch abgeklärt werden. Labordiagnostik Zum Screening werden ELISA oder Agglutinations-Tests verwendet, die gegen HTLV-1/2 gerichtete Antikörper nachweisen. Die Antikörper-Titer sind im Vergleich zu HIV niedrig, weshalb die Tests eine hohe Sensitivität aufweisen müssen. Kompetitive ELISA's oder RIA's sind in der Lage, zwischen HTLV-1 und HTLV-2 zu unterscheiden, was im Hinblick auf die unterschiedliche Prognose von Bedeutung ist. Als Bestätigungstest findet der Western Blot und die Polymerasekettenreaktion (PCR) aus Lymphozyten-DNA Anwendung. Die PCR eignet sich auch für die Differenzierung zwischen HTLV-1 und HTLV-2. Therapie Eine Therapie wird wegen des niedrigen Manifestationsindexes nur bei den subakuten und akuten Formen der ATL durchgeführt. Chemotherapeutische Standardschemata, wie sie bei aggressiven Formen von Non-Hodgkin-Lymphomen und bei ALL Anwendung finden, sind bei ATL wenig erfolgversprechend. Das Chemotherapeutikum Deoxycoformycin konnte zumindest in einigen Patienten eine Remission induzieren. Ähnliches gilt für die Gabe von antiTac Antikörpern, die gegen den IL2-Rezeptor gerichtet sind. Bei TSP wurden mit unterschiedlichem klinischen Erfolg Behandlungsversuche mit Kortikosteroiden, humanem Gammaglobulin und α-Interferon unternommen. Kürzlich wurde gezeigt, dass Lamivudin die Viruslast und die CTL Antwort signifikant senken kann. 351 H Humanes T-Zell Leukämie Virus Typ 1, Humanes T-Zell Leukämie Virus Typ 2 Für die Therapie der ATL ist Lamivudin wahrscheinlich nicht geeignet, da die Viruslast bei Ausbruch der ATL niedrig oder sogar negativ ist. Spezifische Merkmale Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität HTLV-1 infiziert in vivo und in vitro verschiedene Zelltypen. In vivo sind im Wesentlichen CD4+ T-Lymphozyten infiziert, daneben aber auch B-Lymphozyten und Stammzellen des Knochenmarks. Auch in vitro lassen sich verschiedene Zellen infizieren, allerdings tritt ein immortalisierende Wirkung nur bei T-Zellen auf. In Übereinstimmung mit dem breiten Zelltropismus kann der bisher nicht identifizierte zelluläre Rezeptor für HTLV-1 in sehr vielen unterschiedlichen Zellen nachgewiesen werden. Das trans-aktivierende tax Protein von HTLV beeinflusst nicht nur den eigenen, sondern auch heterologe zelluläre Promotoren und wirkt dadurch transformierend. Ein wichtiges Beispiel hierfür ist die Transaktivierung des Interleukin2 (IL-2) und des IL-2-Rezeptor Promotors durch tax. Auf diese Weise wird eine autokrine Schleife etabliert, die die infizierten Zellen zur kontinuierlichen Proliferation anregt. Neben IL-2 werden auch noch weitere Zytokine und Wachstumsfaktoren induziert. Darüber hinaus besitzen auch inaktivierte HTLV-Virionen bereits eine mitogene Wirkung auf T-Lymphozyten, ohne dass diese infiziert werden müssten. Im Gegensatz zu HTLV-1 infiziert HTLV-2 wahrscheinlich vorwiegend CD8+ T-Lymphozyten. Interessanterweise ist die Variabilität im Vergleich zu HIV wesentlich geringer. Selbst Isolate aus unterschiedlichen geographischen Regionen besitzen noch eine Sequenzhomologie zwischen 96 bis 99%. Transmission HTLV-1 wird durch sexuelle Übertragung, vertikale Transmission von der Mutter auf das Kind und parenteral durch infizierte Blutkonserven übertragen. Die sexuelle Übertragung basiert auf infizierten T-Lymphozyten im Samen, und ist wesentlich häufiger vom Mann auf die Frau als umgekehrt. Die vertikale Übertragung von der Mutter auf das Kind ist auf infizierte T-Lymphozyten in der Muttermilch zurückzuführen. Eine zellfreie Übertragung, z.B. über Blutplasma 352 oder Plasmaprodukte, ist offensichtlich nicht möglich. Vermehrung und Inkubationszeit Die Viruslast ist im Vergleich zu anderen retroviralen Infektion ungewöhnlich hoch (ATL 0,1– 10 Kopien/100 PBMC; HAM/TSP 5–10 Kopien/ 100 PBMC). Die Inkubationszeit bis zum Auftreten der ATL beträgt im Mittel 20 bis 30 Jahre, von HAM/TSP im Durchschnitt 2 Jahre. Resistenz Da über den Einsatz von Lamivudin erst vor kurzem berichtet wurde, ist über mögliche Resistenzentwicklung bisher nichts bekannt. In Anbetracht der geringen Mutationsrate ist die Resistenzentwicklung aber wahrscheinlich wesentlich niedriger als bei HIV-1. Immunantwort Die Mehrzahl der Infizierten zeigt eine ausgeprägte CTL Antwort, die überwiegend gegen Tax gerichtet ist. Die Antikörperantwort ist vorwiegend gegen Gag und Env gerichtet. In 50% aller Infizierten treten auch Tax Antikörper auf. Es besteht eine negative Korrelation zwischen HLA-A2 und der Viruslast. Dies impliziert, dass Tax Peptide durch HLA-A2 präsentiert werden und dass eine starke CTL Antwort gegen TSP/ HAM schützt. Wirtsbereich Der natürliche Wirt von HTLV-1 und HTLV-2 ist der Mensch. Beide Viren besitzen jedoch ein vergleichsweise breites Wirtsspektrum in vivo und in vitro. Tierexperimentell konnten zum Beispiel Affen und Kaninchen mit HTLV-1 infiziert werden. Risikogruppen In Endemiegebieten sind entsprechend dem Infektionsmodus vorwiegend Ehefrauen von Infizierten sowie Neugeborene von HTLV-1-infizierten Müttern gefährdet. Risikogruppen für HTLV-2 sind Drogenabhängige, sowie nordund südamerikanische Indianer. Epidemiologie HTLV-1 ist weltweit verbreitet, tritt jedoch vorwiegend in Südjapan (15–30%), der Karibik (3– 6%), in Papua-Neuguinea und in Teilen Westafrikas auf. Auch innerhalb dieser Endemiegebie- Humanes T-Zell Leukämie Virus Typ III (HTLV-III) te ist die Verteilung von HTLV-1 regional und lokal sehr unterschiedlich. Die Gesamtzahl der HTLV-1 Infizierten wird auf 10 bis 20 Millionen geschätzt. Auffallend ist eine höhere Seroprävalenz im männlichen Geschlecht, die wahrscheinlich die bessere Übertragung vom Mann auf die Frau reflektiert. HTLV-2 ist vorwiegend verbreitet unter Drogenabhängigen und nordals auch südamerikanischen Indianern. Im Vergleich zu HTLV-1 ist die Inzidenz weltweit wahrscheinlich relativ gering. Meldepflicht Eine Meldepflicht nach § 7 des Infektionsschutzgesetzes beim direkten oder indirekten Erregernachweis besteht nicht. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Nationales Referenzzentrum für Retroviren: Prof. Dr. Bernhard Fleckenstein, Institut für Klinische und Molekulare Virologie, Schlossgarten 4, 91054 Erlangen, Tel. 09131/853563; Fax 09131/ 852101 Genetik Das Einzelstrang (+) RNA Virusgenom hat eine Länge von etwa 9 kb und kodiert wie bei allen Retroviren die Gag (Strukturproteine des Viruskerns), Pol (Reverse Transkriptase, Protease und Integrase) und Env (Hüllproteine) Genprodukte. Charakteristisch für HTLV ist ein Bereich 3’ von Env, der auch als Region X bezeichnet wird. In diesem Bereich kodiert das jeweils zweite Exon der beiden regulatorischen Proteine Tax und Rex. Tax wirkt, ähnlich wie Tat von HIV auf den 5’ „Long Terminal Repeat“ (LTR), den Promotor von HTLV, und steigert die Transkription viraler mRNA's. Rex verstärkt ähnlich wie HIV-1 Rev den nukleo-zytoplasmatischen Transport von viralen Transkripten. Der LTR von HTLV-1 enthält neben der Bindungsstelle für Tax einige weitere Sequenzelemente, die von zellulären Transkriptionsfaktoren, z.B. CREB, SP-1, AP-2 und NF-1 gebunden werden. HTLV-1: D13784, NC_001436, AF033817 HTLV-2: AF412314, NC_001877, NC_001815, NC_001488 Prävention Ein Impfstoff ist derzeit nicht erhältlich. Aufgrund der hohen Zahl von HTLV-1-Infizierten erscheint die Entwicklung einer Vakzine trotz des niedrigen Manifestationsindexes sinnvoll. Strategien zur Krankheitsvorbeugung und Kontrolle Die Strategien zur Krankheitsvorbeugung beschränken sich wegen des Fehlens eines Impfstoffes auf eine Aufklärung der Bevölkerung hinsichtlich der Gefährdung durch ungeschützten Sexualverkehr. Web-Adressen Kagoshima University Internal Medicine Department: http://www.kufm.kagoshima-u.ac.jp/ ~intmed3/ham.htm Schlüsselliteratur 1. Jeffery, K.J., Usuku, K., Hall, S.E., Matsumoto, W., Taylor, G.P., Procter, J., Bunce, M., Ogg, G.S., Welsh, K.I., Weber, J.N., Lloyd, A.L., Nowak, M.A., Nagai, M., Kodama, D., Izumo, S., Osame, M., and Bangham, C.R. (1999). HLA alleles determine human T-lymphotropic virus-I (HTLVI) proviral load and the risk of HTLV-I-associated myelopathy. Proc.Natl.Acad.Sci.U.S.A 96, 3848–3853. 2. Kalyanaraman, V.S., Sarngadharan, M.G., Robert-Guroff, M., Miyoshi, I., Golde, D., and Gallo, R.C. (1982). A new subtype of human T-cell leukemia virus (HTLV-II) associated with a T-cell variant of hairy cell leukemia. Science 218, 571–573. 3. Poiesz, B.J., Ruscetti, F.W., Gazdar, A.F., Bunn, P.A., Minna, J.D., and Gallo, R.C. (1980). Detection and isolation of type C retrovirus particles from fresh and cultured lymphocytes of a patient with cutaneous T-cell lymphoma. Proc.Natl.Acad.Sci.U.S.A 77, 7415–7419. 4. Slamon, D.J., Press, M.F., Souza, L.M., Murdock, D.C., Cline, M.J., Golde, D.W., Gasson, J.C., and Chen, I.S. (1985). Studies of the putative transforming protein of the type I human T-cell leukemia virus. Science 228, 1427–1430. 5. Taylor, G.P., Hall, S.E., Navarrete, S., Michie, C.A., Davis, R., Witkover, A.D., Rossor, M., Nowak, M.A., Rudge, P., Matutes, E., Bangham, C.R., and Weber, J.N. (1999). Effect of lamivudine on human T-cell leukemia virus type 1 (HTLV-1) DNA copy number, T-cell phenotype, and antitax cytotoxic T-cell frequency in patients with HTLV-1associated myelopathy. J.Virol. 73, 10289–10295. 6. Tidona, C.A., Darai, G. (Eds.) (2001), The Springer Index of Viruses, Springer Berlin, Heidelberg, New York, Tokio Humanes T-Zell Leukämie Virus Typ III (HTLV-III) Humanes Immundefizienz Virus 353 H Hundebandwurm Hundebandwurm Echinococcus granulosus Hundespulwurm Toxocara Hymenolepis diminuta Cestoden, seltenere Hymenolepis nana Erregerbezeichnung Hymenolepis nana Synonym Rodentolepis nana, Zwergbandwurm Morphologie Bandwurm von 2,5–4 cm Länge und 1 mm Breite. Skolex mit 4 Saugnäpfen und Rostellum mit einfachem Hakenkranz. Strobila aus 100–200 Proglottiden bestehend. Eier rundlich (30– 50 µm), dünnschalig, Embryophore mit äußeren Polfäden und Oncosphäre im Innern. Taxonomie Klasse: Cestoda Ordnung: Cyclophyllidea Familie: Hymenolepididae. Historie Erstnachweis beim Menschen durch Theodor Bilharz 1851 in Ägypten. Aufklärung des Entwicklungszyklus durch Grassi und Rovelli (1887, 1892). Erkrankungen/Symptome Hymenolepidiasis. Vor allem bei Massenbefall. Charakterisiert durch periodische, schlagartig einsetzende Leibschmerzen von 1–2 Stunden Dauer; Diarrhöen mit glasig-schleimigen Stühlen und unter Umständen epileptiforme Anfälle. Hymenolepidiasis ist geprägt durch die toxi354 sche Wirkung von Stoffwechselprodukten. Leichtere Infektionen sind in der Regel asymptomatisch. Durch die Autoinfektion kann jedoch besonders bei Kindern ein starker Befall mit heftigen Bauchkrämpfen, Durchfällen und Anorexie entstehen. Differenzialdiagnose Durchfallserkrankungen durch virale oder bakterielle Erreger oder durch Protozoen. Labordiagnostik Der Nachweis eines H. nana-Befalls erfolgt anhand der bereits im Darm freigewordenen und mit dem Stuhl ausgeschiedenen charakteristischen Eier. Für eine sichere Diagnostik empfiehlt sich die Untersuchung von drei Stuhlproben von verschiedenen Tagen mit Hilfe eines Anreicherungsverfahrens (MIF- oder SAF-Anreicherung). Therapie Mittel der Wahl ist Praziquantel in einer Einmaldosis von 25mg/kg KG. Hierdurch werden die adulten sowie die Larven (Cysticercoide) in der Darmwandmukosa abgetötet. Niclosamid wirkt jedoch ausschließlich gegen die Adulten (7tägige Behandlung je nach Alter; >6 Jahre: 1. Tag 2g, 2.–7. Tag je 1g oral; 2–6 Jahre: 1g bzw. 0,5g; <2 Jahre: 0,5g bzw. 0,25g). Spezifische Merkmale Transmission Die Übertragung erfolgt in der Regel auf dem fäkal-oralen Infektionsweg durch die Aufnahme der Bandwurmeier. Das Verschlucken bzw. der Verzehr von Zwischenwirten (verschiedene Insekten, z.B. Flöhe, Mehlkäfer und andere) kann ebenfalls zur Infektion führen. Die Autoinfektion ist der häufigere Infektionsmodus. Vermehrung und Inkubationszeit H. nana gehört zu den fakultativ diheteroxenen Parasiten und kann sich also mit oder ohne Zwischenwirt entwickeln. Ohne Zwischenwirt: Ausscheidung der Eier mit dem Stuhl → orale Aufnahme durch den Menschen → Schlüpfen der Oncosphäre im Darmtrakt → Entwicklung zur Larve (Cysticercoid) in der Mukosa des Duodenums → Rückwanderung ins Darmlumen und Heranwachsen zum Adultwurm im Dünndarm. Hymenolepis nana Mit Zwischenwirt: Aufnahme der Eier durch Larven von Insekten (Flöhe, Mehlkäfer u.a.) → Entwicklung zur Larve (Finne) → Verschlucken infizierter Insekten durch den Menschen → Entwicklung zum Adultwurm im Dünndarm. Die Präpatenzzeit ist abhängig von der Art des Infektionsmodus und kann bis zu 3 Wochen betragen. Wirtsbereich H. nana nana gilt als Humanparasit und H. nana fraterna als Parasit von Ratten und anderen Nagetieren. Es handelt sich daher möglicherweise um 2 Stämme, die normalerweise entweder von Mensch zu Mensch oder von Maus zu Maus weitergegeben werden. Risikogruppen Besonders betroffen sind Menschen, die in Gebieten mit mangelhaften hygienischen Verhältnissen leben. Epidemiologie H. nana nana kommt vor allem in den wärmeren Klimazonen vor und führt dort zu Infektionen bei Kindern. Die Zahl der Infizierten wird auf 30 Mio. geschätzt. Kontaminierte Nahrungsmittel sind eine wichtige Infektionsquelle. Häufig sind aber auch Autoinfektionen. Die aus Hausmäusen beschriebene H. nana fraterna ist weltweit verbreitet und kann über verunreinigte Nahrungsmittel ebenfalls zur Infektion des Menschen führen. Prävention Maßnahmen zur Verhütung bestehen in Körperhygiene und sicherer Beseitigung menschlicher Fäkalien. Meldepflicht Eine Meldepflicht besteht nicht. Referenzzentren, Expertenlaboratorien und Web-Adressen Offizielle Referenzzentren existieren nicht; als fachlich qualifiziert anzusehen sind sämtliche parasitologische und tropenmedizinische Institutionen. Expertenlaboratorien ◗ Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin, Leopoldstr. 5, 80802 München ◗ Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Bernhard-Nocht-Str. 74, 20359 Hamburg ◗ Hygiene-Institut, Abteilung Parasitologie, Im Neuenheimer Feld 324, 69120 Heidelberg ◗ Hygiene-Institut, Abteilung Tropenmedizin, Im Neuenheimer Feld 324, 69120 Heidelberg ◗ Institut für Medizinische Parasitologie, Sigmund-Freud-Str. 25, 53105 Bonn ◗ Institut für Parasitologie, Rudolf-BuchheimStr. 2, 35392 Gießen ◗ Institut für Parasitologie, Bünteweg 17, 30559 Hannover ◗ Institut für Parasitologie und Tropenveterinärmedizin, Königsweg 65, 14163 Berlin ◗ Institut für vergleichende Tropenmedizin und Parasitologie, Leopoldstr. 5, 80802 München ◗ Institut für Tropenmedizin, Wilhelmstr. 31, 72074 Tübingen ◗ Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, Wiederholdstr. 15, 70174 Stuttgart ◗ Landesinstitut für Tropenmedizin, Engeldamm 62/64, 10179 Berlin Web-Adressen für Parasiten ◗ Deutsche Gesellschaft für Parasitologie: http://www.dgp.parasitologie.de ◗ Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft: http://www.dvg.net u.a. Infos zur Fachgruppe „Parasitologie und parasitäre Krankheiten“ ◗ Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit: http://www.dtg.mwn.de ◗ British Society for Parasitology: http://www.abdn.ac.uk/bsp/ ◗ American Society of Parasitologists: http://www.museum.unl.edu/asp ◗ Universität Berlin: Lehrstuhl für molekulare Parasitologie: http://www.biologie.hu-berlin.de/molpara ◗ CDC-Center for Disease Control and Prevention: http://www.cdc.gov/ ◗ WHO-World Health Organization: http://www.who.int/ Schlüsselliteratur 1. Beaver PC, Jung RC, Cupp EW (1984) Clinical Parasitology. 9th Edition. Lea & Febiger, Philadelphia 355 H Hypoderaeum 2. Lucius R, Frank-Loos B (1997). Parasitologie. Grundlagen für Biologen, Mediziner, Veterinärmediziner. Spektrum, Akademischer Verlag Heidelberg, Berlin. 3. Despommier DD, Gwadz RW, Hotez PJ (1995) Parasitic Diseases. 3rd Edition, Springer-Verlag, New York etc. 4. Lang W, Löscher T (Hrsg). (2000) Tropenmedizin in Klinik und Praxis. 3. Auflage, Georg Thieme Verlag Stuttgart. 5. Mehlhorn H, Eichenlaub D, Löscher T, Peters W (1995) Diagnostik und Therapie der Parasitosen des Menschen. 2. Auflage, Gustav Fischer Verlag Stuttgart. Hypoderaeum Darmegel Hypoderma Fliegenmaden 356