Störung der Aufmerksamkeit Seminar Sonderpädagogik 20011/12 Irène Baeriswyl-Rouiller Aufmerksamkeit Aufmerksamkeit: ist die selektive (gerichtete oder fokussierte) Aufmerksamkeit auf relevante Reize bei gleichzeitiger Unterdrückung von Störreizen. Es ist die Fähigkeit rasch und richtig auf relevante Reize zu reagieren Konzentration: ist ebenfalls gerichtete Aufmerksamkeit, die sich auf einen Gegenstand richtet und mehrere Minuten dauern kann Kognitive Flexibilität: besteht im schnellen Wechsel des Aufmerksamkeitsfokus. Es ist eine grundlegende Fähigkeit für die allgemeine Leistungsfähigkeit. Ungerichtete Aufmerksamkeit: ist die allgemeine Reaktionsbereitschaft © Irène Baeriswyl-Rouiller 2 1 Struwwelpeter: Zappelphilipp Beschreibung von ADHS-Kindern © Irène Baeriswyl-Rouiller 3 Struwwelpeter: Zappelphilipp © Irène Baeriswyl-Rouiller 4 2 Arten und Symptome n n ADS: Aufmerksamkeitsdefizit Störung ADHS: Aufmerksamkeitsdefizit und Hyperaktivitätsstörung ¨ ¨ Mangelnde Flexibilität Erhöhte Ablenkbarkeit n n n Externe Ablenkbarkeit: Störreize von aussen z.B. Lärm Interne Ablenkbarkeit: anfällig auf innere Störreize auf aufgabenirrelevante Gedanke Drei Hauptsymptome können beobachtet werden: ¨ ¨ ¨ Unaufmerksamkeit Motorische Unruhe/Hyperaktivität Impulsivität © Irène Baeriswyl-Rouiller http://youtu.be/S1vhnEtqEbI 5 Motorische Unruhe © Irène Baeriswyl-Rouiller 6 3 Verbreitung von Aufmerksamkeitsstörungen n Häufigste Verhaltensstörung n Häufigkeit variiert - je nach Diagnosekriterien - zwischen 3-15%. n 20% der Population, die in Kinder- und jugendpsychiatrischen- oder neuropsychologischen Praxen behandelt werden. © Irène Baeriswyl-Rouiller 7 Einfluss von Neurotransmitter auf verschiedene Aufmerksamkeitsfunktionen Serotonin Noradrenalin Impuls Aufmerk samkeit Antrieb Dopamin In Heubrock, Petermann, 2004, S 32 © Irène Baeriswyl-Rouiller Stimulanzien z.B. Ritalin 8 4 © Irène Baeriswyl-Rouiller 9 Klassifikationssysteme n n DSM-IV ICD-10 ¨ Unaufmerksamkeit n ¨ Hyperaktivität n ¨ Impulsivität n © Irène Baeriswyl-Rouiller Unaufmerksamkeit Überaktivität Impulsivität 10 5 Diagnosekriterien n n n n n Früher Beginn im Kindesalter vor 7 Jahren Symptome müssen mindestens 6 Monate andauern Sie müssen in verschiednen Lebensbereichen auftreten und Zu deutlich relevanten Beeinträchtigungen führen Andere Probleme müssen durch klare Kriterien ausgeschlossen werden Jacobs et al. 2005, S. 14. © Irène Baeriswyl-Rouiller 11 Allgemeine Ausschlusskriterien n n n n Keine tief greifende Entwicklungsstörung (Autismus) Keine Schizophrenie, oder eine andere psychische Störung. Keine depressive- oder Angststörung (ICD-10). Keine psychische Störung durch die die Symptome besser erklärt werden können (DSM-IV). © Irène Baeriswyl-Rouiller 12 6 Aspekte der Aufmerksamkeit n Allgemeine Aktivierung/ Wachheit. n Selektive fokussierte Aufmerksamkeit n Vigilanz / Daueraufmerksamkeit n Geteilte Aufmerksamkeit n Kontrollaufmerksamkeit Jacobs et al. 2005, S. 14. © Irène Baeriswyl-Rouiller 13 Symptome Hohe inter- und intraindividuelle Variabilität n n Aufmerksamkeitsstörung Störung der Entwicklung von Exekutivfunktionen: Steuerungs- und Koordinationsschwäche Fehlende Regulation von Impulsen und Affekten (Unruhe, Hyperaktivität, Impulsivität) ¨ Schwierigkeiten der kognitiven Flexibilität ¨ Schwierigkeiten beim Planen und Problemlösen ¨ Schwierigkeiten bei Informationsanalyse und Informationsverarbeitung ¨ ¨ © Irène Baeriswyl-Rouiller 14 7 n Häufig gestörte Feinmotorik n Störendes Sozialverhalten Intoleranz gegenüber reiz-und stimulationsarmen Situationen (mentale Selbststimulation) n © Irène Baeriswyl-Rouiller 15 Äusserung in der Schule n n n n n n n Auffälliges motorisches Verhalten Konzentrationsschwierigkeiten Qualität der Arbeit Mangelhafte Problemlösestrategien Schwierigkeiten im sprachlichen Bereich Probleme in der Klassengemeinschaft Situationsabhängiges Verhalten © Irène Baeriswyl-Rouiller 16 8 Interaktionen n n Lehrkräfte fühlen sich „genervt“ Die Klassenkameraden ¨ Bewundern ¨ Entwickeln n sie als Klassenclown eine grosse Ablehnung Für die Eltern entwickeln sie sich vom Problemkind zum Schulproblem ¨ Rückmeldung aus der Schule ¨ Kampf mit den Hausaufgaben © Irène Baeriswyl-Rouiller 17 Selbstwahrnehmung n Fühlen sich „ als anders“ n Haben Angst vor Misserfolgen n Haben eine unrealistische Selbsteinschätzung n Sehr niedriges Selbstwertgefühl © Irène Baeriswyl-Rouiller 18 9 Positive Eigenschaften n n n n ADHS-Kinder sind oft aufgeweckte Machertypen Oft sehr kreative Kinder Improvisationskünstler Sind nicht nachtragend © Irène Baeriswyl-Rouiller 19 Tagträumen n n n Nicht alle Kinder sind hyperaktiv Vor allem bei Mädchen tritt die Störung meist ohne hyperkinetisches Syndrom auf Tagträumen ist ein häufiges Phänomen © Irène Baeriswyl-Rouiller 20 10 Diagnose ein interdisziplinärer Prozess (Jacobs et al. 2005, S. 23) Anamnese und Exploration der Eltern, des Kindes/Jugendlichen, der Erzieher/Lehrer - Auffälligkeiten und Kompetenzen - Kognitive Defizite und Fähigkeiten - Körperliche Funktionen - Psychosoziale Bedingungen Weitergehende Diagnostik V-Beobachtung Tests Med. Abkl Psycho-sozial DIAGNOSESTELLUNG © Irène Baeriswyl-Rouiller 21 Behandlungsverfahren und die Effektstärken Behandlungsmethode Trainingsansätze /-prinzipien Psychometrischer Ansatz Entspannung: Autogenes Training, progressive Muskelentspannung Biofeedback Medikamente: Ritalin, Concerta etc. 0.77 Verhaltenstherapeutische Techniken Modell-Lernen, positive Verstärkung, Tokensysteme, visuelles Diskriminationstraining,Problemlösungstraining 0.71 Elterntraining Verbesserung der Erziehungskompetenz, Kommunikationstraining, Vermittlung von Techniken der Verhaltensmodifikation 0.49 Behandlungspakete Multimediale Ansätze für betroffene Kinder, Eltern und Lehrer 0.37 Selbstinstruktionstraining Verbale Steuerung, Versprachlichung bei Problemlöseaufgaben 0.36 Biologischer Ansatz © Irène Baeriswyl-Rouiller Effektstärke 22 11 Biofeedback © Irène Baeriswyl-Rouiller 23 Hilfen für den Unterricht n n n n n n n n n n Festgelegte Abläufe klar definieren Klare Strukturen und ritualisierte Elemente Rhythmisieren im Aktivierungsniveau zu regulieren Differenzieren im Unterricht Differenzieren bei der Beurteilung Lehrkraft als Modell Lernen mit allen Sinnen Zusätzliche Reize Handlungsorientierte Materialien Materialien mit selbständiger Fehlerkontrolle © Irène Baeriswyl-Rouiller 24 12 Spezielle Massnahmen für das ADS Kind n n n n n n n n Regeln Sitzordnung auswählen Bewegungsbedürfnis miteinbeziehen Klare Strukturen Strategien aufbauen, die kanalisieren Selbständige Kontrolle Verhaltenskontrolle erlernen und aufrechterhalten Rückmeldung und Lob © Irène Baeriswyl-Rouiller 25 Verarbeitungsaufgabe 1 Partnerarbeit Aufmerksamkeitsgestörte hyperaktive Kinder und Jugendliche im Unterricht n Auf der Lehrerchecklisten und dem Dokument „Prinzipien für den Unterricht“ finden Sie Hinweise zum Umgang mit diesen Kindern Prinzipien der Unterrichtsplanung und Gestaltung ¨ Spezielle Massnahmen für diese Kinder Tauschen Sie sich in Kleingruppen über die beiden Texte aus. Welche vorgeschlagenen Massnahmen erscheinen Ihnen brauchbar? - Was würden Sie ausprobieren oder sicher einführen? - Was würden Sie bei der Durchführung beachten? - Was haben Sie bereits selbst ausprobiert? ¨ ¨ © Irène Baeriswyl-Rouiller 26 13 Literaturangabe n n n n n Döpfner, M. (1998). Hyperkinetische Störungen. In Petermann (Hrsg). Lehrbuch der klinischen Kinderpsychologie. (S165-217) Lauth, G., Grunke, M., Brunstein, J. (2004) Intervention bei Lernstörungen, Göttingen: Hogrefe Imhof, M., Skrodzki, K., Urzinger, M. Aufmerksamkeitsgestörte Kinder und Jugendliche im Unterricht. Auer Verlag. Jacobs, C., Heubrock, D., Muth, D., Petermann, F. (2005) Training für Kinder mit Aufmerksamkeitsstörungen.Göttingen: Hogrefe Neuhaus, C. (2000) Hyperaktive Jugendliche und ihre Probleme. Erwachsen werden mit ADS. Uraniaverlag. © Irène Baeriswyl-Rouiller 27 14