Chemisches Potential und Nernstgleichung Carsten Stick Definition der mechanischen Arbeit: „Kraft mal Weg“ W = F ! ds W = Arbeit oder Energie; F = Kraft; s = Weg Diese Definition lässt sich auch auf die Kompression eines Gases anwenden, wie folgende Abbildung anschaulich macht: Auf den Stempel wird die Kraft F ausgeübt, die eine Verschiebung des Stempels ds bewirkt. In dem Zylinder, der zunächst das Volumen V1 enthält, herrsche der Druck p, so dass auf die Querschnittsfläche A des Kolbens die Kraft F = p A einwirkt. Durch die Verschiebung ds des Kolbens in den Zylinder wird das Volumen V um den Betrag dV verringert. Die am Stempel verrichtete Arbeit entspricht der dem Gas bei der Kompression zugefügten Arbeit: V2 W= " p(!dV ) V1 Nach dem Boyle-Mariottschen Gesetz oder dem allgemeinen Gasgesetz p !V = nRT ist der Druck p eine Funktion des Volumens: nRT p= V Substituieren von p durch diese Funktion führt zu: V2 nRT W=" (!dV ) V V1 Vorziehen der Konstanten vor das Integral: V2 dV W = !nRT " V V1 Die Integration in den Grenzen V1 bis V2 führt zu: W = !nRT" [ lnV ]V1 V2 Verdünnte Lösungen verhalten sich analog zu idealen Gasen. Die Analogie liegt darin, dass die gelösten Teilchen untereinander keine Kräfte aufeinander ausüben und in der Lösung idealer Weise kein Volumen einnehmen. Die Kompression, also die Verringerung des Volumens entspricht einer Erhöhung der Konzenteration. Die Konzentration c ist definiert als: n bedeutet die Stoffmenge in mol. Logarithmieren des Ausdrucks: für n= 1 mol gilt n c= V n ln c = ln V ln c = 0 ! lnV oder: lnV = ! ln c Einsetzen dieses Ausdrucks in die obige Gleichung für die Arbeit bei der Kompression eines Gases ergibt die Konzentrationsarbeit: WKonz. = !RT" [ -lnc ]c1 c2 oder nach Berücksichtigung der beiden Minuszeichen: WKonz. = RT[ ln c ]c1 c2 Das bestimmte Intergral in den Grenzen c1 bis c2 ist: WKonz. = RT! (ln c2 " ln c1 ) oder: c2 WKonz. = RT ! ln c1 Dies ist der Betrag der Arbeit, die bei der Konzentration eines Stoffes von der Konzentration c1 auf die Konzentration c2 aufgebracht werden muss. Umgekehrt ist es die Arbeit oder das chemische Potential, das diesem Konzentrationsunterschied entspricht. Konzentrationsunterschiede bedeuten potentielle Energie oder Potentialdifferenzen. Nernstgleichung Die Nernst-Gleichung (Walther Nernst 1864 – 1941, Nobelpreis 1920) beschreibt den Gleichgewichtszustand zwischen chemischer Potentialdifferenz, die wie gesehen auf Konzentrationsdifferenzen beruht, und elektrischer Potentialdifferenz, die durch Ladungstrennung bedingt ist. Das Gleichgewichtspotential bezeichnet also das Potential, an welchem das Gleichgewicht zwischen chemischem und elektrischem Potential gegeben ist. Die elektrische Arbeit ist definiert als Produkt aus „Spannung mal Ladung“. Es ist diejenige Arbeit, die aufgebracht werden muss, um eine Ladung Q gegen die im elektrischen Feld auf diese Ladung wirkende Kraft zu transportieren, wobei die Potentialdifferenz U überwunden wird: Welektr. = Q !U Für n = 1 mol ist die Ladung Q gleich der Faraday-Konstante F, für mehrwertige Ionen ist die Ladung z F: Welektr. = zF !U Im Gleichgewicht zwischen elektrischer Arbeit und Konzentrationsarbeit wird die gleiche Energie benötigt, um eine Stoffmenge (ein Mol) gegen den Konzentrationsgradienten zu transportieren, wie gegen den elektrischen Gradienten. Der Nettoteilchentransport oder der Nettostrom ist in diesem Gleichgewicht Null, d.h. auch die Nettoarbeit oder die Summe der elektrischen Arbeit und der Konzentrationsarbeit ist Null: Welektr. + Wkonz. = 0 c2 zF !U = "RT! ln c1 RT c2 U=! " ln zF c1 statt U für die Gleichgewichtsspannung wird als Symbol häufig der Buchstabe E geschrieben und vom Gleichgewichtspotential gesprochen. Für das Vorzeichen bzw. die Frage, welche Konzentration c1 oder c2 in den Zähler oder den Nenner geschrieben wird ist die Konvention entscheidend: Membranspannungen oder Membranpotentiale werden üblicherweise auf das Umgebungsmedium bezogen, d.h. es wird das intrazelluläre Potential gegenüber der Umgebung der Zelle (innen gegenüber außen) angegeben. Für Kalium, also cinnen > caußen, beispielsweise resultiert ein negatives Membranpotential innen gegenüber außen: RT cinnen U=! " ln zF caußen Konzentrationen [m mol/l] einiger Ionen und deren Gleichgewichtspotentiale an der Zellmembran (Skelettmuskel, Warmblüter) Ion intrazellulär extrazellulär Nernst-Potential + Na 12 145 + 67 mV + K 155 4 - 98 mV 2+ -4 -5 Ca ca. 10 - 10 2 ca. - 140 mV Cl 4 120 - 91 mV Anwendungen des Ohmschen Gesetzes an der Zellmembran: Befindet sich das Membranpotential am Gleichgewichtspotential, ist der Netto-Strom für dieses Ion Null. Weicht dagegen das Membranpotential vom Gleichgewichtspotential ab, so fließt ein Ionenstrom entsprechend der Leitfähigkeit für das jeweilige Ion: I = L ! (E " E Ion Ion Ion Membran ) Ist das Membranpotential negativ gegenüber dem Gleichgewichtspotential, kommt es zu einem Einstrom von positiven Ionen in die Zelle, ist das Membranpotential positiver als das Gleichgewichtspotential, kommt es zum Ausstrom. Das Gleichgewichtspotential wird deswegen auch als Umkehrpotential bezeichnet. Durch die Bestimmung des Umkehrpotentials kann beispielsweise an einer Synapse bestimmt werden, welches Ion oder welche Ionen für eine Potentialänderung an der Membran, die durch einen Transmittter bewirkt wurde, verantwortlich ist. © 2005, 2006 letzte Änderung: 11. Juni 2007 Prof. Dr. Carsten Stick Institut für Medizinische Klimatologie Christian-Albrechts-Universität Kiel Olshausenstr. 40 D-24098 Kiel