Ein mehrsprachiges Wandertheater mit Schauspiel, Puppenspiel und Gipsy Music. Gespielt wird an Orten im 3. Wiener Gemeindebezirk, an denen das Volk und nicht das Finanzwesen beheimatet ist. Premiere: 30. August 2012 19.00 Uhr, Joe-Zawinul-Park/Klopsteinplatz Eine Koproduktion von www.theaterfink.at und www.romanosvato.at Jura Soyfer Jura Soyfers Geburtstag jährt sich heuer zum 100. Mal, was zum Anlass genommen wird, an den großartigen Dichter und Antifaschisten in seinem ehemaligen Heimatbezirk zu erinnern. wurde am 8. Dezember 1912 in Charkow geboren, musste als Kind eines jüdischen Industriellen mit seiner Familie über die Türkei nach Österreich flüchten. Die Familie lebte in der Gärtnergasse in der Landstraße, Jura ging in Erdberg zur Schule. Hier erlebte er Blüte und Niedergang des „Roten Wien“. 1931 maturierte er am Gymnasium in der Hagenmüllergasse. Er war ein Kind des dritten Bezirks und ist viel zu früh im Alter von 26 Jahren im KZ Buchenwald gestorben. Werke: 1936 – Der Weltuntergang 1936 – Der Lechner Edi schaut ins Paradies 1937 – Die Botschaft von Astoria 1937 – Vineta 1937 – Broadway Melodie 1492 Seine Theaterstücke und Gedichte gelten dem Kampf gegen den Nationalsozialismus, gegen den Austrofaschismus, gegen die Unentschlossenheit der Linken, gegen das Chaos des Kapitalismus in der Wirtschaftskrise und rufen zu Solidarität auf. Jura Soyfer gehört zu den wichtigsten politischen österreichischen AutorInnen des 20. Jahrhunderts. Seine Theaterstücke vereinen die Tradition des Wiener Volksstücks mit politischen Lehrstücken im Sinne Brechts. 2 Das Projekt: „Ins Himmelblau die Rohstoffpreise steigen Als holde Boten junger Konjunktur. Nur eine Ware geht im Preis nicht mit Und bleibt die billigste in jedem Land: Das ist die Ausschussware »Mensch« genannt.“ Wir rücken die alte kulturelle Tradition der Roma und Puppenspieler in ein neues Licht und räumen gleichzeitig mit Vorurteilen und Klischeebildern gründlich auf. In Astoria ist alles besser. Es gibt dort keine Arbeitslosen, keine Kriminalität, kein Unglück, kurz: es ist ein Ort, an den sich einfach jeder sehnen muss. Schnell verbreitet sich die Kunde von diesem wundersamen Staat, und ebenso schnell häufen sich die Anträge auf Einreisevisa und die Anfragen nach internationalen Geschäften. Es könnte also alles perfekt sein, gäbe es da nicht ein kleines Problem: Astoria existiert nicht, es ist nur ein Fantasiegespinst, ein Staat ohne Land und BürgerInnen, beschränkt auf Bürokratie und Finanzwesen. Doch bietet der Staat hier die richtigen Antworten? „Roma“ heißt übersetzt „Menschen“. Über zehn Millionen leben verstreut über ganz Europa, und sie sind in einigen Staaten teils heftiger Diskriminierung ausgesetzt. Das Theaterprojekt „Die Botschaft von Astoria“ will zeigen, dass heute interkulturelles Verständnis und Offenheit, Toleranz und Zivilcourage wichtiger sind denn je. Abgesehen von Herkunft, Hautfarbe, Sprache etc. sind wir alle Menschen, und wir können uns unser Astoria nur selber schaffen – gemeinsam! Das Stück selbst weist viele Parallelen zum Leben der Roma auf. Es handelt von zwei armen Menschen auf der Suche nach einer lebenswerten Heimat. Für die Straße adaptiert von theaterfink Romathematik eingebracht von RomanoSvato. 3 Warum mit Puppen spielen? Hupka erkennt das und bleibt ein Mensch. Aber auch diese Erkenntnis hat einen hohen Preis. Zwar nunmehr zu dritt, wandern sie ins Gefängnis. Entweder Lakai oder Opfer staatlicher Repression – alles auf einmal kann der Mensch nicht haben. Die astorischen Botschaftsangehörigen sind Puppen. Sie sind Materie, sie stellen nicht dar, sie sind die Rolle selbst, auf das Wesentliche ihrer Rolle abstrahiert. Sie stehen im krassen Gegensatz zu den Menschen, die in Astoria ihre ersehnte Heimat suchen. Sie symbolisieren die oberen Zehntausend. Die, die im Spiel um Geld, Macht und Reichtum mit dabei sein können. Doch nicht alle können in gleicher Art und Weise mitspielen, mit ihnen wird auch gespielt. Der Preis, sich kaufen zu lassen, ist mitunter sehr hoch. Puppenbau: theaterfink 4 Mitwirkende: Phillip Johannes Staudinger als Erscheinungen „Der Begriff Staat setzt sich, populär ausgedrückt, zusammen aus Armee, Polizei, Beamten, etc.“ Andrea Tiziani als Hupka „... dass die Menschen zu kaufen sind, wusste ich schon, aber dass man sie so billig kriegt?“ Simonida Selimovic als Pistoletta „Warum lasst ihr uns nicht nach Astoria?“ Susita Fink als Anastasia/Annerl, Botschaftsangehörige „Dass die Erde sich dreht, ist ein Galilei'sches Vorurteil!“ Sasa Barbul als Paul „Frailich! Korkoro bi avela du dar.“ Claudia Hisberger als Gräfin Gwendolyn Buckelburg-Marasquino „Wir sind alle Sünder! Wer wirft den ersten Stein?“ Stefka Böhme als Hortensia „... ich habe 592 Bestätigungen von all meinen Männern!“ Ümit Derin als Polizist James, Journalist „Was heißt in dem Fall? Es handelt sich immer um ein Inserat“ Walter Kukla als Graf BuckelburgMarasquino „Da hat mir wieder einer eine Gräte in den Fisch geschmuggelt.“ Melanie Waldbauer als Rosa „Ein Mann kann eine Frau nur dann haben, wenn er ein Kosewort für sie erfindet, das vorher noch niemand gebraucht hat!“ Regie: Sandra Selimovic Regieassistenz: Philipp Eisenmann Kostüm, Puppenschneiderei: Sandra Sekanina Produktion: Susita Fink / Simonida Selimovic Musik: TRIO KLOK Lubomir Gospodinov: Saxofon, Klarinette Jörg Reissner: Gitarre Roman Britschgi: Kontrabass Pressearbeit: Gabriele Müller-Klomfar Fotos: Bülent Toluay Layout: Lena Doppel Ortskonzept/Dramaturgie: Susita Fink 5 Drei Bilder zu Roma im 3. Bezirk komfortabel eingerichtet habe, dass sie „eine wohl organisierte Erwerbsgemeinschaft“ mit einem Vorsteher sei und selbst die „Weiber“ ruhig auf die ihnen gestellten Fragen antworteten und die Kinder – wider alle Erwartung – spielen, anstatt BesucherInnen anzubetteln: „Dem Wohlstand dieser Zigeunerkolonie entspricht auch das Benehmen ihrer Mitglieder.“ Der Artikel, der mit zwei Zeichnungen der vorgefundenen Situation illustriert ist, bietet einen kleinen Einblick in die Lebenssituation einer Roma-Gruppe, die ihren Lebensunterhalt durch die Herstellung und den ambulanten Verkauf von Metallwaren erwirtschaftet, und verweist gleichzeitig auf die Bilder im Kopf des Autors, die den vorherrschenden Stereotypen der Mehrheitsgesellschaft entsprachen. Viele dieser Bilder sind trotz der gut hundert Jahre, die seither vergangen sind, noch immer äußerst lebendig. Knapp zwei Jahre bevor Jura Soyfer im ukrainischen Charkov geboren wurde, im Februar 1911, berichtet das „Illustrierte Wiener Extrablatt“ über eine „Zigeunerkolonie im Erdbergermais“ und evozierte mit diesem Titel Bilder von Pferdewagen, Zelten und Lagerfeuern, nur um diesen sogleich zu widersprechen: Die Gruppe von Kessel- und Kupferschmieden – mehr als 60 Personen – aus Rumänien wohnte zur Überraschung des Autors nicht im Wagen, sondern im „Gasthaus zum neuen Wirtshaus“ - am rechten Ufer des Donaukanals - nahe der heutigen Ostbahnbrücke. Sie hatten dort mehrere Zimmer gemietet und diese für Monate im Voraus bezahlt. Der Artikel nennt hierfür den Betrag von 700 Kronen. Mit Erstaunen schildert der Autor, dass es sich bei der Gruppe um „wohlhabende Nomaden“ handelte, die ihre Zimmer zwar orientalisch, aber Wenn man über Roma und den 3. Bezirk schreibt, kann man den Aspang-Bahnhof, der hier stand, nicht unerwähnt lassen. Von diesem Bahnhof fuhren zwischen Oktober 1939 und Oktober 1942 die Deportationszüge in die Konzent6 Kinder für das Lernhilfeprogramm an. Von den Roma-Schul-MediatorInnen, die der Verein beschäftigt und die in mehreren Wiener Pflichtschulen tätig sind, arbeitet eine in der Volksschule in der Erdbergstraße und im Sonderpädagogischen Zentrum in der Petrusgasse und betreut hier zirka 50 Roma-Kinder und deren Familien. Die meisten Roma, die die Unterstützung des Romano Centro in Anspruch nehmen, stammen aus dem ehemaligen Jugoslawien bzw. sind Nachkommen jener im Zuge der Arbeitsmigration seit den 1960er Jahren zugewanderten Männer und Frauen. Roma mit einem ex-jugoslawischen Migrationshintergrund sind die zahlenmäßig stärkste Roma-Gruppe, nicht nur im 3. Bezirk, sondern in ganz Wien und Österreich. Andrea Härle, Romano Centro – Verein für Roma rationslager in Nord- und Osteuropa. Zehntausende WienerInnen, überwiegend Jüdinnen und Juden, wurden von hier deportiert und nahezu alle in der Folge ermordet. Es ist zu vermuten, dass auch viele der österreichischen Roma und Sinti, die dem Nazi-Genozid zum Opfer fielen, vom Aspanger Bahnhof in den Tod gefahren sind. Der Platz, an dem der Bahnhof stand, heißt seit 1994 „Platz der Opfer der Deportation“, ein Gedenkstein wurde aufgestellt, am 9. November jedes Jahres findet hier eine Gedenkkundgebung statt, an der sich auch der Verein Romano Centro beteiligt. Das Romano Centro hat auch sein Vereinslokal im 3. Bezirk beim Wildgansplatz. Roma und Romnija treffen einander hier zu Veranstaltungen, suchen Rat und Hilfe in der Beratungsstelle oder melden ihre Brauchen Roma einen Staat? „Doch willst du Platz am warmen Herde? Und für andre Platz daneben? Schweig von leiblicher Beschwerde. Weihe dich dem hohem Streben.“ Sie wurden verfolgt, zwangsassimiliert oder abgeschoben, aus ihren Siedlungen vertrieben und von Staaten diskriminiert. Wer sich eine bessere Heimat sucht, muss mühsame, teure, bürokratische, teils absurde Forderungen erfüllen. Wer die falschen Papiere hat, gehört nicht dazu. Der Staat erscheint als Kontrollorgan und Geldmaschinerie. Die Menschen und ihre „einfachen” Wünsche werden vergessen – soziale Strukturen, Freunde und Familie. Pistoletta: „Papiere, Papiere! Ich will dahin gehen, wohin ich will, und bleiben, wo es mir gefällt. Warum ist das so schwierig?“ Simonida Selimovic 7 „Der Tanz, der Tanz auf den Vulkanen ... ... beginnt noch, eh’ wir’s ahnen!“1 nichtet wurden, denn die Zensurbehörde im Ständestaat war wachsam. Beamte besuchten Proben, um Dargebotenes auf unerwünschte Inhalte zu kontrollieren. Das Ensemble wiederum versuchte, kritische Stellen zu vertuschen und dem Publikum – nach Prüfung durch die Zensoren – brisante Texte trotzdem zu vermitteln. Wieder zeigt sich hier Soyfers Weitblick und politisches Gespür. Cissy Kraner sang mir im Rahmen eines Gespräches folgende Zeilen vor, die vermutlich aus seiner Feder stammen: „‚Wenn die Trompeten blasen, woll’n wir die Stadt vergasen, mit Tschindara und Bumdara, die Mädchen singen Tralala. Hurrah! Der Luftschutzbund ist da! [...] Wenn die Trompeten blasen, woll’n wir die Stadt vergasen. Im gleichen Schritt, im gleichen Tritt, die Mädchen schicken Blumen mit. Hurra, bald ist der Weltkrieg da!’ [...] Ich glaub, das war von Jura Soyfer. Aber ich kann’s nicht schwören.“2 Ab 1935 arbeitete Jura Soyfer für die Kleinkunstszene, vor allem für das Kabarett „ABC“, wo fast alle seiner Stücke zur Uraufführung kamen. (Nur „Der Lechner Edi schaut ins Paradies“ wurde in der „Literatur am Naschmarkt“ uraufgeführt.) In den von Massenarbeitslosigkeit geprägten dreißiger Jahren schossen die Kleinkunstbühnen wie Pilze aus dem Boden. Unter ihnen viele „Theater für 49“, für die man keine Konzession benötigte. Sie gaben den heimatlos gewordenen Schauspielern ein neues Betätigungsfeld und ermöglichten ihnen, subversive Kritik an der Politik zu üben. In Stella Kadmons „Jung Wiener Theater zum lieben Augustin“ war Peter Hammerschlag Hausautor; in der „Literatur am Naschmarkt“ – gegründet vom „Bund junger Autoren“– begannen Hilde Krahl und Hans Weigel ihre Karrieren, und im Kabarett „ABC“, dessen Hausautor Jura Soyfer werden sollte, verdienten sich Cissy Kraner und Josef Meinrad ihre ersten Sporen. In den folgenden Jahren kamen hier auch Soyfers Stücke „Zwischen Himmel und Erde“ (= Der Weltuntergang, 1936), „Auf dem sechsten Erdteil“ (= Astoria, 1937), „Via Bagdad nach Vineta“ Soyfer kam durch Leon Askin (damals noch Leon Askenasy) in die kleine Bühne im Café Arkaden in der Universitätsstraße. Dass Texte aus diesen turbulenten Zeiten nur mehr spärlich vorhanden sind, liegt darin begründet, dass sie zu raschem, kurzfristigem Gebrauch verfasst wurden, um das Zeitgeschehen möglichst aktuell aufzubereiten, und diese bei Gefahr ver- Gespräch mit Cissy Kraner, 9. 5. 2009, vielleicht aus Soyfers Programmpunkt „Wir prophezeien 1936“ aus dem Programm „Wienerisches – Allzuwienerisches“ im Kabarett „ABC“ 1935/36. 1 2 8 Gespräch mit Cissy Kraner, 10. 12. 2007 geliefert und nach einiger Zeit ins KZ Buchenwald überstellt. Durch die Arbeit als Leichenträger infizierte er sich mit Typhus, woran er am 16. 2. 1939 starb. Sein „Dachau-Lied“ wurde von seinem Mithäftling Herbert Zipper für die Nachwelt erhalten. (= Vineta, 1937) und „Broadway-Melodie 1492“ (1938) unter dem Pseudonym „Walter West“ zur Uraufführung. Jura Soyfer sollte nur allzu bald persönlich mit jenen Mächten konfrontiert werden, gegen die er sich literarisch zur Wehr setzte. 1937 wurde er erstmals festgenommen, in der allgemeinen Weihnachtsamnestie jedoch wieder freigelassen. Sein Versuch, kurze Zeit später gemeinsam mit einem Freund per Schi über die weiße Grenze in die Schweiz zu gelangen, scheiterte an einer kommunistischen Zeitung, in die der Proviant eingewickelt war und an der pedantischen Genauigkeit eines Grenzbeamten, der keine Milde walten lassen wollte. Soyfer wurde vom Innsbrucker Gefängnis ins Konzentrationslager Dachau aus- Viele von Soyfers Texten überlebten das nationalsozialistische Regime, indem sie von Freunden und Kollegen vervielfältigt und ins Ausland gerettet werden konnten. Durch Otto Tausig (1922–2011) wurde 1947 im Globus-Verlag die erste Ausgabe von Soyfers Werken herausgebracht, mithilfe derer ein Teil seines literarischen Vermächtnisses weiteren Generationen zugänglich gemacht werden konnte. Karin Sedlak Jura Soyfer in der 7. Klasse; links unten sitzend. 9 Wandern auf Geschichte Theaterfink macht nicht einfach Straßentheater. Kein Ort ist zufällig gewählt. Wenn ein Stück auf die Straße gebracht werden soll, werden Orte gesucht, die einen Bezug zum Inhalt des Stückes haben und im Falle Jura Soyfers auch zu seinem Leben. der Suche nach Schutz vor der sozialen Kälte. Josef Erich Zawinul war der Sohn des Arbeiters Josef Zawinul, dessen Mutter eine ungarische Sintiza war und dessen Vater aus Südmähren stammte. Er kam aus bescheidenen Verhältnissen, doch Zawinul war stolz auf seine multikulturell beeinflusste Familie. In seiner Familie und bei Verwandten hörte und sang er von früh an tschechische und slowenische Weisen, ungarische Sinti-Lieder, Polkas und Ländler. Er besuchte, wie Jura Soyfer das Realgymnasium in der Hagenmüllergasse. „Die Botschaft von Astoria“ basiert auf dem sehr aktuellen Gegensatz der Begriffe Staat und Heimat. In der momentanen wirtschaftlichen Situation entsteht der Eindruck, Staaten kümmerten sich mehr um das Finanzwesen als um die Menschen. Banken werden gerettet, es wird Geld unter Staaten verliehen und verzinst, mit Auflagen, die den BürgerInnen aufgebürdet werden. So wird die Schere zwischen Arm und Reich immer größer, und wer gesellschaftlich ganz unten steht, spürt das als Erstes. Mit Romano Svato soll dieses Thema um einen Schritt erweitert werden. Durch den Zusammenbruch des Kommunismus und den damit verbundenen Niedergang, der in den Oststaaten ansässigen Industrie sind Roma wieder vermehrt auf das „Herumziehen“ angewiesen. Doch auch aus den umliegenden EU-Ländern mehren sich die Meldungen über Gewalt und Vertreibung. Aber wohin soll sich das Volk ohne Staat wenden? Und wo suchen Roma ihre Heimat? Eines ist gewiss, Astoria bleibt verschlossen – Lil katar e Astorija. In den Innenhöfen des Gemeindebaus Rabenhof wird Hupka der erste Staatsbürger Astorias, hier wird die Staatsgründung am „Spielplatz für reifere Personen“ gefeiert. Das Grundelement Astorias ist sein Finanzwesen, bald tätigt der fiktive Staat Lehrverkäufe und vergibt Staatsanleihen. Mit dem Geld wird an der Börse gezockt, so wie „reifere Personen“ auch die realen Börsen als ihren Spielplatz ansehen. In diesem Gemeindebau träumen aber auch Rosa und Paul von einer besseren Welt, und schlussendlich kommen sie ohne die richtigen Papiere und ohne sich als Lakaien engagieren zu lassen, nicht hinaus, aus dieser Welt der Armen. Der Rabenhof wurde aus den Mitteln der Wohnbausteuer erbaut, die Hugo Breitner aus „Steuern auf Luxus und besonderen Aufwand“ lukrierte. Bei der Eröffnung im Die Inszenierung beginnt im Joe-Zawinul-Park. Hier trifft das Publikum auf die beiden Roma Hupka und Pistoletta, auf 10 Jahr 1927 trug der Wohnbau den Namen Austerlitzhof. Friedrich Austerlitz kam aus einfachen Verhältnissen. 1898 trat er aus dem Judentum aus. Mit 25 Jahren wurde er von Victor Adler entdeckt und für dessen sozialdemokratische Arbeiter-Zeitung engagiert. 1895 wurde diese zu einer Tageszeitung, und Austerlitz wurde zum Chefredakteur des Ressorts Politik befördert. Nach dem Februaraufstand wurde der Austerlitzhof in Rabenhof umbenannt. Jura Soyfer schrieb ab 1931 regelmäßig politische Gedichte für die Arbeiter-Zeitung. enthüllt. Es stellt sich die Frage: Was ist der Staat und braucht der Staat ein Volk? Die 1926 von Karl Gelles geschaffene bronzene Kolossalstatue eines Athleten („Nackter Jüngling“), der in seinem Rücken andrängende Gestalten abzuwehren scheint, ruht auf einem Sockel mit der Inschrift: „Dem Schöpfer des modernen Arbeitsrechtes Ferdinand Hanusch gewidmet. Die Arbeiterkammern Österreichs und Die Arbeiter schützen dieses Werk.“ Die Statue wurde 1934 entfernt und galt seit 1941 als verschollen. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs goss der Bildhauer Rudolf Schmidt das Denkmal nach der von den Wiener Metallwerken aufbewahrten Gussform neu. Am 21. 8. 1954 wurde das wiedererrichtete Denkmal von Bürgermeister Franz Jonas in Anwesenheit zahlreicher Ehrengäste feierlich enthüllt. Wir wandern weiter auf den Fiakerplatz, der nun auch Bock-Park heißt. Benannt nach den beiden Erdbergerinnen, Josefine Katharina Bock (geb. 28. 8. 1901, gest. 11. 5. 1942) und Sofie Bock (geb. 30. 1. 1875, gest. 11. 5. 1942). Sie waren Mutter und Tochter und wurden aufgrund ihrer jüdischen Herkunrft am 6. 5. 1942 nach Maly Trostenec deportiert. Es gab kein Einsehen und keine Gnade für die Deportierten, und auch die reiche Gwendolyn Buckelburg-Marasquino aus dem Stück hat kein Erbarmen. Wo hat man schon je gesehen, dass eine Börsenmagnatin ein Einsehen hat? Der Weg führt weiter vom Fiakerplatz über den Kirchenplatz Don Bosco in den Hanuschhof. In der Lechnerstraße begegnen wir einem Bettler vor der Kirche. Diese Straße ist nach einem k.k. Postoffizial benannt, der 160.000 Gulden an Arme und Kranke des Bezirkes spendete. Die Endstation unsere Reise auf der Suche nach Astoria, ist das Gasthaus zum Knusperhäuschen. Hier findet jeder eine Sitzgelegenheit und kann bei einem Gläschen Wein und gutem Essen den Abend ausklingen lassen oder auch seine Sitznachbarn in hitzige Diskussionen über das Gesehene verwickeln. Auch der Hanuschhof wurde aus den Mitteln der Wohnbausteuer erbaut. In diesem Hof wird das astorische Denkmal Susita Fink 11 Susita Fink Wir danken unseren Förderern, Sponsoren und Kooperationspartnern! Wohnpartner Wir danken Ernst Woller, der sich sehr für das Zustandekommen dieses Projektes eingesetzt hat, und Gerhard Groll von der Sektion Alt Erdberg. Unser Dank gilt auch allen freiwilligen HelferInnen, die uns den Weg sichern und beim Lösen logistischer Probleme helfen, sowie Susanne Drexler fürs Korrekturlesen des Programmheftes.