Hindman’s Theorem Sommercamp 2008 Karsten Evers Stellen wir uns einmal vor, dass die Menge der natürlichen Zahlen N mit endlich vielen Farben eingefährbt ist, dass jede natürliche Zahl also eine von endlich vielen vorgebenen Farben f1 , ..., fn hat. Da es unendlich viele Zahlen, aber eben nur endlich viele Farben gibt, muss es (mindestens) eine Farbe geben, mit der unendlich viele Zahlen gefärbt sind. Das ist einfach! Es geht aber viel mehr. Der Satz von Hindman garantiert nämlich, dass es eine unendliche Teilmenge N ⊆ N gibt, so dass alle Elemente aus N die gleiche Farbe fk haben und ZUSÄTZLICH auch alle (endlichen) Summen von Elementen aus N die gleiche Farbe fk haben (also alle Elemente der Form ∑n∈M n, für jede endliche Teilmenge M ⊆ N)! Der Beweis dieser tiefliegenden und äußerst interessanten Aussage ist das Ziel dieses Artikels. Inhaltsverzeichnis 1 Topologische Räume 2 2 Filter und Ultrafilter 4 3 Ein Raum von Ultrafiltern 5 4 Der Satz von Hindman 7 Literaturverzeichnis 8 1 1 Topologische Räume In diesem Abschnitt definieren wir den zentralen Begriff des Skriptes, den topologischen Raum. Lemma 1. X, Y seien Mengen, (Ai )i∈I , (B j ) j∈J Familien von Teilmengen von X bzw. Y , weiter sei M ⊆ X, N ⊆ Y und f : X → Y sei eine Abbildung. T S a) X \ i∈I Ai = i∈I X \ Ai S T b) X \ i∈I Ai = i∈I X \ Ai S S c) f ( i∈I Ai ) = i∈I f (Ai ) T T d) f ( i∈I Ai ) ⊆ i∈I f (Ai ) S S e) f −1 ( j∈J B j ) = j∈J f −1 (B j ) T T f) f −1 ( j∈J B j ) = j∈J f −1 (B j ) g) M ⊆ f −1 ( f (M)) h) f ( f −1 (N)) ⊆ N i) f −1 (Y \ N) = X \ f −1 (N) An den Stellen, an den ⊆ statt = steht, können die Inklusionen echt sein. Beweis: Der Beweis bleibt als leichte Aufgabe. Definition 1. Grundlegendes: Ein Topologischer Raum ist ein geordnetes Paar (X, τ), wobei X eine Menge ist und τ folgenden Bedingungen genügt: 1) Die Elemente aus τ sind Teilmengen von X. 2) Es ist 0/ ∈ τ und X ∈ τ. 3) Für zwei Elemente U,V aus τ ist auch U ∩V ∈ τ. 4) Die Vereinigung beliebig vieler (!) Elemente aus τ ist wieder in τ. Die Elemente aus τ heißen offenen Mengen (von X), deren Komplemente (in X) heißen abgeschlossene Mengen (in X). Beispiel 1. Sei X = {0, 1, 2, 3} und τ = {0, / {0}, {1}, {0, 1}, X}. Dann ist (X, τ) ein topologischer Raum. Als Übung beweise man dies und finde ähnliche weitere Beispiele. Wir führen eine wichtige Notation ein. Für x ∈ X setzen wir ẋ := {A ⊆ X | x ∈ A}. Die Menge aller offenen, den Punkt x enthaltenden Mengen schreibt sich dann einfach als ẋ ∩ τ (siehe dazu auch den Abschnitt über Filter und Ultrafilter). Wenn (X, τ) ein top. R. ist und Z ⊆ X, so wird (Z, τZ ) mit τZ := {O ∩ Z | O ∈ τ} ein topologischer Raum. τZ heißt dann die Spurtopologie und (Z, τZ ) ist dann ein Teilraum von (X, τ). Jede im Teilraum Z offene Menge U ist also von der Form U = O ∩ Z, für ein in X offenes O. Der Nachweis, dass die Spurtopologie auch tatsächlich eine Topologie (im oben definierten Sinn) ist, bleibt als wichtige Übungsaufgabe. Die Potenzmenge P(X) := {A | A ⊆ X} einer Menge X ist offensichtlich eine Topologie und wird die diskrete Topologie genannt (Symbol: τdis ). {0, / X} ist offensichtlich auch eine Topologie auf einer Menge X. Sie wird die indiskrete Topologie genannt (Symbol: τind ). Die Beweise bleiben wieder als leichte Aufgabe. Falls (X, τ) ein topologischer Raum ist und B ⊆ τ, mit der Eigenschaft: ∀ O ∈ τ ∃ B0 ⊆ B S derart, dass O = B∈B0 B, dann heißt B eine Basis von τ. 2 Definition 2. stetige Abbildung Eine Abbildung f : X → Y zwischen zwei top. Räumen heißt stetig, wenn die Urbilder offener Mengen in Y wieder offen in X sind. Eine bijektive Abbildung f : X → Y heißt ein Homöomorphismus, falls f und f −1 stetig sind. Wir nennen eine Abbildung f : X → Y eine homöomorphe Einbettung (oder auch nur eine Einbettung), wenn f : X → f (Y ) ein Homöomorphismus (bzgl. der Spurtopologie) ist. Lemma 2. Sei f : X → Y eine Abbildung, dann sind folgende Aussagen äquivalent: 1) f ist stetig. 2) Urbilder abgeschlossener Mengen sind abgeschlossen. Beweis: 1) ⇔ 2) folgt aus Lemma 1. Definition 3. T2 (Hausdorff-Eigenschaft): Ein toplogischer Raum (X, τ) heißt HausdorffRaum (oder T2 ), wenn zu je zwei verschiedenen Elementen x, y ∈ X zwei disjunkte offene Mengen O,U gibt (also U ∩ V = 0) / mit x ∈ O und y ∈ U. Jeder Teilraum eines HausdorffRaumes ist wieder ein Hausdorff-Raum (Beweis?) Beispiel 2. Wir versehen die reellen Zahlen mit einer Topolgie. Dazu definieren wir τR := {O ⊆ R | ∀ x ∈ O ∃ ε > 0 mit K(x, ε) ⊆ O}. Unter K(x, ε) verstehen wir die Menge {y ∈ R | |x − y| < ε}. Als Übungsaufgabe beweise man, dass es sich hierbei um eine Topologie auf den reellen Zahlen handelt, die zudem die Hausdorff Eigenschaft hat. Definition 4. kompakt Eine Teilmenge A eines topologischen Raums (X, τ) wird kompakt genannt, wenn jede Überdeckung von A durch offene Mengen eine endliche Teilüberdeckung S hat (eine Überdeckung ist eine Menge σ ⊆ τ mit A ⊆ O∈σ O). Lemma 3. Sei (X, τ) ein kompakter Raum, (Y, σ ) ein weiterer topologischer Raum und f : X → Y eine stetige surjektive Abbildung, dann ist auch (Y, σ ) kompakt. Beweis: Sei (Vi )i∈I eine offene Überdeckung von Y . Dann ist offenbar ( f −1 (Vi ))i∈I eine offene Überdeckung von X, welche eine endliche Teilüberdeckung ( f −1 (Vik ))nk=1 von X hat. Dann ist (Vik )nk=1 eine endliche Teilüberdeckung von Y . Also ist auch Y kompakt. Lemma 4. Sei (X, τ) ein T2 -Raum und A ⊆ X kompakt. Dann ist A abgeschlossen. Die Umkehrung gilt immer: In kompakten Räumen sind abgeschlossene Mengen natürlich kompakt (Beweis als Aufgabe). Beweis: Sei x ∈ X \ A. Wir wählen zu jedem a ∈ A offene und disjunkte Mengen Ua , Va mit S a ∈ Ua und x ∈ Va . Nun ist A kompakt. Es gibt also endlich viele a1 , ..., an , mit A ⊆ nk=1 Uak . Setzen wir noch V := Va1 ∩ ... ∩ Van , so gilt x ∈ V ⊆ X \ A. Demnach ist X \ A offen und A abgeschlossene. Korollar 1. Sei X ein kompakter, Y ein Hausdorff Raum und f : X → Y eine bijektiv stetige Abbildung. Dann ist sie bereits ein Homöomorphismus! Beweis: Sei O offen in X. Dann ist A := X \ O abgeschlossen in X, also kompakt. somit ist f (A) kompakt in Y und somit auch abgeschlossen. Nun gilt aber f (A) = Y \ f (O) und wir können folgern, dass f (O) offen ist, was bedeutet, dass f −1 auch stetig ist. 3 2 Filter und Ultrafilter Definition 5. Filter und Ultrafilter: ϕ ⊆ P(X) heißt ein Filter auf X, falls ϕ folgenden Bedingungen genügt: 1) 0/ 6∈ ϕ. 2) ∀ P, Q ∈ ϕ ist P ∩ Q ∈ ϕ, der Schnitt zweier Mengen aus ϕ ist wieder in ϕ. 3) {Q ⊆ X | ∃ P ∈ ϕ mit P ⊆ Q} ⊆ ϕ, jede Obermenge einer Menge aus ϕ ist wieder in ϕ. Ferner nennen wir den Filter ϕ auf einer Menge X einen Ultrafilter, falls es keinen Filter ψ auf X gibt mit ϕ ( ψ (er ist bezüglich Inklusion also maximal). Eine Teilmenge σ ⊆ P(X) hat die endliche Schnitt Eigenschaft (eSE) wenn der Schnitt je endlich vieler Elemente aus σ nicht leer ist. Für eine nicht leere Teilmenge σ ⊆ P(X) definieren wir [σ ] := {A ⊆ X | ∃ P1 , ..., Pn ∈ σ mit P1 ∩ ... ∩ Pn ⊆ A}. Wenn σ die eSE hat, dann ist [σ ] ein Filter mit σ ⊆ [σ ] (Beweis als Übung). Für eine einelementige Menge A = {x} schreiben wir für [{A}] einfach ẋ. Es ist dann ẋ = {P ⊆ X | x ∈ P}. Mit Hilfe dieser Notation schreibt sich die Menge aller offenen, den Punkt x enthaltenen Mengen aus dem topologischen Raum (X, τ) sehr einfach als ẋ∩τ. Diese Notation werden wir im Folgenden sehr häufig verwenden. Filter der Form ẋ nenne wir zuweilen auch trivial, oder Einpunkt-Filter. Dies sind die einzigen explizit angebbaren Ultrafilter. Für einen Filter ϕ nennen wir B ⊆ ϕ eine Basis, wenn es zu jedem P ∈ ϕ ein B ∈ B gibt T mit B ⊆ P. Wir nennen S eine Subbasis von ϕ, wenn { S 0 | S 0 ⊆ S und S 0 ist endlich } eine Basis von ϕ ist. Satz 1. (Ultrafiltersatz, UFT) Wenn σ ⊆ P(X) die eSE hat, dann gibt es einen Ultrafilter Φ auf X mit σ ⊆ Φ (einen Oberultrafilter). Beweis: Setze Z := {ϕ ⊆ P(X) | ϕ ist ein Filter und σ ⊆ ϕ}. Dann ist Z 6= 0, denn z.B. [σ ] ist in Z. Nun ist Z durch ⊆ partiell geordnet, und eine Kette (ϕk )k∈K hat - wie man leicht S nachrechnet - k∈K ϕk als obere Schranke in Z. Das Zornsche Lemma verschafft uns also maximale Elemente in Z und just diese sind die gesuchten Oberultrafilter. Lemma 5. Für einen Filter Φ auf X sind äquivalent: 1) Φ ist ein Ultrafilter. 2) ∀ A ⊆ X gilt A ∈ Φ oder X \ A ∈ Φ. 3) ∀ n ≥ 1, A1 , ..., An ⊆ X gilt: A1 ∪ ... ∪ An ∈ Φ ⇒ ∃ k ∈ {1, ..., n} mit Ak ∈ Φ. Beweis: 1) ⇒ 2) Das für A ⊆ X höchstens eine der beiden Mengen A, X \ A in dem Filter liegen kann ist klar. Nehmen wir an A 6∈ Φ. Das bedeutet kein Element P ∈ Φ ist als Teilmenge in A enthalten, jedes P ∈ Φ hat also mit X \ A einen nicht leeren Schnitt. Das System δ := {P ∩ (X \ A) | P ∈ Φ} hat also die eSE und ist somit in einem Ultrafilter Φ0 enthalten. Für P ∈ Φ gilt P ∩ (X \ A) ∈ δ ⊆ Φ0 . Also ist P als Obermenge von P ∩ (X \ A) auch in Φ0 und wir bekommen Φ ⊆ Φ0 . Da auch Φ ein Ultrafilter ist, muss Φ = Φ0 gelten. Somit ist X \ A = X ∩ (X \ A) ∈ Φ. 4 2) ⇒ 3) Wir zeigen die Aussage für n = 2. Der Rest geht dann durch vollständige Induktion. Sei also A ∪ B ∈ Φ. Währe sowohl A 6∈ Φ, als auch B 6∈ Φ, so währe X \ A ∈ Φ und X \ B ∈ Φ. Dann aber auch X \ (A ∪ B) = (X \ A) ∩ (X \ B) ∈ Φ - ein Widerspruch. 3) ⇒ 2) Folgt sofort aus A ∪ (X \ A) = X ∈ Φ. 2) ⇒ 1) Filter mit dieser Eigenschaft sind bereits maximal! 3 Ein Raum von Ultrafiltern Im Folgenden fassen wir die Menge N als topologischen Raum, mit der Topologie τ := P(N) auf. Unser Ziel ist es nun die Menge β N := {φ | φ ist ein Ultrafilter auf N} geeignet zu topologisieren. Für A ⊆ N setzen wir A∗ := {ϕ ∈ β N | A ∈ ϕ}. Offensichtlich gilt A∗ ∩ B∗ = (A ∩ B)∗ und N∗ = β N. Demzufolge ist B := {A∗ | A ⊆ N} die Basis einer Topologie τ auf β N (die offenen Mengen sind genau diejenigen, die sich als Vereinigung von Elementen aus B schreiben lassen). Lemma 6. (β N, τ) ist ein kompakter Hausdorff-Raum. Beweis: Für φ , ψ ∈ β N mit φ 6= ψ, gibt es ein P ∈ φ \ ψ. Dann gibt es aber auch ein Q ∈ ψ mit P ∩ Q = 0. / Offensichtlich sind P∗ und Q∗ dann disjunkte offene Umgebungen von φ bzw. ψ. Zeigen wir noch die Kompaktheit. Sei (A∗i )i∈I eine offene Überdeckung von β N mit Basiselementen (also Elemente der Form A∗ , für A ⊆ N). Gäbe es keine endliche Teilüberdeckung, so währe (Ai )i∈I eine offene Überdeckung von N ohne endliche Teilüberdeckung (siehe Lemma 5). Das heißt es gibt einen Ultrafilter φ mit {N \i∈J Ai | J ⊆ I und J : endlich } ⊆ φ . Dieser würde dann aber in einem A∗i stecken, im Widerspruch zu N \ Ai ∈ φ . Definition 6. Für P ⊆ N und n ∈ N setzen wir P − n := {m ∈ N | m + n ∈ P}. Seien φ und ψ Ultrafilter auf N, also φ , ψ ∈ β N. Wir setzen dann φ +ψ := {P ⊆ N | {n ∈ N | P−n ∈ φ } ∈ ψ}. Lemma 7. Für alle φ , ψ ∈ β N ist φ + ψ ∈ β N Beweis: Wir müssen also zeigen, dass φ + ψ ein Ultrafilter ist. 1) 0/ 6∈ φ + ψ, denn sonst wäre 0/ = {n ∈ N | 0/ − n ∈ φ } ∈ ψ. Ebenso leicht sieht man {n ∈ N | N − n ∈ φ } = N ∈ ψ, also N ∈ φ + ψ. 2) Seien P, P0 ∈ φ + ψ. Zu zeigen ist {n ∈ N | P ∩ P0 − n ∈ φ } ∈ ψ. Nun gilt (P − n) ∩ (P0 − n) = P ∩ P0 − n, also {n ∈ N | P − n ∈ φ } ∩ {n ∈ N | P0 − n ∈ φ } = {n ∈ N | P ∩ P0 − n ∈ φ }, und damit {n ∈ N | P ∩ P0 − n ∈ φ } ∈ ψ. 3) Sei P ∈ φ + ψ und P ⊆ P0 . Dann ist {n ∈ N | P − n ∈ φ } ∈ ψ, also auch {n ∈ N | p0 − n ∈ φ } ∈ φ (denn P − n ⊆ P0 − n), und somit P0 ∈ φ + ψ. 4) Sei P ⊆ N und P 6∈ φ +ψ. Dann ist {n ∈ N | P −n ∈ φ } 6∈ ψ, also {n ∈ N | P −n 6∈ φ } ∈ ψ. Nun ist {n ∈ N | P − n 6∈ φ } = {n ∈ N | (N \ P) − n ∈ φ } (das liegt daran, dass N \ (P − n) = (N \ P) − n ist). Demnach ist N \ P ∈ φ + ψ. Lemma 8. ∀ ϕ, φ , ψ ∈ β N gilt ϕ + (φ + ψ) = (ϕ + φ ) + ψ. 5 Beweis: Da sowohl ϕ + (φ + ψ), als auch (ϕ + φ ) + ψ Ultrafilter sind, reicht es zu zeigen, dass ϕ + (φ + ψ) ⊆ (ϕ + φ ) + ψ ist. Sei also P ∈ ϕ + (φ + ψ). Demzufolge ist A := {n ∈ N | P − n ∈ ϕ} ∈ φ + ψ, also {n ∈ N | A − n ∈ φ } ∈ ψ. Zu zeigen bleibt {n ∈ N | P − n ∈ ϕ + φ } ∈ ψ. Zwischenbehauptung: A − n ∈ φ ⇒ P − n ∈ ϕ + φ . Beweis der Zwischenbehauptung: Sei A − n ∈ φ . Wir setzen B := {m ∈ N | (P − n) − m ∈ ϕ}. Es gilt nun A − n ⊆ B. Denn ist m ∈ A − n, so folgt m + n ∈ A, also P − (m + n) ∈ ϕ. Nun ist aber P − (m + n) = (P − n) − m, und somit m ∈ B. Da A − n ∈ φ , folgt auch {m ∈ N | (P − n) − m ∈ ϕ} = B ∈ φ und somit P − n ∈ ϕ + φ . Da {n ∈ N | A − n ∈ φ } ∈ ψ und {n ∈ N | A − n ∈ φ } ⊆ {n ∈ N | P − n ∈ ϕ + φ }, folgt unmittelbar {n ∈ N | P − n ∈ ϕ + φ } ∈ ψ, also P ∈ (ϕ + φ ) + ψ. Lemma 9. Sei φ ∈ β N. Dann ist die Abbildung fφ : β N → β N, definiert durch fφ (ψ) := φ + ψ, stetig Beweis: Es reicht die Stetigkeit auf der Basis B := {A∗ | A ⊆ N} nachzurechnen. Für A ⊆ N betrachten wir dazu fφ−1 (A∗ ) = {ψ ∈ β N | A ∈ φ + ψ} und zeigen, dass sich diese Menge als Vereinigung von Basiselementen schreiben lässt und somit offen ist. Für ψ ∈ fφ−1 (A∗ ) folgt somit Bψ := {n ∈ N | A − n ∈ φ } ∈ ψ. Zeigen wir ψ ∈ B∗ψ ⊆ fφ−1 (A∗ ). Sei ξ ∈ B∗ψ , also Bψ ∈ ξ . Es folgt A ∈ φ + ξ , also fφ (ξ ) ∈ A∗ und somit ξ ∈ fφ−1 (A∗ ). S Wir erhalten schlussendlich fφ−1 (A∗ ) = ψ∈ f −1 (A∗ ) B∗ψ . φ Lemma 10. a) Sei n ∈ N und φ ∈ β N. Dann ist φ + ṅ = ṅ + φ . ˙ n. b) Für alle m, n ∈ N gilt ṁ + ṅ = m + Beweis: a) φ + ṅ = {P ⊆ N | {k ∈ N | P − k ∈ φ } ∈ ṅ} = {P ⊆ N | n ∈ {k ∈ N | P − k ∈ φ }} = {P ⊆ N | P − n ∈ φ } = {P ⊆ N | {k ∈ N | n + k ∈ P} ∈ φ } = {P ⊆ N | {k ∈ N | n ∈ P − k} ∈ φ } = {P ⊆ N | {k ∈ N | P − k ∈ ṅ} ∈ φ } = ṅ + φ ˙ n zu zeigen (da es sich auf beiden Seiten um Ultrafilter b) Es reicht wieder ṁ + ṅ ⊆ m + handelt). Also, sei P ∈ ṁ + ṅ. Dann ist {k ∈ N | P − k ∈ ṁ} ∈ ṅ, also n ∈ {k ∈ N | P − k ∈ ṁ} ˙ n. und somit P − n ∈ ṁ. Das bedeutet aber m ∈ P − n und somit m + n ∈ P, also P ∈ m + Definition 7. links-topologische Semigruppe Sei X eine Menge zusammen mit einer Operation + : X × X → X, die assoziativ ist (das heißt x + (y + z) = (x + y) + z). Wir nennen (X, +) dann eine Semigruppe. Ist τ eine Topologie auf X, so dass für jedes x ∈ X die Abbildung fx : X → X definiert durch fx (y) := x + y stetig ist, so sprechen wir von einer links-topologischen Semigruppe und bezeichnen diese mit (X, τ, +) (bzw. wenn klar ist welche Topologie gemeint ist auch einfach nur mit (X, +)). (β N, τ, +) ist also eine links-topologische Semigruppe. Satz 2. Satz von Auslander-Ellis Sei (X, τ, +) eine kompakte Hausdorff links-topologische Semigruppe. Dann gibt es ein x ∈ X mit x + x = x. Beweis: Für den Beweis beachte man nochmal, dass in kompakten T2 -Räumen abgeschlossen=kompakt gilt. Sei Z := {Z ⊆ X | 0/ 6= Z ist abgeschlossen und Z + Z ⊆ Z}. Es gilt 6 Z 6= 0. / Sei C ein ⊆-Kette. Dann ist Y := C 6= 0/ (kompakter Raum) und abgeschlosT sen und es gilt Y + Y ⊆ C + C ⊆ C, für jedes C ∈ C . Also Y + Y ⊆ C = Y . Demnach Y ∈ Z . Aus dem Zornschen Lemma folgt, dass es ein bezüglich ⊆ minimales Element in Z gibt. Sei Y ein solches. Wir zeigen a + a = a, für jedes a ∈ Y . Sei also a ∈ Y . Dann folgt (a + Y ) + (a + Y ) ⊆ a + (Y + Y + Y ) ⊆ a + Y . Außerdem ist a + Y in X abgeschlossen. Also a + Y ∈ Z . Da außerdem a + Y ⊆ Y + Y ⊆ Y , folgt a + Y = Y . Dann ist aber Z := {y ∈ Y | a + y = a} = 6 0/ und Z + Z ⊆ Z. Da sich Z als Urbild der abgeschlossenen Menge {a} unter der stetigen Abbildung f : X → X definiert durch f (x) := a + x schreiben lässt, ist es auch abgeschlossen. Es folgt Z ∈ Z und somit Z = Y (da Z ⊆ Y und Y minimal in Z ist). Dann ist a ∈ Y = Z, also a + a = a. T Satz 3. Es gibt einen Ultrafilter φ 6= 0̇ mit φ + φ = φ . Beweis: Sei φ 0 6= 0̇ ein Ultrafilter auf N. Nun ist X := φ 0 + β N eine kompakte Hausdorff links-topologische Semigruppe. Es gibt also ein φ ∈ X mit φ + φ = φ . Da 0̇ 6∈ X (warum?) ist φ 6= 0̇. 4 Der Satz von Hindman Nun haben wir alles zusammen um Hindman’s Theorem zu beweisen: Satz 4. a) Sei φ 6= 0̇ ein Ultrafilter auf N mit φ +φ = φ . Zu jedem A ∈ φ gibt es ein unendliches B ⊆ A derart, dass ∑n∈E n ∈ A, für jedes endliche E ⊆ B. S b) Wenn N = ni=1 Ai , dann existiert k ∈ {1, ..., n} und es existiert ein unendliches B ⊆ Ak , so dass ∑n∈E n ∈ Ak , für jedes endliche E ⊆ B. Beweis: a) Sei also φ 6= 0̇ ein Ultrafilter auf N mit φ + φ = φ und sei weiter A ∈ φ . Wir setzen A0 := A. Seien A0 ⊇ A1 ⊇ ... ⊇ Ak und n0 < n1 < ... < nk aus N gewählt mit: 1) Ai ∈ φ , für i = 0, ..., k 2) ni ∈ Ai und Ai − ni ∈ φ für i = 0, ..., k. Wir setzen dann Ak+1 := Ak ∩ (Ak − nk ). Nun ist Ak+1 ∈ φ und somit auch A0k+1 := {n ∈ N | Ak+1 − n ∈ φ } ∈ φ (denn φ = φ + φ ). Wir können also ein nk+1 ∈ Ak+1 ∩ A0k+1 ∩ {n ∈ N | n > nk } wählen. Wir zeigen im Folgenden, dass B := {nk | k ∈ N} die geforderte Eigenschaft hat. B ⊆ A ist jedenfalls schon mal klar. Sei nk0 < nk1 < ... < nkl mit 0 < l. Es gilt nkl ∈ Akl . Sei 0 ≤ i < l und ∑lj=i+1 nk j ∈ Aki+1 . Nun ist Aki+1 ⊆ Aki +1 ⊆ Aki − nki , also ∑lj=i+1 nk j ∈ Aki − nki und somit ∑lj=i nk j ∈ Aki Insgesamt bekommen wir also ∑lj=0 nk j ∈ Ak0 ⊆ A. S b) Ist N = ni=1 Ai , dann wählen wir einen Ultrafilter φ 6= 0̇, mit φ + φ = φ . Eines der Ak muss dann in φ liegen (Ultrafilter!). Teil a) angewendet erledigt dann den Rest. Bemerkung 1. Ersetzt man in den vorangehenden Konstruktionen und Beweisen jedes ”+” duch ein ”·”, so bleiben alle Aussagen korrekt. Man erhält also: S Wenn N = ni=1 Ai , dann existiert k ∈ {1, ..., n} und es existiert ein unendliches B ⊆ Ak , so dass ∏n∈E n ∈ Ak , für jedes endliche E ⊆ B. 7 ”There is no book so bad that there is not something good in it.” Miguel de Cervantes Literatur [1] R.Bartsch: Allgemeine Topologie I; Oldenbourg Ein modernes und sehr liebevoll gestaltetes Buch zur Mengentheoretischen Topologie. [2] A.Blass: Ultrafilters: Where topological dynamics = algebra = combinatorics; frei im internet verfügbar Ein wundervoller Artikel in dem spektakuläre Verbindungen zwischen auf den ersten Blick so verschiedenen Gebieten, wie topologischer Dynamik, Ultrafiltern, Algebraischen Strukturen und Kombinatorik, geschaffen werden. [3] N.Bourbaki: General Topology, Part 1 and 2; Hermann Der Klassiker zur Mengentheoretischen Topologie; mit vielen historischen Anmerkungen und Aufgaben. [4] O.Deiser: Einführung in die Mengenlehre; Springer Eine leicht verständliche und großen Wert auf Motivation legende Einführung in die Mengenlehre, mit vielen historischen Anmerkungen. Sehr zu empfehlen, insbesondere für Studienanfänger. [5] K.Evers: Mengentheoretische Topologie Frei im Internet verfügbares Skript zur Mengentheoretischen Topologie. http://www.math.uni-rostock.de/∼evers [6] A.Kufner: Raum und Entfernung; Harri Deutsch Gibt eine wundervoll geschriebene Einführung in in das Gebiet der metrischen Räume. Obwohl eigentlich für Schüler gedacht, denke ich, dass auch Studenten, die zum ersten mal mit metrischen Räumen in Berührung kommen, einen großen Nutzen aus diesem Buch ziehen können. [7] F.Lösch: Höhere Mathematik, Band 4; S.Hirzel Dieser vierte Teil des ursprünglich dreibändigen klassischen Lehrbuch Höhere Mathematik von Mangoldt, Knopp, enthält einen wunderbar geschrieben Abschnitt zu topologischen Räumen, den ich jedem, der sich zum ersten mal mit diesen Dingen beschäftigt, empfehlen kann. [8] B.v.Querenburg: Mengentheoretische Topologie; Springer Ist gut als Einführung zu verwenden, geht aber letztendlich deutlich über eine bloße Einführung hinaus. Insbesondere die letzten Kapitel geben tiefere Einblicke in verschiedene Richtungen der Mengentheoretischen Topologie und angrenzende Gebiete. 8