Kongresse / Congrès 12th Swiss Refractive, 6. Juni 2009, Luzern Trendige Blasen – aufgeblasene Trends. Die Event-Essenz Version française : voir page 430 Dietmar W. Thumm, Luzern Das 12. Swiss Refractive der Augentagesklinik Sursee im KKL zog 77 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an. International renommierte Referenten beschäftigten sich mit den aktuellen Problemen und Lösungsansätzen. Im refraktiven Segment gibt es derzeit ebenso wie im Finanzsektor platzende Blasen. Zunehmend häufiger stellen sich beispielsweise Fragen zur PresbyopieKorrektur oder zur optimalen Versorgung der Katarakt nach einem refraktiven Eingriff, um nur zwei Beispiele zu nennen. Hier ist eine subjektive Auswahl unter den vielen hochinteressanten Referaten getroffen. serstrahl des LS-900 entspricht einem Klasse-2-Laser, wie das OCT. Die retinale Lichtbelastung beim Lensstar ist jedoch geringer. Auch die Keratometrie-Messtechnik unterscheidet sich zwischen beiden Geräten. • DerLS-900benutzteineLED-Lichtquelle mit 950 nm • Eswerden2konzentrischeRingein 1.8 und 2.3 mm projiziert • 8PunkteaufjedemRingwerden gemessen,16Punkteinsgesamt. Der IOL-Master benutzt ein Spaltbild. Er misst6Punkeaufeinem2.4mm-Ring. ■ Die neuen Biometrie-Geräte im Vergleich Ken Hoffer, Santa Monica (USA), ist bereits seit dem ersten Swiss Refractive, damals noch Sursee Eye Meeting genannt, mit dabei. Der Referent, Clinical Professor of Ophthalmology am Jules Stein Institute, UCLA, verglich das neue Haag-Streit Gerät Lens-Star LS-900 mit dem bewährten IOL-Master aus dem Jahre 1999. In der Schweiz war Hoffer damit der erste, der einen direkten Gerätevergleich zog. Die statistische Bearbeitung nahm Dr. Giacomo Savini, Bologna, vor. Der 1999 eingeführte IOL-Master ist besonders gut beim Staphyloma posticum und in Silikonöl-Augen. Seine «Fehlerquote» (schlechte Resultate) liegt bei rund 17%, besonders bei trüben Medien oder schlechter Fixation. Der Lensstar ist kleiner, vielleicht multifunktioneller, sicher trickreicher. Da auch dieses Gerät nach einem optischen Verfahren arbeitet, ist eine absolut exakte Ausrichtung für eine gute Messung obligat. Das Gerät gibt über die Qualität der Messung sehr gut Auskunft. Es erfordert aber Übung, den LS-900 exakt auszurichten. Technisch unterscheidet sich der LS-900 durch die Super-Lumineszenz-Diode, die ein Licht von 820 nm emittiert, wohingegen der IOL-Master bei 780 nm arbeitet (ein sogenanntes semi-konduktives Licht). Die 820 nm sollen besser eine dichte Katarakt durchdringen. Der La- Abb. 1 Messung am IOL-Master (dargestellt ist die Vorderkammermessung). Abb. 2 Der Lensstar bei Ken Hoffer. Das Gerät ist kleiner, braucht aber einen kompletten Tisch mit Bildschirm und Tastatur zum Computer. Bei der genauen Analyse an 100 Augen fand sich ein statistisch signifikanter Unterschied in der Augenlänge von 0.02 mm. Nimmt man nur Messwerte des rechten Auges, ergibt sich kein signifikanter Unterschied mehr, obwohl beweisbar der IOL-Master eher eine Spur zu lang, der Lensstar eher eine Spur zu kurz misst. Diese Feststellung gilt auch für die Keratometrie, welche am rechten Auge keinen messbaren Unterschied erbrachte, an den linken Augen aber schon. Eine Arbeit aus dem BJO (Holzer et al.) zeigte bei 200 Augen weder bei der Augenlänge noch bei der Keratometrie ei- Ganz besonders: Swiss Refractive Dieses Meeting ist gekennzeichnet durch den kleinen Rahmen, die sehr intime Atmosphäre, in der teils hochdotierte Koryphäen die brennenden Probleme wirklich diskutieren und sich dabei gegenseitig manchmal nicht schonen. Diese Lehrstücke bleiben den Teilnehmenden oft über die ganze Laufbahn in Erinnerung. Den Organisatoren, namentlich auch Dr. Urs Thommann, dem Programmverantwortlichen, ist dieser diskussionsfreudige Rahmen ein besonderes Anliegen. Ein Dank an das Organisationsteam für die immense Arbeit, die den Teilnehmern oft nicht bewusst ist. Aber alles lässt sich auch bei bester Organisationnichtregeln:Dereingeladene ProfessorFrancescoCaronesausMilano konnte seine Vorträge nicht halten, weil er unterwegs mit defektem Auto liegen blieb. nen statistisch signifikanten Unterschied, kam also zu einem anderen Ergebnis als diese Arbeit. Das gilt auch für die Vorderkammertiefe (ACD), die bei Hoffer für den LS-900 um 0.13 mm signifikant erhöht ist, in der Arbeit von Holzer um 0.16 mm, bei 200 Augen aber statistisch nicht mehr signifikant. Ausserdem verglich er die LinsendickenMessungen des LS-900 mit Ultraschallmessungenbei600PatientenimJahr1993. Der Lensstar mass rund 0.09 mm mehr, miteinerBandbreitevon+1.42bis–0.24. AucheinVergleichderfrüherenPentacam mit dem Galilei-System von Ziemer war interessant.Dernur4.5mmgrosse«Messring»derPentacamisteindeutigzuklein: BeieinemVergleichvon42Augenbetrug die Differenz zum Galilei fast eine Dioptrie!BeiderneuestenAusführungderPentacam soll dieser Mangel behoben sein. Quintessenz Bei der Evaluation von Geräten müssen wir alle Faktoren und Parameter einbeziehen. Wir sollten nicht nur den Präsentationen und Datensammlungen der Firmen vertrauen, sondern ganz genau nachfragen, was das Gerät wie und wo genau misst. ophta 6|2009 • 417 Kongresse / Congrès ■ Eine typisch chirurgische Lösung: Die Sulcoflex (W. Schindler, DE-Eichstätt) Wilfried Schindler präsentierte die ersten Resultate der Sulcoflex-Linse, die neue Optionen mit unterschiedlichen Modellen anbietet. Für seinen Vortrag konnte er auf die Erfahrung aus 9 Monaten zurückgreifen. Die Linse ist einstückig, aus hydrophilem Acryl (wie die C-Flex von Rayner) mit rund 26% Wassergehalt und einem 13.5 mm Haptik-Durchmesser bei 6.5 mm Optik. Sie ist für eine Sulcusfixation konzipiert. Dazu ist ihre Haptik aufgeraut, damit die Linse am Ort verbleibt. Die Optik ist vorne konvex und hinten konkav. Die Linse gibt es in drei Modellformen. Rund 62% der bisher implantierten 650 Linsen entfallen auf den Typ 653 L als asphärische Korrektur. Etwa 5% sind die torische Variante 653 T, knapp ein Drittel die multifokale Variante 653 F. Die erhältliche Bandbreite an Dioptrien ist je nach Linsentyp noch etwas begrenzt. Das Haupteinsatzgebiet der Linse sind inakzeptable postoperative refraktive Resultate, auch z.B. wenn postoperativ ein hoher Astigmatismus verbleibt, oder spätere refraktive Änderungen bei jugendlicher Katarakt. Dass es hier auch andere Lösungsmöglichkeiten gibt, wurde in der Diskussion deutlich; auch, dass Euphorie noch nicht angebracht ist. Die Implantation ist nicht einfach. Die Haptiken bieten sowohl beim Einlegen in dieKartuschealsauchimAugeihreProbleme. Es empfiehlt sich, wegen der sehr feinen Haptiken ein eher niedrigvisköses Viskoelastikum zu wählen. Vorteile dieser Operationstechnik liegen im bekannten Material, in der geringen Traumatisierung durch Injektion über einen Softtip-Injektor von 2.7 mm und einem vergleichsweise niedrigen Operationsrisiko. Nachteil ist aber bis jetzt das intrakamerale Verhalten der Linse und dass es ein weiterer Eingriff bleibt. Wenn man das Auge schon erneut eröffnen will, sind auch andere Lösungen möglich. Wie in der Diskussion betont wurde, gibt es noch keine industrieunabhängige Information über das Langzeitverhalten der Haptiken. Nach Menapace gibt es FällevonPupillarblock,auchweissman noch nichts über andere Langzeiteffekte wiePigmentdispersionu.ä.DerHersteller empfiehlt eine Laser-Iridotomie. Ebenfalls bei Rayner erhältlich ist eine Kalkulationshilfe. Auf einer Haigis-Formel basierend ist eine Berechnung auch über www.uni-wuerzburg.de/rayn.html möglich. Abb. 4 Beispiel einer Sulcoflex postoperativ im regredienten Licht. ■ Ist MICS ein Fortschritt? (R. Menapace, Wien) Über Sinn und neue Erkenntnisse der Mikro-Inzisions-Chirurgie legte Professor Rupert Menapace, Symbolfigur der kritischen Hinterfragung moderner KataraktChirurgie, seine Gedanken dar. Abb. 3 Die verschiedenen Varianten der Sulcoflex in unterschiedlichen Ansichten. 418 ophta 6|2009 • Selbst mit 4 mm breiter kornealer Stufe resultiert bei korrekter Wundkonstruktion innerhalb der 5 mm breiten optischen Zone kein postoperativer Astigmatismus. Eher gibt es ein ästhetisches Problem, wenn bei einem korneoskleralen Stufenschnitt eine intraoperative Ballonierung der Bindehaut und entsprechende Bindehautfalten auftreten. Clear-Cornea-Inzisionen (CCI) haben ein 2.5mal grösseres Risiko für eine Endophthalmitis. Umgekehrt konnte Menapace zeigen, dass eine CCI > 3 mm nicht mehr Astigmatismus neutral ist. Sie zerstört den limbalen Bogen und destabilisiert die korneale Kuppel. Insbesondere bei multifokalen Linsen kann der höhere Bildqualitätsverlust dann entscheidend sein. Ausführlich diskutiert wurde der manchmal erwünschte Abflachungseffekt des Torus. Auf die bimanuellen MICS-Techniken ging Menapace nicht ein. Entscheidend bleibt, dass man mit Kleinerwerden der Instrumente Effizienz verliert. Um dann die Haltefähigkeit des Phakotips zu verbessern, wurde der Bevel geändert («schräge Spitze»), denn dadurch vergrössert sich die Öffnung wieder. Dabei ist auch eine hohe Kammerstabilität (Reduktion des Surge) notwendig. Menapace entwickelte dazu eine «Hybrid»-Technik mit hohem Vakuum und hohen FlowRaten. Mit besonderen Kniffen in der mikrochirurgischenTechnik lässt sich die Effizienz steigern. Durch Drehen der angeschrägtenPhakospitzenachdemGraben beispielsweise können leicht die Teile angesaugt werden. MICS-taugliche Linsen sind noch nicht zahlreich auf dem Markt. Wichtig sind, so Menapace, scharfkantige Designs der IOL. Hier wurden Fortschritte erzielt, wie beispielsweise Verbesserungen bei Hoya. In der Diskussion wurde darauf hingewiesen, dass Irrigation/Aspiration bei allem Fortschritt in der MICS-TechnologienocheinProblemdarstellen.Oertli habe noch keine koaxialen I/A-Teile, Bausch & Lomb hingegen schon, die auch empfehlenswert seien. Professor Preussner,Mainz,wiesalsPhysikerdarauf hin, dass die Stabilität der dünnen Linsen der problematische Aspekt sei. Auf keinen Fall dürfte der refraktive Index hier noch erhöht werden. Die Beugung der Kapsel und das Schrumpfen durch Fibrose seien ein Problem, weshalb Silikon als Linsenmaterial in diesen Fällen zu bevorzugen sei. Die Diskussion war zu diesem Thema insgesamt sehr angeregt. Quintessenz Die MICS ist bereits am Ziel angekommen, die dazugehörigen IOL sind es noch nicht. Kongresse / Congrès ■ Die segensreiche Hilfe des Physikers (P.R. Preussner, Mainz) Urs Thomann hat auch dieses Jahr wieder Professor Preussner eingeladen, der als Stamm-Referent gelten kann. Seine scharfsinnigen Kommentare und seine für uns «pseudo-naturwissenschaftlich» arbeitenden Mediziner immer wieder verblüffenden Einblicke in die klare Welt der Physik faszinierten von Neuem. Preussneräussertesichdazu,warumeine intraokulare Korrektur immer besser als LASIK bzw. eine Excimer-Laser-Korrektur ist. In letzter Zeit sind dazu wieder etliche Arbeiten erschienen. Mittels seines live vorgeführten oculix-Programmes demonstrierte er, dass die optischen Medien beim Menschen dermassen ungenau sind (er nannte es un-ideal), dass eine perfekte Korrektur gar nicht möglich ist. Das «Blurring» des Lasers ist die logische Folge. Rechnerisch lässt sich beweisen, dass eine IOL die Bildgrösse deutlich und signifikant steigert und damit eine bessere Abbildungsqualität liefert, die für den Patientensichtbarist. In der Diskussion wurde wieder einmal deutlich, dass Physiker, Ingenieure und Mediziner oft nicht vom Gleichen reden, wenn sie glauben, das Gleiche zu meinen. So benutzen Zeiss und andere Firmen im Grunde ein falsches Rechenmodell für die Asphärizität, die nicht in Mikrometern angegeben werden kann. ■ Sicherheit und Effektivität der Iris-Klauen-Linse (R. Nuijts, NL-Maastricht) Professor Nuijts stellte die Resultate der Toric Artiflex European Multicenter Study vor. Die flexible Artiflex steht seit fast zehn Jahren zur Verfügung. Die Endothelzellen bei diesem Linsentyp erwiesen sich nicht als Problem (ca. 1.5% Fallout), die Sicherheit und Effektivität sind hoch. Nuijts zeigte eindrückliche Beispiele von Implantationen bei schwierigen Verhältnissen, z.B. eine Implantation bei Keratokonus zusammen mit Intacs. Die Artiflex Toric ist seit 2007 auf dem Markt. Die Resultate unterscheiden sich in nichts von den früheren Linsentypen. Zu beachten: Für die Artiflex gilt eine Vorderkammertiefe von minimal 3.2 mm, für die Artisan von minimal 3.0 mm. Seit Übernahme von ophtec durch AMO (jetzt Abbott) sind diese Linsen auch als Verisyse und Veriflex erhältlich. 420 ophta 6|2009 • In der Diskussion wurde deutlich, dass es noch keine vergleichenden Studien gibt zur Frage, welche Markierungsmethode (Lasermarkierung auf der Iris, HH-Markierungen etc.) für die Haptiken der torischen Linse die besten Resultate liefert. Roman Spirig, der in der Schweiz wohl die meisten Linsen dieses Typs implantiert, Abb. 5–7 Linse und Wirkprinzip der CalhounVision Light machte darauf aufmerk- Adjustable Lens. sam, dass man die Gesamtdicke der Linse beachten muss. Er Implantation muss er für mindestens eibefürwortet auch eine gewisse Flexibili- nen Monat (bis zum definitiven lock-in) tät bei der Beurteilung der Machbarkeit. eine UV-Schutzbrille tragen. Mit futurisSo seien zwischen 1800 und 2000 Endo- tischem Design wird sie von der Firma thelzellen bei einer tiefen Vorderkammer offeriert.FürdiePatientenistesäusserst sicherer als deutlich über 2000 und dafür gewöhnungsbedürftig, diese Brille ausser eine knappe Vorderkammertiefe. Nuijts nachts praktisch immer tragen zu müsergänztedies:Wichtigseiu.a.auch,das sen. Alter bzw. die Lebenserwartung zu be- Die Implantation scheint nicht ganz simrücksichtigen. Menapace hält auch hier pel. Wegen der Nachjustierung dieser SilikonimPrinzipfürdasambestenge- Linse muss die Kapsulotomie/Rhexis eignete Material, aber auch er denkt, dass sehr gross (mind. 7 mm) sein. dasvondenLinsenbekanntePigmentie- In zwei Bestrahlungen mit 635 nm WelrungsproblemeinProblemderHaptiken lenlänge, zunächst zur Herstellung der ist. Nuijts stimmte dem zu, denn an den definitiven Refraktion (60 bis 130 SekunHaptiken wurde schon allerhand verän- den) und im zweiten Schritt im 144 Sedert,ohnedassdasPigmentproblembis kunden dauernden lock-in wird die Linse stabilisiert. Die Berechnung ist komplex. jetzt gelöst werden konnte. Die Frage, ob die Iridotomie die Vorder- Die Formel, die zusammen mit Haigis kammertiefe wesentlich verändert, wird für die Nachjustierung entwickelt wurde, wird noch getestet. Zur Bestrahlung verneint. wird die Haag-Streit Linse für die YAGKapsulotomie benötigt. ■ Die adjustierbare Linse – das Ei des Columbus? (F. Hengerer, Bochum) Fritz Hengerer berichtete über die geradezu revolutionäre lichtadjustierbare Linse (LAL) aus nicht abschliessend polymerisiertem Silikon, das nach Implantation mit UV-Licht bestrahlt wird, um die Form bestmöglich anzupassen. Der Referent erarbeite gemeinsam mit Prof. Burkhard Dick die EinjahresResultate zu dieser Linse. Die Linse hat eine 6.5 mm Optik. Ein Injektor ist erst in Entwicklung, zurzeit muss die Linse noch mit der Pinzette platziert werden. 153 Linsen wurden bis zur Präsentation implantiert,davonwaren145«lockedin», also in ihrer Gesamtrefraktion stabilisiert, für 86 Linsen gibt es Daten mit einer Beobachtungsdauer von mehr als 6 Monaten. Das Prozedere bei diesem Linsentyp ist aufwändig. Der Patient muss mehrere «informed consent» unterzeichnen. Nach Abb. 8 Schema und Tabelle für eine AstigmatismusKorrektur der LAL. Die Diskussion brachte grössere Skepsis zutage. Preussner ist über den UV-Upload des Endothels besorgt. Eine Kapselschrumpfung kann durch die modifizierte C-Loop nicht aufgehalten werden. Die Ausschlussrate in der Studie war hoch. VieleinterneProblemederLinsenmanufaktur müssen noch gelöst werden. Kongresse / Congrès EinigePatientenberichtetenamEndedes lock-in-Prozesses über einen rötlichen Effekt. Wenn die Pupille postoperativ nicht mehr weit wird, kann der lock-in Prozessnichtkorrektausgeführtwerden. Lässt sich keine Dilatation > 5 mm mehr erreichen, muss die Linse möglicherweise explantiert werden. Die ESCRS-Studie zeigte eine dreimal höhere Endophthalmitis-Rate für Silikonmaterial. Hengeler wies darauf hin, dass in ihrer Studie keine erhöhte Endophthalmitisrate auffiel. Die Firma Cahoun arbeitet aber daran, das gleiche PrinzipauchinAcrylzuprobieren. Prof.Menapacefand,dassdieseLinsenur in seiner Buttonhole-Technik implantiert werden sollte, die er seit etwa fünf Jahren anwendet–ohnevieleNachahmer.HengelerhatauchinzwischeneinesolcheOP probiert. Die Resultate stehen noch aus. Der Stellenwert einer Linse mit postoperativer Nachjustierungsmöglichkeit muss angesichts guter Biometrie-Geräte, adäquater Formeln, exakter postoperativer Resultate und der vielen auf dem Markt befindlichen Speziallinsen (torisch, multifokal etc.) hinterfragt werden. Etliche Publikationen liegen bereits vor, so von Daniel E Schwartz, Robert Maloney und Arturo S. Chayet. Auch Chris Lohmann in München arbeitet mit der Linse. Die Forschung auf diesem Gebiet bringt uns möglicherweise insbesondere medizintechnisch weiter. Aber im Augenblick wirkt es eher nicht so, dass dieser Linsentyp erhofften Quantensprung bringt. ■ Die State of the Art Lecture: Prophylaxe ja/nein? (D. Seal, London, United Kingdom) David Seal befasste sich mit den Studiendaten der European Society of Cataract and Refractive Surgery zur Prophylaxe und postoperativen Antibiose bei intraokularen Eingriffen. Fast 16 000 Patienten mussten beobachtet werden, um 8 Endophthalmitiden zu identifizieren. Grundsätzlich hilft jede Art von Antibiose nur gegen Bakterien. Pilze, Viren und andere unerwünschte Mitbewohner dieser Erde lassen sich nur durch saubere und sterile Arbeit fernhalten. Die ESCRSStudienlassenfolgendeEmpfehlungzu: • PräoperativeAntisepsismitPolyvidonIod oder Chlorhexidin • 1mgCefuroximintrakameralamEnde derOP • Levofloxacinpostoperativfür6Tage. 422 ophta 6|2009 • Schon viele Methoden zur besseren Schätzung des echten Hornhaut-Brechwertes wurden Gruppe A – Nur Plazebo-Tropfen 0,33% (n=14) 0,23% (n=10) (Kontrollgruppe) publiziert. Einige lassen sich anGruppe B – Plazebo-Tropfen, 0,075% (n=3) 0,05% (n=2) wenden, wenn die Vorgeschichintrakamerale Injektion (Cefuroxim) p = 0,00053 te und die alten Messwerte beGruppe C – Levofloxacin-Tropfen 0,25% (n=10) 0,18% (n=7) kanntsind: prä-OP, keine intrakamerale Injektion •ClinicalHistoryMethode Gruppe D – Levofloxacin-Tropfen 0,05% (n=2) 0,025% (n=1) •Speicher[Seiz]Methode prä-OP plus intrakamerale Injektion •AdjustedIRMethoden Tab. 1 Die vier Arme der ESCRS-Studie. ER = Endophthalmitis- •Savini Rate. Die alleinige intrakamerale Injektion von Cefuroxim •Camellin (Gruppe B) war fast so wirkungsvoll wie mit Tropfen (Gruppe D). •Jarade Am besten schnitt die Kombination präaoperative Tropfen Diese Methoden sind möglich, (Levofloxacin) plus intrakameral Cefuroxim ab (0.025%). wennmankeinealtenDatenhat: Hinsichtlich Patientenalter, Geschlecht, Diabetes-Diagnose •CLMethode oder chirurgischer Erfahrung zeigten sich keine signifikanten •ShammasNoHxMethode Unterschiede. •Koch&MaloneyTopography •Savini/Barboni/Zanini Levofloxacin hat die doppelt so hohe • RonjeMethode Bioverfügbarkeit wie Ofloxacin, ist in • RosaMethode der Schweiz aber noch nicht erhältlich. • AdjustedIRMethoden–Ferrara Es kann im Ausland bestellt und aufbe- • OculusPentacam reitet werden. Unsere bisherigen End- • ZeissOCT ophthalmitis-Zahlen zeigen aber, dass Die verschiedenen Verfahren und Formöglicherweise die bisherige postopera- meln haben bis anhin jedoch alle zum tive Therapie genügt, wenn wir Cefuro- grossen Teil den Nachteil, entweder noch ximamEndederOPsichergeben.Über nicht in grösseren Serien bzw. Studien erVancomycin oder Gentamycin, das auch probt worden zu sein oder es fehlt ihnen in Gebrauch ist und gute Daten ausweist, die Vertex-Korrektur. gibt es keine vergleichenden Studien und Die besten Resultate scheinen Systeme insbesondere keine Endpunkt-Studien. zu erbringen, welche ein echtes korneaFür Levofloxacin zu beachten ist eine les Mapping (Vorder- und Rückfläche) KreuzreaktionmitPenicillininrund10%. liefern,wiez.B.dasPentacamvonOcuBis anhin hat es allerdings nach Seal auch lus. Hier ist zu berücksichtigen, welche beiAllergikernkeineProblemegegeben. Bereiche mit einbezogen werden. Die genauestenWerteliefertdie4.5mm-Zone, die allerdings erst mit der neusten Ver■ IOL-Berechnung für LASIK-Augen sionder Pentacam korrekt kommt. Was die neusten OCT-Generationen können, (K. J. Hoffer) wird sich noch zeigen müssen. Ein Ex-LASIK-Patient stellt hohe Anforderungen an die Katarakt-Chirurgie. SchliessAuchbeider«FudgetheIOL-Power»lich hatte er einmal viel Geld ausgegeben, MethodegibtesmehrereStrategien: um emmetrop zu sein. Also will er das auch Hat man die Vorwerte, empfehlen sich nach der Kataraktoperation so haben. Drei folgendeVerfahren: Probleme stellen sich: Kein Instrument kann • AramberriDouble-K den wahren Brechwert der Hornhaut genau • Feiz-MannisMethode messen, der refraktive Index der Hornhaut • LatkanyMethode hat sich geändert und moderne Berech• MasketMethode nungsformeln benutzen ein zu flaches • WakeForestMethode K-Reading. Nur die Haigis-Formel kennt dieses Problem nicht. OhnePatientengeschichtekannmandiese Methodenanwenden: Ken Hoffers Lösungsansatz lautet prag- • AramberriDouble-K matisch: Entweder wir schätzen den • IanchulevinORAphakicMethode wahren Brechwert der Hornhaut oder • MacKoolPOAphakicMethode wir frisieren den errechneten Brechwert der IOL. Was das bessere Resultat liefert, Hoffers Diskussion der Vor- und Nachteihängt davon ab, welche Daten präopera- le hinterliess etwas Verwirrung. Gemeintiv zur Verfügung stehen. sam mit Prof. Savini hat er alle bis 2007 Arm Vermutete ER Tatsächliche ER Kongresse / Congrès Abb. 9 Berechnungsbeispiel aus dem Lasik-IOL-Power-Tool von Hoffer und Savini. Die vom Programm errechnete Linse ist rechts unten zu ersehen, die tatsächlich eingepflanzte links im unteren Kastenfeld. Man füllt die Daten ein, die man kennt. Den Rest erledigt das Programm. Kann es nichts errechnen, erscheint im Feld NA. bekannten Berechnungsmethoden gesammelt und eine gemeinsame Berechnungsplattform geschaffen (Abb. 9). Man kann sie gratis herunterladen unter www.EyeLab.com, das bietet im einen oder anderen Fall zumindest eine Hilfe. Auch auf der ASCRS- Homepage findet sich ein Kalkulator, ebenfalls mit Vor- und Nachteilen. Fallstricke lauern auf diesem Gebiet noch überall. Die Diskussion, welche die akribische Arbeit Hoffers beinahe zunichte machte, brachte an den Tag, dass es heute müssig ist, mit alter Gauss’scher Optik zu rechnen. Raytracing (Strahlverfolgung) heisst die Lösung. Mit ihr entfällt der Formelwust, der den Durchschnittsophthalmologennurverwirrt.Preussnermachtedaraufaufmerksam, dass Raytracing auch schon Jahrhunderte alt ist. ■ FLEX und SMILE: Der Femtosekundenlaser (FS) kann mehr (W.Sekundo, Marburg) Privatdozent Walter Sekundo, jetzt in Marburg, beschäftigt sich schon länger mit den Möglichkeiten des FS-Lasers, Lentikel in der Hornhaut zu kreieren und damit optisch verbesserte Korrekturen zu erzeugen. Die sogenannte FLEX (Femtosecond Lenticular Extraction)wurdebisjetztan298Augendurchgeführt.DiePatienten waren im Durchschnitt 35jährig, die durchschnittlicheKorrekturbetrugetwasmehrals–4dpt. Spannend ist die Tatsache, dass die Refraktion ab dem ersten Tagstabilbleibt.87%sindinnerhalbder+/–0.5dpt-Spannbreite, 48% haben postoperativ den gleichen Visus, 38% haben eine Linie gewonnen, nur wenige 1 oder 2 Linien an Visus verloren. Die Weiterentwicklung des Verfahrens ist SMILE (Small Incision FLEX). Als Vorteil der Methode betont Sekundo den fehlenden Flap und (damit) viel weniger Probleme mit trockenen Augen. Seinen Angaben zufolge werden HOA (Higher Kongresse / Congrès Order Aberrations) nicht schlechter. Höhere Astigmatismen lassen sich mit dieser Methode aber nur schwierig korrigieren. Die Werte sind mindestens gleich gut wie bei LASIK, die Lernkurve sei akzeptabel. Insgesamt ist die Zufriedenheit bei diesem Verfahren hoch. ■ Auch ein Highlight: Diskussion schwieriger Fälle (Urs Thomann und Isaak Schipper, Luzern) Sehr wertvoll ist am Swiss Refractive die angeregte Diskussion unter den Teilnehmern. Das Organisationskomitee hat deshalb dieses Jahr einen Block «Diskussion schwieriger Fälle» eingeführt, in dem Dr. Urs Thomann und Privatdozent Dr. Isaak Schipper komplexe Fragen bei Laserpatienten vorstellten und Lösungsmöglichkeiten diskutierten. Als Beispiel hier der Fall eines 44-jährigen Patienten, der ein Jahr zuvor eine C-TEN-Behandlung erhalten hatte, mit einer Korrektur von +0.5 cyl. -4.25/10°. Postoperativ fiel eine stark verzögerte Wundheilung auf. Das Epithel schloss sich erst nach einer Woche. Der Patient klagte über lokalen Haze. Nach 3 Monaten war der Visus an diesem Auge zwar 1.0, aber der Patient beschrieb ein «ghosting». Die beste Korrektur war –0.5/5°=1.25. Die Hornhaut-Topografie ist in Abbildung 10 dargestellt. Abb. 10 Topografie des rechten Auges 3 Monate nach C-TEN +05 cyl. –4.25/10° und schlechter Wundheilung. Das Bild zeigt ein deutliches Koma, vermutlich aufgrund der irregulären Wundheilung. Gelöst wurde das Problem mit einer zweiten, auf die Oberflächen-Optimierung zu gerechneten akonischen C-TEN-Behandlung unter Verwendung von 0.028% Mitomycin für 10 Sekunden. Der Patient erhielt eine perfekt wieder hergestellte Oberfläche. 424 ophta 6|2009 • ■ Bubbles and Blades – Plasma und Stahl (M. Wevill, Birmingham, UK) Die Quintessenz der Tagung lieferte Mark Wevill vom ultralase Institut (www. ultralase.com), der u.a. mit H. Eleftheriadis, S. Perera und E. Rosen zusammenarbeitet. Die Debatte ist so alt wie die Medizin: Die alte, bewährte, etablierte Technik, der man vertrauen kann, gegen die neueste, revolutionäre, begeisternde Entwicklung. Wer, wie oder was besser ist, lässt sich anhand folgender Faktoren gut ermitteln: Effektivität? Effizienz? Sicherheit (Qualität)? Anwendungsmöglichkeiten? Das Bessere ist der Feind des Guten. Aber an etwas Gutem gibt es fast immer noch etwas zu verbessern. Beispiel Mikrotom: Zunächst produzierten Mikrotome einen ungenauen Rand, was zu irregulär fibrosierenden Wunden führte und das stromale Bett suboptimal hinterliess. Das besserte sich zwar im Laufe der Zeit etwas, aber so eine scharfe Kante wie mit dem Femtosekunden-Laser (FSLaser)gibtesnie.Wiewichtigistdasaber? Vermutlich sind wir jetzt in einem Bereich, in dem das keine Rolle mehr spielt. züglich Sicherheit kein Unterschied. Die UCVA (Visus ohne Korrektur) war bei den Intralase-Augen bis zur 6-MonatsKontrolle besser, danach gab es keinen signifikanten Unterschied mehr. Die vielen Studien zeigen alle wenig Unterschiede, mit einem diskreten Vorteil für den FS-Laser, weil dieser weniger Higher Order Aberrations, eine schnellere Heilung, eine stabilere Visusentwicklung sowie eine bessere Kontrastsensitivität erzielt. Auch bei den Komplikationen gibt es keine nennenswerten Unterschiede. Der FS-Laser ist mit 0.3% gegenüber 0.6% beim Keratom etwas besser (in diesem Fall ein Vergleich Intralase gegen MoriaKeratom). In wunderschönen Aufnahmen zeigte Wevill, was man mit dem FS-Laser noch machen kann, ein klarer Vorteil für dieses Gerät. Damit gewinnt der FS-Laser den Wettbewerb, da er auch in der Effektivität und Sicherheit etwas besser abschneidet als das Keratom. High-Volume-Chirurgen postulieren deshalb, dass der FS-Laser Gold-Standard ist (Neumann, DOC Nürnberg, 2009). Nach weiteren Vorträgen u.a.vonProf.Dimitrij Dementiev und Dr. Filippo Simona endete das Symposium mit einem wunderbaren Wine & Dine Abb. 11 Messung der Flap-Dicke mittels Vordersegment-OCT. Nach imParkHotelWeggis, Cheng A, Lam D, J Cataract Refract Surg 2008;24:879-84. das jedes Jahr von der Augentagesklinik Mehr Evidenz gibt es darüber, dass dün- Sursee offeriert wird und auch dem kolnere Flaps besser sind wegen der besseren legialen Austausch Gelegenheit bietet. Strukturerhaltung der Hornhaut, besse- Das nächste Swiss Refractive findet am rer Innervation und weniger Trocken- 12. Juni 2010 im KKL Luzern statt. Bitte heitsproblemen, besserer Adhäsion und vormerken! möglicherweise auch weniger Aberrationen. Ideal sind wohl 100 µm, dünner führtbeiJüngerenzumehrProblemen.Je Korrespondenz: konstanter die Dicke, desto vorteilhafter. Dietmar W. Thumm, MD Bahnhofplatz4/PF4266 Beim Vergleich von 2731 Augen (alle vom 6002 Luzern gleichen Chirurgen operiert), die entweTel.0412263010,Fax0412263015 der Intralase oder Zyoptics [email protected] tom für den Flap erhielten, ergab sich be- Abb. 12 Die deutlich unterschiedlichen Ränder des Flap-Schnittes bei FS und Microkeratom.