Elektrotechnik Praktikum im Studiengang Funktionswerkstoffe Prof. Dr. Baureis Stand 2010 Versuch 2: Bestimmung des Wirkungsgrades von Gleichrichterschaltungen zur Energiesammlung mit piezoelektrischen Bauelementen 1. Einleitung Im Gegensatz zu Solarzellen (Licht) oder Peltierelementen (Temperatur) als Energiequelle tritt bei piezoelektrischen Bauelementen die Energie nicht in Form von Gleichspannung, sondern als Wechselspannung auf. Um die durch mechanische Bewegung (Vibration) erzeugte Wechselspannung für die Energiespeicherung zu nutzen, muß diese erst durch eine geeignete Gleichrichterschaltung in Gleichspannung umgewandelt werden. Danach kann die Energie auf einem Kondensator oder einem Akku in Form von Ladungen gespeichert werden, oder direkt an einen ohmschen Verbraucher abgegeben werden. Ziel dieses Versuches ist unterschiedliche Gleichrichtertopologien und unterschiedliche Diodenarten hinsichtlich ihres Wirkungsgrades der Umwandlung von Wechselspannung in Gleichspannung zu untersuchen. Das piezoelektrische Bauelement lässt sich als reale Spannungsquelle außerhalb der Resonanzfrequenz durch folgendes Ersatzschaltbild darstellen. Ci u(t) ~ Abb. 1 Ersatzschaltbild des Piezos außerhalb der mechanischen Resonanzfrequenz Dabei wird die Spannung u(t) durch auf das Bauelement wirkende Vibrationskräfte f(t) erzeugt. C0 stellt die vorhandene elektrische Kapazität des Piezos dar. Die Piezos aus Versuch 1 besitzen Kapazitäten C0 in der Größenordnung 1nF. Um für den Versuch das Vibrationsverhalten des Piezos bei niedriger Frequenzen (f<1kHz) nachzubilden benutzen wir einen Funktionsgenerator mit harmonischer Wechselspannung, wobei Frequenz und Amplitude einstellbar sind. Die Versuchsaufbauten zur Bestimmung des Gleichrichterwirkungsgrads η= an die Last abgegebene Energie in Form von Gleichspan nung E ab eingespeis te Energie durch Wechselspa nnung E zu (1) sind in Abb. 2 und Abb. 3 dargestellt. 1 Elektrotechnik Praktikum im Studiengang Funktionswerkstoffe Prof. Dr. Baureis Gleichrichter Ci = 10nF ~ u1(t) Stand 2010 u2(t) RL = 500 kΩ uL(t) Abb. 2 Gleichrichter zum kontinuierlichen Betrieb mit ohmscher Last RL Gleichrichter i(t) Ci u1(t) ~ u2(t) CL uL(t) Abb. 3 Gleichrichter zum Laden eines Kondensators oder Akkumulators In Abb.2 liefert der Piezo mehr Energie, als die Last verbraucht, deshalb kann die Last kontinuierlich betrieben werden. Das System befindet sich im eingeschwungenen Zustand. Der Wirkungsgrad der Gleichrichterschaltung ist daher nicht zeitabhängig. Hier ist es möglich den Wirkungsgrad durch die komplexen Effektivwertanzeiger U1, U2 und UL bei bekannten Ci und RL zu berechnen: η= Pab Pzu (2) UL2 die an die Last abgegebene Wirkleistung und RL Pzu die von der Quelle eingespeiste Wirkleistung. Pzu ergibt sich aus der zugeführten Scheinleistung S : Dabei ist Pab = ⎞ ⎛ ⎟ ⎜ U1 − U2 ⎟ ∗ ⎜ S = U2 ⋅ I = U2 ⎜ 1 ⎟ ⎟ ⎜ ⎝ j ⋅ ω ⋅ Ci ⎠ ∗ [ als Pzu = Re alteil (S) = Re alteil U2 ⋅ ((U1 − U2 ) ⋅ j ⋅ ω ⋅ Ci )* ] 2 Elektrotechnik Praktikum im Studiengang Funktionswerkstoffe Prof. Dr. Baureis Stand 2010 In Abb. 3 ändert sich die Spannung an der kapazitiven Last CL zeitabhängig und der Wirkungsgrad K wird zeitabhängig. Die Berechnung von K erfolgt nun nach (1) in Form einer Energiebilanz: Für die zugeführte Energie E zu gilt: t t Ezu ( t ) = ∫ p zu ( t )dt' = ∫ u2 ( t' ) • i( t' )dt' 0 (3) 0 Die auf den Kondensator CL gespeicherte Energie Eab(t) Eab ( t ) = 1 2 ⋅ CL ⋅ uL ( t ) 2 (4) Als Randbedingung ist zu beachten, dass der Kondensator CL zum Startzeitpunkt des Aufladevorganges t`=0s vollständig entladen ist. Die Berechnung des Wirkungsgrads nach (1) ist immer gültig, während Gleichung (2) nur bei harmonischer Wechselspannung im eingeschwungenen Zustand gilt, deshalb wird hier immer die Wirkungsgradberechnung über die Energiebilanz durchgeführt. Die Spannungen u1(t), u2(t) und uL(t) für die Berechnung von (3) und (4) werden mit dem Oszilloskop gemessen. Daraus läßt sich dann der Strom i(t) durch den Kondensator Ci ebenfalls berechnen, denn am Kondensator gilt für den LadungsSpannungs-Zusammenhang q(t)=C·u(t) Nach Ableitung beider Seiten nach der Zeit wird daraus: dq( t ) du( t ) = i( t ) = C ⋅ dt dt Für unseren Fall ist die Spannung am Kondensator u(t)=u1(t)-u2(t) deshalb gilt i( t ) = Ci ⋅ d (u1 − u 2 ) dt Am Oszilloskop lassen sich pro Kanal 1200 Spannungswerte in äquidistanten Zeitschritten abspeichern und auslesen, so dass sich der Differentialquotient durch den Differenzenquotienten aufeinander folgender Messpunkte genügend genau annähern lässt: i( t ) ≈ C i ⋅ [u1( t + Δt ) − u 2 ( t + Δt )] − [u1( t ) − u 2 ( t )] Δt (5) 3 Elektrotechnik Praktikum im Studiengang Funktionswerkstoffe Prof. Dr. Baureis Stand 2010 Die benötigte Integration von Gleichung (3) wird durch Summenbildung angenähert, d.h.: t E zu ( t ) = ∫ u 2 ( t k' ) ⋅ i( t k' ) ⋅ dt' ≈ 0 n ∑ u 2 (t k ) ⋅ i(t k ) ⋅ Δt k =1 (6) Dabei läuft die Summationsvariable k von 1 bis n, dem Index der Meßdaten, die bis zum Zeitpunkt t aufgenommen wurden. 't=tk+1-tk ist die Zeitdifferenz zwischen aufeinanderfolgenden Messpunkten. 2. Gleichrichterschaltungen 2.1. Einweggleichrichtung Hier wird nur eine Diode als Schalter in Serie zum Verbraucher benutzt. Sie ist bei Polung in Flußrichtung (positives Potential an der Anode, negatives Potential an der Kathode) niederohmig (Schalter geschlossen), bei Sperrpolung hochohmig (Schalter offen). Bei Sperrpolung ist deshalb der Verbraucher stromlos und kann keine Wirkleistung erzeugen. Beim Betrieb mit harmonischer Wechselspannung wird also nur in jeder 2. Halbwelle Wirkleistung im Verbraucher umgesetzt. Für die Energiespeicherung ist hier der maximal mögliche Wirkungsgrad deshalb auf 50 % begrenzt. In der Praxis ist der Wirkungsgrad jedoch kleiner als 50 %, weil die Diode parasitäre Effekte besitzt: Bei Sperrpolung fließt ein kleiner Leckstrom. In Flußrichtung wird das Verhalten durch den Serienwiderstand der Diode und eine Einsetzspannung > 0 V, bei der die Diode niederohmig als geschlossener Schalter betrachtet werden kann, beeinflußt. Außerdem spielen für den Wirkungsgrad der Innenwiderstand der Energiequelle und der Lastwiderstand des Verbrauchers eine entscheidende Rolle. Um alle Einflußfaktoren beurteilen zu können wird deshalb das Gesamtsystem Energiequelle, Gleichrichter, Last im Schaltungssimulator Advanced Design System (ADS) von Agilent simuliert. (Siehe Aufgabe 1) u2(t) uL(t) Abb. 4 Einweggleichrichter 2.2. Delon Schaltung Werden große Spannungswerte bei geringen Lastströmen benötigt, so lassen sich diese mit Spannungsvervielfachern gewinnen. Abb. 5 zeigt eine Delon Schaltung zur Spannungsverdopplung mit zwei Dioden als Schalter und zwei Kondensatoren in Serie. Die Dioden D1 und D2 sind so gepolt, daß während der einen Halbwelle C1, während der anderen Halbwelle C2 aufgeladen wird. Da beide geladenen 4 Elektrotechnik Praktikum im Studiengang Funktionswerkstoffe Prof. Dr. Baureis Stand 2010 Kondensatoren in Reihe geschaltet sind werden beide Teilspannungen UC1 und UC2 zum Scheitelwert Ua = 2 ⋅ Us addiert. D1 C1 u2(t) uL(t) D2 C2 Abb. 5 Delon Schaltung Um die Eingangsspannung ohne Massebezug an die Gleichrichterschaltung anzulegen wird zur Messung der Ausgangsspannung uL(t) ein differntieller Instrumentenverstärker mit einer hochohmigen Eingangsimpedanz von 1 GΩ benutzt. 2.3. Villard Schaltung Ebenso wie bei der Delon Schaltung ist es mit der Villardschaltung von Abb. 6 möglich Spannungen zu verdoppeln. Da jedoch am Eingang die Spannung über den Kondensator C1 eingespeist wird, kann bei einer Piezospannungsquelle dieser Kondensator weggelassen werden, denn er ist im Piezo als Spannungsquelle mit kapazitivem Innenwiderstand bereits als Bauelement enthalten. Bei Betrieb einer kapazitiven Last entfällt sogar der Kondensator C2, denn der ist ja dann durch die Last gegeben. Die Funktionsweise läßt sich folgendermaßen erklären, wenn am Eingang eine harmonische Wechselspannung mit Scheitelwert Us eingespeist wird: Liegt maximal negatives Potential an C1, so wird C1 über die Diode D1 auf den Spannungswert Us aufgeladen, wobei die rechte Platte von C1 in Abb. 6 positiv geladen ist. Bei maximal positivem Potential Us sperrt Diode D1 und an C1 wird die Spannung verdoppelt. Über die nun leitende Diode D2 wird nun die Kapazität C2 mit 2 ⋅ Us geladen. C1 D2 u2(t) D1 C2 uL(t) Abb. 6 Villard Schaltung 5 Elektrotechnik Praktikum im Studiengang Funktionswerkstoffe Prof. Dr. Baureis Stand 2010 3. Aufgaben Messen und simulieren Sie den Wirkungsgrad der Einweggleichrichterschaltung, der Delon und der Villardschaltung mit der Beschaltung wie in Abb.2 in vier Varianten: Ri= 1MΩ, Rl= 1 MΩ :Dauerbetrieb mit resistiver Quelle (z.B. Dynamo) Ci= 100 nF, Rl = 1 MΩ :Dauerbetrieb mit kapazitiver Quelle (z.B. Piezo) Ri= 1MΩ, Cl= 100 nF: Ladebetrieb eines Energiespeichers (z.B. Akku) mit resistiver Quelle Ci= 100 nF, Cl= 100 nF: Ladebetrieb eines Energiespeichers mit kapazitiver Quelle Die Vorlage für die Wirkungsgradsimulation finden Sie unter c:/Funktionswerkstoffe/Versuch2/Wirkungsgrad_prj. Erklären Sie das unterschiedliche Ergebnis anhand der gemessenen Diodenkennlinien von Abb. 7 qualitativ. Abb. 7 Vergleich der halblogarithmischen Strom-Spannungskennlinien zwischen Schottky Diode und PN-Diode. Wenn zum Schluss noch Zeit ist können sie einen Zustand zusätzlich mit einer ganz neu entwickelten Dioden Generation vergleichen : SBR-Dioden (Super Barrier Rectifier Dioden) 6 Elektrotechnik Praktikum im Studiengang Funktionswerkstoffe Prof. Dr. Baureis Stand 2010 Eingangswiderstand Ri=1 MΩ, Lastwiderstand Rl=1MΩ - Gleichrichter im Dauerbetrieb resistive Quelle Art der Schaltung Amplitude / V Frequenz / Hz Wirkungsgrad Wirkungsgrad (0.5s) Messung (0.5s) Simulation Einzeldiode PN 0.5 10 Einzeldiode Schottky 0.5 10 Villard PN 0.5 10 Villard Schottky 0.5 10 Delon PN 0.5 10 Delon Schottky 0.5 10 Art der Schaltung Amplitude / V Frequenz / Hz Wirkungsgrad Wirkungsgrad (0.5s) Messung (0.5s) Simulation Einzeldiode PN 3 10 Einzeldiode Schottky 3 10 Villard PN 3 10 Villard Schottky 3 10 Delon PN 3 10 Delon Schottky 3 10 Eingangsimpedanz Ci=100 nF, Lastwiderstand Rl=1MΩ - Gleichrichter im Dauerbetrieb kapazitive Quelle Art der Schaltung Amplitude / V Frequenz / Hz Wirkungsgrad Wirkungsgrad (0.5s) Messung (0.5s) Simulation Einzeldiode PN 0.5 10 Einzeldiode Schottky 0.5 10 Villard PN 0.5 10 Villard Schottky 0.5 10 Delon PN 0.5 10 Delon Schottky 0.5 10 Art der Schaltung Amplitude / V Frequenz / Hz Wirkungsgrad Wirkungsgrad (0.5s) Messung (0.5s) Simulation Einzeldiode PN 3 10 Einzeldiode Schottky 3 10 Villard PN 3 10 Villard Schottky 3 10 Delon PN 3 10 Delon Schottky 3 10 7 Elektrotechnik Praktikum im Studiengang Funktionswerkstoffe Prof. Dr. Baureis Stand 2010 Eingangswiderstand Ri=1 MΩ, Lastimpedanz Cl=100 nF - Gleichrichter im Ladebetrieb – resistive Quelle Art der Schaltung Amplitude /V Frequenz / Hz Einzeldiode PN Einzeldiode Schottky Villard PN Villard Schottky Delon PN Delon Schottky 0.5 10 0.5 10 0.5 10 0.5 10 0.5 10 0.5 10 Art der Schaltung Amplitude /V Frequenz / Hz Einzeldiode PN Einzeldiode Schottky Villard PN Villard Schottky Delon PN Delon Schottky 3 10 3 10 3 10 3 10 3 10 3 10 Wirkungsgrad Wirkungsgrad (0.5s) Messung (0.5s) Simulation Ausgangsspan nung (0.3s) Messung / V Ausgangsspan nung (0.3s) Simulation / V Gespeicherte Energie (0.3 s) Messung / µJ Gespeicherte Energie (0.3 s) Simulation / µJ Wirkungsgrad Wirkungsgrad (0.5s) Messung (0.5s) Simulation Ausgangsspan nung (0.3s) Messung / V Ausgangsspan nung (0.3s) Simulation / V Gespeicherte Energie (0.3 s) Messung / µJ Gespeicherte Energie (0.3 s) Simulation / µJ Eingangsimpedanz Ci=100 nF, Lastimpedanz Cl=100 nF - Gleichrichter im Ladebetrieb – kapazitive Quelle Art der Schaltung Amplitude /V Frequenz / Hz Einzeldiode PN Einzeldiode Schottky Villard PN Villard Schottky Delon PN Delon Schottky 0.5 10 0.5 10 0.5 10 0.5 10 0.5 10 0.5 10 Art der Schaltung Amplitude /V Frequenz / Hz Einzeldiode PN Einzeldiode Schottky Villard PN Villard Schottky Delon PN Delon Schottky 3 10 3 10 3 10 3 10 3 10 3 10 Wirkungsgrad Wirkungsgrad (0.5s) Messung (0.5s) Simulation Ausgangsspan nung (0.3s) Messung / V Ausgangsspan nung (0.3s) Simulation / V Gespeicherte Energie (0.3 s) Messung / µJ Gespeicherte Energie (0.3 s) Simulation / µJ Wirkungsgrad Wirkungsgrad (0.5s) Messung (0.5s) Simulation Ausgangsspan nung (0.3s) Messung / V Ausgangsspan nung (0.3s) Simulation / V Gespeicherte Energie (0.3 s) Messung / µJ Gespeicherte Energie (0.3 s) Simulation / µJ 8