vorlesungsmanuskript biologische psychologie

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VORLESUNGSMANUSKRIPT BIOLOGISCHE PSYCHOLOGIE
(6. überarbeitete Auflage, Oktober 2000)
Vorbemerkung zur Arbeit mit diesem Manuskript:
Das Manuskript soll lediglich die Mitschrift bestimmter Kapitel der Biologischen Psychologie I
(Winter-Semester) während der Vorlesung ersetzen und zugleich die Vorbereitung auf die Prüfung
erleichtern. Es ist nicht dazu gedacht, die Vorlesung zu ersetzen, da es lediglich die wichtigsten Fakten
in stark komprimierter Form enthält. Auch ist nicht der gesamte Stoff des Winter-Semesters
dargestellt, sondern nur solche Kapitel, deren Quelle in verschiedenen, schwerer zugänglichen Büchern
liegt oder die aus Lehrbüchern stammen, die für den hier verfolgten Zweck zu umfangreich sind.
Definition der Biologischen Psychologie
Physiologie: Lehre von den normalen Lebensfunktionen.
Biologische Psychologie: Untersuchung der Zusammenhänge zwischen physiologisch-organischen
Vorgängen und dem Verhalten bzw. dem subjektiven Erleben. Basiert vorwiegend auf
Tierexperimenten und betont neurophysiologische Prozesse.
Psychophysiologie: Basiert auf Humanexperimenten. Strebt die psychologisch-physiologische
Doppelbetrachtung an.
Psychosomatik: Ursprünglich die Doppelbetrachtung psychophysischer Störungen. In Deutschland
weitgehend psychoanalytisch orientiert. In der angloamerikanischen Literatur
psychophysiologisch orientiert: Psychophysiological disorders statt psychosomatic disorders. In
der 10. Revision der International Classification of Diseases (ICD-10, 1994) wurden auch diese
Begriffe aufgegeben. Psychosomatische Störungen werden nun unter der Rubrik „F 45
Somatoforme Störungen“ eingeordnet. Diese sind durch die „wiederholte Darbietung
körperlicher Symptome trotz wiederholter negativer Ergebnisse und Versicherung der Ärzte, daß
die Symptome nicht körperlich begründbar sind, charakterisiert.“
Determinanten des Verhaltens: ZNS-Prozesse (ZNS = Zentralnervensystem), Hormonsystem,
Reizsituation (Umwelt), phylogenetische Vergangenheit, Lerngeschichte u.a.
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Anatomischer Aufbau des menschlichen Organismus
Literatur: Faller, A. & Schünke, M. (1999). Der Körper des Menschen. Stuttgart: Thieme.
Sobotta-Becher: Atlas der Anatomie des Menschen Bd. I und II.
Einteilung der deskriptiven Anatomie: Knochen; Bänder, Muskeln und Schleimbeutel; Gefäße;
Eingeweide; Zentralnervensystem; peripheres Nervensystem; Sinnesorgane und Haut.
Knochen: Ursprünglich Knorpel. Reste des embryonalen Knorpelskeletts beim Erwachsenen: Z.B.
Rippenknorpel, Gelenkknorpel. Setzt sich aus kalkhaltiger Knochensubstanz und Weichteilen
(Gelenkknorpel, Knochenhaut = Periost, Knochenmark, Blutgefäße und Nerven) zusammen.
Knochensubstanz in zwei Modifikationen: Substantia compacta (zylindrischer Mantel um den
Markraum der Röhrenknochen) und Substantia spongiosa (Endstücke der Röhrenknochen, kurze
und platte Knochen; Sitz des roten Knochenmarks).
Knochenmark: Rotes Knochenmark (Blutbildung) und gelbes Knochenmark (reines Fettgewebe), das
sich im Laufe der Entwicklung aus dem roten Mark bildet.
Wirbelsäule: Besteht aus 24 freien Wirbeln (7 Hals-, 12 Brust- und 5 Lendenwirbel), Kreuzbein und
Steißbein. Wirbelkörper durch Bandscheiben miteinander verbunden. Zwischen je 2 Wirbeln
befinden sich die Zwischenwirbellöcher = foramen intervertebrale, die in den Rückenmarkskanal
führen (ermöglichen die Verbindung zwischen ZNS und peripheren Nerven).
Thorax (Brustkorb): Gebildet aus Brustwirbelsäule, 12 Rippenpaaren und Brustbein.
Schädel: Besteht aus Stirnbein, Scheitelbein, Hinterhauptsbein, Schläfenbein, Keilbein, Tränenbein,
Siebbein, Jochbein, Nasenbein, Unter- und Oberkiefer.
Schädel des Neugeborenen: Vordere Fontanelle (zwischen Stirnnaht, Kranznaht und Pfeilnaht) = große
Fontanelle; hintere Fontanelle = kleine Fontanelle; vordere und hintere Seitenfontanellen
(paarig).
Skelett der oberen Extremität: Schultergürtel (Schlüsselbein und Schulterblatt), freie obere Extremität
(Oberarm = Humerus; Unterarm mit Radius = Speiche und Ulna = Elle; Hand mit
Handwurzelknochen, Mittelhandknochen und Fingerknochen).
Skelett der unteren Extremität: Beckengürtel (zwei Hüftbeine bestehend jeweils aus Darmbein,
Schambein und Sitzbein; Kreuzbein); freie untere Extremität (Oberschenkel = Femur;
Kniegelenk mit Menisken; Unterschenkel mit Tibia = Schienbein und Fibula = Wadenbein; Fuß
mit Fußwurzelknochen, Mittelfußknochen und Zehen).
Gelenke: Bestehend aus Kopf, Pfanne und Kapsel, welche die Gelenkhöhle nach außen abschließt.
Schleimbeutel befinden sich an Stellen, wo Sehnen über Knochen gleiten, Sehnenscheiden
dienen zur Führung der Sehnen über Knochen.
Gelenkformen: Kugelgelenk (z.B. Schultergelenk), Eigelenk (z.B. hinteres Handwurzelgelenk),
Scharniergelenk (z.B. Kniegelenk), Zapfengelenk (z.B. zwischen erstem und zweitem
Halswirbel), Sattelgelenk (z.B. Carpometacarpalgelenk des Daumens = Verbindung zwischen
Handwurzel und Mittelhandknochen des Daumens), flaches Gelenk (z.B. Kehlkopf).
Muskel: Bestehend aus proximaler Ursprungssehne(näher zum Rumpf liegend), Muskelbauch und
distaler Ansatzsehne(entfernter zum Rumpf liegend). Gleichsinnig arbeitende Muskeln =
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Synergisten, ungleichsinnig arbeitende Muskeln = Antagonisten. Sechs Hauptbewegungen
möglich: Beugung (Flexion), Streckung (Extension), Anziehen (Adduktion), Abspreizen
(Abduktion), Außenrollung (Exorotation) und Innenrollung (Endorotation).
Mundhöhle: Schneidezähne, Mahlzähne und Speicheldrüsen zur Verflüssigung der Nahrung und
Beginn der Kohlenhydratverdauung. Am Übergang zwischen Mundhöhle und Pharynx liegen
vordere und hintere Gaumenbögen mit Gaumenmandeln = Tonsillen.
Pharynx (Schlund): Hier kreuzen sich Atemweg und Speiseweg. Berührung der hinteren Rachenwand
löst Schluckreflex aus. Schluckzentrum in der Medulla oblongata (Teil des Gehirns).
Oesophagus (Speiseröhre): Verbindet den Pharynx mit dem Magen. Liegt zwischen Luftröhre und
Wirbelsäule.
Magen: Links im Oberbauch zwischen Leber und Milz. Rechte Magenkante = kleine Curvatur, linke
Magenkante = große Curvatur. Oberer Teil des Magens liegt als Magengrund (Fundus) in der
linken Zwerchfellkuppel. Magengrund und Magenkörper (Corpus) bilden den verdauenden
Magenabschnitt. Am Magenmund (Cardia) mündet die Speiseröhre in den Magen. Der
Pförtnermuskel (Pylorus) schließt den Magen gegen den Zwölffingerdarm ab.
Zwölffingerdarm (Duodenum): Gestalt eines liegenden nach links offenem U. Umrandet den Kopf der
Bauchspeicheldrüse.
Jenunum (Leerdarm) und Ileum (Krummdarm): Schließen sich an das Duodenum an. Schlingen des
Darmes an Gekröse aufgehängt, das Gefäße, Nerven, Venen und Lymphgefäße führt.
Dickdarm (Colon): Besteht aus Blinddarm mit Wurmfortsatz (Appendix), aufsteigendem Dickdarm,
Quercolon, absteigendem Dickdarm und Sigmaschleife.
Mastdarm (Rectum): Schließt sich an Sigmaschleife an und geht in den Analkanal über, der mit dem
After (Anus) endet.
Brusthöhle: Enthält die Brusteingeweide: Lungen mit zuführenden Luftwegen (Bronchien),
Speiseröhre und Herz mit Venen und Arterien. Der Boden der Brusthöhle wird durch das
Zwerchfell gebildet.
Embryonaler Kreislauf: Nabelvene leitet das im Placentarkreislauf arterialisierte Blut dem Embryo zu.
Diese mündet sowohl direkt in die untere Hohlvene als auch indirekt über das Pfortadersystem.
In der unteren Hohlvene mischt sich das arterielle Blut der Nabelvene mit dem venösen Blut der
Hohlvene. Aus der unteren Hohlvene gelangt das Blut in den rechten Vorhof. Ab hier zwei
Wege: (1) rechter Vorhof ---> linker Vorhof über Foramen ovale ---> linker Ventrikel --->
Aorta ---> Körperkreislauf. (2) rechter Vorhof ---> rechter Ventrikel ---> Lungenarterien --->
Aorta über Ductus arteriosus. Nur 4 % des vom rechten Ventrikel ausgeworfenen Blutes gehen
durch die embryonalen Lungen. Mit dem ersten Atemzug nimmt der Widerstand im
Lungenkreislauf ab. Blut aus dem rechten Ventrikel fließt nun in die Lungenkapillaren. Druck im
linken Vorhof übersteigt Druck im rechten Vorhof, wodurch sich das Foramen ovale schließt.
Umkehr der Strömungsrichtung im Ductus arteriosus mit Verengung und Verschluß desselben.
Kreislauf nach der Geburt: Linker Ventrikel---> Aorta ---> großer Kreislauf ---> Kapillargebiete --->
Venen ---> rechter Vorhof ---> rechter Ventrikel ---> Lungenarterien ---> Kapillaren der Lunge --> Lungenvenen ---> linker Vorhof ---> linker Ventrikel, etc.
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Zellen, Gewebe und Organe
Literatur: Faller & Schünke
Grundeigenschaften der Zelle: Stoffwechsel, Wachstum, Empfindlichkeit (Reizaufnahme aus der
Umwelt), Bewegung und Fortpflanzung.
Zytoplasma: Kolloid von gelartiger Beschaffenheit, 3/4 Wasser, 1/4 Eiweiß, Lipoide und
Kohlenhydrate.
Zellorganellen: Endoplasmatisches Reticulum (System von Spalten, in denen rascher Transport
gelöster Stoffe im Inneren des Zytoplasmas gewährleistet ist), Ribosomen (sitzen der
Außenfläche der Lamellen des endoplasmatischen Reticulums auf; Orte der Eiweißbildung),
Golgi-Feld (Lamellensystem; Aufgabe Sekretbildung), Zentrosomen (aus zylindrischen Röhren
aufgebaut; für Zellteilung wichtig), Mitochondrien (längliche, von einer Doppelmembran
umgebene Gebilde; Träger der Atmungsenzyme, Umwandlung von ADP in ATP), Lysosomen
(enthalten Enzyme für den Abbau großer Moleküle).
Zellmembran: Besteht aus innerer und äußerer Eiweißschicht mit dazwischenliegender Lipoidschicht.
Regelt den Stoffaustausch zwischen Zelle und zwischenzelligem Raum. Die Zelloberfläche
verfügt über besondere Rezeptoren, welche die Unterscheidung von körpereigen und
körperfremd gestatten. Mit Hilfe auflösender Enzyme (Lysozyme) und Eiweiß verdauender
Enzyme (Proteasen), die von der Zellmembran abgegeben werden, zerstört die Zelle fremde
Substanzen. Sie kann kleine Partikel umfließen und sie durch Phagozytose in sich aufnehmen.
Die Einverleibung kleiner Tröpfchen wird als Pinozytose bezeichnet.
Zellkern (Nucleus): Mit Doppelmembran umgeben, deren Spalt mit dem endoplasmatischen Reticulum
zusammenhängt. Kernporen gestatten Austausch mit dem Zytoplasma. Im Kern die
Kernkörperchen (Nucleolen). Der Kern besteht aus Nucleinsäuren: RNS in den Nucleolen und
DNS im übrigen Kernraum. DNS läßt sich anfärben, daher auch als Chromatin bezeichnet. Aus
dem Chromatin gehen bei der Zellteilung die Chromosomen hervor.
Elektrolyte: Im Wasser gelöste Salze, Säuren und Basen in Form elektrisch geladener Teilchen (Ionen).
Filtration: Durchpressen kleinster Teilchen, die in einem Lösungsmittel gelöst sind, durch eine
Membran mit entsprechender Porengröße (z.B. Kapillaren, Nieren).
Diffusion: Langsame Durchdringung und Mischung von Flüssigkeiten oder Gasen bis zur völligen
Durchmischung bei direkter Berührung von Gasen bzw. Flüssigkeiten unterschiedlicher
Konzentration (z.B. Durchtreten von Sauerstoff durch die Wände der Lungenbläschen).
Osmose: Diffusion durch eine semipermeable Membran. Dabei zieht die höher konzentrierte Lösung
Wasser an ---> osmotischer Druck. Der osmotische Druck der Gewebeflüssigkeit hängt vom
Eiweiß- und Salzgehalt ab und entspricht etwa einer Lösung von 0,9 % NaCl (= physiologische
Kochsalzlösung).
Gewebe: Verband gleichartig gebauter Zellen und ihrer Abkömmlinge in Hinblick auf eine oder
mehrere gleichartige Funktionen.
Epithelgewebe: Auskleidung einer äußeren oder inneren Oberfläche. Funktionen: Schutzfunktion (z.B.
Epidermis der Haut), Sekretion (Drüsen; endokrine und exokrine; vom Bau her tubulöse,
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alveoläre und azinöse Drüsen), Resorption (Epithel der Darmzotten), Reizaufnahme
(Sinnesepithelien, z.B. Netzhaut des Auges).
Unterscheidung der Epithelien nach der Form: Plattenepithel (z.B. Bauchfell), kubisches Epithel (z.B.
Sammelrohre der Nieren), Zylinderepithel (z.B. Darmepithel).
Unterscheidung der Epithelien nach der Anordnung: Einschichtiges Epithel (z.B. Darmepithel),
mehrschichtiges Epithel (z.B. Epidermis = Oberhaut), mehrstufiges Epithel (z.B.
Respirationstrakt; alle Zellen sitzen der Basalmembran auf, erreichen aber nicht alle die
Oberfläche), Übergangsepithel (z.B. ableitende Harnwege; sehr dehnbar).
Bindegewebe: Funktion: Stützfunktion und Stoffwechselfunktion. Bau: Zellen, zwischenzellige
Substanz (Interzellulärsubstanz) und Fasern. Formen: Embryonales Bindegewebe, retikuläres
Bindegewebe, Bindegewebe des Erwachsenen, Fettgewebe, Knorpel, Knochen.
Embryonales Bindegewebe (Mesenchym): Hiervon stammen alle Stützgewebe ab. Mesenchymzellen
bilden einen lockeren Zellschwamm, in den Lücken befindet sich flüssige Zwischensubstanz.
Zellen können sich aus dem Verband lösen ---> Wanderzellen (Makrophagen).
Retikuläres Bindegewebe: Ähnlich dem embryonalen mit Gitterfasern. Kann geformte Stoffe
aufnehmen (Phagozytose) und speichern. Grundlage von Lymphknoten, Milz und Knochenmark.
Retikuloendotheliales System (RES): Alle Zellen des Körpers, die phagozytieren und speichern. Zum
RES gehören die Retikulumzellen des retikulären Bindegewebes und auch die Endothelzellen
(Wandzellen) gewisser Kapillaren z.B. Kupffersche Sternzellen der Leber. Funktion:
Abwehrtätigkeit (Bildung von Antikörpern).
Bindegewebe der Erwachsenen: Anordnung: Locker (z.B. interstitielles Bindegewebe) oder straff (z.B.
Sehnengewebe). Bindegewebszellen teils ortsbeständig (Fibrozyten) teils beweglich
(Histiozyten). Fasern: Kollagene und elastische Fasern. Funktion: Bindefunktion, Wundheilung.
Fettgewebe: Braunes (zahlreiche kleine Fettröpfchen) und gelbes Fettgewebe (ein einziger großer
Tropfen Fett). Funktion: Speicherfett (Brennstoffvorrat), Baufett (z.B. Fettpolster an der Ferse),
Isolationsfett (Subkutanfett der Haut zum Wärmeschutz).
Knorpelgewebe: Knorpelzellen und Knorpelgrundsubstanz mit Bindegewebsfasern. Formen: Hyaliner
Knorpel (z.B. Gelenkflächen), elastischer Knorpel (mit elastischen Fasern, z.B. Ohrknorpel),
Faserknorpel (mit kollagenen Fasern, z.B. Bandscheiben).
Knochen: Knochenbildungszellen (Osteoblasten) scheiden Knochengrundsubstanz ab, Knochenzellen
(Osteozyten) sind vollständig von der Grundsubstanz eingeschlossen und Knochenabbauzellen
(Osteoklasten) bauen den Knochen ab. Knochengrundsubstanz: 1/3 Ossein (organisch), 2/3
Mineralsalze; enthält zahlreich kollagene Bindegewebsfasern.
Röhrenknochen: Schaft (Diaphyse) und Gelenkenden (Epiphysen). Knochenanbauten für Sehnen =
Apophysen. Beim Jugendlichen zwischen Epiphysen und Diaphysen die Epiphysenfugen =
Zonen des Längenwachstums.
Muskelgewebe: Gekennzeichnet durch Kontraktilität, Reizbarkeit und Leitfähigkeit für den gesetzten
Reiz. Formen: Glatte Muskulatur (Hohlorgane, Gefäße; Arbeitsweise langsam, wiederkehrend,
unwillkürlich und autonom), quergestreifte Skelettmuskulatur (Arbeitsweise rasch, an keinen
Rhythmus gebunden, willkürlich beeinflußbar und dem ZNS unterstellt), Herzmuskulatur
(Arbeitsweise rasch, wiederkehrend, unwillkürlich und autonom).
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Nervengewebe: Funktionen: Erregungsleitung (periphere Nerven mit afferenter und efferenter Leitung)
und Reizverarbeitung (nervöse Zentren, vor allem ZNS). Baueinheit: Neuron mit Zelle,
Dendriten und Neuriten (Axon). Vorkommen: Graue Substanz von Rückenmark und Gehirn.
Formen: Unipolare, bipolare und multipolare Zellen. Im Zellkörper Nissl-Schollen und
Neurofibrillen.
Tumoren: Treten bei jedem 3. Menschen auf, 2/3 der Erkrankten sterben daran. Maligner Tumor =
Ansammlung von Krebszellen. Benigne Tumoren wachsen nur begrenzt. Krebs (Carcinom) kann
in jeder Art von Körpergewebe vorkommen. Kennzeichen: Ungehemmtes Wachstum, dadurch
Verdrängung des gesunden Gewebes und Beanspruchung großer Nährstoffanteile. Mögliche
Ursachen: Mutation (Produktionsfehler bei der täglichen Zellherstellung), Chemikalien (z.B.
Teer im Tabak), elektromagnetische Strahlen (ultraviolette, Röntgenstrahlen, radioaktive
Strahlen), Viren.
Krebsbehandlung: Chirurgisches Entfernen vor Metastasenbildung (wichtig die
Vorsorgeuntersuchungen) und Wachstumshemmung (Röntgenstrahlen, Zytostatika, Hormone).
Menschliche Ontogenese
Literatur: Sadler, T.W. (1998). Medizinische Embryologie. Stuttgart: Thieme (begründet von J.
Langman).
Ontogenese: Keimesentwicklung des Einzelwesens.
Phylogenese: Stammesentwicklung der Menschen und Tiere.
Gametogenese: Entwicklung der männlichen (Spermatozyte) und weiblichen Geschlechtszellen
(Oozyte) aus den Keimzellen.
Chromosomen des Menschen: Die normale Körperzelle enthält 46 Chromosomen: 44 Autosomen und
2 Geschlechtschromosomen. Weibliche Geschlechtschromosomen bestehen aus 2 XChromosomen, männliche aus 1 X- und 1 Y-Chromosom. Jedes Autosom besitzt ein
Partnerchromosom mit den gleichen morphologischen Merkmalen, sie bilden jeweils ein Paar
von Homologen. Obwohl X- und Y-Chromosom nicht identisch sind, spricht man beim
Menschen von 23 Chromosomenpaaren = diploider Chromosomensatz.
Mitose: Normale Zellteilung. Phasen: (1) Verdoppelung des DNS-Gehalts in der Zelle, (2) Prophase
(Chromosomen werden im Lichtmikroskop sichtbar), (3) Prometaphase (Chromosomen
kontrahieren sich. Jedes Chromosom besteht infolge der DNS-Verdoppelung aus zwei
Chromatiden, die am Zentromer zusammengehalten werden), (4) Metaphase (Chromosomen
ordnen sich in der Äquatorialplatte an), (5) Anaphase (Teilung des Zentromers und
Auseinanderrücken der Tochterchromosomen), (6) Telophase (Bildung der Tochterzellen,
Durchschnürung des Zytoplasmas).
Meiose = Reifeteilungen: Phasen: (1) Verdoppelung der DNS wie bei der Mitose, (2) Prophase (Im
Unterschied zur Mitose paaren sich in der sog. 1. Reifeteilung die homologen Chromosomen. Da
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jedes einzelne Chromosom zwei Chromatiden enthält, bestehen die homologen
Chromosomenpaare aus 4 Chromatiden. Es erfolgt der Austausch von Chromatidabschnitten
zwischen den gepaarten homologen Chromosomen = Crossing over. Dabei findet ein Austausch
von Gengruppen zwischen den homologen Chromosomen statt). Phasen (3) - (6) wie bei Mitose.
Am Ende der 1. Reifeteilung enthält jede Tochterzelle eine Hälfte von jedem Chromosomenpaar,
wobei jedes Chromosom jedoch aus 2 Chromatiden besteht. Der Gesamtgehalt an DNS in jeder
Tochterzelle entspricht also noch dem der übrigen Körperzellen.
Im Anschluß an die 1. Reifeteilung treten die Zellen sofort in die 2. Reifeteilung ein. Der 2.
Reifeteilung geht keine DNS-Synthese voraus. Phasen: Wie bei Mitose ohne (1). Am Ende der 2.
Reifeteilung ist der DNS-Gehalt nur noch halb so groß wie in den normalen Körperzellen
(haploider Chromosomensatz).
Meiose der weiblichen Keimzelle: Es entstehen 4 Tochterzellen mit je 22 Autosomen und 1 XChromosom. Nur eine Tochterzelle entwickelt sich zur Eizelle, die anderen drei (Polkörperchen)
erhalten kaum Zytoplasma und degenerieren.
Meiose der männlichen Keimzelle: Es entstehen 2 Tochterzellen mit 22 Autosomen + 1 X-Chromosom
und 2 Tochterzellen mit 22 Autosomen + 1 Y-Chromosom.
Non-disjunction: Störung bei der 1. Reifeteilung. Trennung eines homologen Chromosomenpaares
bleibt aus, und beide Glieder wandern in eine Zelle. Dadurch erhält eine Zelle 24, die andere 22
Chromosomen statt - wie normal - 23 Chromosomen. Wenn bei der Befruchtung ein Gamet mit
23 Chromosomen mit einem Gameten verschmilzt, der 24 oder 22 Chromosomen besitzt,
entsteht ein Organismus mit 47 Chromosomen (Trisomie) oder mit 45 Chromosomen
(Monosomie).
Entwicklung der Oozyte: (1) Urkeimzelle (beim Embryo in der 4. Woche bereits sichtbar), (2) Oogonie
(entstehen durch Mitose aus den Urkeimzellen), (3) primäre Oozyte (entstehen aus den Oogonien
im 3. Monat. Replikation der DNS und Eintreten in die Prophase der 1. Reifeteilung. Primäre
Oozyte mit umgebenden Epithelzellen = Primärfollikel), (4) Ruhestadium (Diktyotänstadium bis
zu 40 Jahre), (5) Reifung des Primärfollikels mit Einsetzen der Pubertät ---> Entstehung des
Graaf-Follikels (besteht aus: Oozyte mit Zona pellucida und Follikelzellen, Follikelhöhle, Theca
interna und Theca externa), (6) Fortsetzung der 1. Reifeteilung ---> sekundäre Oozyte, (7) zweite
Reifeteilung mit der Ovulation = Follikelsprung.
Entwicklung der Spermatozyte: (1) Urkeimzelle, (2) Spermatogonien (entstehen erst mit der Pubertät
aus den Urkeimzellen), (3) primäre Spermatozyten (entstehen durch Mitose aus den
Spermatogonien. Replikation der DNS und Eintreten in die Prophase der 1. Reifeteilung), (4)
erste Reifeteilung nach 16 Tagen beendet ---> sekundäre Spermatozyten, (5) zweite Reifeteilung
mit Bildung der Spermatiden (bestehen aus 23 Chromosomen), (6) Entwicklung des
Spermatozoons aus der Spermatide (Gesamtentwicklungsdauer von Spermatogonie bis
Spermatozoon 90 Tage).
Mißgebildete Gameten: Primärfollikel besitzt statt einer primären Oozyte zwei oder drei. Entstehen
von Zwillingen oder Drillingen möglich. Beim Mann mißgebildete Spermatozoen häufig.
Beeinträchtigung der Fertilität bei mehr als 25 % mißgebildeten Spermatozoen.
Hormonelle Steuerung des Ovarialzyclus: Zyklische Veränderungen gehen vom Hypothalamus mit
Beginn der Pubertät aus: Releasing-Faktoren des Hypothalamus ---> Sekretion von
Gonadotropinen im Hypophysenvorderlappen (FSH = Follikelstimulierendes Hormon, LH =
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luteinisierendes Hormon) ---> Wachstum des Primärfollikels unter dem Einfluß von FSH in den
ersten Tagen des Ovarialzyklus ---> Vermehrung der Follikelzellen, die Progesteron produzieren
und Vermehrung der Zellen der Theca interna, die Östrogene produzieren ---> Östrogenanstieg
kurz vor der Ovulation ---> Ausschüttung von LH aus der Hypophyse ---> Ovulation --->
Umwandlung der im Ovar verbleibenden Follikelzellen (Granulosazellen) zum Corpus luteum,
das Progesteron erzeugt ---> Überführung der Uterusschleimhaut in die Sekretionsphase ---> bei
Nichtbefruchtung aufhören der Progesteronbildung im Corpus luteum ---> Periodenblutung. Bei
Befruchtung wird Degeneration des Corpus luteum durch gonadotropes Hormon verhindert, das
im Trophoblast des Embryos gebildet wird ---> Corpus luteum graviditatis ---> am Ende des 4.
Monats Übernahme der Progesteronproduktion durch die Plazenta.
Zeitverhältnisse bei der Ovulation: Ovulation 14 Tage ± 1 Tag vor der nächsten Periodenblutung
(konstante Phase). Variable Phase, je nach Zyklusdauer, zwischen Ovulation und vorhergehender
Menstruation.
Hormonale Kontrazeption: Hemmende Wirkung von mit der Pille zugeführtem Östrogen und
Progesteron auf Hypophyse und Hypothalamus. Dadurch wird die zur Ovulationsauslösung
notwendige LH-Ausschüttung unterdrückt; Ruhigstellung des Ovars. Entzugsblutung bei
Pilleneinnahme nur menstruationsähnlich.
Befruchtung: Verschmelzung des männlichen (Spermatozoon) und weiblichen Gameten (Oozyte) im
Eileiter. Spermien machen vor Befruchtung Kapazitation im weiblichen Genitaltrakt durch
(Entfernung von Hemmfaktoren, die auf der Oberfläche der Spermien sitzen), anschließend
erfolgt Akrosomreaktion (dient zur Auflösung der die Oozyte umgebenden Corona radiata). Bei
Berührung der Membran der Eizelle durch den Kopf des Spermiums entsteht Reaktion der Zona
pellucida, die das Eindringen weiterer Spermien verhindert. Bildung des männlichen und
weiblichen Vorkernes, Reduplikation der DNS in jedem Vorkern, Verschmelzung der Vorkerne,
Bildung der 2-zelligen Zygote.
Furchungsteilungen: Die zweizellige Zygote durchläuft eine Reihe von Mitosen, wodurch die Zellzahl
rasch ansteigt. Diese Zellen nennt man Blastomeren. Es entsteht die Morula mit innerer
Zellschicht (Gewebe für den Embryo) und äußerer Zellschicht (Trophoblastzellen, die später die
Plazenta entwickeln). Nach 60 Stunden ist die Morula im Uterus.
Entwicklung der Blastozyste: Interzellularräume der Morula fließen zusammen und bilden die
Blastozystenhöhle. Die Zygote heißt jetzt Blastozyste mit Embryoblast (innere Zellschicht) und
Trophoblast (äußere Zellschicht). Trophoblastzellen beginnen am 6. Tag in die
Uterusschleimhaut einzudringen.
Veränderungen der Uterusschleimhaut: Uteruswand aus 3 Schichten gebildet: Endometrium (innere
Schleimhautauskleidung), Myometrium (dicke Schicht aus glatter Muskulatur) und Perimetrium
(Peritonealüberzug = Bauchfellüberzug auf der Außenfläche). Bei der Implantation der
Blastozyste befindet sich Schleimhaut in der Sekretionsphase, die durch das Progesteron des
Corpus luteum hervorgerufen wird. Schleimhaut ist aus 3 Schichten aufgebaut: Oberflächliche
Zona compacta, lockere Zwischenschicht = Zona spongiosa und Zona basalis. Bei
Nichtbefruchtung erfolgt die Abstoßung von Kompakta und Spongiosa im Rahmen der
Menstruation. Ausfluß besteht aus Blut, Epithelzellen und Zerfallsprodukten von abgestorbenen
Zellen. Die Basalis stellt die Regenerationsschicht dar, aus der die Drüsen und Arterien in der
Proliferationsphase wieder aufgebaut werden.
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Abweichende Implantationsorte: Normalerweise hintere oder vordere Wand des Uterus. Bei Einnistung
im Bereich des Muttermundes schwere Blutungen in der 2. Hälfte der Schwangerschaft und bei
der Geburt (Plazenta praevia). Ektopische Schwangerschaften (extrauterine Gravidität) in
Bauchhöhle, Ovar oder Eileiter. Bei Tubargravidität platzt der Eileiter im 2.
Schwangerschaftsmonat mit starker innerer Blutung.
Entwicklung zur zweiblättrigen Keimscheibe: Der Trophoblast entwickelt zwei Schichten:
Synzytiotrophoblast und Zytotrophoblast. Aus dem Embryoblast entwickeln sich das Ektoderm
und Entoderm, die beiden Schichten der zweiblättrigen Keimscheibe. Zwischen Ektoderm und
Zytotrophoblast entsteht die Amnionhöhle. Im Synzytiotrophoblast entstehen Hohlräume
(Lakunen), die schließlich mit den mütterlichen Sinusoiden (gestaute Kapillaren) in Verbindung
treten; es entsteht der utero-plazentare Kreislauf. Die Blastozystenhöhle wird zum primären
Dottersack. Aus dem Zytotrophoblast entstehen mesenchymale Zellen (Bindegewebszellen,
Mesoderm). In diesem Mesoderm bildet sich die Chorionhöhle bzw. das extraembryonale
Zölom. Schließlich ist die zweiblättrige Keimscheibe mit ihrer Amnionhöhle und ihrem
Dottersack ganz von der Chorionhöhle umgeben und hat nur noch über den Haftstiel - der
späteren Nabelschnur - Verbindung mit dem Trophoblast. Im Verlauf der 3. Entwicklungswoche
entsteht die dreiblättrige Keimscheibe, wobei Zellen des Mesoderms zwischen die Zellen des
Ektoderms und Entoderms einwandern.
Embryonalperiode: Zeitraum zwischen der 4. und 8. Entwicklungswoche. Entwicklung der
Organanlagen (Organogenese). Die meisten angeborenen Mißbildungen entstehen in dieser
kritischen Entwicklungsperiode. Abkömmlinge des Ektoderm: ZNS, peripheres Nervensystem,
Sinnesepithelien, Epidermis einschließlich Haare und Nägel, subkutane Drüsen. Abkömmlinge
des Mesoderm: Bindegewebe, Knorpel und Knochen; quergestreifte und glatte Muskulatur;
Wandungen des Herzens und der Gefäße; Zellen des Blutes und der Lymphe; Niere und
Keimdrüsen; Milz; Rinde der Nebenniere. Abkömmlinge des Entoderm: Magen-Darm-Kanal;
epitheliale Auskleidung des Respirationstraktes; Parenchym der Tonsillen, Schilddrüse, Leber
und Pankreas; epitheliale Auskleidung der Harnblase und Harnröhre.
Fetalperiode: Zeitraum vom Beginn des 3. Monats bis zur Geburt. Schnelles Wachstum des Körpers
bei relativer Verlangsamung des Kopfwachstums. Am Ende des 3. Monats lassen sich bei
abortierten Feten bereits Reflexe auslösen. Im 5. Monat werden Kindsbewegungen von der
Mutter deutlich wahrgenommen. Mit 28 Wochen ist der Fetus im Prinzip lebensfähig
(Frühgeburt). Normales Geburtsgewicht 3000 - 3500 g, Scheitel-Fersen-Länge 50 cm.
Berechnung des Geburtstermins: Gerechnet vom ersten Tag der letzten Regel beträgt die
Schwangerschaftsdauer 280 Tage = 40 Wochen = 10 Lunarmonate = 9 Kalendermonate. Die
Berechnung des Geburtstermins ist am genauesten, wenn man vom Tag der Befruchtung ausgeht
und 266 Tage oder 38 Wochen hinzurechnet.
Funktionen der Plazenta: Austausch von Stoffwechselprodukten und Gasen zwischen mütterlichem
und fetalem Blut bei vollständiger Trennung der beiden Kreislaufsysteme (Plazentaschranke);
Hormonbildung (Choriongonadotropin, Progesteron, Östrogene); Übertragung von Antikörpern
(passive Immunisierung des Kindes). Die Plazentaschranke kann durch Viren (Röteln, Pocken
etc.) und Medikamente (z.B. Thalidomid = Contergan, Drogen und Psychopharmaka)
überwunden werden, was zu Mißbildungen führt.
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Zwillinge: Zwillingshäufigkeit zwischen 0,7 - 1,5 % aller Geburten, 70 % sind zweieiige und 30 %
eineiige = identische Zwillinge. Eineiige Zwillinge entwickeln sich beide aus einer einzigen
befruchteten Eizelle, wobei sich die Zygote im Laufe der Entwicklung durchschnürt. Bei
zweieiigen Zwillingen werden zwei Oozyten gleichzeitig ausgestoßen und von zwei
verschiedenen Spermatozoen befruchtet (genetisch keine größere Ähnlichkeit als bei üblichen
Geschwistern).
Angeborene Mißbildungen: Auffallende morphologische Defekte, die zum Zeitpunkt der Geburt
vorliegen bei ca. 2 - 3 % aller lebend Geborenen. Ursachen: 10 % Umweltfaktoren, 10 %
genetische und chromosomale Faktoren, 80 % Wechselwirkung zwischen genetischen Faktoren
und Umwelt. Beispiele für Ursachen: Röteln bei Frauen in der Frühschwangerschaft
(Linsentrübungen des Auges, angeborene Taubheit, Mißbildungen des Herzens und der Zähne;
Gegenmaßnahme: Aktive Immunisierung der Frauen), Röntgen- oder Radiumstrahlen
(Schädelmißbildungen, Blindheit, Gaumenspalten, Mißbildung der Extremitäten, Spina bifida.
Eine Dosis, die noch als ungefährlich angesehen werden kann, ist nicht bekannt!), Arzneimittel
(Thalidomid = Contergan ---> völliges oder partielles Fehlen der Extremitäten; Zytostatika;
Chinin; Antiepileptika; Cortison), Genußmittel (durch Rauchen Minderdurchblutung der
Plazenta ---> niedriges Geburtsgewicht. Alkohol ---> geistiger und körperlicher Rückstand der
Kinder, Fehlbildungen), Krankheiten der Mutter (bei Diabetes überdurchschnittlich große Kinder
mit erhöhter Mißbildungsrate), Hypoxie (= Sauerstoffmangel, große Höhen, Frauen mit
Herzkrankheiten).
Mongolismus: Trisomie 21 (Down-Syndrom). Bei Müttern bis zu 25 Jahren Häufigkeit 1 : 2000, bei
Müttern über 40 Jahre 1 : 100. Non-disjunction während der Oogenese. Breites Gesicht, große
Zunge, Mongolenfalte, Affenhand, Schwachsinn, Herzmißbildungen.
Trisomie 18: Symptome: Schwachsinn, angeborene Herzfehler, Abknickung der Finger und Hände.
Häufigkeit 0,3 : 1000. Kinder sterben meist mit 2 Monaten.
Klinefelter-Syndrom: Nur bei Männern, Häufigkeit 1 : 500. Geschlechtschromosomenkombination
vom Typus XXY. In 80 % der Fälle ist ein Geschlechtschromatin-Körperchen nachweisbar.
Symptome: Sterilität, Hodenatrophie, Gynäkomastie.
Turner-Syndrom: Nur bei Frauen, Häufigkeit 1 : 4000. Chromosomensatz 45,XO. Non-disjunction
beim männlichen Gameten. Symptome: Flügelhaut, Lymphödem der Extremitäten,
Mißbildungen des Skelettsystems, Sterilität.
Rh-Inkompatibilität: Erythrozyten des Fetus tragen das Rh-Antigen (Rh-positiv) und die der Mutter
nicht (Rh-negativ). Kleine Blutungen an der Oberfläche der Zotten in der Plazenta erzeugen
Antikörperbildung bei der Mutter. Antikörper gelangen über die Plazenta in den Fetus und lösen
Hämolyse = Blutzerfall aus. Fruchttod, besonders bei der zweiten Schwangerschaft möglich.
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Grundlagen der Humangenetik und Erbpsychologie
Literatur: Merz, F. & Stelzl, I. (1977). Einführung in die Erbpsychologie. Stuttgart: Kohlhammer).
Schilcher, F. von (1988). Vererbung des Verhaltens. Stuttgart: Thieme.
Abbildungen z.T. aus Kühn, A. (1973). Grundriß der Vererbungslehre. Heidelberg: Quelle &
Meyer.
Mendel's Methode (1866): Versuchsmaterial verschiedene Erbsensorten (Selbst- und
Fremdbefruchtung kann hier leicht kontrolliert werden). Wahrscheinlichkeitstheoretische
Modellvorstellung: Empirisch gefundene Zahlenverhältnisse werden auf theoretisch
angenommene Elementarfaktoren = Erbfaktoren = Gene zurückgeführt. Gesamtheit der Gene,
welche ein Individuum in seinem Erbgut enthält, nennt man seinen Genotypus. Mendel hat den
Erbgang von Einzelmerkmalen in aufeinanderfolgenden Generationen verfolgt. Ausgangsrassen
= P-Generation (Parental-Generation), Nachkommen = 1. Bastardgeneration = F1-Generation (1.
Filial-Generation), Nachkommen der F1-Generation = F2-Generation etc. Rückkreuzung =
Kreuzung der F1-Generation mit einer der Ausgangsrassen (R). Monohybriden = Bastarde einer
Kreuzung von zwei Rassen, die sich nur in einem Merkmalspaar voneinander unterscheiden
(z.B. rot- und weißblühende Rasse einer Pflanze). Di-, Tri- oder Polyhybriden unterscheiden sich
in zwei, drei oder vielen Merkmalspaaren.
Uniformitäts- oder Reziprozitätsgesetz: Die F1-Bastarde sind gleich (uniform), was bedeutet, daß die
männlichen und die weiblichen Gameten für die Übertragung der Mendel'schen Erbfaktoren
gleichwertig sind (Reziprozität).
Spaltungsgesetz: Die F2-Individuen sind unter sich nicht alle gleich, sondern es spalten verschiedene
Phänotypen heraus. Bei intermediärer Merkmalsausbildung (F1-Bastard steht zwischen der PGeneration) erscheint jeder der gegensätzlichen Merkmale der P-Rassen in 1/4 der Fälle neben
2/4 intermediärer Individuen. Bei Dominanz eines Merkmals in F1 spalten in F2 3/4 mit dem
dominanten Merkmal und 1/4 mit dem rezessiven Merkmal heraus. Ein Bastard erhält für ein
bestimmtes Merkmal (z.B. Blütenfarbe) vom Vater und von der Mutter je eine Erbanlage, ein
Gen. Bei der Keimzellenbildung wird dieses Genpaar getrennt, und jede Keimzelle erhält
entweder das eine Gen A, oder das andere a. Ein Gamet hat in Bezug auf ein Genpaar nie
Bastardnatur (Gesetz der Reinheit der Gameten). Man bezeichnet die einander entsprechenden
Gene eines Paares als Allele. Wenn Individuen in dem einen Merkmal zugeordneten Genpaar
gleiche Allele besitzen (AA oder aa), nennt man sie reinerbig = homozygot, wenn sie in dem
Genpaar verschiedene Allele besitzen (Aa), mischerbig = heterozygot in Bezug auf dieses
Merkmal.
Gesetz der Neukombination der Gene: Bei Kreuzungen von Rassen, die sich in mehr als einem
Merkmal voneinander unterscheiden, werden die Allele verschiedener Paare unabhängig
voneinander verteilt (Gesetz der Neukombination oder Unabhängigkeitsgesetz). Hierdurch wird
bewiesen, daß die Erbveranlagung, die von einem Elter dem Bastard zugeführt wird, nicht ein
unteilbares Ganzes ist, sondern voneinander trennbare Einzelerbfaktoren (Gene) enthält.
Modifikationen: Abweichungen des Phänotyps aufgrund verschiedener Umweltbedingungen bei
gleichem Genotyp (z.B. Abhängigkeit des Farbmusters bestimmter Blüten von der
Außentemperatur, die in einem bestimmten Entwicklungsstadium herrscht). Die phänotypischen
Modifikationen bleiben ohne Einfluß auf den Genotyp. Vererbt wird also nicht das Merkmal,
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sondern die Reaktionsweise einer bestimmten genetischen Konstitution auf bestimmte
Umweltbedingungen.
Phänokopie: Durch Umweltmodifikationen können Merkmale auftreten, welche bei einem anderen
Genotyp genetisch fixiert sind.
Reaktionsnorm: Genotyp und Phänotyp stimmen oft nicht überein, sind jedoch gesetzmäßig
aufeinander bezogen. Die Gesetzmäßigkeit, welche angibt, welcher Phänotypus unter
bestimmten Umweltbedingungen dem vorliegenden Genotypus entspricht, nennt man
Reaktionsnorm (Beispiel: Rattenversuch von Tryon).
Genkoppelung: Da bei der Meiose die Aufteilung der homologen Chromosomen auf die Gameten
zufällig erfolgt, werden alle Merkmale, die auf verschiedenen Chromosomen lokalisiert sind,
unabhängig voneinander vererbt (Gesetz der Neukombination). Gene, die auf demselben
Chromosom vererbt werden, werden nur dann getrennt, wenn es auf dem Chromosomenabschnitt
zwischen den beiden Genloci zu einem crossing-over kommt. Das wird um so seltener der Fall
sein, je enger die beiden Genloci nebeneinander liegen (= Genkoppelung). Im Laufe von
Generationen ist jedoch zu erwarten, daß auch zwischen eng benachbarten Genloci gelegentlich
ein crossing-over stattfindet, daß also die beiden Gene in der genannten Population frei
kombiniert werden.
Pleiotropie (synonym Polyphänie): Ein Gen wirkt sich zugleich auf mehrere Merkmale aus (genetisch
bedingte Korrelation von Merkmalen).
Polygenie: Abhängigkeit eines Merkmals von vielen Genen.
Selektive Partnerwahl: Homogamie = es bevorzugen sich phänotypisch ähnliche Partner, Heterogamie
= es bevorzugen sich phänotypisch unähnliche Partner. Führt zu positiven bzw. negativen
Merkmalskorrelationen.
Geschlechtsgebundener Erbgang: Merkmale, die auf ein Gen auf dem X-Chromosom zurückgehen,
können vom Vater nur an die Tochter, nicht aber an den Sohn, weitergegeben werden (z.B.
Leistung beim räumlichen Vorstellen; Ähnlichkeit zwischen Vater und Tochter sowie Mutter
und Kindern hoch, zwischen Vater und Sohn gering).
Erbpsychologie (Verhaltensgenetik): Anwendung der Erblehre auf Verhaltensmerkmale.
Forschungsgebiet zwischen Genetik und Psychologie (angloamerikanisch: Behavioral genetics
oder behavior genetics).
Selektion: Methode zur Feststellung, ob ein Merkmal eine genetische Komponente enthält. Dabei
werden über eine Reihe von Generationen hinweg Tiere gezüchtet, welche das Merkmal
besonders ausgeprägt oder besonders schwach zeigen. Unterscheiden sich die beiden gezüchteten
Stämme überzufällig, so muß es in der Ausgangspopulation Tiere mit unterschiedlicher
genetischer Ausstattung gegeben haben.
Inzucht: Methode zur Erforschung des Erbgangs eines Merkmals. Hierzu benötigt man für die
Kreuzungsexperimente genetisch gleiche Individuen, die man durch Inzucht, etwa über 30
Generationen, erzeugt. Ein Tier, dessen Eltern hochgradig verwandt sind, erhält von den Eltern
dieselbe genetische Information, ist also hinsichtlich aller Merkmale homozygot. Der Grad der
Inzucht, der in einer Inzuchtreihe bereits realisiert ist, läßt sich durch Inzuchtkoeffizienten
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ausdrücken. Er gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit die beiden Gene eines jeden Genlocus
herkunftsgleich sind.
Untersuchung von Mutanten: Mutationen führen oft zu sehr auffälligen Änderungen an den
Versuchstieren (z.B. Albinismus). Die Weitergabe solcher auffälligen Merkmale läßt sich leicht
über die Generationen verfolgen. An ihnen lassen sich pleiotrope Genwirkungen demonstrieren.
Da in einem ingezüchteten Stamm alle Gene außer dem mutierten in beiden Linien gleich sind,
können alle Unterschiede zwischen ihnen als Wirkungen des mutierten Gens interpretiert
werden.
Stammbaumanalyse: Man versucht den Erbgang zu bestimmen, indem man darüber einfache
Hypothesen bildet, z.B. daß das Merkmal nur von einem Gen abhängt und dominant ist, und
dann prüft, ob das Merkmal in den Familienstammbäumen in einer Weise weitergegeben wird,
welche den Hypothesen nicht widerspricht. Besondere Stammbaummuster treten auf, wenn ein
geschlechtsgebundener Erbgang, also Vererbung auf dem X-Chromosom, besteht. Bei
rezessivem geschlechtsgebundenem Erbgang eines Defektes (z.B. Farbenblindheit) kann es
scheinbar zu einer Vererbung vom Großvater auf den Enkel kommen: Großvater hat krankes X,
Tochter erhält ein gesundes X hinzu, ist dadurch phänotypisch unauffällig; Söhne werden zur
Hälfte Merkmalsträger, weil sie von der Mutter das kranke X erhalten haben, vom Vater nur das
Y, welches keinen Ausgleich für das kranke Gen liefert, da ihm die homologen Gene fehlen. Die
Hypothese eines dominanten geschlechtsgebundenen Erbgangs ist zu verwerfen, wenn ein
kranker Vater eine gesunde Tochter hat, oder wenn die gesunde Mutter einen kranken Sohn hat.
Quantitative Merkmale: Da nach der genetischen Theorie für jedes Gen nur zwei Allele existieren,
scheint eine kontinuierliche Variation (z.B. Körpergröße, Persönlichkeitsmerkmale) unerklärlich
zu sein. Die Schwierigkeit läßt sich jedoch beseitigen, wenn man annimmt, daß sehr viele Gene
zusammenwirken und so den Ausprägungsgrad eines Merkmals bestimmen können. Schon bei
einem einfachen intermediären Mendel'schen Erbgang mit den 3 möglichen Genotypen AA, Aa
und aa können drei Grade der Merkmalsausprägung unterschieden werden. Hängt ein Merkmal
von sehr vielen Genen ab, so sind auch sehr viele verschiedene Genotypen möglich.
Genetisches Gleichgewicht: Gleichbleiben der Häufigkeit für die verschiedenen Genotypen über die
Generationen hinweg. Kann durch Homo- oder Heterogamie vorübergehend gestört werden. Bei
Zufallspaarung (Panmixie) ist das genetische Gleichgewicht bereits in der 2. Generation erreicht
(Hardy-Weinberg-Gesetz).
Grad der Erblichkeit (engl. heritability, auch Heritabilität): Relativer Anteil der genetischen Varianz an
der Gesamtvarianz eines Merkmals.
Erbe-Umwelt-Kovarianz: Individuen verteilen sich auf die verschiedenen Umwelten nicht unabhängig
von ihren Genotypen.
Erbe-Umwelt-Wechselwirkung: Auf die Umweltunterschiede reagieren die verschiedenen Genotypen
unterschiedlich (unterschiedliche Reaktionsnormen).
Erbbedingte und umweltbedingte Varianz: Die Aufspaltung der Gesamtvarianz in diese beiden
Varianzanteile ist dann nicht hinreichend, wenn Erbe-Umwelt-Kovarianzen und/oder ErbeUmwelt-Wechselwirkungen vorliegen.
Erblichkeitsmaße: Versuchen, den genetischen Anteil an der Merkmalsvarianz anzugeben. Beruhen auf
Intraclass-Koeffizienten, welche die Korrelationen zwischen Zwillingen (EZ und
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gleichgeschlechtige ZZ) angeben: r = 1 - Var(in)/ Var (x), wobei Var(in) die Varianz innerhalb
der Zwillingspaare, Var(x) die Gesamtvarianz bedeutet. Index von Holzinger: H =(rEZ - rZZ)/ (1
- rZZ).
Zwillingsmethode: Grundannahme: Jeder Unterschied zwischen genetisch identischen Paaren (EZ)
muß von Umwelteinflüssen herrühren, während Unterschiede bei ZZ sowohl von genetischen als
auch Umwelteinflüssen bedingt sein müssen. Einwände gegen diese Grundannahme:
(1) Eiigkeitsbestimmungen: Kein Problem, da sehr genau. Falsche Diagnose erniedrigt relativen
Anteil erbbedingter Varianz.
(2) Genetische Identität der EZ: Gewichtiger Einwand. EZ sind möglicherweise nicht ganz
identisch (zytoplasmatische Differenzen, Genmutation oder chromosomale Aberration bei der
Mitose). Häufig verschiedene intrauterine Verhältnisse (unterschiedliche Blutversorgung,
dadurch verschiedenes Geburtsgewicht). Diese Einflüsse vermindern den relativen Anteil
erbbedingter Varianz.
(3) Einflüsse von Umweltvariablen: Einerseits wird vermutet, daß gerade die genetische
Ähnlichkeit von EZ mit der Zeit zu einer Betonung jeglicher Unterschiede zwischen ihnen führe,
andererseits werden EZ im Unterschied zu ZZ von der Umwelt ähnlicher behandelt. Ähnliche
Behandlung würde zu einer Verstärkung des relativen Anteils erbbedingter Varianz führen.
(4) Generalisierungsprobleme: Üblicherweise wird von Ergebnissen der Zwillingsforschung auf
die Gesamtpopulation generalisiert. Jedoch ist nicht sichergestellt, ob die Zwillinge repräsentativ
sind.
Erblichkeit der Intelligenz: Hängt davon ab, welche Population man in Betracht zieht. Erblichkeit muß
groß sein, wenn eine genetisch uneinheitliche Population unter weitgehend übereinstimmenden
Umweltbedingungen betrachtet wird; sie muß gering sein, wenn die Population genetisch
einheitlich ist oder die Umweltbedingungen für die einzelnen Individuen stark verschieden sind.
Aus der Literatur (Newman, Shields, Juel-Nielsen, Burt) ergibt sich eine Schätzung der
Erblichkeit der Intelligenzleistungen von 80 %. Meßfehler, Umweltbedingungen und ErbeUmwelt-Wechselwirkungen, wenn man von der Kovarianz absieht, müssen auf die restlichen 20
% aufgeteilt werden.
Kritik: Datenfälschungen bei Burt; Zwillinge nicht ganz repräsentativ; Korrelationen, welche bei
nichtverwandten Adoptivkindern gefunden wurden, die in der gleichen Familie aufgewachsen
sind, sind höher als erwartet (Koeffizienten müßten deutlich unter .20 liegen, tatsächlich .20 .30). Untersuchungen über familiäre Ähnlichkeiten zeigen, daß eine Erblichkeit von 80 % sicher
zu hoch gegriffen ist. Vermutlich ist eine Erblichkeit von 50 % realistisch.
Erblichkeit morphologischer Merkmale: Körpergröße H = .76 - .93, Körpergewicht H = .38 - .77 (H =
Index nach Holzinger = relativer Anteil der Erblichkeit in %, also Körpergröße je nach
Untersuchung zu 76 - 93 % erblich bedingt).
Erblichkeit physiologischer Merkmale: Deutlich geringer als bei den morphologischen Merkmalen.
Systolischer Blutdruck .00 - .56, EEG .76 - .83.
Erblichkeit von Persönlichkeitsmerkmalen: Neurotizismus: Eysenck und Prell .81, Young .46;
Extraversion (Young) .43; Angst (Gottesman, MMPI) .43.
15
Grundlagen der Verhaltensbiologie
Literatur: Franck, D. (1985). Verhaltensbiologie. Stuttgart: Thieme. Abbildungen z.T. aus EiblEibesfeldt, I. (1967). Grundriß der vergleichenden Verhaltensforschung - Ethologie. München:
Piper.
Verhaltensbiologie: Erforscht tierisches und weiterführend menschliches Verhalten mit biologischen
Methoden, auch vergleichende Verhaltensforschung oder Ethologie genannt. Fragestellungen:
Physiologische Verursachung, Ontogenese und Evolution des Verhaltens.
Verhaltensphysiologie: Fragt nach verursachenden, steuernden und regelnden Mechanismen, die dem
Verhalten der Tiere zugrunde liegen.
Ethogramm: Qualitative und quantitative Beschreibung der Verhaltensweisen einer Art.
Erbkoordination: Formstarre, leicht wiedererkennbare, artspezifische Verhaltensweise, die bei jedem
einzelnen Individuum der Art in gleicher Form auslösbar ist. Dies ist für die Ethologie die
wichtigste Verhaltenseinheit. Der koordinierte Ablauf der Muskelkontraktionen ist genetisch
vorprogrammiert, dadurch extreme Umweltstabilität.
Taxiskomponente: Eine im Raum gerichtete Bewegungskomponente, die meist die Erbkoordination
überlagert (Beispiel Beutefang des Frosches: Zunächst orientierende Wendung =
Taxiskomponente, dann Erbkoordination = eigentliche Beutefanghandlung). Erbkoordination
und Taxis zusammen werden häufig als Instinkthandlung bezeichnet.
Funktionskreise: Hierzu zählen funktionell zusammengehörige Verhaltensweisen wie Aggressions-,
Fortpflanzungs-, Brutpflege- oder Nahrungserwerbshandlungen. Dabei folgen die verschiedenen
Erbkoordinationen gesetzmäßig aufeinander. Am Ende solcher Verhaltensfolgen stehen meist
Endhandlungen, die das zu dem betreffenden Funktionskreis gehörige Verhalten zu einem
vorläufigen Abschluß bringen (z.B. Begattung, Nahrungsaufnahme).
Variabilität von Verhaltensfolgen: Bedingt durch Stärke des Auslösereizes und der
Handlungsbereitschaft = Motivation. Letztere kann bei konstanten Umweltbedingungen aus der
Intensität des Bewegungsablaufes, der Häufigkeit und Dauer der Einzelhandlungen und aus der
Latenzzeit (Zeitspanne zwischen dem Beginn der Reizeinwirkung und dem Verhaltensbeginn)
erschlossen werden.
Doppelte Reaktionskette: Z.B. bei Balzhandlungen. Eine männliche Balzhandlung löst eine Antwort
des Weibchens aus, diese wiederum eine des Männchens etc.
Energetisches Motivationsmodell: Danach verbrauchen Erbkoordinationen aktionsspezifische Energie.
Werden sie längere Zeit nicht ausgelöst, so kommt es zu einer Akkumulation endogen im ZNS
produzierter aktionsspezifischer Energie (Triebstauung). Je mehr aktionsspezifische Energie
vorhanden ist, um so schwächer können die Auslösereize sein. Im Extremfall können die
Auslösereize überflüssig werden (Leerlaufhandlung).
Übersprungshandlung: Irrelevante oder deplazierte Verhaltensweisen in einer Konfliktsituation (z.B.
unterbrechen Hähne den Kampf und zeigen unvollkommene Pickbewegungen, obwohl keine
Nahrung vorhanden ist). Zur Erklärung zwei Hypothesen:
(1) Überflußhypothese: Entgegengesetzte Erregungen (Kampf und Flucht) können in der
Konfliktsituation nicht abfließen. Entsprechend dem energetischen Triebmodell werden die
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Erregungen gestaut, fließen über und speisen über eine dritte Bahn die Übersprungsaktivität, die
somit fremdbestimmt = allochthon motiviert ist.
(2) Enthemmungshypothese: Sie geht von der Beobachtung aus, daß solche Aktivitäten
besonders häufig im Übersprung auftreten, die von anderen dominierenden Motivationen sehr
leicht gehemmt werden, z.B. Handlungen wie Putzen, Schnabelwetzen etc. Von den beiden am
Konflikt beteiligten Motivationen werden solche Aktivitäten normalerweise getrennt unter
Hemmung gesetzt. Erreichen diese ein Gleichgewicht, so hemmen sie sich gegenseitig, und ihre
hemmenden Einflüsse auf die Übersprungsaktivität werden aufgehoben. Somit wäre für die
Übersprungsaktivität eine eigenbestimmte = autochthone Motivation anzunehmen.
Umadressiertes Verhalten: Wird ein Tier daran gehindert, z.B. eine aggressive Handlungsbereitschaft
abzureagieren, so kann das Aggressionsverhalten gegen ein unbeteiligtes Tier oder auch gegen
leblose Gegenstände gerichtet werden.
Attrappenversuch: Auslösen von Verhaltensweisen durch Attrappen. Durch Modifikation der
Attrappen kann die auslösende Wirksamkeit einzelner Reize bestimmt werden. Dabei wirken die
einzelnen Auslösereize einer Attrappe häufig additiv zusammen (Reizsummenphänomen).
Übertreiben von Einzelreizen (supernormale Reize) lösen das Verhalten stärker aus als die
natürlichen auslösenden Objekte.
Angeborener Auslösemechanismus (AAM): Bestimmten Verhaltensweisen zugeordnete
neurosensorische Filtermechanismen, die das Ansprechen auf die Auslösereize bestimmen,
indem sie alle unwirksamen Reize herausfiltern. Die Auslösereize werden auch als
Schlüsselreize bezeichnet, weil sie allein zu dem Auslösemechanismus passen. Von angeborenen
Auslösemechanismen spricht man, wenn ein Tier unabhängig von Lernerfahrung auf einen
Auslösereiz biologisch sinnvoll reagiert (stammesgeschichtliche Anpassung). Die
Auslösemechanismen erwachsener Wirbeltiere sind i.a. komplexer als die AAM. Das Tier lernt
im Laufe der Verhaltensontogenese in die AAM hinein (durch Erfahrung modifizierte
angeborene Auslösemechanismen EAAM).
Angeborenes Verhalten: Verhaltensweisen, deren Anpassung an die Umwelt stammesgeschichtlichen
Ursprungs ist (Erbanlagen werden durch natürliche Selektion an die artgemäße Umwelt
angepaßt, Artgedächtnis); z.B. können Entenküken sofort schwimmen, sobald sie erstmals mit
dem Wasser in Berührung kommen.
Erfahrungsentzugsexperiment: Dem Tier wird während der Verhaltensontogenese gezielt diejenige
Erfahrungsmöglichkeit entzogen, die eine Anpassung aufgrund von Lernen ermöglichen würde.
So wird im Kaspar-Hauser-Experiment die soziale Erfahrung entzogen, indem das Tier sozial
isoliert aufgezogen wird. Letzteres führt bei Säugetieren zu tiefgreifenden Störungen des
gesamten Verhaltens.
Reifen angeborener Verhaltensweisen: Die von Lernvorgängen unabhängige Ontogenese
stammesgeschichtlicher Anpassungen des Verhaltens wird als Reifen bezeichnet. Werden
Jungtauben in Tonröhren aufgezogen, in denen sie nicht flattern können, so fliegen sie später
trotzdem genauso gut wie normal aufgezogene Tiere. Tauben lernen also nicht das Fliegen,
sondern das Flugvermögen reift allmählich heran.
Angeborene Lerndispositionen: Die Lernfähigkeit einer Art ist ein Ergebnis stammesgeschichtlicher
Anpassung. Z.B. lernen Mäuse und Ratten schnell, sich in einem Labyrinth zurechtzufinden, im
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Gegensatz zu Tieren, die unter natürlichen Bedingungen nicht in Gangsystemen leben. Hier
erfolgt das Lernen auf der Grundlage einer angeborenen Lerndisposition.
Prägung: Lernprozesse, die an sensible Phasen der Verhaltensontogenese gebunden sind und zu lange
anhaltenden, oft irreversiblen Veränderungen des Verhaltens führen. Prägungsprozessen liegen
also zeitlich begrenzte Lerndispositionen zugrunde. Beispiele: Nachfolgeprägung (bei
Graugänsen wird die Nachfolgereaktion in einem kritischen Alter auf ein bewegtes Objekt
fixiert, z.B. den Menschen, das zu dieser Zeit gerade verfügbar ist = Objektfixierung), sexuelle
Prägung (Objektfixierung für das sexuelle Verhalten), prägungsähnliche Objektfixierungen (z.B.
Aufbau der sozialen Bindung zwischen Mutter und Kind etwa bei Huftieren).
Hospitalismus: Weist beim Menschen deutliche Parallelen zu Prägungsvorgängen auf.
Hospitalismusschäden (Bewegungsstereotypien, verminderte Aktivität, Rückstände der
Intelligenz- und Sprachentwicklung, Störung des sozialen Kontakts) entstehen beim Menschen in
einer sensiblen Phase, die mit 3 Monaten beginnt und nach 2 - 3 Jahren abgeschlossen ist. Zu
diesen Schäden kommt es, wenn die Kinder ohne feste Bezugsperson aufwachsen
(Säuglingsheime).
Habituation (Gewöhnung): Abnahme der Handlungsbereitschaft durch wiederholtes Auslösen einer
Verhaltensweise durch den gleichen Reiz. Gewöhnung an einen Auslösereiz kann man als
einfachsten Lernvorgang auffassen. Beispiel: Stare gewöhnen sich in Kirschplantagen an alle
möglichen Abwehrmaßnahmen.
Klassische Konditionierung: Bildung einer Assoziation zwischen dem unbedingten Reiz und dem
bedingten Reiz (siehe SS).
Operante Konditionierung: Auch als instrumentelle Konditionierung bezeichnet (siehe SS).
Höhere Lernleistungen: Lernen durch Nachahmung (Imitation) ist nur von Vögeln (Lernen des
Gesangs) und Säugetieren bekannt und setzt offenbar eine beträchtliche Leistungsfähigkeit des
Gehirns voraus. Junge Schimpansen können z.B. Teile der Zeichensprache für Taubstumme
lernen. Auch zeigen sich bei den Primaten Ansätze zu einem Verhalten durch Einsicht (Versuche
von W. Köhler an Affen).
Evolution: Genetischer Anpassungsprozeß über Generationen hinweg, bedingt durch die Faktoren
Mutation und Selektion. Grundlage zur Erforschung der Evolution von Verhaltensweisen bildet
der Artenvergleich, der mit der Beschreibung der Erbkoordinationen möglich wurde.
Künstliche Selektion: Besonders gut bei Arten mit rascher Generationsfolge durchführbar (z.B.
Drosophila = Taufliege, Ratte). Verhaltensänderungen bei Haustieren, sind ebenfalls durch
künstliche Selektion bedingt.
Homologe Verhaltensweisen: Lassen sich auf einen gemeinsamen stammesgeschichtlichen Ursprung
zurückführen (Abstammungsähnlichkeit).
Analoge Verhaltensweisen: Ähnliche Verhaltensweisen, die sich auf der Grundlage gleichgerichteter
Selektionsdrucke, jedoch stammesgeschichtlich voneinander unabhängig, entwickeln
(Anpassungsähnlichkeit).
Sozialstrukturen im Tierreich:
(1) Tieransammlungen (Aggregationen): Werden nicht durch soziale Attraktion, sondern
durch äußere Faktoren wie Nahrung, Feuchtigkeit etc. zusammengeführt; keine echten
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Tiergesellschaften.
(2) Anonyme Verbände: Werden bereits durch soziale Attraktion zusammengehalten. Es handelt
sich um offene Verbände, d.h. fremde Tiere können sich anschließen. Stets wird eine
Individualdistanz eingehalten. Beispiel für anonymen Verband: Fischschwärme.
(3) Individualisierte Verbände: Tiere kennen sich persönlich, Aggressivität ist durch
Rangordnung oder Territorialität herabgesetzt. Fremde Tiere werden nur nach längeren
aggressiven Auseinandersetzungen in den Verband aufgenommen (halboffene Verbände), z.B.
Wolfsrudel.
(4) Tierstaaten: Z.B. Insektenstaaten der Hautflügler (Bienen, Wespen, Ameisen) und der
Termiten. Sie lassen sich stammesgeschichtlich von einfachen Familienstrukturen ableiten und
bilden geschlossene Verbände (Erkennen durch gemeinsamen Geruch). Extreme
Rollenverteilung durch Kastenbildung: Königin, Drohnen (männliche Geschlechtstiere),
Arbeiterkaste, Soldatenkaste, Kastendifferenzierung durch unterschiedliche Ernährung im
Jugendalter bedingt (rein modifikatorisch).
Rangordnungsstruktur (soziale Hierarchie): Jedes Tier hat einen festen sozialen Status. An der Spitze
steht das Alpha-Tier, am Ende das Omega-Tier. Rangordnungen wirken aggressionsbegrenzend
und tragen zum geordneten Zusammenleben bei. Ranghohe Tiere haben Vorrechte (Nahrung,
Fortpflanzung), können aber auch Pflichten übernehmen (Verteidigung der Gruppe).
Territorialität (Reviere): Aggressiv verteidigte Aktionsräume. Ähnlich wie Rangordnungsverhalten
wirkt Territorialität aggressionsbegrenzend. Sobald die Territorien abgegrenzt sind, wird das
Aggressionsverhalten stark reduziert (Nahrungs- und Paarungsterritorien).
Natürliche Selektion: Im „Kampf ums Dasein“ überleben bevorzugt die erfolgreichsten,
bestangepaßten genetischen Varianten, so daß es in der Generationenfolge zu einer immer
besseren Anpassung der Art kommt. Dabei ist nicht das Überleben des Individuums
entscheidend, sondern sein Beitrag, den es zum Genbestand der nächsten Generation liefert. Der
Selektionswert eines Genotyps richtet sich danach, in welchem Umfange er die
Fortpflanzungschancen seines Trägers und diejenigen seiner Nachkommen sichert. Den
Selektionsvorteilen können Selektionsnachteile gegenüber stehen, so daß die Evolution vielfach
zu einem Kompromiß führt. Beispiel: Größe des Hirschgeweihs.
Altruistisches Verhalten: Bringt den Artgenossen Vorteile, ist für das Tier selbst aber ohne Bedeutung
oder sogar nachteilig, z.B. Aufopferung der Eltern für die eigenen Jungen (evolutionstheoretisch
sichert dies das Überleben der eigenen Gene und ist so selektionistisch vorteilhaft). Grundlage
der Evolution altruistischer Verhaltensweisen ist die Sippenselektion, wobei das altruistische
Verhalten nur den Angehörigen der eigenen Sippe zugute kommt (extremes Beispiel:
Insektenstaaten).
Angeborene frühkindliche Verhaltensweisen beim Menschen: Suchautomatismus nach der
mütterlichen Brust, Saugbewegungen, Schreien (Signal, das die Zuwendung der Mutter auslöst)
und Klammerreflexe (Verhaltensrudiment, Säuglinge der Menschenaffen werden ständig von der
Mutter im Bauchfell getragen = Tragling).
Tier-Mensch-Vergleich: Bei Primaten (zu denen zoologisch auch der Mensch gehört) schwierig, da
kaum klar abgrenzbare, formkonstante Verhaltenselemente vorhanden sind. Den
Erbkoordinationen kommen die Elemente der menschlichen Mimik am nächsten. Mimik des
weinenden Menschen findet sich beim Schimpansen als Übergangsform zwischen „Wimmern“
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und „Schreien mit entblößten Zähnen“ wieder. Das menschliche Lächeln läßt sich
stammesgeschichtlich vom „Furchtgrinsen“ anderer Primaten ableiten (hat dort
Beschwichtigungsfunktion). Dem Menschen angeboren scheint auch der „Augengruß“ beim
Flirten zu sein.
Evolution geistiger Fähigkeiten: Starke Vergrößerung der Großhirnrinde. Selektionsdruck vermutlich
aus der Notwendigkeit sozialen Lernens heraus, da im Primatenverband die Fähigkeit zum
sozialen Lernen entscheidend den Fortpflanzungserfolg der Individuen bedingt.
Kulturelle Evolution: Wird der biologischen Evolution gegenübergestellt. Es handelt sich um durch
individuelle Lernprozesse erworbene Verhaltensanpassungen auf dem Wege der Tradition. Sie
hat den Vorteil, daß sie viel schneller zu Verhaltensanpassungen führt, zumal die genetische
Anpassung des menschlichen Verhaltens jenen Umweltbedingungen entspricht, denen der
Mensch vor etwa 10.000 Jahren ausgesetzt war.
Funktion des Blutes
Literatur: Für dieses und alle weiteren Kapitel, sofern nicht anders angegeben: Schmidt, R.F. & Thews,
G. (Hrsg.) Physiologie des Menschen. Berlin: Springer (jeweils neueste Auflagen).
Aufgaben des Blutes: Transportfunktion (Atemgase, Nährstoffe, Stoffwechselprodukte,
Wärmeverteilung), Konstanthaltung des inneren Milieus (Konzentration gelöster Stoffe,
Temperatur, pH-Wert), Schutz vor Blutverlust (Gerinnung), Abwehrfunktion (Phagozytose,
Antikörperbildung).
Zusammensetzung: Plasma, in dem Erythrozyten (rote Blutzellen), Leukozyten (weiße Blutzellen) und
Thrombozyten (Blutplättchen) suspendiert sind. Volumen beim Erwachsenen 4 - 6 Liter. Anteil
der Blutzellen am Blutvolumen wird Hämatokrit genannt, er beträgt ca. 45 Vol% und bestimmt
wesentlich die innere Reibung des Blutes (Viscosität).
Flüssigkeitsräume des Organismus: Blutgefäßsystem, interstitieller Raum (Zwischenzellraum) und
intrazellulärer Raum.
Blutplasma: Zusammensetzung ca. 91 % Wasser, 7 % Eiweiß, 2 % kleinmolekulare Substanzen.
Elektrolytkonzentrationen im Plasma und interstitieller Flüssigkeit ähnlich, wichtigste
Elektrolyte Natrium und Chlorid. Dagegen dominiert im Intrazellularraum anstelle des Natriums
das Kalium. Osmotischer Druck im Plasma (bedingt durch die Konzentration gelöster Stoffe) 7,3
atm. Lösungen, die den gleichen osmotischen Druck haben wie Plasma, bezeichnet man als
isotonisch. Hypotones Plasma führt zum Wassereinstrom in die Zellen (Ödem), hypertones zur
Schrumpfung der Zellen.
Funktion der Plasmaproteine (Plasmaeiweiß): Nährfunktion (Zerlegung der Proteine mittels Enzymen
in Aminosäuren, die als Bausteine für die Zellen dienen), Vehikelfunktion (zum Transport
werden kleinmolekulare Stoffe an Plasmaproteine gebunden), unspezifische Trägerfunktion
(bluteigene Elektrolyte, z.B. Calcium, werden z.T. an Plasmaproteine gebunden), Erzeugung des
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kolloidosmotischen Drucks (Regulierung der Wasserverteilung zwischen Plasma und
Interstitium), Pufferfunktion (Plasmaproteine können mit Säuren und Basen Salze bilden,
wichtig für konstanten pH-Wert), Schutz vor Blutverlust (Gehalt an Fibrinogen).
Erythrozyten: Flache, runde, kernlose Scheiben, wobei die Form eine große Diffusionsfläche für die
Atemgase schafft; ca. 5 Mill. im mikrol Blut. Werden im roten Mark der platten Knochen
gebildet und im retikuloendothelialen System abgebaut. Reiz für Neubildung (Erythropoese) ist
das Absinken des O2-Partialdruckes, wodurch es zur Ausschüttung von Erythropoetin aus der
Niere kommt. Erythrozyten haben die Fähigkeit zur reversiblen O2-Bindung.
Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG): Erythrozyten sinken im ungerinnbar gemachten,
stehenden Blut langsam ab. Die BSG ist bei Entzündungen und Tumoren erhöht. Ursache ist eine
Veränderung der Plasmaproteine, die zu einer verstärkten Agglomerationsneigung der
Erythrozyten (Senkungsbeschleunigung) führt.
Leukozyten: Sind amöboid beweglich und können phagozytieren. Normal 4.000 - 10.000 im mikrol
Blut. Niedrigere Zahlen = Leukopenie, höhere Zahlen = Leukozytose (besonders bei
Entzündungen). Man unterscheidet Granulozyten (aus dem Knochenmark), Lymphozyten (aus
den Lymphknoten) und Monozyten (aus dem Knochenmark). Granulozyten unterteilt man nach
der Anfärbbarkeit in neutrophile (überwiegend im Eiter enthalten), eosinophile (erhöht bei
allergischen Reaktionen) und basophile Granulozyten. Granulozyten spielen eine Rolle bei der
unspezifischen Abwehr, Lymphozyten bei der spezifischen Abwehr und Monozyten haben eine
hohe Phagozytose-Kapazität.
Thrombozyten: Flach, unregelmäßig rund, kernlos; normal 150.000 - 300.000. Entstehen im
Knochenmark und werden in Leber, Lunge und Milz abgebaut. Funktion: Blutgerinnung und
Phagozytose.
Blutungsstillung und Gerinnung: Nach Verletzungen stoppt die Blutung nach 1 - 3 Minuten (primäre
Hämostase durch Vasokonstriktion und Verschluß durch Thrombozytenpfropf). Danach erst
Blutgerinnung (sekundäre Hämostase). Grundschema der Blutgerinnung: Prothrombin wird
durch Thrombokinase (entsteht beim Zerfall von Thrombozyten) in Gegenwart von ionisiertem
Calcium zu Thrombin umgewandelt. Thrombin bewirkt seinerseits die Umwandlung des
gelösten Plasmaeiweißkörpers Fibrinogen zu Fibrin, das das fädige Gerüst der Blutgerinnsel
bildet. Das Blut geht dabei aus dem flüssigen in einen gallertartigen Zustand über. Später kommt
es zum Zusammenziehen (Retraktion) der Fibrinfäden. Dabei entsteht der halbfeste, rote
Blutkuchen und eine klare gelbliche Flüssigkeit, das Serum (= Plasma ohne Fibrinogen).
Abwehrfunktion des Blutes:
(1) Unspezifische zelluläre Abwehr: Phagozytose durch die Leukozyten.
(2) Unspezifische humorale Abwehr: Vorhandensein von Komplement (Gruppe von 9
Plasmafaktoren, die sich gegenseitig aktivieren; unterstützt die Wirkungen der Antikörper),
Lysozym (in Leukozyten gebildet; hemmt das Wachstum von Bakterien und Viren), C-reaktivem
Protein (aktiviert das Komplementsystem), Interferon (in Leukozyten gebildet; hemmt das
Wachstum von Viren) und sog. „natürlichen Antikörpern“, die sich aber vermutlich aus dem
frühen Kontakt mit bakteriellen Antigenen aus der Darmflora gebildet haben.
(3) spezifische zelluläre Abwehr (Immunreaktion vom verzögerten Typ): Gegen Antigene (=
potentiell schädigende Substanzen, z.B. Krankheitserreger, artfremdes Eiweiß) werden vom
Organismus Antikörper (Immunglobuline) gebildet, die im Rahmen der Antigen-Antikörper-
21
Reaktion den Antigenen die schädlichen Eigenschaften nehmen. Bei der spezifischen zellulären
Abwehr sind die T-Lymphozyten beteiligt, deren Stammzellen im Knochenmark liegen. Nach
der immunologischen Prägung im Thymus (= T) wandern sie in die lymphatischen Organe
(Lymphknoten, Milz) ein. Beim Kontakt mit einem Antigen werden Tochterzellen von den TLymphozyten gebildet (Primärreaktion), die T-Effectorzellen und die langzeitig im Blut
zirkulierenden T-Gedächtniszellen. Bei den T-Effectorzellen kann man mehrere
Subpopulationen unterscheiden: Z.B. T-Killerzellen (zerstören das Antigen im Zuge der
Antigen-Antikörper-Reaktion), T-Lymphokinzellen (setzen hormonartige Stoffe frei, die
Makrophagen aktivieren), T-Suppressorzellen (hemmen die Aktivitäten von T- und BLymphozyten und verhindern so eine überschießende Immunantwort). Beim zweiten
Antigenkontakt kommt es durch die Vermittlung der T-Gedächtniszellen zu einer raschen
Bildung großer Zahlen von T-Killerzellen (Sekundärreaktion).
(4) spezifische humorale Abwehr (Immunreaktion vom Soforttyp): Abwehr ähnlich wie unter
(3). Aus immunologisch geprägten B-Lymphozyten werden bei Antigen-Exposition einerseits BGedächtniszellen, andererseits Plasmazellen gebildet, wobei letztere die humoralen Antikörper
produzieren. Auch hier erfolgt die Sekundärreaktion bei erneutem Kontakt mit dem Antigen
rascher und intensiver. Da diese Immunantwort schneller erfolgt als unter (3) spricht man vom
Soforttyp.
Aktive-passive Immunisierung: Bei der aktiven Immunisierung (Impfung) nimmt man die
Primärreaktion vorweg und führt dem Organismus unschädliche Mengen eines Antigens zu. Bei
einer Infektion sind dann schon die spezifischen Antikörper vorhanden. Bei der passiven
Immunisierung werden dem Patienten spezifische Antikörper gegen das jeweilige Antigen in
Form von Immunglobulinpräparaten zugeführt.
Allergie: Bei wiederholter Exposition gegenüber einem Antigen führt die Antigen-AntikörperReaktion zu Überempfindlichkeitserscheinungen.
Blutgruppen: An der Zellmembran der Erythrozyten befindet sich eine Anzahl spezifischer Komplexe
mit Antigen-Eigenschaften, die man als Agglutinogene bezeichnet. Die spezifischen Antikörper,
die mit diesen Agglutinogenen reagieren (z.B. bei falscher Bluttransfusion), sind im Blutplasma
gelöst und werden als Agglutinine bezeichnet. Das Blut jedes Menschen ist durch einen
bestimmten Satz spezifischer Agglutinogene charakterisiert: A, B, AB und 0. In diesem AB0System richtet sich die Blutgruppenzugehörigkeit also nach den Antigeneigenschaften der
Erythrozyten des Trägers. Im Laufe des ersten Lebensjahres werden Antikörper (Agglutinine)
gegen diejenigen Antigene entwickelt, die die eigenen Erythrozyten nicht besitzen: Anti-A und
Anti-B bei Blutgruppe 0. Anti-B bei Blutgruppe A, Anti-A bei Blutgruppe B und keine
Agglutinine bei Blutgruppe AB. Verteilung der Blutgruppen in Mitteleuropa: 42 % A, 40 % 0,
12 % B und 6 % AB.
22
Funktion des Herzens
Systole und Diastole: Die Pumpwirkung des Herzens beruht auf der rhythmischen Zusammenziehung
(Systole) und Erschlaffung (Diastole) der Herzkammern (Ventrikel). In der Diastole füllen sich
die Ventrikel mit Blut. In der Systole werfen sie es in die A. pulmonalis bzw. Aorta aus. Ein
Rückstrom wird durch die Herzklappen verhindert. Jeder Herzkammer ist ein Vorhof (Atrium)
vorgeschaltet, der das Blut aus den großen Venen (Hohlvenen bzw. Venae pulmonales)
aufnimmt.
Arterien und Venen: Die Bezeichnung von Blutgefäßen richtet sich nach der Strömungsrichtung und
nicht nach der Beschaffenheit des enthaltenen Blutes. Venen führen das Blut dem Herzen zu,
Arterien führen es vom Herzen weg.
Funktionselemente des Herzens: Arbeitsmuskulatur (Arbeitsmyokard) und Fasern des spezifischen
Erregungsbildungs- bzw. Erregungsleitungssystems.
Autorhythmie: Die Pulsationen des Herzens werden durch Erregungen ausgelöst, die im Herzen selbst
entstehen. Ein aus dem Körper entnommenes Herz schlägt daher weiter.
Reihenfolge der Erregungsausbreitung: Sinusknoten (im rechten Vorhof, gibt den Anstoß zu einem
Herzschlag mit 70 Pulsen/Min bei Körperruhe) ---> Erregungsausbreitung über
Arbeitsmuskulatur der Vorhöfe ---> Überleitung auf die Ventrikel über den
Atrioventricularknoten (AV-Knoten) mit einer Verzögerung ---> His-Bündel ---> TawaraSchenkel (rechter und linker) ---> Pukinje-Fäden (Endaufzweigungen des Reizleitungssystems).
Hierarchie der Erregungsbildung: Sinusknoten ist der primäre Schrittmacher. Fällt die
Erregungsbildung im Sinusknoten aus, so kann ersatzweise der AV-Knoten als sekundäres
Erregungsbildungszentrum die Schrittmacher-Funktion übernehmen (AV-Rhythmus 40 60/Min). Im Falle einer kompletten Unterbrechung der Überleitung von den Vorhöfen auf die
Ventrikel (totaler Herzblock) kann schließlich ein tertiäres Zentrum im ventrikulären
Erregungsleitungs-System als Schrittmacher einspringen (30 - 40/Min.).
Aktionspotential: Rasche Umladung vom Wert des Ruhepotentials (-90 mV) bis zum Gipfel der
initialen Spitze (+ 30 mV). An diese schnelle Depolarisationsphase (1 - 2 ms), schließt sich ein
langdauerndes Plateau (ca. 200 ms) an, bevor die Repolarisation zum Ruhepotential erfolgt.
Aktionspotential dauert etwa 100 mal länger als bei der Skelettmuskel- oder Nervenfaser.
Langsame diastolische Depolarisation (Schrittmacherpotential): In allen Herzmuskelzellen mit der
Fähigkeit zur autorhythmischen Erregungsbildung erfolgt die Depolarisation zum
Schwellenpotential, bei dem ein neues Aktionspotential ausgelöst wird, spontan. Es handelt sich
dabei um einen lokalen Erregungsvorgang. Normalerweise sind nur wenige Zellen im
Sinusknoten tatsächlich für die Erregungsbildung verantwortlich. Alle übrigen Fasern des
spezifischen Systems werden von fortgeleiteten Erregungen ergriffen, bevor ihre langsamen
diastolischen Depolarisationen das Schwellenpotential erreichen (potentielle Schrittmacher).
Refraktärperioden: Während der absoluten Refraktärperiode ist keine Neuerregung der Herzmuskulatur
möglich. In der anschließenden relativen Refraktärperiode kehrt die Erregbarkeit allmählich
zurück. Durch die langdauernde Refraktärzeit wird die Muskulatur vor einer schnellen
Wiedererregung geschützt, die ihre Pumpfunktion beeinträchtigen könnte. Im Unterschied zum
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Skelettmuskel ist der Herzmuskel nicht in der Lage, eine rasche Folge von Aktionspotentialen
mit der Superposition von Einzelkontraktionen zu beantworten (Nicht-Tetanisierbarkeit des
Myokards).
Parasympathische Innervation: Der Nervus Vagus verbindet die kreislaufregulierenden Zentren in der
Medulla oblongata mit dem Herzen. Fasern des rechten Vagus versorgen den Sinusknoten,
Fasern des linken den AV-Knoten. Reizung des rechten Vagus führt zur Senkung der
Herzfrequenz (negative chronotrope Wirkung) durch Abnahme der Steilheit der diastolischen
Depolarisation. Reizung des linken Vagus verlängert die Überleitungszeit (negativ dromotrope
Wirkung). Zudem wird unter Vaguseinfluß die Kontraktionsstärke der Vorhöfe vermindert durch
Verkürzung der Dauer des Aktionspotentials (negative inotrope Wirkung). Überträgerstoff des
Vagus ist Acetylcholin. Keine parasympathische Innervation der Ventrikel!
Sympathische Innervation: Verlauf der sympathischen Herznerven: Kreislaufzentren (Medulla
oblongata) ---> Umschaltung auf präganglionäre Fasern in den Seitenhörnern des Rückenmarks --> Umschaltung auf postganglionäre Fasern im Grenzstrang ---> Herz. Sympathikus versorgt
alle Teile des Herzens. Überträgerstoffe Noradrenalin und Adrenalin. Sympathische Einflüsse
können dem Herzen auch durch die im Blut zirkulierenden Katecholamine aus dem
Nebennierenmark zufließen. Wirkungen des Sympathikus: Zunahme der Herzfrequenz (positiv
chronotrope Wirkung) durch Zunahme der Steilheit der diastolischen Depolarisation, Erhöhung
der Kontraktionskraft in Vorhöfen und Ventrikeln (positive inotrope Wirkung), Beschleunigung
der Überleitung im AV-Knoten (positive dromotrope Wirkung).
Elektrokardiogramm (EKG): Ausdruck der Herzerregung. Im EKG wird der zeitliche Verlauf von
elektrischen Spannungen registriert, die als Folge der Erregungsvorgänge im Herzen zwischen
definierten Stellen der Körperoberfläche auftreten. Das EKG liefert Anhaltspunkte über
Frequenz, Ursprung, Ausbreitung und Rückbildung der Erregung des Herzens. Zacken bzw.
Wellen = Ausschläge in positiver und negativer Richtung, mit den Buchstaben P bis T
bezeichnet; Strecken = Abstand zwischen zwei Zacken (z.B. PQ-Strecke = Ende P bis Anfang
Q); Intervalle = umfassen Zacken und Strecken (z.B. PQ-Intervall = Anfang P bis Anfang Q).
P-Welle: Ausdruck der Erregungsausbreitung über beide Vorhöfe.
PQ-Strecke: Vorhöfe sind als Ganzes erregt.
QRS-Gruppe: Ausdruck der Erregungsausbreitung über beide Ventrikel.
ST-Strecke: Zeigt die Totalerregung des Ventrikelmyokards an.
T-Welle: Ausdruck der ventrikulären Erregungsrückbildung.
PQ-Intervall = Überleitungszeit: Verlängerungen deuten auf Störungen der Erregungsleitung im
Bereich des AV-Knotens bzw. des His-Bündels hin.
Diagnostisch liefert das EKG folgende Informationen: Frequenz, Ursprung der Erregung (Sinus-,
AV-Knoten), Rhythmusstörungen, Leitungsstörungen, Hinweise auf anatomische Herzlage,
Hinweise auf extrakardiale Einflüsse (Stoffwechselstörungen, Vergiftungen etc.), Hinweise auf
primär kardiale Störungen der Erregung (Koronardurchblutung, Entzündungen) und
Myokardinfarkt.
Herzklappen: Atrio-Ventrikularklappen zwischen Vorhöfen und Ventrikeln (Mitralklappe links,
Tricuspidalklappe rechts) dienen zur Abdichtung der Ventrikel gegen die Vorhöfe während der
Systole, auch als Segelklappen bezeichnet. Aorten- und Pulmonalklappen (Taschenklappen oder
Semilunarklappen, so genannt wegen ihres Baus) verhindern den Rückstrom von Blut in die
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Ventrikel während der Diastole. Durch entzündliche Veränderungen an den Klappen kann eine
ungenügende Öffnung (Stenose) oder ein undichter Verschluß (Insuffizienz) resultieren.
Aktionsphasen des Herzens:
(1) Anspannungsphase: Zu Beginn der Kammersystole führt der Anstieg des intraventrikulären
Drucks zum Verschluß der AV-Klappen. Da zu diesem Zeitpunkt auch die Semilunarklappen
geschlossen sind, spannt sich die Ventrikelmuskulatur um den inkompressiblen Inhalt an und
bewirkt weiteren Druckanstieg.
(2) Austreibungsphase: Wenn der intraventrikuläre Druck den diastolischen Aortendruck von ca.
80 mmHg übertrifft, öffnen sich die Semilunarklappen und die Austreibung beginnt. Der
Ventrikeldruck steigt dabei zunächst noch weiter bis zu einem Maximalwert von ca. 130 mmHg
an und fällt gegen Ende der Systole wieder ab, wobei sich die Semilunarklappen schließen.
(3) Entspannungsphase: Zunächst sind alle Klappen geschlossen, der intraventrikuläre Druck
fällt rasch auf nahezu 0 ab. Beim Unterschreiten des Vorhofdrucks öffnen sich die AV-Klappen.
(4) Füllungsphase: Hierbei steigt der Ventrikeldruck nur wenig an. Die Volumenvergrößerung
geschieht anfangs schnell, dann langsamer. Bei normaler Herzfrequenz ist die Kammerfüllung
z.Zt. der Vorhofkontraktion fast völlig geschlossen. Erst bei höheren Frequenzen wird die
Vorhofkontraktion wirksam, da hierbei die Diastolendauer stark verkürzt wird.
Ventilebenen-Mechanismus: Während der Austreibungsphase pressen die Ventrikel in einem
Arbeitsgang Blut in die großen Arterien aus und saugen gleichzeitig Blut aus den großen Venen
in die Vorhöfe hinein. Die Sogwirkung kommt dadurch zustande, daß sich die Ventilebene (=
Grenzfläche zwischen Vorhöfen und Kammern), in der die Herzklappen liegen, in Richtung zur
Herzspitze verschiebt und die inzwischen erschlafften Vorhöfe dehnt. Am Ende der
Austreibungsphase sind die Vorhöfe prall mit Blut gefüllt. Sobald nun die Ventrikelmuskulatur
erschlafft, kehrt die Ventilebene bei weit geöffneten AV-Klappen in ihre Ausgangslage zurück
und schiebt sich dabei über das Blutvolumen hinweg (= rasche Kammerfüllung).
Herztöne: I. Herzton: Anspannungston, hervorgerufen durch die Anspannung des Ventrikelmyokards
um den inkompressiblen Inhalt zu Beginn der Systole. II. Herzton: Klappenton, hervorgerufen
durch das Zuschlagen der Semilunarklappen zu Beginn der Diastole. Aufzeichnung der Herztöne
= Phonokardiogramm. Herzgeräusche = Veränderungen des normalen Herzschalls (Stenose,
Insuffizienz der Klappen).
Koronare Herzkrankheit: Herzinfarkt (= Myokardinfarkt) und Angina pectoris vera. Beiden liegt eine
Koronarinsuffizienz zugrunde, die man als Mißverhältnis zwischen Bedarf und Angebot an Blut
zur Versorgung der Herzmuskulatur definieren kann. Beim Herzinfarkt liegt meist eine Sklerose
der Herzkranzgefäße (Koronararterien) vor, die über eine Koronarverengung bzw.
Koronarverschluß die Durchblutungsstörungen am Herzmuskel hervorruft. Im nicht mehr
durchbluteten Herzabschnitt kommt es zum Gewebsuntergang (= Nekrose). Bei der Angina
pectoris vera handelt es sich um eine vorübergehende Durchblutungsstörung, mit heftigen
Schmerzen hinter dem Brustbein, die meist in den linken Arm ausstrahlen. Hiervon ist die
Pseudo-Angina pectoris zu unterscheiden, die nicht auf organischer Grundlage beruht, sondern
Ausdruck sog. funktioneller Beschwerden (Somatoforme Störung) ist. - Ist ein größerer
Abschnitt des Myokards von der Durchblutungsstörung (Ischämie) betroffen, so kann es zur
Herzruptur mit Sekundenherztod kommen. Beim Infarkt können die Schmerzen aber auch fehlen
(stummer Infarkt). Diagnose des Infarkts durch EKG und Anstieg bestimmter Enzyme im Serum.
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Die koronare Herzkrankheit ist multifaktoriell bedingt (Risikofaktoren, z.B. Bluthochdruck,
Rauchen).
Das Gefäßsystem
Aufbau der Gefäßwand: Intima: Innere Schicht des Gefäßes mit Endothelzellen (einschichtiges
Pflasterepithel) und elastischen Fasern. Media: Mittlere Schicht mit glatten Muskelzellen
(wichtig für die aktive Spannung, den Gefäßtonus) und kollagenen Fasern. Adventitia: Äußere
Schicht mit kollagenen Fasern und wenig glatten Muskelzellen.
Morphometrie des Gefäßsystems: Aus der Aorta (ca. 50 cm lang) entspringen die Arterien (wenige cm
- 50 cm), daran schließen sich die Arteriolen (Länge wenige mm) und am Ende die Kapillaren
(0,5 - 1,0 mm) an. Die Venen weisen annähernd gleiche Längen wie die entsprechenden Arterien
auf.
Druck im Arteriensystem: Maximum der Druckpulskurve während der Systole = systolischer
Blutdruck (ca. 120 mmHg) und Minimum während der Diastole = diastolischer Blutdruck (ca. 80
mmHg). In den terminalen Arterienästen sowie in den Arteriolen fällt der Druck wegen des
hohen Strömungswiderstandes steil ab.
Flüssigkeitsgleichgewicht zwischen intravasalem und interzellulärem Raum: Am arteriellen Ende der
Kapillaren beträgt der nach außen gerichtete Druck 37 mmHg (hydrostatischer Druck in den
Kapillaren = 32,5 mmHg + kolloidosmotischer Druck des Interstitiums = 4,5 mmHg) und der
nach innen gerichtete Druck 28 mmHg (kolloidosmotischer Druck des Plasmas = 25 mmHg +
hydrostatischer Druck des Interstitiums = 3 mmHg). Es entsteht somit ein effektiver
Filtrationsdruck von 9 mmHg, wobei eine Filtration von Flüssigkeit in den interstitiellen Raum
erfolgt. Am venösen Ende der Kapillaren beträgt der nach außen gerichtete Druck 22 mmHg
(Abnahme des hydrostatischen Drucks in den Kapillaren auf 17,5 mmHg + kolloidosmotischer
Druck des Interstitiums = 4,5 mmHg) und der nach innen gerichtete Druck bleibt konstant bei 28
mmHg. Somit entsteht ein effektiver Reabsorptionsdruck von 6 mmHg, wodurch eine
Reabsorption von Flüssigkeit aus dem interstitiellen Raum stattfindet. Da der
Reabsorptionsdruck jedoch etwas kleiner als der Filtrationsdruck ist, werden nur 90 %
reabsorbiert, die restlichen 10 % werden über die Lymphgefäße abtransportiert.
Lymphsystem: Durch die Lymphgefäße, die in das Venensystem münden, wird interstitielle Flüssigkeit
in das Blut zurückgeleitet. Die Wände der Lymphkapillaren bestehen aus einschichtigem
Endothel, die Wände der größeren Lympfgefäße weisen glatte Muskelfasern und Klappen (zur
Verhinderung des Rückstroms) ähnlich wie die Venen auf. In größeren Lymphgefäßen sind
Lymphknoten (Filterfunktion) zwischengeschaltet.
Periphere Durchblutungsregulation: Durchblutungsänderungen beruhen im wesentlichen auf
Änderungen der Gefäßdurchmesser (Abhängigkeit des Strömungswiderstandes von der 4. Potenz
des Gefäßradius). Der Gefäßdurchmesser wird vom augenblicklichen Kontraktionszustand der
glatten Gefäßmuskulatur bestimmt, welcher der Gefäßwand den Gefäßtonus verleiht. Zunahmen
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des Kontraktionszustandes = Vasokonstriktion, Abnahmen des Kontraktionszustandes =
Vasodilatation. Durch Veränderungen des relativen Widerstandes vor allem in den Arteriolen (=
Widerstandsgefäße) wird die Verteilung des Herzzeitvolumens auf die einzelnen parallel
geschalteten Organkreisläufe gesteuert. In den Gefäßgebieten mit stark wechselnden
funktionellen Anforderungen (Skelettmuskulatur, Gastrointestinaltrakt, Leber, Haut) können die
relativ größten Durchblutungsänderungen auftreten. Demgegenüber wird die lebenswichtige
Durchblutung des Gehirns und der Nieren weitgehend konstant gehalten. Die Gefäßreaktionen
bei der Leistungsanpassung beruhen auf nervösen Einflüssen, humoralen Faktoren und lokalen
Mechanismen.
Gefäßinnervation: Die nervöse Beeinflussung der Blutgefäße (= vasomotorische Steuerung) erfolgt
durch das autonome Nervensystem, überwiegend durch sympathische Anteile. Mit Ausnahme
der Kapillaren werden alle Blutgefäße innerviert. Die Intensität der Reaktion der glatten
Gefäßmuskulatur hängt direkt von der Frequenz der efferenten Impulse ab. Der Ruhetonus der
Gefäße beruht auf einer ständigen Aktivität von 1 - 3 Impulsen/s. Zunahmen der Impulsfrequenz
bewirken vasokonstriktorische und Abnahmen dilatatorische Reaktionen. Bei den eben
genannten efferenten Nerven handelt es sich um sympathische, adrenerge, vasokonstriktorische
Fasern. Parasympathische, cholinerge, vasodilatatorische Fasern innervieren lediglich die Gefäße
der äußeren Genitalorgane.
Humoral-hormonale Effekte: Die Gefäßwirkungen der vom Nebennierenmark sezernierten
Katecholamine (Adrenalin und Noradrenalin) sind komplex. An der Membran der
Gefäßmuskulatur befinden sich verschiedene adrenerge Rezeptoren, die α- und ß-Rezeptoren.
Durch Erregung der α-Rezeptoren wird eine Kontraktion, durch Erregung der ß-Rezeptoren eine
Entspannung der glatten Muskelfasern ausgelöst. Noradrenalin wirkt dabei nur auf die αRezeptoren, Adrenalin auf beide. Im Blut zirkulierendes Adrenalin bewirkt durch seine
Wirkungen auf ß-Rezeptoren im allgemeinen Abnahmen des Gesamtwiderstandes, zugleich
nimmt das Herzzeitvolumen aufgrund von Steigerungen des Schlagvolumens und der
Herzfrequenz zu. Solche Effekte treten bei Muskelarbeit oder psychischer Belastung auf.
Noradrenalin verursacht dagegen ausschließlich Erhöhungen des Strömungswiderstandes, der
arterielle Druck steigt an.
Lokale Durchblutungsregulation: Bei Abnahme des O2-Partialdrucks im Blut kommt es zu
vasodilatatorischen Reaktionen. Lokale Erhöhungen des CO2-Partialdrucks oder pHErniedrigung lösen ebenfalls dilatatorische Reaktionen aus.
Blutdruck: Indirekte Messung mit Oberarmmanschette nach Riva-Rocci-Korotkow an der A.
brachialis. Höhe des individuellen Blutdrucks abhängig von Vererbung, Alter, Geschlecht u.a.
Faktoren. Beim jugendlichen Erwachsenen normalerweise 120 mmHg systolisch, 80 mmHg
diastolisch. Abnahme beider Werte im Schlaf um ca. 20 mmHg. Hypertonie = Blutdruckwerte
oberhalb des Normbereichs, Hypotonie = Blutdruckwerte unterhalb der Norm. WHODeskription für Hypertonie: systolisch über 140 oder diastolisch über 90 mmHg.
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Atmung
Atmung: Gaswechsel zwischen den Zellen und der Umgebung. Am Transport des Sauerstoffs (O2) von
der Außenluft zur Zelle sind nacheinander beteiligt: (1) Transport zu den Lungenalveolen durch
die Ventilation, (2) Diffusion von den Alveolen in das Lungenkapillarblut (beide Teilprozesse
zusammen bezeichnet man als Lungenatmung = äußere Atmung), (3) Transport zu den
Gewebekapillaren durch den Blutkreislauf (Atemgastransport des Blutes) und (4) Diffusion von
den Gewebekapillaren in die umgebenden Zellen (Gewebsatmung = innere Atmung). Der
Abtransport des Kohlendioxyds (CO2), das als gasförmiges Endprodukt des oxydativen
Stoffwechsels in den Zellen gebildet wird, setzt sich in analoger Weise aus vier Teilprozessen
zusammen.
Atmungsbewegungen: Die für den Gasaustausch notwendige Belüftung der Alveolen (=
Lungenbläschen) wird durch den rhythmischen Wechsel von Inspiration (Einatmung) und
Exspiration (Ausatmung) bewirkt. Die Luftbewegungen kommen durch den Wechsel von
Brustraumerweiterung und Brustraumverengung zustande. Für die Erweiterung sind zwei
Faktoren maßgebend: Hebung der Rippenbögen (durch Inspirationsmuskeln) und Abflachung
des muskulösen Zwerchfells. Die Ausatmung erfolgt durch Erschlaffung der genannten
Muskulatur und durch die elastischen Kräfte der Lunge.
Intrapleuraler Druck: Die Lungenoberfläche, die der inneren Thoraxwand überall dicht anliegt, folgt
den Atmungsbewegungen, obwohl zwischen beiden keine feste Verbindung besteht. Dies ist
dadurch möglich, daß der kapilläre Spalt zwischen Pleura visceralis (Lungenfell) und Pleura
parietalis (Rippenfell) mit Flüssigkeit gefüllt ist, die nicht ausgedehnt werden kann. Da die
Lunge das Bestreben hat, ihre Oberfläche zu verkleinern, besteht eine Druckdifferenz zwischen
Interpleuralspalt und Außenluft (= intrapleuraler Druck), -4 cm H2O bei Exspiration und -7 cm
H2O bei Inspiration.
Ventilation: Lungenbelüftung, abhängig von der Tiefe des einzelnen Atemzugs (Atemzugvolumen)
und von der Zahl der Atemzüge in der Zeiteinheit (Atmungsfrequenz).
Lungenvolumina: Zusammengesetzte Volumina = Kapazitäten.
(1) Atemzugvolumen: Normales In- bzw. Exspirationsvolumen.
(2) Inspiratorisches Reservevolumen: Volumen, das nach normaler Inspiration noch zusätzlich
eingeatmet werden kann.
(3) Exspiratorisches Reservevolumen: Volumen, das nach normaler Exspiration noch zusätzlich
ausgeatmet werden kann.
(4) Residualvolumen: Volumen, das nach maximaler Exspiration noch in der Lunge
zurückbleibt.
(5) Vitalkapazität: Volumen, das nach maximaler Inspiration maximal ausgeatmet werden kann,
entspricht der Summe aus (1), (2) und (3) und stellt ein Maß für die Ausdehnungsfähigkeit von
Lunge und Thorax dar. Abhängig von Alter, Geschlecht, Körpergröße und Trainingszustand.
(6) Inspirationskapazität: Volumen, das nach normaler Exspiration maximal eingeatmet werden
kann, entspricht Summe aus (1) und (2).
(7) Funktionelle Residualkapazität: Volumen, das nach normaler Exspiration noch in der Lunge
enthalten ist, entspricht der Summe aus (3) und (4). Hat Bedeutung als Ausgleich der in- und
exspiratorischen O2- und CO2-Konzentrationen im Alveolarraum, wodurch die
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Konzentrationsschwankungen der Alveolarluft verringert werden.
(8) Totalkapazität: Volumen, das nach maximaler Inspiration in der Lunge enthalten ist,
entspricht der Summe aus (4) und (5).
Anatomischer Totraum: Volumina der zuleitenden Luftwege (Trachea, Bronchien, Bronchiolen).
Aufgabe: Reinigung, Befeuchtung und Erwärmung der Luft.
Funktioneller Totraum: Anatomischer Totraum + Alveolarräume, die zwar belüftet, aber nicht
durchblutet sind (beim Gesunden quantitativ gering).
Alveoläre Ventilation: Derjenige Teil des Atemzeitvolumens, der der Belüftung der Alveolen zugute
kommt. Der restliche Anteil heißt Totraumventilation. Atemzeitvolumen = Atemzugvolumen (in
Ruhe ca. 0,5 l) x Atemfrequenz (in Ruhe ca. 14 Züge/Min.). Von der Gesamtventilation in Höhe
von 7 l/Min entfallen auf die alveoläre Ventilation 5 l/Min und auf die Totraumventilation 2
l/Min. Totraumanteil bei jedem Atemzug konstant ca. 150 ml. Flache, rasche Atmung (z.B.
Atemzugvolumen von 0,2 l und Atemfrequenz von 35 Zügen/Min) sehr ineffektiv, da fast nur
Totraumventilation. Entscheidend ist die alveoläre Ventilation!
Klinischer Tod: Zeitpunkt, zu dem Atmungs- und Kreislaufstillstand festgestellt werden. Nach 3 - 8
Min infolge von O2-Mangel irreparable Schädigung der Gehirnzellen. In dieser Zeitspanne ist
Wiederbelebung möglich.
Wiederbelebungsmaßnahmen: Säuberung von Mund- und Rachenraum. Überstrecken des Kopfes und
Anheben des Unterkiefers, um Verschluß der Atemwege durch zurückfallende Zunge zu
beseitigen. Atemspende (Mund-zu-Nase): Beginn mit 5 - 10 schnellen Lufteinblasungen, später
alle 5 Sekunden.
Störungen der Atmungsmechanik:
(1) Restriktive Funktionsstörungen: Ausdehnungsfähigkeit der Lunge eingeschränkt (z.B. durch
Verwachsung der Pleurablätter nach Pleuritis).
(2) Obstruktive Funktionsstörungen: Einengung der zuleitenden Atemwege (z.B. bei Asthma
bronchiale). Da bei Einengung die Ausatmung ständig gegen einen erhöhten Widerstand erfolgen
muß, tritt vielfach eine Überblähung der Lunge auf (Lungenemphysem).
Austausch der Atemgase: Der Gasaustausch findet im Alveolarraum zwischen Alveolen und
Erythrozyten statt. Atmosphärische Luft enthält 20,9 % Sauerstoff, 0,03 Vol% Kohlendioxyd
und 79,1 Vol% Stickstoff; die entsprechenden Konzentrationen in der Alveolarluft sind 14 %,
5,6 % und 80,4 %. Nach dem Dalton'schen Gesetz übt jedes Gas in einem Gasgemisch einen
Partialdruck aus, der seinem Anteil am Gesamtvolumen entspricht. Für mittlere Luftdrücke liegt
der O2-Partialdruck der atmosphärischen Luft bei 150 mmHg, der CO2-Partialdruck ist praktisch
zu vernachlässigen. Die alveolären Werte betragen jedoch 100 mmHg für O2 und 40 mmHg für
CO2. Dabei sind die alveolären Partialdrücke vor allem von der alveolären Ventilation abhängig.
Das venöse Blut in den Lungenkapillaren hat einen O2-Partialdruck von 40 mmHg und einen
CO2-Partialdruck von 46 mmHg. Diese Partialdruckdifferenzen (Alveolen - Blut) stellen die
treibenden Kräfte für die O2- und CO2-Diffusion dar. Das Blut, das mit einem O2-Partialdruck
von 40 mmHg in die Kapillare eintritt, verläßt diese mit einem O2-Partialdruck von 100 mmHg.
Ebenso erfolgt innerhalb der kurzen Diffusionskontaktzeit der Erythrozyten (ca. 0,3 sec) eine
Angleichung des CO2-Partialdrucks an den alveolären Wert (40 mmHg).
Kennzeichnung veränderter Ventilationszustände:
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(01) Normoventilation: Normale Ventilation (Partialdrücke 100 und 40 mmHg).
(02) Hyperventilation: Steigerung der alveolären Ventilation über die Stoffwechselbedürfnisse
(O2-Partialdruck > 100 mmHg, CO2 < 40 mmHg).
(03) Hypoventilation: Minderung der alveolären Ventilation unter den Wert, der den
Stoffwechselbedürfnissen entspricht (O2 < 100 mmHg, CO2 > 40 mmHg).
(04) Eupnoe: Normale Ruheatmung.
(05) Hyperpnoe: Vertiefte Atmung mit oder ohne Zunahme der Atemfrequenz.
(06) Tachypnoe: Zunahme der Atemfrequenz.
(07) Bradypnoe: Abnahme der Atemfrequenz.
(08) Apnoe: Atmungsstillstand, bedingt durch Störung der Atemzentren in der Medulla
oblongata.
(09) Dyspnoe: Erschwerte Atmung, verbunden mit subjektiver Atemnot.
(10) Orthopnoe: Starke Dyspnoe bei Stauung des Blutes in den Lungenkapillaren bei
Herzinsuffienz.
(11) Asphyxie: Atmungsstillstand oder Minderatmung bei Lähmung der Atmungszentren (bei
Neugeborenen).
Atemgastransport im Blut: Das Hämoglobin (roter Blutfarbstoff) der Erythrozyten besitzt die
Fähigkeit, den Sauerstoff in den Lungenkapillaren anzulagern und in den Gewebekapillaren
wieder abzugeben. Der umgekehrte Vorgang gilt für das CO2. Die mittlere
Hämoglobinkonzentration beträgt ca. 15,5 g%, d.h. in 100 ml Blut sind 15,5 g Hämoglobin
enthalten. Ein Absinken dieser Konzentration wird als Anämie bezeichnet. Die O2-Sättigung des
Hämoglobins hängt von dem jeweils gegebenen O2-Partialdruck ab. Die O2-Bindungskurve des
Hämoglobins hat einen charakteristischen S-förmigen Verlauf. Der flache Verlauf der Kurve im
Endteil verhindert bei sinkendem arteriellen O2-Partialdruck einen stärkeren Abfall der O2Sättigung. Für die Sauerstoffabgabe im Gewebe erweist sich dagegen der steile Verlauf im
Mittelteil der O2-Bindungskurve als günstig.
Energiehaushalt
Anabolismus: Aufbau spezifischer, körpereigener Substanzen aus den aufgenommenen Nährstoffen.
Katabolismus: Abbau körpereigener Substanzen oder von aufgenommenen Nährstoffen im Rahmen
des intermediären Stoffwechsels.
Dimension des Energieumsatzes: Kilokalorien (kcal) pro Zeiteinheit (1 kcal = 4187 Joule).
Wirkungsgrad: Verhältnis von äußerer Arbeit zu umgesetzter Energie. Beim Gesamtorganismus
während Muskelarbeit ca. 25 %, der Rest ist Wärme.
Umsatzgrößen der Zelle: Tätigkeitsumsatz (Energieumsatz der aktiven Zelle), Bereitschaftsumsatz
(Energieumsatz, den eine Zelle zur Aufrechterhaltung ihrer sofortigen, uneingeschränkten
Funktionsbereitschaft benötigt), Erhaltungsumsatz (minimaler Energieumsatz, der für die
Erhaltung der Zellstruktur unbedingt notwendig ist). Bei Störungen der Energiezufuhr wird die
30
Zelle nicht sofort geschädigt, da sie über Energiereserven verfügt (Schädigung von Gehirnzellen
nach 3 - 8 Min, von Muskelzellen nach 1 - 2 Std.).
Grundumsatz: Energieumsatz, der unter folgenden Bedingungen gemessen wird: Morgens, in Ruhe
(liegend), nüchtern, bei Indifferenztemperatur. Grundumsatz abhängig von Alter, Geschlecht,
Körperlänge und Körpergewicht. In der Regel kann er beim Erwachsenen grob mit 1 kcal/kg x h
= 1700 kcal/Tag (bei 70 kg) angesetzt werden.
Arbeitsumsatz: Der Freizeitumsatz (Energiebedarf eines nicht körperlich arbeitenden Menschen)
beträgt für Männer 2300 kcal/Tag (Schreibtischarbeiter). Bei körperlicher Arbeit kommen
Leistungszuschläge hinzu: Leichte Arbeit 500, mäßige 1.000, mittelschwere 1.500, schwere
Arbeit 2000 und Schwerstarbeit 2.500 kcal. Bei geistiger Arbeit beobachtet man eine leichte
Zunahme des Energieumsatzes, woran aber nicht das Gehirn beteiligt ist (dies ist ständig aktiv,
auch im Schlaf), sondern die reflektorisch bedingte Zunahme des Muskeltonus.
Indirekte Calorimetrie zur Bestimmung des Energieumsatzes: Dabei wird die vom Organismus
aufgenommene Sauerstoffmenge gemessen. Für die Glukose-Verbrennung gilt: C6H12O6 + 6
O2 ---> 6 CO2 + 6 H2O + 675 kcal. Pro Mol Glukose (Mol = Molekulargewicht in Gramm, bei
der Glukose 180 g) werden also 675 kcal frei, umgerechnet auf 1 g Glukose also 3,75 kcal =
Brennwert der Glukose. Zur Verbrennung von 1 Mol Glukose werden 6 Mol O2 mit einem
Volumen von 6 x 22,4 l = 134,4 l benötigt (Mol-Volumen aller Gase bei 0°C und 760 mmHg =
22,4 l). Bezieht man die frei werdende Energie auf den verbrauchten Sauerstoff, entstehen 675 :
134,4 l = 5,02 kcal/l Sauerstoff = kalorisches Äquivalent der Glukose.
Respiratorischer Quotient (RQ): Definiert als CO2-Abgabe/O2-Aufnahme. Bei Glukoseverbrennung
wird genauso viel CO2 abgegeben wie an O2 aufgenommen wird, daher RQ = 1,0 (gilt auch für
andere Kohlenhydrate). Da bei der Fettverbrennung die Fettsäuren pro Atom Kohlenstoff
weniger O2 enthalten als die Kohlenhydrate, ergibt sich ein deutlich erniedrigter RQ von 0,7. Bei
alleiniger Verbrennung von Nahrungseiweißen findet man einen RQ von 0,81. Da vom RQ das
kalorische Äquivalent abhängt, ist seine Messung neben der Bestimmung des aufgenommenen
O2 zur Ermittlung des Energieumsatzes wichtig.
Wärmehaushalt
Homoiotherme Lebewesen: Die Körpertemperatur wird infolge hoher Wärmebildung und zusätzlicher
Regelungsmechanismen auf einem Wert konstant gehalten, der erheblich über der
Umgebungstemperatur liegt (z.B. Säugetiere, Mensch).
Poikilotherme Lebewesen: Körpertemperatur liegt nur wenig über der Umgebungstemperatur und folgt
deren Schwankungen (z.B. Fische, Reptilien).
RGT-Regel (Reaktions-Geschwindigkeits-Temperatur-Regel): Auch als van't Hoff'sche Regel
bezeichnet. Kennzeichnet die Zunahme des Energieumsatzes pro Zeiteinheit mit zunehmender
Temperatur.
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Körpertemperatur homoiothermer Lebewesen: Zwischen 36°C und 39°C unabhängig von den
Unterschieden der Körpergröße. Bezogen auf die Gewichtseinheit ist dabei jedoch der
Energieumsatz z.B. bei der Maus erheblich größer als der des Elefanten. Bei gegebener
Temperaturdifferenz zwischen Körperinnerem und Umgebung ist der Wärmeabstrom pro
Gewichtseinheit um so größer, je größer das Oberflächen-Volumen-Verhältnis ist. Dieses nimmt
mit zunehmender Körpergröße ab, so daß die Energieumsatzrate/Gewichtseinheit geringer
werden kann.
Körpertemperatur des Menschen: Die oberflächennahen Teile des Körpers haben eine niedrigere
Temperatur als die zentralen. In den Extremitäten bildet sich ein Temperaturgefälle in
Längsrichtung aus (z.B. relativ warmer Oberarm und kalte Hände), daneben besteht ein
Temperaturgefälle senkrecht zur Oberfläche. Die durch äußere Temperaturänderungen
hervorgerufenen Schwankungen der Körpertemperatur sind groß nahe der Körperoberfläche
(Körperschale) und gering im Körperinneren (Körperkern). Repräsentative Meßstellen für die
Körperkerntemperatur: Rektum (normal ca. 37°C), Mundhöhle unter der Zunge (ca. 0,2 - 0,5°C
tiefer als Rektaltemperatur), Axillartemperatur (Größenordnung wie bei Oraltemperatur). Eine
absolut feste Körperkerntemperatur gibt es nicht, da diese tagesrhythmischen Schwankungen (ca.
1°C) unterliegt. Bei körperlicher Arbeit kann Kerntemperatur bis zu 2°C ansteigen.
Wärmebildung: Thermoregulatorische Wärmebildung wird ausgelöst, sobald die
Umgebungstemperatur die untere Grenze der thermischen Indifferenzzone (= 28°C - 32°C)
unterschreitet. Mechanismen: (1) aktive Betätigung des Bewegungsapparates, (2) unwillkürliche
tonische oder rhythmische Muskelaktivität (Kältezittern), (3) Steigerung von
Stoffwechselvorgängen (zitterfreie Wärmebildung).
Wärmeabstrom: Wärmetransport vom Körperinneren zur Körperoberfläche (= innerer Wärmestrom)
wird durch Veränderung der peripheren Durchblutung geregelt. Der äußere Wärmestrom (=
Wärmetransport von der Körperoberfläche zur Umgebung) läßt sich in folgende Teilströme
aufgliedern: (1) Wärmeabstrom durch Leitung = Konduktion (z.B. Sitzen auf kalten Steinen), (2)
Wärmeabstrom durch Konvektion (Wärmebewegung durch Luftmassentransport), (3)
Wärmeabstrom durch Strahlung (abhängig vom Temperaturgefälle zwischen Haut und
Umgebung), (4) Wärmeabstrom durch Evaporation = Verdunstung (Schwitzen ist wichtigster
Mechanismus. Bei Verdunstung von 1 l Schweiß werden dem Körper 580 kcal entzogen).
Steuerung der Wärmebildung und Wärmeabgabe: Im wesentlichen auf nervalem Wege: (1)
motorisches Nervensystem (Kältezittern zur Wärmebildung), (2) sympathisches Nervensystem
(Steuerung der Durchblutung und damit des inneren Wärmestroms über noradrenerge
sympathische Nerven), (3) sympathische Innervation der Schweißdrüsen (Steuerung des äußeren
Wärmestroms durch cholinerge (Ausnahme!) sympathische Nervenfasern).
Fieber: Zentrale Sollwertverstellung der Körpertemperatur (Hypothalamus), wodurch die Temperatur
auf ein erhöhtes Niveau eingeregelt wird. Fieberanstieg durch Steigerung der Wärmebildung
(Schüttelfrost) und Drosselung der Wärmeabgabe (Vasokonstriktion der peripheren Gefäße).
Fieberabfall durch Schweißsekretion und Vasodilatation (Erhöhung des äußeren und inneren
Wärmeabstroms). Fieber wird durch Pyrogene (z.B. Stoffe von Bakterienmembranen)
hervorgerufen, die ihrerseits die Leukozyten zur Produktion eines fiebererzeugenden Stoffes
(Leukozyten-Pyrogen) anregen.
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Hyperthermie: Wärmestauung durch Überlastung der Kapazität der Wärmeabgabemechanismen.
Temperaturen über 42°C werden nicht überlebt. Dabei kommt es zu Schädigungen des Gehirns
mit Desorientiertheit und Krämpfen (umgangssprachlich mit Sonnenstich oder Hitzschlag
bezeichnet, zu unterscheiden vom Hitzekollaps, der durch extreme Vasodilatation mit
Blutdruckabfall gekennzeichnet ist und eine Kreislaufstörung darstellt).
Hypothermie: Abnahme der Kerntemperatur durch Überlastung der Kälteabwehrvorgänge. Bei 26°C 28°C kann der Tod durch Herzflimmern eintreten.
Ernährung
Bestandteile der Nahrungsmittel: Nährstoffe, Vitamine, Salze, Spurenelemente, Gewürzstoffe,
Ballaststoffe und Wasser.
Nährstoffe: Energiereiche Stoffgruppen der Eiweiße, Fette und Kohlenhydrate. Sie werden im
Stoffwechsel des Organismus zu energieärmeren Substanzen abgebaut und dienen somit als
Energiespender.
Brennwert der Nährstoffe: Eiweiße 4,1, Kohlenhydrate 4,1 und Fette 9,3 kcal/g. Brennwert von
Alkohol 7,1 kcal/g.
Spezifisch-dynamische Wirkung: Steigerung des Energieumsatzes nach Nahrungsaufnahme, besonders
hoch nach Eiweißzufuhr.
Eiweiße: Bestehen aus Aminosäuren und dienen dem Baustoffwechsel. Essentielle Aminosäuren (kann
der Körper nicht synthetisieren) müssen aufgenommen werden. Tierisches Eiweiß: Fleisch,
Fisch, Milch, Eier. Pflanzliches Eiweiß: Brot und Kartoffeln.
Fette: Sind Ester des Glyzerins mit verschiedenen Fettsäuren. Sie dienen dem Betriebsstoffwechsel und
als Energiespeicher (Depotfett im Gewebe). Bei den Fettsäuren werden gesättigte und
ungesättigte unterschieden, wobei letztere z.T. essentiell sind. Tierische Fette: Fleisch, Fisch,
Milch, Eier. Pflanzliche Fette: Pflanzensamen (Nüsse) mit hohen Anteilen an ungesättigten
Fettsäuren.
Kohlenhydrate: Monosaccharide (Glukose, Fruktose), Disaccharide (Malzzucker = Maltose,
Milchzucker = Laktose, Rohrzucker = Saccharose) und Polysaccharide (pflanzliche Stärke). Sie
dienen dem Betriebsstoffwechsel und werden im Organismus als Glykogen gespeichert
(Muskulatur, Leber). Kohlenhydrate fast ausschließlich pflanzlicher Herkunft: Obst, Gemüse,
Kartoffeln, Getreide, etc.
Vitamine: Lebenswichtige organische Substanzen, die der Organismus nicht synthetisieren kann. Sie
sind häufig Bestandteile von Fermentsystemen. Sie kommen sowohl in Nahrungsmitteln
pflanzlicher als auch tierischer Herkunft vor. Vitamingehalt sehr variabel, abhängig von
Produktionsbedingungen, Lagerung und Zubereitung.
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Salze: Dienen zusammen mit Wasser zur Aufrechterhaltung des inneren Milieus. Von besonderer
Bedeutung sind die Kationen Natrium, Kalium, Calcium und Magnesium sowie die Anionen
Chlorid und Phosphat.
Spurenelemente: Elemente, die nur in äußerst geringen Mengen in der Nahrung und im Organismus
vorkommen. Drei Gruppen werden unterschieden: (1) Elemente mit bekannter physiologischer
Funktion (z.B. Eisen für Hämoglobin, Jod für Schilddrüsenhormone), (2) Elemente mit toxischer
Wirkung (z.B. Blei, Cadmium, Quecksilber), (3) Elemente, deren Entbehrlichkeit bewiesen ist
(z.B. Aluminium, Silber).
Gewürzstoffe: Verschiedene Duft- und Aromasubstanzen, die für den Geruch und Geschmack
maßgeblich sind.
Ballaststoffe: Unverdauliche Bestandteile der Nahrung, z.B. Zellulose (aus Zellwänden der Pflanzen).
Nährstoffbedarf: Zum einen abhängig vom Kalorienbedarf, zum anderen werden Mindestmengen an
Eiweißen, Fetten und Kohlenhydraten benötigt. Das funktionelle Eiweißminimum liegt bei 1
g/kg Körpergewicht täglich (Mangel führt zu Ödemen). Mindestbedarf an Fetten beruht auf dem
Bedarf an essentiellen Fettsäuren, zudem können die fettlöslichen Vitamine nur bei Anwesenheit
von Fett resorbiert werden. Mindestbedarf an Kohlenhydraten durch Gehirnstoffwechsel bedingt,
der fast ausschließlich auf Glukose angewiesen ist.
Wasserbedarf: Mindestmenge 1750 ml/Tag (bei 70 kg): Trinkmenge 650 ml, Wasseranteil in der festen
Nahrung 750 ml und 350 ml Oxydationswasser (wird bei der biologischen Verbrennung erzeugt).
Wasserverluste (Dehydration) von mehr als 20 % des Körpergewichts führen zum Tod. Bei
Zufuhr großer Mengen hyotoner Lösungen oder größeren Salzverlusten entsteht
Wasserintoxikation (Einstrom von Wasser in den intrazellulären Raum ---> Ödeme,
Kopfschmerzen, Übelkeit und Krämpfe deuten auf Hirnödem). Siehe auch Niere und
Wasserhaushalt.
Ausgewogene Kost: Muß 4 Kriterien erfüllen: (1) Brennwert muß dem kalorischen Bedarf entsprechen,
(2) Mindestmengen an Eiweißen, Fetten und Kohlenhydraten müssen enthalten sein, (3)
Mindestmengen an Vitaminen, Salzen und Spurenelementen müssen vorhanden sein, (4) die
toxischen Grenzen (Salze, Vitamine, Spurenelemente) dürfen nicht überschritten werden.
Nährstoffrelation für Eiweiß, Fett und Kohlenhydrate = 1 : 1 : 4 (in Gewichtsanteilen).
Funktionen des Magen-Darm-Kanals
Aufgaben des Gastrointestinaltraktes: Verdauung und Resorption. Durch die Einwirkung von Enzymen
und Verdauungssäften werden die Nährstoffe hydrolytisch gespalten und in resorbierbare
Bruchstücke zerlegt (Verdauung). Die Endprodukte der Verdauung werden aus dem Darmlumen
durch die Darmschleimhaut hindurch in das Blut und die Lymphe aufgenommen (Resorption).
Aufbau des Magen-Darm-Kanals: Glatte Muskulatur: Äußere Längsmuskelschicht, mittlere
Ringmuskelschicht und Längsmuskelfasern in der Submucosa. Das Innere des Kanals ist durch
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Schleimhaut (Mucosa) ausgekleidet. Zwischen den Muskelschichten liegen Ganglienzellen, die
vom Vagus versorgt werden (Umschaltung von prae- auf postganglionär). Transport der Nahrung
geschieht durch Peristaltik (wellenförmige Kontraktion der Ringmuskulatur). Durchmischung
des Speisebreis durch Segmentationsbewegungen (Kontraktion der Ringmuskulatur an
benachbarten Stellen).
Bildung der Verdauungssäfte: Speicheldrüsen, Magendrüsen, Darmdrüsen, Bauchspeicheldrüse,
Leberzellen. Innervation hauptsächlich durch den Parasympathikus (Vagus). Weitere
Beeinflussung durch gastrointestinale Hormone, deren Freisetzung überwiegend durch
Verdauungsprodukte ausgelöst wird.
Mundspeichel: Gebildet in den Ohr-, Unterkiefer- und Unterzungenspeicheldrüsen. Funktion: Enthält
Amylase zur Kohlenhydratspaltung, Verdünnung der Speisen. Sekretionssteigerung unmittelbar
reflektorisch (Erregung von Geruchs-, Geschmacks- und Berührungsrezeptoren) und durch
bedingte Reflexe.
Schluckreflex: Reflexzentrum in der Medulla oblongata. Auslösung durch Berührung der
Gaumenbögen, des Zungengrundes oder der Rachenhinterwand. Die Speisen müssen den
Atemweg kreuzen, bevor sie in den Oesophagus (Speiseröhre) gelangen. Dabei wird der NasenRachen-Raum durch das Gaumensegel und die Luftröhre durch den Kehldeckel verschlossen.
Magen: Funktion: Reservoir, Durchmischung des Speisebreis mit Magensaft. Die Durchmischung
ergibt den Chymus. Regulation der Magenmotorik durch intramurale Ganglien (zwischen den
Muskelschichten), Vagus und gastrointestinale Hormone (Gastrin = Steigerung der Motilität,
Secretin = Hemmung der Motilität).
Magensaft: Die Magendrüsen produzieren 2 - 3 l/Tag. Hauptzellen bilden Pepsinogen (wird durch HCl
in Pepsin überführt, das Eiweiße spaltet) und Belegzellen bilden die Salzsäure (HCl). Außerdem
enthält der Magensaft Mucin (Magenschleim) und den Intrinsic-Factor (Glykoproteid, das für die
Resorption von Vitamin B12 erforderlich ist; bei Fehlen des Faktors perniziöse Anämie).
Regulation der Magensaftsekretion:
(1) Cephalische Sekretionsphase: Eingeleitet durch bedingte Reflexe (Versuche von Pawlow am
Hund). Fortgesetzt durch reflektorische Sekretion (Erregung der Geschmacks- und
Geruchsrezeptoren). Bedingte Reflexe und reflektorische Sekretion werden über den Vagus
vermittelt, der Acetylcholin freisetzt, das Beleg- und Hauptzellen stimuliert. Außerdem
bewirkt Acetylcholin eine Freisetzung von Gastrin aus den G-Zellen des unteren
Magenabschnitts, was die Belegzellen über den Blutweg weiter stimuliert.
(2) Gastrale Sekretionsphase: Durch Verdauungsprodukte werden Rezeptoren in der Schleimhaut
erregt, die ihrerseits die G-Zellen zur Gastrinfreisetzung anregen.
(3) Intestinale Sekretionsphase: Tritt noch nicht hinreichend saure Nahrung in das Duodenum
(Zwölffingerdarm) über, so kommt es zur Freisetzung des Hormons Entero-Oxyntin im
Duodenum, das die Magensaftsekretion anregt. Tritt später saurer Chymus über, so wird die
Magensaftsekretion durch Secretin aus der Duodenalschleimhaut gehemmt. Emotionale
Erregungen können die Magensaftsekretion beeinflussen: Hypersekretion bei Ärger und Zorn,
Hyposekretion bei Angst oder Traurigkeit.
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Ulkus: Geschwüre im Magen und Duodenum. Gefährlich wegen Blutungsgefahr. Bedingt durch ein
Ungleichgewicht zwischen aggressiven Faktoren (HCl, Pepsin) und protektiven Faktoren
(Erneuerung des Schleimhautepithels, gute Durchblutung, Schleim). Bei ca. 80 % der Patienten
ist eine Infektion mit Helicobacter pylori nachweisbar, welche die protektiven Faktoren
schwächt.
Dünndarm: Funktion: Durchmischung des sauren Chymus mit den alkalischen Sekreten des Pankreas,
der Leber und der Darmdrüsen. Hier wird der Hauptteil der Verdauung bewältigt und die
Resorption durchgeführt.
Pankreassaft (Bauchspeichel): Vom exokrinen Anteil des Pankreas gebildet, ca. 1,5 - 2,0 l/Tag. Der
Bauchspeichel ist durch die hohe Bicarbonatkonzentration alkalisch und enthält folgende
Enzyme: Trypsin und Chymotrypsin (Eiweißspaltung), Pankreaslipase (Abbau von Fetten),
Pankreasamylase (Abbau von Kohlenhydraten) und Nucleasen (Abbau von Nucleinsäuren).
Regulation der Pankreassekretion: Die Sekretion wird während der cephalischen Phase über den Vagus
reflektorisch eingeleitet. Der Hauptteil der Sekretion erfolgt nach dem Übertritt von Chymus in
das Duodenum durch die Freisetzung der gastrointestinalen Hormone Secretin und
Cholecystokinin die in der Schleimhaut des Duodenums gebildet werden und auf dem Blutwege
das Pankreas erreichen. Secretin bewirkt ein großes Saftvolumen mit viel Bicarbonat und wenig
Enzymen. Cholecystokinin löst Sekretion eines stark enzymhaltigen Saftes aus und bewirkt
außerdem eine Entleerung der Gallenblase.
Leber: Wichtigstes Stoffwechselorgan des Organismus. Bildet außerdem in den Leberzellen die Galle,
die in die Gallenkapillaren sezerniert wird. Die Gallenkapillaren vereinigen sich über immer
größer werdende Gänge zum Ductus hepaticus. Von diesem fließt die Galle entweder über den
Ductus cysticus in die Gallenblase (Konzentration und Speicherung der Galle) oder unmittelbar
in den Ductus choledochus, der in das Duodenum mündet. Die Galle wird kontinuierlich erzeugt
(0,5 - 1,0 l/Tag) und enthält Gallensäuren (Verdauung von Fetten) und Gallenfarbstoffe
(Abbauprodukte des Hämoglobin).
Dickdarm (Colon): Der vom Dünndarm in das Colon weitergegebene Inhalt wird hier durch die
Resorption von Wasser eingeengt. Im Colon befinden sich Bakterien (Darmflora). Weiterhin
werden hier Elektrolyte und Vitamine resorbiert. Die Farbe des Stuhles wird durch abgebaute
Gallenfarbstoffe bestimmt.
Mastdarm (Rectum): Füllung des Rectums führt zur Stuhlentleerung. Stuhldrang wird durch die
Erregung von Dehnungsrezeptoren vermittelt, deren Impulse in das Reflexzentrum im
Sacralmark weitergeleitet werden. Das Reflexzentrum steht etwa ab dem 2. Lebensjahr unter der
Kontrolle des Großhirns. Die efferenten Impulse gelangen über den Parasympathikus zum
inneren glatten Schließmuskel und vermindern dessen Tonus. Bei der Darmentleerung wird dann
auch der äußere quergestreifte Schließmuskel willkürlich entspannt und die Bauchmuskulatur zur
Unterstützung des Stuhlgangs kontrahiert (Bauchpresse).
Verdauung: Spaltung der Nahrungsbestandteile durch Enzyme der Verdauungssäfte. Dabei entstehen
aus den Eiweißen Aminosäuren, aus den Kohlenhydraten Monosaccharide und aus den Fetten
Glyzerin und Fettsäuren.
Resorption: Bei der Resorption werden Substanzen aus dem Darmlumen in das Körperinnere
(Darmepithelzelle, Interstitium, Lymphe und Blut) aufgenommen. Dabei spielen neben passiven
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Prozessen (Diffusion, Osmose) vor allem auch aktive, energieverbrauchende Transportvorgänge
eine Rolle. Dabei scheinen in der äußeren Zellmembran der Enterozyten lokalisierte
Trägersysteme (Carrier) eine Rolle zu spielen, indem Carrier-Substratkomplexe gebildet werden
und auf der Gegenseite der Membran die Komplexe wieder gelöst werden. Eine andere Form des
aktiven Transports ist die Pinozytose (Bläschentransport). Neben diesem aktiven transzellulären
Transport spielt der passive, parazelluläre Transport eine noch größere Rolle. Dieser verläuft
durch die Tight junctions (Kittleisten) benachbarter Enterozyten. Der Abtransport der
resorbierten Substanzen erfolgt über Blut- und Lymphgefäße.
Nierenfunktion
Aufgabe der Nieren: Ausscheidungsorgan für die Endprodukte des Zellstoffwechsels (Harnstoff,
Harnsäure, Kreatinin = alles harnpflichtige Substanzen), aufgenommene Fremdstoffe (z.B.
Medikamente) und physiologische Bedarfsstoffe, sofern diese im Überschuß vorhanden sind. Die
Nieren bewirken eine Konstanz der ionalen Zusammensetzung, der osmotischen Konzentration
und des pH-Wertes der extrazellulären Flüssigkeit. Durch die Bildung von Renin sind die Nieren
an der Kontrolle des extrazellulären Flüssigkeitsvolumens und des arteriellen Blutdrucks
beteiligt.
Nierenanatomie: Morphologische und funktionelle Einheit der Nieren ist das Nephron (ca. 1,2
Million/Niere). Es besteht aus dem Glomerulus (Nierenkörperchen) und dem Tubulus
(Nierenkanälchen). Mehrere Tubuli münden in ein Sammelrohr ein. Der Glomerulus wird aus
Kapillarschlingen sowie aus der Bowman'schen Kapsel des Tubulusepithels gebildet. Den
Tubulus unterteilt man in den proximalen Tubulus, die Henle'sche Schleife und den distalen
Tubulus. Letzterer berührt die zuführende Arteriole seines zugehörigen Glomerulus und bildet
mit ihr den juxtaglomerulären Apparat (Ort der Reninbildung).
Elementarprozesse der Harnbildung: Sie beginnt im Glomerulus, wo der Primärharn durch den
glomerulären Filtrationsprozeß aus dem durchfließenden Blutplasma abgetrennt und in den
Tubulus geleitet wird. Während der Passage durch den Tubulus und das Sammelrohr wird die
Zusammensetzung durch transtubuläre Stofftransporte (Resorption und Sekretion) erheblich
verändert. Zur Ausscheidung im Endharn (= Urin) gelangen Stoffe, die glomerulär filtriert und
die tubulär sezerniert werden, vermindert um die Mengen, die tubulär resorbiert werden.
Mechanismen der Harnbildung: Die glomeruläre Filtration beruht auf physikalischen Kräften
(Filtrationsdruck) und den physikalischen Eigenschaften der Moleküle (vor allem
Molekülgröße). Tubuläre Stofftransporte umfassen neben passiven Transportvorgängen
(Diffusion) vor allem aktive Transportvorgänge, die Energie aus dem Stoffwechsel erfordern
(aktive Resorptionsmechanismen für physiologische Bedarfsstoffe wie Natriumionen, Glukose,
Aminosäuren etc.; aktiv sezernierte Stoffe, z.B. PAH).
Renale Clearance eines Stoffes: Der Clearance-Wert gibt den Teil des renalen Plasmaflusses an, der
pro Minute von dem betreffenden Stoff völlig befreit wird. Die Clearance stellt somit eine
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Volumen-Klärrate (ml/min) dar. Zu ihrer Bestimmung benötigt man die Ausscheidungsrate des
Stoffes in den Harn (Produkt aus Stoffkonzentration im Urin und dem Harnzeitvolumen) und
seine Konzentration im arteriellen Plasma. Somit ist die Clearance der Ausscheidungsrate
proportional und der Plasmakonzentration umgekehrt proportional.
Der Nierenplasmafluß stimmt mit der PAH-Clearance (PAH = p-Aminohippursäure) weitgehend
überein. Dieser Stoff wird also während einer einzigen Nierenpassage fast vollständig aus dem
Plasma eliminiert. Der glomerulären Filtrationsrate entspricht die Inulin-Clearance (ein
Polysaccharid). Inulin wird nur durch Filtration ausgeschieden und tubulär weder resorbiert noch
sezerniert. Diese Clearance-Werte dienen zur Beurteilung der Nierenfunktion.
Nierenkreislauf: Die Durchblutung beider Nieren beträgt etwa 25 % des Herzzeitvolumens in Ruhe.
Die Nierendurchblutung kann mit Hilfe der PAH-Clearance (Nierenplasmafluß) und dem
Hämatokritwert errechnet werden. An den allgemeinen Kreislaufregulationen nimmt der
Nierenkreislauf kaum Teil. Der mittlere arterielle Blutdruck kann zwischen 80 und 180 mmHg
schwanken, ohne daß sich die Nierendurchblutung ändert (Autoregulation durch abgestufte
Einstellung des Strömungswiderstandes, dadurch konstante glomeruläre Filtrationsrate).
Glomerulärer Filtrationsprozeß: Das glomeruläre Filter wird von 20 - 40 Kapillarschlingen und dem sie
umkleidenden inneren Blatt der Bowman'schen Kapsel gebildet. Diese Glomerulusmembran
besteht aus dem Endothel der Kapillaren, der Basalmembran und dem inneren Blatt. Die
Moleküldurchlässigkeit wird im wesentlichen von dem inneren Blatt der Bowman'schen Kapsel,
die sog. Filtrationsschlitze aufweist, bestimmt. Unter der glomerulären Filtrationsrate versteht
man das pro Zeiteinheit von den Nieren gebildete Filtratvolumen (Primärharn). Sie beträgt ca.
120 ml/min und kann mit der Inulin-Clearance bestimmt werden. Das Filtrat enthält die im
Blutplasma gelösten Bestandteile nach Maßgabe ihrer Filtrierbarkeit.
Tubuläre Transportprozesse: Die Transporte einzelner Stoffe im Tubulus sind auf bestimmte
Abschnitte begrenzt. Im proximalen Tubulus werden Glukose, Aminosäuren, filtriertes Protein,
Sulfat- und Phosphationen, Elektrolyte und Wasser resorbiert, sowie organische Säuren (z.B.
PAH) sezerniert. Alle Stofftransporte zeichnen sich durch ein tubuläres Transportmaximum aus,
d.h., daß von diesen Stoffen in der Zeiteinheit jeweils nur eine definierte Maximalmenge von den
Nieren resorbiert oder sezerniert werden kann. Im distalen Tubulus werden lediglich Elektrolyte
und Wasser resorbiert sowie Ammoniak und Wasserstoffionen sezerniert.
Aldosteron (Mineralocorticoid der Nebennierenrinde) erhöht die tubuläre Natrium-Resorption
sowie die Kalium- und Wasserstoffionen-Sekretion. Das ADH (antidiuretisches Hormon syn.
Adiuretin, im Hypothalamus gebildet und im Hypophysenhinterlappen freigesetzt) erhöht die
Wasserdurchlässigkeit im distalen Tubulus und im Sammelrohr. Dadurch wird der Urinfluß
vermindert (Antidiurese) und der Urin hypertonisch. Fehlt ADH (z.B. beim Diabetes insipidus),
so ist die Diurese gesteigert, wobei ca. 25 l/Tag hypotonischen Urins ausgeschieden werden
können.
Resorption der Glukose: Das tubuläre Transportmaximum läßt sich anhand des Glukosetransportes
erläutern. Obwohl Glukose glomerulär uneingeschränkt filtriert wird, ist normalerweise der Urin
glukosefrei. Demnach wird Glukose tubulär vollständig resorbiert. Glukose erscheint erst im
Harn (Glukosurie), wenn im Plasma die Schwellenkonzentration von etwa 180 mg/100 ml
überschritten wird (bei Zuckerkrankheit = Diabetes mellitus).
38
Regulation der extrazellulären Flüssigkeit durch die Nieren:
(1) Osmotische Konzentration: Wasserverlust = Anstieg der osmotischen Konzentration --->
Registrierung durch Osmorezeptoren im Hypothalamus ---> ADH-Freisetzung und Durstgefühl --> Antidiurese und Trinken. Wasserüberschuß = Abfall der osmotischen Konzentration z.B.
durch starkes Trinken ---> Osmorezeptoren ---> Hemmung der ADH-Freisetzung --->
Wasserdiurese.
(2) Volumenregulation: Extrazelluläre Flüssigkeit besteht aus interstitieller Flüssigkeit und
Blutplasma. Änderungen ihres Volumen führen deshalb auch zu Veränderungen des
Blutvolumens und damit zur Umstellung der Kreislaufregulation. Bei vermehrtem Blutvolumen
(Hypervolämie) gibt es zwei Mechanismen zur Volumenregulation:
(a) Vermehrtes Blutangebot ---> Erhöhung des Herzzeitvolumens ---> Anstieg des arteriellen
Blutdrucks ---> Druckdiurese (vermehrte Urinausscheidung durch blutdruckbedingte Zunahme
der Nierenmarkdurchblutung mit Beeinträchtigung des Urinkonzentrierungsmechanismus).
(b) Vermehrtes Blutangebot ---> Volumenrezeptoren im venösen System
---> Meldung auf nervalem Wege zum Hypothalamus ---> Hemmung der ADH-Freisetzung --->
Wasserdiurese.
Bei vermindertem Blutvolumen (Hypovolämie) gibt es - abgesehen von den
kreislaufregulatorischen Effekten auf Herz, Gefäße und Nebennierenmark - ebenfalls zwei
Mechanismen der Volumenregulation:
(a) Vermindertes Blutangebot ---> Erniedrigung des Herzzeitvolumens
---> Abfall des arteriellen Blutdrucks ---> Aktivierung des juxtaglomerulären Apparates
(druckempfindlicher Mechanismus) ---> Reninfreisetzung (eiweißspaltendes Enzym) -->
Umwandlung von Angiotensinogen in Angiotensin (starke vasokonstriktorische Substanz) --->
Anstieg des arteriellen Blutdrucks. Gleichzeitig durch Angiotensin bedingt ---> Freisetzung von
Aldosteron ---> erhöhte Natrium- und damit Wasserresorption ---> positive Flüssigkeitsbilanz (=
Renin-Angiotensin-Aldosteron-Mechanismus).
(b) Vermindertes Blutangebot ---> Volumenrezeptoren im venösen System ---> Meldung auf
nervalem Wege zum Hypothalamus ---> ADH-Freisetzung und Durst ---> Antidiurese und
Trinken (sog. Gauer-Henry-Reflex).
Niereninsuffizienz: Entsteht durch Schädigung von mehr als 60 % der Nephrone. Dabei können die
harnpflichtigen Substanzen nicht mehr ausgeschieden werden (Urämie). Harnkonzentrierung und
-verdünnung ist nicht mehr möglich. Ursachen der Niereninsuffizienz: Akutes Nierenversagen
durch Schockzustände (Minderung der Nierendurchblutung), Vergiftungen,
Transfusionszwischenfälle, etc.; chronisches Nierenversagen durch Nierenentzündungen.
Wasserhaushalt: Unter normalen Bedingungen besteht ein Gleichgewicht zwischen Aufnahme und
Abgabe. Wasseraufnahme: 1,2 l Trinkmenge + 0,85 l Wasser aus fester Nahrung + 0,35 l
Oxydationswasser = 2,4 l/Tag. Wasserabgabe: 1,4 l Urin + 0,1 l Ausscheidung mit dem Stuhl +
0,9 l durch Verdunstung über Atemluft und Haut (Perspiratio insensibilis) = 2,4 l/Tag.
39
Allgemeine Endokrinologie
Endokrines System: Eng mit dem Nervensystem verknüpft. Erfüllt seine Funktion mittels Hormonen,
die in den endokrinen Drüsen (= Drüsen ohne Ausführungsgang) gebildet und auf dem Blutweg
zu den Organen transportiert werden. Hier entfalten die Hormone spezifische Wirkungen
(Wirkungen, die von keinem anderen Stoff hervorgerufen werden können) an den
Erfolgsorganen.
Funktionelle Bedeutung der Hormone:
(1) Förderung der körperlichen und geistigen Entwicklung.
(2) Leistungsanpassung des Organismus (physiologische Adaptation bei erhöhter Belastung).
(3) Homöostatische Funktion (Konstanthaltung bestimmter physiologischer Größen, z.B.
osmotischer Druck).
Hormone steuern biochemische Prozesse und wirken in sehr kleinen Konzentrationen. Als
Glieder von Regelkreisen nehmen sie entweder die Position eines Stellgliedes oder die Position
der Regelgröße ein:
(1) Hormone als Stellglieder (z.B. osmotischer Druck des Blutes): Regelgröße ist der osmotische
Druck, der konstant gehalten werden muß. Kommt es durch Störgrößen (z.B. Wasseraufnahme)
zu Abweichungen, so werden diese durch Osmorezeptoren des Hypothalamus (Meßwerk) an den
zentralen Regler, der den Sollwert überwacht (ebenfalls Hypothalamus) weitergeleitet. Der
Regler setzt nun proportional zur Abweichung vom Sollwert das Hormon Adiuretin frei, das
seinerseits als Stellgröße auf das Stellglied (Niere) einwirkt.
(2) Hormone als Regelgrößen (z.B. Thyroxin): Regelgröße ist der Thyroxinspiegel, der konstant
gehalten werden muß. Vermehrter Thyroxinverbrauch unter Belastung (Störgröße) --->
Thyroxinrezeptoren in der Adenohypophyse (Meßwerk) ---> Regler in Hypophyse bzw.
Hypothalamus ---> Ausschüttung von TSH (Stellgröße) ---> vermehrte Thyroxinproduktion in
der Schilddrüse (Stellglied).
Gruppierung der Hormone nach der Funktionsweise:
(1) Effectorische Hormone: Wirken unmittelbar auf Erfolgsorgane ein, z.B. Sexualhormone.
(2) Trope oder glandotrope Hormone: Bewirken Bildung und Freisetzung der unter (1)
zusammengefaßten Hormone, z.B. TSH (Thyreotropes Hormon).
(3) Releasing- und Release-inhibiting Hormone: Werden von den Nervenzellen des
Hypothalamus gebildet und steuern die Bildung und Freisetzung der Hormone der
Adenohypophyse. Über diese Hormone erfolgt die Ankopplung des endokrinen Systems an das
ZNS.
Gruppierung der Hormone nach Rezeptortypen: Die Zellen der Erfolgsorgane besitzen spezifische
Rezeptoren, die mit dem entsprechenden Hormon einen Hormonrezeptorkomplex bilden.
(1) Zytoplasmatische Rezeptoren im Zellinnern für Hormone aus der Lipidgruppe.
(2) Rezeptoren an der Zellmembran für Hormone aus der Protein- und Peptidgruppe.
(3) Rezeptoren im Zellkern für die Schilddrüsenhormone.
Wirkungsmechanismen der Hormone: Da die Hormonrezeptorkomplexe entweder an der Zellmembran
oder in der Zelle entstehen, lassen sich zwei Wirkmechanismen unterscheiden. Der intrazelluläre
Komplex kann direkt die Expression genetischer Information beeinflussen und somit auf die
Syntheseleistung der Zelle (z.B. Proteinsynthese) direkten Einfluß nehmen. Bei einem
40
zellmembranständigen Komplex ist dagegen ein zweiter intrazellulärer Botenstoff (second
messenger, z.B. cAMP = cyclisches Adenosinmonophosphat) notwendig, um die Aktivität der
Zelle zu beeinflussen.
Untersuchungsmethoden:
(1) Studium der Ausfallserscheinungen nach Zerstörung eines Organs, in dem man eine
Hormonbildung vermutet.
(2) Substitutionsexperiment: Zufuhr von Extrakten, die aus dem zerstörten Organ gewonnen
wurden. Ausfallserscheinungen müssen - sofern es sich wirklich um ein Hormon handelt danach verschwinden.
(3) Überdosierungsexperiment: Zufuhr von Hormonen beim intakten Tier. Wichtig für die
Analyse von Funktionsstörungen bei krankhafter Überfunktion einzelner Hormondrüsen.
Substitutionstherapie: Im Falle einer unzureichenden Funktion einer endokrinen Drüse müssen die
Hormone von außen zugeführt werden. Bei Proteohormonen (Eiweißhormonen) muß die Zufuhr
parenteral (also nicht über den Magen-Darm-Trakt) erfolgen, da diese bei peroraler Zufuhr (über
den Magen-Darm-Trakt) abgebaut würden (z.B. intravenös, intramuskulär). Da zahlreiche
Hormone nicht artspezifisch sind, können Extrakte aus den Drüsen von Tieren verwendet
werden.
Hypothalamisch-hypophysäres System
Gliederung des Systems:
(1) Nuclei supraopticus und paraventricularis des Hypothalamus und Neurohypophyse
(Hypophysenhinterlappen = HHL).
(2) Hypophysiotrope Zone des Hypothalamus und Adenohypophyse (Hypophysenvorderlappen =
HVL).
Neurohypophyse und zugeordnete Hypothalamuskerne: Die Hormone Adiuretin (syn. Vasopressin)
und Oxytocin werden in den Nervenzellen des Nucleus supraopticus und des Nucleus
paraventricularis gebildet. Diese Hormone werden in Form von Granula innerhalb der
zugehörigen Neuriten der Nervenzellen zu den Kapillaren des HHL geleitet und in die Kapillaren
abgegeben. Die Neuriten der neurosekretorischen Zellen bilden den Tractus hypothalamohypophyseus, der einen Teil des Hypophysenstiels darstellt. Zur Freisetzung der Hormone
kommt es durch Erregung der neurosekretorischen Zellen.
Adiuretin (syn. Vasopressin): Hemmt die Diurese (siehe Niere). Bei Ausfall des Hormons Diabetes
insipidus. Dabei können Urinmengen zwischen 5 und 15 l/24 Std. ausgeschieden werden
(insipidus = nicht süß schmeckend, im Gegensatz zu mellitus = süß schmeckend). In höheren
Konzentrationen hat Adiuretin einen butdrucksteigernden Effekt, der ursprünglich einem eigenen
Hormon (Vasopressin)
zugeschrieben wurde. Natürlicher Reiz für die Adiuretinsekretion ist die Erregung von
Osmorezeptoren im Hypothalamus bei Ansteigen des osmotischen Drucks.
41
Oxytocin: Bewirkt bei Tier und Mensch rhythmische Kontraktionen des Uterus. Gegen Ende der
Schwangerschaft wird die Muskulatur des Uterus durch die Wirkung von Östrogen besonders
sensibel für Oxytocin. Da der HHL nun vermehrt Oxytocin ausschüttet, kommt es zu
Kontraktionen, die den Fetus in Richtung Scheide drücken. Die zunehmende Dehnung der
Gewebe führt zur nervalen Rückmeldung an den Hypothalamus und damit zur weiteren
Oxytocin-Produktion, wobei sich der Prozeß zur Wehentätigkeit aufschaukelt. Ferner bewirkt
das Hormon eine Kontraktion der Milchgänge der Brustdrüse (Milchejektionsreflex). Natürlicher
Reiz für die Sekretion ist der Saugreiz an der Brustwarze. Von dieser gehen mechanosensible
afferente Bahnen zum Hypothalamus, wo die Verbindung zu den neurosekretorischen Zellen, die
das Oxytocin bilden, hergestellt wird (nerval-hormonaler Reflexbogen).
Adenohypophyse und hypophysiotrope Zone des Hypothalamus: Von Nervenzellen im Bereich der
hypophysiotropen Zone werden die Releasing-Hormone gebildet, die ihrerseits die Sekretion der
Adenohypophysen-Hormone steuern. Die Releasing-Hormone gelangen über das
Pfortadersystem der Hypophyse (auf dem Blutweg) zu den Hormonbildungszellen der
Adenohypophyse.
Einteilung der Releasing-Hormone:
Stimulierende Releasing-Hormone (RH):
(1) TRH = Thyreotropin-RH ---> TSH
(2) LHRH = Luteinisierendes Hormon-RH ---> LH und FSH
(3) CRH = Corticotropin-RH ---> ACTH
(4) GHRH = Growth Hormone-RH ---> GH (syn. STH)
(5) PRH = Prolactin-RH ---> PRL
(6) MSHRH = Melanocytes Stimulating Hormone-RH ---> MSH
Inhibitorische Releasing-Hormone (IH):
(1) GHIH = Growth Hormone-IH (Somatostatin) ---> GH (syn. STH)
(2) MSHIH = Melanocytes Stimulating Hormone-IH ---> MSH
(3) PIH = Prolactin-IH ---> PRL
Alle Releasing-Hormone stellen Peptide mit oft geringer Anzahl von Aminosäuren dar, deren
Struktur z.T. bereits aufgeklärt ist.
Endorphine und Enkephaline: Kürzlich entdeckte Gruppe von Polypeptiden aus dem Hypothalamus
bzw. der Hypophyse. Haben eine dem Morphin ähnliche Wirkung. Besetzen Membranrezeptoren
von Nervenzellen, über die auch die exogen zugeführten Morphine zur Wirkung kommen
(„endogene Opiate“).
Hormone der Adenohypophyse (Übersicht):
Glandotrope Hormone:
(1) FSH = Follikelstimulierendes Hormon
(2) LH bzw. ICSH = Luteinisierendes Hormon, identisch mit Interstitial Cells Stimulating
Hormone
(3) TSH = Thyreotropin Stimulating Hormone, syn. Thyreotropes Hormon
(4) ACTH = Adrenocorticotropes Hormon
Effektorische Hormone:
(1) GH (syn. STH) = Growth Hormone (Wachstumshormon), syn. Somatotropes Hormon
(2) PRL (syn. LTH) = Prolactin, syn. luteotropes Hormon
(3) MSH = Melanocytenstimulierendes Hormon
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Die glandotropen Hormone entfalten ihre Wirkung durch Beeinflussung der peripheren
endokrinen Drüsen. Die Hormone (1) und (2) werden als gonadotrope Hormone bezeichnet und
steuern die Entwicklung der Keimdrüsen und der sekundären Geschlechtsmerkmale. FSH und
LH (bzw. ICSH) sind bei weiblichen und männlichen Individuen identisch, sie stellen also
geschlechtsunspezifische Hormone dar. TSH stimuliert das Wachstum der Schilddrüse und
steuert die Bildung und Freisetzung von Schilddrüsenhormonen. ACTH beeinflußt das
Wachstum und die Funktionsfähigkeit zweier der drei Schichten der Nebennierenrinde, der Zona
fasciculata (Bildung des Cortisols) und der Zona reticularis (Bildung von androgenen
Rindenhormonen = männliche Geschlechtshormone). Das Wachstum der dritten Schicht, der
Zona glomerulosa (Bildung des Mineralocorticoids Aldosteron), bedarf kaum der Stimulierung
durch ACTH (Aldosteron wird durch Angiotensin freigesetzt, siehe Niere). ACTH wird aus
einem höhermolekularen sog. Präkursor enzymatisch abgespalten. Als weitere Spaltprodukte
ergeben sich dabei ß-Endorphin (ein endogenes Opiat) und MSH (Melanocytenstimulierendes
Hormon). Die Zellen, in denen der Präkursor im HVL gebildet wird, bezeichnet man als
Proopiomelanocortinzellen (POMC-Zellen).
Wachstumshormon (Growth Hormone = GH): Im Gegensatz zu den meisten Hormonen ist es
artspezifisch. Zum therapeutischen Einsatz beim Menschen muß daher menschliches GH (aus
Leichenhypophysen oder gentechnisch hergestellt) verwendet werden. Die Wachstumswirkung
läßt sich auf eine Förderung der Verknöcherung, die die Grundlage des Längenwachstums der
Knochen ist, zurückführen. Die Epiphysenfugen werden durch GH verbreitert. Wenn nach
Abschluß der Pubertät unter Einwirkung der Androgene eine Verknöcherung der knorpeligen
Epiphysenfuge eingetreten ist, hat GH keinen Einfluß mehr auf das Längenwachstum. Die
Wirkung des GH auf das Knochenwachstum erfolgt nicht direkt, sondern über die Stimulation
von Leberfaktoren, den Somatomedinen.
Hypophysärer Riesenwuchs: Überschüssige Produktion von GH im jugendlichen Alter, meist durch
Adenom (Geschwulst) der acidophilen Zellen des HVL, in denen GH gebildet wird. Das
Wachstum ist proportioniert.
Hypophysärer Zwergwuchs: Fehlen des GH im Kindesalter. Körpergröße oft nur 100 cm.
Körperproportionen normal, im Gegensatz zum hypothyreotischen Zwergwuchs.
Akromegalie: Überproduktion von GH im Erwachsenenalter meist durch Adenom der acidophilen
Zellen des HVL. Plumpe Deformierungen und Verdickungen der Knochen, insbesondere
Vergrößerung der Nase, des Kinns, der Hände und Füße. Oft auch Schädigung des Sehnerven
durch Tumorwachstum.
Stoffwechselwirkungen des GH:
(1) Mobilisierung von Fettsäuren aus den Fettgeweben zur Energiegewinnung.
(2) Insulinähnlicher Effekt als kurzfristige Wirkung: Injektion von GH führt zu einer
vorübergehenden Senkung des Glukosespiegels über Somatomedin C (Dauer ca. 1 Stunde).
(3) Insulinantagonistischer Effekt als längerfristige Wirkung: Mehrere Stunden nach GHInjektion Steigerung der Glukosekonzentration im Plasma durch Einschmelzen der
Glykogendepots und Erschwerung der durch Insulin geförderten Einschleusung von Glukose in
die Zelle. Daher bei Zwergwuchs Neigung zu Hypoglykämie, bei Riesenwuchs zu
Hyperglykämie (erhöhter Blutzuckerspiegel).
43
Steuerung der GH-Sekretion: Durch GHRH und GHIH (= Somatostatin), deren selektive Freisetzung
vom limbischen System gesteuert wird. Die Plasmaspiegel von GH zeigen erhebliche
Schwankungen, wobei auch eine endogene (circadiane) Rhythmik besteht. Ein Sekretionsgipfel
tritt nachts auf und ist an die Tiefschlafphase (slow wave sleep) gebunden. Durch Senkung der
Blutglukosekonzentration kommt es zu einem Anstieg der GH-Sekretion über hypothalamische
Glukoserezeptoren.
Prolactin: Bewirkt die Ingangsetzung und Aufrechterhaltung der Milchsynthese in der Brustdrüse der
Frau.
Steuerung der Prolactinsekretion: PIH (= Dopamin) bewirkt eine Inhibition der Synthese, PRH sowie
Östrogen eine Förderung der Synthese von Prolactin. Reizung der Mechanorezeptoren in den
Mamillen durch den Saugreiz führt nerval zur Ausschüttung von PRH im Hypothalamus. Erhöht
sich der Prolactinspiegel im Blut wird vermehrt Dopamin im Hypothalamus produziert, wodurch
wiederum die Prolactinsynthese vermindert wird. Dopamin wirkt gleichzeitig auch inhibitorisch
an den LHRH-Zellen des Hypothalamus. Hierdurch wird die LH- und FSH-Produktion
subnormal, und der Menstruationszyklus kann nicht mehr ablaufen (Lactationsamenorrhoe).
Während der Stillzeit kommt es daher in der Regel nicht zu einer Konzeption.
Melanocytenstimulierendes Hormon (MSH): Bewirkt Zunahme der Pigmentierung der Haut, die durch
Ausbreitung des Melanins innerhalb der Pigmentzellen (Melanocyten) zustande kommt. Hat
beim Menschen nur im Rahmen des Morbus Addison (Bronzehautkrankheit) Bedeutung. Dabei
ist die Nebennierenrinden-Hormonproduktion durch Zerstörung der Rinde verringert und die
ACTH-Produktion entsprechend erhöht. Da bei der ACTH-Produktion MSH äquimolar mit
ausgeschüttet wird, erfolgt eine stärkere Pigmentierung.
Nebennierenrinde und Glucocorticoide
Hormone der Nebennierenrinde (NNR): In der NNR finden sich zahlreiche Steroidderivate
(Abkömmlinge des Sterans, einem Molekül aus 4 Ringen; Lipidhormone), die als
Corticosteroide bzw. Corticoide bezeichnet werden. Drei Gruppen lassen sich unterscheiden:
(1) Glucocorticoide (Cortisol und Corticosteron): Beeinflussen den Stoffwechsel der Proteine,
Kohlenhydrate und Lipide (Fette). Werden in der Zona fasciculata gebildet.
(2) Mineralocorticoide (Aldosteron): Beeinflussen den Transport von Elektrolyten und damit die
Verteilung des Wassers in den Geweben. Bildungsort: Zona glomerulosa.
(3) Androgene und Östrogene: Ausprägung sekundärer Geschlechtsmerkmale und Entwicklung
der Keimdrüsen. Bildungsort: Zona reticularis.
Wirkung der Glucocorticoide (Cortisol):
(1) Gluconeogenese (= Bildung von Glukose aus Aminosäuren): Cortisol steigert die Aktivitäten
einiger für die Gluconeogenese erforderlichen Enzyme. Der Blutglukosespiegel wird dadurch
angehoben.
44
(2) Katabole Wirkung: Die Gluconeogenese bedingt einen verminderten Einbau von
Aminosäuren in das Körpereiweiß.
(3) Lipolyse. Bei Ausfall von Glucocorticoiden ist die Freisetzung von Fettsäuren aus dem
Fettgewebe (Lipolyse) gestört.
(4) Kreislauf: Glucocorticoide sensibilisieren die glatte Gefäßmuskulatur gegenüber
Noradrenalin, sog. permissive Wirkung (Blutdrucksteigerung). Bei Ausfall der NNR
Kreislaufkollaps.
(5) Wasserhaushalt: Kennzeichnend für den Ausfall der NNR ist die gestörte
Wasserausscheidung. Cortisol bewirkt Steigerung der Glomerulusdurchblutung und der
Filtrationsrate als Folge der kreislaufstabilisierenden Wirkung. Weiterhin vermindert Cortisol die
Wasserdurchlässigkeit im distalen Tubulus, was zur Wasserausscheidung führt.
(6) Skelettmuskulatur: Schwäche der Skelettmuskulatur (Adynamie) bei Cortisolmangel;
Wirkungsmechanismus noch unklar.
(7) ZNS und Sinnesorgane: Mangel an Cortisol bewirkt erhöhte Krampfanfälligkeit des Gehirns
(Glucocorticoidrezeptoren im Gehirn sind nachgewiesen) und Funktionsminderung von
Sinnesorganen (Geschmack: Schlechte Unterscheidung von süß und salzig; Gehör:
Beeinträchtigung des Verständnisses akustisch dargebotener Worte).
(8) Zelluläre und humorale Abwehrvorgänge: Cortisol bewirkt Involution von Thymus und
Lymphknoten mit Zerstörung der eingelagerten Lymphocyten. Dadurch Hemmung der
Antikörperproduktion (immunsuppressive Wirkung). Bewirkt auch Hemmung von lokalen
Entzündungen, was für die Therapie von rheumatischen Erkrankungen ausgenutzt wird.
Regelung der Glucocorticoidkonzentration: Konzentration der Glucocorticoide wird im Plasma
konstant gehalten. Regelgröße = Cortisolkonzentration. Abnahme der Cortisolkonzentration
(Störgröße) ---> Glucocorticoidrezeptoren in der hypophysiotropen Zone des Hypothalamus
(Meßwerk) ---> Regler mit Sollwert im limbischen System ---> Ausschüttung von CRH --->
Freisetzung von ACTH in der Adenohypophyse (Stellgröße) ---> Freisetzung von Cortisol in der
NNR (Stellglied). Die Cortisolkonzentration steigt bei zahlreichen Belastungen („Stress“) an,
was als Sollwertverstellung aufzufassen ist. Diese Sollwertverstellung bewirkt die
Leistungsanpassung des Organismus.
Stress und Adaptation: Bei Einwirkung verschiedenster Stressoren (z.B. Kältebelastung,
Hitzebelastung, Traumen) wird die Glucocorticoidsekretion gesteigert („Alarmreaktion“). Der
Reizzustand des Organismus wird nach Selye als Stress bezeichnet, die auslösenden Reize als
Stressoren. Bei anhaltender Einwirkung der Stressoren nimmt die Stärke der Stressreaktion mehr
und mehr ab. Dies steht in Zusammenhang mit der Ausbildung morphologischer und
funktioneller Modifikationen, die eine erhöhte Resistenz gegenüber dem Stressor zur Folge
haben (physiologische Adaptation, Leistungsanpassung. „Stadium des Widerstandes“ nach
Selye). Die Adaptation ist stressorspezifisch, d.h. die sich einstellenden Modifikationen sind
verschieden, je nachdem ob das Individuum Kälte, Hitze etc. ausgesetzt worden ist. Die
Alarmreaktion ist dagegen unspezifisch. Die erhöhte Glucocorticoidsekretion scheint für die
Ausbildung der spezifischen Modifikationen von Bedeutung zu sein, etwa in dem Sinne, daß
durch Enzyminduktion die Ausbildung bestimmter morphologischer Änderungen ermöglicht
wird. Sind die Modifikationen einmal ausgebildet, so ist der ursprüngliche Stressor nicht mehr
nennenswert belastend für den Organismus. Wirken die Stressoren aber sehr lange ein, geht die
erworbene Anpassung wieder verloren („Stadium der Erschöpfung“).
45
Morbus Cushing: Krankheitsbild, das durch eine Überproduktion von Cortisol gekennzeichnet ist.
Ursachen:
(1) Geschwulst der NNR (Carcinom) mit Überproduktion von Cortisol. ACTH-Konzentration
durch negative Rückkoppelung reduziert, daher kontralaterale NNR atrophiert.
(2) Überproduktion von ACTH durch Störung der Funktion des HVL oder Hypothalamus.
Bedingt Hyperplasie beider NNR mit Steigerung der Cortisolbildung.
Klinische Zeichen: Fettsucht (Mondgesicht), erhöhter Blutzuckerspiegel mit Zuckerausscheidung
im Harn, vermehrter Eiweißabbau (katabole Wirkung), Hypertonie, Osteoporose (Entkalkung der
Knochen).
Adrenogenitales Syndrom (AGS-Syndrom): Enzymdefekt, der bewirkt, daß kaum Cortisol gebildet
wird, womit die negative Rückkoppelung fehlt und im Hypothalamus vermehrt CRH gebildet
wird, was eine entsprechende Stimulation der ACTH-Synthese in der Adenohypophyse
hervorruft. Da ACTH auch auf die Zona reticularis wirkt, werden übermäßig Androgene
produziert. Das Androgen wirkt bei Mädchen virilisierend (vermännlichend) und ruft bei Knaben
vorzeitige Pubertät hervor. Therapie: Cortisolgabe.
Morbus Addison: Verminderung aller Hormone der NNR infolge Tumormetastasen der NNR,
Tuberkulose, Traumen. Ausfall der Mineralocorticoide beherrscht das Krankheitsbild
(Elektrolytstörungen). Klinische Zeichen: Verstärkte Hautpigmentierung
(„Bronzehautkrankheit“, Folge der erhöhten MSH-Sekretion im Zusammenhang mit der
gesteigerten ACTH-Produktion), vorzeitige Ermüdbarkeit, Muskelschwäche, Gewichtsabnahme,
Hypotonie, Hypoglykämie, Anämie.
Hormone der Schilddrüse
Bildung der Hormone: Die Synthese von Thyroxin (= Tetrajodthyronin = T4) und Trijodthyronin (=
T3) vollzieht sich in den Follikelzellen der Schilddrüse unter dem Einfluß von TSH in Bindung
an ein Glykoprotein, dem Thyreoglobulin. Gebunden an Thyreoglobulin werden T3 und T4 in
das Kolloid geleitet und dort gespeichert. Zur Abgabe der Hormone an das Blut muß die
Bindung an Thyreoglobulin gelöst werden, was eine erneute Aufnahme in die Follikelzelle
erforderlich macht. Im Plasma erfolgt erneut eine Bindung an Plasmaproteine. Nur ein kleiner
Teil der Hormone ist ungebunden. Charakteristisch ist der Jodgehalt der Schilddrüsenhormone.
Wirkung der Hormone: Beide Hormone haben im wesentlichen die gleiche Wirkung, wobei T3 jedoch
viel stärker wirkt und die eigentliche biologisch wirksame Form darstellt, wobei ein Großteil von
T3 im Blut durch Dejodierung von Thyroxin entsteht.
(1) Stoffwechselwirkungen: Bei Ausfall der Hormone sinkt der Energieumsatz, bei
Überproduktion können Steigerungen des Grundumsatzes auf das Doppelte erfolgen. Die
Hormone steigern die Eiweißsynthese und fördern den oxydativen Abbau der Fette und
Kohlenhydrate. Die Ansprechbarkeit des Organismus auf Catecholamine wird durch die
Hormone erhöht. Infolge dieser Grundwirkungen findet man klinisch bei Hormonüberschuß:
Tachycardie (Herzfrequenzerhöhung), Erhöhung der Körpertemperatur, Neigung zu
46
Schweißsekretion, zitternde Hände (Tremor), Unruhegefühl, gesteigerte körperliche und geistige
Aktivität. Bei Hormonmangel sind die entgegengesetzten Wirkungen zu erwarten.
(2) Wachstum und Entwicklung: T3 und T4 sind wichtig für die normale Verknöcherung. Bei
Ausfall im jugendlichen Alter bleibt das Wachstum zurück. Da das Dickenwachstum der
Knochen im Gegensatz zum Längenwachstum ungestört ist, findet man beim hypothyreotischen
Zwergwuchs im Gegensatz zum hypophysären Zwergwuchs einen plumpen und gedrungenen
Knochenbau. Auch die geistige Entwicklung ist bei Hormonmangel im jugendlichen Alter
gestört, bei Ausfall bereits während der Embryonalentwicklung ist Schwachsinn die Folge.
(3) Leistungsanpassung: T3 und T4 sind neben den Glucocorticoiden für die Ausbildung
adaptativer Modifikationen (insbesondere Kälteadaptation) von Bedeutung.
Regelung der Hormonkonzentration: Wurde bereits im Rahmen der allgemeinen Endokrinologie
behandelt. Die Sekretionsrate wird von inneren und äußeren Thermorezeptoren beeinflußt. Es
kommt zu einer kälteinduzierten Steigerung des T3- und T4-Umsatzes. Auch andere Stressoren
können eine Steigerung der Umsatzrate der Hormone hervorrufen. Allerdings handelt es sich
hierbei nicht um eine Sollwertverstellung wie bei den Glucocorticoiden, sondern lediglich um
eine Steigerung der Umsatzrate, wobei der Hormonspiegel immer konstant gehalten wird.
Hyperthyreose (Morbus Basedow): Produktion eines TSH-ähnlichen Stoffes, der die Bildung der
Hormone ungehemmt anregt, da er nicht einer Kontrolle durch negative Rückkopplung
unterliegt. Klinische Zeichen: Vergrößerung der Schilddrüse (hyperthyreotischer Kropf),
hervortretende Augäpfel („Glotzaugenkrankheit“ durch Fetteinlagerung in die Augenhöhlen),
Tachycardie, Tremor, motorische Unruhe, leicht erhöhte Körpertemperatur, Schweißausbrüche,
Glanzauge, Abmagerung trotz Heißhunger, erhöhter Grundumsatz, Haarausfall,
Muskelschwäche, Herzmuskelschädigung.
Hypothyreose: Mangelhafte Sekretionsrate, häufig durch Jodmangel in der Nahrung. Bevorzugt in den
Alpenländern (Jodmangel im Gebirgswasser; epidemischer Kropf). Klinisch starke Vergrößerung
der Schilddrüse (hypothyreotischer Kropf), der durch Zufuhr von Jodsalzen oder
Schilddrüsenhormonen zur Rückbildung gebracht werden kann.
Ausfall der Schilddrüsenhormone in der Embryonalperiode: Zurückbleiben der geistigen
Entwicklung (Kretinismus), Minderwuchs mit gedrungenem Körper, Hypothermie,
Hypoglykämie, Hypotonie, Gewichtszunahme, trockene Haut, große Zunge.
Ausfall der Schilddrüsenhormone im Erwachsenenalter: Teigige Verdickung der Haut
(Myxödem), Verminderung der körperlichen und geistigen Aktivität, Müdigkeit,
Kälteempfindlichkeit, Antriebsarmut.
Keimdrüsen und Sexualhormone
Bildungsorte der Sexualhormone:
Die Sexualhormone sind Steroidhormone (wie Cortisol) und gehören zu den Lipidhormonen.
(1) Weibliche Sexualhormone: Östrogene (wichtigster Vertreter Östradiol) und Gestagene
(Progesteron) werden im Ovar (Östrogene in den Zellen der Theca interna des Follikels,
47
Progesteron in den Follikelzellen) und in der Plazenta (ab Ende des 4. Schwangerschaftsmonats)
gebildet. Geringe Mengen von Androgenen werden in der NNR und auch im Ovar gebildet.
(2) Männliche Sexualhormone: Androgenbildung in den Leydig-Zwischenzellen (Testosteron)
der Hoden (Testes) und in der NNR. Im Hoden auch geringe Mengen von Östrogenen und
Gestagenen.
Wirkungen der Sexualhormone:
(1) Embryonale Geschlechtsdifferenzierung: Am Ende des 3. Monats wird die männliche
Keimdrüse des Fetus aktiv und bildet Testosteron, unter dessen Einfluß die Geschlechtsorgane
ihre typisch männliche Ausbildung erfahren. Bleibt die Testosteronproduktion aus, bildet sich bei
männlichen Feten ein weibliches Genitale (Pseudohermaphroditismus masculinus). Führt man
im Experiment weiblichen Feten Testosteron zu, so bildet sich ein mehr oder weniger
vollkommenes männliches Genitale aus (Pseudohermaphroditismus femininus). Ein
Hermaphroditismus verus liegt vor, wenn gleichzeitig Ovar- und Testesgewebe unabhängig vom
genetischen Geschlecht vorhanden ist.
(2) Pubertät: Beim Knaben wird nach der embryonalen Entwicklungsphase die Produktion von
Testosteron eingestellt, lebt aber zum Zeitpunkt der Pubertät wieder auf. Beim Mädchen beginnt
die Tätigkeit der Keimdrüsen ebenfalls zum Zeitpunkt der Pubertät. Wachstum und Reifung der
inneren und äußeren Geschlechtsorgane erfolgt beim Mädchen unter dem Einfluß von
Östrogenen und Gestagenen, beim Knaben unter dem Einfluß von Testosteron.
Unter dem Einfluß der Sexualhormone kommen zudem die extragenitalen Geschlechtsmerkmale
zur Ausbildung: Entwicklung der Brustdrüse, typischer Körperbau, Schambehaarung.
(3) Wirkung auf den Uterus: Die Östrogene bewirken die Proliferationsphase; unter dem
zusätzlichen Einfluß des Progesterons sondern die Endometriumdrüsen ein Sekret ab
(Sekretionsphase). Dadurch werden die Voraussetzungen für die Implantation eines befruchteten
Eies geschaffen (vgl. Ontogenese).
(4) Extragenitale Wirkungen: Progesteron steigert die Ruhe-Körpertemperatur durch Erhöhung
des Grundumsatzes bei gleichzeitiger Sollwertverschiebung (Temperaturerhöhung zum
Zeitpunkt der Ovulation um ca. 0,5°C; Methode der Messung der Basaltemperatur nach KnausOgino zur Ermittlung der fruchtbaren und unfruchtbaren Tage der Frau). Progesteron hat zudem
einen katabolen, Testosteron einen anabolen Effekt. Unter dem Einfluß der Sexualhormone
(Östrogene, Testosteron) kommt es zur Verknöcherung der Epiphysenfugen und damit zum
Wachstumsstillstand. Bei Androgenmangel wirkt GH unbehindert weiter ---> eunuchoider oder
hypogonadaler Riesenwuchs.
(5) Sexualverhalten: Bei weiblichen Säugetieren (ausgenommen Mensch und Primaten) ist die
Kopulationsbereitschaft auf bestimmte Zeitabschnitte von wenigen Tagen beschränkt und fällt
mit den zyklischen Steigerungen des Sexualhormonspiegels zusammen (Brunst oder Östrus). Bei
kastrierten weiblichen Tieren läßt sich die Paarungsbereitschaft durch exogene Zufuhr von
Östrogenen fördern, durch Progesteron hemmen. Bei Primaten und beim Menschen, die einen
Menstruationszyklus haben, ist die sexuelle Aktivität gegen die Zyklusmitte hin (Ovulation)
gesteigert.
Menstruationszyklus: Im 2. Drittel des Zyklus steigt der Östrogenspiegel stark an und fällt gegen Ende
des Zyklus wieder ab. Mit Verzögerung von einigen Tagen steigt der Progesteronspiegel an, um
gegen Ende scharf abzufallen. Die Sekretionsrate beider Ovarialhormone wird durch FSH und
LH gesteuert. In den ersten Tagen des Zyklus steigt der FSH-Spiegel an ---> Heranreifung des
Primärfollikels und Anstieg des Östrogenspiegels. In der Mitte des Zyklus erfolgt ein steiler
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Anstieg des LH ---> Ursache der Ovulation und Umwandlung des Follikels zum Corpus luteum
(erzeugt Progesteron).
Die Steuerung der FSH- und LH-Sekretion aus der Adenohypophyse erfolgt über das ReleasingHormon LHRH aus der hypophysiotropen Zone des Hypothalamus. Bei niedrigen
Östradiolkonzentrationen, wie sie zu Beginn des Zyklus bestehen, werden die LH- und FSHproduzierenden Zellen auf einem niedrigen Sensibilitätsniveau für die Wirkung von LHRH
gehalten, wodurch die LH- und FSH-Spiegel im Blut niedrig bleiben. Mit zunehmender Reifung
des Follikels steigt der Östradiolspiegel im Blut an. Unmittelbar vor der Ovulation wird der
Östradiolspiegel so hoch, daß Die LH- und FSH-produzierenden Zellen der Hypophyse plötzlich
von ihrer niedrigen auf eine hohe Sensibilität auf LHRH umschalten. Dadurch verstärkt sich die
LH- und FSH-Sekretion (positive Rückkoppelung von Östradiol) und es entsteht der LH-Gipfel,
der die Ovulation auslöst. Die hohen Östradiol- und Progesteron-Spiegel koppeln nunmehr
negativ zur Hypophyse und zum Hypothalamus zurück, so daß die LH- und FSH-Sekretion
wieder auf basale Werte absinkt. Bei der Frau, ähnlich wie beim Mann, konnte zudem gezeigt
werden, daß die Ausschüttung von LHRH aus den hypothalamischen Neuronen nicht in
gleichmäßiger, sondern in pulsatiler Form erfolgt (phasische synchronisierte Aktivität der
LHRH-Neurone).
Ovulationshemmer: Durch exogene Zufuhr von Östrogen und Gestagen zu Beginn des Zyklus wird
infolge der negativen Rückkopplung die LHRH-Sekretion gehemmt. Dabei wird sowohl die
Pulsfrequenz der pulsatilen LHRH-Sekretion verlangsamt, als auch vermutlich die Menge des
pro Puls sezernierten LHRH reduziert. Die Ovulation bleibt aus, da sich der LH-Gipfel nicht
aufbauen kann.
(1) Konventionelle Methode (Ein-Phasen-Präparate): Tabletten enthalten eine ÖstrogenGestagen-Kombination. Beginnend mit dem 5. Zyklustag werden 21 Tage lang die Tabletten
genommen und 7 Tage lang keine Tabletten eingenommen etc.
(2) Sequentialverfahren (Zwei-Phasen-Präparate): Beginnend mit dem 5. Zyklustag 15 Tage lang
reine Östrogentabletten, daran anschließend 5 Tage lang Tabletten, die Östrogene und Gestagene
enthalten, dann 8 Tage Pause etc.
Nebenwirkungen der Ovulationshemmer: Übelkeit, Kopfschmerzen, Gewichtszunahme,
Zwischenblutungen. Nach 1 - 1 1/2 Jahren sollte eine Einnahmepause für 2 - 3 Zyklen erfolgen.
Gynäkologische Untersuchung im Abstand von 6 Monaten ist anzuraten.
Sexuelle Reaktion (Masters & Johnson 1966):
(1) Erregungsphase: Erektion von Penis bzw. Klitoris. Beginn des Herzfrequenz- und
Blutdruckanstiegs.
(2) Plateauphase: Verlängerung und Erweiterung der Vagina, vor allem im hinteren Teil,
Verengerung durch Blutanfüllung im vorderen Teil (orgastische Manschette); Verlagerung der
Klitoris, Aufrichtung des Uterus. Beim Mann Vergrößerung und Anheben der Hoden.
(3) Orgasmusphase: Vagina zeigt unter Beteiligung des Uterus 5 - 12 Kontraktionen. Analog
zeigt der Penis 3 - 4 austreibende Kontraktionen. Höhepunkt der Steigerung von Herzfrequenz,
Atemfrequenz und Blutdruck.
(4) Rückbildungsphase: Beim Mann Abbruch der Plateauphase nach dem Orgasmus, Beginn
einer Refraktärzeit; erst nach Ende der Refraktärzeit neuer Orgasmus möglich. Bei der Frau
Rückkehr auf die Plateauphase, von hier aus weitere Orgasmen möglich.
49
Schwangerschaft, Geburt und Lactation: Der Untergang des Corpus luteum wird verhindert, sobald
sich ein befruchtetes Ei in der Uterusschleimhaut implantiert hat. Vom Trophoblast der
Blastozyste (s. Ontogenese) werden folgende Hormone gebildet:
(1) Choriongonadotropin (HCG): Ähnliche Wirkungen wie das LH.
(2) Human Placental Lactogen (HPL): Entspricht dem Prolactin.
Unter dem Einfluß dieser beiden Plazentahormone (gonadotrope Wirkung) steigert das Corpus
luteum seine Progesteronproduktion. Dadurch wird die Abstoßung der Uterusschleimhaut
verhindert und die Schwangerschaft aufrecht erhalten. Gegen Ende des 4.
Schwangerschaftsmonats bildet sich das Corpus luteum zurück. Die Plazenta übernimmt nun
selbst die Produktion von Progesteron. Theoretisch könnte nun das Ovar ohne Unterbrechung der
Schwangerschaft entfernt werden.
Mit zunehmender Schwangerschaftsdauer steigen die Östrogen- und Progesteron-Spiegel im Blut
an. Östrogene sensibilisieren den Uterus für die Wirkung von Oxytocin, dem wehenauslösenden
Hormon. Hohe Spiegel von Progesteron antagonisieren diese Wirkung. Die Wehentätigkeit und
damit die Geburt wird möglicherweise durch einen kurzfristigen Abfall des Progesteron-Spiegels
im Blut ausgelöst.
Die Brustdrüse entwickelt sich in der Pubertät unter dem Einfluß der Östrogene, erlangt ihre
Funktionsfähigkeit aber erst während der Schwangerschaft. Hieran sind beteiligt: Östrogene,
Gestagene, Prolactin und HPL. Die Milchfreisetzung erfolgt durch den Saugreiz (weitergeleitet
über afferente Nervenfasern zum Hypothalamus), der Oxytocin freisetzt, was eine Kontraktion
der Myoepithelien der Brustdrüse bewirkt (Milchejektionsreflex). Zusätzlich wird durch den
Saugreiz nerval PRH im Hypothalamus sezerniert und gleichzeitig die Ausschüttung von
Dopamin vermindert, womit Prolactin freigesetzt wird, das die Milchsekretion anregt. Die hohen
Prolactin-Spiegel bewirken aber andererseits durch Rückkoppelung eine Erhöhung der
Dopaminsekretion. Da Dopamin auch hemmend auf die LHRH-Produktion wirkt, kommt es zum
Ausbleiben weiterer Ovulationen.
Schwangerschaftsnachweis: Durch immunologische Tests, die auf dem Nachweis von HCG im Harn
beruhen (Antigen-Antikörper-Reaktion). Positive Ergebnisse sind 35 - 40 Tage nach der letzten
Menstruation zu erwarten.
Sexualhormonspiegel beim Mann: Das LH (ICSH) stimuliert die Leydig-Zwischenzellen zu vermehrter
Testosteronproduktion, die für die Spermatogenese notwendig ist. Ein Anstieg des TestosteronSpiegels hemmt die LH- und LHRH-Sekretion (wird pulsatil ausgeschüttet) durch negative
Rückkoppelung. In den Samenkanälchen des Hodens wird durch FSH die Spermatogenese
angeregt. Gleichzeitig bilden die dort befindlichen Sertoli-Zellen das Inhibin, welches selektiv
die FSH-Sekretion in der Hypophyse inhibiert. Von den Sertoli-Zellen wird weiterhin das
Androgenbindende Protein (ABP) produziert, welches Testosteron von den Leydig- zu den
Sertoli-Zellen transportiert, wo es zu Östrogen umgewandelt wird. Somit sind Östrogene und
Androgene für die Reifung der Spermatocyten notwendig. Danach gelangen die Spermatocyten
vom Hoden in den Nebenhoden, wo die weitere Reifung erfolgt. Die Speicherung erfolgt im
wesentlichen im Samenleiter und dessen Ampullen.
50
Sympathico-adrenales System
Hormone und Hormonbildung: Adrenalin und Noradrenalin, die zur Gruppe der Catecholamine
gehören. Bildungsorte:
(1) Nebennierenmark (NNM): Bildung in den chromaffinen Zellen (lassen sich mit
Dichromsäure anfärben), Anteil des Adrenalin an der NNM-Sekretion 70 - 90 %, Rest
Noradrenalin. Beim NNM handelt es sich um ein umgewandeltes sympathisches Ganglion, das
aus modifizierten postganglionären Neuronen besteht und durch präganglionäre Axone erregt
wird.
(2) Sympathische postganglionäre Nervenendigungen: Setzen überwiegend Noradrenalin frei.
(3) Gehirn: Noradrenalin wird in verschiedenen Hirngebieten gebildet und wirkt als Transmitter
(REM-Schlaf, Belohnungszentren). Die unter (1) und (2) gebildeten Catecholamine können
jedoch wegen der Bluthirnschranke nicht in das Gehirn eindringen.
Wirkungen von Adrenalin und Noradrenalin: Grundwirkungen:
(1) Beeinflussung des Tonus und der Kontraktion der glatten Muskulatur (Gefäße, Bronchien,
Magen-Darm-Trakt) und des Herzens. Konstriktorische Effekte auf die glatte Muskulatur werden
über α-Rezeptoren vermittelt, Relaxationseffekte über ß-Rezeptoren. Noradrenalin wirkt
überwiegend auf die α-Rezeptoren, Adrenalin auf α- und ß-Rezeptoren. Die erregenden Effekte
auf den Herzmuskel werden über ß-Rezeptoren vermittelt.
(2) Beeinflussung des Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsels über ß-Rezeptoren.
Wirkungen im einzelnen:
(01) Kreislauf: Noradrenalin bewirkt in allen Gefäßgebieten (Ausnahme Koronargefäße und
Gehirn) Vasokonstriktion. Adrenalin bewirkt an den Hautgefäßen Vasokonstriktion, an den
Skelettmuskelgefäßen Vasodilatation.
(02) Herz: Adrenalin hat eine positiv chronotrope, inotrope und dromotrope Wirkung (s.
Funktion des Herzens), Noradrenalin bewirkt über eine reflektorische Vaguserregung
Bradycardie.
(03) Blutdruck: Noradrenalin bewirkt eine Steigerung des systolischen und diastolischen
Blutdrucks, Adrenalin bewirkt ebenfalls eine Steigerung des systolischen Druckes bei Konstanz
oder Senkung des diastolischen Druckes.
(04) Atmung: Noradrenalin und Adrenalin bewirken eine Erschlaffung der Bronchialmuskulatur
und Steigerung der Atemtiefe.
(05) Magen-Darm-Trakt: Noradrenalin und Adrenalin erregen die Sphincteren (Schließmuskel)
und hemmen die übrige glatte Muskulatur.
(06) Haut: Erregung der Erectores pilorum mit Aufrichten der Körperbehaarung (Adrenalin und
Noradrenalin).
(07) Auge: Erweiterung der Pupillen durch Erregung des Dilatator pupillae (Adrenalin und
Noradrenalin).
(08) Kohlenhydratstoffwechsel: Adrenalin bewirkt Steigerung des Blutglukosespiegels durch
Abbau des Leberglykogens (Antagonist des Insulins) und Steigerung der Gluconeogenese. Nur
geringe Wirkung des Noradrenalins. Beide Hormone inhibieren die Insulinsekretion.
(09) Fettstoffwechsel: Adrenalin und Noradrenalin wirken lipolytisch (Abbau der Fette mit
Anstieg der Fettsäuren im Plasma).
(10) Energieumsatz: Steigerung durch beide Hormone.
51
(11) ZNS: Adrenalin (Noradrenalin nur in geringem Maße) bewirkt Stimulierung des ARAS
(arousal reaction) mit Desynchronisierung des EEG ---> psychische Erregung und
Angstzustände. Wegen der Bluthirnschranke handelt es sich wohl nur um indirekte Wirkungen.
Steuerung der Sekretion: Sekretion von Adrenalin und Noradrenalin im NNM und von Noradrenalin an
den Nervenendigungen in Ruhe gering. Steigerung der Sekretionsrate bei Erregung des
sympathischen Nervensystems durch Belastungszustände (Stress) zusammen mit einer
gesteigerten Glucocorticoidsekretion (bewirkt ergotrope Einstellung des Organismus).
Pankreashormone und Blutzuckerregelung
Hormonbildung: In den inselförmig in der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) liegenden Langerhans-Inseln
werden die Hormone Insulin (B-Zellen), Glucagon (A-Zellen) und Somatostatin (D-Zellen)
gebildet. Hinsichtlich der Beeinflussung des Blutglukosespiegels verhalten sich Insulin und
Glucagon antagonistisch. Somatostatin inhibiert die Sekretion beider Hormone.
Wirkung des Insulins (Senkung des Blutzuckers):
(1) Leber: Unter dem Einfluß der kohlenhydratinduzierten Insulinausschüttung wird von den
Leberzellen Glukose zu Glykogen umgebaut. Weiterhin inhibiert Insulin die
glykogenabbauenden Enzyme.
(2) Muskel: Steigerung der Glukosepermeabilität der Zellen. Bei niedrigen Insulinspiegeln ist die
Muskelzelle impermeabel für Glukose und deckt ihren Energiebedarf über den
Fettsäuremetabolismus. Durch hohe Insulinspiegel wird die Muskelzelle jedoch permeabel für
Glukose und kann sie dann verbrauchen. Die Zellmembran von stark beanspruchten
Muskelzellen kann jedoch auch insulinunabhängig permeabel für Glukose werden.
(3) Nervenzellen: Die Zellen des ZNS decken ihren Energiebedarf ausschließlich durch Glukose,
dieser Prozeß ist aber insulinunabhängig.
(4) Fettstoffwechsel: Insulin stimuliert die Fettsäurebildung in der Leber und die
Aufnahmefähigkeit des Fettgewebes für freie Fettsäuren und deren Speicherung in Form von
Triglyceriden (Depotfett). Bei geringer Insulinsekretion werden die Triglyceride wieder
gespalten, indem die hemmende Wirkung des Insulins auf eine Lipase wegfällt.
(5) Proteinstoffwechsel: Insulin ermöglicht den aktiven Transport von vielen Aminosäuren in die
Zellen und so den Proteinaufbau.
Wirkung des Glucagons (Erhöhung des Blutzuckers):
(1) Abbau des Leberglykogens (Glykogenolyse), damit ein Synergist des Adrenalins.
(2) Steigerung der Gluconeogenese.
Wirkung des Somatostatins: Die Sekretion wird durch hohe Glukosespiegel, erhöhte Aminosäuren und
erhöhte Fettsäuren im Blut stimuliert. Da Somatostatin auf beide Hormone inhibitorisch wirkt,
werden überschießende Reaktionen durch Insulin oder Glucagon verhindert.
52
Regelung der Blutzuckerkonzentration: Insulin und Glucagon sind als Stellglieder innerhalb eines
Regelkreises zur Konstanthaltung des Blutglukosespiegels aufzufassen. An Störgrößen für den
Blutglukosespiegel sind zu nennen: Wechselnde Kohlenhydrataufnahme und körperliche Arbeit
(vermehrter Glukoseverbrauch). Glukoserezeptoren im Pankreas messen den Blutzuckerspiegel
(normal 80 - 100 mg/dl Blut) und steuern die Sekretionsrate der B-Zellen (Insulin). Darüber
hinaus können die B-Zellen noch durch parasympathische Innervation aktiviert und durch
sympathische Innervation gehemmt werden. Die Steuerung der Glucagonsekretion wird
möglicherweise durch Glukoserezeptoren im Hypothalamus ausgelöst, wobei das
Wachstumshormon GH als tropes Hormon für die A-Zellen wirkt. Zudem kann die
Glucagonsekretion durch Erregung des Sympathikus gesteigert werden. Bei der Regelung der
Blutzuckerkonzentration ist zu beachten, daß außer Glucagon auch das Wachstumshormon selbst
sowie das im Rahmen sympathischer Erregung ausgeschüttete Adrenalin eine
blutzuckersteigernde Wirkung haben. Darüber hinaus wirken die Glucocorticoide und die
Schilddrüsenhormone im Sinne einer Blutzuckererhöhung.
Hypoglykämie: Abfall des Blutzuckers unter 50 mg/dl Blut. Bei weiterem Absinken hypoglykämischer
Schock mit Bewußtlosigkeit (mangelnde Versorgung der Hirnzellen, für die Glukose der einzige
Energielieferant ist). Klinische Zeichen der Hypoglykämie: Schweißsekretion, Tachycardie,
Tremor, Heißhunger, Erregung. Therapie: Zufuhr von Traubenzucker (Glukose).
Hyperglykämie (Diabetes mellitus): Beruht auf Insulinmangel. Klinische Zeichen:
Blutzuckererhöhung, Zuckerausscheidung im Harn (Glukosurie, bei mehr als 180 mg/dl Glukose
im Plasma), Durst, große Harnmengen (Polyurie, osmotische Diurese), Gewichtsabnahme,
Kraftlosigkeit, Neigung zu Hautkrankheiten, Potenz- und Menstruationsstörungen. Spätfolgen
der Zuckerkrankheit: Netzhautveränderungen mit Blutungen im Augenhintergrund (evtl.
Erblindung), Nephropathie (Nierenschädigung mit erhöhtem Blutdruck und Urämie),
Neuropathie (Schmerzen, Muskelatrophie und Schwäche in den Beinen), Arteriosklerose
(Herzinfarkt, Durchblutungsstörungen). Therapie: Insulinsubstitution, in leichten Fällen orale
Antidiabetika.
Hormonale Regulation des Mineralhaushaltes
Beteiligte Hormone:
(1) Aldosteron (über Renin und Angiotensin) für Na+, K+ und H+-Ionen.
(2) Parathormon und Thyreocalcitonin (syn. Calcitonin) für den Ca++- und Phosphathaushalt.
Wirkungen des Aldosterons: Aldosteron wird in der Zona glomerulosa der NNR (Mineralocorticoid)
gebildet und hat folgende Wirkungen:
(1) Steigerung des aktiven Na+-Transports durch Zellmembranen.
(2) In der Niere Reabsorption von Na+ aus dem Tubulussystem und damit auch eine osmotisch
bedingte Wasserreabsorption.
(3) Ausscheidung von K+- und H+-Ionen in der Niere.
(4) Regelung des NaCl-Gehalts im Schweiß, Speichel und Sekreten der Darmdrüsen.
53
Steuerung der Aldosteronsekretion: Drei Bedingungen haben eine Steigerung der Aldosteronsekretion
zur Folge:
(1) gesteigerte Kaliumzufuhr,
(2) negative Na-Bilanz, z.B. verminderte NaCl-Zufuhr in der Nahrung, erhöhte NaCl-Verluste
mit dem Schweiß,
(3) Verminderung des Plasmavolumens bzw. des extrazellulären Raums durch Blutverlust oder
mangelhafte Flüssigkeitszufuhr.
Die Steigerung der Aldosteronsekretionsrate wird durch folgende Steuerungsmechanismen
bewirkt:
(1) Hormonzellen der Zona glomerulosa sprechen direkt auf Änderungen der Na+- und K+Konzentrationen im Plasma an.
(2) Aldosteronsekretion wird durch Angiotensin gesteigert, das auf dem Blutweg zur NNR
gelangt und so den Charakter eines tropen Hormons für die Aldosteronsekretion hat. Angiotensin
entsteht aus Angiotensinogen unter Einwirkung des im juxtaglomerulären Apparates gebildeten
Renins (Renin-Angiotensin-Aldosteron-Mechanismus; s. Niere).
(3) Aldosteronsekretion wird durch ACTH beeinflußt, jedoch in weit geringerem Maße als die
Glucocorticoidsekretion.
Pathophysiologie: Störungen des Elektrolyt- und Wasserhaushalts bei Unterfunktion der NNR durch
Aldosteronmangel (Addison'sche Krankheit, s. Kapitel NNR). Hyper-Aldosteronismus
(vermehrte Bildung von Aldosteron) bei NNR-Tumor mit Hypernatriämie, Hypokaliämie und
Ödemen.
Hormone des Ca++- und Phosphathaushalts: Parathormon wird in den 4 Epithelkörperchen der
Schilddrüse (Nebenschilddrüse) gebildet, Calcitonin in den sog. C-Zellen der Schilddrüse und
Vitamin-D-Hormon aus Vitamin-D in der Niere. Die Hormone können als Stellglieder in einem
Regelkreis zur Konstanthaltung des Blutcalciumspiegels aufgefaßt werden. Damit verknüpft ist
die Erhaltung des Gleichgewichts zwischen Knochenan- und Knochenabbau.
Wirkungen des Parathormons:
(1) Lösung von Ca++- und Phosphationen aus der Knochensubstanz durch Stimulierung der
Osteoklasten.
(2) Verhinderung der Bindung des Calciums an Phosphationen durch Förderung der
Phosphationenausscheidung in der Niere.
(3) Stimulierung eines Enzyms in der Niere, welches das Vitamin-D in das biologisch wirksame
Vitamin-D-Hormon überführt.
(4) Verminderung der Ausscheidung von Calciumionen in der Niere.
Wirkungen des Calcitonins:
(1) Verminderte Osteolyse und vermehrten Einbau von Calcium in den Knochen.
(2) Verlangsamung von Verdauungsprozessen (Magenentleerung, Sekretion des Pankreas), um
Calciumaufnahme zu ermöglichen.
Wirkung des Vitamin-D-Hormons:
Das mit der Nahrung aufgenommenen Vitamin-D ist ein Prohormon. Bei zu niedrigen
Calciumkonzentrationen im Blut wird verstärkt Parathormon ausgeschüttet, wodurch mehr
Vitamin-D-Hormon in der Niere gebildet wird. Dieses erhöht am Darmepithel die
Calciumresorption.
54
Steuerung von Parathormon und Calcitonin: Die Zellen der Nebenschilddrüse reagieren auf
Änderungen der Ca++-Konzentration mit einer Änderung ihrer Parathormonsekretion, wobei die
negative Rückkoppelung über das Vitamin-D-Hormon erfolgt. Die Steuerung des Calcitonins
erfolgt in ähnlicher Weise. Erhöhung des Ca++-Spiegels stimuliert unmittelbar die
Hormonsekretion der C-Zellen. Darüber hinaus werden die C-Zellen nach Nahrungsaufnahme
von den gastrointestinalen Hormonen Gastrin und Cholecystokinin stimuliert.
Tetanie: Senkungen des Blutcalciumspiegels lösen eine Erhöhung der neuromuskulären Erregbarkeit
aus. Schon leichte elektrische oder mechanische Reize (Beklopfen eines motorischen Nerven)
bewirken eine Kontraktion der Skelettmuskulatur. Krämpfe können auch spontan auftreten. Tod
durch Kontraktion der Atem- und Kehlkopfmuskulatur. Entscheidend für das Auftreten der
tetanischen Krämpfe ist die Höhe des ionisierten Ca++ im Blutplasma, das mit dem an Eiweiß
gebundenem Ca im Gleichgewicht steht. Dieses Gleichgewicht ist abhängig vom Blut-pH. Bei
zunehmendem Blut-pH (Alkalose) nimmt der Anteil von Ca++ ab. Bei latenter Tetanie kann
schon eine willkürliche Hyperventilation (Bewirkt Senkung des CO2-Partialdrucks im Blut und
damit Alkalose) einen tetanischen Anfall auslösen (Hyperventilationstetanie).
Hyperparathyreoidismus: Bei Geschwülsten der Nebenschilddrüse mit Überproduktion von
Parathormon entsteht eine Hypercalcämie. Hierbei treten Kalkeinlagerungen in den Gefäßen und
in der Niere auf (Nierensteinleiden).
Grenzbereiche des endokrinen Systems
Enterohormone (syn. gastrointestinale Hormone): Verschiedene Stoffe, die für die Verdauungsfunktion
von Bedeutung sind: Gastrin, Secretin, Entero-Oxyntin und Cholecystokinin (s. Funktion des
Magen-Darm-Kanals).
Gewebshormone: Stoffe, die nicht in speziellen endokrinen Organen, sondern „irgendwo im Gewebe“
gebildet werden. Problematischer Begriff, da scharfe Abgrenzungen zu Enterohormonen und
Neurotransmittern nicht möglich sind. Nachfolgend werden einige Stoffe erwähnt, deren
Klassifizierung schwierig ist, und die gelegentlich noch als Gewebshormone bezeichnet werden:
Prostaglandine: Wurden zunächst in den Samenblasen (produzieren zusammen mit der Prostata die als
Träger der Spermien dienende Samenflüssigkeit) gefunden, inzwischen sind sie aber in nahezu
allen Organen, so auch im Gehirn, nachgewiesen worden. Vielfältige Wirkungen der
Prostaglandine: Z.B. Hemmung der Gelbkörperfunktion, Störung der Thrombozytenverklebung,
Hemmung der Magensaftsekretion, Vermittlung der Wirkung von bakteriellen fiebererregenden
Stoffen (Pyrogene).
Serotonin: Wird an den Nervenendigungen bestimmter Hirnbezirke (Hypothalamus, Raphe-Kerne)
freigesetzt. Kommt auch in Thrombozyten vor, wird bei Verletzungen freigesetzt und hat eine
vasokonstriktorische Wirkung (Blutstillung).
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Histamin: Entsteht beim Ablauf von Antigen-Antikörperreaktionen und löst einen Teil der allergischen
Reaktionen (Hautrötung, Hautjucken, Quaddelbildung) aus. Auch in Hypophyse und
Hypothalamus nachgewiesen (Neurotransmitter?).
Bradykinin: Wird zusammen mit dem Schweiß freigesetzt und vermittelt Vasodilatation bestimmter
Gefäßgebiete im Rahmen der Thermoregulation.
Niere: Erythropoetin wird im juxtaglomerulären Apparat der Niere gebildet und regt die Erythropoese
(Erythrozytenneubildung) an. Auf die Hormone Renin und Vitamin-D-Hormon sei nochmals
hingewiesen.
Thymus: Dieses hinter dem Brustbein gelegene Organ produziert eine Reihe von Peptiden. Man nimmt
an, daß diese Peptide bei immunologischen Abwehrmechanismen eine Rolle spielen (vgl.
Funktion des Blutes).
Epiphyse (Pinealorgan oder Zirbeldrüse): Das Corpus pineale ist eine Ausstülpung des dritten
Ventrikels. Produziert Melatonin, das eine Aggregation der Melaningranula in den Melanozyten
der Haut bewirkt und so zu einer Entpigmentierung führt; somit Antagonist des in der
Hypophyse gebildeten MSH. Melatonin soll auch die LHRH-Freisetzung hemmen und damit die
Gonadotropinsekretion und die Aktivität der Keimdrüsen. Dieser Befund ist wichtig für das
Verständnis der jahresperiodischen Fruchtbarkeit vieler Säuger. Beim Menschen soll die
Sexualentwicklung vor der Pubertät durch Melatonin unterdrückt werden. Epiphysenzerstörung
kann bei jugendlichen Menschen zu vorzeitiger Geschlechtsreifung (Pubertas praecox) führen.
Gehirnanatomie
Literatur: Sobotta-Becher: Atlas der Anatomie des Menschen Bd III.
Anatomische Gliederung:
1 Telencephalon = Großhirn
2 Diencephalon = Zwischenhirn
3 Mesencephalon = Mittelhirn
4 Metencephalon = Hinterhirn
5 Medulla oblongata
1 + 2 = Prosencephalon oder Vorderhirn
3 + 4 + 5 = Hirnstamm = Truncus cerebri (physiologisch)
4 + 5 = Rhombencephalon = Rautenhirn
Telencephalon (Cerebrum): Hirnmantel, Stammganglien (Nucleus caudatus = Schweifkern und
Nucleus lentiformis = Linsenkern, der wiederum aus Putamen und Pallidum besteht; N. caudatus
und Putamen zusammen werden oft auch als Striatum bezeichnet), Riechhirn (Rhinencephalon),
Balken (Corpus callosum), Gewölbe (Fornix) und Septum. Diese Strukturen zusammen bilden
die paarige Großhirnhemisphäre.
56
Diencephalon: Thalamus und Hypothalamus.
Mesencephalon: Hirnschenkel (Pedunculi cerebri), Tegmentum (Haube) und Vierhügelplatte (Lamina
tecti oder Tectum).
Metencephalon: Brücke (Pons) und Kleinhirn (Cerebellum).
Medulla oblongata (Myelencephalon): = verlängertes Mark, zwischen Pons und Pyramidenkreuzung
gelegen. Geht ohne scharfe Grenze in das Rückenmark über.
Limbisches System: Funktionssystem, das sowohl Anteile der Großhirnrinde als auch
Stammhirnanteile umfaßt. Wesentliche Strukturen: Gyrus cinguli, Hippocampus, Mandelkerne
(Amygdala), Septum, Riechhirn, limbic midbrain area, Fornix, mediales Vorderhirnbündel, Teile
des Hypothalamus.
Formatio reticularis: Zieht sich durch den ganzen Hirnstamm bis zum Hypothalamus und stellt eine
netzförmige, histologisch wenig gegliederte Nervenmasse dar. Stellenweise treten
Zellverdichtungen auf, wie z.B. der Nucleus ruber. Es lassen sich vor allem 3 Aufgabengebiete
unterscheiden:
(1) Die Retikularisformation erhält Impulse über Kollateralen von allen Sinneskanälen, die
verstärkt oder gehemmt werden können. Die zur Großhirnrinde oder zum limbischen Kortex
weitergeleiteten Erregungen bewirken eine Aktivierung (ARAS = aufsteigendes reticuläres
Aktivierungssystem).
(2) Durch ihre extrapyramidalen Kerngruppen (z.B. Nucleus ruber und niger) gewinnt die
Retikularisformation Einfluß auf die sensomotorischen Systeme des Rückenmarks. Dabei
können reflexhemmende und reflexfördernde Areale unterschieden werden, die vornehmlich auf
die Gamma-Motoneuronen in den Vorderhörnern einwirken (z.B. Tractus reticulospinalis).
(3) In die Retikularisformation des Mittel- und Rautenhirns sind auch zahlreiche vegetative
Kerngruppen eingelagert (z.B. Atmungszentrum, Kreislaufzentrum).
Einteilung des Hirnmantels: Jede Großhirnhemisphäre unterteilt sich in vier Lappen (Lobus):
Stirnlappen (L. frontalis), Scheitellappen (L. parietalis), Schläfenlappen (L. temporalis) und
Hinterhauptlappen (L. occipitalis). Die Lappen werden durch Einschnitte (Sulcus) voneinander
getrennt. Jeder Lappen besteht aus mehreren Windungen (Gyrus).
Ventrikelsystem: Das Gehirn enthält im Innern vier Hohlräume, die Hirnkammern oder Ventrikel. Sie
stehen untereinander und mit dem Zentralkanal des Rückenmarks in Verbindung. Zwei Ventrikel
gehören dem Großhirn an und liegen paarig als Seitenventrikel in den Großhirnhemisphären. Der
dritte Ventrikel ist unpaarig und gehört zum Zwischenhirn. Der vierte Ventrikel ist der Hohlraum
des Rautenhirns. Alle Hirnkammern sind mit Flüssigkeit ausgefüllt, dem Liquor. Im Bereich des
vierten Ventrikels steht diese Flüssigkeit in Kommunikation mit jener Flüssigkeit, die das Gehirn
als ganzes umgibt.
Hirnnerven: s. Schmidt, R.F. (Hrsg.) (19855). Grundriß der Sinnesphysiologie. Berlin: Springer (S.
94). Nehmen Sie bitte auch den später folgenden Kommentar zur Literatur zur Kenntnis.
Subcorticale vegetative „Zentren“:
Inspirationszentrum: Ventral in der Retikularisformation der Medulla oblongata, beeinflußt reziprok
des Exspirationszentrum.
Exspirationszentrum: Dorsal in der Retikularisformation der Medulla oblongata, beeinflußt reziprok
das Inspirationszentrum.
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Pneumotaktisches Zentrum: Retikularisformation der Pons, beeinflußt beide oben genannten Zentren.
Pressorisches Kreislaufzentrum: Laterale Retikularisformation der Medulla oblongata, Reizung führt
zu Blutdrucksteigerung.
Depressorisches Kreislaufzentrum: Ventral in der Retikularisformation der Medulla oblongata,
Reizung führt zu Blutdruckabfall.
Schluckzentrum: Rostrales Drittel der Retikularisformation der Medulla oblongata, Koordination der
Phasen des Schluckaktes und Erbrechen.
Schlafzentrum: Massa intermedia des Thalamus und Retikularisformation des Mittelhirns, Ausfall
führt zum Dauerwachzustand.
Weckzentrum: Retikularisformation des Mittelhirns und viele andere Stellen des ARAS, Ausfall führt
zum Dauerschlaf.
Durstzentrum: Vorderer Hypothalamus, Reizung der Osmorezeptoren (durch Erhöhung der
Salzkonzentration im Blut bzw. Extrazellulärraum) führt zu Durst und Ausschüttung von
Adiuretin.
Hungerzentrum: Ventro-lateraler Hypothalamus, Ausfall führt zur Verweigerung der
Nahrungsaufnahme und zum Tod durch Verhungern.
Sättigungszentrum: Ventro-medialer Hypothalamus, Ausfall führt zu extremer Fettsucht.
Thermoregulationszentrum: Hinterer Hypothalamus, Ausfall führt zu Poikilothermie.
Sexualzentrum: Medialer Hypothalamus, regelt die Abgabe der Releasing-Hormone für die
gonadotropen Hormone aus dem HVL, Ausfall führt zu Hypogenitalismus.
Wut-, Aggressions- und Fluchtzentren: Caudaler Hypothalamus; Reizung in diesem Bereich führt im
Tierversuch zum Fauchen, Knurren, Bellen etc. mit Angriffen auf den Experimentator oder
Fluchtversuch; Ausfall erzeugt Bewegungsunlust, Schlafsucht und Indifferenz im Verhalten; die
vegetativen Reaktionen während des Abwehrverhaltens (Blutdruckzunahme, Abnahme der
Darmbewegung, etc.) können durch die Änderung der Aktivität des Sympathikus erklärt werden.
Bemerkungen zum Begriff „Zentrum“: Der Begriff soll hier nur zur didaktischen Vereinfachung
verwendet werden. Es muß darauf hingewiesen werden, daß die lokalisationistische
Betrachtungsweise weitgehend überholt ist, d.h. eine eindeutige Zuordnung Funktion - Zentrum
nicht haltbar ist. Vielmehr sind ähnliche Reaktionen bzw. Empfindungen häufig von vielen
Stellen eines Funktionssystems durch Hirnreizung auslösbar.
Wichtige Projektionsfelder der Großhirnrinde („Zentren“):
Stirnlappen:
Motorisches Projektionsfeld: Gyrus praecentralis, Ursprung der Pyramidenbahn, somatotopisch
gegliedert (motorischer Homunkulus). Ausfall: Verlust der Willkürmotorik.
Motorisches Sprachzentrum (Broca): Gyrus frontalis inferior. Ausfall: Motorische Aphasie = beim
erhaltenen Sprachverständnis sind Spontansprechen und Nachsprechen gestört oder aufgehoben.
Schreibzentrum: Gyrus frontalis medialis. Ausfall: Agraphie = Schreibstörung.
Tertiäre motorische Rindenfelder: Pol des Frontallappens. Ausfall: Perseverationstendenz bzw.
mangelnde Umstellfähigkeit, Zerfall von Verhaltensplänen, starke Auswirkung proaktiver
Hemmung.
Scheitellappen:
Sensorisches Projektionsfeld: Gyrus postcentralis, Ende des Tractus thalamocorticalis
(Hinterstrangbahn, lemniscales System), somatotopisch gegliedert (sensorischer Homunculus).
Ausfall: Verlust der Oberflächensensibilität (Druck, Berührung, Temperatur).
58
Lesezentrum: Gyrus angularis. Ausfall: Alexie = Leseunfähigkeit. Lesen von geschriebener oder
gedruckter Schrift nicht möglich, dagegen können durch Abtasten der Buchstaben mit den
Fingern Worte entziffert werden (optisches Sprachzentrum).
Gustatorisches Projektionsfeld: Operculum parietale, Ende der Geschmacksbahn. Ausfall: Ageusie =
Aufhebung des Geschmackvermögens.
Hinterhauptlappen:
Optisches Projektionsfeld: Calcarina-Rinde, Ende der Sehbahn. Ausfall: Rindenblindheit.
Optische Assoziationsfelder: Gyri occipitalis superior, medialis und inferior. Ausfall: Optische
Agnosie = Unfähigkeit, trotz guten Lichtsinns, genügender Sehschärfe, etc. einen optischen
Gesamteindruck zu erfassen; gezeigte Gegenstände werden nicht erkannt.
Schläfenlappen:
Akustisches Projektionsfeld: Heschl'sche Querwindungen, Ende der Hörbahn. Ausfall: Rindentaubheit.
Sensorisches Sprachzentrum (Wernicke): Gyrus temporalis superior. Ausfall: Sensorische Aphasie =
bei ungestörter Spontansprache Aufhebung des Sprachverständnisses; Gehörtes wird nicht
verstanden und kann nicht nachgesprochen werden.
Zentrum für Informationsspeicherung (Gedächtnis): Hippocampus. Ausfall: Unfähigkeit, neues
Material über mehr als eine Minute zu behalten, starke Auswirkung retroaktiver Hemmung.
Olfaktorisches Projektionsfeld: Riechhirn (Hippocampus), Ende der Riechbahn. Ausfall: Anosmie =
Aufhebung des Geruchsvermögens.
Störungen der Hirnfunktion bei Erkrankungen und Verletzungen des Gehirns
Literatur: Spoerri, T. (19758). Kompendium der Psychiatrie. Basel: Karger.
Dörner, K. & Plog, U. (1982). Irren ist menschlich oder Lehrbuch der
Psychiatrie/Psychotherapie. Rehburg-Loccum: Psychiatrie-Verlag.
Weltgesundheitsorganisation (1991). Internationale Klassifikation psychischer Störungen. ICD10, Kapitel V (F). Herausgegeben von H. Dilling, W. Mombour & M.H. Schmidt. Huber: Bern.
Vorbemerkung: Mit der ICD-10 wurde die Klassifikation der psychischen Störungen radikal verändert
und die frühere Klassifikation aufgegeben. Auf eine Darstellung der Systematik kann hier
verzichtet werden. Gleichwohl existieren in der Klinik eine Reihe von Begriffen und Syndromen,
die man kennen sollte.
Delir: Bewußtseinstrübung, Desorientiertheit, Halluzinationen, wahnhafte Ideen (z.B. Delirium
tremens = bei Alkoholismus, Fieberdelirium).
Dämmerzustand: traumhafte Bewußtseinseinengung (z.B. epileptischer Dämmerzustand).
Benommenheit: Verschiedene Grade von Somnolenz (= krankhafte Schläfrigkeit) bis zum Koma (z.B.
Infektionspsychosen).
Durchgangssyndrome: kennzeichnen den Beginn bzw. Rückbildung einer hirnorganischen Schädigung
(z.B. depressives Syndrom).
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Apallisches Syndrom: Nimmt eine Sonderstellung unter den Folgezuständen nach Hirntrauma ein.
Funktionelle Trennung von Hirnstamm und Hirnmantel (= Pallium), bedeutet Dezerebration.
Symptome: Rigor, Spastik, Krämpfe, orale Automatismen (z.B. Leerlaufsaugbewegungen).
Körperliche Ursachen von Störungen der Hirnfunktion:
Frühkindliche Hirnschäden: Ursachen: Intrauterin (z.B. mangelnde Sauerstoffversorgung),
geburtstraumatisch (z.B. Stauung der Hirnnerven unter der Geburt mit Hirnödem), postnatal
(meist Infektionskrankheiten). Symptome: Motorische Defekte, Intelligenzdefekte; bei
leichtgradigen Schädigungen Stimmungslabilität, Distanzstörungen, Schwererziehbarkeit,
Stottern, Enuresis. Leichte Schäden sind oft nur schwer diagnostisch zu sichern.
Körperkrankheiten mit Hirnbeteiligung: Infektionskrankheiten (z.B. Pneumonie, Typhus),
Herzkrankheiten (bedingen Hypoxie des Gehirns). Hierher gehören auch die endokrinen
Psychosyndrome (= psychische Störungen bei Erkrankungen der endokrinen Drüsen, z.B.
Hyperthyreose mit Übererregbarkeit, Unruhe und Stimmungsschwankungen).
Ernährungsmängel: Hungerdystrophien (aufgrund von Eiweißmangel kommt es zu Ödemen) in
Kriegszeiten, etc. können zu einer Funktionsstörung des Gehirns führen.
Postoperative Störungen: Meist akut. Ursachen: Blutverlust, Elektrolytstörungen, Infektionen,
Narkose, mangelhafte präoperative Vorbereitung (Angst, mangelnde Bearbeitung der
Operationsfolgen).
Akute und chronische Vergiftungen: Medikamente (z.B. Corticosteroide, Antibiotika,
Tuberkulostatika), industrieübliche Lösungsmittel, Schwermetalle (vor allem Blei),
Kohlenmonoxid und Leuchtgas, Drogenabhängigkeit, Alkoholismus. Alle genannten Ursachen
können zu akuten oder chronischen Störungen der Hirnfunktion führen.
Entzündliche Hirnkrankheiten: Früher vor allem die Syphilis (Lues), seit 1943 mit Penicillin gut zu
behandeln, Tendenz in jüngster Zeit wieder steigend. Nach dem zeitlichen Ablauf unterscheidet
man frühluische Meningitis (wenig auffällige Symptome), Lues cerebrospinalis (3 - 5 Jahre nach
Infektion, Erweichungsherde im Gehirn durch Gefäßverschlüsse) und progressive Paralyse
(chronische Encephalitis mit Rindenatrophie) oft zusammen mit Tabes dorsalis (Degeneration
der Hinterwurzeln des Rückenmarks mit sensiblen Ausfallserscheinungen). - Heute praktisch
wichtig die Meningitis (Hirnhautentzündung) oft kombiniert mit Encephalitis (Hirnentzündung).
Ursachen: Viren, Bakterien, Mittelohrentzündung, offene Hirnverletzung. Symptome:
Nackensteifigkeit, Kopfschmerzen, Bewußtseinstrübung. - Multiple Sklerose:
Entmarkungsschäden im gesamten ZNS. Verlauf sehr wechselnd. Folgen: Sehschwäche,
Lähmungen, Blasenstörungen.
Traumatische Hirnschäden: Bei der Commotio (Hirnerschütterung) anatomisch nicht faßbare
Hirnschädigung ohne Dauerfolgen; meist durch stumpfe Gewalteinwirkung. Symptome:
Bewußtlosigkeit (kurzdauernd), retrograde und anterograde Amnesie (keine Erinnerung an eine
kurze Zeit vor und nach dem Unfall), Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Durchgangssyndrom.
Contusio (Hirnquetschung) anatomisch faßbar mit Rindenprellungsherd am Ort der
Gewalteinwirkung und am Gegenpol (contre-coup), Hirnödem und Zirkulationsstörungen.
Symptome: Längere Bewußtlosigkeit, längere Amnesie, Krämpfe, Blutungen aus
Schädelöffnungen, akut-organisches Psychosyndrom („Contusionspsychose“). Als Folge häufig
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traumatische Epilepsie.
Hirnhautblutungen: Beim Epiduralhämatom Blutansammlung zwischen Hirnhaut und
Schädelkalotte durch Verletzung der Meningealarterien, beim subduralen Hämatom venöse
Sickerblutung (weniger dramatisch). Auslösendes Trauma bei vorgeschädigten Gefäßen oft
gering, typisch das sog. „freie Intervall“ nach der Initialsymptomatik, danach schnelle
Verschlechterung des Zustandes. Kompression einer Hirnhälfte mit Einklemmen des
Hirnstamms durch die Blutung (Kreislauf- und Atemzentrum in der Medulla oblongata!).
Therapie: Schädeltrepanation.
Hirntumoren: Diese raumfordernden Prozesse bedingen Herdsymptome (unterschiedliche Ausfälle, s.
„Großhirnzentren“) bzw. Massenverschiebungen (Einklemmen des Hirnstamms). Symptome:
Kopfschmerzen, häufig epileptische Anfälle, Persönlichkeitsveränderungen.
Hirngefäßkrankheiten: Synonyme Cerebralsklerose, Hirnarteriosklerose. Häufigste Ursache von
Störungen der Hirnfunktion, vor allem im Alter. Es kommt zu Ischämie mit Zerfall von
Hirnsubstanz. Symptome: Schwindel, Ohrensausen, Schlafumkehr, Verwirrtheitszustände. Meist
erhöhter Blutdruck. In diesem Zusammenhang auch häufig apoplektischer Insult (Schlaganfall).
Hirngewebskrankheiten: Hirnatrophische Prozesse verschiedener, hier nicht spezifizierter Ursache.
Folge: Präsenile und senile Demenz. Symptome: Merkschwäche (Altgedächtnis intakt),
Wortfindungsstörungen, Urteilsschwäche, Desorientiertheit.
Epilepsie: Charakterisiert durch wiederholte Anfälle, psychische Veränderungen und pathologische
Abläufe im EEG. Zwei Hauptformen: Genuine Epilepsie (erbliche Belastung scheint
Hauptursache zu sein) und symptomatische Epilepsie (z.B. Hirntumor, traumatische
Hirnschädigung).
Kleinere epileptische Anfälle: Bevorzugt in einem bestimmten kindlichen oder jugendlichen
Lebensalter, gebunden an verschiedene Reifungsstadien des Gehirns. Z.B. Blitz-Nick-SalaamKrämpfe (BNS, in den ersten 3 Lebensjahren; Vorwärtsbewegung des Kopfes, Einschlagen der
Arme; Bewußtseinstrübung; meist als Folge einer frühkindlichen Hirnschädigung) und
Pyknolepsie (= Petit Mal, 6. - 10. Lebensjahr; indifferente Absence; kein Hinstürzen; gehört zur
genuinen Epilepsie).
Großer epileptischer Anfall (= Grand Mal): Häufig durch Aura (halluzinatorische
Wahrnehmungen) eingeleitet; Hinstürzen mit Verletzungsgefahr, tonische Krampfstadien gefolgt
von rhythmisch klonischen Zuckungen, Terminalschlaf.
Allgemeine psychische Veränderungen: Im Denken und Handeln langsam, umständlich,
weitschweifig, affektiv monoton mit Neigung zu explosiven Ausbrüchen, Neigung zu
überwertigen Ideen.
Physiologische Grundlagen von Drogenabhängigkeit und Alkoholismus
Literatur: Spoerri (s.o.), Dörner & Plog (s.o.), WHO (s.o.) und Bösel, R. (1981). Physiologische
Psychologie. Berlin: de Gruyter.
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Drogenabhängigkeit (WHO): Zustand periodischer oder chronischer Vergiftung durch ein
zentralnervös wirkendes Mittel, der zu seelischer oder seelischer und körperlicher Abhängigkeit
von diesem Mittel führt und der das Individuum und/oder die Gesellschaft schädigt.
Die ICD-10 listet die folgenden Störungen auf:
F 1 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen
F 10 Störungen durch Alkohol
F 11 Störungen durch Opioide
F 12 Störungen durch Cannabinoide
F 13 Störungen durch Sedativa oder Hypnotika
F 14 Störungen durch Kokain
F 15 Störungen durch andere Stimulantien einschließlich Koffein
F 16 Störungen durch Halluzinogene
F 17 Störungen durch Tabak
F 18 Störungen durch flüchtige Lösungsmittel
F 19 Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper
Substanzen
Hier sollen nur ein paar besonders wichtige Störungen genannt werden.
Typ Morphin: Opium, gewonnen aus den Kapseln des Schlafmohns, besteht aus einer Mischung
verschiedener Opiatsubstanzen. Hauptwirkstoff ist das Morphin. Härteste Droge ist das Heroin,
andere Opiate in Hustenmitteln (Kodein). Wirkort: Limbisches System, neuronale Schmerzfilter
des Rückenmarks (Afferenzen von Schmerzrezeptoren werden nicht weitergeleitet). Wirkung:
Euphorie, nach 1 - 4 Std. Verstimmungszustand. Starke Dosissteigerung erforderlich durch
Toleranz (= zelluläre Gewöhnung, beschleunigter Abbau, verzögerte Resorption), starke
Entzugssymptome (Bauch- und Gliederschmerzen). Folgen: Beschaffungskriminalität, Hepatitis
und AIDS (verunreinigte Spritzen), Infektionsanfälligkeit, Tod durch Überdosierung.
Rückfallquote oft 100 %. Chance nur in Therapieketten unter rigoroser Aufsicht.
Typ Cocain: Vorkommen in den Blättern des Coca-Strauches. Konsum durch Kauen der Blätter (=
Cocaismus, bei peruanischen Indianern; relativ ungefährlich, da nur eine anregende Substanz
aufgenommen wird) und Spritzen bzw. Schnupfen (= Cocainismus, hierbei wird Cocain
wirksam). Cocain erzeugt starke Abhängigkeit, hohe Dosissteigerung. Anstieg unspezifischer
Aktivierung durch die Formatio reticularis. Wirkung: Bei erster Dosis Angstzustand; später
anregend mit subjektivem Gefühl der Leistungssteigerung, nach ca. 60 Minuten Mißmut mit
Depressionen. Abstinenzsymptome: Schlaflosigkeit, Herzklopfen, Angstsymptome.
Typ Cannabis: Vorkommen in den Blütenspitzen von Hanfpflanzen. Harz der Blütenspitzen =
Haschisch, getrocknete Blüten und Blätter = Marihuana. Beides kann geraucht werden. Wirkstoff
Cannabinol. Wirkung auf das limbische System und die Formatio reticularis.
Wahrnehmungseinschränkung mit Übersteigerung einzelner Reize (Illusionen), euphorische
Grundstimmung, Dauer des Rauschzustandes ca. 2 Std. Körperliche Gefahren: Entzündung von
Mund, Hals und Bindehaut durch Austrocknen, Kreislaufbelastung, hoher Teergehalt der
Hanfblätter, Zyklusstörungen, Störungen der Spermienproduktion. Cannabis wird häufig als
Einstiegsdroge angesehen.
Typ Amphetamin: Alle Weckamine sind mit Amphetamin und dieses wiederum mit Adrenalin
chemisch verwandt. Gehandelt werden Weckamine (z.B. Captagon) und Appetitzügler (z.B.
Ritalin). Wirkung: Stimulation der Formatio reticularis mit Erregung des Cortex, Unterdrückung
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der Müdigkeit, Erhöhung der Aufmerksamkeit, Unterdrückung des Hungers. Je nach Dosis
Wirkung zwischen 1 - 8 Std., gefolgt von bleierner Müdigkeit. Leistungen quantitativ
beeindruckend, qualitativ unterdurchschnittlich. Hohe Toleranz, die starke Dosissteigerungen
nötig macht. Mißbrauch führt zu Schlaflosigkeit und Verfolgungsvorstellungen.
Typ Barbiturate/Alkohol: Barbiturate, Analgetika und Alkohol haben ähnliche Intoxikations- und
Abstinenzsymptome. Alkohol wirkt wie andere Beruhigungsmittel unspezifisch dämpfend im
ZNS. An den Neuronen wird durch Hyperpolarisation die Erregungsschwelle heraufgesetzt. Bei
geringen Dosen: Hautrötung, aufsteigende Wärme, Wohlbefinden, Störung der Augenmotorik.
Bei höheren Dosen: Störungen der Sprachmotorik, motorische Koordinationsstörungen,
Aufmerksamkeitsmängel, herabgesetzte Schmerzempfindung. Bei mehr als 2 %o: Reduktion der
corticalen Selbstkontrolle, Störung von Atem- und Kreislaufzentren, Koma. Folgen des
chronischen Alkoholkonsums: Abbau von Hirnsubstanz durch Einschränkung der O2Versorgung, Leberschäden, Herzschäden, Alkoholpsychosen (Delirium tremens,
Alkoholhalluzinose, Korsakow-Syndrom). Delirium tremens: Bewußtseinstrübung,
Desorientiertheit, Bewegungsdrang, Halluzinationen („weiße Mäuse“), Tremor; Behandlung mit
Distraneurin. Alkoholhalluzinose: Gehörshalluzination bei ungestörtem Bewußtsein. KorsakowSyndrom: Merkfähigkeitsstörungen, Desorientiertheit, Neigung zu Konfabulationen, entwickelt
sich aus dem Delirium tremens.
Typ Halluzinogene: Chemische Grundstruktur aller Halluzinogene ist der Indolring. Vorkommen: LSD
(1943 synthetisiert), Mescalin (mexikanisches Kaktusgift). Wirkung auf das limbische System
und die Formatio reticularis. Nach Injektion von LSD bzw. Aufnahme durch den Mund tritt
zunächst eine Katerphase mit Brechreiz auf, später tritt der „psychedelische Zustand“ mit Farbund Formvisionen ein. Diese Halluzinationen sind stimmungsabhängig; es handelt sich um eine
Neubewertung von Sinneseindrücken. Keine Abstinenzerscheinungen, keine körperliche
Abhängigkeit, keine eindeutigen körperlichen Schäden. Allerdings ist die Auslösung
psychotischer Phasen (Typ Schizophrenie) möglich.
Typ Khat: Vorkommen in der Khat-Pflanze (Äthiopien). Wird als Tee genossen. Pharmakologisch mit
den Weckaminen verwandt. Ähnliche Symptomatik wie beim Amphetamin, jedoch schwächer.
Physiologisch-biochemische Wirkungen von Psychopharmaka
Literatur: Linden, M. & Manns, M. (1977). Psychopharmakologie für Psychologen. Salzburg: Müller.
Psychotrope Pharmaka: „Psychopharmaka im weiteren Sinne“. Es handelt sich um Substanzen, die
eine obligatorische Wirkung auf die Psyche haben. Die folgende Einteilung entspricht der
Hauptwirkung:
(01) Analgetika = Schmerzmittel: Schmerzhemmend, entzündungshemmend.
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(02) Hypnotika = Schlafmittel: In geringen Dosen sedativ-beruhigend, in mittleren Dosen
schlaffördernd, in hohen Dosen narkotisch = betäubend.
(03) Narkotika = Narkosemittel: Bewirken reversiblen Bewußtseinsverlust, Schmerzfreiheit,
Erschlaffung der Muskulatur.
(04) Antiemetika = Anti-Brechmittel: Verhindern Erbrechen in Zusammenhang mit
Bewegungskrankheiten (Kinetosen).
(05) Antiepileptika: Setzen die Krampfschwelle des ZNS herauf.
(06) Analeptika: Wirken zentral erregend, z.B. Anregung des Atemzentrums, in höheren Dosen
Krampfgifte.
(07) Psychoanaleptika: Allgemeine Anregung psychischer Funktionen, z.B. Amphetamin, Coffein.
(08) Euphorika: Erhöhen die Stimmungslage.
(09) Psychodysleptika = Psychotomimetika = Halluzinogene: Erzeugen psychoseähnliche Zustände mit
Halluzinationen (z.B. LSD).
(10) Antidepressiva: Zur Therapie bei Depressionen.
(11) Neuroleptika = Major tranquilizer: Zur Behandlung psychischer Zustände vorwiegend aus dem
schizophrenen Formenkreis.
(12) Tranquilizer = Sedativa = Minor tranquilizer: Dämpfung von Angst- und Spannungszuständen.
Antidepressiva, Neuroleptika und Tranquilizer bilden die Gruppe der „Psychopharmaka im
engeren Sinne“, die vorwiegend in der Psychiatrie eingesetzt werden.
Neuroleptika: Beeinflussen schizophrene Zustandsbilder positiv. Substanzklassen: ButyrophenonDerivate (z.B. Haldol, vorrangig antipsychotische Wirkung bei geringer Sedierung) und
Phenothiazin-Derivate (z.B. Psyquil; diese Derivate lassen sich in 3 chemische Untergruppen
gliedern, die je nach Seitenkette mehr sedierend oder mehr antipsychotisch wirken).
Wirkungsmechanismus: Phenothiazine und Butyrophenone führen zu einer Verminderung von
Dopamin (Vorstufe von Adrenalin und Noradrenalin, dient selbst auch als Transmitter) an den
Dopamin-Rezeptoren der subsynaptischen Membran durch Blockierung der Rezeptoren.
Allerdings ist noch offen, ob dieser Mechanismus die psychischen Wirkungen erklären kann.
Fest steht jedoch, daß die Neuroleptika die Wirkungen von Psychodysleptika (LSD im Rahmen
der sog. Modellpsychose) antagonistisch beeinflussen.
Nebenwirkungen: Extrapyramidale Symptome: Störungen des Bewegungsablaufs, Erhöhung des
Muskeltonus (neuroleptisch bedingter Parkinsonismus); vegetative Symptome:
Blutdrucksenkung, Übelkeit.
Antidepressiva: Trizyklische Antidepressiva (chemische Formel besteht aus 3 Ringen, wichtigste
Gruppe, Beispiel Laroxyl), tetrazyklische Antidepressiva (4 Ringe, Beispiel Ludiomil),
Monoaminooxydase-Hemmer (Beispiel Jatrosom) und Lithiumsalze. Trizyklische und
tetrazyklische Antidepressiva haben vor allem stimmungsaufhellende Wirkung (Thymoleptika),
MAO-Hemmer wirken vorwiegend antriebssteigernd (Thymeretika).
Wirkungsmechanismus: Diskutiert wird die Aminmangel-Hypothese. Antidepressiva verhindern
den Abbau der aus den praesynaptischen Speichern freiwerdenden Neurotransmitter. MAOHemmer blockieren dabei die Mono-Amin-Oxydase, die die Neurotransmitter abbaut; die
trizyklischen Antidepressiva blockieren den Rücktransport der Neurotransmitter aus dem
synaptischen Spalt in die Speicher. Dadurch steigt die Konzentration der Neurotransmitter im
synaptischen Spalt.
Nebenwirkungen: Psychische Nebenwirkungen: Erhöhung der Suizidalität vor allem bei primär
antriebssteigernden Antidepressiva. Vegetative Symptome: Störung der Speichelsekretion.
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Tranquilizer: Indikation bei neurotischen Störungen mit deutlicher Angstkomponente (z.B.
Gespanntheit, Angst, Unruhe, hypochondrische Beschwerden, Phobien etc.). Wichtigste Gruppe
die Benzodiazepine (z.B. Librium, Valium).
Wirkungsmechanismus: Wirkungsort das limbische System, das für die affektive Färbung des
Gesamtverhaltens verantwortlich ist. Spontanaktivität des limbischen Systems bleibt
unbeeinflußt, überschießende Erregung wird jedoch abgebremst.
Nebenwirkungen: Schwindel, Benommenheit, Übelkeit. Abhängigkeit ist bei chronischer
Einnahme möglich.
Überblick über den Stoff der Vorlesung im Winter-Semester
Entsprechend dem Vorlesungsmanuskript:
Definition der Biologischen Psychologie;
Anatomischer Aufbau des menschlichen Organismus;
Zellen, Gewebe und Organe;
Menschliche Ontogenese;
Grundlagen der Humangenetik und Erbpsychologie;
Grundlagen der Verhaltensbiologie;
Funktion des Blutes;
Funktion des Herzens;
Gefäßsystem;
Atmung;
Energiehaushalt;
Wärmehaushalt;
Ernährung;
Funktion des Magen-Darm-Kanals;
Nierenfunktion
Allgemeine Endokrinologie;
Hypothalamisch-hypophysäres System;
Nebennierenrinde und Glucocorticoide;
Hormone der Schilddrüse;
Keimdrüsen und Sexualhormone;
Sympathico-adrenales System;
Pankreashormone und Blutzuckerregelung;
Hormonale Regulation des Mineralhaushaltes;
Grenzbereiche des endokrinen Systems.
Literatur:
Schmidt, R.F. (Hrsg.) (19876). Grundriß der Neurophysiologie. Berlin: Springer.
Schmidt, R.F. (Hrsg.) (19855) Grundriß der Sinnesphysiologie. Berlin: Springer
Beide Bücher sind vergriffen und werden nicht mehr aufgelegt. Ersetzt wurden sie durch:
Schmidt, R.F., (Hrsg.) (1998) Neuro- und Sinnesphysiologie. Berlin: Springer.
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Die alten Bücher sind didaktisch wesentlich besser, vor allem die Abbildungen. Zudem werden
grundlegende Tatsachen, z.B. die Hirnnerven, nicht mehr vernünftig abgehandelt. Wer sich die
alten Bücher noch besorgen kann, sollte danach lernen.
Aufbau des Nervensystems:
Die Nervenzellen: Neurone; Synapsen; Effectoren; Rezeptoren.
Stütz- und Ernährungsgewebe: Aufgaben der Gliazellen; Interstitium.
Die Nerven: Die Nervenfasern; Funktionelle Klassifikation der Nervenfasern; Klassifikation der
Nerven; axonaler Transport.
Erregung von Nerv und Muskel:
Das Ruhepotential: Messung des Membranpotentials; Ursache des Ruhepotentials;
Konzentrationsverteilung der Ionen; Die K+-Ionen und das Ruhepotential; Beteiligung der Cl-Ionen am Ruhepotential.
Ruhepotential und Na+-Einstrom: Abhängigkeit des Ruhepotentials von der Kaliumkonzentration; Die
Membranleitfähigkeit für K+ und Na+; Instabilität des Ruhepotentials bei passiven Ionenstömen.
Die Natriumpumpe: Messung des aktiven Transportes; Die gekoppelte Na+-K+-Pumpe; Übersicht über
die Ionenströme durch die Membran.
Das Aktionspotential: Zeitverlauf der Aktionspotentiale; Auslösung des Aktionspotentials und
Erregung; Definition des Aktionspotentials; Die Ionenverschiebungen während des
Aktionspotentials; Ionenumsätze während des Aktionspotentials; Das Aktionspotential im Na+Mangel.
Kinetik der Erregung: Änderungen der Membranleitfähigkeiten nach einer Depolarisation;
Refraktärphasen nach dem Aktionspotential; Der Membrankanal für Na+.
Elektrotonus und Reiz: Unter- und überschwellige Reize; Minimaler Reizstrom und Reizzeit.
Fortleitung des Aktionspotentials: Leitungsgeschwindigkeit des Aktionspotentials; Mechanismus der
Fortleitung; Faktoren die die Leitungsgeschwindigkeit beeinflussen, saltatorische Leitung.
Synaptische Übertragung:
Die Neuromuskuläre Endplatte: Beispiel einer chemischen Synapse: Bauelemente chemischer
Synapsen; Die Endplatte; Nachweis des Endplattenpotentials; Mechanismus der
neuromuskulären Übertragung; Die Natur des Endplattenpotentials; Das Schicksal des
Acetylcholins; Neuromuskuläre Blockade.
Die Quantennatur der chemischen Übertragung: Miniatur-Endplattenpotentiale; Freisetzung in
Quanten; Steuerung der Überträgersubstanzfreisetzung durch das praesynaptische
Aktionspotential; Beteiligung des Calciums; Verallgemeinerung der Quantenhypothese.
Zentrale erregende Synapsen: Erregende postsynaptische Potentiale. EPSP; Ionenmechanismus des
EPSP; Die Auslösung des Aktionspotentials; Elektrische Synapsen.
Zentralnervöse hemmende Synapsen: Inhibitorische postsynaptische Potentiale im Motoneuron;
Ionenmechanismus des IPSP; Hemmende Wirkungen des IPSP; Praesynaptische Hemmung.
Überträgerstoffe chemischer Synapsen: Allgemeine Gesichtspunkte; Acetylcholin als
Übertägersubstanz im Nervensystem; Adrenerge Überträgersubstanzen; Aminosäuren als
Überträgersubstanzen.
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Überblick über den Stoff der Vorlesung im Sommer-Semester
Entsprechend dem Vorlesungsmanuskript:
Gehirnanatomie
Literatur:
Schmidt, R.F. (Hrsg.) (19876) Grundriß der Neurophysiologie. Berlin: Springer (siehe Bemerkung
oben).
Aufbau des Nervensystems:
Der Aufbau des Rückenmarks: Aufbau der Rückenmarkssegmente; Rückenmarkswurzeln.
Physiologie kleiner Neuronenverbände, Reflexe:
Typische neuronale Verschaltungen: Divergenz; Konvergenz; Zeitliche und räumliche Bahnung;
Occlusion; Einfache hemmende Schaltkreise; Fördernde Mechanismen: positive Rückkopplung
und synaptische Potenzierung.
Der monosynaptische Reflexbogen: Definition des Reflexbegriffs; Die Muskelspindel; Der
monosynaptische Dehnungsreflex; Funktion der intrafusalen Muskelfasern.
Polysynaptische motorische Reflexe: Beispiele polysynaptischer motorischer Reflexe; Eigenschaften
polysynaptischer Reflexe; Motorische und vegetative polysynaptische Reflexe; Angeborene und
erworbene Reflexe.
Der Muskel:
Die Kontraktion des Muskels: Isotonische und isometrische Kontraktion; Zeitverlauf der
Einzelzuckung; Feinstruktur des Skelettmuskels; Verschiebungen der Aktin- und
Myosinfilamente während der Kontraktion; Molekularer Mechanismus der Kontraktion;
Herzmuskulatur und glatte Muskulatur.
Abhängigkeit der Muskelkontraktion von Faserlänge und Verkürzungsgeschwindigkeit:
Ruhedehnungskurve; Die Kurve der isometrischen Kontraktionsmaxima; Kontraktionskraft und
Verkürzungsgeschwindigkeit; Summation von Einzelzuckungen, Tetanus; Mechanismus der
Summation.
Regulation der Kontraktion eines Muskels: Summation der Kontraktion mehrerer Fasern; Erzeugung
der maximalen Muskelkraft; Die motorische Einheit, das Elektromyogramm.
Motorische Systeme:
Spinale Motorik I: Aufgaben der Muskelspindeln und Sehnenorgane: Aufbau und Lage von
Muskelspindel und Sehnenorgan; Entladungsmuster der Muskelspindeln und Sehnenorgane;
Dehnungsreflex und reziproke antagonistische Hemmung; Aufgaben der Gamma-Schleife;
Segmentale Verschaltung der Ib-Fasern, Aufgaben der Golgi-Organe.
Spinale Motorik II: Polysynaptische motorische Reflexe: Flexorreflex und gekreuzter Extensorreflex;
Intersegmentale Reflexbögen; Leistungen des isolierten Rückenmarks.
Funktionelle Anatomie supramedullärer motorischer Zentren: Supraspinale motorische Zentren,
Benennung, Lage im ZNS; Der Tractus cortico-spinalis; Corticale motorische Efferenzen zum
Hirnstamm.
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Reflektorische Kontrolle der Körperstellung im Raum: Anteile des Hirnstammes und ihre Zuflüsse;
Querschnittsdurchtrennungen im Hirnstamm; Motorische Leistungen des decerebrierten Tieres,
Haltereflexe; Motorische Leistungen des Mittelhirntieres, Stellreflexe; Statische und
statokinetische Reflexe.
Funktionen der Basalganglien, des Kleinhirns und des motorischen Cortex: Die Rolle der
Basalganglien; Die Rolle des Kleinhirns; Pathophysiologie der Basalganglien; Pathophysiologie
des Kleinhirns; Die Rolle des motorischen Cortex; Pathophysiologie des motorischen Cortex und
seiner Efferenzen; Handlungsantrieb und Bewegungsentwurf.
Vegetatives Nervensystem:
Funktionelle Anatomie des peripheren vegetativen Nervensystems: Peripherer Sympathicus; Peripherer
Parasympathicus; Darmnervensystem; Viscerale Afferenzen.
Acetylcholin, Noradrenalin und Adrenalin: Acetylcholin, nicotinerge und muscarinerge Übertragung;
Noradrenalin, Adrenalin, α-ß-Rezeptoren-Konzept; Nebennierenmark; Sonstige
Überträgersubstanzen im peripheren vegetativen Nervensystem.
Glatter Muskel: Myogene Aktivität, Reaktion auf Dehnung, Acetylcholin und Adrenalin: Myogene
Aktivität; Zeitverlauf der Kontraktion der glatten Muskulatur; Kraftentwicklung glatter Muskeln
auf Dehnung; Neuromuskuläre Übertragung im glatten Muskel.
Antagonistische Wirkungen von Sympathicus und Parasympathicus auf vegetative Effectoren:
Vegetative Beeinflussung des Herzens; Beeinflussung der Darmmuskulatur durch das vegetative
Nervensystem.
Zentralnervöse Regulation: Spinaler Reflexbogen, Blasenregulation: Der spinale vegetative
Reflexbogen; Segmentale Verschaltung vegetativer Efferenzen mit visceralen und somatischen
Afferenzen; Neuronale Regulation der Harnblasenentleerung.
Zentralnervöse Regulation: Arterieller Blutdruck, Regulation der Muskeldurchblutung: Regelung des
arteriellen Blutdruckes; Regelung der Organdurchblutung während Muskelarbeit.
Der Hypothalamus. Die Regulation von Körpertemperatur, Osmolarität des Extracellulärraumes und
endokrinen Drüsen: Anatomie des Hypothalamus; Regulation der Körpertemperatur; Regelung
der endokrinen Drüsen durch den Hypothalamus; Regelung der Osmolarität (des Wassergehaltes)
des Extracellulärraumes.
Literatur:
Vaitl, D. (1978). Entspannungstechniken. In: L.J. Pongratz (Hrsg.), Klinische Psychologie (= K.
Gottschaldt et al. (Hrsg.) Handbuch der Psychologie) Band 8/2 (S. 2104-2143). Göttingen:
Hogrefe.
VNS und Entspannungstechniken:
Folgen einer Stimulation der trophotropen Zonen im Hypothalamus;
Physiologische Veränderungen während der Entspannungsreaktion;
Physiologische Veränderungen beim autogenen Training (Unterstufen-Übung);
Klinische Einsatzmöglichkeiten des autogenen Trainings;
Wirkung der transzendentalen Meditation auf das EEG.
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Literatur:
Birbaumer, N. & Schmidt, R.F. (20025). Biologische Psychologie. Berlin: Springer.
Methoden der Biologischen Psychologie:
Elektro- (EEG) und Magnetenzephalogramm (MEG): Geschichte und Definition; EEG-Rhythmen; Die
Regularität der EEG-Wellen; Synchronisation und Spontan-EEG; Postinhibitorische Endladung
thalamischer Neurone; Frequenzspektren und Amplitude; Fourier-Analyse; Interpretation des
EEGs; Klinisches EEG.
Ereigniskorrelierte Hirnpotentiale (EKP): Definition; Mittelungstechnik; Identifikation der
Komponenten; Exogene und endogene Komponenten; Skopeutische Verarbeitung;
Komponenten und Topographie; Informationsverarbeitung und EKP.
Bewußtsein und Aufmerksamkeit:
Psychologie der Bewußtseinsformen: Heterogene Bewußtseinsprozesse; Bewußtsein als
Schwellenregulation; Bewußtsein und Kurzzeitgedächtnis; Begrenzte Aufmerksamkeit und
Bewußtsein; Subliminale Wahrnehmung; Arbeitsgedächtnis; Flaschenhalstheorien; Kritik der
Filtertheorie; Orientierung und Habituation; Habituation; Allgemeine Kennzeichen von
Habituation; Automatische und kontrollierte Verarbeitung; Willentliche Anstrengung;
Ressourcen-Zuordnung.
Neuropsychologie der Bewußtseinsformen: Geschichte der Split-brain-Forschung; Aktiver
Übertragungsmechanismus; Zwei getrennte Willensimpulse; Zwei Bewußtseinsprozesse; LP und
kontrollierte Aufmerksamkeit; Ressourcen-Bereitstellung; LP und die Entstehung bewußter
Willenshandlungen.
Unspezifische Aktivierungssysteme: Aufsteigendes retikuläres Aktivierungssystem (ARAS);
Neurophysiologie tonischer und phasischer Aktivierung; Thalamokortikales „Gating“.
Psychophysiologie selektiver Aufmerksamkeit: Anatomie des LCCS; Funktion und Dynamik des
LCCS.
Literatur:
Fahrenberg, J. (19792). Psychophysiologie. In: K.P. Kisker et al. (Hrsg.), Psychiatrie der Gegenwart,
Bd. I/1. (S. 109-125). Berlin: Springer.
Aktivierungstheorien: Synergismenlehre von Hess; Organismische Aktivations-Theorie von Duffy;
Zweifaktorielles Modell der biologischen Basis der Persönlichkeit von Eysenck; Prinzip der
richtungsabhängigen funktionalen Fraktionierung von Lacey.
Streßtheorien: Streßkonzept von Selye; Notfallfunktion von Cannon; Streß-Schwellenmodell von
Cofer und Appley; Kognitives Streßmodell von Lazarus.
Spezifitätsproblem: Individualspezifische Reaktionsmuster; Stimulusspezifische Reaktionsmuster.
Literatur:
Birbaumer, N. & Schmidt, R.F. (19994). Biologische Psychologie. Berlin: Springer.
Zirkadiane Periodik, Schlaf und Traum:
69
Schlaf und Traum: Die Klassifikation der Schlafstadien; Verlauf einer Nacht; Tiefschlaf vor
Traumschlaf; Augenbewegungen; Motorische Begleiterscheinungen des REM-Schlafes;
Weckschwelle und Zustand sensorischer Systeme; Evolution; Ontogenie.
Psychophysiologie der Schlafstadien: Schlafdeprivation; REM-Schlaf-Entzug; Psychisches Erleben
während REM- und NREM-Schlaf; Traumberichte innerhalb einer Nacht; Methodische
Probleme der Schlaf-Gedächtnisforschung; „Lernen im Schlaf“; Lernen im Schlaf beim
Menschen; Psychoanalyse.
Schlafstörungen: Primäre Schlafstörungen; Idiopathische Insomnia; Verzögertes Einschlafen; DrogenInsomnia; Insomnia bei Verhaltensstörungen; Schlaf-Apnoe; Somnambulismus und andere
Störungen des SWS.
Plastizität, Lernen, Gedächtnis:
Psychologie von Lernen und Gedächtnis: Gedächtnissysteme; Implizites versus explizites Lernen und
Gedächtnis; Assoziatives und nicht-assoziatives Lernen; Akquisition (Aneignung) der
klassischen Konditionierung; Eigenschaften der klassischen Konditionierung; Ablauf der
instrumentellen (operanten) Konditionierung; Primäre Verstärker; Sekundäre Verstärker;
Eigenschaften instrumentellen Lernens; Vergleich zwischen klassischer und instrumenteller
Konditionierung; Allgemeines Modell des Wissensgedächtnis; Perzeptive Repräsentation im
sensorischen Speicher; Elaboriertes Speichern und Erinnern; Merken im Kontext.
Entwicklung des Nervensystems: Lernen und Wachstum; Apoptose (Zelltod); Synaptisches Überleben;
Physiologische Plastizität.
Assoziative neuronale Plastizität: D.O. Hebbs synaptische Theorie spezifischer Gedächtnisinhalte;
Reverberatorisches Kreisen; Erregungskreise, Lernen und Wiedergabe von Information; Die
Bedeutung von Oszillationen.
Zelluläre Korrelate von Lernen: Die Konsolidierungshypothese und Proteine; Hemmung der
Proteinbiosynthese (Proteinbiosyntheseinhibition, PSI) und Gedächtnisbildung.
Neuropsychologie der Konsolidierung: Korsakoff Syndrom; Der Fall H.M.; Der Hippokampus und
Konsolidierung im LZG; Zerebellum und Hippokampus als „Lernmaschinen“; Zwei Formen von
Lernen.
Motivation:
Grundbegriffe der Motivation: Trieb; Homöostatische und nichthomöostatische Triebe; Verstärkung;
Charakteristische Eigenschaften von Verstärkung; Interaktion von Trieb und Verstärkung;
Anreizmotivation (incentive motivation); Anreize (incentives); Instinktives und motiviertes
Verhalten.
Durst und Hunger: Bedingungen für das Auftreten einer Durstempfindung; Präresorptive und
resorptive Durststillung; Durstschwelle; Die glukostatische Theorie; Konditionierte
Nahrungsaufnahme; Thermostatische Hypothese; Lipostatische Hypothese; Faktoren der
präresorptiven Sättigung; Faktoren der resorptiven Sättigung; Hypothalamus und Hunger;
Hypothalamus und Sättigung.
Neurobiologie süchtigen Verhaltens: Intrakranielle Selbstreizung (ICSS) und Belohnung: positive
Verstärkung im Tierversuch; Anatomie von ICSS.
70
Emotionen:
Psychophysiologie von Gefühlen: Gefühlsdimensionen; Abgrenzung zwischen Gefühlen und
Stimmungen; Kommunikative Bedeutung von Gefühlen; Die Rolle motorisch-verhaltensmäßiger
Ausdrucksreaktionen für Gefühle; Die Rolle des autonomen Nervensystems für Gefühle: Die
James-Lange-Kontroverse; Die Rolle kognitiver Prozesse für Gefühle.
Vermeidung (Furcht und Angst): Lernen von Angst; Zwei-Prozeß Theorie der Angstentstehung; Drei
Emotionssysteme; Psychopharmaka und das Verhaltenshemmungssystem; Psychologische
Therapie der Angst.
Trauer - Depression: Trauer; Diagnose der Depression; Soziale und psychologische Faktoren; Genetik
der Depression; Zirkadiane Periodik; Biogene Amine; Antidepressiva und die Bewältigung von
Angst und Hilflosigkeit; Therapie der Depression.
Aggression: Arten von Aggression; Gemeinsamkeiten aggressiven Verhaltens; Sexualhormone;
Verhalten von Soziopathen; Psychophysiologie; Soziopathie und septo-hippokampisches
Hemmsystem; Prävention und Behandlung.
Verhaltensmedizin und Biofeedback: die Anwendung der Gefühlsphysiologie und -psychologie auf
Krankheit: Verhaltensmedizin; Verhaltensmedizin der Skoliose; Kurarisierungsversuche
Kognitive Prozesse (Denken):
Zerebrale Asymmetrie: Das 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts; Das 20. Jahrhundert; Ontogenetische
Entwicklung von Lateralität; Bedeutung auditorischer Erfahrung; Dominanzanalyse mit dem
Wada-Test; Händigkeit; Begabung und Linkshändigkeit; Sensomotorische Funktionen.
Evolution und Neurophysiologie der Sprache und ihre Störungen: Evolutionäre Aspekte; Spracherwerb
bei nicht-humanen Primaten.
Sprechen und Störungen der Sprache: Aphasien und Lateralisation des Gehirns; Broca- und WernickeRegion; Lokalisation der Aphasien; Broca-Aphasie; Wernicke-Aphasie.
Die Assoziationsareale des Neocortex: Anatomie; Ideomotorische und konstruktive Apraxie; Visuellräumliche Funktionen; Kontralateraler Neglekt; Neglekt und Aufmerksamkeit;
Kurzzeitgedächtnis (KZG); Zeitliche Kontiguität; Handlungspläne und korrolare Entladungen;
Der Zerfall von Verhaltensplänen; Psychochirurgie und frontale Leukotomie;
Pseudopsychopathie; Funktionen des Temporallappens; Visuelle Unterscheidung; Akustische
Unterscheidung und Sprache.
Literatur:
Schmidt, R.F. (Hrsg.) (19855). Grundriß der Sinnesphysiologie. Berlin: Springer (siehe Bemerkung
oben).
Allgemeine Sinnesphysiologie, Psychophysik:
Grundbegriffe der allgemeinen Sinnesphysiologie: Sinnesorgane; Modalität, Qualität, spezifische
Sinnesreize; Quantität, Schwelle; Sinneseindruck, Wahrnehmung; Abbildungsverhältnis von
Phänomen und Wahrnehmung, objektive und subjektive Sinnesphysiologie.
Messung der Intensität von Empfindungen, Psychophysik: Eigenmetrik; Schätzung des Vielfachen
einer Empfindungsintensität; Intermodaler Intensitätsvergleich; Eigenmetrik mit Hilfe von
Unterschiedsschwellenschritten.
71
Räumliche, zeitliche und affektive Aspekte der Empfindungen: Raumdimension der Empfindung;
Kontrast; Zeitdimension der Empfindung.
Neurophysiologie sensorischer Systeme:
Transformation von Reizen in Rezeptoren: Der adäquate Reiz, Einteilung der Rezeptoren; Das
Rezeptorpotential; Der Transduktionsprozeß, primäre und sekundäre Sinneszellen; Das
Rezeptorpotential als Generator für fortgeleitete Aktionspotentiale; Adaptation; Die
Transformation von Reizintensität in Entladungsfrequenz.
Sensorischen Funktionen des Zentralnervensystems - Übersicht: Periphere Nerven, Spinalnerven,
Hinterwurzeln und ihre Innervationsgebiete; Die Gehirnnerven; Zentrale Stationen der Sensorik;
Anatomie des spezifischen Systems der Somatosensorik; Anatomie des unspezifischen Systems.
Eigenschaften und Arbeitsweise sensorischer Neurone und Neuronenverbände: Laterale Inhibition;
Descendierende Hemmung; Das rezeptive Feld; Reizstärke-Reizantwort-Beziehungen,
Unterschiedsschwellen.
Somatosensorik: Rückenmark, aufsteigende Bahnen und Hirnstamm: Verschaltung der Afferenzen im
Hinterhorn; Aufsteigende Bahnen des Rückenmarks; Trigeminuskerne und ihre aufsteigenden
Bahnen; Die Formatio reticularis.
Somatosensorik: Thalamus und Cortex: Der spezifische Thalamuskern der Somatosensorik;
Somatosensorische Projektionsareale des Cortex; Das spezifische thalamo-corticale System und
die bewußte Sinneswahrnehmung; Assoziationsfelder des Cortex; Extralemniscales System und
bewußte Wahrnehmung.
Somatoviscerale Sensibilität:
Mechanorezeption: Empfindungsschwelle und Intensitätsfunktion mechanischer Hautreizung;
Räumliches Auflösungsvermögen; Druckrezeptoren (Intensitätsdetektoren);
Berührungsrezeptoren (Geschwindigkeitsdetektoren); Vibrationsrezeptoren
(Beschleunigungsdetektoren); Mechanosensible freie Nervenendigungen der Haut.
Tiefensensibilität: Qualitäten der Tiefensensibilität; Rezeptoren der Tiefensensibilität; Zentrale
Integration; Körperschema und Körperstellung.
Thermorezeption: Statische Temperaturempfindungen; Dynamische Temperaturempfindungen; Kaltund Warmrezeptoren; Rezeptorfunktion und Thermorezeption; Sonderformen der
Temperaturempfindung.
Viscerale Sensibilität: Cardiovasculäres System; Gastro-Intestinal System; Renales System.
Nociception und Schmerz:
Schmerzqualitäten und Schmerzkomponenten: Schmerzqualitäten.
Neurophysiologie und Psychophysik des Schmerzes: Nociceptoren; Zentrale Weiterleitung und
Verarbeitung; Schmerzadaptation.
Pathophysiologie des Schmerzes: Spezielle und abnorme Schmerzformen: Projizierter Schmerz;
Neuralgie; Kausalgie; Übertragener Schmerz; Störungen der zentralen Schmerzverarbeitung.
Schmerzbeeinflussung und Schmerztherapie: Pharmakologische Schmerzbehandlung; Physikalische
Schmerzbehandlung; Psychologische Methoden der Schmerzbekämpfung.
72
Physiologie des Sehens:
Das Auge: Das optisches System des Auges; Regelprozesse im dioptrischen Apparat;
Pupillenreaktionen; Refraktionsanomalien; Die Netzhaut.
Psychophysiologie der visuellen Wahrnehmung: Das Eigengrau; Graustufen; Simultankontrast; Der
successive Hell-Dunkelkontrast, Nachbilder; Die Sehschärfe; Der blinde Fleck; Photopisches
und skotopisches Sehen; Der zeitliche Verlauf der Hell-Dunkeladaptation, Blendung; Die
zeitlichen Eigenschaften der visuellen Wahrnehmung; Das Farbensehen; Weiß und Schwarz als
Farbe; Binocularsehen; Gestaltwahrnehmung.
Neurophysiologie des Sehens: Der photochemische Primärprozeß; Das Rezeptorpotential;
Neurophysiologie retinaler Ganglienzellen; Neurophysiologie des Simultankontrastes; Die
Reaktion retinaler Ganglienzellen auf farbige Lichtreize; Die Projektion der Netzhaut in das
Zentralnervensystem; Die Signalverarbeitung im Corpus geniculatum laterale; Die Neurone des
visuellen Cortex.
Augenbewegungen und sensorisch-motorische Integration beim Sehen: Konjugierte
Augenbewegungen, Vergenzbewegungen; Die zeitlichen Eigenschaften der Augenbewegungen;
Die Blickmotorik; Augenbewegungen und visuelle Wahrnehmung, Nystagmus;
Augenbewegungen beim freien Sehen.
Physiologie des Hörens:
Anatomischer Aufbau des Ohres.
Die Leistungen des Hörsystems: Physikalische Eigenschaften der Schallreize; Schallereignis und
subjektive Hörempfindung: Technische Verfahren zur Beurteilung von Lärm; Akustische
Raumorientierung.
Die Aufgaben des Mittelohres und des Innenohres: Aufgaben des Mittelohres; Schallaufnahme im
Innenohr, Ortstheorie; Reizaufnahme durch die Haarzellen; Unterscheidung zwischen Mittelohrund Innenohrschwerhörigkeit.
Der Nervus acusticus und die höheren Stationen der Hörbahn: Erregungsbedingungen der
Hörnervenfasern; Verlauf der Hörbahn.
Physiologie des Gleichgewichtssinnes:
Anatomischer Aufbau und Physiologie des peripheren Organs: Rezeptoren des Gleichgewichtsorgans
und ihre Erregungsbedingungen; Aufbau und Aufgaben der Statolithen- und Bogengangsorgane.
Die zentralnervösen Verschaltungen und die Leistungen des Gleichgewichtssinnes: Zentrale
Verbindungen der Rezeptoren des Gleichgewichtsorgans; Statische und statokinetische Reflexe,
Vestibulärer Nystagmus.
Entsprechend dem Vorlesungsmanuskript:
Störungen der Hirnfunktion bei Erkrankungen und Verletzungen des Gehirns;
Physiologische Grundlagen von Drogenabhängigkeit und Alkoholismus;
Physiologisch-biochemische Wirkungsmechanismen von Psychopharmaka.
73
Hinweise zur Prüfung:
Prüfungsgebiet in der 2 stündigen Klausur ist die Vorlesung im WS und SS. Der Inhalt wurde
vorstehend umrissen. Pro Doppelstunde wird im Durchschnitt 1 Frage gestellt, so daß sich für die
Gesamtklausur 52 Fragen ergeben. Die Prüfungsfragen verteilen sich in etwa auf den Prüfungsstoff wie
folgt:
Anatomischer Aufbau des Organismus
Zellen, Gewebe und Organe
Menschliche Ontogenese
Humangenetik und Erbpsychologie
Verhaltensbiologie
Blut
Herz und Gefäßsystem
Atmung
Energie- und Wärmehaushalt
Ernährung und Magen-Darm-Kanal
Nierenfunktion und Wasserhaushalt
Hormonphysiologie
Elektrophysiologie
Anatomie des ZNS und Rückenmarks
Reflexphysiologie
Muskel und motorische Systeme
Vegetatives Nervensystem und Entspannungstechniken
EEG und EKP
Bewußtsein und Aufmerksamkeit
Aktivierungs- und Stresstheorien, Spezifitätsproblem
Schlaf und Traum
Plastizität, Lernen und Gedächtnis
Motivation, Emotion und kognitive Prozesse
Sinnesphysiologie
Störungen der Hirnfunktion, Drogen und Psychopharmaka
1
1
3
2
2
1
3
1
1
2
1
6
3
1
1
3
3
1
2
1
1
2
2
7
1
74
Übungsklausur Biologische Psychologie
Aufgabentypen:
(1) Einfachauswahl: Auf eine Frage oder unvollständige Aussage folgen 5 mit A - E gekennzeichnete
Antworten oder Ergänzungen, von denen eine einzige ausgewählt werden soll, und zwar
entweder die einzig richtige
oder die beste von mehreren möglichen
oder wenn es besonders gekennzeichnet ist, die nicht
zutreffende.
(2) Zuordnungsaufgaben - Aufgabengruppen mit gemeinsamem Antwortangebot: Jede dieser
Aufgabengruppen besteht aus
(a) einer Liste mit numerierten Begriffen, Fragen oder Aussagen (Liste 1 = Aufgabengruppe)
(b) einer Liste von 5 durch die Buchstaben A - E gekennzeichneten Antwortmöglichkeiten (Liste
2)
Zu jeder numerierten Aufgabe der Liste 1 soll aus der Liste 2 die eine Antwort A - E ausgewählt
werden, die für zutreffend gehalten wird oder von der man meint, daß sie im engsten
Zusammenhang mit dieser Aufgabe steht. Man sollte beachten, daß jede Antwortmöglichkeit A - E
auch für mehrere Aufgaben der Liste 1 die Lösung darstellen kann.
(3) Kausale Verknüpfung: Dieser Aufgabentyp besteht aus drei Teilen:
Teil 1: Aussage 1
Teil 2: Aussage 2
Teil 3: Kausale Verknüpfung (weil)
Jede der beiden Aussagen kann unabhängig von der anderen richtig oder falsch sein. Wenn beide
Aussagen richtig sind, so kann die Verknüpfung durch „weil“ richtig oder falsch sein.
Der richtige Lösungsbuchstabe soll nach Prüfung der einzelnen Teile dem nachfolgenden
Lösungsschema entnommen werden.
Antwort
A
B
C
D
E
Aussage 1
richtig
richtig
richtig
falsch
falsch
Aussage 2
richtig
richtig
falsch
richtig
falsch
Verknüpfung
richtig
falsch
-
(4) Aussagenkombinationen: Bei diesem Aufgabentyp werden mehrere durch eingeklammerte Zahlen
gekennzeichnete Aussagen gemacht. Die zutreffende Lösung soll unter den 5 vorgegebenen
Aussagekombinationen A - E ausgewählt werden.
(5) Freie Aufgabenbeantwortung: Schilderung bestimmter Sachverhalte in Stichworten, Aufzählungen,
Anfertigung von Diagrammen.
75
(01) Im Serum eines Patienten mit der Blutgruppe 0 agglutinieren die Erythrozyten eines Spenders mit
der Blutgruppe
(1) A
(2) B
(3) AB
(A) keine der Aussagen ist richtig
(B) nur 1 ist richtig
(C) nur 2 ist richtig
(D) nur 3 ist richtig
(E) 1 - 3 = alle sind richtig
(02) Welche Aussage trifft zu?
Die Wirkung des Parasympathikus am Ventrikelmyocard ist
(A) negativ chronotrop
(B) negativ dromotrop
(C) negativ inotrop
(D) negativ bathmotrop
(E) physiologisch bedeutungslos
(03) Welche der folgenden Summen entspricht dem Lungenvolumen am Ende einer normalen
Inspiration?
(A) Residualvolumen + Inspirationskapazität
(B) Residualvolumen + Atemvolumen
(C) Funktionelle Residualkapazität + Atemvolumen
(D) Exspiratorisches Reservevolumen + Inspiratorisches Reservevolumen
(E) Residualvolumen + Exspiratorisches Reservevolumen
(04) Ordnen Sie den in Liste 1 genannten Nährstoffen ihre physiologischen Brennwerte (Liste 2!) zu!
Liste 1
Liste 2
1 ..... Kohlenhydrat
(A) 4,1 kcal/g
(B) 5,6 kcal/g
2 ..... Fett
(C) 4,1 cal/g
(D) 9,3 kcal/g
3 ..... Eiweiß
(E) 9,3 cal/g
76
(05) Die Zusammensetzung des Primärharns unterscheidet sich vom Plasma vor allem durch das
Fehlen größerer Eiweißmoleküle,
weil
im distalen Tubulus Glukose, Aminosäuren und filtriertes Protein fast vollständig resorbiert
werden.
Antwort
A
B
C
D
E
Aussage 1
richtig
richtig
richtig
falsch
falsch
Aussage 2
richtig
richtig
falsch
richtig
falsch
Verknüpfung
richtig
falsch
-
(06) Das Ruhemembranpotential einer Nervenmembran
(1) ist mit dem K+-Gleichgewichtspotential identisch
(2) weicht nur unerheblich vom K+-Gleichgewichtspotential ab
(3) hat aktiven Na+-K+-Transport zur Voraussetzung
(4) ändert sich periodisch („slow waves“) aufgrund einer elektrogenen Na+Pumpe
(5) ist unabhängig von der extrazellulären K+-Konzentration
(A) nur 1 ist richtig
(B) nur 4 ist richtig
(C) nur 2 und 3 sind richtig
(D) nur 4 und 5 sind richtig
(E) nur 2, 3 und 5 sind richtig
(07) Welche Aussage trifft nicht zu?
Das Endplattenpotential (EPP) bei der neuromuskulären Erregungsübertragung)
(A) wird durch Acetylcholin ausgelöst
(B) wird unter Einwirkung von Curare vermindert
(C) entsteht nach dem Eintreffen eines Nervenaktionspotentials in der Endplatte
(D) wird durch Blockade der Cholinesterase verstärkt
(E) ist normalerweise unterschwellig für die Auslösung eines Muskelaktionspotentials
(08) Folgende hormonproduzierende Organe sind lebensnotwendig und müssen bei einem Ausfall
mittels einer Substitutionstherapie behandelt werden:
(1) Nebennierenrinde
(2) Nebenschilddrüse
(3) Hypophyse
(4) Pankreas
(5) Hypothalamus
(A) nur 5 ist richtig
(B) nur 1 und 5 sind richtig
(C) nur 1, 3 und 5 sind richtig
(D) nur 2, 3 und 4 sind richtig
77
(E) 1 - 5 = alle sind richtig
(09) Ordnen Sie den in Liste 1 genannten Hormonen ihre Bildungsorte (Liste 2) zu!
Liste 1
Liste 2
1 ... Adiuretin
(A) Nebenschilddrüse
(B) Nebennierenmark
2 ... ACTH
(C) Zona glomerulosa
(D) Hypophyse
3 ... Gonadotropine
(e) Hypothalamus
(10) Welches der folgenden Symptome gehört nicht zum Cushing-Syndrom?
(A) Stammfettsucht
(B) Striae am Bauch infolge verstärkter Gluconeogenese
(C) erhöhte Infektanfälligkeit
(D) erhöhter Blutdruck
(E) eingeschränkte glomeruläre Filtrationsrate
(11) Wie entsteht Riesenwuchs?
(1) durch Überproduktion von GH in der Kindheit
(2) durch verfrühte Pubertät
(3) durch verspäteten Epiphysenschluß
(4) durch Überschuß an Parathormon in der fetalen Entwicklung
(5) durch Überschuß an Thyroxin
(A) nur 1 ist richtig
(B) nur 3 ist richtig
(C) nur 1 und 3 sind richtig
(D) nur 2 und 3 sind richtig
(E) 1 - 5 = alle sind richtig
(12) Ordnen Sie den in Liste 1 genannten Strukturen des ZNS die entsprechenden Hirnteile zu!
Liste 2
Liste 1
1 ..... Kreislaufzentrum
(A) Telencephalon (Großhirn)
(B) Medulla oblongata (Nachhirn)
2 ..... Hypothalamus
(C) Metencephalon (Hinterhirn)
(D) Diencephalon (Zwischenhirn)
3 ..... Vierhügelplatte
(E) Mesencephalon (Mittelhirn)
78
(13) Welche der folgenden Aussagen trifft für den Flexorreflex zu?
(1) reine Reflexzeit von 0,6 sec
(2) nicht segmental (mehrere Segmente)
(3) monosynaptisch
(4) durch Aktivität der Muskelspindel ausgelöst
(5) funktioniert nur an den oberen Extremitäten
(A) nur 1 ist richtig
(B) nur 1, 2 und 3 sind richtig
(C) nur 2, 4 und 5 sind richtig
(D) nur 2 ist richtig
(E) keine Aussage trifft zu
(14) Nennen Sie die Überbegriffe für die folgenden Pharmaka und Drogen:
(A) Valium(R)
....................
(B) Barbiturate
....................
(R)
(C) Haldol
....................
(D) Mescalin
....................
(E) Amphetamine
....................
(15) Wo werden hohe Schallwellen absorbiert?
(1) in der Nähe des ovalen Fensters
(2) im Macula-Organ
(3) im Corti'schen Organ
(4) am Helicotrema
(5) in den Bogengängen
(A) nur 1 ist richtig
(B) nur 1 und 3 sind richtig
(C) nur 2, 3 und 4 sind richtig
(D) nur 3 und 4 sind richtig
(E) 1- 5 = alle sind richtig
(16) Wodurch ist das hohe Auflösungsvermögen des Gesichtssinns bedingt?
(A) durch die genaue sphärische Krümmung von Linse und Hornhaut
(B) durch die Struktur des Glaskörpers
(C) durch die Organisation des rezeptiven Feldes in der Retina und das Prinzip der lateralen
Hemmung
(D) durch die hohe Konvergenz im Bereich der Stäbchen
(E) durch den Astigmatismus
79
(17) Welche der folgenden akustischen Skalen ist wirklich eigenmetrisch?
(A) die Dezibel-Skala
(B) die Schalldruck-Skala
(C) die sone-Skala
(D) die phon-Skala
(E) keine der genannten Skalen
(18) Ordnen Sie den in Liste 1 genannten Autoren die entsprechenden Aktivierungstheorien (Liste 2)
zu!
Liste 1
Liste 2
1 ..... Berlyne
(A) Synergismenlehre (ergotrop-trophotrop)
(B) organismische Aktivationstheorie
2 ..... Lindsley
(C) reticulo-corticale Aktivationstheorie
(D) Erregungspotential-Verstärkungs-Funktion
3 ..... Hess
(E) Prinzip der richtungsabhängigen
funktionalen Fraktionierung
(19) Zur Orientierungsreaktion gehören:
(1) steigende Atemfrequenz
(2) Ansteigen des Hautwiderstandes
(3) Senkung der Reizschwelle für ankommende Stimuli
(4) Erweiterung der Fingergefäße
(5) biphasischer Verlauf der Herzfrequenz
(A) nur 1 und 4 sind richtig
(B) nur 1, 2 und 5 sind richtig
(C) nur 1, 3 und 5 sind richtig
(D) nur 2, 3 und 4 sind richtig
(E) 1 - 5 = alle sind richtig
(20) Welche Aussage für den REM-Schlaf trifft nicht zu?
(A) Erniedrigung der Herzfrequenz
(B) schnelle, richtungslose Bewegungen des Augapfels
(C) Erektion des Penis
(D) Erhöhung der Atemfrequenz
(E) Erniedrigte Entladung im EMG des Kopfbereichs
80
(21) Vermehrte Sympathikuserregung führt zu
(1) Pupillenverengung
(2) Konstriktion der Hautgefäße
(3) Konstriktion der Bronchialmuskeln
(4) vermehrter Salzsäuresekretion im Magen
(A) nur 1 ist richtig
(B) nur 2 ist richtig
(C) nur 1 und 2 sind richtig
(D) nur 2 und 4 sind richtig
(E) 1 - 4 = alle sind richtig
(22) Welche Aussage trifft für das Parkinson-Syndrom nicht zu?
(A) Dopaminmangel in den Basalganglien
(B) Hypotonus der Muskulatur
(C) Ruhetremor
(D) Akinese
(E) mimische Starre
(23) Welche der genannten motivationalen Zustände rechnet man zu den nicht-homöostatischen
Triebmechanismen?
(1) sexuelle Erregung
(2) Durst
(3) Explorationsverhalten
(4) Schlaf
(5) Hunger
(A) nur 1 und 3 sind richtig
(B) nur 1 und 4 sind richtig
(C) nur 1, 3 und 5 sind richtig
(D) nur 2, 3 und 5 sind richtig
(E) keine Aussage trifft zu
(24) Phobisches Verhalten entsteht meist auf der Basis aktiven Vermeidens,
weil
aktives Vermeiden negativ verstärkt wird.
Antwort
A
B
C
D
E
Aussage 1
richtig
richtig
richtig
falsch
falsch
Aussage 2
richtig
richtig
falsch
richtig
falsch
Verknüpfung
richtig
falsch
-
81
(25) Eine bedingte Reaktion kann immer nur von ein und demselben Reiz ausgelöst werden,
weil
die Verbindung nicht auf ähnliche Reize generalisiert.
Antwort
A
B
C
D
E
Aussage 1
richtig
richtig
richtig
falsch
falsch
Aussage 2
richtig
richtig
falsch
richtig
falsch
Verknüpfung
richtig
falsch
-
(26) Das Erlernen des Hebeldrucks ist ein Vorgang
(A) des bedingten Reflexes
(B) des klassischen Konditionierens
(C) des operanten Konditionierens
(D) des Lernens von Signalen
(E) des mechanischen Lernens
Lösungsschlüssel:
(01) E
(02) E
(03) C
(04) 1A, 2D, 3A
(05) C
(06) C
(07) E
(08) E
(09) 1E, 2D, 3D
(10) E
(11) C
(12) 1B, 2D, 3E
(13) D
(14) (A) Tranquilizer, (B) Hypnotika/Schlafmittel, (C) Neuroleptica
(D) Halluzinogene, (E) Psychoanaleptica/Aufputschmittel
(15) B
(16) C
(17) C
(18) 1D, 2C, 3A
(19) C
(20) A
(21) B
(22) B
(23) A
(24) D
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