IOSENSOR 2. BSYMPOSIUM TÜBINGEN 2001 http://barolo.ipc.uni-tuebingen.de/biosensor2001 Entwicklung eines Cyanid-Biosensors: Cyanidase aus bakteriellen Quellen Michael Keusgen, Peter Milka und Ingo Krest Institut für Pharmazeutische Biologie, Universität Bonn, Nussallee 6, D-53115 Bonn Tel. +49-228-732676 [email protected] http://www.uni-bonn.de/pharmbio/ Registriernummer der Online-Anmeldung: 135 Poster ____________________________________________________________ Zahlreiche Nutz- und Arzneipflanzen sind auf Grund ihres Gehaltes an cyanogenen Glykosiden für den Menschen giftig [1, 2]. Diese Substanzen sind typisch für die Pflanzen-Gattungen Prunus, Sambucus, Linum, Carica, Phaseolus und Manihot. Neben einigen Insekten wurden bisher etwa 2500 Pflanzen gefunden, die cyanogene Glykoside enthalten. Wenn derartiges Pflanzenmaterial bei der Verarbeitung verletzt wird, entsteht Blausäure. Diese Reaktion wird durch verschiedene, pflanzeneigene Enzyme katalysiert. Die Blausäure kann durch gründliches Erwärmen ausgetrieben werden, was aber insbesondere in Entwicklungsländern nicht immer möglich ist (z. B. bei der Herstellung von Lebensmitteln, die Maniok enthalten). Deshalb kommt es in diesen Ländern häufig zu Vergiftungen durch Blausäure. Da pflanzliches Nutzmaterial, aus dem Blausäure freigesetzt werden kann, eine akute Gefahr für Mensch und Tier darstellt, erscheint die Entwicklung einer schnellen und präzisen analytischen Methode zur Cyanid-Detektion sinnvoll. Ein biosensorisches System, welches aus einer AmmoniakElektrode und dem Enzym Cyanidase [EC 3.5.5.1] besteht, erfüllt diese Anforderungen und ist auf Grund der hohen Spezifität eine sinnvolle Alternative zu einer cyanidsensitiven Elektrode [3]. Ein solcher Cyanid-Biosensor kann sowohl zum Screening auf cyanogene Glykoside als auch zur Qualitätskontrolle von Nutz- und Arzneipflanzen verwendet werden. Der Schlüsselschritt in der Entwicklung eines derartigen Biosensors ist die Selektion einer geeigneten Cyanidase, wie sie für einige Bakterien beschrieben wurde [4, 5]. Unter diesem Aspekt wurden Bakterienstämme der Gattungen Rhodococcus rhodochrous und Alcanigenes xylosoxidans untersucht. Um die Cyanidase-Aktivität zu induzieren, wurden beide Stämme sukzessive mit zunehmenden Mengen Kaliumcyanid gefüttert. Dieser Vorgang wurde mehrfach wiederholt. Dadurch konnte eine Selektion besonders potenter Spezies erzielt werden. Alcaligenes xylosoxidans zeigte nach drei Zyklen der Selektion bei Cyanid-Konzentrationen kleiner 2 × -3 10 M noch ein befriedigendes Wachstum. Im Gegensatz dazu konnte Rhodococcus rhodochrous bei -2 einer deutlich höheren Konzentration von 1 × 10 M Cyanid kultiviert werden. Ebenfalls wuchs Rhodococcus rhodochrous in einem cyanidhaltigen Stickstoff-Mangelmedium. Zusätzlich war bei -2 diesem Stamm keine Wachstumshemmung nach der Zugabe von Isovaleronitril (2 × 10 M) zu beobachten. Im nächsten Schritt der Untersuchungen sollen entweder intakte Zellen von Rhodococcus rhodochrous oder das isolierte Enzym immobilisiert und mit der Ammoniak-Elektrode kombiniert werden. Dieses ergibt den Cyanid-Biosensor (Abb. 1). Der Sensor gleicht dem analytischen System, welches zur quantitativen Bestimmung von Alliin entwickelt wurde [6]. Das Messprinzip konnte bereits mit Cyanidase bestätigt werden, die von der Firma Novo Nordisk zur Verfügung gestellt wurde (SP 379; Abb. 2). Dieses Enzym wurde ebenfalls aus Alcaligenes xylosoxidans gewonnen. Die Messungen wurden mit einer kürzlich entwickelten DurchflussMessapparatur durchgeführt [6, 7, a]. Als Detektionslimit wurde 0,2 mg/l Cyanid ermittelt; der lineare Bereich lag zwischen 0,6 mg/l und 30 mg/l Cyanid. Durch diese Versuche konnte bewiesen werden, dass ein biosensorischer Nachweis von Cyanid möglich ist und die Sensitivität des Verfahrens nahezu Pfla n ze n e ig e n e En zym e Poten tial [m V ] Elektrode Biose Pflanz Cyanogene Glykoside e nex t r ak t nsor vergleichbar mit der von zeitintensiven konventionellen Verfahren ist (z.B. Methode nach DIN 38405). H CN Cyanidase 2 H2O NH3 + HCOOH Abb. 1 Funktionsprinzip eines Biosensors zum Nachweis von cyanogenen Glykosiden. Bei Verletzung des Pflanzenmaterials wird durch pflanzeneigene Enzyme Blausäure gebildet, die wiederum durch die Cyanidase zu Ammoniak und Blausäure hydrolisiert wird. Der enzymatisch gebildete Ammoniak wird durch eine AmmoniakGaselektrode quantitativ erfasst. - C N [m g /l] Abb. 2 Kalibrierkurve, die mit der Cyanidase von Alcaligenes xylosoxidans erhalten wurde (Novo Nordisk SP 379). Die Messungen wurden mit einer Durchfluss-Messapparatur durchgeführt [6, 7, a]. Literatur [1] Jones, D.A. (1998) Phytochemistry 47, 155. [2] Lechtenberg, M., Nahrstedt, A. (1999) in: Naturally Occurring Glycosides; R. Ikan (ed). Wiley, Seite 147. [3] Voldrich, M., Opatova, H., Kyzlink, V., Hrdlicka, J. (1989) Sbornik UVTIZ Potravinarske Vedy 7, 271. [4] Kobayashi, M., Nagasawa, T., Yamada, H. (1988) Eur. J. Biochem. 182, 349. [5] Ingvorsen, K., Hojer-Pedersen, B., Godfredsen, S.E. (1991) Appl. Environ. Microbiol., 57, 1783. [6] Milka, P., Krest, I., Keusgen, M. (1999) Pharmazie 54, 435. [7] Keusgen, M. (1999) Biosensorische Methoden zur quantitativen Bestimmung von Cysteinsulfoxiden, Shaker-Verlag Aachen, 162 Seiten. [a] www.krest.de/promotion