Grünräumeoder Gärten Was sind Gärten, wozu sind sie da, wem nutzen sie und wie werden sie genutzt? Müssen sie überhaupt einen Nutzen haben oder genutzt werden? Im Begriff des heutigen Verständnisses sind Gärten vornehmlich Geländeflächen im Siedlungsraum. Ob Parkanlagen, Verkehrsbegleitgrün, Vorgärten, Terrassen oder Dächer, Baumscheiben, Pflanztröge in Einkaufsstrassen oder gar Restflächen in Hinterhöfen, es sind «Grün»räume welche der Mensch für seine Bedürfnisse nutzt. Die Bedürfnisse der «Grünraumnutzer» sind sehr vielfältig und unterschiedlich. Die Ansprüche an den Schrebergarten in welchem der Wettstreit um die höchste Sonnen- blume ausgefochten wird, über die städtischen Lungen, bis hin zur winzigen Terrasse, auf welcher gerade ein Bistrotisch mit zwei Stühlen Platz finden. Die Ansprüche an den Schulhof, den Sportplatz oder die Gartenbeiz sind mannigfaltig. Wie viel Natur findet sich im Garten? Was oder wer ist denn Natur? Natur findet überall da statt, wo etwas stattfindet, und Natur findet da statt, wo nichts stattfindet. Natur ist einfach, weil sie ist. Und was ist ein naturnaher Grünraum? Ist ein Grünraum dann naturnah, wenn Natur stattfinden darf? Und ist ein Grünraum nicht naturnah, wenn in ihm Natur nicht stattfinden darf? Ist es überhaupt möglich, dass in einem Raum Natur nicht stattfindet? Wann ist stattfindende Natur zu wenig des Stattfindens? Wann ist stattfindende Natur zu viel des Stattfindens? Wenn wir uns in unserer Landschaft umsehen, dann begegnen wir selten Bildern von Naturlandschaften. Es ist unsere menschliche Kultur, welche gestaltend gewirkt hat und wirkt. Unsere Kultur, unsere Nutzung formt unsere Umwelt und prägt oftmals unseren Sinn für Ästhetik. Somit sind unsere Grünräume im Siedlungsraum immer gestaltet. Die Frage stellt sich, wie viel an vegetativer Dynamik der Gestalter, der Nutzer oder der Pflegende einer Fläche zugesteht. Zugelassene oder gar erwünschte Dynamik, sei dies Sukzession und die Zuwanderung neuer Arten, ist eines der Unterscheidungsmerkmale zwischen naturnahen und weniger naturnahen Flächen. Das Verwenden von standortgerechter Vegetation, möglichst in pflanzensoziologischen Gemeinschaften, gehört eben so dazu wie die Qualität des Pflanzgutes. Hier sind es Produktionsbedingungen, die Regionalität des Saatgutes und die Diversität des Erbgutes der jeweiligen Pflanzen, welche «Naturnähe» ausmachen. Ökobilanzen bei der Baustoffverwendung und beim Einsatz von Maschinen und den Brenn- stoffen sowie von Transportaufwendungen, sind Kriterien. Recyclierbarkeit von Materialen und Baustoffen, der Verzicht auf synthetische Pflanzenschutz- mittel oder mineralische Düngestoffe, sind wichtige Standbeine um darüber abzuwägen, wie naturnah eine Grünfläche nun gestaltet oder gehalten wird. Ein sehr wichtiger Faktor ist auch die Aufwändigkeit der Pflegemassnahmen, welche eine Grünfläche für ihr Bestehen beansprucht. Der Einsatz und Verbrauch von Energie ist also ein wichtiges Thema. Sensibilität und Wertschätzung Naturnah… Oder einfach, sensibilisiert für Geschehendes… für Stattfindendes… Der naturnahe Garten ist wie ein Bild, vom Gestaltenden im Einsatz der baulichen Gestaltungselemente, grob gemalt. Er ist ein Bild, welches sich in seinem Erscheinen stetig wandelt und ändert. Die Dichte und die Tiefe des Bildes, die Reichhaltigkeit und die Fülle bringen die verwendetet und sich entfaltenden Pflanzen, die sich einfindenden Tierarten und das menschliche Sein. Er baut auf der Philosophie, dass geschehen darf, ja, er macht sich gar zu eigen, dass geschehen soll. Natur findet also statt, auch menschliche Natur! Natürlichkeit im Ertasten, im Erfahren, im sich Bewegen, im sich Ausgelassengeben. Arten neben Arten und wachsende Toleranz. Sowohl die menschliche Nutzung soll geschehen als auch das Zusammenspiel der Arten, in ihrem sich Entfalten und Entwickeln, im ihrem sich Bedrängen und Konkurrieren. Oftmals ist der Garten kleinräumig. In ihm findet vornehmlich das statt, was dem Gutdünken des Menschen zusagt. Der Mensch ist es, welcher sich erfreut über Schmetterlinge und Wildbienen, über die Hälfte des «Was blüht denn da» auf zweihundert Quadratmetern Gartenfläche. Gärten sind gestaltete und angelegte, gepflegte Grünflächen. Der Mensch gibt durch das Schaffen von unterschiedlichen Räumen verschiedene Lebensbereiche vor. Und die menschliche Nutzung und Pflege, bestimmt massgebend wie sich die standortmögliche Artenzusammensetzung hält oder entwickelt. Ästhetik fördert das Wohlbefinden Grünräume welche mit Wohlbehagen belebt und beseelt werden, sind schöne Grünräume. Und jeder Garten, welcher unbeseelt weilt, ist eigentlich ein leerer Garten. Worin liegen die Bedürfnisse der Gartenbewohnenden? Was fördert ihre Lust, ihre Zeit beim Anbau von eigenem Gemüse, beim Spiel, Liegestuhlliegen oder Grillfeuern, beim Festefeiern oder Buchlesen im Garten zu verbringen? Was kann im Garten alles erlebt und genossen werden? Weintrinken, zweisame Vertrautheit, Familiengelage, Entdeckungsreise in der Krautschicht oder Weidenbau? Die individuelle Natur des Menschen, wenn es der Gartengestaltung gelingt, diese zu nähren, vielleicht gar Freude zu säen…. So ist dies eine Errungenschaft! Und wohl die grösste Errungenschaft des Gartengestalters. Denn wer das Stattfinden der «Natur» täglich im direkten Erleben (vor seiner eigenen Haustüre) wahr nimmt, um immer wieder aufs Neue zu entdecken lernt, wird wach für Zusammenhänge. Eine Faszination kann keimen, welche das Interesse fördert, auch draussen im Umgang mit unserer Landschaft und unserer Mitwelt Engagement zu zeigen © www.natUrban.ch, Nachdruck unter Quellenangabe gestattet