Bartgeier Vortragsdossier des WWF Schweiz Steckbrief Bartgeier gehören zu den Greifvögeln. Sie sind verwandt mit den Falken, Bussarden und Adlern. Die Spannweite des Bartgeiers beträgt von Flügelspitze zu Flügelspitze 2,8 Meter! Er ist damit der grösste Vogel Europas. Ein ausgewachsener Bartgeier wiegt 5 bis 7 Kilogramm. Mit ihren riesigen Schwingen können Bartgeier ohne grossen Kraftaufwand stundenlang in der Luft kreisen, um nach Nahrung Ausschau zu halten. Bartgeier-Weibchen und Bartgeier-Männchen sehen gleich aus, sind gleich gross und wiegen gleich viel. Sie sind deshalb nur von ihrem Verhalten her zu unterscheiden. Oder mit einer Blutprobe. Bartgeier können sehr alt werden. Lebensraum Bartgeier leben in Europa, Asien und Afrika. Die Reviere von Bartgeiern liegen in gebirgigen Regionen. In Europa leben Bartgeier in den Pyrenäen, auf Korsika und Kreta. Im Alpenraum leben erst seit 1986 wieder einige Bartgeier. Heute sind es etwa 130 Tiere. Sie wurden in Zoos und Tierparks aufgezogen und in den Alpen ausgesetzt. Bartgeier leben oberhalb der Baumgrenze in zerklüfteten und abgelegenen Bergregionen. Sie brauchen Landschaften mit vielen Schluchten und einen reichen Wildbestand. Verhalten Bartgeier untereinander Bartgeier leben alleine oder zu zweit. Wenn sich ein Bartgeier-Pärchen gefunden hat, bleibt es ein Leben lang zusammen. Bartgeier sind sehr reviertreu und verteidigen ihre Reviere heftig. Allerdings können sich ihre Reviere an den Randzonen auch etwas überschneiden. In einem Bartgeier-Revier liegen meist mehrere Horste. Diese befinden sich meist in tiefen Felsnischen und Höhlen. So sind die Jungvögel vor Wind und Wetter geschützt. Die Horste sind mit Gras, Ästen, Schafwolle und Fetzen von Tierfellen ausgepolstert. Nahrungssuche Bartgeier sind reine Aasfresser, sie jagen selbst nicht. Sie stellen eine Art Gesundheitspolizei dar, indem sie die Kadaver toter Tiere beseitigen. Vier Fünftel (80 %) der Bartgeier-Nahrung bestehen aus Knochen. Die Knochen stammen vorwiegend von Schafen, Gämsen und Steinböcken, die abgestürzt sind oder von Lawinen zu Tode gerissen wurden. Knochen enthalten mehr Nährstoffe als Muskelfleisch – vor allem das fetthaltige Knochenmark ist sehr nahrhaft. Der Bartgeier kann als einziges Tier Knochen verdauen. Sein Magensaft ist so sauer, dass sich die harten Knochen auflösen. Kleine Knochen schluckt der Bartgeier am Stück. Grosse Knochen bis zu 2,5 Kilogramm Gewicht packt er mit seinen Fängen und trägt sie 50 bis 100 Meter hoch in die Luft. Dann lässt er die Knochen auf eine Felsplatte («Knochenschmiede») fallen, bis sie in schnabelgerechte Stücke zersplittern. Daher hiess der Bartgeier bei den Römern auch «ossifraga», was Knochenbrecher bedeutet. Wenn Bartgeier auf Nahrungssuche sind, kreisen sie stundenlang in der Luft. Bartgeier sind hervorragende Segler. Oft fliegen sie aber auch nur wenige Meter über dem Boden, um nach toten Kleintieren (wie Hasen, Mäusen, Murmeltieren) Ausschau zu halten. Paarung und Aufzucht Bartgeier paaren sich im Spätherbst. Die Balz der Bartgeier ist ein unglaubliches Schauspiel. Hoch in der Luft packen sich das Männchen und das Weibchen an den Fängen und stürzen zusammen in die Tiefe. Kurz vor dem Aufprall lösen sie sich wieder voneinander und fliegen weiter. Die Paarung selbst findet nicht in der Luft, sondern am Boden statt. Das Weibchen legt mitten im Winter zwei Eier, nach etwa 54 Tagen schlüpft das erste Junge. Das Junge, das als Zweites schlüpft, überlebt normalerweise nicht. Sein älteres Geschwister quält es und frisst ihm das Futter weg. Das jüngere Bartgeier-Junge verhungert deshalb nach kurzer Zeit und wird von seinem Geschwister aus dem Nest gestossen. Das zweite Ei im Gelege der Bartgeier ist also nur eine Art «Reserve», falls das erste Junge sterben sollte. Es ist ungewöhnlich, dass Vögel im Winter brüten, bei den Bartgeiern macht dies aber Sinn. Im Frühling, wenn die Jungen schlüpfen, liegen nämlich die über den Winter gestorbenen Tiere im Gelände – das Nahrungsangebot ist also besonders gross. Junge Bartgeier leben noch nicht von Knochen, sondern von Fleisch, das ihnen ihre Eltern herantragen. Bartgeier und Mensch Vor etwa 200 Jahren sahen die Menschen im Bartgeier eine Bestie. Es wurde ihm – zu Unrecht – nachgesagt, er würde Lämmer reissen und Kleinkinder entführen. Deshalb nannten ihn die Menschen auch «Lämmergeier». Sie jagten ihn mit Gewehren oder legten Giftköder aus. Der letzte ursprüngliche Bartgeier der Alpen wurde 1913 im italienischen Aostatal erschossen. Seit 1953 ist der Bartgeier in der Schweiz geschützt. Seit 1978 werden Bartgeier für die Freisetzungen in den Alpen gezüchtet. 1986 wurden die ersten Bartgeier in Österreich ausgesetzt, es folgten weitere Aussetzungen in Frankreich, Italien und der Schweiz. Insgesamt wurden bislang rund 140 Bartgeier im Alpenraum ausgewildert. Bartgeier und WWF Der WWF unterstützt seit 1978 das internationale Projekt zur Wiederansiedlung des Bartgeiers in den Alpen. In der Schweiz wurden seit 1991 im Schweizerischen Nationalpark 27 Bartgeier freigelassen. In diesem Lebensraum scheinen sie sich wohl zu fühlen. Damit der Bartgeier in den Alpen wieder heimisch wird, müssen auch in Zukunft weitere Vögel ausgesetzt werden. Um Aussetzungen erfolgreich vornehmen zu können, muss bekannt sein, wo sich die Bartgeier aufhalten. Der WWF Schweiz unterstützt deshalb das Projekt «Bartgeier unterwegs»: Mit Hilfe von Sendern untersuchen Forscher die weiten Wanderflüge der Bartgeier – bis nach Österreich, Frankreich und Italien. Der WWF setzt sich auch weiterhin Länder übergreifend für den Bartgeier ein, denn Bartgeier kennen keine vom Menschen gezogenen Grenzen. Folienvorlage Bartgeier Bartgeier – Der « Knochenbrecher» Knochen, die zu gross sind, um sie direkt zu schlucken, lässt der Bartgeier aus 50 bis 100 Meter Höhe auf Felsen fallen, um sie zu zerbrechen. «Bartgeierschmiede»: Günstige Stellen, an denen der Bartgeier immer wieder Knochen abwirft, sind an vielen kleinen Knochensplittern erkennbar. Illustrationen mit freundlicher Genehmigung aus © Infodienst Wildbiologie & Ökologie: Bartgeier, Lehrmittel. Zürich 1997. © WWF Schweiz, Abteilung Jugend und Umwelt, 1999. Kopieren für den Schulgebrauch erlaubt. Weitere Informationen Bestellen kannst du beim WWF Schweiz per Telefon, Post oder E-Mail. Die Adresse findest du rechts unten. Die Lieferfrist beträgt etwa eine Woche. Wo kein Preis angegeben ist, kannst du pro Broschüre jeweils ein Exemplar gratis bestellen. www.wwf.ch/ bartgeier WWF-Informationen über die Auswilderung der Bartgeier in den Schweizer Alpen. www.bartgeier.ch Informationen über die Wiederansiedlung des Bartgeiers in den Alpen, mit Link zum BartgeierGame. www.tierpark.ch/ bartgeier/index.htm Rundgang durch die Bartgeier-Anlage im Tierpark Goldau. Bücher Robin, K.; Müller, J. P.; Pachlatko, Th. (2003): Der Bartgeier. Uznach: Robin Habitat AG. Pott, E. (2005): Ravensburger Tierlexikon von A-Z. Ravensburg: Ravensburger Buchverlag. “WWF” and “living planet” are Registered Trademarks//Mai 2010/Lenza Recy Star, 100% Recyclingpapier/Kom 981/05/Bild: WWF WWF (2010): Panda Club 4/10: Bartgeier, König der Alpen. Internet 1986 WWF – World Wide Fund for Nature/ Beim WWF erhältlich