Probleme bei Langzeitantibiotikatherapie 15. Berner Infektiologie Symposium 6 – Dezember – 2012 Parham Sendi Fremdkörper-assoziierte Infektionen Therapiedauer kurativ suppressiv unsicher/uneinig 6 Wochen bis 6 Monate ≥ 1 Jahr bis lebenslang Fremdkörper-assoziierte Infektionen Therapiedauer kurativ suppressiv stationär 6 Wochen bis 6 Monate ambulant ≥ 1 Jahr bis lebenslang Wie häufig sind unerwünschte Nebenwirkungen ? Studie aus Genf über Langzeitantibiotika Iten A, et al. ICAAC 2012, K-2075 393 Episoden mediane Therapiedauer 8 Wochen (range 4 – 12 Wochen) Nebenwirkungen: 115 Episoden (29%) Häufigste Nebenwirkungen: Diarrhö, Nausea, Unverträglichkeit Cholestase, Hautausschlag Pilzinfektionen Probleme bei Langzeitantibiotikatherapie ist ein relevantes und wahrscheinlich in der Praxis zunehmendes Thema basic principles Hausarzt Patient mit antibiotischer Therapie Spezialist Infektiologie wichtigste Konzepte und Medikamente Zeitpunkt des Problems Einteilung und Analyse des Problems Resistenzentwicklung Bakterien respektive Therapienotwendigkeit Zeitpunkt des Problems 100% 50% Infektmanifestation Zeit Bakterien respektive Therapienotwendigkeit Zeitpunkt des Problems – kuratives Konzept 100% Effektive notwendige Therapiedauer oft unbekannt Oft empirisch festgelegte Therapiedauer Zeitpunkt des Problems in Korrelation zur totalen Therapiedauer 50% ? Infektmanifestation Zeit Bakterien respektive Therapienotwendigkeit Zeitpunkt des Problems – suppressives Konzept Reevaluation eines kurativen Konzeptes 100% Komorbidität Lebenserwartung Zeitpunkt des Problems in Korrelation zur totalen Therapiedauer und in Korrelation zur Lebensqualität/-dauer 50% Effektiv notwendige Therapiedauer unbekannt ? Infektmanifestation Zeit wichtigste Konzepte und Medikamente Zeitpunkt des Problems Einteilung und Analyse des Problems Resistenzentwicklung Einteilung der Probleme Probleme bei Langzeitantibiotikatherapie 2 1 „unkontrollierter“ Infekt 3 4 Interaktionen und indirekte Nebenwirkungen Zweit-Infektionen anderer Lokalisation direkte Nebenwirkungen A B leicht schwer Einteilung der Probleme Probleme bei Langzeitantibiotikatherapie 1 „unkontrollierter“ Infekt Klinische Kontrolle Labor oft nicht hilfreich time is cure Bakterien respektive Therapienotwendigkeit unkontrollierte Infektion Unabhängig vom Zeitpunkt des Problems 100% Hausarzt Patient mit antibiotischer Therapie 50% Infektiologie Spezialist so rasch wie möglich zuweisen! Infektmanifestation Zeit Einteilung der Probleme Probleme bei Langzeitantibiotikatherapie 2 direkte Nebenwirkungen A B leicht schwer „Leichte“ Nebenwirkungen „dünner Stuhl“, Nausea, Unverträglichkeit 1. Ist es ‚managebar‘ ? 2. Wann in Korrelation zur totalen Therapiedauer ? Ad 1) Ist es ‚managebar‘ ? • Einnahme der Antibiotika verschieben • Einnahme an Mahlzeit anpassen • Antibiotikadosis anpassen/reduzieren Beispiel Rifampicin 1 x 900mg oder 2 x 450mg oder 1 x 600mg oder 2 x 300mg Hausarzt Infektiologie Patient „Leichte“ Nebenwirkungen Bakterien respektive Therapienotwendigkeit Ad 2) Wann in Korrelation zur totalen Therapiedauer ? Hausarzt 100% Patient ? ? Spezialist Infektiologie 50% Infektmanifestation Zeit Oft empirisch festgelegte Therapiedauer Einteilung der Probleme Probleme bei Langzeitantibiotikatherapie 2 direkte Nebenwirkungen A B leicht schwer „Schwere“ Nebenwirkungen – Beispiel 1 88-jähriger Mann, polymorbid, Hüft-Protheseninfekt links mit koag.-negative Staphylokokken → Suppressionstherapie mit Bactrim forte 3 x 1 Tbl. p.o./d 10 Tage nach Entlassung, Blutbildkontrolle beim Hausarzt: Agranulozytose Bactrim forte gestoppt, keine Antibiotika für 7 Tage Tag 7: neutrophile Granulozyten 0.8 G/L Fortführung der antibiotischen Suppressionstherapie mit Doxycyclin 2 x 100 mg p.o./d „Schwere“ Nebenwirkungen – Beispiel 2 74-jährige Frau, bekannte mittelschwere Aortenstenose Aortenklappen-Endokarditis mit S.aureus → i.v. Therapie mit Flucloxacillin 6 x 2 gr/d Klinisch günstiger Verlauf, Tag 21, nosokomialer Harnwegsinfekt mit E.coli Ciproxin 2 x 500mg p.o. für 7 Tage Tag 7 Ciproxin/Tag 28 Floxapen: rötliche, nicht-wegdrückbare Papeln Leukozytoklastische Vaskulitis oder Hypersensitivitätsvaskulitis „Schwere“ Nebenwirkungen – Beispiel 2 Leukozytoklastische Vaskulitis oder Hypersensitivitätsvaskulitis S.aureus ? Floxapen ? Ciproxin ? Fortführung der antibiotischen mit Floxapen Ciproxin stopp Regredienz der Effloreszenz nach 9 Tagen Bakterien respektive Therapienotwendigkeit „Schwere“ Nebenwirkungen Stopp des ursächlichen Antibiotikums unabhängig vom Zeitpunkt des Problems 100% Hausarzt …aber… Patient 50% Spezialist Infektiologie Dynamik des Infektes ohne Antibiotika Infektmanifestation Zeit Einteilung der Probleme Probleme bei Langzeitantibiotikatherapie 3 Interaktionen und indirekte Nebenwirkungen Hausarzt Patient Spezialist Infektiologie Interaktionen – Beispiel 1 79 Jahre, Mann, Lungenembolie → Marcumar 4 Monate später, S.aureus Bakteriämie, Spondylodiszitis L3/4 Debridement, Spondylodese L2-5, Ciproxin + Rifampicin 1 Monat nach Entlassung, erneute Lungenembolie INR nicht therapeutisch Rifampicin Cytochrom-P450 Induktor [CYP1A2, 2C9, 2C19, 3A4] Marcumar Dosis ↑ (2- bis 3-fach, selten 5- bis 6-fach) engmaschige INR Kontrolle, innerhalb der ersten 2 Wochen nach Beginn und nach Stopp. Romankiewicz JA, Ehrman M. Ann Intern Med. 1975; 82(2):224-5. Interaktionen – Beispiel 2 Einteilung der Probleme Probleme bei Langzeitantibiotikatherapie 4 Zweit-Infektionen anderer Lokalisation Candida Infektionen Clostridien Infektionen Candida Infektionen Prädisposition durch Langzeitantibiotika Pilzinfektionen bei Langzeitantibiotika <5% (häufiger bei i.v. als p.o.) häufiger oberflächliche/mukosale als invasive Infektionen. rezidivierende Pilzinfektionen bei Langzeitantibiotika (geschätzt) <1% Blander JM, et al. Nat Rev Immunol. 2012;12(3):215-25., Pulcini C, et al. Eur J Clin Microbiol Infect Dis (2008) 27:1227–1232 Candida Infektionen – Behandlung Wie behandeln ? – Diskussionspunkt – Vorschlag: Lokalisation 1. Wahl Alternative oder 1. Rezidiv oropharyngeal lokale Therapie Bsp. Nystatin, Amphotericin B Fluconazol 1 x 200mg p.o. oropharyngeal (2. Rezidiv) Fluconazol 1 x 100mg p.o. für 7 – 14 Tage ösophageal Fluconazol 1 x 100mg p.o. für 7 – 14 Tage Fluconazol 1 x 100mg p.o. für 14 – 21 Tage vulvovaginal lokale Therapie Fluconazol 1x 150mg p.o. Bsp. Clotrimazol Vaginal Tabl. CAVE Interaktionen Fluconazol orale Antidiabetika↑ Phenytoin↓ Cyclosporin↓ Clostridien Infektionen – Risiken Alle Antibiotika können zu einer Clostridien Infektion führen. Clindamycin, Ampicillin/Amoxicillin 2. - und 3. Generation-Cephalosporine Trimethoprim-Sulfmethoxazol Tetrazykline Chinolone Makrolide Aminoglykoside Giulieri S, et al. Schweiz Med Forum 2005;5:409–413 Clostridien Infektionen – Klinische Manifestation / Epidemiologie Asymptomatische Kolonisation Leichte- mittelschwere Diarrhoe ohne systemische Symptome (Pseudmomebranöse) Kolitis: schwere Diarrhö, syst. Symptome Toxisches Megakolon, Kolonperforation Bei Langzeitantibiotika: Häufigkeit ca. 3 – 5% (non CD Diarrhö 10%-20%) Patienten mit Rifampicin p.o wenigier C.difficile Infektionen Standardtherapie (14 Tage): Metronidazol 3 x 500 mg p.o. Alternative: Vancomycin 4 x 125 mg p.o. Stopp Antibiotika sehr wichtiger Faktor der Therapie. Modena S, J Clin Gastroenterol. 2006; 40:49-54. Landelle C et al. ICAAC 2012, K-929 „Leichte“ Nebenwirkungen Bakterien respektive Therapienotwendigkeit Ad 2) Wann in Korrelation zur totalen Therapiedauer ? Hausarzt 100% Patient ? ? Spezialist Infektiologie 50% Infektmanifestation Zeit Oft empirisch festgelegte Therapiedauer wichtigste Konzepte und Medikamente Zeitpunkt des Problems Einteilung und Analyse des Problems Resistenzentwicklung Resistenzentwicklung EVIDENCE aus klinischen Studien (vorher versus nachher) – schwach! Azithromycin und Staphylococcus aureus bis zu 100% !! EVIDENCE aus in vitro, Tiermodellen, rationale Erklärung Pediatr Infect Dis J 2007; 26: 8–12. Resistenzentwicklung Jernberg C, et al. Microbiology 2010, 156, 3216–3223