Quantenphilosophie

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Quantenphilosophie
Judith Painsi
Tobias Sütterlin
31. Januar 2014
1
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung
3
2
Unschärferelation
4
3
Kollaps der Wellenfunktion
5
4
EPR-Experiment
6
5
Bell-Ungleichung
6
5.1
6
Herleitung der CHSH-Ungleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
Kopenhagener Deutung der Quantenmechanik
7
Bohmsche Mechanik
10
8
Viele-Welten-Interpretation
11
9
Anhang
12
2
9
1 Einleitung
Die Quantenmechanik gilt heute als eine der am besten gesicherten physikalischen Theorien
überhaupt. Sie konnte bisher nicht experimentell falsifiziert werden. Gleichwohl wurde sie immer wieder von der Community in Frage gestellt.
Vor allem der nichtdeterministische Charakter und die scheinbare Verletzung der LokalitätsHypothese1 stießen sauer auf und brachten Physiker wie Einstein dazu an der Vollständigkeit
der Quantenmechanik zu zweifeln.
Um am vertrauten Determinismus festzuhalten wurden von den Realisten2 sogenannte Hidden
Variables eingeführt. Dazu später mehr.
Grundsätzlich liefert die Quantenmechanik einen mathematischen Formalismus, um Aussagen
über die Ausgänge von Messungen zu liefern. Dazu bedient sie sich der Wahrscheinlichkeitstheorie.
1 Salopp gesprochen: Teilchen können nicht auf beliebige Entfernung Information instantan übertragen (man beden-
ke die Lichtgeschwindigkeit als Grenzgeschwindigkeit)
der Theorie, dass Dinge fixe Eigenschaften zu jedem Zeitpunkt besitzen
2 Anhänger
3
2 Unschärferelation
1927 fand Werner Heisenberg heraus, dass zwei komplementäre Variablen (wie der Ort x und der
Impuls p) nicht zur gleichen Zeit beide mit beliebiger Genauigkeit gemessen werden können. In
Heisenbergs Notation:
∆x · ∆p ∼ h
(1)
Die in 1 beschriebene Unschärferelation ist nicht, wie häufig geglaubt, auf Einflussnahme der
messenden Person auf das System zurückzuführen, sondern taucht in jedem Fall auf, wenn Systeme durch Wellen beschrieben werden, ist also eine fundamentale Eigenschaft von Quantenobjekten.
Die Unschärferelation ergibt sich mathematisch daraus, dass die Verteilung von zwei komplementären Größen durch die Wellenfunktion ψ(x) gegeben ist. Um ein Teilchen genau zu lokalisieren, wird die beschreibende Welle mit weiteren Wellen, die verschiedene Impulse beschreiben, überlagert. Dabei handelt es sich im Prinzip um eine Fourier-Synthese (siehe2 ). Dass heißt
es werden harmonische Schwingungen addiert, um die gewünschte Funktion zu erhalten.
Abbildung 1: Fourier-Synthese
Durch die Grenzwertbildung erhalten wir die Fourier-Transformation
1
ψ(x) = √
2π h̄
Z ∞
ipx
φ (p) · e h̄ d p
(2)
−∞
.
Da, um den Ort x beliebig genau zu bestimmen, eine Integration über unendlich viele Impulswer-
4
te vonnöten ist, ist es offensichtlich, dass man damit jegliche Kenntnis über dessen eigentlichen
Wert verliert.
3 Kollaps der Wellenfunktion
Dieses Prinzip spielt ebenfalls eine wichtige Rolle für das theoretische Verständnis des Messvorgangs. Erste Gedanken dazu wurden 1932 von Werner Heisenberg und John von Neumann
formuliert.
In der Quantenmechanik wird ein physikalisches System durch die Superposition von Eigenzuständen beschrieben.
n
|ψi = ∑ ci |φi i
(3)
i=1
Bei einer Messung des Systems erhält man nichts desto trotz einen einzigen Messwert. Daraus
folgt, dass die Superposition beim Messvorgang auf einen Zustand reduziert wird.
|ψi → |φ j i
(4)
Dieser Übergang wird als Kollaps der Wellenfunktion bezeichnet. Er wurde anfänglich als Vorgang a priori postuliert. Vor allem die dadurch ermöglichte instantane Wechselwirkung, die der
Lokalitäts-Hypothese widerspricht, führte zu Debatten.
5
4 EPR-Experiment
1935 sollte sich das Gedankenexperiment, benannt nach den Physikern Einstein, Podolsky und
Rosen, genau um diese Ungereimtheit kümmern.
Betrachten wir ein System zweier verschränkter Teilchen A und B, dessen Gesamtspin gleich
Null ist, also den Singlett-Zustand:
1
|ψi = √ (| ↑↓i + | ↓↑i)
2
(5)
Misst man nun den Spin des Teilchens A, kann man daraus sofort auf den Spin des Teilchens
B schließen, ohne jegliche Messung und die beiden Teilchen können beliebig weit voneinander
entfernt sein.
Zur Erklärung dieses Phänomens kamen für Einstein, Podolsky und Rosen zwei Möglichkeiten
in Frage. Die Erste, dass die Teilchen mit Überlichtgeschwindigkeit Information austauschen,
wurde ausgeschlossen. Die Zweite Möglichkeit, die Annahme von sogenannten Hidden Variables, deren Kenntnis zu einer genauen deterministischen Vorhersage führen sollte, war für diese
Physiker der Grund, die Vollständigkeit der Quantenmechanik anzuzweifeln.
5 Bell-Ungleichung
Der Physiker John Stewart Bell versuchte 1964 die Existenz von Hidden Variables in die quantenmechanische Theorie zu verstricken. Ihm gelang es eine Ungleichung abzuleiten, die es ermöglichte experimentell die Existenz von Hidden Variables nachzuweisen. Eine Variante ist die
CHSH-Ungleichung, die auf Clauser, Horne, Shimony und Holt zurückgeht und besonders gut
umsetzbar ist.
5.1 Herleitung der CHSH-Ungleichung
Ein verschränktes Photonenpaar wird erzeugt (zum Beispiel durch Zwei-Photonenemission) und
die Polarisation der einzelnen Photonen wird von räumlich getrennten Beobachtern A und B gemessen. Dabei schalten sie ihre Polarisatoren zufällig zwischen zwei Richtung XA ,ZA bzw XB ,ZB
hin und her, siehe dazu die Abbildung 2. Für jede Orientierung sind jeweils zwei Ergebnisse möglich, horizontal und vertikal, kodiert durch ±1. Gemäß der Theorie der Hidden Variables
6
sind die Polarisierungszustände der Photonen durch verborgene Parameter beschrieben. Wir nenne diese im Folgenden λ .
Abbildung 2: Schematischer Aufbau des EPR-Experiments
Der Kern des Experiments besteht nun darin, die Korrelation zwischen den Messungen von
A und B zu betrachten. Dazu messen die Beobachter bei einer Folge von Emissionen jeweils
gleichzeitig die Polarisationsrichtungen. Aus der gesamten Messreiche greifen wir nun jene heraus, wo die Beobachter die Richtung XA und XB gewählt haben. Nun bilden wir den Mittelwert
über die beiden Messwerte:
hax bx i =
Z
ax (λ )bx (λ )dλ
(6)
Aus der Messreihe können wir natürlich noch die restlichen Korrelationsfunktionen hax bz i,
haz bx i und haz bz i.
Der Trick ist nun, eine Abschätzung zu finden, die eine experimentelle Überprüfung möglich
macht.
Dazu bilden wird den Betrag
κ = |hax bx i + haz bz i + haz bx i − hax bz i|
(7)
.
Da alle Korrelationsfunktionen die Gestalt 6 haben können wir schreiben:
κ =|
Z
ax (λ )bx (λ ) + az (λ )bz (λ ) + az (λ )bx (λ ) − ax (λ )bz (λ )dλ |
Mit der Dreiecksungleichung für Integrale gilt:
7
(8)
κ≤
Z
|(ax bx + az bz + az bx − ax bz )|dλ
(9)
Den Betrag kann nun geeignet umgeformt werden, sodass man mit den Werten ±1 für die Messungen, erkennen kann dass:
|(ax + az )bx + (az − ax )bz | = 2
(10)
und daraus folgt die CHSH-Ungleichung
|hax bx i + haz bz i + haz bx i − hax bz i| ≤ 2
(11)
.
Wichtig ist, dass alle Ausdrücke in der obigen Formeln experimentell bestimmbar sind. Das tatsächliche Ergebnis der Messungen widerspricht jedoch diesen Ungleichungen. Im Experiment
werden durchaus Werte größer Zwei erreicht. Damit wäre experimentell widerlegt, dass Hidden Variables keinen Platz in der quantenmechanischen Theorie finden. Diese wäre somit als
vollständig anzusehen.
Wären da nur nicht einige Schlupflöcher beim Experiment, die nicht trivial zu umgehen sind. Zu
den sogenannten Loopholes zählen unter anderem, dass die Teilchen auch wirklich weit genug
voneinander entfernt sind und die relative Detektionsrate der Messung.
Dieses Experiment mit möglichst vielen zugleich geschlossenen Loopholes durchzuführen, ist
ein aktuelles Forschungsgebiet und wird an der Universität Wien von der Zeilinger-Gruppe bearbeitet.
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6 Kopenhagener Deutung der Quantenmechanik
Bei der Kopenhagener Deutung handelt es sich um die erste abgeschlossene Interpretation der
bis dahin rein mathematischen Quantenmechanik. Sie wurde 1927 von Niels Bohr und Werner
Heisenberg während ihrer Zusammenarbeit in Kopenhagen entwickelt. Da die Kopenhagener
Deutung sich in großen Teilen im Dialog zwischen den Physikern entwickelte, wurde sie nie
präzise formuliert. Daher haben sich viele verschiedene Varianten entwickelt, die sich teilweise
gegenseitig ausschließen. Gemein ist dieser Interpretation im allgemeinen jedoch:
• Ein System wird vollständig durch seine Wellenfunktion beschrieben. Beim Messvorgang
kollabiert die Wellenfunktion und eine diskrete Observable kann gemessen werden.
• Die Wellenfunktion hat keine Entsprechung in der Realität, sondern ist nur ein mathematisches Werkzeug zur Bestimmung von Wahrscheinlichkeiten. Es handelt sich also um eine
instrumentalistische Interpretation.
• Die Quantenmechanik wird nicht als unvollständig betrachtet, sondern es wird davon ausgegangen, dass die Natur prinzipiell indeterministisch ist. Die Bornsche Regel erlaubt die
Berechnung der Wahrscheinlichkeiten für unterschiedliche Eigenwerte einer bestimmten
Oberservable als Quadrat der Wellenfunktion.
• Das Komplementaritätsprinzip: Bestimmte Messungen schließen sich gegenseitig aus, gehören jedoch zusammen. Das bekannteste Beispiel ist Ort und Impuls eines Teilchens, die
nicht gleichzeitig beliebig genau bestimmt werden können. Eng verwandt ist der WelleTeilchen-Dualismus. Quantenobjekte sind sowohl Welle als auch Teilchen, welche Eigenschaft zutage tritt hängt vom jeweiligen Experiment ab.
Zwei Phänomene unter der Kopenhagener Deutung:
• EPR-Experiment: Wenn ein Teilchen A gemessen wird, kollabiert die entsprechende Wellenfunktion, keine ßpukhafte Fernwirkung"notwendig, da Wellenfunktion nicht real ist.
Der Beobachter bei Teilchen B muss diese Information auf herkömmliche Art übermittelt werden, damit er davon profitieren kann. Überlichtschnelle Kommunikation ist nicht
möglich (no-communication theorem).
• Doppelspaltexperiment: Die Frage ob ein Teilchen Spalt A oder Spalt B passiert hat ist
unter der Kopenhagener Deutung nicht zulässig, da dass Teilchen nicht im Raum lokalisiert ist. Man kann nur die entsprechenden Wellenfunktion berechnen und anschließen die
Wahrscheinlichkeit berechnen das Teilchen auf einem bestimmten Teil des Detektors zu
registrieren.
9
7 Bohmsche Mechanik
Die Bohmsche Mechanik ist auch unter dem Namen De-Borglie-Bohm-Theorie bekannt, da die
grundlegende Idee zuerst in den 1920ern von De Broglie beschrieben wurde, hier noch unter
dem Namen „Theorie der Pilotwelle“. Seine Interpretation findet jedoch wenig Beachtung. In
den 1950ern formuliert der amerikanische Physiker David Bohm unwissend von de Boglies
Arbeit eine äquivalente Fassung dieser Theorie. John Steward Bell war einer der wenigen, prominenten Befürworter der Bohm’sche Interpretation. Auf seiner Suche nach einem Argument
mit dem er seine Meinung untermauern kann fand er jedoch mit den Bellschen Ungleichungen,
eines der stärksten Argumente gegen Interpretation mit Hidden Variables.
In der Bohmschen Mechanik wird ein quantenmechanisches System durch die Wellenfunktion
ψ und die Orte der Teilchen zu Beginn des Experimentes beschrieben. Die Wellengleichung
erzeugt ein Führungsfeld dass die Teilchen auf kontinuierlichen, deterministischen Bahnen leitet. Bei der Führungsgleichung, die die Trajektorien der Teilchen beschreibt, handelt es sich um
eine Differentialgleichung erster Ordnung. Um eine eindeutige Lösung für ein Teilchen zu finden genügt also der Ort des Teilchens, im Gegensatz zum klassischen Fall. Wie bei den meisten
Interpretationen der Quantenmechanik besteht keine Möglichkeit, experimentell zwischen der
Bohmschen Mechanik und der üblichen Quantenmechanik zu unterscheiden.
Wichtige Eigenschaften der Bohmschen-Mechanik:
• Nichtlokalität: Alle Teilchen in einem System sind über dieses Führungsfeld verknüpft.
Entfernt man zum Beispiel ein Teilchen, so ändert sich das Führungsfeld im ganzen System instantan. So kann ein Teilchen auch ein weit entferntes Teilchen beeinflussen. Signalübermittlung ist jedoch dennoch nicht möglich.
• Determinismus: Die Bohmsche Mechanik beschreibt Quantensysteme deterministisch,
der Zustand des System zu einem beliebigen Zeitpunkt ist also eindeutig bestimmt durch
die Anfangsbedingungen. Es ist keine Annahme einer prinzipiellen Zufälligkeit notwendig. Allerdings ist die Kenntnis der genauen Anfangsbedingungen in der Bohmschen Mechanik prinzipiell nicht möglich. Der deskriptive Gehalt beider Theorien ist also identisch.
• Das Messproblem taucht nicht auf, der "Kollaps der Wellenfunktionïst nicht notwendig.
Das Teilchen ist nicht unterwegs verschwunden, sondern bewegte sich die ganze Zeit entlang einer eindeutigen Trajektorie. Verschiedene Messresultate bedeuten, dass die Anfangswerte unterschiedlich waren.
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• Kein Welle-Teilchen-Dualismus: Teilchen sind immer Teilchen, sie zeigen nur manchmal
wellenartige Eigenschaften, da ihre Bewegungen durch eine Welle definiert werden.
8 Viele-Welten-Interpretation
Die Viele-Welten-Interpretation ist eine Interpretation der Quantenmechanik, die auf den amerikanischen Physiker Hugh Everett zurückgeht. In seinem ursprünglichen Artikel „Relative State
Formulation of Quantum Mechanics“ von 1957 versucht Everett, die Quantenmechanik nur auf
Grundlage der Schrödingergleichung zu rekonstruieren. Er macht möglichst wenige Annahmen,
verzichtet also auf Hidden Variables, Kollaps der Wellenfunktion und Quantenpotentiale. Kern
der Viele-Welten-Interpretation ist, dass bei einer quantenmechanischen Messung nicht zufällig
ein bestimmtes Ergebnis realisiert wird, sondern das alle Ergebnisse realisiert werden. Everett
spricht von einer universalen Wellengleichung, die sich in mehrere Äste aufspaltet, die sich in
Superposition befinden und nicht mehr miteinander wechselwirken können. In jedem dieser Äste wurde ein bestimmtes Ergebnis realisiert.
Niels Bohr stand der Viele-Welten-Interpretation jedoch sehr ablehnend gegenüber, vermutlich
auch da Everett in seinem Artikel scharfe Kritik an der Kopenhagener Interpretation übte. Obwohl die Interpretation seinerzeit bekannt war wurde sie weitestgehend ignoriert. Everett zieht
sich nach einiger Zeit aus der Forschung zurück und arbeitet von da an für das Pentagon. 1970
veröffentlichte der amerikanische Physiker Bryce DeWitt einen Artikel, der die Everett’sche
Interpretation auffasste und neu zur Diskussion stellte. DeWitt führte er auch den Begriff ManyWorlds-Interpretation und die Vorstellung, dass sich die „Welt aufspaltet“ ein. Heutzutage ist
die Viele-Welten-Interpretation eine der populärsten Interpretationen, die diverse bekannte Wissenschaftler anerkennen (u. a. Murray Gell-Mann, Stephen W. Hawking, Steven Weinberg). Aus
dem Versuch die Viele-Welten-Interpretation weiterzuentwickeln entstand in den 80ern die sog.
Consistent-Histories-Interpretation.
Es gibt viele verschiedene Varianten der Viele-Welten-Interpretation. Während Everett und DeWitt die anderen Welten für real halten, bevorzugen Hawking und Weinberg bevorzugen nichtreale Variante, bei der über die anderen Welten keine aussagen gemacht werden, wodurch die
Viele-Welten-Interpretation zu einer sehr pragmatischen Theorie wird.
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9 Anhang
http://de.wikipedia.org/wiki/Interpretationen_der_Quantenmechanik
http://de.wikipedia.org/wiki/Kopenhagener_Deutung
http://de.wikipedia.org/wiki/De-Broglie-Bohm-Theorie
http://de.wikipedia.org/wiki/Viele-Welten-Interpretation
http://en.wikipedia.org/wiki/Interpretations_of_quantum_mechanics
http://en.wikipedia.org/wiki/Copenhagen_interpretation
http://en.wikipedia.org/wiki/De_Broglie–Bohm_theory
http://en.wikipedia.org/wiki/Many-worlds_interpretation
http://www.bohmian-mechanics.net/
http://www.files.chem.vt.edu/chem-ed/data/fourier.html
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/5b/EPR-paradox-illus.png
Richard Feynman - QED
Haken, Wolf - Atom- und Quantenphysik
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