Syntax II
Teil II: Phrasen und
Phrasenstruktur
Übersicht:
Grammatische Funktionen
Kategorien
Konstituenten & Strukturbäume
Konstituententest
Endozentrizität
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Einfacher Satzbau
Syntax II
Drei allgemeine Grundfragen der Syntax:
I. Was muß ein grammatischer Satz mindestens enthalten?
II. Was kann ein grammatischer Satz höchstens enthalten?
III. In welcher Reihenfolge treten die Satzteile auf?
Erste Antworten ('Deskriptive Generalisierungen'):
Regel I. Jeder Satz braucht ein Subjekt und ein Prädikat.
(1)
a. *friert
b. *es
c. Es friert.
¸ kein Subjekt
¸ kein Prädikat
¸ Subjekt und Prädikat
Regel II. Jeder Satz hat null bis zwei Objekte.
¸ kein Objekt º intransitives Verb
(2)
Es friert/Mir friert
(3)
a. *Er erkennt
b. Er erkennt das Gesicht ¸ ein Objekt º transitives Verb
(4)
Weiter Beispiele: spüren, unterweisen, runterschlingen,…
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1
Grammatische Funktionen: Prädikat,…
(1)
a. *Sie überließ
¸ zwei Objekte º ditransitives Verb
b. *Sie überließ ihm
c. *Sie überließ die Aufgabe
d. Sie überließ ihm die Aufgabe
(2)
Weitere Beispiele: zeigen, vorstellen, aussetzen, unterziehen, …
Syntax II
Objekt, Prädikat,... bezeichnen Grammatische Funktionen:
Objekt:Def Jener Satzteil, der bei transitiven Verben obligatorisch
einmal auftritt, und bei ditransitiven Verben zweimal auftritt.
Prädikat:Def Jener Satzteil, der die Eigenschaft des Subjekts
bestimmt (Subjekt "hat die Eigenschaft X", wobei X=Prädikat)
Unterschiedliche Kategorien können die selbe grammatische
Funktion ausüben (vgl. Antrieb eine Fahrzeugs durch Benzin, Dampf,…)
(3)
a. Josef schweigt.
b. Maria ist klug.
c. Hans ist Fischer.
d. Berlin ist in Europa.
¸ Verb fungiert als Prädikat
¸ Adjektiv fungiert als Prädikat
¸ Nomen fungiert als Prädikat(snomen)
¸ Präposition fungiert als Prädikat
…. Adverbial, Objekte,….
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Syntax II
Adverbial:Def Satzteil, der das Prädikat im Satz näher bestimmt.
(1)
a. Sie kam am Montag an ¸ Präposition fungiert als Adverbial
b. Sie kam früh an
¸ Adverb fungiert als Adverbial
c. Sie kam heute an
¸ Nomen fungiert als Adverbial
Direktes Objekt (DO):Def bestimmt das Objekt, auf das sich die
Verbalhandung bezieht – (meist) durch Akkusativ realisiert
Indirektes Objekt (IO):Def designiert Empfänger oder Ziel - (meist)
durch Dativ realisiert
(2)
Sie überließ dem FreundDat-IO ihren HundAkk-DO
Variation in der Wortfolge ändert die Relationen zwischen Kasus
und grammatischer Funktion nicht:
(3)
Sie überließ ihren HundAkk-DO dem FreundDat-IO
Indirektes Objekt als Akkusativ (4a/b) und direktes als Dativ (4b):
(4)
a. Sie lehrte den HundAkk-IO das KlavierspielACC-DO
b. Sie setzte den HundAkk-IO einer GefahrDat-DO aus
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…und Subjekt (des aktiven Satzes)
Syntax II
GF des Subjekts: schwer zu definieren. Jener Satzteil, der
• die Handlung aktiv verursacht:
(1)
¸ Subjekt als Agens
a. Maria malt.
b. Die Kuh kalbt.
• oder an der Handlung teilnimmt:
(2)
a. Das Kommitte traf schlafend ein.
b. Peter stirbt.
(3)
a. Das neue Restaurant reizte den Kritiker.
b. Josef ist Franzose/krank/tot/…
• oder als Träger einer Eigenschaft fungiert:
• oder keine Bedeutung trägt:
(4)
Es schneit/regnet/friert… ¸ Expletives Subjekt
Kasus des Subjekts: Nom., Dativ, Accusativ oder kein Kasus:
(5)
a. MirDAT ist langweilig.
b. MichAKK friert.
c. [Daß es schneit] freut den Josef.
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Zusammenfassung
Syntax II
Obligatorisch (= unbedingt notwendig):
Subjekt
Ein Objekt in transitiven Konstruktionen
Zwei Objekte in ditransitiven Konstruktionen
Optional (= darf präsent sein)
Adverbiale (und Adnominale,… siehe Tabelle
Es gibt komplexe Korrespondenzen zwischen Funktion und
morphologischer Kategorie (neue Begriffen ¸ Tutorium):
Grammatische Funktion
Kategorie
Subjekt
NomenNOM, NomenDAT, Satz
Objekt (direkt, indirekt)
NomenNOM, NomenDAT, Satz
Prädikat
Verb, Adjektiv, Nomen, Präposition
Adverbial
Nomen, Präposition, Adverb,
(Adverbial)satz
Adjektiv, (Relativ)satz
Adnominal
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Syntaktische Kategorien
Syntax II
Morphologische Kategorien werden auch in der Syntax genutzt,
wo sie als 'syntaktische Kategorien' bezeichnet werden:
Lexikalische Kategorien (offene Klasse von
bedeutungstragenden Elementen):
Nomen (N) (Maria, Tisch, Ameisenbär, Tapferkeit, ...)
Verb (V) (sehen, geben, schmelzen, ...)
Präposition (P) (in, auf, neben, zwischen, ...)
Adjektive (A) (gut, intelligent, groß, ...)
Adverb (Adv) (immer, oft, leider, unausweichlich, jetzt, ...)
Funktionale Kategorien (geschlossene Klasse von Elementen
mit ähnlicher Funktion):
Determinator (D/Det) (der,…ein, dieser, jeder, keiner, machner,...)
Auxiliar (Aux) (sein, haben, evt. Modale können, müssen,…)
Gradierungspartikel (Deg) (sehr, ziemlich, mehr [kontaminiert],…)
Konjunktion (Con) (und, oder, aber, weil, da, nachdem, ….)
Komplementierer (C) (daß, ob)
(siehe unten)
(Die!) Partikel: (zu, nur, wohl, …)
Kleinste Einheit der Syntax
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Syntax II
Regel I: Jeder Satz braucht ein Subjekt (siehe Folie 2)
Grammatische Funktionen korrespondieren mit Kategorien
Regel I': Jeder Satz hat ein X, das als Subjekt fungiert.
V Worauf bezieht sich denn X in Regel I'?
V Generell: Worauf beziehen sich die Regeln der Syntax?
Option A: X bezieht sich auf Wörter.
KNein – Referenz auf konkrete Wörter kann nicht generell festlegen,
was das Subjekt eines Satz ist. Führt zu absurden Regeln wie:
'Jeder Satz hat das Wort 'Tisch' oder das Wort 'Wal' … als Subjekt'
Option B: X bezieht sich auf syntaktische Kategorien.
Man sollte das Subjekt durch Referenz auf syntaktische
Kategorien festlegen können.
z.B: 'Das Subjekt ist der Satzteil, der mit einem Nomen beginnt.'
¸ Regel referiert z.B. auf den Beginn des Subjekts
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Von Kategorien zu…
Syntax II
Beobachtung: eine Unzahl an Kategorien kann an der ersten
Stelle des Subjekts stehen:
(1)
a. Josef läuft.
b. Ein Mensch läuft.
c. Alte Tiere laufen nicht.
¸ Nomen
¸ Determinator
¸ Adjektiv
(2)
a. [Daß Maria läuft] freut den Josef.
b. [Mit Hunden zu laufen] freut den Josef.
c. [Zu laufen] freut den Josef nicht so sehr.
¸ Komplementierer
¸ Präposition
¸ Partikel
Aber nur wenige dieser Kategorien bilden für sich allein ein
wohlgeformtes Subjekt:
(3)
a. *Ein läuft.
¸ Determinator
b. *Früherer läuft. (vgl.: Ein früherer Minister läuft.) ¸ Adjektiv
c. *Daß läuft.
¸ Komplementierer
d. *Mit läuft.
¸ Präposition
º Folgerung 1: Die Tatschache, daß fast alle Wortklassen die erste
Stelle des Subjekts einnehmen können ist irrelevant für die Definition
des Subjekts.
…Phrasen (Konstituenten)
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Syntax II
º Folgerung 2: Ein designierter (= bestimmter) Teil des Subjektes
verleiht ihm seine Subjektseigenschaften.
Syntaktische Regeln beziehen sich auf Gruppen von Wörten,
die als Phrasen oder Konstituenten bezeichnet werden.
Endozentrizität: Phrasen enthalten genau eine Kategorie - den
Kopf - die entscheidend für das Verhalten der Phrase ist.
(vgl.: Gruppe: 'Nick Cave and the Bad Seeds' mit Kopf Nick Cave)
Phrasen können durch syntaktische Strukturbäume dargestellt
werden (Alternative: Klammerung; siehe unten).
Um Phrase voneinander zu unterscheiden, werden sie durch den
Zusatz 'P' an den Kopf der Phrase gekennzeichnet: NP, PP, VP,....
(1)
a.
NP
egi
b.
VP
ru
D
g
A
g
N
g
V
g
A
g
Ein
alter
Hund
schnarcht
leise
c.
PP
ru
P
g
neben
N
g
Hans
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Projektion und Satz
Syntax II
Der Kopf der Phrase projiziert und überträgt der maximalen
Projektion seine Eigenschaften:
(1)
NP
N projiziert zu NP
ego
D
g
der
A
g
zweite
N
g
Kandidat
NPs sind Projektionen von Nomen, VPs von Verben,....
(2)
Der Satz wird – im Deutschen - als Projektion der satzeinleitenden
Partikel 'daß' (und 'ob') analysiert (für Argumente siehe Syntax II):
CP
C projiziert CP
ego
C
g
Maria
läuft
daß
º Regel I' kann jetzt formuliert werden:
(3) Regel I': Jeder Satz hat eine NP oder eine CP die als Subjekt fungiert.
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