Infektionserkrankungen und Aktuelles rund um die Biene Die Bienenhaltung und Imkerei hat in den letzten Jahren einen starken Wandel durchgemacht. Eine Vielzahl an neueren Infektionserregern der Biene (Nosema ceranae, Israeli Acute Paralysis Virus - IAPV) aber auch der Einfluss aus der Landwirtschaft (z.B. Monokulturen, Saatgutbeizmittel, Pestizide) erschweren den Imkern die Bewahrung gesunder Bienenvölker. Abb. 1: Bienen auf einer Wabe. In diesem LABOKLIN Aktuell soll auf die wichtigsten Erkrankungen und Wissenswertes rund um die Biene (Abb. 1) eingegangen werden. Krankheiten. Die Folgen sind ein lückenhaftes Brutbild, löchrige Zelldeckel, abgestorbene Larven oder Puppen. Frisch geschlüpfte Bienen sind verkümmert, oft fehlen die Flügel oder andere Extremitäten, und der Hinterleib ist verkürzt. Das Zusammenbrechen der Völker geht dann auf eine verminderte Leistungsfähigkeit und Bruttätigkeit zurück. Die Milbe lässt sich mit freiem Auge auf den Bienen, in den Brutzellen und im Gemüll (täglicher Milbenfall auf dem Beutenboden) erkennen. In den letzten Jahren wurden synthetische Akarizide (z.B. Bayvarol®, Perizin® und Apsitan® (in Deutschland nicht zugelassen)) eingesetzt, jedoch sind die Behandlungserfolge teilweise durch Resistenzbildungen eingeschränkt. Daher kommen auch verschiedene Therapieprotokolle mit organischen Säuren z.B. Milch-, Ameisen- und Oxalsäure zusätzlich zur Anwendung. Die Varrose ist im seuchenhaften Verlauf in Österreich anzeigepflichtig (dies gilt für alle Infektionskrankheiten der Biene im seuchenhaften Verlauf!). In der Schweiz zählt sie zu den überwachten Seuchen während in Deutschland eine Behandlungspflicht besteht – keine Anzeigepflicht! Parasitäre Infektionen Varrose (Varroatose): Diese Parasitose wird durch die Varroamilbe, Varroa destructor verursacht. Die Varrose ist seit nunmehr drei Jahrzehnten ein ständig gleichbleibendes Problem. Ohne regelmäßige Kontrolle und zielgerichtete Therapie ist ein Erhalt der Völker nicht möglich. Die Milbe befällt bevorzugt die Brut (Abb. 2) in den kühleren Randgebieten der Wabe und die Drohnenbrut, da sie in dieser mehr Zeit für ihre Entwicklung hat. Sie saugt die Hämolymphe der Maden, schwächt sie und überträgt evtl. Abb. 2: Varroamilben auf einer Sackbrutlarve. LABOR FÜR KLINISCHE DIAGNOSTIK GMBH & CO.KG Info 7/2010 Seite 1 Steubenstraße 4 • 97688 Bad Kissingen • Telefon: 09 71 / 72 02 0 • Fax: 09 71 / 68 54 6 • www. laboklin.com Tropilaelaps Milben: Die Milbe Tropilaelaps spp. kommt in Asien vor. Sie ist bei uns bislang nicht aufgetreten. Da sie nur auf der Brut lebt und nicht, wie die Varroamilbe, auf den adulten Bienen überwintern kann (brutfreie Zeit), wird die Gefahr für Mittelund Nordeuropa als gering eingeschätzt. Trotzdem ist die Tropilaelaps Milbe in Deutschland und Österreich anzeigepflichtig, in der Schweiz zählt sie zu den überwachten Infektionen. Kleiner Beutenkäfer: Der kleine Beutenkäfer (Aethina tumida) ist eher ein Schädling als ein Parasit. Er stammt ursprünglich aus Afrika, wo er kaum klinische Bedeutung hat. In Amerika hat er aber bereits zahlreiche Bienenbestände vernichtet. Er wurde vermutlich über Bienen- und/oder Obstimporte eingeschleppt. Daher besteht in Deutschland und Österreich eine Anzeigepflicht und es wurden EU weit Importverbote für Paketbienen und Honigbienenvölker verhängt. Die Larven des Käfers zerfressen die Brut, den Honig und die Waben und zerstören so innerhalb kürzester Zeit das Volk. Eine Behandlung ist bislang nicht möglich. Tracheenmilben: Die Acariose (Acarapidose) ist eine Erkrankung der adulten Biene. Die Tracheenmilbe, Acarapis woodi RENNIE, befällt die Tracheen kurz nach dem Schlupf der Biene. Die Tiere leiden unter Atemnot und im Winter entstehen Probleme bei der Thermoregulation, so dass die Wintertraube gefährdet ist. Im Frühling findet man bei den Reinigungsflügen flugunfähige Bienen (Krabbler) mit asymmetrisch abgespreizten Flügeln. Die Diagnose erfolgt mikroskopisch (Bienen frisch oder eingefroren einsenden!) oder mittels eines ELISA, das Guanin, ein Produkt der Milben, das in gesunden Bienen nicht vorkommt, nachweist. Die Ameisensäurebehandlung gegen Varroa ist auch gegen Tracheenmilben wirksam, daher spielt die Tracheenmilbe in der Praxis kaum noch eine Rolle. In Deutschland besteht Behandlungspflicht. Amöbiose: Die Amöbe Malphigamoeba mellificae PRELL ist ein Protozoe, der vorzugsweise in den Harnröhren (Malphigischen Gefäßen) der Biene vorkommt. Die Amöbiose (Amöbenruhr) tritt meist im April-Mai am Ende langer Winter auf. Das Krankheitsbild beinhaltet Durchfälle mit dünnflüssigem, goldgelbem und intensiv riechendem Kot, Krabbler und erhöhten Totenfall. Häufig ist eine Mischinfektion mit Nosema sp. festzustellen. Der mikroskopische Nachweis der Amöbenzysten kann an frisch toten Bienen durchgeführt werden. Eine medikamentöse Therapie der Amöbenruhr steht nicht zur Verfügung. Hygienemaßnahmen sind, wie bei der Nosemose, erforderlich. In Österreich besteht eine Anzeigepflicht nur bei seuchenhaftem Auftreten. Bakterielle Infektionen Amerikanische Faulbrut (AFB): Das Bakterium Paenibacillus larvae subsp. larvae (P.l.larvae) ist der Erreger der Bösartigen Faulbrut bzw. der Amerikanischen Faulbrut. Die vielfältigen Übertragungsmöglichkeiten des hoch infektiösen Erregers, der seuchenhafte Verlauf und die aufwendigen Sanierungsmaßnahmen begründen, dass diese Bienenerkrankung in Deutschland und in Österreich anzeigepflichtig ist und in der Schweiz zu den bekämpfenden Seuchen zählt. Das Bakterium bildet sehr widerstandsfähige Endosporen, die in eingetrockneten Madenresten jahrzehntelang infektiös sind. Da der AFB-Erreger nur für junge Bienenlarven pathogen ist, sind die Veränderungen in der Bienenbrut zu finden. Die Bienen verenden im Streckmaden- oder Vorpuppenstadium in den verdeckelten Zellen. Das Krankheitsbild zeigt ein lückenhaftes Brutnest mit sog. „stehen gebliebenen Zellen“. Die Maden zerfallen zu schmierig-schleimigen fadenziehenden Massen, die mit der sog. Streichholzprobe nachgewiesen werden können. Später trocknen sie ein und ein festsitzender Schorf verbleibt am Zellgrund. Die verschiedenen Genotypen von P.l.larvae zeigen unterschiedliche klinische Verläufe. Genersch et al. (2006) zeigten, dass der Genotyp AB die befallenen Larven bereits vor der Verdeckelung tötet. Diese Maden können von den Putzbienen erkannt und die Zellen gereinigt werden, was zu einer Reduktion der Sporenbelastung führt. Für den Imker ist dieser Verlauf viel schwerer erkennbar und kann längere Zeit übersehen werden. Dies bedeutet aber auch, dass die Gefahr der Weiterverbreitung wesentlich höher ist! Die Diagnostik der AFB beinhaltet die Bewertung der klinischen Symptome und den kulturellen Nachweis mit biochemischer bzw. molekularbiologischer Differenzierung. LABOR FÜR KLINISCHE DIAGNOSTIK GMBH & CO.KG Info 7/2010 Seite 2 Steubenstraße 4 • 97688 Bad Kissingen • Telefon: 09 71 / 72 02 0 • Fax: 09 71 / 68 54 6 • www. laboklin.com Die Diagnostik erfolgt in amtlich zugelassen Untersuchungslabor und die Sanierung wird von der zuständigen Verwaltungsbehörde eingeleitet. Eine medikamentöse Behandlung ist verboten. Europäische Faulbrut (EFB): Die EFB wird auch als Gutartige Faulbrut oder Sauerbrut bezeichnet. Im Gegensatz zur AFB sind mehrere Bakterienspezies an der Infektion beteiligt. Neben dem Leiterreger Melissococcus pluton kommen auch Streptococcus faecalis, Paenibacillus alvei und Achromobacter eurydice vor. Im Unterschied zur AFB sterben die Maden bereits im Rundmadenstadium ab und sind sowohl in offenen als auch in verdeckelten Zellen zu finden. Vor der Verdeckelung zeigen sich schlaffe, seitlich verdrehte Maden, deren Körpersegmentierung kaum sichtbar ist. Die abgestorbene Made wird später zu einer breiigen, dunkelbraunen Masse, die nicht fadenziehend, sondern eher bröckelig oder körnig ist und große Mengen an Bakterien enthält. Der eingetrocknete Schorf ist, nicht wie bei der AFB festsitzend, sondern liegt locker am Zellboden. Der Geruch ist säuerlich (Streptococcus faecalis) oder erinnert an Fußschweiß (Paenibacillus alvei). In manchen europäischen Ländern, z.B.: Schweiz, Großbritannien ist die EFB ein großes Problem. In Deutschland und Österreich tritt sie nur selten auf. In der EU sind keine Medikamente zur Therapie der EFB zugelassen. In der Schweiz zählt die EFB zu den zu bekämpfenden Seuchen. Pilzinfektionen Nosemose: Die Nosemose (Nosematose) ist eine weltweit verbreitete Darmerkrankung der erwachsenen Biene und wird durch Nosema apis verursacht. Der Erreger galt lange Zeit als Parasit, wird aber aktuell als Pilz eingestuft. Durch das Zusammenwirken verschiedener, für die Bienen ungünstige Faktoren (z.B. kühles, feuchtes Wetter), kann es zu einer massiven Vermehrung dieser Einzeller in der Darmwand kommen. Bei akutem Verlauf sind dünnflüssige, längliche Kotspritzer in der Beute und Bienen mit aufgetriebenen Hinterleibern zu beobachten. Bei sehr starkem Befall kann der Darm milchig weiß gefärbt sein. Bereits der Imker kann dies bei der sog. „Darmprobe“ (Entnahme des Mitteldarms aus dem Hinterleib) feststellen. Allerdings können auch Bienen mit normal gefärbtem Darm starke Nosematräger sein. Durch die verkürzte Lebensdauer der Bienen und die eingeschränkte Brutpflege kommt es im akuten Fall zu einem schnellen Schrumpfen des Bienenvolkes, während bei einem chronischen Verlauf die Bienenmasse langsam abnimmt. Der Verdacht auf Nosemainfektionen kann u.a. mikroskopisch bestätigt werden. Im Jahr 2005 wurde über den Nachweis von Nosema ceranae in der Honigbiene aus Europa berichtet. N. ceranae wirkt immunsuppressiv und befällt im Gegensatz zu N. apis das Magenepithel und nicht das Darmepithel. Die Bienen zeigen i.d.R. keinen Durchfall sondern versterben ohne Symptome ca. 8 Tage post infectionem. An archivierten Bienenproben konnte N. ceranae bis ins Jahr 2003 in Österreich zurückverfolgt werden und wird dort derzeit häufiger nachgewiesen als N.apis. Eine antibiotische Therapie ist in der EU nicht zugelassen. Die gute imkerliche Praxis bleibt entscheidend für die Vermeidung und die Kontrolle dieser Krankheit. Steinbrut: Die Steinbrut tritt selten auf und wird durch den Pilz Aspergillus flavus hervorgerufen. Aspergillus flavus ist sowohl für die Brut als auch für die adulten Bienen pathogen. Zu beachten ist, dass Infektionen mit Aspergillus sp. Zoonosen sind und eine Infektionsgefahr für den Menschen besteht. Die Pilzsporen werden von den Maden oral aufgenommen, die Hyphen durchdringen das Darmepithel und durchwachsen den gesamten Organismus. Die Maden trocknen zu harten, fest in den Zellen haftenden Mumien ein. Die erwachsenen Bienen können infolge der Toxinwirkung verenden. Hygienemaßnahmen sind die Therapie. Kalkbrut: Die Kalkbrut wird durch den Pilz Ascosphaera apis MAASSEN verursacht. Feuchtes, kühles Wetter aber auch feuchte Standorte fördern den Ausbruch der Kalkbrut. Eine erbliche Komponente für die Kalkbrutanfälligkeit wird vermutet. Die Larven sterben im Streckmadenstadium ab. Die Drohnenbrut ist meist stärker betroffen. Bei der Kalkbrut fallen in den Zellen weiße oder schmutzig grüne bis grauschwarzen Madenreste auf (Abb. 3), die locker in den Zellen liegen und beim Schütteln klappern. Hygienemaßnahmen sind die Therapie. LABOR FÜR KLINISCHE DIAGNOSTIK GMBH & CO.KG Info 7/2010 Seite 3 Steubenstraße 4 • 97688 Bad Kissingen • Telefon: 09 71 / 72 02 0 • Fax: 09 71 / 68 54 6 • www. laboklin.com Black Queen Cell Virus (BQCV) befällt v.a. im Sommer die Königinnenbrut und tötet diese. Akutes Bienen Paralyse Virus (ABPV) wird von Varroamilben übertragen und führt zu Zittern und Paralyse der Bienen sowie zu einem Absterben der Brut. Deformed Wing Virus (DWV) kann sich in der Varroamilbe vermehren und wird durch diese verbreitet, so dass sich mit der zeitgleichen Zunahme des Varroamilbenbefalls im Bienenjahr auch die Virusbelastung von DWV steigert. Es kommt zu Flügeldeformationen. Abb. 3: Kalkbrutlarven Viruserkrankungen Fast 20 verschiedene Viren sind bei Bienen beschrieben. Heraus gegriffen werden hier nur einige wenige Viren, da ihre Bedeutung in den meisten Fällen unklar ist, denn sie werden mittels PCR teilweise auch bei klinisch gesunden Bienen nachgewiesen. Es handelt sich vermutlich meist um Faktorenkrankheiten. Sackbrutvirus (Morator aetatulae HOLMES) ruft die häufigste Viruserkrankung der Bienen hervor. Das Virus bewirkt ein Absterben der Brut im Streckmadenstadium. Da die Infektion die Häutungsvorgänge der Maden stört ähneln die abgestorbenen Maden einem mit Flüssigkeit gefüllten Sack. Dieser trocknet dann zu einem dunkelbraunen, kahnförmigen Schorf ein, der wie bei der EFB lose in der Zelle liegt (Abb. 4). Der Krankheitsverlauf ist jedoch in den meisten Fällen harmlos. Eine medikamentöse Therapie steht nicht zur Verfügung. Sonstiges Colony Collapse Disorder: In den USA werden seit 2007 großräumige Verluste an Bienenvölkern beobachtet und mit dem Namen Colony Collapse Disorder (CCD) bezeichnet. Seither wird auch in Europa regional von solchen Bienenverlusten berichtet, wobei unklar ist, ob und inwieweit dies mit den Berichten aus den USA vergleichbar ist. Die von CCD betroffenen Völker in den USA zeigen ein scheinbar grundloses und plötzliches Zusammenbrechen. Die erwachsenen Bienen fehlen im Stock, in der Umgebung sind keine toten Bienen zu finden. Die Ursache für das Massensterben ist jedoch noch nicht gefunden. Alle bislang diskutierten Auslöser scheinen nicht alleinig verantwortlich zu sein. Vermutet wird ein Zusammenspiel von Infektionen (Israelisches Akute Paralyse Virus, Varroamilben, ABPV, Nosema, Flagellaten), Pestiziden (Clothianidin, Imidocloprid), genetisch veränderten Nutzpflanzen und Schwächung der Bienen durch Aufstellung in Monokulturen. Intoxikationen: Intoxikationen von Bienen kommen meist durch unsachgemäße Insektizideinsätze (Insegar®), Beizmittel (Imidacloprid) zustande. Bei Verdacht auf eine Intoxikation darf nichts in dem Bestand verändert werden. Eine Probenentnahme und Beweissicherung erfolgt durch den Amtstierarzt. Die Untersuchungen werden in Deutschland von der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft in Braunschweig durchgeführt, in Österreich von der Abteilung Bienenkunde der AGES in Wien. Abbildung 4: Sackförmig veränderte Larve in Brutzelle Bilder: PD Dr. Heike Aupperle, LABOKLIN, Dr. Irmgard Derakhshifar, AGES, Dr. Barbara Gußner, LABOKLIN LABOR FÜR KLINISCHE DIAGNOSTIK GMBH & CO.KG Info 7/2010 Seite 4 Steubenstraße 4 • 97688 Bad Kissingen • Telefon: 09 71 / 72 02 0 • Fax: 09 71 / 68 54 6 • www. laboklin.com