Vorlesung Quantenmechanik I Sommersemester 2005; 2008 Prof. Dr. Frank Spahn 17. November 2014 2 Inhaltsverzeichnis 1 Gegenstand der Vorlesung 3 1.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.2 Wahrscheinlichkeits (WK) - Rechnung . . . . . . . . . . . . . 8 1.2.1 Grundbegriffe – Definitionen . . . . . . . . . . . . . . 8 1.2.2 Diskrete Zufallsvariable: Erwartungswerte, Schwankungen & Co. . . . . . . . . 10 1.2.3 Stetige Zufallsvariable: Erwartungswerte, Schwankungen & Co. . . . . . . . . 11 1.2.4 Beispiel: Binomialverteilung ⇒ Gauß . . . . . . . . . . 15 1.3 Das Teilchenbild – Hamilton-Jacobi Theorie . . . . . . . . . . 18 1.3.1 Das Hamilton Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 1.3.2 Die Kanonische Transformation . . . . . . . . . . . . . 21 1.3.3 Hamilton-Jacobi-Theorie/Wirkungswellen . . . . . . . 23 1.4 Das Wellenbild – Der d’Alambert Operator . . . . . . . . . . 27 1.4.1 Das Eikonal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1.5 Wege zur Wellenmechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1.5.1 Die Krise“ der Physik: Licht — Welle vs Teilchen? . 32 ” 1.6 Die Schrödinger-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 1.6.1 Eine plausible Herleitung“ . . . . . . . . . . . . . . . 40 ” 1.6.2 Pfadintegrale und Propagator . . . . . . . . . . . . . . 45 1.6.3 Skizze der Greenschen Lösung . . . . . . . . . . . . . . 51 1.6.4 Schrödinger Gleichung vs Hamilton-Jacobi Gleichung . 52 1.7 Wellenfunktion, Hilberträume & Operatoren . . . . . . . . . . 53 1.7.1 Wellenpakete & Unschärfe . . . . . . . . . . . . . . . . 54 1.7.2 Hilbert Raum, Operatoren & Erwartungswerte . . . . 61 1.7.3 Zeitunabhängige SGL/Eigenwertprobleme/Kommutatoren 64 1.7.4 Basisfreie Darstellung i.d. Quantenmechanik . . . . . . 71 1.7.5 Dynamischer Operator/Propagator . . . . . . . . . . . 77 1.7.6 Erwartungswerte & Schwankungen . . . . . . . . . . . 78 3 4 INHALTSVERZEICHNIS 1.7.7 1.7.8 1.7.9 Bemerkungen zum Meßprozeß . . . . . . . . . . . . . . Zeitabhängigkeit von Mittelwerten & Operatoren; Ehrenfest Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahrscheinlichkeit & Kontinuitätsgleichung . . . . . . 80 83 83 2 Stationäre Zustände 85 2.1 Eindimensionale Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 2.1.1 Potenzialkasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 2.1.2 Delta-Potenzial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 2.1.3 Streuung an Potenzialbarriere/-topf — Der Tunneleffekt 94 2.1.4 Periodische Potenziale . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 2.1.5 Der harmonische Oszillator . . . . . . . . . . . . . . . 109 2.1.6 Näherungsverfahren – Störungsrechnung # 1 . . . . . 119 2.1.7 Störungsrechnung – nichtentartete Niveaus . . . . . . 121 3 Bahndrehimpuls und Zentralpotenzial 3.1 Sphärische Symmetrie – SGL . . . . . . . . . 3.1.1 Zerlegung des Hamiltonians . . . . . . 3.2 Der Drehimpulsoperator . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Erzeugender der Drehungen . . . . . . 3.2.2 Eigenwerte des Drehimpulses . . . . . 3.2.3 Separation der Schrödinger-Gleichung 3.3 Coulomb-Potenzial – Das H Atom . . . . . . 3.4 H - Atom/Ungebundende Zustände . . . . . . 3.5 Störungsrechnung – entartete Niveaus . . . . 4 Teilchen im elektromagnetischen Feldern 4.1 Maxwell Gleichungen & Potenziale . . . . 4.2 Die Schrödinger-Gleichung & e.-m. Felder 4.3 Der Spin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Magnetisches Moment . . . . . . . 4.3.2 Der Stern-Gerlach Versuch . . . . 4.3.3 Eigenschaften des Spin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 127 136 139 140 142 145 151 159 159 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 . 163 . 164 . 165 . 165 . 166 . 166 5 Mehrteilchensysteme 175 5.1 Schwerpunkt- & Relativbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . 175 5.2 Permutationen – Fermionen – Bosonen . . . . . . . . . . . . . 177 5.2.1 N-ununterscheidbare Teilchen/Permutationen . . . . . 180 Literaturverzeichnis [1] R. P. Feynman, Quantum mechanics and Path Integrals, McGraw-Hill, New York, 1965. [2] R. P. Feynman, R. B. Leighton und M. Sands Feynman Vorlesungen, Quantenmechanik, Oldenburg Verlag, München, 2006. [3] A. S. Davidov, Quantenmechanik. Verlag d. Wissenschaften, Berlin 1974. [4] L. D. Landau und E. M. Lifschitz, Lehrbuch der theoretischen Physik, Bd. III. Akademie Verlag Berlin 1966. [5] L. Zülicke, Quantenchemie. Verlag d. Wissenschaften, Berlin 1973. [6] A. Messiah, Quantenmechanik 1. deGruyter, Berlin 1991. [7] P. Rennert, Einführung in die Quantenmechanik. Teubner, Leipzig 1978. [8] F. Schwabl, Quantenmechanik – QM I. Springer, Heidelberg 1998. [9] M. Schubert und G. Weber, Quantentheorie – Grundlagen, Methoden Anwendungen. Verlag d. Wissenschaften Berlin 1980. [10] G. Soff, Quantentheorie I www.physik.tu-dresden.de/studdocs/skripte.htm [11] F. Spahn, Quantentheorie I, www.agnld.uni-potsdam.de/˜ frank/ 2005 – 2008. 1 2 LITERATURVERZEICHNIS Kapitel 1 Gegenstand der Vorlesung 1.1 Vorbemerkungen In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert schien das theorische Gebäude“ ” der Physik vollendet: man glaubte, die Natur mittels Materie in Korpuskulargestalt und Strahlungsfeldern in Gänze beschreiben zu können. Die diesen beiden Säulen“ zugrunde liegenden Theorien waren die klassische New” ton’sche Mechanik – die schon seit Isaac Newtons Principa im 17. Jahrhundert Siegeszüge feierte – und James Clerk Maxwells Elektrodynamik aus dem Jahr 1855. Letztere prophezeite elektromagnetische Wellen, die wenig später von Heinrich Hertz eindrucksvoll experimentell bestätigt wurden. Immer bessere optische Präzisionsinstumente gestatteten Beugungseigenschaften des Lichts nachzuweisen, womit klar wurde, dass Licht eine elektromagnetische (Hertz’sche) Welle sein muss und keine Korpuskelstahlung. Dann wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts der heftig umstrittene korpuskulare (atomare) Aufbau der Materie von den Erfolgen der kinetischen Gastheorie des Ludwig Boltzmann und der klassischen statistischen Thermodynamik (J. C. Maxwell, Josiah W. Gibbs) untermauert. Neue Phänomene ließen sich mit Weiterentwicklungen des Formelapparats der o.g. theoretischen Grundpfeiler gut beschreiben. Das änderte sich aber graduell mit der ständig wachsenden Präzision der experimentellen Techniken. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stand die Gemeinde der Physiker schließlich vor der Bewältigung einer handfesten Krise, die sich an mehreren Fronten des Wissens über physikalische Prozesse aufgebaut hatte. Da war einerseits der Widerspruch“ im Transformationsverhalten, der damals als unumstößlich ” geltenden Theorien: der klassischen Mechanik – die invariant in Bezug auf 3 4 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG die Galilei Transformation (x′ = x + vt) ist – und der Maxwell Theorie elektro-magnetischer Felder, die sich bzgl. der Lorentz-Transformation ¡ ¢−1/2 [x′ = γ(x + vt), t′ = (t + vx/c2 ) und mit γ = 1 − v 2 /c2 ] nicht ändert. Die hier betrachteten Transformationen betreffen den Übergang von einem Inertialsystem in ein anderes, welches sich relativ mit der Geschwindigkeit v zu dem ursprünglichen bewegt. Von allgemeingültigen Theorien muss man in jedem Fall identisches Transformationsverhalten fordern. Die Lösung dieser Seite der Krise“ wurde durch Albert Einstein mit der Relativitätstheorie ” gefunden. Die andere Front, an der die Physiker der damaligen Zeit kämpften“, be” traf die Erklärung der Natur des Lichts sowie der Beschreibung der Dynamik von Mikroteilchen. So wurden dem Licht, bewiesen durch Interferenzeigenschaften, zunächst eindeutig Welleneigenschaften zugeschrieben, wohingegen man für Korpuskularstrahlung – also die Bewegung mikroskopisch kleiner Teilchen – derlei Eigenschaften keinesfalls vermutete. Die Klemme, in der sich die Physik dieser Zeit an dieser Front“ befand, erwies sich als zwei” fach. Z.B. offenbarten Experimente Teilcheneigenschaften des Lichts (Photoeffekt, Planck’sches Strahlungsgesetz, der Compton Effekt), als auch Welleneigenschaften von Teilchenstrahlen (de Broglie Materiewellen, ElektronenBeugung, Laue Diagramme) auf. Der Begriff vom Welle-Teilchen Dualis” mus“ war geboren. Nun dieser Terminus mutet recht verwirrend an – bezeichnen Welle und Teilchen recht unterschiedliche physikalische Objekte – einesteils eine feldtheoretische Kategorie und bei naiver Betrachtung ein räumlich (zeitlich) ausgedehntes Phänomen – andereseits sind Teilchen stark lokalisiert. Diese Verwirrung wurde von Max Born 1926 aufgelöst, der die probabalistischen Züge der Quantentheorie erkannte (die Wellenfunktion ist eine Wahrscheinlichkeitsamplitude, WK-Amplitude bezeichnet mit Ψ). Diese Erkenntnis räumte mit dem Begriff vom Dualismus von Welle & Teilchen“ ” auf – es wurde klar, dass man z.B. die Elektronenbeugung am Doppelspalt als ein Ensemblephänomen auffassen muss – die Dialektik der Phänomene Welle-Teilchen“ bezieht sich nun keineswegs auf ein individuelles Quante” nobjekt (Elektron). Will meinen, jedes der Elektronen passiert in der Tat eine der beiden Spalten (nicht etwa teils-teils) so dass nach wenigen Elektronen die Statistik nicht ausreichend ist, um Interferenzen zu offenbaren. Jedoch mit steigender Elektronenzahl zeichnet sich das Interferenzmuster immer deutlicher ab. Richard P. Feynman baut seine quantentheoretisches Bild (Pfadintegrale, 1.1. VORBEMERKUNGEN 5 Propagatoren) grundlegend auf diesem Doppelspaltexperiment mit Mikroteilchen (Elektronen, siehe Abb. 1.6) und erläutert an diesem Beispiel eindrucksvoll die Born’sche WK-Interpretation – und vor allem die Schwierigkeiten im Umgang mit den Aufenthalts- o. Trefferwahrscheinlichkeiten. Diese möchte ich hier kurz umreißen: die Wk-Dichte ̺ ergibt sich aus den WK-Amplituden Ψ über ̺(~r, t) = Ψ∗ (~r, t)Ψ(~r, t) = |Ψ(~r, t)|2 . Die Gesamt-WK-Amplitude für das Auftreffen eines Elektrons an einem bestimmten Punkt ~r auf dem Schirm ist mit Summe der Wege durch beide Spalte Ψ(~r, t) = Ψ1 (~r, t) + Ψ2 (~r, t) (1.1) gegeben, womit sofort klar ist, dass für die gesamte WK-Dichte gelten muss ̺(~r, t) = |Ψ1 (~r, t) + Ψ2 (~r, t)|2 6= ̺1 (~r, t) + ̺2 (~r, t) . Und das ist, wie Feynman zu Recht bemerkt, sehr merkwürdig: Wie kann es sein, dass sich die Gesamt-WK nicht als die Summe ̺1 + ̺2 ergibt.Die Ursache liegt in der Heisenberg’schen Unschärfe – wollen wir es genau wissen, durch welchen Spalt ein Elektron ging, müssen wir uns eine Vorrichtung ausdenken, die dessen Ort misst, damit aber seinen Impuls nachhaltig verändert. Letztere Modifikation führt zur Verschmierung des Interferenzmusters und wir erhalten als Resultat ̺ = ̺1 + ̺2 – ein Resultat was man von disjunkten Ereignissen erwarten würde. Feynman formuliert das paradox anmutende Resultat wie folgt [1]: ... when we watch the electrons ” to see through which hole they pass, we obtain the result p = p1 + p2 ... when we don’t, we get ... “ Gleichung (1.2) (Bemerkung: in seinem Pfadin” tegralbuch“ bezeichnet Feynman die Dichten mit p statt mit ̺ – ich kann nur jedem empfehlen, einen längeren Blick in dieses groärtige Buch [1] zu werfen). So erweisen sich die Probleme“ mit der WK in der Quantenmecha” nik als Manifestationen der Unsschärfe, der die Mikroteilchen unterworfen sind. Gleiches Doppelspaltexperiment, durchgeführt mit Licht, liefert natürlich auch das erwartetes Interferenzmuster – was uns, resultierend ¯ ¯2aus der Wel~ = E ~1 + E ~ 2 mit den Intensitäten I ∝ ¯¯E ~ ¯¯ , im Wellenlenüberlagerung E bild nicht wundert. ABER: Richtet man es so ein, dass die Quelle schwach genug und der Detektor am Schirm präzise genug ist, individuelle Photonen aufzulösen, wird einem – wie bei den Elektronen – ein statistisches Bild 6 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG geboten, welches an Schärfe“ zunimmt, je besser die Statistik (Zahl der ” Photonen) wird. Die Photonen treffen einzeln auf dem Schirm und zeichnen erst bei ausreichender Statistik das erwartete Interferenzmuster. Diese Effekte und (aus klassischer Sicht) die teilweise recht unerwarteten Phänomene zu erklären, ist Gegenstand dieser Vorlesung, die wie folgt aufgebaut ist: Ausgehend von einer Wiederholung sowohl des Teilchenbildes, anhand der Krone“ der mechanischen Gleichungen, der Hamilton-Jacobi Gleichung ” (HJG) sowie der aus den Maxwell-Gleichungen (mit der Coulomb-Eichung) ableitbaren Wellengleichung, skizzieren wir die Vereinigung beider Ansätze – der Mechanik und der Wellenoptik. Dabei betrachten wir hier das Transformationsproblem durch die Relativitätstheorie als gelöst, werden aber nur von langsamen (nichtrelativistischen) Bewegungen ausgehen, bei der die GalileiTransformation und damit die klassische theoretische Newton’sche Mechanik völlig ausreichend ist. Demgegenüber präsentieren wir das Wellenbild, das aus den Maxwellschen Gleichungen resultiert. Nach dieser Wiederholung (inklusive eines kurzen Abrisses der Wahrscheinlichkeitsrechnung) skizzieren wir einige Ergebnisse experimenteller Untersuchungen (aber auch kühner theoretischer Ansätze) die letztlich Anlass zur Entwicklung der Quantenmechanik (Wellenmechanik) gaben. Dazu zählen vor allem der Compton Effekt, die Vereinigung der bis damals bekannten Strahlungsgesetze (Rayleigh-Jeans, Wien) durch Planck’s genialem Ansatz von der gequantelten Natur des Lichts (Photonen), dem Photeffekt dessen Resultate Einstein ebenfalls zur Photonenhypothese führte; aber nicht zu vergessen jene Experimente (Davisson, Germer, Thomson, Rupp), die Welleneigenschaften von Teilchen nachwiesen, die von theoretischen Überlegungen de Broglies schon vorweg genommen wurden. Mit verschiedenen Ansätzen • dem korrespondenzmäßigen, plausiblen Herangehen; • dem Aufzeigen der Analogie zwischen Wellenoptik (Wellengleichung) und geometrischer Optik (Eikonalgleichung) sowie der Wellenmechanik und der Hamilton-Jacobi Theorie (HJG) ⇔ Erwin Schrödinger • der Methode der Pfadintegrale als Greensche Lösung der Schrödingergleichung (im folgendem SGL) ⇔ Richard P. Feynman werden wir die SGL begründen. Des Weiteren werden wir zeigen, dass die SGL bei Vernachlässigung der Terme die das Planck’sche Wirkumsquantum 1.1. VORBEMERKUNGEN 7 ~ enthalten in die Hamilton-Jacobi Gleichung übergeht (genauer ~/m → 0 für genügend große Massen). Ganz analog zum Zusammenhang zwischen Wellenoptik (Wellengleichung) und geometrischer Optik (Eikonalgleichung), der mit der Vernachlässigbarkeit der Lichtwellenlänge λ → 0 gegeben ist. Es war jene Analogie, von der letztlich Schrödinger zur Entwicklung seiner Wellenmechanik inspiriert wurde. Der Schwerpunkt dieser Vorlesung liegt auf diesem Teil der Quantenmechanik, nämlich ein Verständnis für die Bedeutung der Wellenfunktion Ψ als WK-Amplitude zu wecken und dass die SGL die Dynamik von Mikroteilchen beschreibt – ebenso wie die Newtonsche Gleichungen F~ = m~a = m~r¨ oder eben völlig analog die Hamilton-Jacobi Gleichung (HJG) für Makroteilchen (in die die SGL für ~/m → 0 übergeht). Diesem eher konzeptionellen Anliegen folgen dann praktische Abschnitte, in denen geschlossen lösbare Probleme präsentiert werden: (A) stationäre Zustände: Eindimensionale Probleme: Mikroteilchen im Potenzialtopf, harmonischer Oszillator, Potenzialstufen, Tunneleffekt; gefolgt von höherdimensionalen Problemen: der Drehimpuls, Zentralpotenzial ( Wasserstoffa” tom“), Zweikörperproblem, Bewegung im elektro-magnetischen Feld, Spin – und Näherungsmethoden für die Berechnung stationärer Zustände. In diesem Zusammenhang behandeln wir die stationäre Störungstheorie für nichtentartete und entartete Fälle, die dann Beschreibungen für die Linienaufspaltungen liefern. Danach betrachten wir (B) zeitabhängige Zustände, die Unschärferelation in den kanonisch-konjugierten Variablen (nicht-Vertauschbarkeit der Operatoren etc.). Es soll das Streuproblem wie auch die relativistische Formulierung der Theorie kurz angerissen werden. Bevor wir jedoch mit der Motivation der Quantenmechanik beginnen, wollen wir eine knappen Einstieg in Wahrscheinlichkeitstheorie wagen, da es sich ja bei der Quantenmechanik um ein probabalistische Theorie handelt, so dass es an der Zeit ist, zu klären, was eine WK-Dichte ist. 8 1.2 1.2.1 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG Wahrscheinlichkeits (WK) - Rechnung Grundbegriffe – Definitionen In diesem Abschnitt geht um zufällige Ereignisse, die in ihrer Gesamtheit den Ereignisraum (Stichprobenraum) aufspannen. Beispiele: Würfelaugen (1 -6), mögliche Leistungsnoten in einem Kurs (1 - 5), Orte und Geschwindigkeiten eines Brown’schen Teilchens, Energiespektrum eines Quantenobjekts etc. Es handelt sich um eine positive Größe: Wahrscheinlichkeit (WK): 0 ≤ p(E) ≤ 1 p(E) ∈ (0, 1) gibt die WK dafür an, dass das Ereignis E (was auch immer das sei – wir wählen hier schon mal E, um die Rolle der Energie in der Quantenmechanik zu betonen) eintritt. Sie werden plausibel begründet mit dem Grenzwert der ³ ´ relativen Häufigkeiten: p(E) = lim NNE N →∞ Beispiel: Berechnung des Notendurchschnitts bei N Tests (Einzelnoten): hN otei = (N1 × 1 + N2 × 2 + ... + N5 × 5)/N Rechenregeln & Definitionen: Unmögliches Ereignis (E) : Sicheres Ereignis (E) : p(E) = 0 p(E) = 1 WK des Eintretens sich ausschließender (disjunkter) Ereignisse Ei und Ej – die Elementarereignisse; p(Ei ∪ Ej ) = p(Ei ) + p(Ej ) = N E i + N Ej N →∞ N lim oder allgemein für n Elementarereignisse: p(E1 ∪ E2 ∪ ... ∪ Ei ∪ ...) = X i p(Ei ) = X i pi . (1.2) 1.2. WAHRSCHEINLICHKEITS (WK) - RECHNUNG 9 Die Wahrscheinlichkeiten des Auftretens irgendeines Ereignisses entspricht der Summe über alle Elementar-Ereignisse ⇒ Normierung X (1.3) pi = 1 i WK, dass ein Ereigniss Ek nicht eintritt X p(no Ek ) = 1 − p(Ek ) = i pi − pk . (1.4) Zusammengesetzte/kombinierte Ereignisse Beispiel: Wurf zweier Würfel mit dem Ergebnis 6’er Pasch p(6∪6) = 1/36. • Wichtige Annahme: A priori gleiche Wahrscheinlichkeiten für Elementarereignisse!! ⇒ wichtige Voraussetzung bei der statistischen Mechanik. Würfel: Elementarereignisse p(1) = ... = p(6) = 1/6 (weil 6 identische Seitenflächen) 2. Wurf eröffnet wieder 6 Möglichkeiten p = 6−1 ×6−1 = 1/36, weil der Wurf von 2 Würfeln 35 mögliche Ausgänge hat ⇔ vorausgesetzt es handelt sich um unkorrelierte Ereignisse = Elemantarereignisse. Unabhängige Ereignisse p(E1 ∩ E2 ...) = Y p(Ei ) (1.5) i Bedingte WK’s Hier wählen wir bewußt andere Argumente, A und B, um zu veranschaulichen, dass es sich um ganz beliebige Ereignisse handelt, nicht nur um das Annehmen einer Energie Ei durch ein (Quanten)-System. Die bedingten WK’s lauten: p(A ∩ B) = p(A) · p(B|A) . (1.6) 10 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG Hierbei ist p(B|A) die WK des Eintretens von B unter der Voraussetzung dass A bereits vorlag ⇒ Bedingte Wahrscheinlichkeiten. Mehr dazu bei der Behandlung stochastischer Prozesse. 1.2.2 Diskrete Zufallsvariable: Erwartungswerte, Schwankungen & Co. Der folgende kurze Abriss bildet die knappe Grundlage für die spätere Quantenstatistik bei der Annahme dicht liegender aber diskreter (Energie)Eigenwerte denen z.B. die WK’s pi = p(Ei ) zugeordnet werden können. i’tes zentrales Moment: h(E − hEi)i i = X (Ej − hEi)i pj (1.7) X Ei pi (1.8) j Erwartungswert: hEi = i Varianz: = 2. zentrales Moment h(E − hEi)2 i = X i (Ei − hEi)2 pi = hE 2 i − hEi2 (1.9) Standardabweichung: σ = sX i (Ei − hEi)2 pi = p hE 2 i − hEi2 (1.10) 1.2. WAHRSCHEINLICHKEITS (WK) - RECHNUNG 1.2.3 11 Stetige Zufallsvariable: Erwartungswerte, Schwankungen & Co. Gegeben sei ein Zustandsvektor ~x = (x1 , ..., xn ), der den Systemzustand vollständig charakterisiert. Dann ist die Wahrscheinlichkeit, das System in dem Volumenelement dn ~x um den den Zustand ~x anzutreffen, mit der Wahrscheinlichkeitsdichte ρ(~x) wie folgt definiert dµ = ρ(~x) dn ~x = ρ(x1 , ..., xn ) dx1 ...dxn Z dx1 ...dxn ρ(~x) = 1 , (1.11) (1.12) PR wobei die Normierung (1.12) als Integration über den gesamten Phasenraum zu verstehen ist. Beispiel: N-Teilchen-System mit dem Zustandsvektor ~x = ~Γ = (qν , pν ), wobei die kanonischen verallgemeinerten Orte und Impulse mit (q1 , ..., q3N ) bzw. (p1 , ..., p3N ) gegeben sind. Der Raum Γ, der von diesen Variablen aufgespannt wird, wird Phasenraum genannt. Die entsprechende Phasenraumdichte ist mit ρ(~Γ) gegeben und definiert damit die WK das System in dem Phasenvolumenelement d6N ~Γ um den Zustand ~Γ als dµ = ρ(q1 , ..., q3N , p1 , ..., p3N ) dq1 ...dq3N dp1 ...dp3N , natürlich wieder mit der Normierung Z dµ = 1 , (1.13) (1.14) PR denn das System muss letztlich ganz sicher einen Zustand annehmen. i’tes Moment (1D): i hx i = Z∞ −∞ dx xi ρ(x) (1.15) 12 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG i’tes zentrales Moment (1D): Z∞ i h(x − hxi) i = −∞ dx (x − hxi)i ρ(x) Erwartungswert (mehrdimensional): Z h~xi = dn ~x ~x ρ(~x) (1.16) (1.17) PR Allgemeine Momente: hxα1 1 · xα2 2 · · · xαnn i = Z Y PR j dxi xα1 1 · xα2 2 · · · xαnn ρ(x1 , ..., xn ) . (1.18) Varianz/Standardabweichung: Z D E (xα − hxα i)2 = dn ~x (xα − hxα i)2 ρ(~x) = PR σα = hx2α i − hxα i2 p hx2α i − hxα i2 = (1.19) (1.20) Übungsvorschlag: Berechnung des Erwartungswertes und Nachweis der letzten Identität in Gl. (1.19) für mehrdimensionale Zufallsvariablen – z.B. für den 6-D Fall ~x = (x, y, z, px , py , pz ) für ein mechanisches Teilchen mit dem Impuls p~¡= m~v und der ¢ dazugehörigen WK-Dichte ρ(~ p) = C exp −β~ p2 /(2m) . Gleichungen (1.16)-(1.19) sind nur für den Fall gültig, dass das Maß für die Wahrscheinlichkeit (1.13), dµ, tatsächlich proportional dem Volumenelement dn ~x des Phasenraums ist. Damit das erfüllt ist, müssen tatsächlich a priori Gleichwahrscheinlichkeiten für Elementarereignisse vorausgesetzt werden. 1.2. WAHRSCHEINLICHKEITS (WK) - RECHNUNG 13 Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt – z.B. das System hält sich in dem für ihn zugänglichen Phasenraum in bestimmten Gebieten unterschiedlich lange auf oder die Dimension dieses Raums ist schlicht fraktal (Bewegungen von Teilchen auf einem Attraktor) – dann kann nicht so einfach eine Wahrscheinlichkeitsdichte eingeführt werden. Dann sind die o.g. Definitionen die folgenden Stieltjes-Integrale bzgl. des WK-Maßes dn µ. Die Verteilungsfunktion ist dann mit (der Einfachheit halber wählen wir im Folgenden 1D) Zx F (x) = dµ (1.21) x′ =−∞ gegeben. Die anderen Größen lauten i-tes zentrales Moment: i h(x − hxi) i = Z∞ dµ (x − hxi)i (1.22) Z∞ dµ x (1.23) Z∞ dµ (x − hxi)2 (1.24) x′ =−∞ Erwartungswert: hxi = x′ =−∞ 2 h(x − hxi) i = x′ =−∞ Für unsere Zwecke – der Quantenmechanik/statistischen Physik – bei der es sich meistens um die Bewegung von Molekülen, Atomen oder anderen konservativ wechselwirkenden Teilchen handelt, nehmen wir stets an, dass eine WK-Dichte ρ formulierbar ist, so dass komplexe mathematische Methoden nicht angewendet werden müssen. 14 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG N-dimensionale Zufallsvariablen: Im Zusammenhang mit den n-dimensionalen Zufallsvariablen sind einige wichtige Beziehungen unerwähnt geblieben: Die Dimension kann durch Integration über m < n Variablen auf n − m reduziert werden: Z ρ(x1 , ..., xn−m ) = dxn−m+1 ...dxn ρ(x1 , ..., xn ) . (1.25) Damit ist die WK-Dichte, die nur von einer Variable xj = x1 (diese Wahl ist ohne Einschränkung der Allgemeinheit) abhängt, mit Z ρ(x1 ) = dx2 ...dxn ρ(x1 , ..., xn ) (1.26) gegeben – die vor allem bei der Reduktion von N-Teilchen WK-Dichten auf Einteilchen - Verteilungsfunktionen eine wesentliche Rolle spielt. Sind die n Komponenten der mehrdimensionalen Zufallsvariable statistisch voneinander unabhängig, dann folgt in Verallgemeinerung der Gl. (1.5) Y ρ(x1 , ..., xn ) = ρ(xj ) (1.27) j Ist die WK-Dichte nicht durch Gl. (1.27) darstellbar, kommen bei den höheren zentralen Momenten Korrelationen zwischen den einzelnen Variablen xi und xj ins Spiel, die von gemischten Termen herrühren. In diesem Fall sind die Kovarianzen als Cov(xi , xj ) = h(xi − hxi i)(xj − hxj i)i = Cij (1.28) und deren Normierung auf die entsprechenden Standardabweichungen als Korrelationsmatrix (-tensor) Cor(xi , xj ) = definiert. h(xi − hxi i)(xj − hxj i)i r ­ 2® D 2E ∆xi ∆xj (1.29) 1.2. WAHRSCHEINLICHKEITS (WK) - RECHNUNG 15 V1 V2 Abbildung 1.1: Gesamtsystem inklusive des Teilsystems unseres Interesses. 1.2.4 Beispiel: Binomialverteilung ⇒ Gauß Als ein Beispiel für eine Verteilungsdichte sei hier das Man stelle sich ein Volumen vor, in dem sich ein Gas – bestehend aus Atomen oder Molekülen – befinden möge. In diesem Volumen befinde sich ein Untervolumen, welches das System unseres Interesses beherbergen soll. Die Skizze 1.1 stellt die Situation dar. Die Frage stellt sich nun nach der WK dafür, dass sich n Teilchen im betrachteten Volumen V1 befinden, dessen Dichte, die Mittelwerte und Schwankungen werden berechnet. Wie wir zeigen, werden die Schwankungen der statistischen Aussagen mit der Zahl N der insgesamt betrachteten Teilchen – und damit der mittleren Zahl der Teilchen im betrachteten Volumen V1 – immer geringer. Frage: Wie kann man a priori WK’s vernünftig definieren? Die Antwort ist nicht sehr schwer, wenn man annimmt, dass die WK mit dem Volumen steigen sollte und bezogen auf das Gesamtvolumen p(V = V1 + V2 ) → 1 sein muss (wir nennen die WK’s hier p – statt ρ, wie z.B. die Eigenwerte des Dichteoperators). Damit drängen sich folgende Definitionen der a priori WK’s auf: p1 (V1 ) = p = V2 V − V1 V1 , p2 = q = = = = 1−p . V V V (1.30) Z.B. entspricht p der WK, bei einem zufälligen Plazieren eines Teilchens das Volumen V1 zu treffen. Komplementär dazu ist die WK q – d.h. wenn Teilchen in V1 , dann kann es nicht in V2 sein – und die Gesamt-WK ist demnach pg = p + q = 1. 16 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG Nach den eingangs genannten Gesetzen der WK Rechnung ist das zufällige/unabhängige Plazieren von N-Teilchen, wobei davon n in V1 und N − n in V2 zu liegen kommen sollen, mit der Wahrscheinlichkeit ρn ∝ pn · q N −n (1.31) gegeben. Als Normierung muss natürlich gelten X X 1 = ρn = Cn pn q N −n n (1.32) n was bei scharfen Hinsehen zu dem Binomialfaktor führt µ ¶ N! N , Cn = = n n!(N − n)! (1.33) der die Zahl der Möglichkeitenangibt, n Teilchen aus einem Satz von N zu ziehen, die dann dem Volumen V1 zugeordnet werden. Damit wird Normierung X Xµ N ¶ pn q N −n = (p + q)N = 1 , (1.34) ρn = n n n wie es sein muss (Übung: Binominialsatz). Damit ist mit den Annahmen für die a priori WK’s eine WK-Dichte physikalisch vernünftig konstruiert worden, womit wir nun die Momente hni und h∆n2 i berechnen können. Dazu bedienen wir uns eines Tricks, der deren Berechnung stark vereinfacht, es ist nämlich Xµ N ¶ p∂p pn q N −n = n n Xµ N ¶ X = n pn q N −n = nρn = hni . (1.35) n n n Andererseits kann man die linke Seite in den Relationen (1.35) als hni = p ∂p (p + q)N = N p (p + q)(N −1) = N p (1.36) schreiben. Nochmalige Anwendung des Operators p ∂p ergibt dann hn2 i = N p (p + q)N −1 + N (N − 1) p2 (p + q)N −2 = 2 = hni + hni2 − N p2 2 2 h∆n i = hn i − hni = q hni (1.37) (1.38) 1.2. WAHRSCHEINLICHKEITS (WK) - RECHNUNG 17 Bildet man die relative quadratische Abweichung, erhält man ¢ hn2 i − hni2 1 ¡ 1 1 = hni − N p2 = (1 − p) ≈ 2 2 hni hni hni hni (1.39) so man das Volumen p ∝ V1 als klein annimmt. Auch mit dieser Annahme soll jedoch gelten N, N p ≫ 1, womit gezeigt ist, das die relativen Schwankungen mit der Teilchenzahl abnehmen und die Aussagen für große Teilchenzahlen sehr scharf sind. Im Folgenden wollen wir die Binomial-Verteilung ρ(n) für sehr große N & n nähern. Dazu bedienen wir uns der Stirlingschen Formel ln N ! ≈ N (ln N − 1) , (1.40) die man erhält, indem man die Summe ln N ! = ln 1 + ln 2 + ... + ln N als Integral nähert X ∆x ln x → ZN 0 dx ln x = N (ln N − 1) . (1.41) Damit wird für die Dichte unter Annahme n ≫ 1 (und damit auch N ≫ 1) ½ ¾ N! n N −n ln [ρ(n)] = ln p q ≈ n!(N − n)! ≈ −n ln n − (N − n) ln(N − n) + n ln p − n ln q , (1.42) wobei hier schon konstante Terme (in N ) weggelassen wurden – die Gesamtteilchenzahl N wird als konstant angenommen. Diese spielen bei der TaylorEntwicklung der Funktion ln ρ um sein Maximum ¯ 1 d2 ln ρ ¯¯ (n − nmax )2 (1.43) ln ρ(n) = ln ρ(nmax ) + 0 + 2 dn2 ¯ nmax keine Rolle. Dafür benötigen wir die Ableitungen ¯ ¶ µ ¯ d p N − nmax ¯ + ln = 0 = ln ln ρ¯ dn nmax q nmax ¯ ¯ d2 ¯ ln ρ ¯ dn2 hni ⇒ nmax = p N = hni = − 1 1 1 − = − . hni N − hni h∆n2 i (1.44) (1.45) (1.46) 18 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG R Berücksichtigt man dann noch die Normierung dnρ(n) = 1, die den 1. Term in der Entwicklung (1.43) festlegt (Übung) 1 , ln ρ(nmax ) = p 2πh∆n2 i erhält man für die Dichte eine Gauß-Verteilung ( (n − hni)2 ρ(n) = p exp − 2h∆n2 i 2πh∆n2 i 1 ) (1.47) wobei wir hier n als kontinuierlich verteilte Variable angesehen haben (ähnlich wie bei der Herleitung der Stirling Formel). Das ist der Inhalt des zentralen Grenzwertsatzes bzgl. Zufallsvariablen. In der Grenze N → ∞ wird daraus eine Delta-Funktion δ(n − hni). Das vorangegange Beispiel ist von großer Bedeutung für die Methoden der statistischen Physik, lassen sich doch Analogien zu dynamischen Teilchensystemen aufzeigen. Kann man z.B. a priori gleiche WK’s postulieren – wie hier, wo gleichen Volumina die gleiche WK zukommt (siehe p, q) – die auf dem gesamten, dem System zugänglichen Raum keine Variationen erfahren und ist die Zahl der betrachteten Ensemble-Mitglieder sehr groß (zentraler Grenzwertsatz), kann man offensichtlich die WK-Dichte und damit alle deren Momente formulieren. Das Ganze muß NUR noch auf den Phasenraum (klassische Statistik) bzw. auf den Hilbert-Raum aller möglichen Vielteilchenzustände (Quanten-Statistik) übertragen werden! 1.3 1.3.1 Das Teilchenbild – Hamilton-Jacobi Theorie Das Hamilton Prinzip Achtung: Im Folgenden wird bis auf Widerruf die Einstein-Summenkonvention P – Summation über doppelt auftauchende Indizes – verwendet: Ai Bi ≡ Ai Bi . i 1.3. DAS TEILCHENBILD – HAMILTON-JACOBI THEORIE 19 Wir betrachten ein System von klassischen N-Teilchen (Punkmassen). Zur Charakterisierung des mechanischen Zustands definieren wir eine skalare Größe, die Lagrange Funktion L(qν , q̇ν , t) = T (q̇ν , t) − U (qν , t) ; ν ∈ 1, 3N (1.48) die von den Orten qν und Geschwindigkeiten q̇ν der Teilchen sowie der Zeit t abhängt [ν ∈ (1, 3N ), Anmerkung: In den Argumenten werden wir der Kürze halber die Indizes weglassen]. Diese Variablen (q, q̇) kennzeichnen den Zustand des Systems (bei Annahme, die Teilchen haben die gleiche Masse). Hierbei sind T und U die kinetische bzw. potentielle Energie des Systems. L ist die zentrale Größe des Prinzips der kleinsten Wirkung, oder kurz, des Hamilton Prinzips t Z 1 = 0 (1.49) dt L(q, q̇, t) δW = δ t0 welches aus dem d’Alambert Prinzip (Bewegung erfolgt senkrecht zu Zwangskräften) folgt. M.a.W. beim Durchlaufen der Phasenraumtrajektorie zwischen den fixierten R Anfangs- u. Endpunkten (t0 , t1 ) muss die Funktion, die Wirkung W = dtL, minimal werden. Die Trajektorie, die W minimiert, charakterisiert die Systementwicklung. Die Ausführung (Übung) der Variation von Gleichung (1.49) liefert die Lagrange-Gleichungen d ∂L ∂L − = 0 ; ν ∈ (1, 3N ) , dt ∂ q̇ν ∂qν (1.50) die die 3N Bewegungsgleichungen 2. Ordnung in t liefert, die den Newtonschen Gln. äquivalent sind. Mit Hinblick auf die Quantenphysik bzw. Statistik ist es vorteilhafter, mittels einer Legendre-Transformation [g(x) = f (x) − x∂x f = f − px, p = ∂x f neue Variable] zu einem anderen Satz von Variablen zu wechseln und so die Hamilton-Funktion einzuführen H(pν , qν , t) = pν q̇ν − L(qν , q̇ν , t) . (1.51) Die Bildung des totalen Differenzials von H unter Beachtung von Gl. (1.50) und der neuen Variable der Legendre-Trafo pi = ∂q̇i L , liefert durch Koeffizientenvergleich (Übung) die Hamiltonschen Gleichungen ṗν = d ∂L ∂H ∂H = − ; q̇ν = dt ∂ q̇ν ∂qν ∂pν (1.52) 20 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG die die Grundlage der klassischen Prinzipienmechanik darstellen. Gleichungen (1.52) implizieren, dass der kanonisch konjugierte Impuls pν = const. eine Konstante der Bewegung ist, so die Hamiltonfunktion H nicht von der entsprechenden Koordinate qν abhängt. Eine solche Variable nennt man zyklisch. Des Weiteren folgt aus Gln. (1.52) dH ∂H ∂H ∂L = + {H, H}P K = = − , dt ∂t ∂t ∂t (1.53) wobei die Poisson Klammern mit {A, B}P K = ∂A ∂B ∂A ∂B − ∂qi ∂pi ∂pi ∂qi definiert sind. Aus Gleichung (1.53) folgt unmittelbar dH = 0 ; H = E dt (1.54) dass die Hamilton-Funktion die Energie des Systems ist, wenn sie nicht explizit von der Zeit abhängt. So lautet z.B. die Hamilton-Funktion eines Teilchen der Masse m im Potenzial U (~r) H(~ p, ~r) = p~2 + U (~r) . 2m (1.55) Der Vollständigkeit halber sei noch die Hamilton-Funktion eines relativistischen freien Teilchens in Erinnerung gebracht q p2 (mc2 )2 + c2 p~2 ≈ mc2 + H(~ p) = + ... 2m (1.56) wobei die Taylor-Entwicklung auf der rechten Seite in erster Näherung (bis auf die Ruheenergie mc2 ) die kinetische Energie der Hamilton Funktion (1.55) ist. 1.3. DAS TEILCHENBILD – HAMILTON-JACOBI THEORIE 1.3.2 21 Die Kanonische Transformation Transformationen, die beim Übergang zu neuen kanonischen Variablen; pν (Pj , Qj ), qν (Pj , Qj ) → Pj (pν , qν , t), Qj (pν , qν , t) (1.57) mit j; ν ∈ (1, 3N ), N - Teilchenzahl; die Form der Hamiltonschen Gleichungen unberührt lassen, Q̇j = ∂H ′ ∂H ′ ; Ṗj = − ∂Pj ∂Qj H(qk , pk , t) → H ′ (Qk , Pk , t) (1.58) (1.59) nennt man kanonisch — wobei H ′ die neue Hamiltonsche Funktion ist. Letztere gewinnt man über die Äquivalenz des Hamilton-Prinzips (1.49), d.h. δW = 0 gilt auch in den neuen (und alten) variierten Koordinaten (δqi ; δQi ). Für die Lagrange-Funktion kann man schreiben dF (1.60) dt wobei F (qj , Qj , t) eine Funktion der alten und neuen Koordinaten ist. Dass die Zeitintegration des letzten Terms, F |tt10 , für die anschließende Variation der Koordinaten (sowohl δqj als auch δQj ) zu keinem Beitrag führt, liegt am Verschwinden der Variationen δqj = δQj = 0 an den Intervallenden bei t0 und t1 . Setzt man L = pi q̇i − H(p, q, t) = Pi Q̇i − H ′ (P, Q, t) + dF ∂F ∂F ∂F Q̇i = + q̇i + dt ∂t ∂qi ∂Qi (1.61) in die Lagrange-Funktion (1.60) ein, wird man nach Umordnung auf die Form ½ ¾ ∂F pi − q̇i = ∂qi ½ ¾ ½ ¾ ∂F ∂F ′ Pi + Q̇i + H(p, q, t) − H (P, Q, t) + (1.62) ∂Qi ∂t geführt. Die Gleichung ist erfüllt, wenn die geschweiften Klammern verschwinden, also gilt pi = ∂F ∂qi (1.63) Pi = − ∂F , ∂Qi (1.64) 22 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG womit für die neue Hamilton Funktion folgt H′ = H + ∂F . ∂t (1.65) F (q, Q, t) nennt man die erzeugende Funktion der kanonischen Transformation. Es gibt 4 Erzeugende F1 (qν , Qν ) ; F2 (qν , Pν ) ; F3 (pν , Qν ) ; F4 (pν , Pν ) (1.66) die jeweils durch Berührungstransformationen (Legendre-Trafo, siehe H(pν , qν ) vs L(qν , q̇ν )) ineinander umrechenbar sind. Legendre Transformationen bewirken durch den Variablenwechsel, dass die Tangente (Ableitung) an eine Kurve zur Parallenen der neuen Koordinatenachse wird – der Punkt hat in den neuen Koordinaten ein Extremum. Neben dem Wechsel von der Legendre - zur Hamilton Funktion (L(qν , q̇ν ) ⇒ H(pν , qν )) bzw. zwischen den Erzeugenden in der Mechanik, spielen die Berührungstransformationen in der Gleichgewichtsthermodynamik bei den thermodynamischen Potenzialen. Beispiel für den Wechsel zwischen Erzeugenden in der Mechanik: F4 (pν , Pν ) = F1 (qν , Pν ) + Qi Pi − qj pj , (1.67) wobei wieder Einsteinsummen geschrieben sind. In Gl. (1.60) wird dann die Funktion F = F1 aus Gl. (1.67) ersetzt, das totale Differenzial gebildet, zusammengefasst, vereinfacht und man dann gewinnt schließlich: ½ ¾ ∂F4 (pi , Pi , t) ′ H (Qν , Pν , t) − H(pν , qν , t) − = ∂t ¾ ¾ ½ ½ ∂F4 ∂F4 − Qν Ṗν . ṗν + (1.68) qν + ∂pν ∂Pν Wieder werden alle geschweiften Klammern zu Null berechnet, um die Gleichung (1.68) zu befriedigen, was folgende Beziehungen ∂F4 ∂qν qν = − Qν = ∂F4 ∂Pν H′ = H + (1.69) (1.70) ∂F4 ∂t (1.71) 1.3. DAS TEILCHENBILD – HAMILTON-JACOBI THEORIE 23 ergibt. 1.3.3 Hamilton-Jacobi-Theorie/Wirkungswellen An dieser Stelle wollen wir noch einmal die Wirkung W(qi , t) eingehender untersuchen, indem wir nur bei t0 die Variationen δqi = 0 unterdrücken, jedoch δqi 6= 0 an der Obergrenze zulassen und die Wirkung als Funktion der Koordinaten qi auffassen. Unter diesen Voraussetzungen und mit der Definition der Hamilton-Funktion (1.51) folgt für die totale Zeitableitung ∂W ∂W dW = + q̇i = L = pi q̇i − H dt ∂t ∂qi (1.72) woraus wieder der Koeffizientenvergleich liefert ∂W ∂t = −H(= −E) (1.73) ∂W ∂qi = pi . (1.74) Die Klammer steht für konservative Systeme: H = E. Mit Gleichungen (1.72)-(1.74) fassen wir W als eine spezielle Erzeugende auf, die die neue Hamilton-Funktion zu Null macht ∂W + H = H′ = 0 ∂t denn offenbar gilt nach den obigen Überlegungen µ ¶ ∂W ∂W + H qk , ,t = 0 ∂t ∂qk (1.75) Hängt H nicht explizit von der Zeit ab, kann man die Orts- und Zeitabhängigkeiten der Wirkung separieren W(qi , t) = S(qi ) − Et , (1.76) womit die reduzierte Hamilton Jacobi Gleichung für die reduzierte Erzeugende S formuliert werden kann: · ¸ ∂S H [pν , qν ] = H (1.77) , qν = E ∂qν 24 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG die stationäres Verhalten beschreibt. Die Gleichungen (1.75) & (1.77) sind als Hamilton-Jacobische partiellen Differenzialgleichungen (HJG) bekannt, die auf die Erzeugenden W bzw. S jener kanonischen Transformation führen, die einen vollständigen Satz zyklischer Variablen ergeben! Das muss auch so sein, denn die neue Hamilton-Funktion H ′ = H + ∂t W = 0 verschwindet identisch, zeigt also gar keine Abhängigkeiten, so dass alle Variablen zyklisch Q̇i = 0 ; Ṗi = 0 und somit konstant sind. Das Problem ist mit Kenntnis von W gelöst. Statt der 2-f gewöhnlichen Differentialgleichungen (1.52) steht man jetzt vor der Aufgabe die partielle HJG lösen zu müssen, aus der man durch Rücktransformationen (1.57) die eigentlichen Trajektorien des Problems erhält. Wichtig für unseren Weg zur Wellenmechanik ist nur, dass man die Newtonschen Gleichungen, oder die Hamiltonschen Gleichungen oder auch die Hamilton-Jacobische partielle Differenzialgleichungen als völlig äquivalente Methoden zur Beschreibung eines klassisch-mechanischen Problems versteht. Ist das erst einmal klar, ist der Schritt von der klassischen Mechanik zur Quantenmechanik wesentlich leichter zu vollziehen – z.B. über die Analogie zwischen Wellenoptik ⇔ geometrischer Optik, oder auch einfacher über Analogien zwischen Wellenbild und Teilchenbild, die sich z.B. über die deBroglie Wellenlänge λ = 2π~/|~ p| oder das Energiequant E = ~ω ziehen lassen. Wir werden hier alle diese Wege skizzieren – beginnend mit den plausiblen Analogien, bis hin zur Skizze der Pfadintegralmethode als Greensche Lösung der Schrödingergleichung. Wir werden in all diesen Ansätzen zeigen, dass in Fällen, wo die Quanteneffekte unwichtig werden – Terme mit ~ also vernachlässigbar sind – die klassische Mechanik, sprich die Hamilton-Jacobi Gleichung, übrig bleibt. M.a.W. die klassische Mechanik läßt sich als Spezialfall der Quantenmechanik verstehen. Bevor wir mit der Maxwellschen Elektrodynamik beginnen und e.-m. Wellen diskutieren, wollen wir noch eine andere Formulierung der HJG vorstellen, die eine Brücke zur geometrischen Optik schlagen und uns gestatten wird, die Wirkung als Wellenphase zu verstehen. 1.3. DAS TEILCHENBILD – HAMILTON-JACOBI THEORIE 25 Wirkungswellen Im Folgenden wollen wir die Hamilton-Jacobi Gleichung (HJG) etwas umformen, um auf diese Weise einen einfacheren Vergleich mit der Grundgleichung der geometrischen Optik – der Eikonal-Gleichung – zu erzielen. Ziel ist es, eine Verwandschaft“ zwischen der HJG und der Eikonalgleichung (nächs” ter Abschnitt 1.111) aufzuzeigen und dann evtl. Hinweise auf die der HJG zugrunde liegenden Wellengleichung (die sich später als die Schrödingergleichung (SGL) erweisen wird) zu gewinnen. In diesem Abschnitt wird also nur eine andere Form der HJG präsentiert. Wir erinnern uns des Ansatzes für die Wirkungsfunktion W = S(q) − Et (1.78) im Falle konservativer Systeme (∂t H = 0 ; H = E). Auch erinnern wir uns, das beide Erzeugende der kanonischen Trafo sind, die für alle Koordinaten pi = ∂qi S = const. liefern. In diesem Sinne sind S = const. fixe Flächen im von den qi aufgespannten Konfigurationsraum. Hingegen schieben sich die Flächen mit W = S − Et = const. auf Grund der Zeitabhängigkeit über jene von S = const. mit einer gewissen Geschwindigkeit hinweg und bilden Wellenfronten im Konfigurationsraum (Ortsraum). Um das möglichst einfach zu veranschaulichen, wollen wir nur ein Teilchen der Masse m und der Geschwindigkeit ~v im Ortsraum qi → x, y, z betrachten. Für dieses System“wollen wir die Wellenausbreitung“ der Wirkung W = ” ” const. mit der Geschwindigkeit ~u beschreiben und auch annehmen, dass sich im allgemeinen Fall ~u in Richtung und Betrag als auch die Flächen W = const. ändern. Um die Bewegungsgeschwindigkeit der Wellenfront zu bestimmen, setzen wir dW := 0 = ∂W dt + ∇W · d~r = ∂t = −Edt + ∇S · d~r = − Edt + p~ · d~r , (1.79) wobei wir Gebrauch von Gln. (1.73)-(1.74) haben. Definiert man ~u = d~r/dt, so wird aus Gl. (1.79) dt (∇S · ~u − E) = 0 ∇S · ~u = p~ · ~u = E , (1.80) 26 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG womit die Wirkungswellenausbreitung ~u parallel (oder antiparallel) zu ∇S und zum Impuls p~ sein muss. Für die Beträge gilt demnach |u| = |E| |E| |E| = = |∇S| |p| m|v| (1.81) woraus man erkennt, dass sich neben der Parallelität (oder Anti-Paralletität) ihre Beträge reziprok verhalten müssen, denn es ist |u| |v| = |E| = constant . m (1.82) Die Impulse p in Gl. (1.81) sind aus der Energieerhaltung p~2 + U (~r) = E 2m ersetzbar p = p |E| 2m(E − U ) = |u| (1.83) womit man für HJG eines Teilchens schreiben kann (∇W) 2 = ½ E u ¾2 (1.84) wobei man sich der Beziehung p~ = ∇W = ∇S für die Impulse erinnern möge (einsetzen in (1.83) und quadrieren). Wir werden sehen, das wir aus der Wellengleichung (1.90) bei Annahme sehr kleiner Wellenlängen (λ/l → 0) im Vergleich mit den Längenskalen l, auf denen p sich optische Eigenschaften [µ(~r), ε(~r) oder Brechungsindex n(~r) = µε/(µ0 ε0 ) > 1] im Medium ändern, genauso eine Gleichung wie (1.84) für die Wellenphase L(~r) ableiten können. Demnach hätte die Wirkung W etwas mit der Phase der quantenmechanischen Wellenfunktion Ψ zu tun, vorausgesetzt dass eine Analogie zwischen Wellenmechanik und Prinzipien (klassisch) Mechanik bzw. zwischen Wellenoptick und geometrische Optik nicht nur formal existiert. 1.4. DAS WELLENBILD – DER D’ALAMBERT OPERATOR 1.4 27 Das Wellenbild – Der d’Alambert Operator Die Grundlage elektromagnetischer Wellen sind die Maxwellschen Gleichungen ~ = ρQ ∇·D ; ~ =0 ∇·B ~ = ~j + D ~˙ ∇×H ; ~ = − ∇×E (1.85) ~ ∂B ∂t (1.86) mit den Materialrelationen: ~ = ε0 E ~ + p̃~ = ε ε0 E ~ D ~ = µ0 H ~ + m̃ ~ . ~ = µ µ0 H B (1.87) (1.88) ~ Die Dichte der Dipolmomente bzw. der Elementarmagnete sind mit p̃~ und m̃ bezeichnet, µ und ε sind die Koeffizienten der Dielektrizität bzw. Permeabi~ bzw. H, ~ deren lität. Die elektrische und magnetische Feldstärke sind mit E ~ und B ~ bezeichnet. Verschiebung bzw. magnetische Induktion sind mit D Die rechten Seiten der Gleichungen (1.85) & (1.86) gestatten die Einführung der Potenziale ~ = ∇×A ~ ; B ~ = −∇Φ − A ~˙ . E (1.89) Aus diesen Gleichungen lassen sich unter Ausnutzung weniger differenzialgeometrischer Relationen (z. B.: ∇ · (∇ × ...) → 0 ; ∇ × ∇... → 0) die Ladungs- und Energieerhaltung herleiten — was hier aber nicht unser Bestreben ist; sonder wir interessieren uns für elektromagnetische Wellen. ~ und Φ möglichst Um die Herleitung der Wellengleichung für die Potenziale A einfach zu halten, betrachten wir elektromagnetische Felder im Vakuum: ~ = ε0 E ~ und B ~ = µ0 H. ~ Die linken Seiten von ρQ = 0 und ~j = 0 sowie D (1.85) & (1.86) liefern dann die Wellengleichungen für die Felder – Übung: bilde z.B. Rotation der Gl. (1.86) und forme gemäß differenzialgeometrischer Relationen [∇ × (∇ × ...) → ∇(∇ · ...) − ∆... und beachte c2 = (µ0 ε0 )−1 ] um – und man erhält für die Potenziale ¤Φ = 0 ; ~ = 0 ¤A (1.90) mit den Differenzialoperatoren ¤= 1 ∂2 −∆ ; c2 ∂t2 ∆ = ∂2 ∂2 ∂2 + + ∂x2 ∂y 2 ∂z 2 (1.91) 28 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG die als d’Alambert (¤) bzw. der Laplace Operaor (∆) bezeichnet werden. √ Die Vakuumlichtgeschwindigkeit ist c = 1/ ε0 µ0 . Für Wellen in materieller Umgebung gelten dieselben Gleichungen, nur dass auf den rechten Seiten die Quellen der Felder, ρQ und ~j, als Inhomgeneitäten in Gln. (1.90) erscheinen. Allerdings muss man dann zur Entkopplung der Gleichungen zwischen elektrischen und magnetischen Feldern die LorentzKonvention 1 ~=0 Φ̇ + ∇ · A c2 (1.92) beachten. Wir bleiben aber hier der Einfachheit halber bei Vakuumwellen. Lösungen der Gleichungen (1.90) sind ebene Wellen Φ = Φ(~k · ~r − ωt) ; ~ = A( ~ ~k · ~r − ωt) A (1.93) die unmittelbar auf die Dispersionsrelation (in Übung zu zeigen, i.e. Ansätze einsetzen und Differenziationsregeln beachten) ω 2 = k 2 c2 (1.94) führen.Wir gehen einen Schritt weiter und konstruieren die allgemeine Lösung als (Fourier) Summe/Integral über ebene Wellen gemäß ½ Φ(~r, t) = 1 2π ¾3/2 Z h ³ ´i d3~k f (~k) exp −ı ω(~k)t − ~k · ~r (1.95) womit sofort folgt ∂ ∂ → − ıω ; ∇ = → ı ~k . ∂t ∂~r (1.96) In Gleichung (1.95) ist imaginäre Einheit mit ı bezeichnet und der Wellencharakter erschließt sich durch die Euler-Beziehung exp(ıx) = cos x + ı sin x für komplexe Expeonentialfunktionen. Diese Beziehungen haben nicht nur für die oben angegebenen Wellenoperatoren Bedeutung, sondern können auch auf die Ausbreitung beliebiger Felder Ψ(~r, t) in räumlich und zeitlich homogenen Systemen erweitert werden (wie wir in der Wellenmechanik noch sehen werden). Allgemeine Wellenausbreitung in solchen Systemen wird von Operatoren charakterisiert, die nur von 1.4. DAS WELLENBILD – DER D’ALAMBERT OPERATOR 29 Ableitungen, ∂t ; ∇, abhängen, da ja kein Raum- u. Zeitpunkt ausgezeichnet ist, können ~r und t nicht explizit erscheinen, also lautet die allgemeine Wellengleichung Ô(∂t , ∇)Ψ = 0 (1.97) woraus mit der Fourier-Wellenlösung (1.95) wird Ô(−ıω, ı~k)Ψ = 0 mit ω = ω(~k) . (1.98) Somit unterscheiden sich unterschiedliche Wellenausbreitungen durch den Operator Ô und damit in ihrer Dispersionsrelation ω = ω(~k), die natürlich die allgemeine Lösung bestimmt, wie in dem Argument der Wellenfunktion (1.95) durch ω(~k) angedeutet ist (dort ist dann Φ durch Ψ zu ersetzen). 1.4.1 Das Eikonal Wenn wir die Wellenausbreitungen in einem neutralen Medium beschreiben, habe wir ausgehend von der Wellengleichung (1.90) nur in Rechnung zu stellen, dass sich Licht dort langsamer als im Vakuum ausbreitet, nämlich u = c , n (1.99) um den Brechungsindex n(~r) = r µε µ0 ε0 (1.100) als Faktor langsamer. Damit kann in diesem Fall für die Wellengleichung geschrieben werden ½ ¾ 1 ∂2 ∆− 2 2 Φ = 0 . (1.101) u ∂t Für konstanten Brechungsindex lautet die Ein-Modenlösung h i Φ = Φ0 exp −ı(ωt − ~k · ~r) (1.102) mit k = ω n ω 2π = k0 n = = c u λ (1.103) 30 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG wobei die Kreisfrequenz ω = 2πν lautet und für die Wellengeschwindigkeit u = λν gilt (ν – Frequenz). Für die Vakuumwelle gelte ω = k0 c mit der Vakuumwellenlänge λ0 = 2π/k0 und n = 1. Wir betrachten eine Welle, die sich in x - Richtung bewege, also ~k = n~k0 = nk0~ex , und somit lautet die Lösung Φ = Φ0 exp [−ık0 (ct − n x)] . (1.104) Nun lassen wir aber eine schwache räumliche Abhängigkeit n(~r) zu, die zur Beugung der Welle führt. Die Schwäche“ der Abhängigkeit beziehe sich auf ” Skalen O(λ) auf denen n noch als konstant angesehen werden kann. Das berechtigt die Lösung wie folgt anzusetzen Φ = exp [A(~r) − ık0 (ct − L(~r))] (1.105) wobei die Amplitude nun auch schwach ortsabhängig ist Φ0 = exp A(~r) und die Ortsabhängigkeit der Phase im sogenannten Eikonal L(~r) zusammengefaßt ist. Die Ableitungen in Gl. (1.101) führen auf ∂2 ∂ → −ık0 c ; → −(k0 c)2 ∂t ∂t2 − und n (1.106) ³ ´2 1 ∂2Φ 2 c Φ = k02 n2 Φ = k 0 u2 ∂t2 u 2 ∆Φ = Φ (∇ [A(~r) + ık0 L(~r)]) + ∆ [A(~r) + ık0 L(~r)] (1.107) o , (1.108) die beide, Gln (1.107) & (1.108), eingesetzt in Gl. (1.101), ausmultipliziert und nach Real- & Imaginärteil getrennt (Übung), die jeweils für sich verschwinden müssen, ergeben: n o Realteil: ∆A + (∇A)2 + k02 n2 − (∇L)2 = 0 (1.109) Imaginärteil: ∆L + 2 (∇A) · (∇L) = 0 . (1.110) Nun hatten wir eingangs angenommen, dass alle Ableitungen von L und A sowie deren Krümmungen sehr klein sein sollen, sprich diese Funktionen ändern sich auf viel größeren Skalen als die Lichtwellenlänge λ0 , und damit erst recht bezogen auf λ = λ0 /n. Damit spielt nur der Term ∝ k02 = (2π/λ0 )2 in der geschweiften Klammer eine Rolle und man gelangt zur Eikonalgleichung: n c o2 (∇L)2 = n2 = (1.111) , u 1.5. WEGE ZUR WELLENMECHANIK 31 die formal die gleiche Aussage über die Phase/Eikonal L macht wie die HJG bzgl. der Wirkung W. Es sollte auch erwähnt werden, dass der Gleichung (1.111), wie auch die Grundgleichungen der klassische Mechanik, einem Variations-Prinzip entspringt – dem Fermat’schen Prinzip s 1 Z 1 δt = δ ds n(s) (1.112) c s0 von der Minimierung der Lichtweglängen/-zeiten in der geometrischen Optik. Hat es tatsächlich etwas mit der Analogie zwischen Wellenoptik → geometrischer Optik bzw. zwischen Quantenmechanik → klassische Mechanik (HJG) auf sich, dann sollte die Wirkung W (oder S) etwas mit der Phase einer allgemeineren Wellenfunktion zu tun haben, nach deren dynamischen Gleichung – der Wellengleichung der Mechanik – wir noch suchen. Den Übergang von Wellenmechanik zur klassischen vollzieht man dann auch über Vernachlässigung bestimmter Terme – nämlich jener, die die Quanteneffekte beschreiben, die bei makroskopischen Teilchen unwichtig sind, aber die jedoch die Dynamik von Mikroteilchen entscheidend beeinflussen. Aber noch ist die Analogie rein formal und es gab lange Zeit keine Veranlassung, dieser Analogie eingehender nachzuspüren. Jedoch die folgenden Beispiele werden zeigen, dass wesentlich mehr hinter dieser Analogie zu stecken scheint – sie bildet eine der Brücken“ zur Quantenmechanik/Wellen” mechanik. 1.5 Wege zur Wellenmechanik In den letzten Kapitel haben wir sowohl das Wellen- als auch das Teilchenbild kurz skizziert und eine formale Analogie zwischen geometrischer Optik und klassischer Prinzipienmechanik aufgezeigt. Ist mehr an dieser Verbindung, dann sollte die Wirkung W eine Art Phase einer allgemeineren Wellenfunktion sein, die die Lösung einer allgemeineren Wellenmechanik ist. Die folgenden Abschnitte werden in der Tat die Notwendigkeit einer allgemeineren Mechanik – der Quantenmechanik – an experimentellen Befunden 32 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG aufzeigen. So wird sich, wie schon eingangs angedeutet erweisen, dass Licht Teilcheneigenschaften hat, was wir anhand des Comptoneffekts, des Photoeffekts und des Planck’schen Strahlungsgesetzes kurz aufzeigen werden. Andererseits offenbart die Elektronenbeugung die Welleneigenschaften von Mikroteilchen/Strahlen. Sowohl Partikeleigenschaften des Lichts aber vor allem auch die Welleneigenschaften der Teilchen widersprachen ausgangs des 19. Jahrhunderts allen geläufigen Vorstellungen. Eine grundlegende Wende in der Theorienentwicklung zeichnete sich ab. 1.5.1 Die Krise“ der Physik: Licht — Welle vs Teilchen? ” Die folgenden drei kurzen Skizzen von Experimenten werden aufzeigen, dass Licht gequantelt ist und dass Energie Eph und Impuls p~ph der entsprechenden Lichteilchen“ wie folgt lauten ” Eph = ~ ω ; p~ph = ~ ~k , (1.113) wobei ω die Frequenz und ~k der Wellenvektor des Quants sind. Die Dispersionsrelation verknüpft die Größen zu ω = c|~k|, wobei c die Lichtgeschwindigkeit ist. Andererseits stellen freie bewegte Teilchen Materiewellen dar, die folgende Energie und Impuls haben E = q p2 (mc2 )2 + c2 p~2 ≈ mc2 + + ... 2m p~ = ~ ~k , λ = h mv (1.114) (1.115) mit dem Planck’schen Wirkumsquantum h = 2π~ und der de Broglie Wellenlänge λ. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass de Broglie seine Wellentheorie aller Korpuskel vor der Entdeckung der Elektronenbeugung (Davisson & Germer, 1927) formulierte. Ich empfehle im Zusammenhang mit all diesen bahnbrechenden Arbeiten die Nobel-Vorlesungen anläßlich der Preisverleihungen auf der Seite nobelprize.org/physics/laureates in Augenschein zu nehmen. Plancksches Strahlungsgesetz Planck’s bahnbrechende Arbeit; publiziert in den Verhandlungen d. dt. phys. Gesellsch. 2 (1900), 237; basiert auf (a) dem Maximum Entropie in Form 1.5. WEGE ZUR WELLENMECHANIK 33 einer größtmöglichen Unordnung der Energieverteilung in einem Gleichgewichtssystem und (b) Energieaustausch in über Quanten. Planck modellierte die Hohlraumstrahlung mit sehr vielen Resonatoren/Oszillatoren im thermischen Gleichgewicht der Absorption und Emission von Strahlung – das Ganze eingeschlossen in einem Hohlraum. Genialer Grundgedanke bei der Entropieberechnung war, dass die Energie nur in diskreten Paketen/ Quanten der Größe ǫ = ~ω auftreten darf. Das fundamentale statistisch-thermodynamische Prinzip der Maximierung der Unordnung (sprich Entropie), d.h. die Verteilung der Energie auf eine maximal vieldeutige Weise, wird uns erst in der statistischen Thermodynamik (theoretische Physik IV) begegnen, d.h. erst in einem Semester. Aus diesem Grund entwickeln wir die Beschreibung der Natur der Hohlraumstrahlung auf andere, plausible Weise basierend auf den Strahlungsgesetzen von Rayleigh & Jeans bzw. Wien, die dem Planck’schen Strahlungsgesetz vorausgingen. Rayleigh und Jeans untersuchten die spektrale Energieverteilung einer in einem Hohlraum eingeschlossenen elektro-magnetischen Strahlung, basierend auf stationären Lösungen der Gln. (1.90) bei festgehaltenen Feldern an den Rändern des Hohlraums. Eben diese Randbedingungen zwingen den Wellenlösungen bestimmte Eigenschaften bzgl. der Wellenlängen der eingeschlossenen Strahlung auf. Der Wellenvektor z.B. muss die Form haben ~k = π (nx~ex + ny ~ey + nz ~ez ) , L (1.116) wobei die ni ∈ G ganze Zahlen sind und L die Länge des kubischen Hohlraums. Aus der elektro-magnetischen Beschreibung, der dem d’Alambert Operator entstammenden Disperionsrelation (1.94), kann man für die Zustandsdichte – d.h. die Zahl der Wellen dN im Frequenzintervall (ω, ω + dω) – schreiben (Übung) dN = L3 ω 2 dω 2π 2 c3 . (1.117) Die spektrale Energiedichte, d.h. Zahl der Freiheitsgrade × Energie pro Freiheitsgrad/Volumen ⇒ dN kB T /L3 (kB T – mittlere Energie eines Oszillationsfreiheitsgrades, T – Temperatur, kB – Boltzmann konstante), lautet damit (ebenfalls Übung) u(ω) dω = kB T 2 ω dω π 2 c3 . (1.118) 34 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG 1.5 u 1.0 0.5 0.0 0 2 4 6 Omega 8 10 Abbildung 1.2: Die Kurven zeigen die verschiedenen Strahlungsgesetze: gestrichelt jenes von Rayleigh-Jeans (∝ ω 2 ), gültig für ω → 0 und das von Wien, welches korrekte Werte für große ω liefert. Das Planck’sche Strahlungsgesetz, welches beide Extreme vereint, ist die solide Kurve. Wäre dem tatsächlich so, würde man beim Öffnen einer Ofentür tot umfallen, denn je höher die Frequenz ω (bzw. Energie ~ω), desto größer wird R die Zustandsdichte und somit divergiert die Energie U = dω u(ω) → ∞. Das kann also nicht die ganze Wahrheit sein, sondern gilt nur für niedrige Frequenzen, wie Experimente bestätigen. Hingegen ergaben theoretische Untersuchungen von Wien eine abnehmende Zustandsdichte für hohe Frequenzen ½ ¾ ~ω 3 u(ω) dω ∝ ω exp − dω , (1.119) kB T (wobei wir hier die Konstante ~ eingesetzt haben, die Wien lediglich als positiv festlegte). Die Zusammenführung beider Grenzformeln (1.118) & (1.119) leistet Planck’s Formel u(ω) = ~ ω3 n o , · π 2 c3 exp ~ω − 1 kB T (1.120) die er aber nicht durch die Extrapolation, sondern durch die obigen statistischen Gleichgewichtsüberlegungen inkl. der Quantenannahme beim Ener- 1.5. WEGE ZUR WELLENMECHANIK 35 gieaustausch gewann. Abbildung 1.2 zeigt alle drei Strahlungsgesetze, Rayleigh-Jeans, Wien und das Planck’sche Strahlungsgesetz. Die quantenstatisitische Herleitung über die Bose-Einstein Statistik ist ungleich einfacher – man beachtet nur dass Photonen masselos sind und sich damit deren Energie und Impuls als p E = m2 c4 + p2 c2 → |~ p|c = ~|~k|c = ~ω (1.121) p~ = ~~k (1.122) ergeben (man beachte dabei die aus der Maxwell-Theorie bekannte Dispersion ω 2 = c2 k 2 ) und dass sie ohne Energieaufwand absorbiert oder emittiert werden können (chemisches Potenzial µ → 0). Dann wird die mittlere Energie eines harmonischen Oszillators/Bosons, die sich aus der Quantenstatistik zu ǭ = ~ω[1/2 + (exp(~ω/kB T ) − 1)−1 ] ergibt, mit deren Zahl (1.117) im Frequenzintervall multipliziert und so erhält man – abgesehen von der Nullpunktsenergie ~ω/2 – schließlich die Planck’sche Formel (1.120). Für niedrige Frequenzen oder ausreichend hohe Temperaturen folgt in guter Näherung Gl. (1.118) (Übung). Diese elegante deduktive Ableitung setzt jedoch Kenntnisse der Gleichgewichtsstatisitik und der Quantenmechnanik voraus, von denen wir letztere erst hier erarbeitet werden. Photoeffekt Dieser und auch der Compton-Effekt (siehe Abschnitt 1.5.1) untermauern in hervorragender Weise die Planck’sche Quantenhypothese ǫ = ~ω. Bestrahlt man eine Metallplatte mit monochromatischen Licht, führt das je nach Energie und Intensität der Bestrahlung zur Freisetzung von Elektronen. Beim Experiment zum äußeren lichtelektrischen Effekt läßt man die befreiten Elekronen gegen ein elektrisches Feld (Gegenspannung U ) anlaufen, um auf diese Weise deren Energieverteilung zu messen. Welchen Photostrom Iph (U ) in Abhängigkeit der Spannung U würde man von der Wellenbeschreibung der Bestrahlung erwarten? i) Zunächst würde man erwarten, dass bei ~ 2, B ~ 2 ) nach ausreichend langer beliebig kleinen Strahlungsintensitäten (∝ E Zeit auch genügend Energie übertragen worden ist, um die Freisetzungsenergie erreicht zu haben, die die Summe aus Bindungsenergie (EB – energetischer Abstand des Elektrons zur Fermi-Kante EF ) und Austrittsarbeit Φ ist: Elib = Φ + EB (siehe Abb. 2.6). Des Weiteren sollte es keine untere Grenzenergie Φ geben, unterhalb der keine Elektronen freigesetzt werden 36 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG E − Ekin EF EB Abbildung 1.3: Zur Freisetzungsenergie Elib = Φ + EB eines Elektrons in einem Metall. Die Fermi-Energie (-kante) ist EF = −Φ und mit EB ist der energetische Abstand des Elektrons unter der Fermikante bezeichnet. Die kinetische Energie des Photoelektrons nach Freisetzung ist Ekin , so dass ein Photon der Energie ~ω = Elib + Ekin vonnöten ist, um das oben dargestellte Photoelektron zu produzieren. können. ~ 2 ) sollte die Kraft auf ii) Mit wachsender Intensität (wachsende Feldstärke E die Elektronen wachsen und deren kinetische Energie ansteigen. iii) Die Zahl der Photoelektronen sollte mit eingestrahlter Intensität wachsen. Was wurde letztlich beobachtet? Zu i): Unterhalb einer bestimmten Frequenz ωΦ = Φ/~ des eingestrahlten Lichts ist unabhängig von dessen Intensistät kein Photostrom meßbar – egal wie lange man wartet. Für höhere Frequenzen ω > ωΦ wird ein Photostrom gemessen, der jedoch bei einer fixen Gegenspannung Ugr verschwindet. Zu ii): Die Intensität hat keinerlei Einflüß auf die kinetische Energie der freigesetzten Elektronen Ekin = eUgr , jedoch sehr wohl die Frequenz des Lichts, was folgende Bilanz nahe legt: ~ω = Elib + eUgr . Zu iii): In der Tat wächst die Zahl der Photoelektronen und damit der Pho- 1.5. WEGE ZUR WELLENMECHANIK 37 5 4 U gr 3 2 1 0 0 2 4 6 Omega 8 10 Abbildung 1.4: Die Abhängigkeit der Grenzspannung Ugr (ω) von der Energie (Frequenz ω) des Lichts (beides in willkürlichen Einheiten). Aus dem Anstieg der Messkurve kann man auf das Planck’sche Wirkungsquantum ~. Der Schnittpunkt mit der x-Achse Ugr = 0 = ~ ωlib markiert die Energie, die das Photon haben muss, um ein Elektron aus dem Metall zu lösen. tostrom I mit der Intensität, wie vom Wellenbild erwartet. Das steht aber keineswegs im Widerspruch zu einer Quantenvorstellung – mit der Intensität wächst auch die Zahl der Photonen. Die Zusammenfassung dieser Meßergebnisse lautet von Einstein zusammengefaßt: das elektromagnische (Licht) Feld besteht aus Teilchen — den Photonen — deren Energie ǫ = ~ω ist. Die Energiebilanz beim Photoeffekt ist demnach ~ω = Ekin + Φ + EB , (1.123) und für die Grenzenergie Ekin = eUgr , die die Elektronen an der FermiKante des Leitungsbandes (EB = 0) betreffen, gilt ~ ω = eUgr + Φ . (1.124) Die Austrittsarbeit Φ ist ein Materialparameter, so dass die Messung der Grenzspannung Ugr als Funktion der Frequenz ω des eingestrahlten Lichts, 38 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG h~k h~k 0 p~ 0 Abbildung 1.5: Schematische Darstellung zum Compton-Effekt, dem Stoß von Photonen ~~k an ruhenden Elektronen mit der Ruhenergie E0 = me c2 . Das einfallende (~~k) und gestreute Photon (~~k ′ ) ist mit gestrichelten Linien gekennzeichnet, wohingegen das gestoßene“ Elektron (~ p′ ) durch den soliden ” Pfeil dargestellt ist. die Chance bot, das Planck’sche Wirkungsquantum ~ über den Anstieg dieser Gerade zu messen (siehe Abb. 1.5). Der Compton-Effekt Als Compton (1921/22) Röntgenstrahlen beobachtete, welche an Graphit gestreut worden sind, stellte er fest, dass neben der eingestrahlten Welle auch noch eine um den Winkel θ gestreute auftrat, dessen Wellenlänge um ∆λ verschoben und dessen Energie geringer als die eingestrahlte ist (siehe schematische Darstellung 1.5.1). Die Streuung des Röngtenphotons kann nur mit dessen Stoß am Elektron erklärt werden bei dem Energie und Impuls des Systems, Photon & Elektron, erhalten bleiben. Vor dem Stoss gilt für das Photon Eph = ~ ωph ; p~ph = ~ ~k (1.125) und das ruhende Elektron Ee = me c2 ; p~ = 0 . (1.126) Nach dem Stoss, alle Größen werden mit einem Strich gekennzeichnet, bleiben Impuls und Energie konstant so dass wir für beide die Bilanzen schreiben können p (1.127) ~ ωph + me c2 = ~ω ′ + c (mc)2 + p′2 ′ ′ ~ ~k = ~ ~k + p~ . (1.128) 1.5. WEGE ZUR WELLENMECHANIK 39 Der gesuchte Winkel θ ist von den beiden Wellenvektoren ~k und ~k ′ eingeschlossen (siehe Abb. 1.5.1). Dessen Größe sowie die korrespondierende Wellenlängenänderung ∆λ kann mit Hilfe der Gleichungen (1.127) & (1.128) 2 = c2 k 2 , sowie der Dispersionsrelation (1.94) für die Röntgen-Photonen ωph Gleiches gilt für das gestreute Photon, berechnet werden (Übung). Als Ergebniss findet man die Relation zwischen ∆λ und dem Winkel θ · ¸ θ , (1.129) ∆λ = 2λc sin2 2 wie in der Übungsaufgabe gezeigt wird. Mit λc = h/(mc) = 2, 42 · 10−12 m bezeichnet man die Comptonwellenlänge. Auch hier war wieder die Quantenhypothese mit Eph = ~ω und p~ph = ~~k für die Röntgenphotonen der Schlüssel zur Beschreibung der Beobachtungen des Compton-Experiments vonnöten Elektronenbeugung Hier sei nur erwähnt, dass de Broglie’s geniale Wellenhypothese von Materiestrahlen, charakterisiert durch folgende Energien und Impulse p~ = ~ ~k p p2 E = c (mc)2 + p2 ≈ mc2 + + ..., 2m (1.130) (1.131) durch Experimente von Davisson & Germer sowie Thomson & Rupp (1928) mit Elektronen und auch von Stern mit Helium eindrucksvoll bestätigt wurde. Hat z.B. das Elektron vorher eine Spannungsquelle U durchlaufen, so ist seine Energie E = mc2 + eU ≈ mc2 + p2 . 2m (1.132) Löst man Gl. (1.132) unter Beachtung von λ = 2π/k (Gl. (1.130)) und ~ = h/2π nach λ auf, ergibt sich r mc2 h λ = , (1.133) mc 2eU d.h. diese Wellenlänge ist von der Größenordnung der Compton-Wellenlänge λc = h/(mc). So verwundert es nicht, dass ein Vergleich zwischen Ergebnissen von Elektronen- und Röntgenbeugung sich fast gleichen, wie Thomson 1928 feststellte. 40 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG Zusammenfassung: Welle vs. Teilchen Ende des Kapitels 1 habe wir eine formale Analogie zwischen klassischer Prinzipienmechanik bzw. geometrische Optik aufgezeigt. Letztere ließ sich aus der Wellenoptik unter Vernächlässigung von Dimensionen von der Größe der Lichtwellenlänge λ herleiten – m.a.W.: die Eigenschaften des Mediums, in dem sich das Licht ausbreitet, ändern sich auf weit größeren Skalen als λ. Die Frage stand nun: (a) Steckt mehr hinter dieser formalen Analogie? – Und (b) wenn ja, welche wellenmechanische Gleichung liegt der HJG zugrunde. Die positive Beantwortung der Teilfrage (a) haben wir in den letzten Abschnitten mit vielen (berühmten) experimentellen (und auch theoretischen) Fakten untermauert und nun bleibt noch, die grundlegende Wellengleichung der Mechanik zu erarbeiten. Dazu wollen wir noch einmal die Ergebnisse der Beobachtung zur Quantennatur des Lichts bzw. Wellennatur bewegter Teilchen in Formeln gießen. Für Quanten der elektromagnetischen Strahlung fanden wir folgende Beziehungen für Energie und Impuls: Eph = ~ ω (= c|~ pph |) ; p~ph = ~ ~k . (1.134) Analog gilt für Materiewellen (frei) E = c p p2 ; p~ = ~ ~k . (mc)2 + p2 ≈ mc2 + 2m (1.135) Im nächsten Abschnitt werden die Gemeinsamkeiten dieser Ausdrücke die Brücke zur Schrödingergleichung schlagen. 1.6 1.6.1 Die Schrödinger-Gleichung Eine plausible Herleitung“ ” Um den im letzten Abschnitt angekündigten Brückenschlag zu vollziehen, wollen wir hier der Einfachheit nur ein freies Teilchen [U (~r) → 0] und die Ausbreitung von Licht in einem homegenen Medium (Vakuum) betrachten. Teilcheneigenschaften offenbaren sich bei Stoßprozessen, wie gesehen beim Compton-Effekt oder beim Photoeffekt die Lichtquanten betreffend. Teilchen sind durch Impuls p~ und Energie bzw. seine Hamilton-Funktion E = H(~ p= ∂~r S) charakterisiert. 1.6. DIE SCHRÖDINGER-GLEICHUNG 41 Andererseits treten Welleigenschaften bei Beugungs - u. Intereferenzerscheinungen zutage, wie sie z.B. Elektronen oder andere Teilchen in DebyeScherrer Aufnahmen (Beugungsbilder) bei Beugungen an Kristallen zeigen. Wir fassen also aus dem Teilchen- und Wellenbild [Gln. (1.75) & (1.97)] zusammen: Teilchenbild: Wellenbild: H(~ p = ∇S) = E Ô(∂t , ∇)Ψ = 0 . (1.136) Um beide Bilder zusammenzuführen werden wir die Einstein- und die de Broglie Beziehungen E = ~ω ; p~ = ~ ~k (1.137) bemühen, die durch die Fakten des letzten Abschnittes nahegelegt werden. Andererseits ist eine Welle durch die Funktion ´o nı o n ³ W (1.138) = Ψ0 exp Ψ = Ψ0 exp ı ~k · ~r − ωt ~ gegeben, wobei wir beim Ausdruck auf der rechten Seite beachtet haben, dass wir für die Wirkung im Kapitel 1 fanden: W = S − Et = ∇S · ~r − Et = p~ · ~r − Et. Es erscheint unter Ausnutzung der Beziehungen (1.137) die Wirkung W in der Tat als Phase einer Wellenfunktion, wie die Analogie zwischen Prinzipienmechanik und geometrischer Optik in Abschnitt ?? schon vermuten ließ. Laßt uns sehen, wohin diese Analogie führt. Zunächst wenden wir uns nichtrelativistischen Elektronen zu, deren HJG lautet H(~ p) = p2 = E 2m ⇒ ~ω = (~~k)2 2m (1.139) wobei wir die Relationen (1.137) verwendeten. Die Wellennatur (1.138) bedeutet aber gleichzeitig, dass man Frequenz und Wellenvektor durch folgende Operatoren ersetzen kann: ω → − 1 ∂ ; ı ∂t ~k → 1 ∇ ı . (1.140) Diese Operatoren eingesetzt in Gl. (1.139) ergibt die Schrödinger Gleichung für ein freies Teilchen ı~ ∂Ψ ~2 = − ∆Ψ = Ĥ(p~ˆ) Ψ ∂t 2m (1.141) 42 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG wobei der Hamilton-Operator im allgemeinen Fall, also bei Anwesenheit von Potenzialen U (~r), gegeben ist mit: ³ ´ p~ˆ 2 + U (~r) Ĥ ~r, p~ˆ = 2m (1.142) wobei von den Impuls-Operatoren ~ ∇ p~ˆ = ı (1.143) Gebrauch gemacht wurde. Hier sei angemerkt, dass wir in Gln. (1.141) & (1.142) stillschweigend von einem freien Teilchen zu einem gebundenen [U (~r) 6= 0] übergegangen sind. Wir werden aber noch sehen, dass das die richtige (wenn auch zunächst intuitiv erscheinende) Erweiterung ist. Damit haben wir offenbar die gesuchte übergeordnete wellenmechanische Gleichung gefunden. Wir werden im übernächsten Unterabschnitt zeigen, dass daraus tatsächlich die HJG folgt, wenn die Teilchen makroskopisch sind. Nun verbleibt auch noch das Wellenbild in diesen Dualismus zu passen. Diese Übergänge wollen wir hier nur andeuten: Ô(∂t , ∇)Ψ = 0 ∂t → −ıω ⇒ ∇ → ı~k ( Ô(−ıω, ı~k) ω = ω(~k) ) E = ~ω ⇒ p~ = ~~k E = H (~ p) , will meinen: dass aus der Differenzialgleichung (Operator) beim Ansatz ebener Wellen die Dispersionsrelation folgt und die wiederum mit den Beziehungen (1.137) in eine Hamilton-Funktion überführbar ist. Das Konzept auf den d’Alambert Operator angewendet ergibt: ¤Ψ = 0 ⇒ ω = c|~k| ⇒ E = H (~ p) = c|~ p| , (1.144) wobei letzteres tatsächlich die p relativistische Hamilton-Funktion für ein masseloses Teilchen ist: H (~ p) = c (mc)2 + p~2 = c|~ p|. Damit scheint Versuch, beide Bilder in plausibler Form zu einen, zunächst gelungen. Bleibt noch zu erwähnen, dass die Methode des Schlusses auf die Wellengleichung nicht eindeutig ist, denn je nachdem ob man als Dispersionsrelation ω = c|~k| oder ω 2 = c2~k 2 wählt, wird man auf verschiedene 1.6. DIE SCHRÖDINGER-GLEICHUNG 43 Wellenoperatoren geführt. Es müssen noch Kenntnisse über die Eigenschaften der Teilchen in das Modell eingebaut werden. Wollte man pz.B. für relativistische Teilchen mit m 6= 0 die Hamilton-Funktion H (~ p) = c (mc)2 + p~2 zur Grundlage machen, würde man auf die KleinGordon Gleichung geführt, die nicht die adäquate Gleichung z.B. für relativistische Elektronen ist – da gibt es noch Probleme mit dem Spin. Die Dirac-Gleichung wird sich als die richtige relativistische Erweiterung für Spin-behaftete Teilchen erweisen. Es gibt jedoch Elementar-Teilchen mit Spin 0, die mit der Klein-Gordon Gleichung beschrieben werden können wie z.B. skalare Mesonen. Hier soll nur erwähnt werden, dass oft noch weitere Informationen für die Erweiterung der Theorie im hier beschriebenen Sinn nötig sind. %1 / j21j 1 2 %2 / j22j % / j1 + 2j2 Abbildung 1.6: Doppelspaltexperiment zum Nachweis der Elektronenbeugung. Wellenfunktion Nr. I Einige Bemerkungen zur Bedeutung der Wellenfunktion vorab. Dazu wollen wir ein Doppelspaltexperiment mit Elektronenstrahlen betrachten (siehe Abb. 1.6). Zunächst sei immer nur ein Spalt geöffnet und es wird sich am Schirm die Verteilung ̺j (x) (j = 1, 2 – Index der Spaltöffnung) mit einem einzigen Maximum abzeichnen. Sind beide geöffnet stellt sich keineswegs die Summe ein ̺(x) 6= ̺1 (x) + ̺2 (x), sondern analog Lichtwel~ leninterferenzen, bei denen die Intensitäten I ∝ |E(x, t)|2 mit den Wellen 44 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG ~ 2 ] 6= I1 + I2 , ~ =E ~1 + E ~ 2 ∝ exp [ık(l1 + l2 )] ⇒ I = I1 + I2 + 2ℜ[E ~∗ · E E 1 kann man Superposition der Wellenfunktionen ̺(x) = |Ψ1 + Ψ2 |2 = ̺1 (x) + ̺2 (x) + 2ℜ(Ψ1 , Ψ2 ) (1.145) Ψ ∝ exp (ıW/~) (1.146) mit erwarten und dem Skalarprodukt (a, b) (Definition siehe Abschnitt ??). Also gilt offenbar, um die Analogie zwischen el.-mag. Wellen konsequent fortzusetzen, ̺(x) = |Ψ|2 . Aber was ist diese Amplitude |Ψ|2 , welche Bedeutung hat sie? Insofern sieht das Verhalten elektro-magnetischer Wellen und der Materiewellen gleich aus – ABER – hat man sich ein Elektron nun als ausgedehnte Wellenfront vorzustellen? Nein – jedes Elektron trifft lokalisiert auf den Schirm, es handelt sich um Wellenpakete, die wir in Kürze behandeln wollen (siehe Abb. 1.6). Aber summiert man die Ereignisse, bei beiden geöffneten Spalten, dann stellt sich mit wachsender Zahl N der Elektronen das Interferenzbild immer klarer dar – und das unabhängig von den Zeitpunkten des Auftreffens der einzelnen Elektronen. Es spielt z.B. keine Rolle, ob die Quelle sehr schwach ist und somit nur ab und an ein Elektron freisetzt. Dieses freigesetzte Teilchen wird einen der beiden Spalte passieren und am Detektor ein lokalisiertes Signal verursachen, was zunächst überhaupt nichts mit einer Welle oder einem Interferenzmuster gemein hat – was wir aber in Abb. 1.6 beim Elektronendoppelstrahl in der Tat beobachten. Das Interferenzmuster in Abb. 1.6 unterscheidet sich nicht vom dem einer e.m. Welle hervorgerufen durch einen Doppelspalt. Da das Elektron ein Punkt“-Signal verursacht, ist ̺ sicher nicht mit der ” Materiedichte zu identifizieren, denn dann müßte auch ein Elektron ein ausgedehntes Interferenzbild liefern – also beide Spalte passieren. Das tut es nicht – geht auch gar nicht, da man sonst auch Bruchteile von Elementarladungen erwarten dürfte (nun, das Elektron müßte sich irgendwie teilen und damit auch seine Ladung – und das wurde nie beobachtet). Wenn wir aber jetzt bei der schwachen Quelle lange genug warten, dann zeichnet sich mehr und mehr das Interferenzbild ab. Die Elektronen werden also mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Spalt 1 oder 2 passieren und die Größe ̺ ∝ |Ψ2 | ist die Wahrscheinlichkeit, das Elektron zu bestimmter Zeit und an einem bestimmten Ort zu finden. Die Wahrscheinlichkeitsamplitude o. Wellfunktion Ψ = Ψ1 + Ψ2 setzt sich dann aus den Einzelwegen additiv 1.6. DIE SCHRÖDINGER-GLEICHUNG 45 zusammen. Dann stellt allerdings der Ausdruck (1.145) aus der Sicht lokalisierter Teilchen (und auch unabhängiger/unkorrelierter Spalte) zunächst eine Merkwürdigkeit dar. Denn für die Beobachtung am Schirm an der Stelle x bedeutet ̺(x) 6= ̺1 (x) + ̺2 (x), dass das Elektron nicht 100%ig vom Spalt 1 oder 2 herkommt – oder auch, dass das Elektron nicht 100%ig bei x zu finden ist. Feynman erörtert das in unnachahmlicher Weise in seinem Buch Quantum ” mechanics and Path integrals“, McGraw-Hill, New York 1965, und arbeitet die Unschärfe bei Quantenteilchen als Ursache für diese scheinbar paradoxe Situation heraus (Kopie des Buches ist bei F. Spahn zu haben). Er stellte zunächst die Frage, ist sicher, dass die Elektronen durch Spalt 1 oder 2 kommen und nicht von irgendwoanders her bzw. welcher Teil zur absolutione Sicherheit fehlt“. Dazu dachte er sich eine Meßvorrichtung aus, die mit ” Licht registriert, an welchen Spalt das Elektron austritt. Nun, um es kurz zu machen: die Elektronen kommen definitiv entweder durch 1 oder 2 (gleichbedeutend mit ̺(x) = ̺1 (x) + ̺2 (x)), sie werden aber von den Meß“-Quanten ” gestreut ∆p 6= 0 und beeinflußt ∆x 6= 0. Selbst ohne diese Apparatur verursachen die Spalte eine Veränderung der Elektronenimpulse ∝ ~~k, was dann zu dieser Unsicherheit ∆p∆x führt. Wir werden dieses Bild vom Doppelspalt, erweitert auf viele (in der Grenze unendlich viele) Spaltgitter und jedes mit unendlich vielen Spalten, im nächsten Abschnitt zur Veranschaulichung der Pfadintegralmethode nutzten. 1.6.2 Pfadintegrale und Propagator Hier wollen wir noch eine weitere, anschauliche Methode angeben, die Wellenfunktion der Quantenmechanik zu gewinnen, die auf Richard P. Feynman [2] zurück geht. Sie entspringt im Wesentlichen Feynmans Bestreben, das Hamilton-Prinzip auf die Quantenmechanik zu übertragen, d.h. eine Unbestimmtheit in den kanonisch-konjugierten Variablen zuzulassen, und diese Überlegung führte ihn auf die Pfadintegralmethode. Um diese zu motivieren und zu illustrieren, wollen wir von der klassischen Trajektorie eines Teilchens/Systems, es kann sich um ein Quantensystem oder auch ein klassisches handeln, ausgehen. Wir haben im Abschnitt 1.3 herausgearbeitet, dass die klassische Trajektorie durch δW = 0 bestimmt und damit auch eindeutig definiert ist. Die Analogieüberlegungen zwischen Wellenoptik und geometrischer Optik, sowie andererseits zwischen den Grundgleichungen der klassischen Mechanik (HJG) und der geometrischen Optik haben uns dazu 46 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG S (x1, t1) (xi, ti) Ψ3 Ψ1 D (x0, t0) Ψ2 ǫ = tN − t0/N Ψ∝ P alle Ψi (xN , tN ) Abbildung 1.7: Beitrag aller Pfade zur quantenmechanischen Wahrschein” lichkeitsamplitude“. Die wahre Trajektorie soll die waagerechte rote fette Linie darstellen, für die die Wirkung ja ein Minimum haben muss δW = 0 und somit konstant ist. Für alle anderen Trajektorien wird δW = 6 0 entsprechend der Abweichungen δxi von der klassichen Trajektorie variieren. Enscheidend ist, ob es sich um eine klassisches (W ≫ ~) oder eine quantenmechanisches System (W >& ~) handelt. Die Summe der von der klassischen Trajektorie abweichenden Einzelpfade Ψi ∝ exp {ıW/~} werden sich für eine klassisches System auslöschen, da jede Variation der Bahn große Änderungen in der Phase der Wellenfunktionsbeiträge δW/~ ≫ 1 nach sich ziehen (s. Text). Bei Quantensystemen ist hingegen δW ≈ O(~) und benachbarte Pfade liefern Beiträge, eben wegen der Unbestimmtheit von Orten und Impulsen. geführt, dass diese Wirkung W das Argument/Phase einer übergeordneten Wellenfunktion Ψ ∝ exp {ıW/~} ist. Die Deutung des Doppelspaltexperiments inklusive der Unschärfe von Mikroteilchen, erörtert im letzten Abschnitt, könnte einen bei Existenz von Alternativen Ψi des Systems sich vom Zustand bei t0 hin zum Endpunkt tN nun veranlassen, die wahre Wellenfunktion Ψ als Summe über die Alternativen/Pfade Ψ = constant X Ψi alleP f ade aufzufassen. Wie ist diese Summe/Integral nun zu konstruieren. (1.147) 1.6. DIE SCHRÖDINGER-GLEICHUNG 47 Dazu dachte sich Feynman das betrachtete Zeitintervall tN − t0 (in der Klassik hatten wir den Anfangs- u. Endzeitpunkt als t0 & t1 bezeichnet, was nun mit der Diskretisierung in Konflikt gerät – deshalb tN als Endpunkt) in N kleine Intervalle ǫ = (tN − t0 )/N aufgeteilt (siehe Abb. 1.7). Zu allen diesen Zeitpunkten sind nun die Pfade im Ortsraum ~ri (i – Teilchenindex, im Folgenden werden wir nur 1 Teilchen in einer Ortsdimension x betrachten ⇒ ~ri → ~r → x) festzumachen, und zwar an Stellen, die durch eine Diskretisierung der xj -Achsen [j – Index zur Zeitdiskretisierung tj , j ∈ (0, N )] festgelegt sind. Man kann sich die Diskretisierung der xj wie eine Vielzahl von Spalte vorstellen, deren Zahl gemäß n → ∞ divergiert. Nun kann man es sich einfach machen und zwischen den Punkten tj , xj eines Pfades Geraden (ebene Wellen) annehmen – die propagierde Wellenfunktion/Wahrscheinlichkeitsamplitude Ψ(t = tN , x) (daher Propagator) wird dann nur über die Pfadlänge bestimmt, die bei, vom klassischen Pfad abweichenden Wegen Änderungen in die Phase ı [W + δW] /~ eingehen. Wichtig ist, dass jeder Pfad gleichwahrscheinlich zur gesamten WKAmplitude beiträgt. Wie kann das sein kann, werden wir sofort verstehen, wenn wir uns die Wirkung W/~ als Phase in Einheiten der Planck’schen Wirkungsquantums ~ gemäß Gl. (1.146) in Erinnerung rufen. Im Grenzübergang wird man dann auf Integrale geführt, die sich zum Pfadintegral (1.149) ergeben. Diese Prozedur ist prinzipiell P nichts anderes als die Grenzbetrachtung, die auch von der Summe A ∝ f (xn ) als Näherung für die Fläche A unter einer Kurve f (x) zum Riemann-Integral Zb a dx f (x) = lim h h→0 X f (xn ) (1.148) führt. Man erkennt, dass der Proprotionalitätsfaktor vor der Summe von der Diskretisierung (bei Riemann h, beim Pfadintegral ǫ) zum Zwecke der Regularisierung abhängt. Beim Pfadintegral ergibt eine rigorose mathematische Betrachtung (wie hier nicht weiter ausgeführt werden soll, siehe [2]) einen Faktor ∝ ǫ−N/2 (siehe unten), der Divergenz beim Übergang von der Summe zum Integral verhindert. Die Wahrscheinlichkeitsampiltude/Wellenfunktion 48 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG Ψ erhält man dann als Funktional Z nı o 1 dx1 dxN −1 exp ... W(b, a) K(b; a) = lim ǫ→0 ~ |A A {z A } Dx(t) = Zb exp a nı ~ o W(b, a) Dx(t) (1.149) des Propagators K(b; a) — Normierungskonstante A= r 2πı~ǫ , m der sich als Green’sche Funktion/Umkehroperator zum Schrödinger DifferenzialOperator erweisen wird. In diesem Sinne wird die zeitliche Entwicklung des Zustands Ψ(x, t) bei gegeben Anfangszustand Ψ(y, t0 ) über die ÜbergangsWahrscheinlichkeiten — dem Propagator — vermittelt Z K(x, t, y, t0 ) Ψ(y, t0 ) dy . (1.150) Ψ(x, t) = R Diese Darstellung ist die Green’schen Lösung zur SGL mit der Greenschen Funktion K = G. Der Integralkern hΨ(x, t)|Ψ(y, to)i = K(b, a) (1.151) ist mit dem Pfadintegral (1.149) gegeben. Die braket“ Definition hφ|ψi ” folgt im nächsten Kapitel und hat mit inneren Produkten (Skalarprodukten) in Hilbert-Räumen quadratisch integrierbarer Funktionen (φ, ψ) zu tun, in denen die quantenmechanischen Größen operieren (daher vielleicht auch der Begriff Operator“). ” Die Determinierung eines nachfolgenden Zustands durch den vorangegangenen, wie sie der Formulierung des Pfadintegrals (1.150) & (1.149) zugrunde liegt, ist einerseits damit begründet, dass die SGL eine Differentialgleichung 1. Ordnung bzgl. der Zeit ist und somit sind zukünftige Zustande eindeutig (linear) bestimmt sind. Andererseits ist die SGL linear, was zur Summe/Integration der verschiedenen Pfade bzw. deren Wahrscheinlichkeitsamplituden an jedem Zeitpunkt berechtigt. Ähnlich wie bei Markov-Prozessen (Stochastik) bestimmt dann der Zustand bei ti den nachfolgenden zu ti+1 . 1.6. DIE SCHRÖDINGER-GLEICHUNG 49 Wie kann man nun aus dem Integral (1.149) auf den klassischen Grenzfall schließen? Recht einfach! In klassischen Systemen gilt die Proportionalität der Wirkung zur Masse des Teilchens m (W ∝ m ≫ ~), die da ja verhältnismäßig groß ist. D.h. die Argumente unserer Wellenfunktion Ψ ∝ exp {ıW/~} ∝ cos (kx)+ı sin (kx) sind durch große Impulse (k) gekennzeichnet (hier haben wir wieder von der Beziehung W = ~(kx−ωt) Gebrauch gemacht). Jede im klassischen Sinne kleine Änderung δx des Pfades, führt zu sehr großen δW ≫ ~ und damit zu riesigen Änderungen in den Argumenten der Winkelfunktionen. Statistisch gesehen sind negative und positive Änderungen gleicher Größenordnung bei Wahrscheinlichkeitsamplituden Ψi nicht-klassischer“ Pfade gleich wahrscheinlich und mitteln sich letztlich her” aus. Es bleibt nur die klassische Trajektorie mit exp (ıW/~) = const. übrig, und man erhält Z W = const. oder äquivalent δW = dt L(x, ẋ, t) = 0 , (1.152) das Hamilton-Prinzip der klassischen Mechanik. Alternativ kann man nun auch verstehen warum bei Quantensystemen, W & ~, auch deutlich benachbarte Trajektorien zur Wahrscheinlichkeitsamplitude beitragen – Ursache ist die Unbestimmtheit die solche Systeme charakterisiert. Zerlegung von K(b, a) – Markov Prozess Eine Eigenschaft des Propagators K(b, a) ist seine Aufspaltbarkeit bzgl. Teilintervalle im Zeitraum t ∈ (t0 , tN ), bzw. zwischen den Punkten a (Anfangspunkt) und dem Endpunkt b. Man wähle einen Zwischenzeitpunkt a∼ = t 0 < tk ∼ = c < tN ∼ = b den wir fixieren wollen. Wir integrieren zunächst von a nach c und danach von c nach b, wobei der Punkt xk von diesen Integrationen zunächst ausgespart wird. Man kann also schreiben ¶ µ Z Z Z W(c, a) 1 dx1 dxk−1 K(b, a) = dxk lim ... exp ı ǫ→0 A A A ~ x1 xk−1 µ ¶ Z Z 1 W(b, c) dxN −1 dxk+1 ∗ ... exp ı (1.153) A A A ~ xN −1 xk+1 und mit der Definition (1.149) des Propagators wird Z K(b, a) = dxk K(b, c) K(c, a) . (1.154) 50 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG Nimmt man einen zweiten Zwischenpunkt d ∼ = (tj , xj ) im Intervall hinzu, wird man aus den gleichen Gründen auf die Form Z Z K(b, a) = dxk dxj K(b, d) K(d, c) K(c, a) (1.155) geführt. Setzt man diese Zerlegung solange weiter fort, bis man bei der ursprünglichen Diskretisierung endet, erhält man eine alternative Darstellung des Propagators K(b, a) = Z Z xN −1 xN −2 ... Z NY −1 x1 1 Ki Dx(t) , mit dem Einzelpropagatoren ½ µ ¶¾ xj+1 − xj xj+1 + xj tj+1 + tj 1 ıǫ exp L , , Kj = . A ~ ǫ 2 2 (1.156) (1.157) In einer Übung soll K(b, a) für ein freies Teilchen berechnet werden. Hinweis: der Einzelpropagator für das Problem lautet r n ım o m 1 Kj = exp (xj+1 − xj )2 , 2πı~ǫ 2~ǫ der dann mittels Gl. (1.156) zum Popagator integriert werden muss. Danach soll gezeigt werden, dass K 1 (b, a) die Green Funktion zum Schrödinger Operator (1.159) ist. Pfadintegrale erlauben eine alternative Beschreibung der Quantenmechanik. Im Vergleich zu den Formulierungen der Quantentheorie von Schrödinger ermöglicht die Pfadintegral - Methode oft ein anschaulicheres Verständnis quantenmechanischer Phänomene. Entscheidend ist, dass eine vollständige Äquivalenz zur Wellenmechanik Schrödingers besteht, wie wir über die Green’sche Methode klar zu machen hofften. Trotz ihrer wesentlich schwierigeren Handhabbarkeit bei der Lösung von konkreten quantenmechanischen Problemen trägt die Pfadintegral-Methode zu einem grundsätzlichen Verständnis der Quantenmechanik bei. Deshalb haben wir schon hier in Quanten I - Vorlesung dieses Vorgehen skizziert. 1.6. DIE SCHRÖDINGER-GLEICHUNG 51 Im Prinzip bezeichnen die Gln. (1.149) - (1.150) eine Kette von einzeitigen bedingten Wahrscheinlichkeiten zwischen benachbarten zeitlichen Diskretisierungen i und i + 1, wobei über alle möglichen Wege, und damit Werte von xi (gleicher Amplituden, aber unterschiedlicher Phasendifferenz) summiert R wird ( Dx(t)... ) – ebenso wie bei stochastischen Prozessen beschrieben durch eine Kette von Markov-Prozessen. Folgender Eselsbrücken“ sollte man sich erinnern: ” Propagator = b Greensche Lösung der SGL ⇔ Prozessen. 1.6.3 Kette von Markov- Skizze der Greenschen Lösung Das Einsetzen von Z Z Ψ(x, t) = K(x, t; y, t0 ) Ψ(y, t) dy = G(x, t; y, t0 ) Ψ(y, t) dy(1.158) in die Schrödinger-Gleichung, ergibt bei Vertauschung von Integration und Differentation letztlich µ ¶ ∂ Ĥ − ı~ G(x|y) = − ı ~ δ(x − y) δ(t − t0 ) , (1.159) ∂t wobei die Inhomogenität auf der rechten Seite die Anfangsbedingungen betrifft. Nun stellt aber Gl. (1.159) aber gerade eine Gleichung dar, die die Green’sche Funktion des Schrödinger-Operators, Ausdruck in geschweifter Klammer auf der linken Seite, erfüllen muss. Mit dem Propagator K(b, a) = G(b|a) kann dann die Lösung der Schrödingergleichung für eine beliebige integrable/normierbare Anfangs-Wahrscheinlichkeitsamplitude Ψ(y, t0 ) konstruiert werden. Wegen der Bedeutung der Green’schen Methode für die theoretische Physik, sei hier noch einmal eine kleine Zusammenstellung gebracht. (B) Einschub: Greensche Methode: Gegeben sei eine inhomogene partielle Differentialgleichung ˆ , r̃, t) ψ = A(r̃) Ô(~p (1.160) 52 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG ∃ Funktion Ô G(~r|~r′ ) = δ(~r − ~r′ ) dann kann eine spezielle Lösung der inhomogenen Gleichung (1.160) wie folgt dargestellt werden Z ψ(~r, t) = d3~r G(~r|~r′ ) A(~r) . (1.161) Genau in diesem Sinne ist die Propagatordarstellung (1.159) und das Pfadintegral (1.149) zu verstehen. Hier sollte nur die Schrödingergleichung als Evolutionsgleichung in Erinnerung bleiben. Im o.g. Sinne ist der Propagator als Greensche Funktion zu verstehen, wobei hier der Anfangszustand ψ(~r0 , t0 ) als Inhomogenität fungiert 1 ≡ R G(~r|~r ) ψ(~r0 , t0 )d3~r0 ⇒ ψ(~r, t) = | {z 0} K(~ r (t)|~ r0 (t0 )) Übung: Potentialtheorie, man konstruiere die Lösung der Poisson-Gleichung ∆U = 4πGρ (a) mit physikalischen Argumenten (Summe über Volumenelemente bei ~r′ gewichtet mit dem inversen Abstand |~r′ − ~r|) (b) und man zeige, das der Integralkern des entstehenden Funktionals die Green-Funktion zum Laplace-Operator ist. 1.6.4 Schrödinger Gleichung vs Hamilton-Jacobi Gleichung Im Folgenden wollen wir hier eine Brücke vom Propagator (1.149), d.h. der aufeinanderfolgenden Markov-Prozesse, bzw. der Wellenfunktion zur klassischen Mechanik bzw. Quantenmechanik schlagen. Setzen wir die Wellenfunktion Ψ, bzw. den Integranden des Integrals (1.150) ∝ exp(iW/~) in die Schrödingergleichung ½ ¾ ∂Ψ ~2 i~ = − ∆ + U (~r) Ψ (1.162) ∂t 2m ein erhalten wir durch Differenziation (Übung) die komplexe Diffusionsgleichung − ∂W 1 1 ~ = (∇W)2 + U (~r) + ∆W . ∂t 2m 2m i (1.163) 1 Beispiel der zeitlichen Propagatorlösung einer linearisierten Diffusionsgleichung siehe: Sremčević, Spahn & Duschl 2002, MNRAS 337, 1139-1152 1.7. WELLENFUNKTION, HILBERTRÄUME & OPERATOREN 53 Diese Gleichung ist bis auf den letzten Diffusionsterm in der Tat die HamiltonJacobi Gleichung der klassischen Mechanik. Aber gerade der Diffusionsterm bringt die Unbstimmtheit quantenmechanischer Systeme zum Ausdruck. Ist |W| ≈ ~ dann tragen auch Pfade in der Nachbarschaft der klassischen Trajektorie zum Integral und damit zur Zeitentwicklung der Wellenfunktion Ψ(~r, t) bei, wie oben eingehend erläutert wurde. 1.7 Wellenfunktion, Hilberträume & Operatoren In den letzten Abschnitten haben wir einige Darstellungen der Grundgleichung, Schrödingergleichung, und der Grundgröße, Wahrscheinlichkeitsamplitude/Wellenfunktion Ψ, kennengelernt, die einen quantenmechanischen Zustand charakterisieren. Anhand des Doppelspaltexperiments versuchten wir die Bedeutung von Ψ herauszustellen – und stellten fest, dass es weder eine Materiedichte noch eine Ladungsdichte (z.B. wegen der Unteilbarkeit der Elementar aldung e) sein kann, sondern mit ihr kann die Aufenthaltswahrscheinlichkeit (WK), ein Teilchen zur Zeit t am Ort ~r zu finden (oder auch ein System von Teilchen, siehe unten), berechnet werden. Man beachte, dass die Wellenfunktion Ψ komplex ist und physikalische Größen, wie die WK ̺, reel sein müssen. ¯ ¯ Die einfachste reelle Größe die man mit Hilfe von Ψ bilden kann, ist ¯Ψ2 ¯ = Ψ∗ Ψ, wobei mit Ψ∗ ihr konjugiert komplexes Pendant bezeichnet ist. Diese Größe hatten wir auch in direkter Analogie ~ ∝B ~ 2 beim Doppelspalt-Experiment zur Intensität el.-mag. Wellen, I 2 ∝ E herausgefunden. Definition: Es seien mit ~r1 , ~r2 , ..., ~rN die Koordinaten eines quantenmechanischen N -Teilchensystems zu einem Zeitpunkt gegeben, dann ist ¯ ¯ ̺ dξ = ¯Ψ2 ¯ dτ1 ... dτN = Ψ∗ Ψ dξ (1.164) die Wahrscheinlichkeit dafür Teilchen 1 im Volumenelement dτ1 = d3 r1 um den Ort ~r1 , Teilchen 2 im Volumenelement dτ2 um ~r2 , ... usw. bis Teilchen N, zum Zeitpunkt t zu finden. Die Wellenfunktion Ψ(~r1 , ..., ~rN , t) ist dabei eine Funktion der Orte aller Teilchen Q ~ri und der Zeit t. In Gleichung (1.164) haben wir die Abkürzung dξ = dτi verwendet. Im Allgemeinen werden i wir in diesem Kurs aus Gründen der Einfachheit nur 1 Teilchen behandeln ⇒ Ψ(~r, t). ¯ ¯ Mit ̺ = ¯Ψ2 ¯ ist die Wahrscheinlichkeitsdichte bezeichnet. Falls das Integral über den Ausdruck (1.164) existiert, gilt die Normierung Z Z Z ¯ ¯ dξ ̺(ξ, t) = dξ ¯Ψ2 ¯ = dξ Ψ∗ Ψ = 1 (1.165) 54 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG wobei das Integral über den ganzen Konfigurationsraum zu erstrecken ist. Die Existenz dieses Integrals impliziert auch das Verschwinden von ̺ → 0 für ||ξ|| → ∞. Nun kann man entsprechend der WK-Theorie annehmen, dass Mittelwerte/Erwartungswerte (EW) einer physikalischen Größe, die in der Quantenphysik durch Operatoren  beschrieben werden, durch Ausdrücke wie Z hAi = dξ ̺(ξ, t) (1.166) gegeben sind, wobei man noch beachten muss, dass der Operator auf einen Teil von ̺ zu wirken hat, damit in der Tat ein EW einer Größe und nicht seines Operators entsteht. Wie das genau gemacht wird, werden wir in den folgenden Abschnitten beschreiben. Jedoch zuvor werden wir noch eine wichtige Eigenschaft der Wellenfunktion, die Superposition von Zuständen ist wieder ein Zustand dank der Linearität der SGL, diskutieren, die direkt den Zusammenhang zwischen Welleneigenschaften und Unschärfe erhellt. 1.7.1 Wellenpakete & Unschärfe Die Linearität der SGL gestattet eines der wichtigsten Prinzipien der Quantenmechanik – dem Superpositionsprinzip – das wir auch schon beim Pfadintegral stillschweigend verwendent haben (sonst wären wir gar nicht berechtig gewesen, den Propagator als Summe über alle Pfade darzustellen). Sind, um mal einen einfachen Fall anzusprechen, Ψ1 und Ψ2 Zustände, in denen sich ein quantenmechanisches System befinden kann, so ist auch folgende Linearkombination Ψ = a1 Ψ1 + a2 Ψ2 (1.167) mit den von Null verschiedenen komplexen Koeffizienten a1 und a2 wieder ein Zustand des Systems. Wie in einem ganz gewöhnlichem Vektorraum in 3 räumlichen Dimensionen, kann man hier jeden Zustand als Vektor eines Hilbert-Raumes (was das genau ist werden wir gleich behandeln) verstehen. Dieses Superpositionsprinzip, zusammen mit dem Wellencharakter führt zu einer Eigenschaft quantenmechanischer Systeme, die sonst in der Physik ihresgleichen sucht. Es wird n z. B.ofür den Zustand (1.167) bei Annahme von ebenen Wellen Ψi ∝ exp ı(~ki · ~r) für i = 1, 2 nicht genau entscheidbar sein, welcher Impuls denn nun tatsächlich dem System zukommt, denn Zustand (1.167) ist nicht durch einen einzigen charakteristischen Wellenvektor ~k12 1.7. WELLENFUNKTION, HILBERTRÄUME & OPERATOREN 55 darstellbar. Je nach Betrag der Wichtungsfaktoren ai ist der eine oder andere Impuls-EW mehr wahrscheinlich. Um die Unschärfe genauer quantitativ zu fassen, aber auch um lokalisierte Teilchen wie Elektronen mit dem Wellenbild zu versöhnen, verallgemeinern wir das Superpositionsprinzip, indem wir ein kontinuierliches Spektrum der Impulse p~ = ~~k zulassen. Aus der Summation wird wieder ein Integral (1.95) über alle mögliche Wellen ¾ Z ½ o nı 1 3 (~ p · ~r − Et) (1.168) d3 p~ φ(~ p) exp Ψ(~r, t) = 2π~ ~ und hier haben wir wieder mal zur Rückerinnerung Relationen E = ~ω und p~ = ~~k verwendet. Die WK-Amplituden im Orts- bzw. Impulsraum (auch spektrale Verteilung), Ψ(~r, t) bzw. φ(~ p), sind also vermittels der FourierTransformation ineinander überführbar. Um das noch deutlicher zu machen, beide Funktionen sind verschiedene Darstellungen (siehe Abschnitt 1.7.4) ein und desselben Vektors (Zustands) |Si im Hilbertraum und der Erwartungswert für eine physikalische Größe – Operator  (Ortsdarstellung) – lautet Z Z 3 ∗ hAi = d p~ φ (~ p)Âp φ(~ p) = d3~r Ψ∗ (~r, t)ÂΨ(~r, t) = hS|Â|Si , (1.169) wobei natürlich der Operator Âp (unsere physikalische Größe) im ersten Integral in der Impulsdarstellung formuliert werden muss (unitäre Transformationen). Z.B. lautet in der Ortsdarstellung die x-Komponente des Ortsoperators x̂ = x und des Impulsoperators p̂ = −ı~∂x . Gehe ich zur Impulsdarstellung über habe ich analog: Impulsoperator: p̂x = p aber für den Ortsoperator muss ich in der Impulsdarstellung schreiben: x̂p = −ı~∂p . Man kann sich das plausibel machen, indem man – in einer bestimmten Darstellung – entsprechende Differenzialoperationen auf die WK-Amplitude ∝ exp(ı~ p · ~r/~) anwendet. Somit lauten sie Orts- u. Impulsoperatoren in der Orstdarstellung: (~r, −ı~∇) hingegen in der Impulsdarstellung (−ı~∇p , p~). Für die WK-Amplituden gelten natürlich identische Normierungen, wie es sich für selbige gehört und wie wir unten beweisen: Z Z 2 3 d p~ |φ(~ p)| = d3~r |Ψ(~r)|2 = 1 . (1.170) Nun zur Unbestimmtheit: mit Gl. (1.168) können wir anhand einfacher Überlegungen den Charakter der Unbestimmtheit offenbaren (wir betrach- 56 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG ten im Folgenden 1 Teilchen in einer Dimension: ξ~ → x und p~ → p ∝ k). Es ist entscheidend, welche Form die Impulsverteilung φ(~ p) hat. Haben wir z.B. eine ganz scharf lokalisierten Impulsverteilung vorliegen, den wir mit Hilfe der Dirac’schen Deltafunktion φ(~ p) = A δ(~ p − p~0 ) ausdrücken können (siehe Einschub Dirac’sche Deltafunktion“, Achtung! wir benutz” ten hier δ-Funktionen, und wollen aber die Argumentkette im Sinne von Gauß-Funktionen verstanden wissen ⇔ Normierungsprobleme), dann erhält man bei Ausnutzung der Eigenschaften der Deltafunktion (betrachten Zeitpunkt t = 0 der Einfachheit halber) Z nı o px dp A δ(p − p0 ) exp ~ o nı p0 x = à exp ~ Ψ(x, 0) = 1 2π~ (1.171) und somit für die WK-Dichte ̺(x, 0) = Ã∗ à exp nı ~ ¯ ¯ o ¯ ¯ (px − px) = ¯Ã2 ¯ . (1.172) Wir haben kurz alle Normierungskonstanten in à zusammengefasst. Haben wir also eine exakte Impulsbestimmung, ausgedrückt über φ(p) ∝ δ(p − p0 ) erhalten wir eine über den ganzen Vollraum −∞ < x < ∞ ausgedehnte Wahrscheinlichkeit, d.h. kennen wir den Impuls genau, dann können wir über haupt keine Aussage über den Ort des Teilchens machen. Betrachten wir den entgegengesetzten Fall, wir kennen den Impuls des Teilchens gar √ nicht, gemäß eines gleichverteilten/konstanten Impulsspektrums φ(k) = A/ 2π, dann erhalten wir mit Gl. (1.168) in 1D und bei t = 0 Ψ(x, 0) = A δ(x) (1.173) eine exakte Lokalisierung des Teilchens bei x = 0 auf Kosten der Unkenntnis des Impulses (In Übung zeigen: Gleichung (1.173) herleiten bei Beachtung des Tutoriums Dirac’sche Deltafunktion“ am Ende des Abschnitts). ” In den beiden Grenzfällen kommt schon der Charakter der Unbestimmtheit zum tragen. Alle Situationen zwischen diesen Extremen werden einer Unbestimmtheitsrelation genügen müssen. Um das zu demonstrieren, werden wir vereinfachend annehmen, dass für die Spektralfunktion gelte φ(k) = ½ φ0 für k ∈ (k0 − ∆k, k0 + ∆k) 0 sonst . (1.174) 1.7. WELLENFUNKTION, HILBERTRÄUME & OPERATOREN 57 1.0 0.8 Amplitude 0.6 0.4 0.2 0.0 -0.2 -0.4 -15 -10 -5 0 x 5 10 15 Abbildung 1.8: Die Amplitude des Wellenpakets (1.177) für die Werte ∆k = 1. Die Ausdehnung des Wellenpakets kann mit ∆x = 2π/∆k beziffert werden, wie man deutlich in dem Graphen erkennen kann. Wir betrachten wieder nur eine Dimension x und erinnern uns, dass gilt: p = ~ k und E = ~ω, womit man vereinfachend schreiben kann Ψ(x, t) = k0Z+∆k dk φ0 exp {ı(kx − ω(k)t)} . (1.175) k0 −∆k Nun werden wir den Integranden, sprich das Argument der Exponentialfunktion um k0 nach χ = k − k0 entwickeln, wobei wir die Disperionsrelation ω(k) = ω0 + [dw/dk]0 χ + ... + O(∆k 2 ) verwenden. Des Weiteren möge das Wellenzahlintervall klein gegenüber der mittleren Wellenzahl gemäß |∆k| ≪ k0 sein, so dass zunächst nur lineare Entwicklungsglieder in ∆k = ξ zu berücksichtigen sind. Auch wollen wir annehmen, dass das Maximum des Wellenpakets bei der Phase x − vg t = 0 liege, so dass man für das Integral schreiben kann: Ψ(x, t) = 2 φ0 Z∆k 0 d(∆k) cos {(x − vg t)∆k} exp {ı(k0 x − ω0 t)} (1.176) wobei wir die Integrationsvariable transformiert k → ∆k, die Gruppengeschwindigkeit vg = ∂ω/∂k|0 definiert und Symmetrie (gerade Funktion in 58 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG k) des Integranden beachtet haben. Der Kosinus ist der Realteil der Fkt. exp(ı...), der uns das Maximum des Wellenpakets bei x − vg t = 0 garantiert. Nach Integration von (1.176) gewinnt man schließlich (siehe auch Davidov S. 7) ¶ µ sin {(x − vg t)∆k} exp {ı(k0 x − ω0 t)} . (1.177) Ψ(x, t) = 2 φ(k0 ) x − vg t Der Faktor in den runden Klammern kann als Amplitude der schnell oszillierenden komplexen Exponentialfunktion aufgefaßt werden. Sie ist in Abb. 1.8 dargestellt und bedingt folgende Eigenschaften des Wellenpakets: Maximum: Peakbreite: Ψ(0) = 2 φ(k0 )∆k 2π ∆x = , ∆k (1.178) (1.179) — das Maximum und die räumliche x Ausdehnung. Beide Ausdrücke repräsentieren den Anfangszeitpunkt t = 0, das Maximum finden wir dann für x → 0 (für nachfolgende Zeitpunkte ist (x − vg t) → 0 zu nehmen – das mit vg nach rechts“ enteilende Maximum). Die Breite bzw. x-Ausdehnung ” (1.179) des Pakets ist durch die ersten Nullstellen der Amplitudenfunktion – für t = 0 ist das sin(x∆k)/k – definiert. Mit der von uns mehrfach bestätigten Relation p = ~k wird man letztlich auf die berühmte Heisenberg’sche Unbestimmtheitsrelation geführt ∆x ∆p ≥ 2π~ = h . Die Gruppengeschwindigkeit des Wellenpakets ist mit ¯ ∂ω ¯¯ vgr = ∂k ¯0 (1.180) (1.181) gegeben, womit wir mit der Dispersionsrelation der SGL für ein freies Teilchen ~ω(k0 ) = (~2 k02 )/(2m) erhalten vgr = p0 ~k0 = . m m (1.182) Möchte man die zeitliche Entwicklung unseres einfachen Wellenpakets, defiert durch die simple Impuls-WK-Amplitude (1.174), untersuchen, muss 1.7. WELLENFUNKTION, HILBERTRÄUME & OPERATOREN 59 man höheren Ordnungen in der Entwicklung der Dispersionsrelation berücksichtigen ¸ · · ¸ 1 d2 ω dω χ2 , χ+ ω(k) = ω0 + dk 0 2 dk 2 0 und findet so ein Auseinanderfließen des Wellenpakets (Diffusion), was sich anbietet, in einer Übungsaufgabe für verschiedene Wellenoperatoren (z.B. neben der SGL auch die klassische em. Wellengleichung – Dsp.Rel.: ω 2 = k 2 c2 ) gezeigt zu werden. Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass auch für makroskopische Teilchen die Unbestimmtheitsrelation Gültigkeit hat, nur sinkt beispielsweise die Ortsauflösung selbst bei mesoskopischen Teilchen – Submillimeter- und selbst Submikrometerteilchen – weit unter atomare Dimensionen. Erst bei Elementarteilchen erreicht man eine Bereich, der die Unbestimmtheit wirklich bedeutungsvoll werden läßt. Einschub: Dirac’sche Deltafunktion: Die Dirac’sche Deltafunktion ist keine Funktion im herkömmlichen mathematischen Sinn. Sie ist durch die nachfolgend gegeben Integraldarstellungen definiert und nicht wirklich durch die Vorgabe einer eindeutigen Zuordnung von Argumenten und Funktionswerten. Sie ist eine sogenannte Distribution oder auch Funktional genannt. Ihre Anwendung erfolgt vorwiegend in Funktionalbeziehungen des Typs Z∞ −∞ dx f (x) δ(x − x0 ) = f (x0 ) , (1.183) Diese Distribution geht bei x = 0 so stark gegen unendlich, dass ein endliches Integral entsteht Z∞ −∞ dx δ(x) = 1 . (1.184) 60 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG Oft ist es vorteilhaft, die δ-Funktion als Grenzwerte stetiger Funktionen ϕ(x, ε) darzustellen (Parameter: Grenzwertbildung ε → 0 ⇒ ϕ(x, ε) zeigt Charakter der δ-Funktion), die analoge Relationen (1.183) & (1.184) befriedigen. Für die Gauß-Funktion ¾ ½ (x − x′ )2 1 ′ (1.185) ϕ(x − x , ε) = √ exp − ε2 ε π können die Eigenschaften (1.183) Konvergenz R ∞ & (1.184) bei gleichmäßiger ′ des uneigentlichen Integrals −∞ dx f (x) ϕ(x − x , ε) durch Grenzwertbildung (unterm Integral) ε → 0 gezeigt werden (Übung). Die folgenden Fourierdarstellungen für die δ-Funktion sind etwas mit Vorsicht zu geniesen, da sie alle nur in Verbindung mit einem Integral als Integrand existieren. Eine, auch schon oben verwendete (und für die Übung hilfreiche) Darstellung ist das Fourierintegral ZK 1 δ(x) = lim 2π K→∞ dk exp (ıkx) . (1.186) −K Man kann diese Darstellung schnell mit Hilfe der Eulerschen Beziehung motivieren ZK dk exp (ıkx) = −K ZK dk [cos(kx) + ı sin(kx)] . (1.187) −K Nun ist zu beachten, dass in dieser Darstellungen der Grenzwert erst nach Einsetzen in die Definition (1.183) vollzogen werden darf – so das x Integral konvergiert. Im Fall von stetigen und beschränkten Funktionen f (x) darf Grenzübergang und Integration auch vertauschen, so dass (1.186) als Fourier-Darstellung der δ-Funktion angesehen werden darf (trotzdem Vorsicht !). Nach einigen Umrechnungen (Übung, ebenso Begründung der unten (1.188) &(1.189) aufgeführten Grenzwerte) erhält man δ(x) = lim sin(Lx) . πx (1.188) α 1 . π α2 + x2 (1.189) L→∞ Eine andere Darstellungen ist δ(x) = lim x→0 1.7. WELLENFUNKTION, HILBERTRÄUME & OPERATOREN Die Deltafunktion mit Vektorargument ~r ist gegeben mit µ ¶3 Z ³ ´ 1 δ(~r) = δ(x) δ(y) δ(z) = d3 k exp ı~k · ~r . 2π 61 (1.190) Für die Ableitung der Deltafunktion, eine ungerade Funktion (da δ(−x) = δ(x) gerade ist), kann man schreiben (Übung) ¸ · L cos(Lx) sin(Lx) 1 ′ (1.191) lim − δ (x) = π L→∞ x x2 Integrale mit δ ′ (x) führen nach partieller Integration auf die nützliche Beziehung Z dx δ ′ (x) f (x) = − f ′ (0) . (1.192) Eine Reihe wichtiger Relationen sei hier ohne Herleitung aufgeführt δ(−x) = δ(x) Z x δ(x) = 0 1 δ(ax) = δ(x) |a| f (x) δ(x − y) = f (y) δ(x − y) dx δ(a − x) δ(x − b) = δ(a − b) δ(x − a)δ(x + a) 2 |a| X δ(x − xi ) ¯³ ´ ¯ δ {ϕ(x)} = ¯ dϕ ¯ ¯ ¯ i ¯ dx x=xi ¯ δ(x2 − a2 ) = (1.193) (1.194) (1.195) (1.196) (1.197) (1.198) (1.199) wobei xi die Wurzeln der Gleichung ϕ(x) = 0 sind. 1.7.2 Hilbert Raum, Operatoren & Erwartungswerte Wie schon bei der Bedeutung der Wellenfunktion Ψ(ξ, t) für die Berechnung der Aufenthalts-WK des Quantensystems (& Normierung) angedeutet, sind 62 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG Erwartungswerte physikalischer Größen  in Form einer Relation (1.166) zu formulieren. Wir nehmen die Vorschrift für deren Berechnung schonmal vorweg Z hAi = dξ Ψ∗ Â Ψ , (1.200) werden diese aber in Kürze begründen. Wichtig ist, dass physikalische Größen reell sein müssen, also gelten muss hAi = hAi∗ . (1.201) Skalarprodukte Zunächst werden wir einige grundsätzliche Bemerkungen über den HilbertRaum machen, in denen alle wichtigen Funktionen (Wellenfunktionen, Eigenfunktionen etc.) und Operatoren der Quantenphysik agieren. Physikalische Größen werden in der Quantenmechanik durch Operatoren ˆ ). Deshalb ist es zweckmäßig, die Eigenschaften von dargestellt (siehe z.B. ~p Funktionen & Operatoren im Hilbertraum der quadratintegrablen Funktionen (L2 ) knapp zusammenzustellen. Ein Hilbertraum ist durch die Existenz eines Skalarproduktes Z (φ, ψ) = dξφ∗ ψ = hφ|ψi (1.202) im Raum der quadratintegrablen Funktionen (L2 ) gekennzeichnet (konjugiert komplexe Ausdrücke). Ein Beispiel ist die Fouriertransformation – siehe Hin- u. Rücktransformation. Das so definierte Skalarprodukt (1.202) hat folgende Eigenschaften (ϕ, ψ) = (ψ, ϕ)∗ (1.203) (ϕ, c1 ψ1 + c2 ψ2 ) = c1 (ϕ, ψ1 ) + c2 (ϕ, ψ2 ) (c1 ϕ1 + c2 ϕ2 , ψ) = c∗1 (ϕ1 , ψ) + c∗2 (ϕ2 , ψ) (1.204) , (1.205) und (ϕ, ϕ) ≥ 0 und deshalb (ϕ, ϕ) = 0 ⇔ ϕ ≡ 0 . (1.206) Die Funktionen ϕ und ψ sind orthogonal, wenn gilt (ϕ, ψ) = 0 . (1.207) 1.7. WELLENFUNKTION, HILBERTRÄUME & OPERATOREN 63 Hermitesche Operatoren Operatoren  bilden Zustandsvektoren (Funktionen ϕ ∈ L2 ) im Hilbertraum auf neue Elemente desselben ab  ϕ = ψ wobei gilt ψ ∈ L2 . (1.208) Operatoren bezeichnet man als linear, wenn gilt  (c1 ϕ1 + c2 ϕ2 ) = c1 Âϕ1 + c2 Âϕ2 . (1.209) Beispiele linearer Operatoren sind ˆ = ~∇ ; ∆ ~ˆr = r̃ ; p̃ ı . Die Bedingung (1.201) für reelle Erwartungswerte verlangt hΨ|Â|Ψi = (Ψ, ÂΨ) = (Ψ, ÂΨ)∗ (1.210) was ein Spezialfall der allgemeineren Gleichung (ϕ, ÂΨ) = (Ψ, † ϕ)∗ (1.211) mit dem adjungierten Operator † ist. Gleichung (1.211) impliziert die Identität  = † (1.212) womit selbstadjungierte bzw. hermitesche Operatoren definiert sind. In folgende Tabelle werden die wichtigsten hermiteschen Operatoren (für 1 Teilchen) aufgeführt: Physikalische Größe Ortsvector Impuls Drehimpuls Energie (nichtrelativistisch) Symbol Operator ~r p~ ~ L = ~r × p~ p2 + U (~r) E = 2m ~ˆr = ~r −ı ~ ∇ −ı ~ (~r × ∇) ~2 Ĥ = − 2m ∆ + U (~r) Mit der Beziehung Â−1  =  Â−1 = 1 (1.213) 64 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG ist der zu  inverse Operator Â−1 definiert. Inverse Operatoren, die gleich dem adjungierten Operator sind Â−1 = † (1.214) sind, bezeichnet man als unitär. 1.7.3 Zeitunabhängige SGL/Eigenwertprobleme/Kommutatoren Oben wurde mit Bedingung (1.200) klar, dass Objekte in der Quantenmechanik lineare und hermitesche Operatoren sind. Die wichtigsten Eigenschaften hermitescher Operatoren möchten wir jetzt zusammentragen. Zu diesem Zweck untersuchen wir die zeitunabhängige ˆ, ˆ r̃) der nicht SGL, die durch Separation für einen Hamilton-Operator Ĥ(~p explizit von der Zeit abhängt. In diesem Fall erweist sich der Separationsansatz Ψ(~r, t) = T (t) ϕ(~r) (1.215) der, eingesetzt in die SGL (1.141), dividiert durch T (t) ϕ(~r) und nach Variablen ~r und t ergibt ı~ 1 ∂T (t) 1 = Ĥ ϕ = E , T (t) ∂t ϕ(~r) (1.216) wobei die Energie E als Separationskonstante erscheint. Der Zeitfaktor T kann sofort integriert werden, um auf den Ausdruck ½ ¾ Et T (t) = exp −ı = e−ıωt (1.217) ~ zu führen. Übrig bleibt die zeitunabhängige SGL (quasi ein Pendant zur zeitunabhängigen HJG) ˆ )ϕ = E ϕ Ĥ(~r, ~p (1.218) ein Eigenwertproblem (EWP). Bei gebunden, endlichen Systemen wird man ein diskretes Spektrum En ; n ∈ G erhalten, wie wir gleich für freie Teilchen im endlichen Volumen zeigen werden. 1.7. WELLENFUNKTION, HILBERTRÄUME & OPERATOREN 65 Diskrete Spektren Das EWP ist nicht nur auf den Energieoperator beschränkt, sondern kann auch auf andere hermitesche Operatoren  erweitert werden, so dass wir folgende Eigenschaften allgemein anhand der fiktiven Größe A erörtern. Das diskrete EWP lautet Âϕn = An ϕn (1.219) mit dem Spektrum der Eigenwerte (EW) An und Eigenfunktionen (EF) ψn . Ist  hermitesch, dann sind, wie schon angedeutet wurde (und in Übung allgemein mit Hilfe der konjugiert komplexen Gl. (1.219) + Ausnutzung der Hermitizät zu zeigen ist): (i) die An reell und die EF’s sind orthonormierbar ½ 0 für i 6= j = δij . (ϕi , ϕj ) = 1 für i = j (1.220) Das Kronecker-Symbol ist mit δij bezeichnet. Beziehung (1.220) gilt auch für Entartung, wo verschiedene EF’s zu einem EW existieren, da man immer eine orthogonale Linearkombination finden, so dass wir Orthonormalität auch bei Entartung voraussetzen können. (ii) Die ϕm bilden ein vollständiges (abgeschlossenes) Funktionensystem/eine Basis X ϕ∗n (~r′ ) ϕn (~r) = δ(~r − ~r′ ) , (1.221) n so dass jede Funktion nach dieser Basis entwickelt werden kann X f (~r) = cn ϕ n (1.222) n cm = (ϕm , f ) . (1.223) Die Berechnung der Koeffizienten cm wird in einer Übung gezeigt werden. Die wichtige Beziehung (1.221) kann bewiesen werden, indem man die δFunktion auf der rechten Seite wie jede beliebige andere Funktion nach den Eigenfunktionen ϕn X an (~r′ ) ϕn (~r) (1.224) δ(~r − ~r′ ) = n 66 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG entwickelt. Mit der Relation (1.223) folgt Z ′ an (~r ) = (ϕn , δ) = d3~r ϕ∗n (~r) δ(~r − ~r′ ) = ϕ∗n (~r′ ) (1.225) was eingesetzt in die Entwicklung (1.224) die Vollständigkeitsrelation (1.221) beweist. Essentiell ist nun die Entwicklung der WK-Amplitude nach der Basis des Operators  X Ψ(~r, t) = cn ϕ n (1.226) n cm = (ϕm , Ψ) = hm|Ψi . (1.227) Die Wahrscheinlichkeiten, die für die Größe  den konkreten Wert An (diskretes Spektrum hier) bei einer Messung anzutreffen, ist pm = |cm |2 (1.228) mit der Normierung 1 = X i c∗i ci = X pi , (1.229) i wie es auch für die WK-Amplituden (1.165) sein muss. Bei Entartung, mehrere Eigenfunktionen ϕnl gehören zu einem Eigenwert An ,  ϕnl = An ϕnl (1.230) ist Orthogonalität nicht ohne Weiteres vorauszusetzen, da die Differenz der Eigenwerte An natürlich Null ist und so zum Nachweis der Orthogonalität nicht herangezogen werden kann. Durch Kombination linear unabhängiger Funktionen (z.B. orthonormal Basis eines anderen Operators φn ) kann wieder ein orthonormiertes vollständiges Basissystem entwickelt werden (Schmidt’sches Orthogonalisierungsverfahren ⇒ siehe z.B. L. Zülicke [9], S. 142), was wir hier für die ϕnl vorausgesetzen wollen. Es soll also auch hier gelten Z d3~r ϕ∗nl (~r) ϕmk (~r) = (ϕnl , ϕmk ) = δnm δlk (1.231) X ϕ∗nl (~r′ ) ϕnl (~r) = δ(~r′ − ~r) , (1.232) nl 1.7. WELLENFUNKTION, HILBERTRÄUME & OPERATOREN so dass auch hier z.B. die Wellenfunktion entwickelt werden kann X anl ϕnl (~r) Ψ(~r) = nl anl = (ϕnl , Ψ) = Z d3~r ϕ∗nl Ψ(~r) . 67 (1.233) (1.234) Kontinuierliche Spektren Kontinuierliche EW-Spektren treten bei unbegrenzt ausgedehnten Systemen auf, wobei es Probleme bei der Normierbarkeit gibt – die betrachteten Eigenfunktionen (EF’s) sind nicht mehr quadrat integrabel: ϕA , Ψp ∈ / L2 , was im Folgenden kurz skizziert werden soll. Das Eigenwertproblem lautet p̂Ψp (x) = p Ψp (x) (1.235) wobei wir hier bewußt den (eindimensionalen, x-Koordinate) Impulsoperator p̂ = (~/ı)∂x gewählt haben, dessen Spektrum selbstverständlich kontinuierlich ist (für die Impulse p sind alle Werte möglich). Die Eigenfunktionen sind schnell integriert und lauten n p o Ψp (x) = A exp ı x (1.236) ~ die, wie beim Wellenpaket, auch die Integranden der Superposition (1.168) bzw. (1.175) der Wellenfunktion Ψ sind. Für freie Teilchen stimmen in der Tat die Impuls- und die Energie Eigenfunktionen überein – es sind ebene Welle. Das Problem aber ist, dass diese Funktionen Ψp ∈ / L2 nicht quadrat-integrabel sind: Z∞ −∞ ¯ ¯ dx ¯Ψ2p ¯ → ∞ . (1.237) Wir wollen eine Normierbarkeit anhand der Wellenfunktion im Fall eines kontinuierlichen Spektrums (1.175) – dem Wellenpaket bei t = 0 – illustrieren: 1 Ψ(x) = 2π~ Z∞ −∞ dp φ(p) Ψp 1 = 2π Z∞ −∞ dp φ(p) exp nı ~ o px . (1.238) 68 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG Welche Forderungen müssen wir an die spektrale Impulsdichte stellen damit die Wellenfunktion der Normierungsbedingung 1 = Z∞ −∞ = = = ¯ ¯ dx ¯Ψ2 ¯ = 1 (2π~)2 1 2π~ 1 2π~ Z∞ −∞ ∞ ZZ −∞ Z∞ −∞ dx Z∞ dx Ψ∗ Ψ −∞ Z∞Z dp dp′ φ∗ (p′ ) φ(p) exp −∞ nı ¡ ¢ o p − p′ x ~ ¡ ¢ dp dp′ φ∗ (p′ ) φ(p) δ p − p′ ¯ ¯ dp ¯φ(p)2 ¯ = 1 (1.239) ¯ ¯ genügt? Nun, die letzte Zeile beantwortet die Frage: W (p) = ¯φ(p)2 ¯ /(2π~) ist offenbar die WK-Dichte für die Impulse und die letzte Zeile (1.239) ist die Normierung. In diesem Sinne vermittelt die Fouriertransformation bzw. die Entwicklung nach Impulseigenfunktionen (1.238) zwischen der Ortsdarstellung Ψ(~r) und der Impulsdarstellung Ψ(~ p) = φ(~ p)/(2π~)3/2 des Zustands des Systems (hier in 3D). Im Falle unseres Beispiels – Impulsoperator – erhält man folgende Äquivalenz des Impulserwartungswertes hpi = µ 1 2π~ ¶3 Z 3 ∗ d p~ φ (~ p, t) p~ φ(~ p, t) = Z ˆΨ . d3~r Ψ∗ ~p (1.240) In der 2. Zeile der Manipulationen (1.239) wurden die Funktionen Ψ und Ψ∗ durch das Integral (1.238) ersetzt und danach die Darstellung der δ-Funktion (1.186) verwendet. Bildet man die Differenz aus der letzten und der ersten Zeile der Norm (1.239) kann man mit der Fouriertransformation (1.238) als 1.7. WELLENFUNKTION, HILBERTRÄUME & OPERATOREN 69 Ersetzung für Ψ∗ schreiben: Z∞ −∞ 1 dx Ψ Ψ − 2π~ ∗ = 1 2π~ Z∞ Z∞ ¯ ¯ dp ¯φ(p)2 ¯ −∞ dp φ∗ (p) −∞ ∞ Z −∞ Ψ∗p Ψ dx − φ(p) = 0 . (1.241) Die geschweifte Klammer muss verschwinden, womit man für die spektrale Impulsdichte erhält φ(p) = Z∞ dx Ψ∗p Ψ (1.242) −∞ und mit Hinblick auf die ebene Wellenform von Ψ∗p bedeutet das nichts anderes als die Fourier- Rücktransformierte unserer Wellenfunktion. Bei diskreten Spektren sind die entsprechenden Koeffizientenrelationen (1.223) und (1.234). Setzen wir die Fouriertransformation (1.238) Ψ in das Spektrum (1.242) ein φ(p) = 1 2π~ Z∞ ′ ′ dp φ(p ) −∞ Z∞ −∞ dx Ψ∗p Ψp′ 1 = 2π~ Z∞ −∞ ¡ ¢ dp′ φ(p′ ) Ψp , Ψp′ , erhält man die Orthogonalitätsrelation für kontinuierliche Funktionenbasen ¡ ¢ Ψp , Ψp′ = hp|p′ i = δ(p − p′ ) , (1.243) deren diskrete Pendants die Relationen (1.220) und (1.231) sind. In einer Übung (siehe Analogie zu diskreten Spektren) soll die Vollständigkeitsrelation Z∞ −∞ dp Ψ∗p (x′ )Ψp (x) = δ(x − x′ ) (1.244) bewiesen werden. In Tabelle 1.7.3 sind analoge Relationen der orthonormierbaren EF’s für diskrete und kontinuierliche Spektren zusammengestellt. 70 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG Diskretes Spektrum Entwicklung Ψ(~r) = P n kontinuierliches Spektrum Ψ(~r) = (2π~)−3 cn ϕ n R∞ d3 p~φ(~ p)Ψp~ −∞ Koeffizient cm = hm|Ψi φ(~ p) = h~ p|Ψi Orthogonaltät hm|ni = δmn hp|p′ i = δ(p − p′ ) Vollständigkeit P n ϕ∗n (~r′ ) ϕn (~r) = δ(~r − ~r′ ) R∞ −∞ dp Ψ∗p (x′ )Ψ(x) = δ(x − x′ ) Summa summarum: Betrachten wir also einen beliebigen Operator Ô(~r, ∇) mit sowohl diskreten EW’s, o0 , o1 , o2 , ..., on , ..., einem kontinuierlichen Teil des Spektrums im Bereich der EW’s o′ ≤ o ≤ o′′ sowie orthonormierten EF’s ϕn bzw. ϕo hn|ki = δnk (1.245) ′ hϕo |ϕo′ i = δ(o − o ) hn|ϕo i = 0 . (1.246) (1.247) Die Eigenfunktionen bilden ein vollständiges System {ϕn , ϕo } was zur Entwicklung jeder stetigen, differenzierbaren Funktion berechtigt Ψ(~r) = X cn ϕ n + n Zo′′ do c(o) ϕo (1.248) o′ und den Entwicklungskoeffizienten cn = (ϕn , Ψ) = hn|Ψi c(o) = (ϕo , Ψ) = hϕo |Ψi (1.249) (1.250) Neben dem Wellenpaket, besteht auch noch die Möglichkeit durch z.B. periodische Randbedingen (RB’s) aus einem kontinuierlichen Spektrum ein diskretes zu machen (Übung: begründen, warum periodische RB’s für die Impuls-EF’s Ψ(x) = Ψ(x + L), Periodenlänge L, ein abzählbar unendliches diskretes Spektrum mit orthogonalen EF’s liefert. Diskutieren der Orthonormierbarkeit.) Im Folgenden werden wir es allerdings in dieser Vorlesung mit gebundenen, endlichen (Einteilchen) Systemen zu tun haben, die sich in der Regel durch 1.7. WELLENFUNKTION, HILBERTRÄUME & OPERATOREN 71 diskrete Spektren auszeichnen. Wir haben oben schon stillschweigend die basisfreie Bra- und Ket - Schreibweise verwendet, die wir im Folgenden kurz beschreiben. 1.7.4 Basisfreie Darstellung i.d. Quantenmechanik Im Folgenden wollen wir eine Darstellung des Zustandes Ψ(~r, t) wählen, die frei von der vollständigen Basis ist. Dabei suchen wir immer die Analogie zu Vektoren im Konfigurationsraum – es läuft alles fast genauso, nur mit dem Unterschied, dass wir hier nicht im Phasenraum/Ortsraum sondern in einem Hilbertraum mit unendlichen Dimensionen operieren. Um gleich die Analogie zu strapazieren: stellen Sie sich einen Vektor ~u(~r, t) = (ux , uy , uz )T = (ur , uϕ , uθ )T im Ortsraum vor – es könnte sich z.B. um das Geschwindigkeitsfeld ~u der Hydrodynamik han. Je nach Koordinatensystem, werden wir ein verschiedene Tripel der Zahlen/Komponenten erhalten – in diesem Fall haben wir ein kartesisches sowie Kugelkoordinaten (beliebig) als Illustration gewählt. Dem Vektor ~u selbst ist es eigentlich egal“ in welcher ” Darstellung/Basis er betrachtet wird, er ist eine physikalische Größe, charakterisiert durch Betrag |~u| = u und Richtung ~eu = ~u/u. Um bei der Hydrodynamik zu bleiben, mit dem auch hier schon verwendeten Nabla-Operator ~eqν ∂qν hat man sich auch bei den Bilanzgleichungen [siehe ∇ = ~ei ∂xi = gq−1 ν auch Gl. (1.315), die analog i.d. Hydrodynamik vorkommt] von der Basis frei gemacht. Die Darstellung von ~u in 2 Koordinatensystemen K und K ′ z.B. lautet X ~u = ui~ei mit uj = ~ej · ~u (1.251) i ~u = X i u′i~e′i mit u′j = ~e′j · ~u , (1.252) d.h. die bei unseren Spektren gewinnen wir die Koeffizienten von ~u durch Skalarprodukte (mit Punkt) mit der jeweiligen Basis. Während die Koeffizienten ui nur Sinn machen, wenn man auch die Basis angibt, bezüglich der sie definiert sind, hat der Vektor ~u eine Bedeutung an sich“. ” Was bedeutet das nun in der Quantenmechanik bzgl. des den Zustand charakterisierenden Vektors“ Ψ in Ortsdarstellung (noch schreiben wir Vek” ” tor“, weil wir die Analogie noch nicht gezeigt haben). Die Notation Ψ drückt schon aus, dass man der Ortsdarstellung den Vorzug gibt. Um uns von dieser Voreingenommenheit zu befreien, schreiben wir unseren Zustand gewissermaßen basisfrei als sogenanntes Ket: |Ψi. Nun kennen wir schon mindestens 72 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG 2 Darstellungen: (a) die Ortsdarstellung Ψ(x) und die Impulsdarstellung φ(p). Bemerkung: in diesem Abschnitt betrachten wir eindimensionale Probleme, zu 3D kommt man einfach indem man in den erhaltenen Relationen x → ~r ersetzt. Der Zustandsvektor |Ψi steht hier für der Ortsraumvektor ~u. Um die Analogie zum Ortsraum besonders augenscheinlich zu machen, nehmen wir vorerst (ohne Einschränkung der Allgemeinheit) eine diskrete Orthonormalbasis ϕn , z.B. Eigenfunktionen von Ĥ [siehe Gl. (1.218)], an. Wir entwickeln den Zustandsvektor nach der Basis, zunächst wie wir das nach unserem Kenntnisstand über Spektren zu machen gewohnt sind: X Ψ(x, t) = cn e−ıEn /~ ϕn mit cn = (ϕn , Ψ) . (1.253) n Jetzt wenden wir konsequent die Bra – Ket schreibweise an. Ψ war die Ortsdarstellung des Zustands |Ψi, die Orthonormalbasis sind die Eigenfunktionen e−ıEn /~ ϕn , die wir in der neuen Schreibweise als |ni bezeichnen. So lautet also die Energiedarstellung X |Ψi = cn |ni mit cn = hn|Si (1.254) n mit dem Skalarprodukt ha|bi (a & b – Funktionen/Vektoren im Hilbertraum), was impliziert, dass die Bra’s Funktionalcharakter R mit∗ sich bringen. Man beachte die Definition des Skalarprodukts (a, b) = dx a b, also müßte ha| eigentlich konsequenter Weise geschrieben lauten ha|·i. Den Punkt-Teil läßt man weg, da man ja es bei diskreten Spektren im Dualraum (Hilbertraum der konjugiert komplexe Funktionen Bra) auch mit Vektoren, z.B. den Energie EF’s hn| → eıtEn /~ϕ∗n , zu tun hat. In der Tat kann man von einem Vektor sprechen denn wie im Ortsraum, wo man bei festgelegter Basis die Koeffizienten als Matrix schreibt ~u = (u1 , u2 , u3 )T , analog ist c1 |Ψi = |Ψi = c2 (1.255) .. . der Zustand, mit den Koeffizienten cn aus Gl. (??) der Energiedarstellung. Aber die Dirac’sche Notation beinhaltet noch mehr, nämlich die in der Entwicklung (1.248) auftretenden kontinuierlichen Spektren. Da ist zum einen die Ortsdarstellung schlicht die Entwicklung nach den Eigenfunktionen des Ortsoperators ϕξ ∝ δ(x − ξ), die dem Eigenwertproblem x ϕξ = ξ ϕξ , und 1.7. WELLENFUNKTION, HILBERTRÄUME & OPERATOREN 73 die Impulsdarstellung wird über die Fouriertransformation vermittelt, da die Impulseigenfunktionen lauten ϕp ∝ exp ıpx/~ = exp ıkx. Ein und derselbe quantenmechanische Zustand |Ψi kann zusammengefasst wie folgt geschrieben werden Z Z 1 dp φ(p, t) exp ıpx/~ Ψ(x, t) = dξ Ψ(ξ, t) δ(ξ − x) = 2π~ · ¸ X Et = cn exp −ı ϕn . (1.256) ~ Sie lauten in der Dirac-Schreibweise Z |Ψi = dξ hξ|Ψi |ξi Z |Ψi = dp hp|Ψi |pi X |Ψi = hn|Ψi |ni XZ da ha|Ψi |ai |Ψi = (1.257) (1.258) (1.259) (1.260) wobei die letzte Zeile andeutet, dass es sich auch um eine Entwicklung nach einer beliebigen physikalischen Größe  mit diskretem und kontinuierlichen Spektrumanteil handeln kann. Der Raum, in dem die Zustände an sich“ leben, wird ein Hilbertraum ge” nannt. Das ist zunächst ein linearer Vektorraum mit komplexen Koeffizienten. Einige Rechenregeln bzgl. der Elemente dieses linearen Vektorraumes. 1. Linearkombination (ci – komplexe Zahlen): |ci = c1 |ai + c2 |bi ; 1 · |Ψi = |Ψi ; |Ψi + 0 = |Ψi (1.261) 2. Kommutativität: |ai + |bi = |bi + |ai (1.262) 3. Assoziativität: (|ai + |bi) + |ci = |ai + (|bi + |ci) c1 (c2 |ai) = (c1 · c2 ) |ai (1.263) (1.264) 4. Distributivität (c1 + c2 )|ci = c1 |ci + c2 |ci c (|ai + |bi) = c |ai + c |bi (1.265) (1.266) 74 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG Die Bra“ sind, mathematisch gesprochen, die linearen Abbildungen des ” Hilbertraums H in die komplexen Zahlen. Etwa |ψi 7→ hχ|ψi. Der Raum aller solcher linearer Abbildungen ist selbst ein komplexer Vektorraum, der sog. Dualraum. Dieser Vektorraum ist i.A. größer“ als H. ” Skizze eines Gegenbeispiels: H = L2 (R) und Auswertungsabbildung“: ” |Ψi 7→ ψ(0). Kann man schreiben als Skalarprodukt Z dx δ(x)Ψ(x) = hδ0 |Ψi, aber die δ-Funktion δ(x) ist nicht im L2 (R). Einwand des Physikers: ist nicht schlimm, einfach den Hilbertraum H vergrößern. Mathematiker (Satz von Riesz): für jede (genügend glatte etc.) lineare Abbildung L : H → C gibt es ein |χi ∈ H so, dass L|Ψi = hχ|Ψi für alle |Ψi ∈ H. Also schöpfen die Bra’s doch den Dualraum aus und wir können die Notation hχ| benutzen. Impulsdarstellung: Fouriertransformierte kann abstrakt geschrieben werden als φ(p) = hp|Ψi mit Impulseigenzustand |pi. Man geht also in die Impulsdarstellung, indem man von links den Bra hp| anwendet. Der Impuls-Eigenzustand ist in abstrakter Form Lösung von p̂|pi = p|pi wobei p̂ der Impulsoperator ist (siehe unten zu Operatoren). In der Ortsdarstellung gilt die Formel Ψ(x) = hx|Ψi mit dem Ortseigenzustand |xi. Über das Skalarprodukt zwischen Wellenfunktionen kann man zeigen, dass der Ortseigenzustand |xi folgende Ortsdarstellung hat (Auswertungsabbildung!) hx|x1 i = δ(x − x1 ) In der Tat erfüllt diese Funktion“ die Eigenwertgleichung für den Ortsope” rator. Wirkung des Ortsoperators in der Ortsdarstellung: hx|x̂|Ψi = xΨ(x). 1.7. WELLENFUNKTION, HILBERTRÄUME & OPERATOREN Bemerkung zur Vollständigkeit einer Basis: Z dp φp (x)φ∗p (x′ ) = δ(x − x′ ) 2π~ 75 (1.267) Linke Seite: Einheitsoperator auf dem Raum der Funktionen, die sich als Fourier-Transformierte darstellen lassen: mit Ψ(x′ ) multiplizieren und integrieren: Z Z dp φp (x) dx′ φ∗p (x′ )Ψ(x′ ) = Ψ(x) 2π~ Auf der anderen Seite, mit Bra und Ket kann man schreiben: Z Ψ(x) = hx|Ψi = dx′ δ(x − x′ )Ψ(x′ ) Z = dx′ hx|x′ ihx′ |Ψi Z = hx| dx′ |x′ ihx′ | Ψi {z } | 1̂ Wenn dies für alle hx| gelten soll, muss der Ausdruck in geschweiften Klammern der Einheitsoperator sein. Also: für alle Funktionen Ψ(x), die sich Fourier-transformieren lassen, wirkt das p-Integral in (1.267) wie eine Eins. Umgekehrt: das Integral über die Impuls-Eigenzustände wirkt wie eine Eins auf dem Raum, der von ihnen aufgespannt wird. Die Vollständigkeits-Relation erlaubt damit, zu finden, in welchem Hilbertraum man arbeitet. Operatoren sind lineare Abbildungen H → H. Analogon in 3D: 3 × 3 Matrizen oder besser Tensoren. Für einen Operator Ô soll die Zuordnung gelten Φ = Ôφ oder |Φi = Ô|φi . (1.268) Die Operation auf Elemente des dualen Hilbertraums – den Bra’s – lauten hΦ| = hφ| Ô , (1.269) wobei der Oprator von rechts auf den Zustand hφ|. Wir entwickeln nun beide Funktionen des Hilbert-Raumes nach irgendeiner Orthonormalbasis ϕn → |ni X X hn|Φi |ni = hj|φi Ô|ji n X n j bn |ni = X j aj Ô|ji . (1.270) 76 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG Wir lösen nach bn auf und werden durch die Eigenschaften unserer vollständigen Basis auf X X bn hm|ni = aj hm|Ô|ji n j bm = X Omj aj . (1.271) j wobei wir die Matrixelemente des Operators mit Z Oij = hi|Ô|ji = dx ϕ∗i Ô ϕj (1.272) bezeichnet haben. Analog zur kompakten Darstellung im 3D Ortsraum (Kontinuumsmechanik z.B.) können wir einen Operator wie einen Tensor kompakt schreiben X X Ô = Îhi|Ô|jiÎ = |ii hi|Ô|ji hj| = |ii Oij hj|. (1.273) ij ij Als Analogbeispiel soll ein Tensor im Ortsraum dienen, für den man in kartesischen Koordinaten schreiben kann X D̂ = ~ei Dij ~ej . ij In den obigen Darstellungen ist das Skalarprodukt zwischen 2 Vektoren als Z hα|βi = dx α∗ (x, t) β(x, t) (1.274) definiert. Wie in den normalen“ Vektorraum können wir nun Operatoren bilden, die ” Tensoren entsprechen. Sie haben die Gestalt |φihψ|, welcher aus einem KetVektor |yi wieder einen solchen produziert (|φihψ|) |yi = hψ|yi |φi . (1.275) Der adjungierte Operator lautet (|φihψ|)† = |ψihφ| . Da wir hier unabhängig von der Darstellung arbeiten und die Spur der Darstellungsmatrix eines Operators invariant gegenüber Wechseö der Darstellung ist, können wir von der Spur des Operators |ψi . . . hφ| nach der Vorschrift Sp (|ψi . . . hφ|) = hψ| . . . |φi (1.276) 1.7. WELLENFUNKTION, HILBERTRÄUME & OPERATOREN 77 bilden. Das Analogon in 3D Vektorräumen sind Tensoren, wie z.B. der Schertensor ⇒ in der Hydrodynamik ε = (1/2)(∇◦~u+~u◦∇) = εij ~ei~ej mit den Komponenten εij = 0, 5∂xj ui + ∂xi uj . Man sieht, dass Tensoren zweiter Stufe durch zwei Einheitsvektoren (Richtungen) charakterisert ist. Ein Skalar entsteht, wenn 2 Vektoren skalar daran andocken“. Letzteres ist genau das Stichwort, denn ” das andocken“ eines Bra’s von links, z.B. hx|, und eines Ket’s von rechts, ” |yi ergibt den Skalar ⇒ hx|ψihφ|yi (1.277) Ein spezieller Operator dieses Typs ist der Projektionsoperator |ϕihϕ| mit der Norm P̂ϕ = |ϕihϕ| mit hϕ|ϕi = 1 . (1.278) Er projiziert einen Hilbertraumvektor |ui auf die Richtung |ϕi ( andocken“ ” von rechts) P̂ϕ = |ϕi hϕ|ui . (1.279) Als Darstellungsformen hatte wir u.a. die Orts- und Impulsdarstellung (1.257) & (1.258) genannt. In einer Übung soll die Darstellung der Schrödingergleichung für beide Darstellung gegeben werden. Wir deuten beide Darstellungen an hp|Ψi = Φ(p, t) hx|Ψi = Ψ(x, t) , was relativ simpel mit der Ortseigenfunktion |xi ∝ δ(ξ − x) und Einsetzen in die SGL nachvollzogen ist (Hamilton-Operator kompakt darstellen: Ĥ = |xihx|Ĥ|x′ ihx′ | ⇒ Entwicklung nach EF’s |xi des Orts-Operators). In gleicher Weise ist die SGL in einer Übung in der Impulsdarstellung zu schreiben (⇒ Ψ(x, t) → Φ(p) ∝ hp|Ψi; ebenfalls Kompaktdarstellung von Ĥ wählen). 1.7.5 Dynamischer Operator/Propagator Wir wollen ein Beispiel für die Entwicklung eines Zustands |Ψi (hier Ortsdarstellung: Ψ(x, t) = hx|Ψi) in der Zeit von einem Anfangszeitpunkt t0 aus über eine unitäre Operator via Ψ(x, t) = Û (t, t0 ) Ψ(x0 , t0 ) (1.280) 78 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG beschreiben. Die Dynamik der WK-Amplitude Ψ wird mit der SGL beschrieben – Gl. (1.280) eingesetzt in die SGL ergibt dann die Operatorgleichung ı~ d Û (t, t0 ) = Ĥ Û (t, t0 ) . dt (1.281) Formale Integration dieser Gleichung ergibt die äquivalente Integralgleichung ı Û (t, t0 ) = 1 − ~ Zt dt′ Ĥ Û (t′ , t0 ) , (1.282) t0 wobei die Eins von der Anfangsbedingung Û (t0 , t0 ) = 1 herrührt. Hängt die Hamilton-Funktion – und demnach auch der Hamilton Operator – nicht explizit von der Zeit t ab, kann man formal für den Evolutionsoperator schreiben o n ı . (1.283) Û (t, t0 ) = exp − Ĥ(t − t0 ) ~ Eine weniger formale (exaktere) Darstellung von Û gelingt mit der von Neumann’schen Reihe (man entwickle die obige e-Funktion). 1.7.6 Erwartungswerte & Schwankungen In den letzten beiden Abschnitten haben wir alle Voraussetzungen geschaffen, uns nun noch einmal der Erwartungswerte einer physikalischen Größe zuzuwenden. Wir wollen jetzt hauptsächlich die Definition (1.200) begründen und dazu werden wir die Wellenfunktion Ψ(x) (der Einfachheit halber 1D und ein diskretes Spektrum) nach den EF’s ϕi der Größe  hAi = hΨ|Â|Ψi = a∗m an hϕm |Â|ϕn i = An a∗m an hϕm |ϕn i = ¯ ¯ = An a∗m an δmn = An ¯a2n ¯ = An pn (1.284) entwickeln (Verwendung d. Einstein’sche Summenschreibweise). Der letzte Ausdruck entspricht dem statistischem Mittel (siehe Tutorium WK-Rech¯ ¯ nung), wenn man mit pn = ¯a2n ¯ die WK identifiziert, das System in dem diskreten Wert An der Größe  infolge der Messung (!) anzutreffen. Wir werden den Meßprozeß in einem der folgenden Abschnitten wegen seiner 1.7. WELLENFUNKTION, HILBERTRÄUME & OPERATOREN 79 wesentlichen Bedeutung für die Quantenphysik noch einmal etwas genauer streifen. Mit Gleichung (1.284) ist motiviert, warum die Formulierung (1.200) die korrekte Definition des Erwartungswerts ist. Die WK-Dichte kann so als ¯ ¯ ̺ ⇒ ¯a2n ¯ = pn X¯ ¯ ¯a2n ¯ = 1 (1.285) (1.286) n diskrete Wahrscheinlichkeit verstanden werden. Mit der Vorschrift (1.200) können nicht nur Erwartungs- bzw. Mittelwerte physikalischer Größen berechnet werden sondern auch Schwankungen. Wir führen als Schwankung (Eigenwerte) ∆A = A − hAi (1.287) mit dem dazugehörigen Operator ∆ =  − hAi (1.288) ein. Für das Schwankungsquadrat haben wir nach Definition (1.200) ­ (∆A)2 ® Z d3~r Ψ∗ (∆Â)(∆Â) Ψ = Z ¯ ¯2 ¯ 2 3 ¯ hΨ|(∆Â) |Ψi = d ~r ¯(∆Â) Ψ¯ , = (1.289) wobei der letzte Schritt mit der Hermitizität des Operators ∆ begründet wird (Übung). D E Damit kann man für scharfe Meßbarkeit einer Größe (∆A)2 = 0 unmittelbar folgendes konstatieren: Da im Integranden von (1.289) eine positiv definite Größe steht, können Schwankungen nur unterdrückt werden, wenn gilt (∆Â) Ψ = ( − A) Ψ = 0 , (1.290) nämlich die Eigenwertgleichung muss erfült sein. M.a.W. die Wellenfunktion ist gleichzeitig EF unserer betrachteten physikalischen Größe Â. 80 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG Vertauschungrelationen – Kommutator Wichtige Operationen betreffen die Vertauschbarkeit bzw. Vertauschungsregeln zweier Operatoren, die mit den Kommutatoren [Â, B̂] = ÂB̂ − B̂ = ı Ĉ . (1.291) Ist der entstehende Operator eine Konstante Ĉ = 0 dann ist die Reihenfolge der Anwendung der Operatoren  und B̂ gleichgültig, mit der Konsequenz, dass beide den gleichen Satz von Eigenfunktionen ϕn besitzen und dass sie gleichzeitig scharf messbar sind (in Übung – Beispiele für Sätze gleichzeiˆ und ~ˆr nicht tig meßbarer Größen). In diesem Sinne sind die Operatoren ~p vertauschbar und der Kommutator führt zur Unbestimmtheitsrelation, wie wir unten zeigen. Wie wir gerade gezeigt haben, haben scharf meßare physikalische Größen, EF’s die bis auf Konstanten identisch mit der Wellenfunktion Ψ sind – sie haben gleiche Sätze von EF’s. Daraus folgt, dass für zwei, gleichzeitig meßbare Gößen  und B̂ der Kommutator [Â, B̂] = 0 (1.292) verschwinden muss (Übung). Nun ist es zur Unschärferelation zweier physikalischer Größen  und B̂, die nicht miteinander kommutieren (1.291), nur ein kleiner Schritt, der in einer Übung mit Hilfe der Operatoren ∆ und ∆B̂ (und überall beschriebener Tricks) gezeigt werden soll. Sie lautet D (∆Â)2 ED (∆B̂)2 E ≥ 1 hCi2 4 . (1.293) Damit erhält man für die Operatoren  = p̂ = −ı~∂x und B̂ = x mit ­ ®­ ® ~2 (∆p̂)2 (∆x)2 ≥ 4 (1.294) die berühmte Heisenberg’sche Unschärferelation. 1.7.7 Bemerkungen zum Meßprozeß An dieser Stelle ist es nun höchste Zeit, auf Besonderheiten beim Meßprozeß an Quantensystemen hinzuweisen. Gegeben sei eine Meßapparatur und ein quantenmechanisches System – z.B. einem Elektron – die zusammen ein 1.7. WELLENFUNKTION, HILBERTRÄUME & OPERATOREN 81 Gesamtsystem bilden, welches sich vor der Messung in einem bestimmten Zustand Ψ̃(~r, ξ) = Ψ(~r) Φ(G) (ξ) (1.295) befinden möge. Die Wellenfunktionen des Elektrons und des klassischen“ ” Geräts vor der Messung sind Ψ(~r) bzw. Φ(G) (ξ) – und deren Argumente ~r bzw. ξ. Der Produktausdruck (1.295) weist auf statistische Unabhängigkeit beider Systemkomponenten — Elektron & Gerät — hin. Wir möchten mit der Messung die Größe  bzw. deren Ew’s A bestimmen. Es liegt auf der Hand, dass während und nach der Messung diese Unabhängigkeit nicht mehr aufrecht zu erhalten ist. Wir können aber den Zustand danach nach den Zustandseigenfunktionen des Gerätes (welche ei(G) gentlich kontinuierlich sind) Φn (ξ ′ ) entwickeln Ψ̃(~r′ , ξ ′ ) = X Bn (~r′ ) Φn(G) (ξ ′ ) , (1.296) n wobei die gestrichenen Argumente die Situation nach der Messung charakterisieren. Nun wird das Gesamt–System sicher ein unendlich“ dichtes Spek” trum der Werte An → A für n → ∞ aufweisen, wir wollen (ähnlich wie beim Hohlraumstrahler) trotzdem ein diskretes Spektrum voraussetzen – was beliebig genaue Werte An → A zuläßt. Da letztlich nur ein Wert An zur Anzeige gebracht wird, brauchen wir statt der Summe vereinfachend nur das eine dazugehörige Glied ′ ′ ′ Ψ̃(~r , ξ ) = Bn (~r ) Φn(G) (ξ ′ ) , (1.297) berücksichtigen. Hier ist wieder die Faktorisierung angenommen, d.h. nach der Messung sind Gerät und Elektron statistisch unabhängig. Der Koeffizient Bn sollte sowohl vom Zustand des Elektrons vor der Messung als auch vom Meßvorgang selber abhängen. Das der Quantenmechanik zugrunde liegende Superpositionsprinzip gestattet, diese Koeffizienten Bn als Summe/Integral über die Anfangs-WK-Amplitude Ψ(~r) des Elektrons gewichtet mit der Gerätefunktion“ Kn (~r′ ; ~r) ” Z Bn (~r′ ) = d3~r Kn (~r′ ; ~r) Ψ(~r) (1.298) = an ϕn (~r′ ) zu schreiben. (1.299) 82 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG Nun fordern wir, dass die Messung den enstandenen Zustand vollständig beschreibt, m. a. W. die WK’s aller meßbaren Größen in diesem Zustand hängen nicht vom Originalzustand ab. Das bedeutet Bn hängt nur vom IstZustand ab, also von den gestrichenen Argumenten, die Funktion ϕn ist EF sowohl der Größe  als auch des Hamilton-Operators Ĥ – wir wollen ja die Größe  als scharf meßbar voraussetzen. Die Gleichheit der Ausdrücke (1.298) & (1.299) setzen eine Faktorisierung des Integralkerns ′ Kn (~r′ ; ~r) = ϕ(~r ) ϕ∗n (~r) (1.300) voraus, womit man sofort erhält ′ Bn (~r′ ) = ϕn (~r ) Z d3~r ϕ∗n (~r) Ψ(~r) = |ni hn|Ψi . (1.301) (1.302) Koeffizientenvergleich liefert an = hn|Ψi . (1.303) Diese Beziehungen eingesetzt in die Gesamt-WK-Amplitude nach der Messung ergibt ′ ′ Ψ̃(~r , ξ ) = |ni hn|Ψi Φn(G) (ξ ′ ) , (1.304) womit ich die WK den Meßwert An durch die Messung zu bestätigen, sofort (Bra andocken“) als die Proportionalität ” |an |2 ∝ hΨ|ni hn|Ψi (1.305) formulieren kann. Unter Beachtung der Normierung erhält man schließlich für diese WK pn = hΨ|ni hn|Ψi hΨ|Ψi (1.306) pn = 1 . (1.307) mit X n 1.7. WELLENFUNKTION, HILBERTRÄUME & OPERATOREN 1.7.8 83 Zeitabhängigkeit von Mittelwerten & Operatoren; Ehrenfest Theorem Nun lassen wir über die Wellenfunktion Ψ(~r, t) Zeitabhängigkeit der physikalischen Größe hA(t)i = (Ψ(t), ÂΨt) (1.308) zu (hier geben wir nur die Zeitabhängigkeit an, an der wir interessiert sind). Wir bilden die Zeitableitung d ˙ hA(t)i = (Ψ̇(t), ÂΨt) + (Ψ(t), ÂΨt) + (Ψ(t), ÂΨ̇t) dt (1.309) und erinnern uns der zeitabhängigen SGL (1.141), ı~Ψ̇ = ĤΨ , womit man erhält (Übung – Tipp: konjugiert komplexe SGL einbeziehen) d ∂  ı ∂  1 = + {Ĥ − ÂĤ} = + [Â, Ĥ] dt ∂t ~ ∂t ı~ (1.310) – einen Ausdruck, der in völliger Analogie zur Zeitableitung einer Größe in der klassischen Mechanik steht, identifiziert man die Kommutatoren [abgesehen vom Faktor 1/(ı~)] mit den Poisson Klammern der klassischen Mechanik (in Übung zeigen). Als Beispiele sollen die klassischen (Hamiltonschen) Bewegungsgleichungen (Kommutatoren i.d. Übung ausrechnen) dienen: ˙ ~ˆr = ˆ˙ = ~p 1.7.9 ˆ ı p̃ [Ĥ, ~ˆr] = ~ m ı ˆ [Ĥ, ~p] = − ∇U(r̃) = ~ (1.311) (1.312) Wahrscheinlichkeit & Kontinuitätsgleichung Mit der SGL ı~ ∂Ψ = ĤΨ ∂t können wir eine Evolutionsgleichung der WK-Dichte ̺(~r, t) gewinnen: ∂ ̺(~r, t) = Ψ̇∗ Ψ + Ψ∗ Ψ̇ . ∂t (1.313) Da die Potenzialterme U (~r) wegfallen, wird man auf ~ ∂ ̺(~r, t) = [(∆Ψ∗ )Ψ − Ψ∗ (∆Ψ)] ∂t 2mı (1.314) 84 KAPITEL 1. GEGENSTAND DER VORLESUNG womit man nach Herausziehen der Divergenz auf eine Kontinuitätsgleichung der WK-Dichte geführt wird: ∂ ̺(~r, t) + ∇ · ~j(~r, t) = 0 . ∂t (1.315) Die Stromdichte ~j ist mit ~j(~r, t) = ~ [Ψ∗ (∇Ψ) − (∇Ψ∗ )Ψ] 2mı (1.316) definiert. Diese Bilanz sichert die Normierbarkeit eines zeitabhängigen Quantenzustands Ψ(~r, t), wie man in integraler Formulierung direkt zeigen kann (Übung: Integralsatz von Gauß anwenden). Kapitel 2 Stationäre Zustände Nachdem wir die Grundlagen der Quantenmechanik skizziert haben — deren Grundgleichung, die Schrödingergleichung (SGL), Charakterisierung eines Zustandes, Hilberträume etc. — wird es Zeit, konkrete Probleme zu lösen. Die stationäre SGL hatten wir durch Separationsansatz (2.147) zur stationären SGL umgeformt, die ausgeschrieben lautet − ~2 ∆ϕ = [E − U (~r)] ϕ . 2m (2.1) In diesem Abschnitt gilt es, die normierbare, stetige und differenzierbare Funktion ϕ(~r), die den Ortsanteil der WK-Amplitude Ψ beschreibt, zu bestimmen. Dabei wenden wir uns zu Beginn den einfachsten, den eindimensionalen (1D) Problemen zu. Oft haben 1D-Probleme nicht nur Modellcharakter, sondern wenn die/der Hamilton-Funktion/Operator als Summe der einzelnen Koordinatenteile ˆ, ˆ r̃) = Ĥx (p̂x , x̂) + Ĥy (p̂y , ŷ) + Ĥz (p̂z , ẑ) Ĥ(~p (2.2) darstellbar ist (hier 1 Teilchen). Beispiele für einen solchen Hamiltonian sind alle Beschreibungen von freien Teilchen in Potenzial-Boxen; aber auch der 3D-harmonische Oszillator zeigt diese Eigenschaft. Damit sind diese 1D Beispiel weit mehr als nur zur Anschauung geeignet. Wir wählen ein rein x-abhängiges Potenzial und können die SGL (2.1) für den Ortsanteil des Zustands |Ψi in Ortsdarstellung schreiben Ĥ(p̂x , x) ϕ(x) = − ~2 ∂ 2 ϕ(x) + U (x)ϕ(x) = E ϕ(x) . 2m ∂x2 85 (2.3) 86 KAPITEL 2. STATIONÄRE ZUSTÄNDE Nur noch einmal zur Erinnerung, den gesamten Zustand (zeitabhängig) gewinnt man durch Faktorisierung mit der Zeitentwicklung ¾ ½ E (2.4) Ψ(x, t) = exp −ı t ϕ(x) . ~ Auch noch einmal zur Festigung seien der Hamilton-Operator in Orts- u. Impulsdarstellung gegenübergestellt ~2 ∂ 2 + U (x) Ortsdarstellung 2m ∂x2 ~2 k 2 + U (ı∂k ) Impulsdarstellung, 2m Ĥ(p̂x , x̂) = − (2.5) Ĥ(p̂x , x̂) = (2.6) wobei wir uns als Kochrezept“ wieder merken: ” 1. Auftellung der klassischen Hamiltonfunktion H(p, x) 2. Ersetzung der kanonisch-konjugierten Variablen durch Operatoren (a) Ortsdarstellung: x → x ; p → (~/ı)∂x (b) Impuls...: p → p = ~k ; x → ı∂k Natürlich steckt hinter dieser korrespondenzmäßigen Vorschrift wieder die Fourier- und ihre Rücktransformation (Übung). 2.1 Eindimensionale Probleme Den eindimensionalen Probleme liegt folgende stationäre SGL zugrunde ϕ′′ = − 2m [E − U (x)] ϕ , ~2 (2.7) wobei die Striche Ableitungen nach x bezeichnen. Wir haben hier schon die Form der Krümmung gewählt ϕ′′ und fordern zudem, dass ϕ quadratintegrabel sei. Das Eigenwert-Problem wird zudem sicher reelle Eigenwerte E hervorbringen, was der Hermitizität von Ĥ geschuldet ist. Bevor wir konkrete 1D Probleme lösen, werden wir einige Eigenschaften der Lösung von (2.7) für allgemeine, beliebige Potenziale U (x), dargestellt in Abb. 2.1, qualitativ diskutieren. Zu diesem Zweck haben wir die SGL in 2.1. EINDIMENSIONALE PROBLEME 87 E ; U (x ) 'a E1 Eb E0 Ea x1 x1 x x2 x '0 x2 x x1 '1 'b x1 x2 x2 x x1 x2 x Abbildung 2.1: Illustration der Selektion der Eigenlösungen, die im Falle gebundener Zustände nur für bestimmte diskrete Eigenwerte Ei normierbare R EF’s liefern: dx |ϕi (x)|2 = 1 . Passen die Werte Ea/b nicht, führt die Krümmung E −U zu divergierenden EF’s ϕa/b (Eigenfunktionen rechts oben und links unten). Form der Krümmung (2.7) der Wellenfunktion ϕ geschrieben. Je nachdem ob ϕ(x) > 0, ϕ(x) < 0bzw. ob E > U (x) o. E < U (x) ist, wird die Kurve ϕ(x) positiv oder negativ gekrümmt sein. Dazu wollen wir 3 verschiedene Potenziale diskutieren: (A) U (x) → ∞ für x → ±∞ (z.B. harmonischer Oszillator) (B) U (x0 ) → ∞ und U (x) → ∞ f. x → ±∞ (Topf & Wand) (C) U (x) → U−∞ für x → −∞ U (x) → U∞ für x → ∞, wobei U−∞ > U∞ Zu Fall (A) (Abb. 2.1): Für diesen Potenzialtopf gibt es nur gebundene Zustände für E > Umin . Energien darunter gestatten keine Konstruktion normierbarer Eigenlösungen von (2.7). Z. B. würde angenommen bei E = 88 KAPITEL 2. STATIONÄRE ZUSTÄNDE 0 ; x = 0 und bei ϕ(0) > 0 die Krümmung für |x| > 0 immer größer, d.h. ϕ′′ > 0 und monoton wachsend für wachsende x. Diese Funktionen sind nie normierbar. Für E > Umin werden im Intervall x1 < x < x2 die Krümmungen negativ und für exakt passende, diskrete Werte existieren immer normierbare EF’s – in unserer Skizze als ϕ0 und ϕ1 mit den Ew’s E0 ; E1 bezeichnet. Für die Energie Ea ist die Krümmung nicht stark genug um die dazugehörige Funktion ϕa als Element der quadratisch integrierbaren Funktionen zu qualifizieren: es gilt ϕa ∈ / L2 . Für die Energie Eb bewirkt die stärkere Krümmung einen Vorzeichenwechsel von ϕ und damit auch von ϕ′′ , der allerdings noch nicht stark genug ist, um ein Gegensteuern gegen zu stark negativ fallende Werte ϕ zu garantieren. Auch in dem Fall gilt ϕb = |bi ∈ / L2 . Man kann konstatieren: im Fall (A) existieren diskrete Energiewerte E0 , E1 , E2 , ..., Ej deren EF’s normierbar sind: |ji ∈ L2 . Der Index j ist gleichzeitig die Zahl der Nullstellen der oszillierenden Eigenfunktionen |ji im Intervall x1 < x < x2 (klassischer Aufenthaltsbereich E ≥ U ) — diese Tatsache wird als Knotensatz bezeichnet. Außerhalb des klassischen Aufenthaltsbereiches E < U fällt |ji mindestens exponentiell ab. U (x) U (x) U 1 x0 x U1 x Abbildung 2.2: Potenzialverläufe für die Fälle (B) und (C). Zu Fall (B) (Abb. 2.2, links): Qualitativ gilt das Gleiche wie im Fall (A), mit dem Unterschied, dass das Teilchen nicht den Bereich x ≤ x0 eindringen kann: |ji(x ≤ x0 ) ≡ 0 als Randbedingung. Zu Fall (C) (Abb. 2.2, rechts): Hier gibt es 3 charakteristische Energiebereiche: für Umin < E < U∞ sind eine bestimmte Zahl diskreter Energieniveaus möglich, vorausgesetzt der Abstand (U∞ − Umin ) ist groß genug. Im Bereich wo E > U (x) gilt, oszillieren die EF’s, wie in den obi- 2.1. EINDIMENSIONALE PROBLEME 89 gen Fällen. Jenseits dieses Bereiches fallen die Funktionen exponentiell ab: √ |ji ∝ exp(− |x| U±∞ − E), wobei man dort das Potenzial als konstant betrachtet (Übung). Das Spektrum wird kontinuierlich für E > U∞ und die EF’s sind streng genommen nicht normierbar. Die Einführung periodischer Randbedingungen oder von Potenzialwänden weit entfernt von der Potenzialmulde würde das Spektrum ein Quasikontinuum werden: eine sehr dichte Folge diskreter Energien mit dazugehörigen normierbaren EF’s. 2.1.1 Potenzialkasten In diesem Fall betrachten wir das Potenzial U (x) = ½ 0 für 0 ≤ x ≤ a ∞ sonst (2.8) wie es in Abbildung 2.3 dargestellt ist. Trotz der Einfachheit, oder gerade E ; U (x) 0 a x Abbildung 2.3: Der unendlich hohen Potenzialkasten. wegen derselben, dient dieses Beispiel als schöner Testfall für den mehr oder minder komplexen Apparat, der sich durch alle anderen Beispiele ziehen wird. 90 KAPITEL 2. STATIONÄRE ZUSTÄNDE Dem Teilchen sind die Bereiche außerhalb des Kastens nicht zugänglich, es gilt ϕ = 0. Im Intervall x ∈ (0, a) gilt − ~ 2 d2 ϕ = Eϕ 2m dx2 (2.9) oder d2 ϕ = − k 2 ϕ mit k ≡ dx2 √ 2mE , ~ (2.10) wobei Gleichung (2.10) nichts anderes als den klassischen harmonischen Oszillator beschreibt. Die allgemeine Lösung lautet ϕk (x) = A sin kx + B cos kx , (2.11) wobei diese aber den Randbedingungen ϕk (0) = ϕk (a) = 0 (2.12) genügen muss, d.h. es muss B = 0 sein. Da an den Rändern des Kastens die verbleibende Sinus-Funktion verschwinden muss, gilt für die Wellenzahlen, sowie für die Energieeigenwerte [siehe Gl. (2.10)] kn = En = nπ a µ ¶2 1 π~ n2 . 2m a (2.13) (2.14) Schließlich liefert die Orthonormierungsbedingung hn|ni = Za 0 dx ϕ∗n (x) ϕn (x) = |A|2 und damit die stationäre Lösung r ϕn (x) = ³ nπ ´ 2 sin x . a a a = 1 2 (2.15) (2.16) Die Eigenschaften dieser stationären Lösung sind 1. die |ni-Funktionen sind wechselseitig gerade bzw. ungerade bezogen auf das Zentrum des Kastens 2.1. EINDIMENSIONALE PROBLEME 91 2. die Energie wächst mit n – die Zahl der Nullstellen ist n ⇒ Knotensatz 3. die Funktionen stellen ein vollständiges ONS dar: hi|ji = δij . Die Lösung der zeitabhängigen SGL lautet mit dem Faktor exp(−ıEn t/~) letztlich r ½ ¾ ³ nπ ´ 2 n2 π 2 ~ Ψn (x, t) = (2.17) sin x exp −ı t . a a 2ma2 Die Vollständigkeit des Funktionensystems gestattet jetzt die Darstellung der allgemeinen Lösung als Reihe r ½ ¾ ³ nπ ´ X 2 n2 π 2 ~ Ψ(x, t) = cn sin x exp −ı t , (2.18) a a 2ma2 n und damit auch die Anpassung jeder Anfangs-WK-Amplitude Ψ(x, 0) wobei die Koeffizienten lauten r Za ³ mπ ´ 2 cm = x Ψ(x, 0) . (2.19) dx sin a a 0 2.1.2 Delta-Potenzial Als nächstes Modellpotenzial — der Kasten ist auch ein nicht zu realisierender Modellfall, was aber großen exemplarischen Wert hat — wird ein δ-Topf untersucht. Die zeitfreie SGL lautet − ~2 d2 ϕ − αδ(x)ϕ = E ϕ 2m dx2 (2.20) und dieses Potenzial gestattet gebundene Zustände für E < 0 und Streuzustände für E > 0. Wenden wir uns zunächst den gebundenen Zuständen E < 0 zu, womit die SGL, zunächst für x < 0, lautet 2mE d2 ϕ = − 2 ϕ = κ2 ϕ , 2 dx ~ (2.21) denn U (x) = 0 überall außer bei x = 0√wo das Potenzial über alle Maßen fällt U (0) → −∞. Die Konstante κ = −2mE/~ reell und positiv, da ja E < 0 gilt. Die Lösung der Dgl. mit konstanten Koeffizienten ergibt, ϕ(x) = A e−κx + B eκx (2.22) 92 KAPITEL 2. STATIONÄRE ZUSTÄNDE analog zum Kastenbeispiel, allerdings nun mit reellem charakteristischen Exponenten. Für x < 0 ist der Lösungszweig B exp(κx) geeignet, für x > 0 alternativ A exp(−κx). Die Stetigkeitsforderung bei x = 0 erzwingt A = B, so dass wir für die Lösung auf der gesamten x-Achse erhalten ½ −κx e für x ≥ 0 (2.23) ϕ(x) = A × eκx für x ≤ 0 Eine weitere Stetigkeitsforderung ist an die Ableitung dϕ/dx = ϕ′ zu stellen, abgesehen von der Stelle x = 0 wo ϕ′ eine Diskontinuität zeigt. Um diese genau zu beziffern, integrieren wir die SGL im Bereich −ǫ < x < ǫ und bilden den Grenzwert ǫ → 0, womit wir erhalten ¯ 2m = 2 lim ~ ǫ→0 ǫ lim ϕ′ ¯−ǫ ǫ→0 Zǫ dx U (x) ϕ(x) = − −ǫ 2mα ϕ(0) , ~2 (2.24) der Term Eϕ liefert wegen seiner Stetigkeit bei x = 0 keinen Beitrag. Mit der Lösung (2.23), ⇒ ϕ′ (0) = ±κ, sofort folgt mα ~2 κ = E = − (2.25) ~2 κ2 mα2 = − . 2m 2~2 (2.26) Um die EF des gebundenen Zustands komplett zu machen, bestimmen wir noch die Konstante A über die Normierungsbedingung, wobei die Symmetrie der WK-Amplitude ϕ(x) = ϕ(−x) ausgenutzt wird hϕ|ϕi = 2 |A| A = √ 2 Z∞ κ = 0 dx exp (−2κx) = √ |A|2 = 1 κ mα . ~ (2.27) Man gewinnt schließlich, unabhängig von der Wichtung α der δ-Mulde, nur einen einzigen gebundenen Zustand ϕ(x) = √ ³ mα ´ mα exp − 2 |x| ; mit ~ ~ E = − mα2 . 2~2 (2.28) Die zeitabhängige Lösung ist wieder über die Faktorisierung zu gewinnen: |Ψi = exp(−ıωt) |ϕi. 2.1. EINDIMENSIONALE PROBLEME 93 Streuzustände: die durch E > 0 charakterisiert sind lassen sich ähnlich wie das Kastenpotenzial beschreiben: die SGL abgesehen von x = 0 lautet: ϕ′′ = − 2mE ϕ = − k2 ϕ . ~ (2.29) Die charakteristisch Gleichung λ2 +k 2 = 0 liefert imaginäre Lösungen λ1/2 = ±ık, und so lautet die allgemeine Lösung für x < 0 ϕ(x) = A exp (ıkx) + B exp (−ıkx) (2.30) und alternativ für x > 0 ϕ(x) = C exp (−ıkx) + D exp (ıkx) . (2.31) Keine dieser Lösungen kann aus Normierungsgründen ausgeschlossen werden – ohne Wichtung wie beim Wellenpaket oder andere physikalische Annahmen, gehören diese Funktionen nicht zum L2 . Die Stetigkeitsforderung bei x → ±0 schränkt die Zahl der Konstanten durch die Bedingung A+B = C +D (2.32) ein. Den Ansätzen (2.30) & (2.31) folgend, lauten die Ableitungen bei x = 0 ; ϕ′ (0)|+ = ık(A − B) bzw. ϕ′ (0)|− = ık(D − C) womit man füe die Sprungbedingung (2.24) erhält: ık (D − C − A + B) = − 2mα (A + B) ~2 (2.33) oder kompakter D − C = A(1 + ıβ) − B(1 − ıβ) (2.34) mit β = 2mα . k~2 Nun haben wir aber nur 2 Gleichungen (2.32) & (2.33), um 4 Konstanten zu bestimmen. Nun, das ist nicht weiter schlimm, denn die Streuzustände sind, z.B. wie das freie Teilchen über Wellenpakete normierbar. Trotzdem können wir den Konstanten A bis D eine bestimmte Bedeutung zuordnen. Zusammen mit dem Zeitfaktor exp(−ıωt) (hier ist wieder E = ~ω) weisen uns die Argumente ı(kx − ωt) auf nach rechts (zu größeren x) laufende Wellen – und alternativ ı(kx + Et) auf nach links laufende Wellen bzw. 94 KAPITEL 2. STATIONÄRE ZUSTÄNDE Teilchenströme, siehe Abbildung ??. In einem Experiment wird in der Regel nur von einer Seite der Teilchenstrom einfallen, nehmen wir mal an, von links“, d.h. aus x ⇒ −∞ und somit ist C = 0 weil von rechts“ (aus +∞) ” ” keine Teilchen kommen sollen. Dann bedeuten: B Amplitude der am Topf reflektierten Teilchen und D jene der transmittierten Teilchen, also die die δ-Mulde durchlaufen. Löst man aus den Gln. (2.32) & (2.33), für C = 0, nach den Reflexions(B) bzw. dem Transmissionskoeffizienten (D) als Funktion des einfallenden Stroms (A) auf, erhält man B = 2 ıβ A ; D = A . 2 − ıβ 2 − ıβ (2.35) Dem quantentheoretischem Konzept folgend, ist die Wahrscheinlichkeit mit ∝ |Ψ|2 gegeben (mal abgesehen vom augenscheinlichen Normierungsproblem, welches mittels Wellenpaket gelöst wird), so dass man für die Reflexionsund Transmissionskoeffizienten erhält R2 = T2 = |B|2 β2 = 4 + β2 |A|2 |D|2 4 2 = 4 + β2 . |A| (2.36) (2.37) Wie es auch sein muss, ergibt die Summe aus Reflexion und Transmission eins: R2 + T 2 = 1 2.1.3 . (2.38) Streuung an Potenzialbarriere/-topf — Der Tunneleffekt Als nächstes Beispiel — und sicher auch als bekanntestes — behandeln wir die Streuung an eines Teilchens (Elektron) an einer rechteckigen Potenzialbarriere (siehe Abb. 2.4) - bzw. -topf, welches letzlich auf den berühmten Tunneleffekt führt. In der Vorlesung werden wir uns den Streuzuständen zuwenden – dem kontinuierlichen Teil des Energie (E)- Spektrums. In den Übungen werden die gebundenen Zustände, also das diskrete En -Spektrum |ni, eingehend untersucht (Oszillationen im Bereich II und exponentiell 2.1. EINDIMENSIONALE PROBLEME 95 E ; U (x) E ; U (x) E U0 E x I x d 0 I II d 0 III II III U0 Abbildung 2.4: Links: Das eindimensionale Rechteckpotenzial. Rechts: Der rechteckige Potenzialtopf. Das Elektron möge sich aus Richtung x = −∞ mit der Energie E der Barriere/dem Topf nähern. Die Barriere/der Topf teilt die x-Achse in drei Regionen: I und III in denen sich das Teilchen frei U (x) = 0 bewegen kann und das Gebiet II in dem die Barriere energetisch höher ist als die kinetische Energie des Elektrons. Im Fall des Topfes ist in allen Gebieten das Elektron frei beweglich. asymtptotische Relaxationen in I & III). Wir führen folgende Abkürzungen für die Energien ~2 2 ~2 2 k ; E − U0 = K . (2.39) 2m 2m ein, die, weil wir es mit Streuproblemen und somit kontinuierlichen Spektren zu tun haben, frei wählbar sind. Das ruft wieder die schon oft zitierten Normierungsprobleme auf den Plan, die aber, wie in Abschnitt 1.7.1 ausführlich geschildert, über das Wellenpaket in den Griff zu bekommen ist. Hier werden wir zunächst noch einmal alle Bedingungen (außer Normierbarkeit) bei x = 0 und x = d aufführen, die in den vergangenen Testbeispielen nicht alle von Bedeutung waren. Wir müssen sowohl für die WK’s |Ψ|2 ∝ hϕ|ϕi als auch für die WK-Ströme ∝ Ψ∗ Ψ′ − Ψ(Ψ∗ )′ Stetigkeit (Striche ⇒ Ableitung nach x) fordern, d.h. sowohl die WK-Amplituden |Ψi = exp(−ıEt/~) |ϕi als auch deren Ableitungen müssen an den Stellen x = 0; d identisch sein: E = ϕI (0) = ϕII (0) ϕII (d) = ϕIII (d) und ϕ′I (0) = ϕ′II (0) und ϕ′II (d) = ϕ′III (d) (2.40) . (2.41) 96 KAPITEL 2. STATIONÄRE ZUSTÄNDE Die stationäre SGL’en inkl. ihrer Lösungen lautet in den drei Bereichen ¸ · 2 d 2 + k ϕI = 0 , ϕI = eıkx + Re−ıkx (2.42) I: dx2 · 2 ¸ d 2 + K ϕII = 0 , ϕII = aeıKx + be−ıKx (2.43) II: dx2 ¸ · 2 d 2 (2.44) + k ϕIII = 0 , ϕIII = Deıkx . III: dx2 Auch hier werden wieder annehmen, dass der einfallende Strom von Quantenobjekten von links (x → −∞) erfolgt und auch schon auf A = 1 normiert ist. Demzufolge muss der Koeffizient der nach links laufenden Wellen (Argument: kx + ωt = konstant) verschwinden C = 0. In Anlehnung an das letzte Streubeispiel haben wir die Koeffizienten so gewählt, dass der Reflexions-(R) und Transmissionskoeffizienten (D) schon direkt in der Lösung auftauchen, indem wir |A|2 → 1 setzen, also den einfallenden Strom auf eins normieren. Die Auswertung der Stetigkeitsbedingungen (2.40) & (2.41) ergibt 1 + R = a + b ; k(1 − R) = K(a − b) (2.45) ³ ´ ıKd −ıKd ıkd ıKd −ıKd ıkd ae + be = De ; K ae − be = kDe . (2.46) Multiplizieren wir die linken Bedingungen (Stetigkeit der WK-Amplituden ϕ) mit K ein und addieren als auch subtrahieren die entstehenden Gleichungen in der oberen (2.45) als auch i.d. unteren Zeile (2.46) voneinander, wird man auf die Bedingungen (K − k)R + k + K = 2Ka (2.47) K − k + (K + k)R = 2Kb ıkd (k + K)De ıkd (K − k)De (2.48) ıKd (2.49) −ıKd (2.50) = 2Kae = 2Kbe geführt. Nun können die rechten Seiten von (2.47)-(2.50) eliminiert werden womit man erhält [K + k + R(K − k)]eıKd = (K + k)Deıkd −ıKd [K − k + R(K + k)]e ıkd = (K − k)De . (2.51) (2.52) Multipliziert man Gl. (2.51) mit (K − k) und (2.52) eliminiert man die rechten Seiten [K 2 − k 2 + R(K − k)2 ]eıKd = [K 2 − k 2 + R(K + k)2 ]e−ıKd (2.53) 2.1. EINDIMENSIONALE PROBLEME 97 und kann nach dem Reflexionskoeffizient R und dem Durchlaßkoeffizienten D auflösen (Übung): R = 2ı(K 2 − k 2 ) sin(Kd) (K + k)2 e−ıKd − (K − k)2 eıKd (2.54) D = 4kKe−ıkd (K + k)2 e−ıKd − (K − k)2 eıKd (2.55) die zusammen ebenfalls der Normierungsbedingung (2.38) genügen (nur hier ist D → T weil |A| → 1) muss: |R|2 + |D|2 = 1 . (2.56) (Diese Normierung sollte in einer Übung mit den Ausdrücken R und D gezeigt werden.) Man beachte, dass über die Definitionen (2.39) diese Wahrscheinlichkeiten in der Tat von der Potenzialhöhe U0 sowie der Energie des Teilchen über k und K abhängt. Tunneleffekt: Nun ist es Zeit zu unterstreichen, dass im Fall der Barriere K 2 = 2m(E − U0 )/~2 = (ıκ)2 < 0 gilt (κ – reell) – d.h. man hat es innerhalb der Barriere mit einer exponentiell abfallenden WK-Amplitude zu tun hat ϕII (x) = ½ a exp (−κx) für K = ıκ b exp (−κx) für K = −ıκ . (2.57) Dieser etwas komisch anmutende Ausdruck rührt von der Tatsache, dass ich K 2 < 0 sowohl mit K → ıκ all auch mit K → −ıκ erzuegen kann. Diese Alternativen eingesetzt in die Lösung (2.43), preferiert entweder den Zweig ∝ a oder den ∝ b. Exponentiell anwachsende Terme [exp(κx)] müssen aus physikalischen Gründen ausgeschlossen werden, denn es würden sonst mehr Teilchen die Barriere bei x = d verlassen, als bei x = 0 eintreten. Für den Tunnelkoeffizienten ist dann in dem Fall (K → ıκ) zu schreiben: |D|2 = 16k 2 κ2 |(k + ıκ)2 eκd − (k − ıκ)2 e−κd | 2 (2.58) 98 KAPITEL 2. STATIONÄRE ZUSTÄNDE Setzen wir niedrige Energien voraus, k 2 ≪ κ2 , d.h. wir können k in den Koeffizienten des Nenners von (2.58) schlicht vernachlässigen, erhält man 16k 2 exp(−2κd) . (2.59) κ2 p Erinnern wir uns an die Definition κ = 2m(U (x) − E)/~, bedeutet das, die Tunnel-WK fällt exponentiell √ mit der Breite der Barriere d sowie mit der Wurzel der Höhe derselben U0 . Man kann dieses Ergebnis auch für allgemeinere Potenzialschwellen U (x) als einer rechteckigen formulieren, vorausgesetzt, dass die Änderung von U lokal klein genug ist und die Wentzel-Kramers-Brillouin (WKB)-Methode angewendet werden kann. Der Kern dieser Näherung besteht in einem Ansatz für die WK-Amplitude |D|2 ≈ ϕ ≈ A(x) exp[ıP (x)] (2.60) |A′ |/|A| |P ′ | |A′′ |/|A| mit einer schwach veränderlichen Amplitude ≪ bzw. ≪ 2 ′ |P | sowie einer sich schnell ändernden Phase P (x). Gehen wir mit diesem Ansatz in die stationäre SGL (2.7) erhalten wir für den Realteil (in Übung nachvollziehen) ¡ ¢2 2m A′′ − A P ′ = 2 [U (x) − E] A = κ2 (x) A , (2.61) ~ womit man nach Vernachlässigung der Krümmung A′′ für die Phasenfunktion erhält dP = ı κ(x) dx , (2.62) oder für die Wellenfunktion ϕ ∝ exp [−Q(x)] , Q(x) = Zx dx′ κ(x′ ) . (2.63) x0 Im Tunnelverhältnis über die Breite der Schwelle x− < x < x+ (wo U > E gilt), welches durch das Verhältnis ϕ− /ϕ+ definiert ist, so dass der Tunnelkoeffizient die Gestalt annimmt |D|2 ∝ exp [−2G] G = Zx+ x− dx r 2m [U (x) − E] = ~2 mit dem Gamov-Faktor der Schwelle. Zx+ x− dx κ(x) (2.64) 2.1. EINDIMENSIONALE PROBLEME 2.1.4 99 Periodische Potenziale In Festkörpern – und vornehmlich bei Kristallen – haben wir es oft mit einer definierten regelmäßigen Anordnung von Atomen, Mölekülen zu tun, die modellhaft mit dem sogenannten Bravais-Gitter modelliert werden. Die regelmäßige Anordnung der den Kristall aufbauenden Objekte (Atome & Moleküle werden auf Punkte zusammengeschrumpft), werden über den Vektor ~ = n1 ~a1 + n2 ~a2 + n3 ~a3 R (2.65) beschrieben, wobei die ~ai die Basisvektoren (|~ai | = 6 1) der Einheitszelle und die ni ∈ G ganze Zahlen sind. Das sollte als Hintergrund nur erwähnt werden. Der Einfachheit halber wenden wir uns dem eindimensionalen Fall zu ~ → a), der aber die wesentlichen physikalischen Effekte schon in sich birgt. (R Das Potenzial soll periodisch sein U (x + a) = U (x) , (2.66) wobei hier die Periodenlänge/Wellenlänge mit a bezeichnet ist. Die wichtigs- 2.0 U(x) 1.5 1.0 0.5 0.0 -6 -4 -2 0 x 2 4 6 Abbildung 2.5: Als Beispiel für ein periodisches Potenzial: U (x) = cos(2x). te Beziehung, die wir in den folgenden Abschnitten über 2 Wege begründen, 100 KAPITEL 2. STATIONÄRE ZUSTÄNDE ist das Bloch-Theorem ϕ(x + na) = exp(ınKa) ϕ(x) ; ϕ(x) = vK (x) exp(ıKx) (2.67) wobei gelten muss: vK (x + a) = vK (x) . (2.68) Plausible Begründung: Wir werden zunächst auf plausiblem Weg (kein Beweisanspruch) die Beziehung ϕ(x + a) = λ ϕ(x) mit der komplexen Zahl λ ‘ und im nächsten Schritt zeigen wir, dass |λ| = 1 und λ = eıKa gelten müssen. Dazu setzen wir voraus, das für die SGL ein Fundamentalsystem von linear unabhängigen Lösungen ϕ1 (x) und ϕ2 (x) in der 1D-Elementarzelle x ∈ (0, a) existiere. Einschub: Fundamentalsystem und Wronski-Determinante: Gegeben sei eine homogene, gewöhnliche Dgl. ϕr (x) + cr−1 ϕr−1 (x) + ... + c1 ϕ′ (x) + c0 ϕ(x) = 0 . (2.69) Dann existieren r Lösungsfunktionen ϕν mit ν = 1, 2, ..., r. Diese r Funktionen bilden ein Fundamentalsystem linear unabhängiger Funktionen, d.h. die allgemeine Lösung von Gl. (2.69) kann mit diesem Satz Funktionen konstruiert werden ϕ(x) = A1 ϕ1 + A2 ϕ2 + ... + Ar ϕr , wenn die Wronski-Determinante ¯ ¯ ϕ1 ¯ ¯ ϕ′1 ¯ D(x) = ¯ .. ¯ . ¯ (r−1) ¯ ϕ 1 nicht verschwindet: ¯ ··· ϕr ¯¯ ··· ϕ′r ¯¯ .. ¯ 6= 0 . ¯ ··· . ¯ (r−1) ¯ · · · ϕr (2.70) (2.71) Im Falle der stationären SGL liegt ein Dgl. zweiter Ordnung vor, dessen Fundamentalsystem mit den beiden Funktionen, ϕ1 und ϕ2 , gegeben sei, wobei die Wronski-Determinante lautet: D(x) = ϕ1 (x) ϕ′2 (x) − ϕ′1 (x)ϕ2 (x) = D(x + a) = const. 6= 0 .(2.72) 2.1. EINDIMENSIONALE PROBLEME 101 Die Konstanz der Wronski-Determinante ist in einer Übung mit Hilfe der SGL. zu zeigen. Zurück zur plausiblen Begründung des Bloch-Theorems. Mit diesem Fundamentalsystem kann man weitere Lösungen generieren, z.B. setzen wir an, dass Fundamentalsystem auf Nachbarperioden durch Linearkombination · ¶ · ¸ µ ¸ ϕ1 (x + a) ϕ1 (x) c11 c12 · (2.73) = ϕ2 (x + a) c21 c22 ϕ2 (x) {z } | Matrix: Ĉ erweiterbar sei. Nun bilde ich durch Linearkombination des Fundamentalsystems eine neue Funktion v(x) = A ϕ1 (x) + B ϕ2 (x) (2.74) für die wir untersuchen, unter welchen Bedingungen die Forderung Gültigkeit hat v(x + a) = λ v(x) , (2.75) und welche Werte λ dabei haben muss. Setze ich die Gln. (2.73) & (2.74) in (2.75) ein, erhalte ich v(x + a) = A ϕ1 (x + a) + B ϕ2 (x + a) = = [Ac11 + Bc21 ] ϕ1 (x) + [Ac21 + Bc22 ] ϕ2 (x) = λ(A ϕ1 (x) + B ϕ2 (x)) = λ v(x) . (2.76) Koeffizientenvergleich bzgl. der Funktionen ϕ1/2 (x) in der ersten Elementarzelle [x ∈ (0, a), 2. und 3. Zeile in Gl. (2.76)] führt auf folgendes EWP/Gleichungssystem für A & B ´ µ A ¶ ³ (2.77) Ĉ − λ Î · B ´ ³ welches nur nichttriviale Lösungen hat wenn Det Ĉ − λ Î = 0 erfüllt ist. Das führt auf zwei charakteristische Eigenwerte λ1 und λ2 mit dazugehörigem Fundamentalsystem v1 (x) und v2 (x), die beide die Bedingung (2.75) befriedigen sollen. Übung: Man zeige, dass unter Voraussetzung ϕ1 und ϕ2 102 KAPITEL 2. STATIONÄRE ZUSTÄNDE sei Fundamentalsystem auch v1/2 eines sein muss!. Zusammen mit der Ortsunabhängigkeit der Wronski-Determinante, D(x + a) = D(x), (ebenfalls in Übung zu zeigen) für Fundamentalsysteme der SGL, ergibt sich dann mit Gl. (2.75) D(v) (x + a) = v1 (x + a)v2′ (x + a) − v1′ (x + a)v2 (x + a) = λ1 λ2 D(v) (x) (2.78) . Nun folgt wegen der Konstanz der Wronski-Determinante im Fall der SGL direkt, dass für die komplexen Konstanten gelten muss |λ1 | |λ2 | ≡ 1 . (2.79) Nun bliebe noch die Möglichkeit, dass gelte |λi | = 6 1, was allerdings bedeutete, dass einer der beiden Faktoren λi > 1 sein muss, was mit der Erweiterung von Gl. (2.75) (d.h. Mehrfachanwendung der Translation), vi (x + na) = λni vi (x), unmittelbar zur Divergenz der WK-Amplituden führen würde – also zu unphysikalischen Lösungen. Deshalb muss gelten |λ1 | = |λ2 | ≡ 1 , (2.80) woraus wiederum sofort folgt λ1/2 = exp(±ıKa) . (2.81) Damit wurde die Behauptung (2.68) plausibel begründet. Beweis mit Hilfe des Translationsoperators Es ist möglich, das Bloch-Theorem wesentlich weniger gestelzt“ zu bewei” sen, wenn man die Scheu, mit Operatoren zu hantieren, beiseite schiebt. Letztlich läuft es wieder auf das Gleiche wie im letzten Unterabschnitt hinaus – welche Eigenschaften können wir den Faktoren λ, die wir hier als Ew’s des Translationsoperators als C(a) bezeichnen, zuschreiben. Wir haben in der Übung schon den eindimensionalen Translationsoperator T̂a kennen gelernt, dessen allgemeine Wirkung in einem 3D-Gitter wie folgt formuliert werden kann ~ , T̂R~ ϕ(~r) = ϕ(~r + R) (2.82) ~ der Vektor (2.65) in einem Bravais-Gitter Modell gemeint ist. wobei mit R Er sollte alle Gittersymmetrien berücksichtigen. 2.1. EINDIMENSIONALE PROBLEME 103 Wie gesagt, hier beschränken wir uns auf den einfachen 1D-Fall, der allerdings für unsere Zwecke völlig ausreicht. Da reduziert sich Gl. (2.82) auf T̂a ϕ(x) = ϕ(x + a) . (2.83) Zusammen mit der Periodizität des Hamiltonian Ĥ(p̂, x) = Ĥ(p̂, x + a), denn das Potenzial U (x) ist ja voraussetzungsgemäß periodisch, kann man finden T̂a Ĥ(x) ϕ(x) = Ĥ(x + a) ϕ(x + a) = Ĥ(x) ϕ(x + a) = Ĥ(x) T̂a ϕ(x) (2.84) , woraus man haarscharf ableitet: i h T̂a , Ĥ = 0 . (2.85) Nun kommt das schon Gelernte zur Anwendung: wir wissen, dass wegen Relation (2.85) sowohl T̂a als auch Ĥ den gleichen Satz EF’s besitzen, d.h. Ĥ ϕ = E ϕ ; T̂a ϕ = C(a) ϕ , (2.86) wobei die Eigenwerten natürlich verschieden sind – wie wir gleich sehen werden. Mithin gilt für Mehrfachanwendung der Translation T̂a T̂a ϕ(x) = C(a) C(a) ϕ(x) = ϕ(x + a + a) . (2.87) Andererseits leuchtet sofort ein, dass man die Mehrfachausführung als Folge eines neuen Translationsoperators sehen kann, für den gilt T̂a+a ϕ(x) = C(a + a) ϕ(x) = C(a) C(a) ϕ(x) , (2.88) wobei die Operatorgleichungen (2.87) & (2.88) die gleiche Aktion bewirken. Aus beiden letzten Gleichungen kann man sofort für die Ew’s des Translationsoperators schließen C(a + a) = C(a) C(a) . (2.89) Verallgemeinert man diese Beziehung auf beliebig viele Anwendungen von T̂a erhält man ϕ(x + na) = [C(a)]n ϕ(x) . (2.90) Wieder sticht deshalb das Argument, dass |C(a)| = 1 (2.91) 104 KAPITEL 2. STATIONÄRE ZUSTÄNDE sein muss, um eine Divergenz der WK-Amplituden zu verhindern. Es folgt wieder, dass die Eigenwerte C(a) = λ(a) die Form haben müssen C(a) = exp(±ıKa) . (2.92) In Kürze werden wir zeigen, welchen Bedingungen dieser Eigenwert unterliegt! ~ das reziproke Gitter, für deren In 3D repräsentiert der Ausbreitungsvektor K ~ Grundvektoren bi ; i = 1, 2, 3 der Elementarzelle (Brillion-Zone) gelten muss: ~bi~aj = 2πδij . Die oben angegebene Bedingung steht für ein lineares Gitter. Mit der Beziehung (2.92) ist wiederum die Gültigkeit des Blochschen Theorems (2.67) für n = 1 gezeigt. Energiebänder Zunächst werden wir unabhängig von der konkreten Form des periodischen Potenzials U (x) mit Hilfe des Bloch-Theorems das Spektrum der Energieeigenwerte E diskutieren. Wir werden zeigen, dass sich weder ein diskretes noch durchgehend kontinuierliches Spektrum der Energien ausbildet, sondern verbotene und erlaubte Energiebereiche existieren. Innerhalb der gestatteten Bänder kann jeder Energiewert E angenommen werden. Gegeben sei ein Fundamentalsystem u1 (x) und u2 (x) (mit x ∈ (0, a]) der Lösungen der SGL für ein beliebiges periodisches Potenzial U (x). Gesucht sind die zulässigen Energiebänder sowie die dazugehörigen Eigenlösungen, die wir aus dem Fundamentalsystem mit Hilfe des Bloch-Theorems, auch für benachbarte Gitterzellen x ∈ (na, (n ± 1)a] (n ∈ G, n 6= 0), konstruieren ϕ(x) = A u1 (x) + B u2 (x) ; ϕ(x + a) = exp(ıKa) ϕ(x) . (2.93) Wegen der Translationssymmetrie kann die rechte Gleichung auch geschrieben werden ϕ(x) = exp(ıKa) ϕ(x − a) = exp(ıKa) {A u1 (x − a) + B u2 (x − a)} ; x ∈ (a, 2a](2.94) — und man muss auch auf die Argumente des Fundamentalsystems u1/2 in der Elementarzelle x ∈ (0, a] zurückgreifen, denn nur dort sind die Basisfunktionen definiert. Nun wenden wir wieder das bekannte Prozedere an: die Funktion und deren Ableitung müssen an der Stelle x = a stetig, d.h. es muss gelten A u1 (a) + B u2 (a) = exp(ıKa) (A u1 (0) + B u2 (0)) ¢ ¡ A u′1 (a) + B u′2 (a) = exp(ıKa) A u′1 (0) + B u′2 (0) , (2.95) (2.96) 2.1. EINDIMENSIONALE PROBLEME 105 womit wir ein lineares Gleichungssystem µ c11 c21 c21 c22 ¶ µ ¶ A · = 0 B (2.97) in den Konstanten A und B vorliegen haben. Um nichttriviale Lösungen für die Konstanten zu erhalten, muss die Koeffizientendeterminante verschwinden ¯ ¯ ¯ u1 (a) − eıKa u1 (0) h i u2 (a) − eıKa u2 (0) ¯¯ ¯ Det Ĉ = ¯ ¯ = 0 . (2.98) ¯ u′ (a) − eıKa u′ (0) u′ (a) − eıKa u′ (0) ¯ 1 1 2 2 Auswertung der Determinante (in Übung ausrechnen) ergibt cos[Ka] = [u1 (0)u′2 (a) + u1 (a)u′2 (0)] − [u2 (0)u′1 (a) + u2 (a)u′1 (0)] = F (E) (2.99) 2D(x) die energieabhängige Funktion F (E), die sehr wohl alle möglichen Werte annehmen kann. D(x) = u1 u′2 −u′1 u2 6= 0 ist wieder die Wronski-Determinante, die nicht vom Ort abhängt. 2 F(E) 1 0 -1 -2 0 2 4 6 E 8 10 12 Abbildung 2.6: Illustration der erlaubten und unerlaubten Energiebänder. 106 KAPITEL 2. STATIONÄRE ZUSTÄNDE Die linke Seite von Gl. (2.99) begrenzt allerdings die Werte auf den Bereich |F (E)| ≤ 1 . (2.100) Erlaubte Energiewerte E erfüllen die Bedingung (2.100) und formen die schon erwähnten Energiebänder – Bereiche kontinuierlich verteilter Eigenwerte. In Abbildung 2.6 ist das illustriert, wie das mit den erlaubten und verbotenen Bänder zu verstehen sind. Natürlich ist das nur eine schematische Darstellung, denn im nächsten Abschnitt wird das deutlich, wo wir ein konkretes Beispiel untersuchen — das periodische Kastenpotenzial. Beispiel: Periodisches Kastenpotenzial In Abbildung 2.7 ist das im Folgenden zu disktierende Potenzial ½ 0 für nl ≤ x ≤ nl + a U (x) = U0 für nl − b ≤ x ≤ nl (2.101) mit der Periode l = a + b (! Achtung ! bisher war die Periode a – nicht verwechseln). Wie schon bei dem einzelnen Kasten führen wir wieder folgende E U (x) l=a+b U0 E −b 0 a x Abbildung 2.7: Schematische Darstellung des Beispiel-Potenzials U (x). Abkürzungen ein k2 = 2m 2m E ; κ2 = 2 (U0 − E) 2 ~ ~ (2.102) 2.1. EINDIMENSIONALE PROBLEME 107 wobei beide Fälle: U0 > E als auch U0 ≤ E relevant sind. Im letzteren Fall ersetzten wir wieder κ = ıσ, also eine imaginäre Einheit muss als Faktor noch Berücksichtigung finden Zunächst berechnen wir die Lösungen der SGL für die Elementarzelle, d.h. für −b ≤ x < a, um dann diese mittels Bloch-Theorem auf den Rest“ des ” Raumes zu erstrecken. Die Lösungen in der Elementarzelle lauten ½ A1 eκx + B1 e−κx f. − b ≤ x < 0 (2.103) ϕ(x) = A2 eıkx + B2 e−ıkx f. 0 ≤ x < a Mit dem Bloch- Theorem sind wir in der Lage die Beiträge aus der Nachbarzelle zu benennen ½ ıKl e (A1 eκ(x−l) + B1 e−κ(x−l) ) f. x ∈ (a, l) ϕ(x) = (2.104) eıKl (A2 eık(x−l) + B2 e−ık(x−l) ) f. x ∈ (l, l + a) . Genau wie in den anderen Fällen müssen wir Stetigkeit von ϕ und ϕ′ innerhalb der Elementarzelle ϕ(0) : ϕ′ (0) : A1 + B1 = A2 + B2 κ(A1 − B1 ) = ık(A2 − B2 ) (2.105) sowie am Übergang von der Elementarzelle (n = 0) zur benachbarten n = 1 bei x = a ³ ´ A2 eıka + B2 e−ıka = eıKl A1 e−κb + B1 eκb ³ ´ ³ ´ ık A2 eıka − B2 e−ıka = κ eıKl A1 e−κb − B1 eκb (2.106) fordern. Wieder formen die Gleichungen (2.105) & (2.106) ein homogenes, lineares Gleichungssystem für die 4 Konstanten A1/2 und B1/2 , deren Koeffizientendeterminante verschwinden muss: ¯ ¯ ¯ 1 1 −1 −1 ¯¯ ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ κ −κ −ık ık ¯ ¯ (2.107) ¯ = 0 . ¯ ıKl−κb ıKl+κb ıka −ıka ¯ ¯ e e −e e ¯ ¯ ¯ ¯ ıKl−κb ¯ κe −κeıKl+κb −ıkeıka ıke−ıka ¯ um nicht-triviale Lösungen zu liefern. 108 KAPITEL 2. STATIONÄRE ZUSTÄNDE Die Auswertung der Determinante (2.107) ergibt für E < U0 die gesuchte Bedingung für den Ausbreitungsvektor K cos Kl = cos(ka) cosh(κb) + κ2 − k 2 sin(ka) sinh(κb) = F (E)(2.108) 2κk und für E ≥ U0 σ2 + k2 sin(ka) sin(σb) = F (E) . (2.109) 2σk Abbildung 2.8 zeigt dieses Beispiel für den Fall E < U0 , wobei das Verhältnis a/b = 30 gewählt wurde. Hier ist nun für einen konkreten Fall das Wirken eines periodischen Potenzials sichtbar. cos Kl = cos(ka) cos(σb) − 4 1.5 1.0 2 F(E) F(E) 0.5 0 0.0 -0.5 -2 -1.0 -4 0.0 0.2 0.4 0.6 E 0.8 1.0 -1.5 0.0 0.5 1.0 1.5 E 2.0 2.5 3.0 Abbildung 2.8: Die Bänderstruktur des Kasten-Potenzials (2.101) für das geometrische Verhältnis a/b = 30. Links: Die Bänder für Energien, die kleiner als U0 = 1 sind; Rechts: Gleiches für Energien E ≥ U0 = 1. Für die Breite der Barriere ist b = 1 gesetzt und die Energieeinheit ist als ~ω = 1 gesetzt, d.h. wir haben willkürliche Skalierungen für die Energien und auch für die Längenskalen ξ = x für diesen Plot gewählt. Die Größe des Potenzials U0 ist durch die dünne vertikale Linie markiert. Die verbotenen Bereiche kann man an den abgeschnittenen Bereichen der sonst glatten Funktion F (E) erkennen. Durch dünne gestrichelte Linien sind die abgeschnittenen, d.h. verbotenen Energiebereiche gekennzeichnet. Man erkennt auch, dass hin zu höheren Energien die verbotenen Zonen immer schmaler und spärlicher werden, bis jenseits von E > 3 nahezu Verhältnisse freier Teilchen vorliegen. 2.1. EINDIMENSIONALE PROBLEME 2.1.5 109 Der harmonische Oszillator Das klassische Pendant ist mit dem Federschwinger, mit der Federkraft F = −kx, gegeben. Die Bewegungsgleichung dafür lautet simpel mẍ + k x = mẍ + m ω 2 x = 0 (2.110) p k/m des Masse-Feder Elements. Die pomit der Eigenfrequenz ω = tenzielle Energie integrieren wir leicht mittels Leistungssatz, indem wir Gl. (2.110) mit ẋ multiplizieren und formen die entstandene Gleichung geeignet um ½ ¾ 1 d m 2 2 2 = 0 , (2.111) ẋ + mω x mẍẋ + mω xẋ = dt 2 2 erkennen, dass der Ausdruck in der geschweiften Klammer die konstante Energie ist. Das Potenzial lautet U (x) = 1 mω 2 x2 2 (2.112) und bildet das Zentrum, um das sich alles in diesem Kapitel rankt. Auch dieses Potenzial hat nur Modellcharakter, jedoch sind Potenzialmulden mit einem lokalen Minimum bei x0 (siehe Abb. 2.9) über eine Entwicklung um dieses Minimum ¯ ¯ 1 U (x) = U (x0 ) + U ′ ¯x=x0 (x − x0 ) + U ′′ ¯x=x0 (x − x0 )2 + ...+(2.113) 2 modellierbar. Der erste Term auf der rechten Seite spielt als Konstante keine Rolle für den Kraftterm F = −∂x U , der 2. Term verschwindet, da es sich um ein Minimum handelt U ′ = 0. Der erste Term, der in dieser Entwicklung (2.113) wirklich zu Buche schlägt, ist der quadratische – er ist somit die erste Näherung für das Potenzial nahe der Mulde. Mit diesem Potenzial lautet die stationäre SGL des harmonischen Oszillators ½ − 1 ~ d2 + m ω 2 x2 2m dx2 2 ¾ ϕ = Eϕ . (2.114) Hier liegt das erste Mal der Fall (A) unserer qualitativen Betrachtungen vom Anfang des Kapitels vor, eine unendlich ausgedehnte Potenzialmulde (U → ∞ für |x| → ∞), in dessen Resultat ein diskretes Spektrum und ein vollständiges Orthonormalsystem für die EF’s zu erwarten ist. 110 KAPITEL 2. STATIONÄRE ZUSTÄNDE U (x) U (x) = 12 m!2x2 x Abbildung 2.9: Entwicklung eines Realpotenzials in der Nähe eines lokalen Minimums bei x = x0 . Der quadratische Term der Entwicklung ist durch die gestrichelte Kurve gekennzeichnet. Bevor wir die landläufige analytische Methode der Lösung der Gleichung (2.114) vorstellen, werden wir uns selbst das Vergnügen bereiten, einen extrem cleveren algebraischen Lösungsweg vorzustellen, bei dem wir, ohne auch nur eine Differenzialgleichung (näherungsweise) lösen zu müssen, die Lösung recht einfach und verständlich mit einem Operatorformalismus ( Leiteroperatoren“) konstruieren. ” Die algebraische Lösungsmethode In Operatorschreibweise lautet Gleichung (2.114) Ĥ ϕ = ª 1 © 2 p̂ + (mωx)2 ϕ = E ϕ 2m (2.115) und die Aufgabe besteht nun darin, den Hamiltonian zu faktorisieren. Stünden in den geschweiften Klammern gewöhnliche Zahlen α2 + β 2 , wäre ein Faktorisierung kein Problem mit z = α + ıβ und man hätte α2 + β 2 = z ∗ z. ABER: in Gl. (2.115) haben wir es mit Operatoren zu tun, d.h. Zahlen – 2.1. EINDIMENSIONALE PROBLEME 111 hier Realteil und Imaginärteil der komplexen Zahl z – sind kommutativ, Operatoren sind es nicht notwendiger Weise. Und gerade die Operatoren in der Klammer (2.115), x und p̂ = −ı~∂x , vertauschen nicht: [p̂, x] = p̂x − xp̂ = ~ ; [x, p̂] = ı~ ı . (2.116) Trotz dieser Nicht-Vertauschung starten wir einen Faktorisierungsversuch zur Darstellung von Ĥ über die Einführung der sogenannten Leiteropera” toren“ â± = √ 1 {mωx ∓ ıp̂} . 2~mω (2.117) Wir bilden das Operatorprodukt â− â+ = = = 1 2m~ω 1 2m~ω Ĥ + ~ω (mωx + ıp̂) (mωx − ıp̂) © p̂2 + (mωx)2 + ımω[p̂, x] ı 1 Ĥ [p̂, x] = + . 2~ ~ω 2 ª (2.118) Vertauscht man die Reihenfolge der Leiteroperatoren, erhält man â+ â− = Ĥ 1 − . ~ω 2 (2.119) Damit kann man sofort die Kommutatoren für die Leiteroperatoren“ auf” schreiben [â− , â+ ] = 1 ; [â+ , â− ] = − 1 (2.120) oder auch â− â+ = â+ â− + 1 (2.121) – letztere Beziehung werden gleich brauchen! Mit den Ausdrücken (2.118) & (2.119) kann man für den Hamilton-Operator schreiben ¾ ½ ¾ ½ 1 1 = ~ω â− â+ − , (2.122) Ĥ = ~ω â+ â− + 2 2 so dass die SGL schließlich lautet ½ ¾ 1 ~ω â± â∓ ± = Eϕ . 2 (2.123) 112 KAPITEL 2. STATIONÄRE ZUSTÄNDE Nun kommt der entscheidende Schritt: Behauptung: Es gelte Ĥϕ = E ϕ dann gelten auch folgende Relationen Ĥ (â+ ϕ) = (E + ~ω) (â+ ϕ) (2.124) Ĥ (â− ϕ) = (E − ~ω) (â− ϕ) . (2.125) Beweis: Wir führen denselben für die Gl. (2.124), das Gleiche für (2.125) sei einer Übung vorbehalten. Ĥ (â+ ϕ) = = = = ½ ¾ 1 ~ω â+ â− + (â+ ϕ) = 2 ¾ ½ ½ ¾ 1 1 ~ω â+ â− â+ + â+ ϕ = â+ ~ω â− â+ + ϕ 2 2 ¾ ½ o n 1 ϕ = â+ Ĥ + ~ω ϕ â+ ~ω â+ â− + 1 + 2 â+ (E + ~ω) ϕ = (E + ~ω) (â+ ϕ) ; QED . Mit den Gln. (2.124) & (2.125) haben wir ein vorzügliches Instrument an der Hand, Lösungen zu generieren, â± ϕn = C ϕn±1 (C – beliebige Konstante), denn Ĥ (â± ϕ) = (E ± ~ω) (â± ϕ) oder anders Ĥ [(â+ )n ϕ0 ] = (E0 + n~ω) [(â+ )n ϕ0 ] vorausgesetzt man hat einen Anfang. Nun gibt es aber ein Problem mit der beliebigen Anwendung von â− , man kann nicht in negative Energiebereiche vordringen: es gilt U (x) ≥ 0. Man kommt dann in Regionen, wo man nicht normierbare Funktionen erhält – entweder divergiert hn|ni oder es ist â− |ni = 0. Letzteres ist der Fall, wie wir auch im nächsten Abschnitt mit der analytischen Methode untermauern werden! Ist dem so, dann muss diese unterste Leiterstufen“-Funktion folgende Operatorgleichung erfüllen ” ¾ ½ d + mωx ϕ0 0 = â− ϕ0 = (2mπ~ω)−1/2 ~ dx r ~ ³ ′ mωx ´ ⇒ (2.126) ϕ0 = 0 ϕ0 (x) + 2mω ~ 2.1. EINDIMENSIONALE PROBLEME 113 und die runde Klammer muss verschwinden, also erhält man die Lösung einfach integriert n mω o x2 . (2.127) ϕ0 (x) = A exp − 2~ Wie immer liefert uns die Normierung die Konstante A und damit die vollständige Grundlösung 1 = |A| 2 Z∞ −∞ ϕ0 = r n mω o π~ 2 2 dx exp − x = |A| ~ mω (2.128) ³ mω ´1/4 (2.129) π~ n mω o exp − x2 . 2~ Nun kann man in einer einfachen Übung mittels Gl. (2.124) die nächst höhere Stufe erklommen werden. Aber zunächst leiten wir Nullpunktsenergie E0 her ½ ¾ 1 1 Ĥ ϕ0 = ~ω â+ â− + ϕ0 = ~ω ϕ0 = E0 ϕ0 (2.130) 2 2 wobei wir verwendet haben, dass â− ϕ0 = 0. Somit lautet der niedrigste Energie-Ew E0 = 1 ~ω 2 und die Energie-Ew’s allgemein: ½ ¾ 1 En = n+ ~ω 2 (2.131) . (2.132) Die dazu gehörigen EF’s kann man bis auf eine Konstante auch schon formulieren ϕn = An [aˆ+ ]n ϕ0 , (2.133) allerdings müssen die Konstanten An noch benannt werden. Und die gewinnen wir, wie soll es anders sein, wieder über die Normierung unserer Funktionen. Bis jetzt wissen wir aˆ+ ϕn = cn ϕn+1 ; aˆ− ϕn = dn ϕn−1 114 KAPITEL 2. STATIONÄRE ZUSTÄNDE und die Frage ist, wie die cn und dn aussehen. Behauptung: Es gilt für beliebige Funktionen f und g Z∞ dx f ∗ (â± g) = −∞ Z∞ dx (â∓ f )∗ g , −∞ d.h. der adjungierte Operator ist ↱ = â∓ , (2.134) ⇒ NICHT hermitesch (man achte auf die Vorzeichenindizes). Beweis: Z∞ −∞ 1 dx f (â± g) = √ 2m~ω = √ ∗ 1 2m~ω Z∞ −∞ Z∞ −∞ ¶ µ d g = dx f m~ω ∓ ~ dx ∗ ·µ ¶ ¸∗ Z∞ d dx m~ω ± ~ f g = dx (â± f )∗ g dx QED −∞ (Tipp: partielle Intergration!) Somit kann man dann speziell für die Normierung der Funktion ϕn±1 schreiben Z∞ −∞ ∗ dx (â± ϕn ) (â± ϕn ) = Z∞ dx (â∓ â± ϕn )∗ ϕn (2.135) −∞ und in Erinnerung an die SGL (2.123): ¶ µ ¶ µ 1 1 ϕn = n+ ~ω ϕn ~ω â∓ â± ∓ 2 2 womit man leicht nach Umstellen die Eigenwerte für die Kombi-Operatoren â± â∓ findet: â+ â− ϕn = n ϕn â− â+ ϕn = (n + 1) ϕn (2.136) . (2.137) 2.1. EINDIMENSIONALE PROBLEME 115 Damit kann man für die Integrale (2.135) schreiben, zum einen hn + 1|n + 1i = Z∞ ∗ dx (â+ ϕn ) (â+ ϕn ) = −∞ Z∞ dx (â− â+ ϕn )∗ ϕn −∞ = (n + 1) hn|ni , (2.138) sowie zum anderen hn − 1|n − 1i = Z∞ dx (â− ϕn )∗ (â− ϕn ) = −∞ Z∞ dx (â+ â− ϕn )∗ ϕn −∞ = n hn|ni . (2.139) Damit können wir für die gesuchten Konstanten unmittelbar schreiben |cn |2 = n + 1 ; |dn |2 = n (2.140) und findet die Formeln für die einmalige Anwendung der Leiter“-Operatoren ” √ √ (2.141) â+ ϕn = n + 1 ϕn+1 ; â− ϕn = n ϕn−1 . In induktiver Weise können wir uns nun die Leiter“ hocharbeiten: ϕ1 = ” â+ ϕ0 ; ϕ2 = (2)−1/2 (â+ )2 ϕ0 ; ϕ3 = (2 · 3)−1/2 (â+ )3 ϕ0 und damit lautet die allgemeine Rekursionsformel (Übung: Beweis durch vollständige Induktion): ϕ0 = h mω i1/4 π~ n mω o 1 exp − x2 ; ϕn = √ (â+ )n ϕ0 2~ n! (2.142) mit den dazugehörigen Ew’s En µ ¶ 1 = n+ ~ω . 2 (2.143) Ohne auch nur eine Differenzialgleichung gelöst zu haben (von der direkten Integration von ϕ0 kann man getrost absehen) haben wir also das Problem des harmonischen Oszillators in teuflisch cleverer Weise gelöst!! Die ersten 3 Eigenfunktionen inklusive das Potenzials U (x) = 0.5mω 2 x2 sind in Abb. 2.10 dargestellt. 116 KAPITEL 2. STATIONÄRE ZUSTÄNDE Eigenfunktionen 4 3 2 1 0 -4 -2 0 x 2 4 Abbildung 2.10: Die ersten drei EF’s, ϕ0 , ϕ1 , ϕ2 , des harmonischen Oszillators (gestrichelte Linie) sowie das Potenzial für die artifiziellen Werte m = ~ = ω = 1. Die drei Energieeigenwerte (En = (n + 1/2) für n = 0, 1, 2) sind als dünne horizontale Linien dargestellt. Die analytische Methode Die SGL (2.114) für den 1D-harmonischen Oszillator kann mit Einführung dimensionsloser Länge und Energie r mω 2E ξ = x· ; ε = (2.144) ~ ~ω geschrieben werden ½ ¾ ¡ ¢ d2 2 ϕ = 0 + ε−ξ dξ 2 . (2.145) Natürlich muss die WK-Amplitude ϕ wie in allen anderen Fällen normierbar sein hϕ|ϕi ≡ 1, was bedeutet, dass ϕ → 0 für |ξ| → ∞. Gleichung (2.145) reduziert sich in diesem asymptotischen Fall, E ≪ U (ξ) und ε → 0, auf d2 ϕ = ξ2 ϕ . dξ 2 (2.146) 2.1. EINDIMENSIONALE PROBLEME 117 Eine Näherungslösung von (2.146) lautet ϕ(x) ≈ exp (±ξ 2 /2), wie durch einsetzen in die Dgl. (2.146) leicht geprüft werden kann: d2 [exp (±ξ 2 /2)]/dx2 = (ξ 2 ± 1) exp (±ξ 2 /2). Die Eins auf der rechten Seite ist im Fall von |ξ| → ∞ vernachlässigbar, so dass die Dgl. (2.146) sehr gut erfüllt ist. Für eine normierbare Lösung ϕ kommt nur der asymptotische Faktor exp(−ξ 2 /2) in Frage, da die Alternative divergiert. Mit diesem Faktor bietet sich der Separationsansatz ½ 2¾ ξ (2.147) ϕ = u(ξ) · exp − 2 an, der, eingesetzt in Dgl. (2.146), auf die gewöhnliche Differenzialgleichung u′′ (ξ) − 2 ξ u′ (x) + (ε − 1) u(ξ) = 0 . (2.148) Bemerkung: Setzt man (ε − 1) = 2 n erhält man die charakteristische Differenzialgleichung für die hermitieschen Polynome. Doch zurück, diese Polynomlösungen erhält man über den Potenzreihenansatz u(ξ) = ∞ X cν ξ ν , (2.149) ν=0 der, eingesetzt in die Dgl. (2.148), nach Indexverschiebung folgende Summe ergibt ∞ X ν=0 ξ ν {(ν + 2)(ν + 1) cν+2 − [2 ν + 1 − ε] cν } = 0 . (2.150) Jeder der Summanden der Summe (2.150) muss dann einzeln verschwinden, d.h. die geschweifte Klammer muss sich zu Null ergeben und wir erhalten die wichtige Rekursionsformel cν+2 2ν + 1 − ε = cν (ν + 2)(ν + 1) . (2.151) ABER: Die Lösung (2.149) zeigt jedoch das asymptotische Verhalten der Funktion ∞ ∞ X X ξ 2µ aν ξ ν = exp(ξ ) = µ! 2 µ=0 ν=0 (2.152) 118 KAPITEL 2. STATIONÄRE ZUSTÄNDE wie man relativ leicht an der Gleichheit des asymptostischen Verhaltens der Koeffizientenverhältnisse aν+2 /aν = cν+2 /cν → 2/ν. Anhand der Rekursionsformel (2.151) kann man dieses Verhältnis schnell überprüfen. Der Nachweis im Falle der Koeffizienten aν etwas schwerer zu führen. Zwei aufeinanderfolgende Summanden der Reihe (2.152) mit den Koeffizienten a2µ unda2µ+2 kann man schreiben +... + ξ 2µ+2 ξν ξ ν+2 ξ 2µ + + ... + = + ... + + + ...+ µ! (µ + 1)! (ν/2)! (ν/2 + 1)! womit man durch Vergleich erhält: a2µ = aν = 1/(ν/2)! und a2µ+2 = aν+2 = 1/(ν/2 + 1)!. Man beachte, dass von folgender Substitution Gebrauch gemacht wurde: ν = 2µ. Mit der obigen Gegenüberstellung kann man sofort schreiben aν+2 (ν/2)! 1 2 = = → aν (ν/2 + 1)! ν/2 + 1 ν – das gleiche Verhältnis wie bei der asymptotischen Rekursionsformel (2.151). Aber wozu die ganze Algebra-Gymnastik? Nun, daher weiss man, dass die Reihe (2.149) keine normierbare Funktions ist und deshalb als WKAmplitude nicht taugt. Aber wieder können wir über die Werte der Energie ε ∝ E frei verfügen, wie auch schon in den anderen vorangegangenen Beispiele gebundener Zustände. Wenn man nämlich fordert, dass für ein bestimmtes ν = n gelten muss cn+2 = 2n + 1 − ε = 0 cn (2.153) womit der Abbruch Reihe gesichert ist und man als Folge ein hermitesches Polynom Hn (ξ) erhält. Die Eigenwerte gewinnt man direkt aus Relation (2.153) ε = 2En = 2n + 1 ~ω womit man nach Umstellen sofort erhält µ ¶ 1 En = ~ω n + 2 (2.154) , (2.155) genau wie im Fall der Erzeugungs- u. Vernichtungsoperatoren: â+ und â− ( Leiteroperatoren“). Mit der Rekursionsvorschrift (2.151) und zwei An” fangskoeffizienten c0 und c1 kann man die einzelnen Polynome Hn (ξ) erzeugen. 2.1. EINDIMENSIONALE PROBLEME Die Eigenfunktionen lauten natürlich genau wie Operatorfall r µ 2¶ 1 ³ mω ´1/4 ξ exp − Hn (ξ) . ϕn (ξ) = 2n n! π~ 2 119 (2.156) Damit haben wir einen sehr wichtigen Modellfall der Quantenmechanik auf zwei alternativen Wegen gelöst. Wir haben auch schon beim Planckschen Strahlungsgesetz Anleihen davon aufgenommen. 2.1.6 Näherungsverfahren – Störungsrechnung # 1 In vielen (den meisten) Fällen sind die Lösungen En und |ni der stationären SGL Ĥ|ni = En |ni nicht bekannt. In diesen Fällen ist man auf Näherungen angewiesen, von denen wir hier die Variationsmethoden andeuten und – in diesem ersten Abschnitt zur Behandlung von Störungen – die Störungstheorie nicht entarteter Niveaus etwas ausführliche beleuchten. Im Folgenden wollen wir uns, der Einfachheit halber (aber ohne Einschränkung der Allgemeinheit), nur auf diskrete, nicht-entartete Spektren konzentrieren. Von den Diskussionen der Eigenschaften hermitischer Operatoren, wissen wir dass deren Eigenfunktionen ein vollständiges, orthonormiertes Funktionensystem bilden und dass deren Eigenwerte stets reell sind. Eine weitere Eigenschaft wollen wir hier noch hinzufügen, die als Grundlage für die Näherung der Eigenwerte E und verwandter Variationsverfahren dient. Extremaleigenschaften/Variationsverfahren Wir werden zeigen, dass im Vergleich verschiedener genäherter Zustände χ = φn + δφ = |ni + δφ , als Repräsentation der unbekannten Eigenfunktionen |ni ≡ φn , der zu Ĥ gehörige Erwartungswert Ē = hχ|Ĥ|χi hχ|χi (2.157) ein Extremum annimmt, wenn man der gesuchten Eigenfunktion beliebig nahe kommt: χ → φn . 120 KAPITEL 2. STATIONÄRE ZUSTÄNDE Um das Extremum von (2.157) zu zeigen, bilden wir die Variation δE in Abhängigkeit der liinearen Ordnung der Variation δφ unserer Testzustände: δE = Ē − En = hn|Ĥ|ni hχ|Ĥ|χi − hχ|χi hn|ni = hn|Ĥ|ni hφn + δφ|Ĥ|φn + δφi − hφn + δφ|φn + δφi hn|ni = hn|Ĥ|ni + hn|Ĥ|δi + hδ|Ĥ|ni hn|Ĥ|ni − . hn|ni + hδ|ni + hn|δi hn|ni (2.158) Im Nenner des ersten Summanden von (2.158) steht die Normierung plus ein kleine Variation, die man wie folgt nähern kann: [hn|ni + O(δ)]−1 ≈ hn|ni−1 [1 − O(δ)], womit man für den Ausdruck (2.158) unter Vernachlässigung von Termen höherer Ordnung < O(δφ2 ) sowie der Berücksichtigung der Normierung hn|ni = 1 und der EW’s En = hn|Ĥ|ni schreiben kann: δE = En {1 − 1 − hδ|ni − hn|δi} + hn|Ĥ|δi + hδ|Ĥ|ni . Der letzten beiden Terme P entledigen wir uns durch Entwicklung der Variationsfunktionen |δi = hi|δi|ii , womit man z.B. erhält i hn|Ĥ|δi = X i hδ|iihn|Ĥ|ii = so dass man schreiben kann X i hδ|iiEi hi|ni = En hδ|ni | {z } ≡δin δE = En [hδ|ni + hn|δi − hδ|ni − hn|δi] ≡ 0 ! (2.159) Fazit: Der mit den genäherten Funktionen χ berechnete Erwartungswert Ē stimmt bis auf Ordnungen O(δφn ) ; n ≥ 2 mit dem exakten Wert En überein. M.a.W. weichen die χ nur wenig von den korrekten EF’s |ni ab, hat man gute Chancen den EW abzuschätzen Für die exakten Eigenfunktionen |ni ≡ φn nimmt der Erwartungswert ein Minimum (leicht zu zeigen) an: Ē = En . Diese Minimum-Eigenschaft der Energieeigenwerte ist die Grundlage von Variationsverfahren (siehe Hamilton-Prinzip) um den Satz von EW’s und EF’s bestmöglich zu nähern. Dazu bedient man sich Parametrisierungen 2.1. EINDIMENSIONALE PROBLEME 121 der Schätzungsfunktionen, hier am Beispiel des Grundzustandes χ0 (α, β) , womit man den EW schreiben kann E0 (α, β) = hχ0 |Ĥ|χ0 i . hχ0 |χ0 i (2.160) Die Parameter bestimmt man dann über die Extremalbedingungen: ∂E0 ∂E0 = = 0 ∂α ∂β ⇒ α0 , β0 . (2.161) Mit diesen Parametern hat man dann eine Schätzungsfunktion χ0 (α0 , β0 ) gefunden, die linear um eine kleine Fluktuationen (O(δφ)) von der wahren Wahrscheinlichkeitsamplitude φ0 des Grundzustandes abweicht. Bei angeregten Zuständen läuft das analog, wobei beachtet werden muss, dass die Minimalbedingung streng nur für φ0 gilt. Wir wollen es an der Stelle bei der Andeutung der Variationsverfahren belassen und uns der Störungstheorie zuwenden. 2.1.7 Störungsrechnung – nichtentartete Niveaus Wir suchen die Lösung des Problems Ĥφ = Eφ Ĥ(p̂, x) = mit p̂2 + U0 (x) + U ′ (x) = Ĥ0 + Ĥ′ 2m (2.162) wobei es sich bei Ĥ′ (x) = αh′ (x) um eine kleine (α – kleiner Parameter) handelt. Des Weiteren soll die Lösung des ungestörten Problems Ĥ0 (p̂, x) φ(0) = E (0) φ(0) (2.163) bekannt sein – also die EF’s φ(0) und die EW’s E (0) sind schon gefunden (z.B. Fall des harmonischen Oszillators). Die Subindizes deuten auf das ungestörte Problem hin, tief gestellte Indizes bleiben den diskreten Zuständen vorbehalten. Wir fordern nun, dass die EW’s und die EF’s gegen die ungestörte Lösung konvergieren, E → E (0) und φ → φ(0) , so die Störung unwichtig wird: Ĥ′ → 0 oder exakter α → 0. Mit diesen Voraussetzungen wagen wir die Ansätze φ = φ(0) + χ(1) + χ(2) + ... + E = E (0) + ε(1) + ε(2) + ... + (2.164) , (2.165) 122 KAPITEL 2. STATIONÄRE ZUSTÄNDE mit denen man in Gl.(2.162) geht, ³ ´³ ´ Ĥ0 + Ĥ′ φ(0) + χ(1) + χ(2) + ...+ = ³ E (0) + ε(1) + ε(2) + ...+ nach Ordnungen sortiert, ³ ´ Ĥ0 − E (0) φ(0) + + + ´³ ´ φ(0) + χ(1) + χ(2) + ...+ (2.166) ´ ´ ³ n³ o Ĥ0 − E (0) χ(1) + Ĥ′ − ε(1) φ(0) + n³ ´ ³ ´ o Ĥ0 − E (0) χ(2) + Ĥ′ − ε(1) χ(1) − ε(2) φ(0) + + ... + = 0 . (2.167) Die Null kann man nun realisieren, indem man jede der Ordnungen zum Verschwinden bringt, womit man dann folgende Hierarchie an Gleichungen in den Ordnungen erhält: ³ ´ Ĥ0 − E (0) φ(0) = 0 ³ ³ ´ ³ ´ Ĥ0 − E (0) χ(1) = ε(1) − Ĥ′ φ(0) (2.168) ´ ³ ´ Ĥ0 − E (0) χ(2) = ε(1) − Ĥ′ χ(1) + ε(2) φ(0) . . ³ Ĥ0 − E (0) ´ . (p) χ = ³ ´ ε(1) − Ĥ′ χ(p−1) + ε(2) χ(p−2) + ... + ε(p) φ(0) Nun kennen wir schon die Eigenschaften der ungestörten Zustände, die ein vollständiges ONS bilden, so dass folgende intermediäre Normierung gelten muss: hφ(0) |φ(0) i = 1 , und hφ(0) |φi = 1 , (2.169) woraus man sofort schließt, dass die Störungen orthogonal auf den ungestörten Lösungen stehen: hχ(p) |φ(0) i = 0 . (2.170) 2.1. EINDIMENSIONALE PROBLEME 123 Bemerkung: Bis auf quadratische Terme in den kleinen Störzuständen gilt natürlich dann auch: hφ|φi = 1 , um natürlich z.B. EW’s korrekt zu bestimmen, sollte man aber immer mit dem Faktor hφ|φi−1 nachnormieren“. ” Diese Eigenschaft (Annahme) (2.170) ist in der Tat sehr hilfreich, denn wenn wir die linken Seiten der Hierarchie (2.168) skalar mit hφ(0) | bearbeiten, die Hermitizität der Operatoren und Relation (2.170) berücksichtigen, dann verschwinden alle Term auf der linken Seite der Gln. (2.168) und man erhält z.B. sofort für die Korrektur erster Ordnung in den EW’s ε(1) = hφ(0) |Ĥ′ |φ(0) i = hφ(0) |Ĥ′ |φ(0) i hφ(0) |φ(0) i (2.171) und für die p-te Ordnung ε(p) = hφ(0) |Ĥ′ |χ(p−1) i . (2.172) Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass bei nichtlinearen Problemen – z.B. Kinetik oder Hydrodynamik – auch eine solche Hierarchie über analoge Entwicklungen (2.164) nach einem kleinen Parameter α gewonnen werden kann. Leider sind dort in den meisten Fällen die Differenzialoperatoren nicht hermitesch, so dass man auch noch das adjungierte lineare Problem lösen muss, um die linken Seiten zum Verschwinden zu bringen. Letztere Methode bezeichnet man als Fredholmsche Alternative! Zurück zur Quantik: Es scheint, dass die (p+1) te Ordnung der Energiekorrekturen mit Hilfe der p-ten Zustände χ(p−1) errechnet werden können. In Wirklichkeit ist die Lage aber noch günstiger: man erhält sogar 2p + 1 te Ordung der Eigenwerte bei Kenntnis der p-ten Ordnung, wie wir gleich zeigen werden. Dazu schreiben wir die Abweichung der Ordnung s als φ(s) ≈ φ − χ(s+1) und erhalten damit für den EW s-ter Ordnung E (s) = = hφ(s) |Ĥ|φ(s)i = hφ(s) |φ(s) i hφ|Ĥ|φi − hφ|Ĥ|χ(s + 1)i − hχ(s+1) |Ĥ|φi hφ|φi − hφ|χ(s+1) i − hχ(s+1) |φi (2.173) wobei Terme der Ordnung (2s + 1) fehlen: hχ(s + 1)|Ĥ|χ(s + 1)i → 0. Stellt man die Hermitizität in Rechnung, gewinnt man £ ¤ E 1 − hχ(s+1) |φi − hφ|χ(s+1) i (s) E = + O(2s + 2) . (2.174) hφ|φi − hφ|χ(s+1) i − hχ(s+1) |φi 124 KAPITEL 2. STATIONÄRE ZUSTÄNDE Nun kennen wir die Korrekturen der EW’s – jetzt müssen wir uns um die korrespondierenden EF’s kümmern. Dabei sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden: (i) Nicht-entartete Zustände (ii) Entartete Zustände Zu (i): Mit dem harmonischen Oszillator haben wir ein Beispiel, bei dem jedem EW eineindeutig ein Zustand (EF) zukommt. Diesen einfachen Fall wollen wir im folgenden Abschnitt kurz behandeln. Zu (ii) In den folgenden Abschnitten zu den 3D Beispielen – kugelsymmetrisches Problem, Zentralpotenzial – werden kennenlernen, dass es Fälle gibt, bei dem zu einem Eigenwert/Quantenzahl (Energie: En ), mehrere Zustände (|nmli) existieren (beim H-Atom sind 2l + 1 an der Zahl). Zunächst wollen wir nicht-entartete Zustände näher beleuchten. Dazu entwickeln wir den gestörten Zustand χ(p) = n X j(6=n) (p) (0) cjn φj = X j(6=n) (p) cjn |ji (2.175) nach dem ONS des Grundzustandes |ni (den Subindex (0) lassen wir weg). Die Koeffizienten (p) c(p) mn = hm|χn i (2.176) (p) eliminieren wegen hn|χn i = 0 den Term i = n in obiger Entwicklung. Unsere erste Energiekorrektur ε(p) = hφ(0) |Ĥ′ |φ(0) i nimmt mit der Entwicklung folgende Gestalt an ′ ε(1) = hn|Ĥ′ |ni = Hnn . n (2.177) (p) Nachdem wir die EW’s haben, wollen wir die dazugehörigen Zustände χn berechnen. Dazu wälzen wir hj| über die erste Ordnung Gln. (2.168), nachdem mit der Entwicklung (2.175) die gestörten EF’s ersetzt wurde und er- 2.1. EINDIMENSIONALE PROBLEME 125 halten X i(6=n) (1) X (1) hj|Ĥ0 − En(0) |ii cin = (0) − En(0) ) = cjn (Ej = ε(1) n ≡0 (0) (Ei i(6=n) (1) − En(0) )hj|ii cin ′ hj|ε(1) = n − Ĥ |ii |{z} rechte Seite ′ hj|ni − hj|Ĥ′jn |ni = − Hjn , | {z } ;wegen ONS (2.178) womit man nach Einsetzen von (2.177) für die Koeffizienten der ersten Ordnung gewinnt: (1) cjn ′ Hjn = (0) En . (0) − Ej (2.179) Zur Illustration berechnen wir noch die 2. Ordnung, zunächst erst die EWKorrekturen: Nach Gl. (2.172) können wir nach Wälzen von hn| auf 2. (2) Ordnung von (2.168), wobei die linke Seite wegen hχn |ni = 0 verschwindet, schreiben X (1) ′ (2) hn|ε(1) 0 = n − Ĥ |ii cin − εn hn|ni = i(6=n) = X ′ H′ Hni in (0) i(6=n) Ei − (0) En − ε(2) , n (2.180) womit der Ausdruck für Energiekorrektur 2. Ordnung mit dem Ausdruck ε(2) = n X H′ H′ ni in (2.181) (0) i(6=n) Ei gefunden ist. Mit diesem Ausdruck geht man wieder in die Gleichung der 2. Ordnung – nachdem man an diese Gl. (2.168) hj| = 6 hn| von links andockt“ – und ” gewinnt für die Zustandskorrekturen: (2) cjn = X i(6=n) ′ H′ Hji in (0) (En (0) (0) − Ei )(En (0) − Ej ) − ′ H′ Hjn nn (0) (En (0) − Ej )2 (2.182) 126 KAPITEL 2. STATIONÄRE ZUSTÄNDE Kapitel 3 Bahndrehimpuls und Zentralpotenzial In diesem Kapitel werden wir die einfachen, eindimensionalen Modellpotenziale verlassen und uns den realistischeren Problemen der Quantenmechanik zuwenden, an deren Ende die Diskussion des Wasserstoffatoms steht. Bevor wir die Drehbewegung quantenmechanisch behandeln werden wir noch einmal ganz kurz das klassische Pendant für Drehbewegung und danach das Zentralpotenzial U (r) behandeln. Ausgehend von der 3D-Formulierung der SGL werden wir krummlinige Koordinaten kurz wiederholen, damit die Hamilton-Funktion der Klassik für Drehbewegung und Zentralpotenzial U (r) formulieren und dann die Korrepondenz zur Quantenmechanik in diesem Fall aufzeigen — d.h. die Ersetzung der kanonischen Impulse pν = ∂q̇ν L durch Operatoren führt zur Schrödinger-Gleichung. 3.1 Sphärische Symmetrie – SGL Wie schon erwähnt, formulieren wir zunächst die SGL mit Hilfe des NablaKalküls ∇ für ein sphärisch symmetrisches Potenzial U (r) ½ ¾ ~2 − ∆ + U (r) ϕ(~r) = E ϕ(~r) , 2m (3.1) wobei der bestimmende Operator dieser Gleichung, der Laplace-Operator, lautet ∆ = ∇ · ∇. Es gilt nun, den Ortsvektor ~r und den Nabla-Operator ∇ in Kugelkoordinaten auszudrücken. 127 128 KAPITEL 3. BAHNDREHIMPULS UND ZENTRALPOTENZIAL Im Teilchenbild 1.3 haben wir schon die verallgemeinerten kanonischen Koordinaten qν und Impulse pν = ∂q̇ν L für ein N -Teilchensystem, ν ∈ (1, 6N ), eingeführt. Hier beschränken wir uns auf ein Teilchen, also N = 1 und ν in (1, 6). Es seien die krummlinigen Koordinaten wie folgt mit den kartesischen verknüpft xi = xi (q1 , q2 , q3 ) mit i = x, y, z ~r = xi (q1 , q2 , q3 ) ~ei (3.2) (3.3) wobei hier wieder Einsteins Summenkonvention verwendet wurde. Die Einheitsvektoren ~eqν und die Skalenfaktoren gν für die neuen Koordinaten lauten dann ~eqν = gν2 = 1 ∂~r gν ∂qν ¯ ¯ ¯ ∂~r ¯2 ∂xj ∂xj ¯ = ¯¯ ∂qν ∂qν ∂qν ¯ (3.4) . (3.5) Das Nabla-Kalkül ist dann mit ∇ = ~eν ∂ gν ∂qν (3.6) gegeben, was in einer Übungsaufgabe nachvollzogen werden sollte [Gleiches gilt für die folgenden Ausdrücke – man beachte, dass nach Gln. (3.2)-(3.5) die Einheitsvektoren mit abgeleitet werden müssen]. Die Diver~ lautet damit genz eines Vektors A ½ ¾ 1 ∂ ∂ ∂ ~ div A = (g2 g3 A1 ) + (g1 g3 A2 ) + (g1 g2 A3 ) (3.7) g1 g2 g3 ∂q1 ∂q2 ∂q3 Den Laplace-Operator gewinnt durch Nacheinanderausführung zunächst des Gradienten und danach der Divergenz: ½ µ ¶ µ ¶ µ ¶ ¾ 1 ∂ ∂ ∂ g2 g3 ∂ g1 g3 ∂ g1 g2 ∂ ∆ = (3.8) + + g1 g2 g3 ∂q1 g1 ∂q1 ∂q2 g2 ∂q2 ∂q3 g3 ∂q3 Das soll als allgemeine Zusammenstellung bzgl. Krummliniger Koordinaten reichen. Mit den Definitionen (3.2) & (3.3) kann dann sukzessive alle nötigen Differentialausdrücke über Anwendung des Nabla-Kalküls berechnen. Der folgende Einschub stellt einige Formeln krummliniger Koordinaten – kartesische, Zylinder- & Kugelkoordinaten – in einer Übersicht zusammen: 3.1. SPHÄRISCHE SYMMETRIE – SGL 129 Einschub – krummlinige Koordinaten. Felder Skalare Felder: Φ(x, y, z) ordnen jedem Raumpunkt (x, y, z) ein Skalar Φ zu. Beispiel: Temperaturfelder T (x, y, z), Dichtefelder ρ(x, y, z) usw. ~ y, z) ordnen jedem Raumpunkt (x, y, z) ein Vektorielle Felder: A(x, ~ zu. Beispiel: Fließgeschwindigkeitsfelder ~v (x, y, z), elektrische – Vektor A ~ ~ und magnetische Felder E(x, y, z), bzw. B(x, y, z) usw. Tensoren: Â(x, y, z) Nabla-Operator, Laplace-Operator, Gradient, Divergenz und Rotation Nabla-Operator ∇= ∂ ∂ ∂ ~er + ~ey + ~ez ∂x ∂y ∂z Gradient eines Skalar-Feldes (ist ein Vektor-Feld) grad Φ = ∇Φ = ∂ ∂ ∂ Φ ~ex + Φ ~ey + Φ ~ez ∂x ∂y ∂z Divergenz eines Vektor-Feldes (ist ein Skalar-Feld) ~ =∇·A ~ = ∂ Ax + ∂ Ay + ∂ Az div A ∂x ∂y ∂z Rotation eines Vektor-Feldes ergibt wieder ein Vektor-Feld: ¯ ¯ ¯ ~ex ~ey ~ez ¯ ¯ ¯ ∂ ∂ ¯ ~ =∇×A ~ = ¯ ∂ rot A ¯ ∂x ∂y ∂z ¯ ¯ A A A ¯ x y z ¶ µ ¶ µ ¶ µ ∂ ∂ ∂ ∂ ∂ ∂ Az − Ay ~ex + Ax − Az ~ey + Ay − Ax ~ez = ∂y ∂z ∂z ∂x ∂x ∂y Der Gradient eines Skalar-Feldes gibt in jedem Punkt Betrag und Richtung der größten Steigung an. Die Divergenz eines Vektor-Feldes ist ein Maß für den Fluss der Vektorgröße in jedem Raumpunkt, d.h. die Divergenz mißt die Quell- bzw. Senkkenstärke ~ > 0 → Quelle, divA ~ < 0 → Senke). eines Vektorfeldes (divA 130 KAPITEL 3. BAHNDREHIMPULS UND ZENTRALPOTENZIAL Die Rotation eines Vektor-Feldes ist ein Maß für die Wirbelstärke eines Vektorfeldes. Einige nützliche Formelm: ∇ ∗ (A + B) = ∇ ∗ A + ∇ ∗ B (3.9) (3.10) wobei ∗ für Divergenz, Gradient oder Rotation steht und A, B sowohl für Skalarfunktionen (beim Gradienten), als auch für Vektorfunktionen (bei Rotation unbd Divergenz) steht. ³ ´ ~ = (∇Φ) · A ~ + Φ ∇·A ~ ∇ · (ΦA) ³ ´ ~ = (∇Φ) × A ~ + Φ ∇×A ~ ∇ × (ΦA) (3.11) ´ ³ ´ ³ ´ ³ ~×B ~ ~ · ∇×A ~ −A ~· ∇×B ~ = B ∇· A ³ ´ ´ ³ ´ ³ ´ ´ ³ ³ ~ +A ~ ∇·B ~ ~·∇ B ~ −B ~ ∇·A ~ − A ~ ·∇ A ~×B ~ B = ∇× A ³ ´ ³ ´ ´ ³ ´ ´ ³ ³ ~ +B ~ × ∇×A ~ +A ~× ∇×B ~ ~·∇ B ~ + A ~ ·∇ A ~·B ~ B = ∇ A Mehrfachanwendung des Nabla-Operators und Laplace-Operator Laplace-Operator (Skalar) ∆ = ∇·∇= ∂2 ∂2 ∂2 ~ + + ~a ∂x2 ∂y 2 ∂z 2 (3.12) Weitere Mehrfachausführungen des Nabla-Operators sind: ∂2 ∂2 ∂2 Φ + Φ + ∂x2 ∂y 2 ∂z 2 Φ ~ = ∇(∇ · A) ~ grad (div A) ~ = ∇ × (∇ × A) ~ = ∇(∇ · A) ~ − ∆A ~ rot (rot A) div (grad Φ) = ∇ · (∇Φ) = ∆Φ = ⇒ (Skalar) ⇒ (Vektor) ⇒ (Vektor) Als sehr nützlich erweisen sich die verschwindenden Kombinationen – siehe z.B. Herleitung der Balance-Gleichungen für Energie und Ladung, sowie 3.1. SPHÄRISCHE SYMMETRIE – SGL auch der Wellengleichung in der E-Dynamik: ¯ ¯ ~e ¯ x ¯ ∂ rot (grad Φ) = ∇ × (∇Φ) = ¯ ∂x ¯ ∂ ¯ ∂x Φ ~ = ∇ · (∇ × A) ~ ≡0 div (rot A) 131 ~ey ∂ ∂y ∂ ∂y Φ ¯ ~ez ¯¯ ¯ ∂ ∂z ¯ ≡ 0 ¯ ∂ ¯ ∂z Φ (3.13) (3.14) Zylinderkoordinaten Definitionen der Koordinaten, Einheitsvektoren und des Nabla-Kalküls: x = r cos φ y = r sin φ z=z ~er = cos φ ~ex + sin φ ~ey + ~ez ; ~eφ = − sin φ ~ex + cos φ ~ey ; ~ez = ~ez ~eφ ∂ ∂ ∂ ∇ = ~er + + ~ez ∂r r ∂φ ∂z Gradient, Divergenz und Rotation 1 ∂ ∂ ∂ Φ ~er + Φ ~eφ + Φ ~ez ∂r r ∂φ ∂z ~ = ∇·A ~ = 1 ∂ (r Ar ) + 1 ∂ Aφ + ∂ Az div A r ∂r r ∂φ ∂z grad Φ = ∇Φ = ¯ ¯ ~e r ~eφ ~ez 1 ¯¯ ∂r ∂ ∂ ~ ~ rot A = ∇ × A = ¯ ∂r ∂φ ∂z r¯ Ar r Aφ Az ¶ ·µ 1 ∂ ∂ = Az − (r Aφ ) ~er + r ∂φ ∂z ¶ µ ∂ ∂ + r Ar − r Az ~eφ + ∂z ∂r µ ¶ ¸ ∂ 1 ∂ (r Aφ ) − Ar ~ez + r ∂r ∂φ ~ = Ar ~er + Aφ ~eφ + Az ~ez . mit A Der Laplace-Operator: ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ 132 KAPITEL 3. BAHNDREHIMPULS UND ZENTRALPOTENZIAL ∆Φ = 1 ∂ r ∂r µ ¶ ∂Φ 1 ∂2Φ ∂2Φ + r + 2 ∂r r ∂φ2 ∂z 2 ~ · ∇B) ~ ⇒ wird in der Hydrodynamik (KonvektiKomponenten von (A onsterme) gebraucht. h i ~ · ∇B) ~ (A h i ~ · ∇B) ~ (A r φ h i ~ · ∇B) ~ (A z Aφ ∂ Aφ Bφ ∂ ∂ Br + Br + Az Br − ∂r r ∂φ ∂z r Aφ ∂ Aφ Br ∂ ∂ = Ar Bφ + Bφ + Az Bφ + ∂r r ∂φ ∂z r Aφ ∂ ∂ ∂ = Ar Bz + Bz + Az Bz ∂r r ∂φ ∂z = Ar ~~ Divergenz eines Tensors Π ⇒ Kontinuumsmechanik (SpannungsGleichgewicht) oder Hydrodynamik (Effekte der Zähigkeit/Reibung): ~ ~ r = (∇ · Π) ~ ~ φ = (∇ · Π) ~ ~ z = (∇ · Π) 1 ∂ 1 ∂ ∂ 1 (rΠrr ) + (Πφr ) + (Πzr ) − (Πφφ ) r ∂r r ∂φ ∂z r 1 ∂ 1 ∂ ∂ 1 (rΠrφ ) + (Πφφ ) + (Πzφ ) + (Πφr ) r ∂r r ∂φ ∂z r 1 ∂ ∂ 1 ∂ (rΠrz ) + (Πφz ) + (Πzz ) r ∂r r ∂φ ∂z Kugelkoordinaten Gradient, Divergenz und Rotation 3.1. SPHÄRISCHE SYMMETRIE – SGL 133 x = r sin θ cos φ ; y = r sin θ sin φ ; z = r cos θ (3.15) ~er = sin θ (cos φ ~ex + sin φ ~ey ) + cos θ ~ez (3.16) ~eφ = − sin φ ~ex + cos φ~ey (3.17) ~eθ = cos θ (cos φ ~ex + sin φ ~ey ) − sin θ~ez (3.18) ∇ = ~er ~eφ ∂ ~eθ ∂ ∂ + + ∂r r ∂θ r sin θ ∂φ grad Φ = ∇ Φ = (3.19) ∂ ∂ 1 ∂ 1 Φ ~er + Φ ~eθ + Φ ~eφ (3.20) ∂r r ∂θ r sin θ ∂φ ~ = ∇·A ~ = div A ∂ ∂ 1 1 1 ∂ (sin θ Aθ ) + Aφ = 2 (r2 Ar ) + r ∂r r sin θ ∂θ r sin θ ∂φ ¯ ¯ ~er r ~eθ r sin θ ~eφ ¯ ¯ ∂ 1 ∂ ∂ ~ ~ ¯ rotA = ∇ × A = 2 ∂θ ∂φ r sin θ ¯¯ ∂r ¯ Ar r Aθ r sin θ Aφ ·µ ¶ ∂ 1 ∂ (r sin θAφ ) − (r Aθ ) ~er + = 2 r sin θ ∂θ ∂φ µ ¶ ∂ ∂ + Ar − (r sin θAφ ) r ~eθ + ∂φ ∂r ¶ ¸ µ ∂ ∂ (r Aθ ) − Ar r sin θ ~eφ + ∂r ∂θ (3.21) ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ (3.22) ~ = Ar ~er + Aθ ~eθ + Aφ ~eφ . mit A Der für uns in der Quantenmechanik entscheidende Ausdruck ist mit LaplaceOperator in Kugelkoordinaten µ ¶ µ ¶ ∂2 1 ∂ ∂ 1 ∂ 1 2 ∂ ∆Φ = 2 (3.23) r + 2 sin θ + 2 2 r ∂r ∂r r sin θ ∂θ ∂θ r sin θ ∂φ2 gegeben. 134 KAPITEL 3. BAHNDREHIMPULS UND ZENTRALPOTENZIAL Der Vollständigkeit halber werden auch noch die Komponenten der Wirkung des Laplace-Operators auf ³ ´ einen Vektor, ~ ~ div grad A = ∇ · ∇A angegeben: h i ~ ∆A h h i ~ ∆A i ~ ∆A 2 ∂Aθ 2Aθ cos θ 2 ∂Aφ 2Ar − 2 − − 2 2 2 r r ∂θ r r sin θ ∂φ Aθ 2 ∂Aθ 2 cos θ ∂Aφ − 2 2 − 2 2 = ∆Aθ + 2 r ∂θ r sin θ r sin θ ∂φ Aφ 2 ∂Aφ = ∆Aφ − 2 2 + 2 r sin θ ∂φ r sin φ = ∆Ar − r θ φ – Ausdrücke, die ebenfalls in der Hydrodynamik bzw. Kontiuumsmechanik benötigt werden. ~~ Divergenz eines Tensors Π ~ ~ r = (∇ · Π) ~ ~ θ = (∇ · Π) ~ ~ φ = (∇ · Π) Πθθ − Πφφ 1 ∂ 2 ∂ 1 ∂ 1 (r Πrr ) + (Πθr sin θ) + Πφr − 2 r ∂r r sin θ ∂θ r sin θ ∂φ r ∂ 1 ∂ 1 Πθr cot θ 1 ∂ 2 (r Πrθ ) + (Πθθ sin θ) + Πφθ + + Πφφ 2 r ∂r r sin θ ∂θ r sin θ ∂φ r r Πφr 1 ∂ 2 ∂ 1 ∂ 1 cot θ (r Πrφ ) + (Πθφ sin θ) + Πφφ + + Πφθ 2 r ∂r r sin θ ∂θ r sin θ ∂φ r r Integralsätze Satz von Gauß Z ~ dV = div A Z ~ · d~r = A V Z F ~ · ~n dF A Satz von Stokes C Z F ~ dF ~n · rot A 3.1. SPHÄRISCHE SYMMETRIE – SGL 135 Mit diesem Einblick in die krummlinigen Koordinaten lautet unsere stationäre Schrödinger-Gleichung ½ ¾ · ¸ · ¸ ∂2 1 ∂ ∂ 1 ∂ 1 2 ∂ ϕ(~r) = r + 2 sin θ + 2 r2 ∂r ∂r r sin θ ∂θ ∂θ r sin2 θ ∂φ2 2m (3.24) = 2 [U (r) − E] ϕ(~r) . ~ Das ist in der Tat etwas unübersichtlich und deshalb wollen wir wieder auf die Operatorschreibweise zurückgreifen und von dem großen Vorteil der Nabla-Schreibweise Gebrauch machen, Koordinaten-invariant zu sein. Egal welche Wahl wir bzgl. der Koordinaten treffen, der Impulsoperator lautet ˆ = −ı~∇. Man kann das recht leicht einsehen, denn ein Gradiimmer ~p ent einer physikalischen Größe ist wieder eine solche (z.B. der Wärmestrom: ~ = kB κ/cp ∇T ) und damit völlig unabhängig von der Wahl der KoordinaQ ten. Es ist deshalb vorteilhaft solange es eben nur geht die Operatorschreibweise zu wählen und erst wenn man damit nicht weiter kommt die konkrete Koordinatenwahl trifft. Im Folgenden werden wir den Ausdruck auf der linken Seite der SGL (3.24) näher beleuchten und verschiedene Teile als zum Impuls- und Drehimpulsoperator gehörig identifizieren. Damit uns diese Identifikation gelingt, schreiben wir zunächst die Hamilton-Funktion H(~ p, ~r) in Kugelkoordinaten auf, um dann die verschiedenen Terme des Hamilton-Operators zu erkennen, wobei wir zunächst nur am Anteil der kinetischen Energie Interesse haben. In einer Übung soll basierend auf der Aufstellung der Lagrange-Funktion L(q̇ν , qν ) = ~r˙ 2 /2 + U (r) folgender Ausdruck ) ( p2φ p2r 1 H(~ p, ~r) = + p2θ + U (r) + 2m 2mr2 sin2 θ ~2 p2r L + (3.25) 2m 2mr2 gezeigt werden. Es fällt sofort auf, dass φ eine zyklische Variable ist und somit pφ = mr2 φ̇ = konstant gilt. Den Gesamtdrehimpuls haben wir mit ~ = konstant bezeichnet. Die Konstanz folgt zudem sofort aus der DefiniL ~ = ~r × p~ = m ~r × ~r˙ . Bilde ich die Zeitableitung von L, ~ erhalte tion von L ich: ~˙ = ~r˙ × ~r˙ + ~r × ~r¨ = 0 − ~r × ~r ∂r U (r) ≡ 0 . L r Der erste Term verschwindet, da das Kreuzprodukt eines Vektors mit sich selbst verschwindet, der zweite praktisch aus gleichem Grund, denn ~r ×~er ∝ ~r × ~r = 0. = 136 KAPITEL 3. BAHNDREHIMPULS UND ZENTRALPOTENZIAL In der Tat kann auch der Hamilton-Operator in Gleichung (3.24) in äquivalenter Form (3.25) geschrieben werden. Dazu zerlegen wir Ĥ in einen radialen ~ˆ des Impulsoperators. p̂r sowie Winkelanteil L 3.1.1 Zerlegung des Hamiltonians In voller Vektoroperatorform lautet der Hamiltonoperator natürlich ˆ2 ~p + U (r) , (3.26) 2m ˆ mit dem radialen Einheitsvektor ~er = ~r/r in dem wir den Impulsoperator ~p entwickeln werden. Zunächst schreiben wir unter Zuhilfenahme des Vektor-Entwicklungssatzes ´ ³ ´ ³ ˆ ˆ − ~p ˆ = (~er ◦~er ) · ~p ˆ − ~p ˆ = ~er ~er · ~p (3.27) ~er × ~er × ~p Ĥ = ˆ umgestellt lautet was nach ~p ´ ³ ˆ ˆ − ~er × ~er × ~p ˆ = ~er ◦ ~er · ~p ~p . (3.28) ˆ geschrieben, ˆ ) = ~er ◦~er · ~p Wir haben hier die radiale Komponente als ~er (~er · ~p um Parallelen zum Projektionsoperator und seiner Wirkung herauszustellen. So ist die Dyade ~er ◦ ~er praktisch analog zur Form |nihn|. Von rechts kann nun ein unendlich-dimensionaler Vektor |li angedockt“ werden, um ” die Projektion |nihn|ji dieses Zustands |ji auf die Richtung |ni zu er. Im ˆ . Soviel ˆ ) = ~er ◦ ~er · ~p 3D-Beispiel ist die entsprechende Projektion ~er (~er · ~p noch einmal zur Dirac-Darstellung im Vergleich zu Vektoren im Ortsraum. ˆ einmulNun werden wir die Entwicklung (3.28) skalar mit dem Operator ~p tiplizieren, um die kinetische Energie zu erhalten h ³ ´i ˆ 2 = (~p ˆ · ~er )(~er · ~p ˆ ) − ~p ˆ · ~er × ~er × ~p ˆ ~p . (3.29) Hätten wir es nur mit einem Vektor p~ zu tun, wäre das Betragsquadrat ~ 2 /r2 gegeben. Aber in der Darstellung (3.29) simpel durch p~2 = p~2r + L ˆ wirkt der Operator ~p auch auf den Vektor/Operator ~er = ~r/r und zwar in ˆ · ~er . Wir nehmen es gleich vorweg – sie spielen ˆ × ~er und ~p den Ausdrücken ~p keine Rolle, wie wir jetzt zeigen werden. Zunächst ordnen wir das hintere Spatprodukt in (3.29) durch zyklische Vertauschung um, womit entsteht ´ ´ ³ ³ ˆ × ~er . ˆ · ~p ˆ ) − ~er × ~p ˆ · ~er )(~er · ~p ˆ 2 = (~p ~p (3.30) 3.1. SPHÄRISCHE SYMMETRIE – SGL 137 ˆ ×~r − ~r ×∇(1/r). ˆ ×~r/r = (1/r)~p Aus Sicht der Operatoren stört der Term ~p Die Kreuzprodukte werten wir mit Hilfe des Levi-Cevita Tensors aus: εijk womit man erhält +1 für gerade Permutationen −1 ungerade Permutationen = 0 wenn Indizes gleich (3.31) ¾ ½ xj xk δij ~r ~ ~r ~ ∂ ³ xk ´ ~ ˆ ~p × = ∇ × = εijk − = εijk ≡0 , r ı r ı ∂xj r ı r r3 m.a.W., der Impulsoperator erzeugt keine Wirkung auf den Einheitsvektor. Eine andere Möglichkeit das nachzuweisen besteht in der Verwendung von Nabla in krummlinigen Koordinaten: ∇ = gν−1 ~eν ∂qν (Übung). Damit wird klar, dass man getrost schreiben kann ´ ´ ³ ³ ~ˆ 2 L ˆ × ~er . ˆ · ~p ~ p = ~ e × r r2 (3.32) ˆ · ~er in Gl. (3.30), der nicht ohne Weiteres Ein weitere störender Term ist ~p ˆ = ∂r mit der Projektion des Impulsoperators auf die r - Richtung ~er · ~p ˆ verwechselt werden darf. Zur Ausrechnung: mit ~p = (~/ı)∇ und ~r = r~er wird µ ¶ µ ¶ 1 ∂ ~r 1 ∇· = + ∇ · ~r + ~r · ∇ = r r r ∂r 3 ~r · ~r 1 ∂ 2 ∂ = − + = + r r r2 ∂r r ∂r und damit ˆ ) = − ~2 ˆ · ~er )(~er · ~p (~p µ 2 ∂ + r ∂r ¶ ∂ ~2 ∂ 2 = − r . ∂r r ∂r2 (3.33) Die Gleichheit auf der rechten Seite ist in einer Übung durch einfaches Ausdifferenzieren zu zeigen. Das aber wiederum kann auch geschrieben werden als: µ ∂ 2 + r ∂r ¶ 1 ∂2 ∂ = r = ∂r r ∂r2 µ 1 ∂ r r ∂r ¶2 (3.34) 138 KAPITEL 3. BAHNDREHIMPULS UND ZENTRALPOTENZIAL was man ebenfalls durch Ausdifferenzieren mit Hilfe einer Dummy“-Funktion ” f zeigt: µ ¶ ¶2 ¶µ ¶ µ ∂ 1 ∂ 1 ∂ 1 ∂ 1 ∂ 1+r f = r r r f = f = r ∂r r ∂r r ∂r r ∂r ∂r µ ¶ µ ¶ µ ¶ 1 ∂ ∂2 ∂ 2 ∂ 1 ∂2 2 +r 2 f = + f = r f ; Q.E.D. r ∂r ∂r r ∂r ∂r r ∂r2 µ = Nun haben wir eine quadratische Operatorform gefunden, die allerdings noch mit dem Radialteil des Laplace-Operators in Verbindung gebracht werden muss: µ ¶2 ~ ∂ ~2 ∂ ∂ ˆ ˆ = − 2 r2 r = pˆr 2 . (3.35) (~p · ~er )(~er · ~p) = − r ∂r r ∂r ∂r Auch hier hilft nur einfaches Ausrechnen – diesmal aber lassen wir f weg: µ µ ¶ ¶ 1 ∂ 2∂ 2 ∂ ∂ 1 ∂ 2 ∂ r = = + , 2r + r r2 ∂r ∂r r2 ∂r ∂r r ∂r ∂r was zusammen mit Operatorelationen (3.34) die Gleichheit in Gleichung (3.35) beweist. Für den Laplace-Operator, bzw. für den Operator der kinetischen Energie kann man demnach genau wie in der Klassik (3.25) schreiben ~2 1 − ∆ = 2m 2m à pˆr 2 ! ~ˆ 2 L + 2 r (3.36) wobei beide Operatoren in (3.36) die Gestalt haben p̂r ~1 ∂ r = ı r ∂r ~ˆ = ~ ; L ı ½ ¾ ~eθ ∂ ∂ − ~eφ . ∂θ sin θ ∂φ (3.37) In einer Übung prüft man leicht nach, dass in der Tat die zweifache An~ˆ den Winkelanteil von ∆ ergibt wendung des Drehimpulsoperators L, 2 ~ˆ = L ~ˆ · L ~ˆ = L 1 ∂ sin θ ∂θ µ sin θ ∂ ∂θ ¶ + 1 ∂2 2 ∂φ2 sin θ = (y p̂z − z p̂y )2 + (z p̂x − x p̂z )2 + (x p̂y − y p̂x )2 . (3.38) 3.2. DER DREHIMPULSOPERATOR 3.2 139 Der Drehimpulsoperator Bevor wir an die analytische Lösung des Problems, zunächst für den Dre~ˆ 2 , herangehen, werden wir noch einige Eigenschaften des himpulsanteil L Drehimpulsoperators zusammentragen. ~ˆ eine Erhaltungsgröße sein — ausgedrückt In Analogie zur Klassik muss L über i h ~ˆ Ĥ ≡ 0 . L, (3.39) Deshalb ist unserer nächster Schritt der Beweis dieses Kommutators! Zunächst ~ˆ 2 /(2mr2 ) in einen Teil der erinnern wir daran, dass Ĥ = p̂2r /(2m) + U (r) + L ~ˆ 2 nur r-Ausdrücke enthält, die ersten beiden Terme, und den Winkelanteil L zerfällt. Fassen wir die radialen Abhängigkeiten in Ĥ unter f (r) zusammen und lassen wir darauf den Drehimpuls operieren, finden wir: ~ˆ f (r) = ~ ~r × ∇f (r) = ~ ~er × ~er ∇f (r) ≡ 0 L ı ır (3.40) da ja das Vektorprodukt eines Vektors mit sich selbst verschwindet. Bei der ~ˆ 2 ] = 0 und damit natürlich auch ~ˆ L Vertauschbarkeit (3.39) zählt also nur [L, ~ˆ 2 ] = 0 (mit i = x, y, z), was es jetzt zu zeigen gilt. Das Betragsquadrat [L̂i , L 2 ~ˆ = L̂2 + L̂2 + L̂2 gegeben, so in kartesischen Koordinaten oben (3.38) mit L x y z das auszuwerten verbleibt ¸ · i i h i h h ˆ2 ~ (3.41) L̂x , L = L̂x , L̂2x + L̂x , L̂2y + L̂x , L̂2z . Zunächst verwenden wir eine Kommutatorformel für drei Operatoren i h i i h h (3.42) ÂB̂, Ĉ = Â, B̂ Ĉ + B̂ Â, Ĉ die in einer Übung durch geschicktes Null addieren“ gezeigt werden soll. ” Damit kann für den uns interessierenden Operator geschrieben werden ¸ · h i h i h i h i ˆ2 ~ L̂x , L = L̂x , L̂y L̂y + L̂y L̂x , L̂y + L̂x , L̂z L̂z + L̂z L̂x , L̂z (3.43) . Den Term [L̂2x , L̂x ] = 0 habe ich gleich weggelassen, denn ein skalarer Operator kommutiert natürlich beliebig oft mit sich selbst. Nun gilt es noch die 140 KAPITEL 3. BAHNDREHIMPULS UND ZENTRALPOTENZIAL Vertauschungsregeln für [L̂i , L̂j ] für die einzelnen Komponenten durch einfaches Anwenden der Kommutatordefinition und Ausmultiplizieren (ebenfalls Übung) zu berechnen. Das Ergebnis geben wir hier deshalb nur an h i i h i h L̂x , L̂y = ı~L̂z ; L̂y , L̂z = ı~L̂x ; L̂z , L̂x = ı~L̂y , oder in Index-Schreibweise i h L̂i , L̂j = ı~εijk L̂k . (3.44) (3.45) Das sind die fundamentalen Vertauschungsrelationen des Drehimpulsoperators, die in der Quantenphysik des öfteren (z.B. Spin) auftauchen werden. Damit erhalten wir für Gleichung (3.43) ¸ · ´ ³ ˆ2 ~ (3.46) L̂x , L = ı~ L̂z L̂y + L̂y L̂z − L̂z L̂y − L̂y L̂z ≡ 0 2 ~ˆ ] = 0 bewiesen ist, denn für die anderen Komponenten L̂y und ~ˆ L womit [L, L̂z gelten analogen Beziehungen. Damit ist natürlich auch die Drehimpulserhaltung (3.39) gezeigt, denn im Hamiltonian blieb nur noch die Vertauschung der Winkelanteile zu zeigen. Damit haben wir schon, ohne das Problem, sprich die partielle SGL, zu lösen, wichtige Informationen für den sphärisch symmetrischen Fall U (r) gewonnen. Für dieses 3D Problem können wir also als Satz gleichzeitig meßbarer Observablen die Energie Ĥ, den Betrag (genauer desse Quadrat) des Dreh2 ~ˆ als auch eine Komponente desselben wählen – traditionsgemäß impulses L nehmen wir L̂z = (~/ı)∂φ (Übung: letzteres mit Hilfe der Kugelkoordinaten zeigen). Alle drei Größen kommutieren miteinander gemäß ¸ · · 2 ¸ i h ˆ2 ˆ ~ ~ = L̂z , Ĥ ≡ 0 L , Ĥ = L̂z , L (3.47) die natürlich auch ein gemeinsamen Satz von EF’s besitzen. Letzteres drückt sich in der vollständigen Separierbarkeit der SGL aus, die wir im nächsten Abschnitt zeigen werden. 3.2.1 Erzeugender der Drehungen Hier wollen wir noch weitere Eigenschaften des Drehimpulsoperator erarbeiten. Zunächst kann man durch einfaches Ausrechnen weitere Relationen des 3.2. DER DREHIMPULSOPERATOR Drehimpulses erhalten i h L̂i , xj = ı~εijk xk ; 141 i h L̂i , p̂j = ı~εijk p̂k . (3.48) Des Weiteren können wir den Drehimpulsoprator, ähnlich wie den Impulsoperator p̂ bei Translationen im Falle des periodischen Potenzials (T̂a = exp(ıa/~)), als Erzeugenden von Drehungen auffassen. Nämlich es existiere ein unitärer Operator µ ¶ ~ˆ ı ~ˆ ı Ûδϕ = exp δ ϕ · L̃ ≈ 1 + δ ϕ · L̃ . (3.49) ~ ~ Die Unitarität sieht man dem Operator sofort an, denn der adjungierte Operator ist identisch mit dem inversen: ¶ µ ı ~ˆ † −1 = Û−δϕ = Ûδϕ , Ûδϕ = exp − δ ϕ · L̃ ~ wie leicht anhand der e-Funktionen überprüfen kann. Man gewinnt auch sofort 0 Û†δϕ Ûδϕ = Û−1 δϕ Ûδϕ = e = 1 , also gilt Adjungierter = Inverser. Was hat dieser Operator mit einer Drehung zu tun? Nun – das erkennt man, indem man ihn auf eine Funktion φ(~r) loslässt Ûδϕ φ(~r) = [1 + δ ϕ ~ · (~r × ∇)] φ(~r) = = φ(~r) + (δ ϕ ~ × ~r) · ∇φ = = φ(~r + δ ϕ ~ × ~r) = φ(~r′ ) . (3.50) Bei dieser Umformung ist wieder von der zyklischen Vertauschbar des Spatproduktes Gebrauch gemacht worden. Nun kann man Drehungen auch auf beliebige Operatoren (physikalische Größen)  ψ(~r) = φ(~r) wirken lassen – und erhält Ûδϕ  ψ(~r) = Ûδϕ  ۆδϕ (Ûδϕ ψ) = | {z } ≡1 = Ûδϕ φ(~r) = φ(~r′ ) = = Ûδϕ  ۆδϕ ψ(~r′ ) = φ(~r′ ) . (3.51) 142 KAPITEL 3. BAHNDREHIMPULS UND ZENTRALPOTENZIAL Man kann daraus sofort die Operatoridentität Â′ = Ûδϕ  ۆδϕ (3.52) ablesen – eine Form, wie wir sie auch schon bei der Transformation der Operatoren beim Übergang von einer zur anderen Darstellung hatten. Gleichung (3.52) kann man auch mit der Definition (3.49) (nach Entwicklung der e-Funktion) schreiben und erhält: ı ı ˆ ˆ δϕ ~ · L̃)  (1 − δ ϕ ~ · L̃) = ~ ~ ı ı ˆ ˆ = 1 −  δ ϕ ~ · L̃  ~ · L̃ + δ ϕ ~ ~ i h i h ı ı ˆ = 1 + δϕ ~ · L̃,  = 1 + δϕk L̂k ,  ~ ~ Â′ = (1 + (3.53) (3.54) Wir halten also fest, der Drehimpulsoperator L̂ fungiert als Erzeugender der Drehungen δ ϕ ~ × ~r = δ~r mit ~r′ = ~r + δ~r; genauso wie der Impulsoperator p̂ Erzeugender von Translationen ist. 3.2.2 Eigenwerte des Drehimpulses Bevor die Separationslösung der 3D SGL ansteht, wollen wir, ähnlich wie beim harmonischen Oszillator, die Eigenwerte mit rein operator-algebraischen“ ” Mitteln bestimmen. Die Eigenwertgleichungen, die beide demselben Funktionensystem genügen, lauten ~ˆ 2 Ylm = λ̃ Ylm = l(l + 1) ~ Ylm L (3.55) L̂z Ylm = m ~ Ylm . (3.56) Um Informationen über diese Eigenwertgleichungen zu gewinnen, definieren wir die folgenden Leiteroperatoren“ ” L̂± = L̂x ± ı L̂y , (3.57) mit den Eigenschaften (Nachweis in Übung – Definitionen, Vertauschungs- 3.2. DER DREHIMPULSOPERATOR 143 regeln, partielle Integration & natürlich ausrechnen ⇔ Übung) L̂†± i h L̂z , L̂± i h L̂+ , L̂− i h ~ˆ 2 , L̂± L = L̂∓ (3.58) = ± ~ L̂± (3.59) = 2 ~ L̂z (3.60) = 0 (3.61) ~ˆ 2 = L̂+ L̂− − ~ L̂z + L̂2 . L z (3.62) Mit Relation (3.59) kann man das Eigenwertproblem (3.56) umschreiben L̂z L̂± Ylm = L̂± L̂z Ylm ± ~ L̂± Ylm = (m ± ~) L̂± Ylm , (3.63) woran man sofort erkennt, dass L̂± Ylm = Ylm±1 die Leiteroperatoren“ die ” Eigenfunktionen des nächsthöheren (nächstniederen) Eigenwertes (m ± ~) erzeugt – ganz ähnlich wie die â± für den harmonischen Oszillator. ~ˆ 2 und L̂z einen gemeinsamen Satz von EF’s haben Wir wissen auch, dass L [siehe Gl. (3.55) - (3.56)], und zusammen mit Eigenschaft (3.61) finden wir ~ˆ 2 L̂± Ylm = L̂± L ~ˆ 2 Ylm = ~2 l(l + 1)L̂± Ylm , L (3.64) d.h. L̂± hat keinen Einfluss auf den Eigenwert ~2 l(l + 1). Mit dem Ziel mehr Informationen über die Eigenwerte bzw. um die Vorfaktoren der Wirkung der Erzeuger L̂± zu gewinnen, betrachtet man die Norm von L̂± Ylm unter Beachtung der Adjunktheit (3.58) von L̂± sowie der Relation (3.62) erhält man ||L̂± Ylm || = hL̂± lm|L̂± mli = hlm|L̂∓ L̂± |lmi = ~ˆ 2 ∓ ~L̂z − L̂2 |lmi = = hlm|L z £ ¤ = ~2 l(l + 1) ∓ m − m2 hlm|lmi £ ¤ = ~2 l(l + 1) ∓ m − m2 = ~2 [l(l + 1) − m(m ± 1)] . (3.65) Daraus folgt unmittelbar für die Wirkung der Erzeuger-Vernichter p L̂± Ylm = ~ l(l + 1) − m(m ± 1) · Ylm±1 (3.66) oder auch ||L̂± Ylm || = ~2 [l(l + 1) − m(m ± 1)] ≥ 0 , (3.67) 144 KAPITEL 3. BAHNDREHIMPULS UND ZENTRALPOTENZIAL womit wir die Relation l(l + 1) ≥ m(m ± 1) mit ½ + für m > 0 − für m < 0 (3.68) erhalten. Im Speziellen haben wir für m < 0 l(l + 1) ≥ m(m − 1) = − |m| (−|m| − 1) = |m| (|m| + 1) = und damit unmittelbar |m| ≤ l . (3.69) Nun bezeichnen wir mit M = m die maximale (positive) Quantenzahl, was für die Anwendung unseres Leiteroperators“ (Erzeuger & Vernichter) be” deuten muss L̂+ YlM = 0 , (3.70) da es per Definition keine höhere Quantenzahlen m geben darf, womit folgt p l(l + 1) − M (M + 1) ≡ 0 , ⇒ M = l . (3.71) Im Umkehrschluß sei µ die kleinste (negative) Magnetquantenzahl und es gilt p L̂− Ylµ = ~ l(l + 1) − µ(µ − 1) ⇒ µ = −l , (3.72) womit wir letztlich den Bereich der Magnetquantenzahlen gewinnen −l ≤ m ≤ l . (3.73) ~ˆ 2 werden Die gleichen Aussagen und auch noch die Eigenfunktionen von L im nächsten Kapitel berechnen, obgleich die EF’s zu den m prinzipiell auch mit den Leiteroperatoren ausgehend von den Funktionen an den Anfangsund Endpunkten, L̂± Ylm ≡ 0, erzeugt werden können – jedoch nicht so einfach wie beim Harmonischen. 3.2. DER DREHIMPULSOPERATOR 3.2.3 145 Separation der Schrödinger-Gleichung Nun gilt es, einen Separationsansatz für die SGL ( ) ~ˆ 2 (φ, θ) L 1 2 + U (r) ϕ = E ϕ p̂ (r) + 2m r 2mr2 (3.74) zu wagen. Wir wählen ϕ(r, φ, θ) = R(r) Y (θ, φ) . (3.75) Wir bringen die SGL nach einsetzen der Separation in folgende Form © ª ~ˆ 2 (φ, θ)R(r)Y (θ, φ) = −r2 p̂2 (r) + 2m [U (r) − E] R(r)Y (θ, φ) L r und dividieren danach durch RY , womit wir erhalten ~ˆ 2 Y (θ, φ) = Y −1 (θ, φ) L © ª 1 r2 2m [E − U (r)] − p̂2r (r) R(r) (3.76) R(r) | {z } K̂(r) Hier haben wir auf der linken Seite eine Differenzialgleichung, die nur Winkelanteile enthält, auf der rechten hingegen stehen nur radial abhängige Größen. Beide für sich genommen müssen also konstant sein, also es muss gelten ~ˆ 2 Y = R−1 K̂ R = − λ̃ (= l(l + 1)) . Y −1 L (3.77) ~ˆ 2 , wie Die Separationskonstante ist natürlich der Eigenwert des Operators L man durch Multiplikation mit Y sofort sieht ~ˆ 2 Y = − λ̃ Y = l(l + 1) Y . L (3.78) In beiden Gleichungen haben wir die konkrete Form λ̃ = l(l + 1) schon vorweg genommen – später wird sich zeigen, dass l ∈ N sein muss. Vorerst belassen wir es bei einer beliebigen (komplexen) Konstante. ~ˆ lassen aber noch eine Die Vertauschungsregeln des Drehimpulsoprators L weitere Separation vermuten, nämlich die zwischen den Winkelanteilen φ und λ. Wir wählen als weiteren Ansatz Y (θ, φ) = Θ(θ) Φ(φ) , (3.79) 146 KAPITEL 3. BAHNDREHIMPULS UND ZENTRALPOTENZIAL was eingesetzt in die Eigenwertgleichung (3.78) liefert ¶ 1 ∂ µ 2 ∂ 1 ∂ + sin θ Θ Φ = − λ̃ Θ Φ . sin θ ∂θ ∂θ sin2 θ ∂φ2 {z } | Λ̂ Multipliziert amn diese Gleichung mit sin2 θ und dividiert durch Θ(θ)Φ(φ) wird man zu folgender Gleichung geführt o sin2 θ n 1 ∂ 2 Φ(φ) Λ̂ + λ̃ Θ(θ) = − m2 . = − Φ(φ) ∂ϕ2 Θ(θ) (3.80) Jeder Ausdruck für sich genommen muss konstant ≡ −m2 sein, da sie nur jeweils von einer Variable – die linke Seite nur von φ, rechts vom 1. Gleichheitszeichen nur von θ – abhängen. Deshalb können im Folgenden schreiben ½ d2 Φ(φ) + m2 dϕ2 ¾ ½ Φ(φ) = 0 ; Λ̂ + λ̃ − m2 sin2 θ ¾ Θ(θ) = 0 , (3.81) wobei auf partielle Ableitungen verzichtet werden kann, denn es handelt sich nun um gewöhnliche Differenzialgleichungen, die wir nun nacheinander getrebnnt behandeln werden. Der φ-Anteil/Der starre Rotator. Zunächst lösen wir die Gleichung ½ 2 ¾ d Φ(φ) 2 + m Φ(φ) = 0 mit Φ(φ) = Φ(φ + 2πn) dϕ2 (3.82) der man die Lösung schier ansieht (gewöhnliche Differenzialgleichung mit konstanten Koeffizienten): Φ(φ) = A exp (ımφ) ; (3.83) mit m ∈ G, um die periodische Randbedingung in (3.82) zu befriedigen. Die Normierung liefert uns, wie schon so oft, die Konstante A |A| 2 Z2π 0 dφ e−ım φ dφ eımφ = 2π |A|2 δm′ m = 1 , ′ (3.84) 3.2. DER DREHIMPULSOPERATOR 147 womit wir schließlich die normierte Lösung für den φ-Anteil erhalten 1 exp (ımφ) . Φ(φ) = √ 2π (3.85) Nun ist es sicher interessant anzumerken, dass man das gleiche Ergebnis bei Auswertung des Eigenwertproblems für die z-Komponente des Drehimpulses L̂z Ψz (φ) = ~ d Ψz (φ) = lz Ψz (φ) ı dφ (3.86) erhält. Die Lösung lautet, wie man mit dem Ansatz eλφ und der charakteristischen Gleichung λ = (ı/~) lz = ı m (Ew: lz = m~) nachprüft: Ψz (φ) ∝ exp (ımφ) , (3.87) wobei die Regulatät von Ψz erfordert, dass m ∈ G. Das gleiche Resultat erhält man im Fall des starren Rotators – klassisch: eine Punktmasse m die im festen Abstand r = a um z.B. die z-Achse bei z = 0 bzw. sin θ = 1 rotiert. Das Potenzial sei U (r) = 0. Dessen kinetische Energie lautet T̂ = p̂z /(2ma2 ) und quantenmechanisch kann man p̂r ∝ r−1 ∂r r → 0 und L̂θ → 0 annehmen, d.h. keine Freiheitsgrade in r und θ für den starren Rotator. Die zeitfreie SGL lautet − ~2 d2 ϕ(φ) = E ϕ(φ) . 2ma2 dφ2 (3.88) mit der Regularitätsbedingung ϕ(φ + 2π) = ϕ(φ) . (3.89) Die Eigenfunktionen und Eigenwerte lauten wie in den anderen Fällen 1 ϕm = √ exp (ımφ) 2π mit den ganzen Zahlen m ∈ G. ; Em = ~2 m2 2ma2 (3.90) 148 KAPITEL 3. BAHNDREHIMPULS UND ZENTRALPOTENZIAL Der θ-Anteil Es verbleibt noch zu lösen ½ Λ̂ + λ̃ − m2 sin2 θ ¾ Θ(θ) = 0 . (3.91) Diese Gleichung transformieren wir zunächst y = cos θ womit man unter Beachtung der Kettenregeln p ∂ ∂y ∂ ∂ ∂ ∂ = = − 1 − y2 ; sin θ = −(1 − y)2 ∂θ ∂θ ∂y ∂y ∂θ ∂y µ ¶ ¡ ¢ 1 ∂ ∂ ∂ 1 − y2 sin θ = sin θ ∂θ ∂θ y ∂y die gewöhnliche Differenzialgleichung ½ ¾ ¢ ∂ ∂ ¡ m2 2 1−y + λ̃ − Θ = 0 . ∂y ∂y 1 − y2 (3.92) Störend wirken sich die Singularitäten bei y = ±1 aus, die mit dem Ansatz ¢m/2 ¡ vm (y) (3.93) Θ = 1 − y2 sowie passenden Ew’s m und λ̃ = l(l + 1) bewältigt werden. Einsetzen in Gleichung (3.92) und ausdifferenzieren ergibt schließlich ¡ ¢ ′′ ′ 1 − y 2 vm − 2(m + 1) y vm + [λ̃ − m(m + 1)] = 0 , (3.94) wobei die Striche die Ableitungen markieren. Nochmaliges Differenzieren liefert folgende Gleichung ¡ ′ ¢′ ¢ ¡ ′ ¢′′ ¡ ′ + [λ̃ − (m + 1)(m + 2)]vm = 0 (3.95) , − 2 y (m + 2) vm 1 − y 2 vm die bei näherem Hinsehen offenbart, dass die Differenziation die nächsthöhere Eigenfunktion erzeugt ′ vm+1 = vm bzw. vm (y) = dm v0 (y) . dy m (3.96) Der Beginn der Rekursion für m = 0 ergibt die Differenzialgleichung für die Legendre-Polynome v0 = Pl (y) ¡ ¢ 1 − y 2 v0′′ − 2 y v0′ + λ̃ v0 = = ½ ¢ ∂ ∂ ¡ 1 − y2 + λ̃ ∂y ∂y ¾ Pl = 0 . (3.97) 3.2. DER DREHIMPULSOPERATOR 149 Die Polynome gewinnt man genau wie im Fall des harmonischen Oszillators durch Reihenansatz Pl = v0 = ∞ X aν y ν (3.98) ν=0 und man erhält die Rekursionsformel nach Einsetzen in (3.97) ν(ν + 1) − λ̃ aν+2 = aν (ν + 2)(ν + 1) . (3.99) Auch in diesem Fall liefert der Reihenansatz (3.98) keine Konvergenz (Übung) und somit keine normierbare WK-Amplitude. Wieder brechen wir die Reihe bei einem konkreten Wert ν = l ab – d.h. wir wählen den Betrag des Drehimpulses (Quadrat dessen) λ̃ entsprechend – und sichern das durch die Relation al+2 = 0 al ⇒ λ̃ = l(l + 1) (3.100) ~ˆ 2 begründen, den wir bei den Leiterab, womit wir den Eigenwert von L ” operatoren“ schon ohne Begründung angaben. Die zonalen Kugelfunktionen — die Legendre Polynome Pl (y) = Pl (cos θ), deren erste Funktionen lauten P0 = 1 P1 = y 3 2 1 y − P2 = 2 2 ª 1© 3 5y − 3y P3 = 2 und mit Hilfe der erzeugenden Funktion y 2 − 1 können die anderen zonalen Kugelfuktionen mit Pl (y) = ¢l 1 dl ¡ 2 y − 1 2l l! dy l (3.101) berechnen. Die Betragsquadrate ersten 4 Funktionen, P02 ... P32 , sind in Polardarstellung in Abbildung 3.1 gezeigt. Nun haben wir den Beginn v0 = Pl unserer Rekursion (3.96) gefunden, mit der wir alle weiteren Funktionen/Zustände berechnen können, die zu den zugeordenteten Legendre-Polynomen 150 KAPITEL 3. BAHNDREHIMPULS UND ZENTRALPOTENZIAL P 12 1.0 0.5 0.5 0.0 0.0 z z P02 1.0 -0.5 -1.0 -1.0 -0.5 -0.5 0.0 x 0.5 -1.0 -1.0 -0.5 1.0 1.0 0.5 0.5 0.0 0.0 -0.5 -1.0 -1.0 -0.5 0.5 1.0 0.5 1.0 P 32 1.0 z z P22 0.0 x -0.5 0.0 x 0.5 1.0 -1.0 -1.0 -0.5 0.0 x Abbildung 3.1: Die ersten vier Grade der axialsymmetrischen zonalen Kugelfunktionen in polarer Darstellung. Plm gehören. Diese Polynome kann man ebenfalls mit der Erzeugenden bestimmen Plm (y) = ¡ ¢m/2 l+m ¡ 2 ¢l 1 − y2 d y −1 l l+m 2 l! dy Plm (y) = (−1)m Plm (y) für m < 0 (3.102) . (3.103) Beispiele der zugeordneten Legendre-Polynome sind in Abbildung 3.2 dargestellt. Damit können wir zusammenfassend für den Winkelanteil der WK-Amplitude sphärisch-symmetrischer Potenziale oder auch für den 3D-starren Rotator die Kugelflächenfunktionen 1 |m| Ylm = Θ(θ) Φ(φ) = √ Clm Pl (cos θ) exp (ımφ) 2π s 2l + 1 (l − |m|)! · . Clm = 2 (l + |m|)! (3.104) (3.105) 3.3. COULOMB-POTENZIAL – DAS H ATOM (Imag P11)2 1.0 1.0 0.5 0.5 0.0 0.0 y y (Real P11)2 -0.5 -0.5 -1.0 -1.0 -0.5 0.0 x 0.5 -1.0 -1.0 -0.5 1.0 (Real P22)2 0.0 x 0.5 1.0 (Imag P22)2 1.0 1.0 0.5 0.5 0.0 0.0 y y 151 -0.5 -0.5 -1.0 -1.0 -0.5 0.0 x 0.5 1.0 -1.0 -1.0 -0.5 0.0 x 0.5 1.0 ³ ³ ´ ´ |1| 2 |1| 2 Abbildung 3.2: Oben links: P1 cos2 φ ; Oben rechts: P1 sin2 φ ³ ³ ´ ´ |2| 2 |2| 2 ; Unten links: P2 cos2 2φ ; Unten rechts: P2 sin2 2φ. Alle Funk- tionen sind in der Äquatorialebene , d.h. bei θ = π/2 oder cos θ = 0, ” ” dargestellt. Alle Aussagen bis jetzt sind unabhängig von der Wahl des Potenzials U (r) unter bloser Annahme der sphärischen Symmetrie. l nennt man die Drehimpuls-Quantenzahl und m ist dessen z-Komponente auch Magnetquantenzahl genannt. 3.3 Coulomb-Potenzial – Das H Atom Alle bislang gewonnen Ergebnisse waren unabhängig von der Form des Potenzials U (r). Bevor wir letzteres konkretisieren machen wir jedoch noch einige allgemeinere Aussagen. Da der Radius r nie kleiner Null sein kann muss man fuer die radiale WK-Amplitude verlangen R(r = 0) = ½ < ∞ bei r = 0 0 für r < 0 . (3.106) 152 KAPITEL 3. BAHNDREHIMPULS UND ZENTRALPOTENZIAL Im Folgenden werden wir ansetzen R = v/r, für u muss u(0) = 0 gelten, damit R nicht divergiert. Für u kann man Analogien zu den 1D Problemen ziehen. Da das Potenzial U (r) verglichen zu 1D Beispielen einem zum Ursprung symmetrischen Potenzial entspricht, für das allerdings gilt U (x → 0) → ∞. Von Paritätsuntersuchungen der SGL her wissen wir aber, dass aus der Symmetrie des Potenzials folgt, dass es nur gerade bzw. ungerade WK-Amplituden ϕ(x) geben konnte und dass zum Grundzustand eine gerade WK-Amplitude gehört. Dann folgten wechselseitig mit wachsenden Energien ungerade und ungerade Funktionen – d.h. der erste angeregte Zustand war eine ungerade Funktion. Für unsere Funktion u(r) kann das nur bedeuten, dass das Spektrum nur mit dem ersten angeregten Zustand beginnen kann. Nach diesen prinzipiellen Aussagen formen wir unsere radiale Ew-Gleichung © ª K̂ R(r) = r2 2 m [E − U (r)] − p̂2r R(r) = ~2 l(l + 1) R(r) (3.107) mit dem o.g. Ansatz R(r) = v(r)/r geeignet um. Nach hinreichender Rechnung – ausdifferenzieren, kürzen & zusammenfassen – erhält man die Differenzialgleichung ~ 2 d2 ~2 l(l + 1) − v(r) = E v(r) (3.108) + + U (r) 2m dr2 2m r2 {z | } ≡ Uef f (r) für die Funktion v(r), die ebenso die Randbedingung erfüllen und normierbar sein muss: v(0) = 0 (3.109) Z∞ v ∗ (r)v(r) hml|mli hR|Ri = = (v(r), v(r)) ≡ 1 . (3.110) dr r2 | {z } r2 ≡1 0 Nach diesen Vorbetrachtungen wenden wir uns nun konkret dem CoulombPotenzial zu U (r) = − Zǫ2 r mit ǫ = e2 , 4πε0 (3.111) wobei die Elementarladung mit e = 1, 6 · 10−19 As und die Dielektrizitätskonstante mit ε0 = 8, 86 · 10−12 As/Vm gegeben sind. 3.3. COULOMB-POTENZIAL – DAS H ATOM 153 Als nächstes werden wir aus den Quanten- bzw. atomaren Größen ~ = 1, 05 · 10−34 W s2 , e, m = me = 9, 11 · 10−31 kg (Ruhemasse des Elektrons) dimensionslose Größen konstruieren, d.h. wir drücken dann alle Längen wie den Radius durch eine dimensionslose Länge r = a0 r′ aus. Aus den gegebenen Grundgrößen kann man diese Länge als a0 = 1 ~2 ≈ · 10−10 m 2 mǫ 2 (3.112) den sogenannten Bohr’schen Wasserstoffradius finden. Die entsprechende Energieskale liegt auf der Hand und ist E0 = ǫ2 ≈ 27, 212 e V a0 (3.113) wobei E0 /2 die Rydberg-Einheit genannt wird. Nun drücken wir alle Längen und Energien in diesen atomaren Einheiten aus r = a0 r′ und E = E0 E ′ (3.114) wobei die gestrichenen Größen nun dimensionslos und von O(1) sind – d.h. die irrwitzig kleinen Größen haben wir direkt eliminiert – wir bewegen uns quasi in der Mikrowelt. Im Folgenden lassen wir der Einfachheit halber die Striche weg, also: r′ → r und E ′ → E und beschränken uns auf das Wasserstoffatom, also: Z = 1. Das heißt, im allgemeineren Fall sind die Terme mit r−1 in nachfolgenden Gleichungen um den Faktor Z zu ergänzen. Wir setzen die dimensionslose Längen und Energien in Gl. (3.108) ein, bezeichnen zudem noch die dimensionslose Energie mit E = −κ 2 /2, so dass man erhält ½ 2 ¾ d l(l + 1) 2 2 − + −κ v(r) = 0 mit κ 2 = −2E . (3.115) dr2 r2 r Diese Gleichung beschreibt die WK-Amplitude des Elektrons im Effektivpotenzial Uef f = 1 l(l + 1) − 2 2r r (3.116) dessen Graph in Abbildung 3.3 für einige Werte von l = 0, 1, 2 dargestellt ist. Dieses effektive Potenzial, welches sich wie in der Klassik aus Zentrifugalund Coulomb-Anteil zusammensetzt, hat bei rm = l(l + 1) ein Minimum, dessen Tiefe mit Uef f = −1/(2rm ) gegeben ist. 154 KAPITEL 3. BAHNDREHIMPULS UND ZENTRALPOTENZIAL 1.0 Ueff(r) 0.5 0.0 -0.5 -1.0 2 4 6 8 10 12 r Abbildung 3.3: Das Effektivpotanzial Uef f in atomaren Einheiten für die Drehimpulseigenwerte l = 0 (gestrichelte Kurve), l = 1 (durchgezogen) und l = 2 & 3 (Rest). Wie auch bei den verschiedenen 1D Potenzialtöpfen haben wir gebundene Zustände für E < 0 bzw. κ 2 > 0 – und damit einen Anteil mit diskreten Ew’s – als auch Streuzustände für E > 0 bzw. κ 2 < 0 mit einem kontinuierlichen Spektrum. Zunächst werden wir die gebunden Zustände/Wasserstoffatom mit κ 2 > 0, d.h. das diskrete Spektrum, studieren. Dabei ist zuerst das asymptotische Verhalten für r → 0 und r → ∞ von Interesse: Fall r → 0: wofür gilt ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ ¯ l(l + 1) ¯ ¯ ¯ ≫ ¯2¯ ¯r¯ ¯ r2 ¯ und sich die Differenzialgleichung auf r2 v ′′ (r) − l(l + 1) v(r) = 0 (3.117) 3.3. COULOMB-POTENZIAL – DAS H ATOM 155 reduziert, die mit dem einfachen Ansatz v(r) = rλ gelöst werden kann. Ähnlich wie bei den Dgln. mit konstanten Koeffizienten gewinnt man eine charakteristische Gleichung λ(λ − 1) − l(l + 1) = 0 . (3.118) Deren Lösungen lauten λ1 = l + 1 sowie λ2 = −l, wobei der letzte Lösungszweig verworfen werden muss, weil er für r → 0 der Ansatz r−l divergiert. Wir halten also fest: für die Asymptotik r → 0 erscheint ein Faktor v(r → 0) = rl+1 (3.119) für l ≥ 0 und l ∈ N . Fall r → ∞: in dem die Terme r−1 & r−2 verschwinden, womit man die Differenzialgleichung v ′′ (r) − κ 2 v(r) = 0 (3.120) erhält, die ebenso einfach mit dem üblichen Ansatz v(r) = eλr zu bewältigen ist: ⇒ λ1/2 = ∓κ. Wegen der Normierbarkeit bleibt nur der Faktor v(r → ∞) = exp(−κr) (3.121) übrig, so dass wir einen neuen Ansatz für die Funktion v(r) = rl+1 f (r) e−κr (3.122) wagen, der nach einigen (mehr oder minder länglichen (Übung)) Rechnungen auf die Differnzialgleichung für f (r) ½ 2 µ ¶ ¾ d l+1 d 2 +2 −κ + [1 − κ(l + 1)] f (r) = 0 (3.123) dr2 r dr r führt. Eine erneute Transformation der unabhängigen Variablen ξ = 2κr erhält man die charakteristische Differnzialgleichung für die Laguerre Polynome (in Übung erörtern). Hier wählen wir wieder den altbewährten Potenzreihenansatz (der uns natürlich auch auf die Laguerre Polynome führen muss) f (r) = ∞ X n=0 cn r n . (3.124) 156 KAPITEL 3. BAHNDREHIMPULS UND ZENTRALPOTENZIAL Wir leiten diesen Ausdruck bis zur 2. Ordnung ab, verschieben Indizes und erhalten für die einzelnen Terme f (r) = c0 + ∞ X cn r n = c0 + r f ′ (r) = n cn rn−1 = ∞ X (n + 1) cn+1 rn = n=0 n=1 = c1 + r ∞ X (n + 1)cn+1 r n−1 = c1 + r f ′′ (r) = n=2 ∞ X (n + 2)cn+2 rn n=0 n=1 ∞ X cn+1 rn n=0 n=1 ∞ X ∞ X n(n − 1) cn rn−2 = ∞ X (n + 1)(n + 2) cn+2 rn . n=0 Diese Ausdrücke – eingesetzt in die Differenzialgleichung (3.123) und nach den jeweiligen Potenzen von rn geordnet (Übung), deren Koeffizienten sich jeweils zu Null ergeben müssen – liefern die wichtige Rekursionsformel für die Koeffizienten cn+1 = − 2[1 − κ(n + l + 1)] cn 2(n + 1)(l + 1) + n(n + 1) . (3.125) Genau wie in den Fällen der hermiteschen Polynome, 1D harmonischer Oszillator, oder auch bei den Winkelanteilen/den zugeordneten Legendre Polynomen, muss jetzt die Normierbarkeit der Ansätze (3.122) & (3.124) mit Rekursion (3.125) geprüft werden. Wieder interessieren dabei die Ordnungen n ≫ 1 – und für die erhalten wir die asymptotische Rekusionsformel (Indexverschiebung nach unten n + 1 → n spielt für n → ∞ keine Rolle) cn+1 → cn ≈ 2κ cn−1 n ≈ 2κ n (2κ)2 (2κ)n cn−2 → c0 n(n − 1) n! . (3.126) Die Form der Koeffizienten gehört zur Reihenentwicklung der Exponentialfunktion exp(2κr), die natürlich nicht normierbar ist. Wieder muss die Reihe zu einem Polynom abgebrochen werden, d.h. für ein bestimmtes nr und die korrespondierende Energie κ bricht die Reihe (3.124) ab: 1 − κ(nr + l + 1) = 0 ⇒ κn = 1 1 = nr + l + 1 n . (3.127) 3.3. COULOMB-POTENZIAL – DAS H ATOM 157 Auch hier liegt der Fall vor, dass die Normierung diskrete Energiewerte En = −κ 2 /2 erzwingt. Machen wir unsere Skalierung in atomare Einheiten rückgängig gewinnen wir die Ausdrücke für Energie, die von der Hauptquantenzahl n = nr + l + 1 abhängt: Enr l = − 1 ǫ2 · 2a0 (nr + l + 1)2 bzw. En = − ǫ2 1 · 2 . 2a0 n (3.128) Damit sind wir praktisch am ersehnten Ziel der Beschreibung des WasserstoffAtoms, seiner drei Quantenzahlen: der Hauptquantenzahl n , der Drehimpulsquantenzahl l und der Magnetquantenzahl m — sowie der Dazugehörigen Eigenfunktionen ϕm nl ≡ |nlmi: vnr l (ξ) Ylm (θ, φ) . r Wir geben die ersten Funktionen vnl (r) an: |nr l mi = v10 = v20 = v30 = v21 = v31 = v32 = 2 r −r/a0 e , √ a0 a0 µ ¶ 1 r 2 r √ 1− e−r/2a0 , a 2 a 3a0 0 0 " µ ¶2 # r 2 r 2 2 r √ 1− + e−r/3a0 , 3 a0 27 a0 3 3a0 a0 µ ¶2 1 r √ e−r/2a0 , 24a0 a0 ¶ µ ¶2 µ 1 1 r 8 r √ 1− e−r/3a0 , 27 6a0 a0 6 a0 µ ¶3 1 4 r √ e−r/3a0 . 81 30a0 a0 (3.129) (3.130) Anhand der Rekursionsformeln (3.125) kann man sich alle radialen Eigenfunktionen selbst erzeugen (Übung). Anstatt das hier zu exerzieren, verlieren wir lieber noch einige Worte über die radialen Anteile der WK-Amplituden. Sie entstammen der Laguerrschen Differenzialgleichung (3.123) (mit der Transformation ξ = 2κr), so dass man die radial WK-Amplituden auch mit den zugeordneten Laguerrschen Polynome schreiben kann Rnl = Anl vnl = Anl (2κr)l L2l+1 n+l (2κn r) exp(−κn r) . r (3.131) 158 KAPITEL 3. BAHNDREHIMPULS UND ZENTRALPOTENZIAL Die Normierung ergibt wie in allen anderen Fällen die Konstante zu (ebenfalls ! Übung !) Anl = Z∞ ∗ Rnl dr r2 Rnl . (3.132) 0 Man kann ähnlich wie bei Legendre Polynomen die Laguerreschen Polynome über Rodrigues Formeln aus einer erzeugenden Funktion ableiten. Für die einfachen Polynome findet man Ln+l (x) = ex dn+l ³ n+l −x ´ x e dxn+l (3.133) und die zugeordneten erhält man mit der Differenziation (2l+1) Ln+l (x) = d2l+1 Ln+l (x) dx2l+1 (3.134) und kann sich so die in Gl. (3.131) angebenen Eigenfunktionen erzeugen. Abgesehen von Kernkorrekturen (endliche Masse des Kerns ⇒ Bewegung um den Schwerpunkt ~rs = mp~rp + me~re ) und Aufhebung der Entartung durch ˆ den Spin ~S des Elektrons (siehe nächster Abschnitt) hat sich die oben präsentierte Theorie des H-Atoms (oder einfacher Atome) hervorragend bewährt. In der Tabelle 3.3 listen wir die verschiedenen Orbitale (s ⇔ l = 0, p ⇔ l = 1, d ⇔ l = 2, f ⇔ l = 3) und deren 2l + 1 Entartungen der Magnetquantenzahl m auf. 3.4. H - ATOM/UNGEBUNDENDE ZUSTÄNDE 159 Hauptquantenzahl n Drehimpuls (s, p, d, f, ...) Magnetquantenzahl m Entartung (2l + 1) n=1 l = 0 (s - Orbital) m=0 1× n=2 l = 0 (s) l = 1 (p) m=0 m = −1, 0, 1 l = 0 (s) l = 1 (p) l = 2 (d) m=0 m = −1, 0, 1 m = −2, −1, 0, 1, 2 n=3 n=4 l=0 l=1 l=2 l=3 (s) (p) (d) (f ) m=0 m = −1, 0, 1 m = −2, −1, 0, 1, 2 m = −3, −2, −1, 0, 1, 2, 3 3.4 H - Atom/Ungebundende Zustände 3.5 Störungsrechnung – entartete Niveaus Im Fall des Wasserstoffatoms haben wir nun Entartungen kennengelernt, wie sie in Tabelle 3.3 zusammengetragen sind. Wir erinnern an die Ergebnisse der nichtentarteten Störungstheorie, bei der die Störungs Ord- P ⇒ 4× P ⇒ 9× P ⇒ 16× 160 KAPITEL 3. BAHNDREHIMPULS UND ZENTRALPOTENZIAL (p) nungen der Zustände cij eindeutig von den dazugehörigen Energieniveaus (0) (0) [(Ei − Ej )−1 ] und den Matrixelementen Hij′ der Störung bestimmt waren. Mit der Eindeutigkeit ist es hier vorbei – wie wir im letzten Abschnitt kennengelernt haben, gehören zu einem konkreten Energiewert En die Zahl (0) von gn Zuständen, die wir hier mit φnν , ν = 1, 2, ..., gn , bezeichnen wollen. Alle diese Zustände gehören zu ein und derselben Energie En und deshalb tauchen in den Ausdrücken für die ε(p) und χ(p) (Gln.(2.177)-(2.182)) verschwindende Energienenner“ – also Singularitäten – auf. ” Im vergangenen Abschnitt haben wir beim H-Atom gn = n−1 X 2l + 1 l=0 verschiedene Zustände |nr lmi ∝ Rnr l Ylm berechnet, deren Zahl man mit obiger Tabelle leicht testet. Die o.g. Energienenner“-Singularitäten stellen natürlich ein Problem dar ” und es kommt noch schlimmer: Bei immer kleiner werdender Störung H ′ konvergieren die wahren Zustände φn nicht notwendiger Weise gegen den (0) zugrunde liegenden Zustand φnν , sondern gegen eine Linearkombination φ̃(0) = n gn X ν=1 aν φ(0) nν = gn X ν=1 aν |nνi (3.135) (0) aus den zur Energie En gehörendem Satz von Funktionen. Nun stellt sich in der Tat die Frage: Wie berechnen wir aus dem Spektrum die Zustände? Nun – dafür nehmen wir zunächst an, dass die ungestörten (0) (entarteten) Zustände φnν orthonormiert seien (0) ′ hφ(0) nν |φnν ′ i = hnν|nν i = δνν ′ . (3.136) Hier habe ich in der Dirac - Schreibweise wieder den Subindex (0) weggelassen, weil wir als solches nur die ungestörten Größen bezeichnen. Um denselben Formalismus wie bei den nichtentarteten Spektren verwenden (0) zu können, brauchen wir genaue Kenntnis der Anschlussfunktionen φ̃n , d.h. ˜ gehört eine Energieder Koeffizienten aν . Zu jeder Anschlussfunktion |nνi (1) korrektur εnν , so dass nun die Entartung aufgehoben ist. Zur Berechnung (0) ˜ und ε(1) der φ̃nν = |nνi nν (das Auftreten von zwei Indizes wird unten klar) setzen wir den Ansatz(3.135) in die Störungsgleichung erster Ordnung (2.168) 3.5. STÖRUNGSRECHNUNG – ENTARTETE NIVEAUS 161 ein und gewinnen ³ Ĥ0 − E (0) ´ (1) |χ i = gn ³ X ν=1 ´ ε(1) − Ĥ′ aν |nνi . (3.137) Wir wälzen von links, wie schon im Abschnitt 2.1.7, den dualen Zustand hnν ′ |, beachten die Hermitizität, die die linke Seite zum Verschwinden bringt, und erhalten schließlich das lineare Gleichungssystem gn n o X ′ (1) Hnν aν = 0 ′ ,nν − εn δνν ′ , (3.138) ν=1 welches aν die Koeffizienten und damit unsere gesuchten Anschlussfunktionen liefert. Hierbei sind wieder die Matrixelemente mit ′ ′ ′ Hnν ′ ,nν = hnν |Ĥ |nνi (3.139) definiert, genau wie vorher, nur jetzt mit Doppelindizes. Die Lösbarkeitsbedingung für das homogene Gleichungssystem (3.138) ist mit dem Verschwinden der Koeffizientendeterminante n o ′ (1) det Hnν = 0 (3.140) ′ ,nν − εn δνν ′ (1) gegeben und sie liefert uns gn Eigenwerte εnγ zurück, mit γ ∈ (1, gn ). Jeder (1) dieser aufgespalteten“ Energieeigenwerte εnγ gehört zu einem vollständi” gem Satz von Koeffizienten a1γ , ..., agn γ , der schließlich den gesuchten Zustand – die Anschlussfunktion – ˜ φ̃(0) nγ = |nγi = gn X ν=1 aνγ |nνi (3.141) definiert. (1) Bis hierher haben wir die Energiekorrekturen erster Ordnung εnγ als Lösung der Säkulär- (Eigenwert)gleichung sowie die korrespondierenden Anschluss(0) ˜ gewonnen. Nun brauchen wir noch die Störzustände funktionen φ̃nγ = |nγi (p) ˜ χnγ , die mit Hilfe der eindeutigen Paare (entartungsfreier) Zustand |nγi (1) und der ersten Energiekorrektur εnγ ganz genauso berechnet werden, wie bei dem nicht-entarteten Fall demonstriert wurde. Zu diesem Zweck gehen wir wieder mit den neuen Funktionen in die Gleichung (3.137) unserer Störungshierarchie und alles läuft wie im nicht-entarteten Fall, nur dass in den entsprechenden Gleichungen (2.177) - (2.182) 162 KAPITEL 3. BAHNDREHIMPULS UND ZENTRALPOTENZIAL für die Energiekorrekturen bzw. Entwicklungskoeffizienten die Indizes mit (p) (p) n → nγ in εnγ bzw. χnγ ersetzt werden müssen – und statt natürlich nur einer Summe, die Summe über beide zu erstrecken ist (Übung). Es sei zu erwähnen, dass oben geschildertes Verfahren nur funktioniert, wenn die Wurzeln der Säkulargleichung nicht mehrfach sind. In solchen Fällen sind weitere Ansätze nötig, um auch diese Entartung aufzuheben. Kapitel 4 Teilchen im elektromagnetischen Feldern 4.1 Maxwell Gleichungen & Potenziale Die 4 Maxwell’schen Gleichungen lauten (SI-System): ~ = ̺Q ∇·D ~ = 0 ∇·B ; (4.1) ~ = −B ~˙ ; ∇ ×~~H = ~j + D ~˙ ∇×E . (4.2) Diese vier Feldgleichungen werden durch die Materialgleichungen komplettiert ~ = ε ε0 E ~ ; ε0 (1 + χel )E ~ D ~ = µ µ0 H ~ ; µ0 (1 + χmag )H ~ B (4.3) , (4.4) wobei ε und µ die Dielektrizitätskonstante bzw. die Permiabilität sind. Die Vakuum-Lichtgeschwindigkeit ist dann mit c = √ 1 ε0 µ0 (4.5) gegeben. Die Suszeptibilitäten sind mit χel und χmag definiert. ~ [Gl. (4.1)] impliziert unmittelbar, dass Die Quellfreiheit des Magnetfeldes B ~ die Rotation eines Vektorpotenzials B ~ = ∇×A ~ B ist. 163 (4.6) 164KAPITEL 4. TEILCHEN IM ELEKTROMAGNETISCHEN FELDERN Die Induktionsgleichung liefert wiederum, dass o n ~ +A ~˙ = − ∇ × (∇Φ) = 0 ∇× E (4.7) gelten muss. Damit haben wir die Potenziale der Elektrodynamik gefunden ~ = ∇×A ~ B ³ ´ ~ = − ∇Φ + A ~˙ ; E . (4.8) Diese sind allerdings nicht eindeutig festgelegt, sonder können wie folgt modifiziert werden ~′ → A ~ − ∇f A ; Φ′ → Φ − f˙ . (4.9) Daraus resultieren die wichtigsten Eichungen der Potenziale – die Coulombeichung ~ = 0 ∇·A (4.10) ~ + Φ̇ = 0 . ∇·A c2 (4.11) sowie die Lorenz-Eichung Die Potenziale in die Maxwell-Gleichungen eingesetzt ergeben 2 partielle Differenzialgleichungen/Wellengleichungen, die – je nach Verwendung von Coulomb - oder Lorenz Eichung – unterschiedliche Gestalt haben, jedoch den ursprünglichen Maxwell-Gleichungen (4.1)-(4.2) völlig äquivalent sind. 4.2 Die Schrödinger-Gleichung & e.-m. Felder Nun zurück zur Schrödinger-Gleichung, die, beachtet man die Ersetzung der Impulsoperatoren ˆ − eA ˆ → ~p ~ ~p nun die Gestalt annimmt ) ( ¶2 µ ∂Ψ ~ 1 ~ ı~ + U (~r) + e Φ Ψ . = ∇ − eA ∂t 2m ı (4.12) (4.13) 4.3. DER SPIN 165 Ausmultiplizieren der Klammer mit den Impulsoperatoren in (4.13) und die Verwendung der Coulomb-Eichung ergibt ∂Ψ = ı~ ∂t ½ 2 ¾ ~ ı~e ~ e2 ~ 2 ∆+ A·∇ + A + U (~r) + e Φ Ψ . (4.14) 2m m 2m Als kleine Übung eignete sich die Berechnung des Einflusses eines konstanten Magnetfeldes, dessen Potenzial als ~ = − 1 ~r × B ~ A (4.15) 2 geschrieben werden kann, der letztlich z.B. zur Aufspaltung entarter Niveaus m, l zur Energie n−2 beim H-Atom führt. 4.3 4.3.1 Der Spin Magnetisches Moment Klassisch ist magnetische Dipolmoment (siehe Elektrodynamik) e ˆ ˆ ~ˆ ~ˆ r × ~p = µB L M L̃ = 2m~ µB L̂z M̂L,z = − ~ ~ mit dem Bohr’schen Magneton (4.16) (4.17) |e|~ = 9, 274 · 10−24 A m2 . (4.18) 2m Ich habe hier schon bewußt Operatoren geschrieben, denn wir können direkt die im letzten Kapitel berechneten Eigenwerte dafür einsetzen und haben dann die Größen. Legen wir ein magnetisches Feld an – ohne Einschränkung können wir wie ~ = B ~ez festlegen – so dass der Anteil des üblich dessen Richtung in z, also B magnetische Anteil des Hamiltonians und dessen Eigenwerte (mit L̂z ⇒ m) lauten ~ˆ · B ~ = − M̂ ~ B = − µB B L̂z Ĥmag = −M (4.19) L,z ~ Emag = µB m B . (4.20) µB = 166KAPITEL 4. TEILCHEN IM ELEKTROMAGNETISCHEN FELDERN 4.3.2 Der Stern-Gerlach Versuch In diesem Experiment wurde versucht, das magnetische Moment von Atomen zu untersuchen. Man studierte einen Atomstrahl, der ein inhomogenes Magnetfeld, ∂z B 6= 0, durchläuft. Die Kraftwirkung auf das einzelne Atom ist dann gemäß der Hamiltongleichungen klassisch durch Beziehung ∂B F~ = − ∇Hmag = −∇Emag = Mz ∂z (4.21) gegeben. Gemäß der 2l + 1 Werte der Entartung der Atome (siehe Tabelle 3.3) sind damit ebsoviele Linienaufspaltungen zu erwarten. Stern und Gerlach führten den Versuch mit Edelmetall-Atomen – Silber – sowie auch mit H-Atomen durch. Beiden Atomen ist gemein, dass sie nur s-Orbitale, also l = 0, besitzen. Man erwartete also gar keine Aufspaltung. Tatsächlich trat aber eine doppelte Aufspaltung auf. Sie entsprachen einem magnetischen Moment M̂~ˆ S,z = − 2µB Ŝz ~ (4.22) ˆ mit dem Spinoperator ~S und dessen z-Komponente ŝz . Die dazugehörigen Eigenwerte lauten sz = ±~/2 (Uhlenbeck - Goudsmit Hypothese). Im klassischen kann man auch den Drehimpuls in einen Bahnanteil und einen Spin zerlegen, aber letzterer hat etwas mit der endlichen Ausdehnung eines makroskopischen Körpers und seiner Massenverteilung zu tun. Welche Bedeutung haben letztere Größen für ein Elektron oder Proton, von denen wir ganz und gar keine interne Information haben? Offenbar haben Stern und Gerlach ganz prinzipielle Größen entdeckt, die den Elementarteilchen (Fermionen) inhärent sind. 4.3.3 Eigenschaften des Spin Im Folgenden haben wir den Gesamtdrehimpuls eines Elektronenzustands als Summe von Bahndrehimpuls und Spin zu verstehen ˆ ˆ ~ˆ + ~S ~J . = L (4.23) Wir wissen, dass wir nach der Beabachtung 2 Spinzustände haben — Spin ” up“ ~/2 mit der Spinquantenzahl mS = 1/2 und Spin down“ −~/2 mit der ” 4.3. DER SPIN 167 Quantenzahl mS = −1/2 — und wir schreiben die entsprechenden Eigen~ˆ auf wertgleichungen analog zu denen des Drehimpulses L Ŝz χ± = ~mS χ± = ± ˆ2 ~S χ± = ~2 s(s + 1) χ± ~ χ± 2 3 = ~2 χ± . 4 (4.24) (4.25) Der Spin gehört ebenfalls zu den Observablen ⇒ reelle Ew’s, ONS, Vollständigkeit etc.... Es müssen neben den Vertauschungsrelationen bzgl. der Obser2 ~ˆ und Ĥ auch die untereinander gelten vablen L̂z , L ˆ [~S2 , Ŝz ] = 0 . (4.26) Auf die Vertauschungen der einzelnen Komponenten gehen wir später ein. Zunächst kümmern wir uns um die Korrekturen und Konsequenzen, die der Spin des Elektron z.B. im Zusammenhang mit einen homogenen, stationären ~ˆ hat. Wir haben hier offensichtlich die Magnetfeld auf den Hamiltonian H 2 Spineigenzustände χ± — oft auch mit der Dirac-Notation | ↑i und | ↓i bedacht — zu berücksichtigen. Wir weisen darauf hin, dass diese Zustände keinesfalls vom Ort abhängen wie z.B. die bisher behandelte WK-Amplitude ϕ(~r). Beides fassen wir nun zu dem erweiterten Zustand zusammen: ~ = Φ(~r) · χ(σ) = Ψ Φχ+ + Φ χ− = Φ+ + Φ− hΦ+ |Φ+ i + hΦ− |Φ− i = 1 hχ+ |χ+ i = hχ− |χ− i = 1 ; hχ− |χ+ i = hχ+ |χ− i = 0 . (4.27) (4.28) (4.29) Wir werden sehen, dass die Spineigenfunktionen χ± (σ) Matrizen (2 × 1, Vectoren) sind – entsprechend spin up“ und spin down“. Einen Spinzwi” ” schenzustand kann man leicht durch Linearkombination gewinnen: χ = a χ+ + b χ− (4.30) Wir werden sehen, dass die Spinoren wegen des Vektorcharakters der Spineigenfunktionen, µ ¶ 1 | ↑i = χ+ = (4.31) 0 µ ¶ 0 | ↓i = χ− = (4.32) 1 168KAPITEL 4. TEILCHEN IM ELEKTROMAGNETISCHEN FELDERN schreiben kann ~ = Ψ µ Φ+ Φ− ¶ womit wir nun die erweiterte SGL aufschreiben können ½· ¾ ¸ ∂ ~ ~2 µB ~ˆ ~ ~ˆ µB ~ ~ˆ ~ ı~ Ψ = − ∆ + U (~r) + L·B I + 2 B·S Ψ ∂t 2m ~ ~ (4.33) (4.34) ˆ wobei ~I die 2 × 2 Einheitsmatrix ist und natürliche müssen dann die Komˆ ponenten der Spinoperatoren ~S auch 2 × 2 Matrizen sein. Das werden wir sofort sehen! Man kann nämlich den Spinanteil und den Ortanteil völlig voneinander getrennt betrachten (Separabilität), da die Spinfunktionen χ(σ) in keiner Weise vom Ort ~r abhängen. Lassen wir ein variables e.-m. Feld, charakterisiert durch die Potenziale ~ r, t), zu dann erhalten wir die Pauli–Gleichung für die zeitliche Φ(~r, t) und A(~ Entwicklung der Spinoren: ¸ ¾ ½· ´2 ∂ ~ 1 ³ˆ ˆ ˆ ~ ~ ~ ~ ~p − eA + U + eΦ I + µB B · ~σ Ψ ı~ Ψ = (4.35) ∂t 2m wobei wir hier schon einmal die berühmten Pauli-Spin Matrizen eingeführt haben: ˆ ˆ = 2 ~S ~σ . ~ (4.36) In Gleichung (4.35) haben wir schon die kanoisch-konjugierten Impulseope¨ ˆ ~ die wir in dem Abschnitt − eA, ratoren durch die kinetischen ersetzt m~ˆr = ~p bzgl. der quantenmechanischen Behandlung von Systemen in Anwesenheit von elektro-magnetischen Feldern noch genauer behandeln werden. Welche Gestalt und Eigenschaften diese Matrizenoperatoren haben wird Gegenstand des nächsten Unterabschnitts sein. Vertauschungsregeln & Schiebe(Leiter)-Operatoren ~ˆ werden wir jetzt die VertauschungsreAnalog zum Drehimpulsoperator L ˆ geln, die Gestalt sowie die Eigenwertgleichungen des Spinoperators ~S betrachten. Es sei noch daran erinnert, dass sich die Analogien der Eigenˆ ~ˆ und ~S (Uhlenbeck - Goudsmit - Hypothese) mit den schaften von L 4.3. DER SPIN 169 Drehgruppen (Vorlesungsvertretung durch Carsten Henkel) begründen lassen. Plausibel kann man sich diese Analogie durch die Verwandschaft von Drehimpuls und Spin machen – in der klassischen Mechanik sind es nur verschiedene Darstellung ein und der selben Größe. In der Formulierung von Uhlenbeck - Goudsmit hat der Spin kein klassisches Analogon! Hier werden wir die Eigenschaften axiomatisch nach Uhlenbeck - Goudsmit einführen und alles Weitere daraus ableiten. Völlig analog zu den Ei~ˆ lauten die des Spin genwertproblemen zu L ½ ¾ ½ ¾ 3 2 | ↑i | ↑i ˆ2 ˆ2 2 ~S ~ χ± = S = s(s + 1) ~ χ± = ~ (4.37) | ↓i | ↓i 4 ½ ¾ ½ ¾ ~ ~ | ↑i | ↑i (4.38) = ± χ± . Ŝz χ± = Ŝz = ± | ↓i | ↓i 2 2 Der Eigenwert s = 1/2 ersetzt l und aus m~ wird nun ±~/2 — es existieren also nur 2 Möglichkeitenden Spin in eine Richtung (wir wählen immer ~ez ) einzustellen – “Spin up” und “Spin down”. Ich habe schon bewußt für beide Operatoren die gleichen Eigenzustände χ+ = | ↑i = (1, 0)T bzw. χ− = | ↓i = (0, 1)T geschrieben, woraus man ~ˆ die Vertauscharkeit der z-Komponente des Spin analog zu L ˆ2 [~S , Ŝz ] = 0 (4.39) mit seinem Betragsquadrat folgern kann. Die beiden prinzipiellen Einstellungsmöglichkeiten χ+ = | ↑i und χ− = | ↓i können nun mit Wichtungen zu einem gemischten Gesamtzustand superponiert werden χ(σ) = a χ+ + b χ bzw. | i = a | ↑i + b | ↓i . (4.40) ˆ2 Wie sehen nun die Operatoren Ŝi bzw. ~S konkret aus. Die Matrizenform ihrer gemeinsamen Eigenzustände (4.31) und (4.32) lassen 2 × 2 Matrizen vermuten, die wir im Folgenden aus den Eigenwertproblemen (4.38) und (4.37) ableiten. Das Eigenwertproblem (4.37) lautet in Matrixform ¶µ ¶ µ µ ¶ 3 2 1 c d 1 ˆ2 ~S = ~ | ↑i = (4.41) 0 e f 0 4 ˆ2 ~S | ↓i = µ c d e f ¶µ 0 1 ¶ 3 = ~2 4 µ 0 1 ¶ (4.42) 170KAPITEL 4. TEILCHEN IM ELEKTROMAGNETISCHEN FELDERN woraus nach elementarer Auswertung der resultierenden Gleichungen folgt ¶ µ 3 2 1 0 ˆ2 ~S . (4.43) = ~ 0 1 4 Analog verfahren wir mit der z-Komponente, die in Matrix-Form die Gestalt hat µ ¶µ ¶ µ ¶ 1 g h 1 1 = ~ Ŝz | ↑i = (4.44) 0 i j 0 2 Ŝz | ↓i = µ g h i j ¶µ 0 1 ¶ 1 = − ~ 2 womit man für die z-Komponente sofort erhält µ ¶ ~ 1 0 Ŝz = . 0 −1 2 µ 0 1 ¶ (4.45) (4.46) Um die anderen beiden Kompenten Ŝx und Ŝy zu gewinnen benutzen wir die Vertauschungsrelationen der Ŝi , die völlig analog zu denen des Bahn“” Drehimpulse lauten: [Ŝi , Ŝj ] = ı ~ εijk Ŝk . (4.47) Mit zyklischer Vertauschung gewinnt man die jeweils anderen ausstehenden Relationen – insgesamt 3 an der Zahl. Der nächste Schritt bei der Herleitung von Ŝx und Ŝy ist die Einführung von Schiebe (Leiter)-Operatoren Ŝ± = Ŝx ± ı Ŝy , (4.48) deren Eigenschaften der Erhöhung und Erniedrigung der Ŝz Eigenwerte (oft auch in Analogie zum Drehimpuls mit mS bezeichnet) im Folgenden für die Berechnung der fehlenden Spin-Matrizen ausgenutzt wird. Völlig analog zu den Operatoren L̂± können folgende Eigenschaften mit den Vertauschungsrelationen durch einfaches Ausmultiplizieren und Ausrechenen leicht gezeigt werden: i.) [Ŝz , Ŝ± ] = ± ~ Ŝ± (4.49) 4.3. DER SPIN 171 ii.) [Ŝ+ , Ŝ− ] = 2 ~ Ŝz (4.50) ˆ2 iii.) wegen Vertauschbarkeit von Ŝi und dem Betragsquadrat ~S folgt ˆ2 [~S , Ŝ± ] = 0 (4.51) ˆ2 Ŝ+ Ŝ− = ~S + ~ Ŝz − Ŝ2z (4.52) iv.) und unter Verwendung von Eigenschaft ii.) folgt sofort ˆ2 Ŝ− Ŝ+ = ~S − ~ Ŝz − Ŝ2z . (4.53) Zunächts beantworten wir die Frage, welche Wirkung die Operatoren Ŝ± χ∓ haben. Im Folgenden verwende ich nur noch die Bezeichnungen χ± als Synonym für die Eigenzustände | ↑i bzw. | ↓i oder auch statt der entsprechenden Matrixdarstellungen. Ich möchte noch einmal betonen, dass alle Darstellungen nur verschiedene Schreibweisen ein und desselben physikalischen Sachverhalts sind. Um die Wirkung die Operatoren Ŝ± χ∓ zu bestimmen, bedienen wir uns der Eigenschaft i.) womit wir erhalten Ŝz Ŝ± χ∓ = Ŝ± Ŝz χ∓ ± ~ Ŝ± χ∓ ~ = ∓ Ŝ± χ∓ ± ~ Ŝ± χ∓ 2 (4.54) wobei wir die Eigenwerte mS = ±~/2 eingesetzt haben. Zusammenfassend können wir nun schreiben · ¸ o n o ~ n Ŝz Ŝ± χ∓ = ±~ ∓ (4.55) Ŝ± χ∓ 2 172KAPITEL 4. TEILCHEN IM ELEKTROMAGNETISCHEN FELDERN wobei in den geschweiften Klammern die EF’s zu den um ±~ erhöhten/ erniedrigten Ew’s stehen, also erhält man die Wirkungen: Ŝ− χ+ = C− χ− ; Ŝ− χ− = 0 (4.56) Ŝ+ χ− = C+ χ+ ; Ŝ+ χ+ = 0 . (4.57) Nun gilt es nur noch die Konstanten C± zu bestimmen. Die rechten Ausdrücke in Gln. (4.56) & (4.57) verschwinden, weil es über mS = ~/2 keinen noch höheren Eigenwert gibt, Gleiches gilt für den niedrigsten mS = −~/2 – nur eben kann der nicht verringert werden. Also stellen die rechten Seiten die Abbruchbedingungen für das Spinspektrum dar. Die Eigenschaft iv.) auf einen Spinzustand angewendet und sich der entsprechenden Ew’s erinnert, ergibt ˆ2 Ŝ− Ŝ+ χ− = ~S χ− − ~ Ŝz χ− − Ŝ2z χ− · ¸ 3 2 ~2 ~2 = ~ + − χ− = ~2 χ− 4 2 4 . (4.58) Allgemein kann man völlig analog zu den Beziehungen für den Drehimpuls~ˆ schreiben operator L ½ 2 ¾ ~ 2 Ŝ∓ Ŝ± χ∓ = ~ [s(s + 1) − mS (mS ∓ 1)] χ∓ = χ∓ , (4.59) 0 wobei hier die Ew’s simpel lauten: s = |mS | = 1/2. Die linke Seite von (4.59) kann mit den Gln. (4.56)-(4.57) durch die Konstanten C± ausgedrückt werden: ½ 2 ¾ ~ C∓ C± χ∓ = χ∓ , 0 woraus folgt, C± = ~ , (4.60) so dass die Wirkung der Schiebeopatoren lautet p Ŝ± χ∓ = ~ s(s + 1) − mS (mS ∓ 1) χ± = ~ χ± Ŝ± χ± = 0 . (4.61) (4.62) Damit und mit den Definitionen der Schiebeoperatoren Ŝ± gewinnt man deren Matrixdarstellungen µ ¶ µ ¶ 0 1 0 0 Ŝ+ = ~ ; Ŝ− = ~ . (4.63) 0 0 1 0 4.3. DER SPIN 173 Nun ist es nur ein Schritt, um zu den Operatoren Ŝx = (1/2)(Ŝ+ + Ŝ− ) und Ŝy = (1/2)(Ŝ+ − Ŝ− ) zu gelangen — nämlich einfach diese Matrizen einzusetzen und auszurechnen, womit folgt µ µ ¶ ¶ ~ ~ 0 1 0 −ı ; Ŝy = . (4.64) Ŝx = 1 0 ı 0 2 2 Nun können wir mit der Definition (4.36) die Pauli-Spinmatrizen explizit formulieren ¶ ¶ µ ¶ µ µ 1 0 0 −ı 0 1 ; σ̂z = ; σ̂y = σ̂x = (4.65) 0 −1 ı 0 1 0 die für die Zeitentwicklung der Spinoren, siehe Gln. (4.34) & (4.35), entscheidend sind. Weiterführende Studien ranken sich um die Superposition von Drehimpulsen a la Gl. (4.23) aber auch die Addition von den Gesamtdrehimpulsen ˆ ˆ ˆ ~J = ~J1 + ~J2 . (4.66) Kombinationen ihrer Eigenwerte & -funktionen ˆ2 ~J i |l, m, χi = ji (ji + 1) |l, m, χi Ĵiz |l, m, χi = mij |l, m, χi (4.67) (4.68) führt zu den Clebsch-Gordon Koeffizienten. Der Satz gemeinsamer EF’s deuˆ2 tet auch hier wieder auf ein Satz von Observablen hin: Ĵz sowie ~J . Bezüglich weiterer Details der Drehimpuls-Superposition verweisen wir auf die Literatur (z.B. Schwabl). 174KAPITEL 4. TEILCHEN IM ELEKTROMAGNETISCHEN FELDERN Kapitel 5 Mehrteilchensysteme 5.1 Schwerpunkt- & Relativbewegung Zunächst betrachten wir 2 identische Teilchen ohne Spin, d.h. der Massen sind gleich m1 = m2 + m und deren WK-Amplitude hat die folgende Gestalt Ψ(~r1 , ~r2 , t) . (5.1) Die Dynamik ist natürlich mit der SGL ∂Ψ(~r1 , ~r2 , t) ˆ , ~r1 , ~r2 )Ψ(~r1 , ~r2 , t) ˆ , ~p = Ĥ(~p 2 1 ∂t mit dem Hamiltonian ı~ Ĥ = − ~2 (∆1 + ∆2 ) + U (~r1 , ~r2 ) 2m (5.2) (5.3) beschrieben. Die WK das Teilchen 1 im Volumen d3~r1 um den Ortsvektor ~r1 und gleichzeitig das Teilchen 2 im Volumen d3~r2 um den Ortsvektor ~r2 anzutreffen ist dp = |Ψ(~r1 , ~r2 , t)|2 d3~r1 d3~r2 und folglich lautet die Normierung Z d3~r1 d3~r2 Ψ∗ Ψ ≡ 1 . (5.4) (5.5) Im Falle, dass der Hamiltonian nicht explizit von der Zeit abhängt, kann wieder die Zeitabhängigkeit separiert werden µ ¶ Et Ψ(~r1 , ~r2 , t) = ϕ(~r1 , ~r2 ) exp −ı (5.6) ~ 175 176 KAPITEL 5. MEHRTEILCHENSYSTEME womit man die auf die stationäre SGK geführt wird (∆1 + ∆2 ) ϕ(~r1 , ~r2 ) = 2m {U (~r1 , ~r2 ) − E} ϕ(~r1 , ~r2 ) . ~2 (5.7) In vielen Anwendungsfällen ist das Potenzial nur vom Abstand beider Teilchen U (|~r1 − ~r2 |) bestimmt, was sofort die Aufspaltung des quantenmechanischen Problems in Schwerpunkt- & Relativkoordinaten ~r = ~r1 − ~r2 ; ~rS = 1 m1~r1 + m2~r2 = (~r1 + ~r2 ) m1 + m2 2 (5.8) mit der Rücktransformation µ 1 ~r = ~rS + ~r m1 2 µ 1 = ~rS − ~r = ~rS − ~r m2 2 ~r1 = ~rS + ~r2 (5.9) (5.10) mit der Effektivmasse µ = m1 m2 /(m1 +m2 ). Für die Impulseoperatoren des Schwerpunkts und der Relativbewegung gilt analog zur Klassik ˆ ˆ ˆ = m2 ~p1 − m1 ~p2 ~p m1 + m2 = ´ 1 ³ˆ ˆ ~p1 − ~p 2 2 ˆ , ˆ + ~p ˆ ~p p 2 1 S = ~ (5.11) (5.12) wobei die rechten Ausdrücke für den hier relavanten Spezialfall m1 = m2 = m stehen. Völlig analog zur Klassik impliziert die Energieerhaltung, dass à ! ˆ2 ˆ2 ˆ2 ˆ2 ˆ2 ~p ~p ~p ~p ~p 1 ˆ2 2 S S 1 ~p + + = + = (5.13) 2m1 2m2 2µ 2(m1 + m2 ) m 4 gelten muss. Gemäß dem Korrespondenzprinzip haben wir wieder zu setzen ˆ = ~ ∇~r ~p ı ˆ = ~ ∇~r ; ~p S S ı womit dann die SGL (5.7) die Gestalt µ 2 ¶ ~ 1 − ∇~r + U (~r) − E ϕ = ∇~r ϕ 2µ 2M S (5.14) (5.15) annimmt – für identische Teilchen setze µ = m/2 und M = m1 + m2 = 2m. 5.2. PERMUTATIONEN – FERMIONEN – BOSONEN Wieder ist die Wellenfunktion mit dem Ansatz ´ ³ ϕ = exp ı~kS · ~rS Φ(~r) 177 (5.16) separierbar und man erhält die SGL für die Relativbewegung eines Teilchens mit der Effektivmasse µ und der Gesamtmasse des Systems M à ! ¾ ½ 2 2 ~2~kS2 ~ ∂ + U (r) Φ = E− Φ = Ẽ Φ , (5.17) − 2µ ∂~r2 2M wobei Ẽ = E − ~2~kS2 /(2M ) die Energie der Relativbewegung ist. Wir können der Einfachheit annehmen, dass der Schwerpunkt ruhen möge, ~k 2 → 0 und Ẽ → E – womit wir dann im Beispiel des Zentralpotenzials (H S - Atom) wieder exakt das gleiche Einteilchenproblem vorliegen haben, nur mit dem Unterschied, dass die Elektronenmasse me durch die Effektivmasse (mit der Protonenmasse mp ≈ 1836me ) ersetzt werden muss µ = me mp = 0.999533me . me + mp (5.18) Die Kernkorrekturen bei den Energienivieaus sind klein – Promille – jedoch sehr wohl meßbar. 5.2 Permutationen – Fermionen – Bosonen Zunächst betrachten wir zur Illustration wieder ein Zweiteilchensystem mit den orthogonalen Einzelzuständen Ψa (i) und Ψ(j) wobei das Argument i ≡ ~ri χi auf das i-te Teilchen am Ort ~ri mit der Spinvariable χi = | ↑ii oder χi = | ↓ii hindeutet. Hätten wir nicht quantenmechanische Tatsachen – nämlich Ununterscheidbarkeit – zu beachten sähe die kombinierte WK-Amplitude wie folgt aus Ψ(1, 2) = Ψa (1)Ψb (2) . (5.19) Das würde eindeutig benennen: Teilchen 1 im Zustand a und das andere in b. Nun können wir aber bei Quantensystemen keinewegs sagen, welches nun genau wo ist, sondern nur dass beide mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit entweder in a oder b anzutreffen sind. Um dieser Ununterscheidbarkeit Ausdruck zu verleihen, muss die Kombination 1 Ψ(1, 2) = √ {Ψa (1)Ψb (2) ± Ψa (2)Ψb (1)} 2 (5.20) 178 KAPITEL 5. MEHRTEILCHENSYSTEME angesetzt werden. Die Wahl des Vorzeichens spielt keine Rolle, denn die Orthogonalität der Zustände a und b erzwingt das Verschwinden der gemischten Zustände. Denn bilde ich aus den Wk-Amplituden die Wahrscheinlichkeiten erhalten wir h1, 2|1, 2i = 1 hΨa (1)Ψb (2) ± Ψa (2)Ψb (1)|Ψa (1)Ψb (2) ± Ψa (2)Ψb (1)i = = 2 = ha1 b2 |a1 b2 i ± ha1 b2 |a2 b1 i ± ha2 b1 |a1 b2 i + ha2 b1 |a2 b1 i = 1 ha1 |a1 ihb2 |b2 i ± ha1 |b1 ihb2 |a2 i ± ha2 |b2 ihb1 |a1 i + ha2 |a2 ihb1 |b1 i = = {z } | {z } | {z } | {z } 2 | ≡1 ≡0 ≡0 ≡1 1 1 (ha1 |a1 ihb2 |b2 i + ha2 |a2 ihb1 |b1 i) = (1 + 1) ≡ 1 . (5.21) = 2 2 Wobei es unerheblich, ob ich das negative oder das positive Vorzeichen nehme, die Normierung passt – beides sind gleichberechtigte ununterscheidbare Zweiteilchen-Zustände. Für beide gelten die Vertauschungsrelationen Ψ(1, 2) = ± Ψ(2, 1) , (5.22) d.h. wir haben es prinzipiell mit symmetrischen oder antisymmetrischen WK-Amplituden zu tun. Nun kann man aus der relativistischen Quantenmechanik folgern, dass für Teilchen mit ganzzahligem Spin (s = 0; 1; 2; ...) das positive Vorzeichen zu nehmen ist – das sind Bosonen – und dass entsprechend für solche mit halbzahligem Spin (s = 1/2; 3/2; ...) das negative gilt – es handelt sich um Fermionen. Von der Warte der nichtrelativistischen Quantenmechanik sind diese beiden Möglichkeiten axiomatisch zu verstehen. Das Pauli-Prinzip: Es ist unmöglich 2 Fermionen in ein und denselben Quantenzustand vorzufinden, d.h. sie können nicht in allen Quantenzahlen übereinstimmen. E smuss z.B. wenigstens die Spinvariable unterschiedlich sein ⇒ dann können die beiden Fermionen in n, l, m übereinstimmen, nur ihre Spins müssen verschieden sein. Im oben geschilderten Bild ist das recht einfach zu verdeutlichen. Befinden sich die beiden Fermionen [es gilt also das Minuszeichen in Gl. (5.20)] im Zustand indiziert mit a dann haben wir offensichtlich 1 Ψ(1, 2) = √ {Ψa (1)Ψa (2) − Ψa (2)Ψa (1)} ≡ 0 , (5.23) 2 5.2. PERMUTATIONEN – FERMIONEN – BOSONEN 179 d.h. die WK-Amplitude dieses Zustandes ist Null – m.a.W. dieser kann gar nicht existieren. Das entspricht dem Inhalt des Pauli-Prinzips. Wenden wir uns einem Beispiel zu: ⇒ 2 unkorrelierte Quantenteilchen im 1D-Potenzialkasten. Die Einteilchenlösung lautete Ψn (x, t) = kn = µ ¶ µ ¶ En En sin (kn x) · exp −ı t = ϕ(x) · exp −ı t (5.24) ~ ~ 2 2 nπ k ~ ; En = n 2 1 = n 2 E0 (5.25) a 2m 2 a Die unterscheidbare 2-Teilchen WK-Amplitude lautet nach oben Gesagtem ϕn1 n2 (x1 , x2 ) = ϕn1 (x1 ) ϕn2 (x2 ) ¢ ¡ En1 +n2 = n21 + n22 E0 , (5.26) (5.27) und damit ist der Grundzustand ϕ11 = 2 sin(k1 x1 ) sin(k1 x2 ) a ; E11 = 2E0 (5.28) sowie die angeregten Zustände ϕ12 = ϕ21 = 2 sin(k1 x1 ) sin(k2 x2 ) ; E12 = 5E0 a 2 sin(k2 x1 ) sin(k1 x2 ) ; E21 = 2E0 a (5.29) . (5.30) Somit sind diese beiden Zustände entartet – sie besitzen die gleiche Energie. Wie sieht es in diesem Beispiel mit den ununterscheidbaren Zuständen aus ϕij Eij 2 [sin(ki x1 ) sin(kj x2 ) ± sin(ki x2 ) sin(kj x1 )] ¡a 2 ¢ = i + j 2 E0 . ∝ (5.31) (5.32) Während bei Bosonen ebenfalls der Grundzustand i = j = 1 mit E11 = 2E0 existiert, ist dieser bei Fermionen nicht existent, denn es gilt ϕ11 ≡ 0. Selbiges gilt auch allgemein für alle i = j > 1 Entartungen — die sind bei Fermionen wegen des Pauli-Prinzips ausgeschlossen. 180 5.2.1 KAPITEL 5. MEHRTEILCHENSYSTEME N-ununterscheidbare Teilchen/Permutationen Gegeben seien N Teilchen, die von dem Hamiltonian ˆ , 1, 2, ..., N ) ˆ , ..., ~p ˆ , ~p Ĥ = Ĥ(~p N 2 1 (5.33) bestimmt werden und durch die WK-Amplitude Ψ = Ψ(1, 2, ..., N ) . (5.34) Wir führen den Permutationsoperator ein, dessen Wirkung durch die Beziehung P̂ij Ψ(..., i, ..., j, ...) = Ψ(..., j, ..., i, ...) (5.35) definiert ist. Offensichtlich ist auch, dass zweifache Anwendung von P̂2ij → 1 nichts bewirkt. Damit können die Ew’s als Phasenfaktor geschrieben werden P̂ij Ψ(..., i, ..., j, ...) = eiξ Ψ(..., i, ..., j, ...) = ± Ψ(..., i, ..., j, ...) . (5.36) Man sieht hier, dass die EF’s von P̂ij und Ĥ die gleichen sind. Das ist leicht einzusehen, denn unter der Voraussetzung, dass das Potenzial nur von den Interpartikelabständen bestimmt wird U (|~ri − ~rj |), womit gilt ˆ2 X ~p i + U (|~ri − ~rj |) , Ĥ = 2m i vertauschen der Hamiltonian und der Permutationsoperator [P̂ij , Ĥ] = 0 . (5.37) Damit wäre im Spezialfall von 2 Teilchen hinreichend begründet, warum nur die symmetrische bzw. antisymmetrische Kombination die tatsächliche Lösung des Problems sind, denn die Ψ(ij) sind sowohl EF’s des Permutationssowie des Hamiltonoperators. Obgleich die unterscheidbare Variante Lösung (symmetrisch) die SGL (das Energie EW-Problem) befriedigt, kombiniert diese nicht mit den EF’s des Permutationsoperators, d.h. es ist zwingend notwendig symmetrische und antisymmetrische Kombinationen zu kreieren, um einen Satz von gemeinsamen Eigenfunktionen zu erzeugen. Für 2 Teilchen ist es sehr einfach diese Kombinationen zu finden, wir haben sie oben schon genannt. Wie sehen diese für Bosonen und Fermionen aus? 5.2. PERMUTATIONEN – FERMIONEN – BOSONEN 181 Dafür wollen wir zunächst einmal die Eigenschaften beider Sorten noch einmal zusammentragen: Bosonen: In jedem Energieniveau Ei können sich beliebig viele Bosonen befinden. Für sehr niedrige Temperaturen kann es sogar eine Auskondensation aller/der meisten Teilchen in den Grundzustand geben – BoseEinsteinKondensation (siehe Spahn-Skript Statistische Phusik & Thermo” dynamik“ ⇒ Heimseite). Fermionen: In jedem Energieniveau Ei kann jeweils nur ein (bzw. 2, wenn Spin berücksichtigt) sitzen. Diese Eigenschaften berücksichtigend, wenden wir uns zunächst den vollständig symmetrischen Bosonen-WK Amplitude für N -Teilchen zu v u X 1 ϕS (1, ..., N ) = u P̂ ϕα1 (1) · ϕα2 (2)...ϕαN (N ) (5.38) t Q N ! Nj ! P j wobei die Ni die Vielfachheit darstellt, d.h. Ni mal tauchen gleiche Energieniveaus/Zustände α1 = αn = α..... M. a. W. N1 Teilchen sitzen im Zustand |1i, Nk im Zustand |ki u.s.w. Es sind zusätzlich noch folgende Nebenbedingungen mit zu berücksichtigen X X N = Nj ; E = Nj ǫj . (5.39) j j Der Vorfaktor kann wie folgt verstanden werden. Haben wir z.B. N1 , N2 , ..., NN Vielfachheiten können wir in der Summe über alle möglichen Permutationen Q von N !/ Ni ! ausgehen, die aber natürlich wegen der Ununterscheidbarkeit i alle nur wie einer zählen. Die Wurzel erscheint deshalb, weil ja richtige Wahrscheinlichkeiten erst durch das Produkt ϕ∗S ϕS entstehen. Mit der vollständigen asymmetrischen WK-Amplitude der Fermionen haben wir es einfacher, für alle Teilchen gilt aus dem Pauli-Prinzip N1 = N2 = ... = NN = 1, so dass wir erhalten r 1 X P̂ ϕα1 (1) · ϕα2 (2)...ϕαN (N ) . (5.40) ϕA (1, ..., N ) = N! P Man kann diese Kombination auch mit der Slater-Deteminante darstellen, die diese Asymmetrie gut veranschaulicht ¯ ¯ ¯ ϕα (1) · · · ϕα (N ) ¯ 1 1 ¯ ¯ 1 ¯ ¯ . . . . √ ϕA (1, ..., N ) = (5.41) ¯ ¯ . . . ¯ ¯ N! ¯ ¯ ϕαN (1) · · · ϕαN (N ) 182 KAPITEL 5. MEHRTEILCHENSYSTEME In der statistischen Physik werden die Eigenschaften der verschiedenen Quantenteilchen eine entscheidende Rolle spielen, denn sie beeinflussen wesentlich die Entropie S = kB ln W (5.42) über das statistische Gewicht W . Teilen wir das fast kontinuierliche Spektrum einer großen Zahl N von Teilchen in k Intervalle mit der Energie Ēk auf, in denen dort immer noch gk Niveaus liegen mögen, dann lautet das statistische Gewicht für Bosonen: W = Y (nk + gk − 1)! nk !(gk − 1)! (5.43) Y (5.44) k Fermionen: W = k gk ! nk !(gk − nk )! Mit diesen Ausdrücken variiert man die Entropie S inklusive ihrer NB’s (5.39) ! à X X = 0 , (5.45) δ S+µ Ni + β Ni ǫi i i nach den Bestzungszahlen ni , die letzlich meine Verteilung darstellen. Das Resultat ist für die Einzelniveaus ( 1 (Bose & Fermi) −1 exp βεi ∓1 λ F (5.46) n̄p~ = λF exp −βεi (Maxwell-Boltzmann) wobei λF = exp(βµ) die Fugazität ist. Literaturverzeichnis 183 184 LITERATURVERZEICHNIS Abbildungsverzeichnis 1.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 1.2 Die Kurven zeigen die verschiedenen Strahlungsgesetze: gestrichelt jenes von Rayleigh-Jeans (∝ ω 2 ), gültig für ω → 0 und das von Wien, welches korrekte Werte für große ω liefert. Das Planck’sche Strahlungsgesetz, welches beide Extreme vereint, ist die solide Kurve. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Zur Freisetzungsenergie Elib = Φ + EB eines Elektrons in einem Metall. Die Fermi-Energie (-kante) ist EF = −Φ und mit EB ist der energetische Abstand des Elektrons unter der Fermikante bezeichnet. Die kinetische Energie des Photoelektrons nach Freisetzung ist Ekin , so dass ein Photon der Energie ~ω = Elib + Ekin vonnöten ist, um das oben dargestellte Photoelektron zu produzieren. . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Die Abhängigkeit der Grenzspannung Ugr (ω) von der Energie (Frequenz ω) des Lichts (beides in willkürlichen Einheiten). Aus dem Anstieg der Messkurve kann man auf das Planck’sche Wirkungsquantum ~. Der Schnittpunkt mit der x-Achse Ugr = 0 = ~ ωlib markiert die Energie, die das Photon haben muss, um ein Elektron aus dem Metall zu lösen. . . . 37 Schematische Darstellung zum Compton-Effekt, dem Stoß von Photonen ~~k an ruhenden Elektronen mit der Ruhenergie E0 = me c2 . Das einfallende (~~k) und gestreute Photon (~~k ′ ) ist mit gestrichelten Linien gekennzeichnet, wohingegen das gestoßene“ Elektron (~ p′ ) durch den soliden Pfeil dargestellt ” ist. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 1.3 1.4 1.5 1.6 Doppelspaltexperiment zum Nachweis der Elektronenbeugung. 43 185 186 ABBILDUNGSVERZEICHNIS 1.7 1.8 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 Beitrag aller Pfade zur quantenmechanischen Wahrschein” lichkeitsamplitude“. Die wahre Trajektorie soll die waagerechte rote fette Linie darstellen, für die die Wirkung ja ein Minimum haben muss δW = 0 und somit konstant ist. Für alle anderen Trajektorien wird δW = 6 0 entsprechend der Abweichungen δxi von der klassichen Trajektorie variieren. Enscheidend ist, ob es sich um eine klassisches (W ≫ ~) oder eine quantenmechanisches System (W >& ~) handelt. Die Summe der von der klassischen Trajektorie abweichenden Einzelpfade Ψi ∝ exp {ıW/~} werden sich für eine klassisches System auslöschen, da jede Variation der Bahn große Änderungen in der Phase der Wellenfunktionsbeiträge δW/~ ≫ 1 nach sich ziehen (s. Text). Bei Quantensystemen ist hingegen δW ≈ O(~) und benachbarte Pfade liefern Beiträge, eben wegen der Unbestimmtheit von Orten und Impulsen. . . . . Die Amplitude des Wellenpakets (1.177) für die Werte ∆k = 1. Die Ausdehnung des Wellenpakets kann mit ∆x = 2π/∆k beziffert werden, wie man deutlich in dem Graphen erkennen kann. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 57 Illustration der Selektion der Eigenlösungen, die im Falle gebundener Zustände nur fürRbestimmte diskrete Eigenwerte Ei normierbare EF’s liefern: dx |ϕi (x)|2 = 1 . Passen die Werte Ea/b nicht, führt die Krümmung E − U zu divergierenden EF’s ϕa/b (Eigenfunktionen rechts oben und links unten). . . 87 Potenzialverläufe für die Fälle (B) und (C). . . . . . . . . . . 88 Der unendlich hohen Potenzialkasten. . . . . . . . . . . . . . 89 Links: Das eindimensionale Rechteckpotenzial. Rechts: Der rechteckige Potenzialtopf. Das Elektron möge sich aus Richtung x = −∞ mit der Energie E der Barriere/dem Topf nähern. Die Barriere/der Topf teilt die x-Achse in drei Regionen: I und III in denen sich das Teilchen frei U (x) = 0 bewegen kann und das Gebiet II in dem die Barriere energetisch höher ist als die kinetische Energie des Elektrons. Im Fall des Topfes ist in allen Gebieten das Elektron frei beweglich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Als Beispiel für ein periodisches Potenzial: U (x) = cos(2x). . 99 Illustration der erlaubten und unerlaubten Energiebänder. . 105 Schematische Darstellung des Beispiel-Potenzials U (x). . . . 106 ABBILDUNGSVERZEICHNIS 187 2.8 Die Bänderstruktur des Kasten-Potenzials (2.101) für das geometrische Verhältnis a/b = 30. Links: Die Bänder für Energien, die kleiner als U0 = 1 sind; Rechts: Gleiches für Energien E ≥ U0 = 1. Für die Breite der Barriere ist b = 1 gesetzt und die Energieeinheit ist als ~ω = 1 gesetzt, d.h. wir haben willkürliche Skalierungen für die Energien und auch für die Längenskalen ξ = x für diesen Plot gewählt. Die Größe des Potenzials U0 ist durch die dünne vertikale Linie markiert. Die verbotenen Bereiche kann man an den abgeschnittenen Bereichen der sonst glatten Funktion F (E) erkennen. Durch dünne gestrichelte Linien sind die abgeschnittenen, d.h. verbotenen Energiebereiche gekennzeichnet. Man erkennt auch, dass hin zu höheren Energien die verbotenen Zonen immer schmaler und spärlicher werden, bis jenseits von E > 3 nahezu Verhältnisse freier Teilchen vorliegen. . . . . . . . . . . . 108 2.9 Entwicklung eines Realpotenzials in der Nähe eines lokalen Minimums bei x = x0 . Der quadratische Term der Entwicklung ist durch die gestrichelte Kurve gekennzeichnet. . . . . 110 2.10 Die ersten drei EF’s, ϕ0 , ϕ1 , ϕ2 , des harmonischen Oszillators (gestrichelte Linie) sowie das Potenzial für die artifiziellen Werte m = ~ = ω = 1. Die drei Energieeigenwerte (En = (n + 1/2) für n = 0, 1, 2) sind als dünne horizontale Linien dargestellt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 3.1 3.2 3.3 Die ersten vier Grade der axialsymmetrischen zonalen Kugelfunktionen in polarer Darstellung. . . . . . . . . . . . . . . . 150 ³ ³ ´ ´ |1| 2 |1| 2 Oben links: P1 cos2 φ ; Oben rechts: P1 sin2 φ ; ³ ³ ´ ´ |2| 2 |2| 2 Unten links: P2 cos2 2φ ; Unten rechts: P2 sin2 2φ. Alle Funktionen sind in der Äquatorialebene , d.h. bei θ = ” ” π/2 oder cos θ = 0, dargestellt. . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Das Effektivpotanzial Uef f in atomaren Einheiten für die Drehimpulseigenwerte l = 0 (gestrichelte Kurve), l = 1 (durchgezogen) und l = 2 & 3 (Rest). . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 188 ABBILDUNGSVERZEICHNIS Tabellenverzeichnis 189