Die Biosynthese von Phenazinen The Biosynthesis of Phenazines

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Jahrbuch 2005/2006 | Ahuja, Ekta G.; Bayer, Peter; Blankenfeldt, W ulf; Janning, Petra; Herde, Petra; Mavrodi,
Dmitri V.; Thomashow , Linda S. | Die Biosynthese von Phenazinen
Die Biosynthese von Phenazinen
The Biosynthesis of Phenazines
Ahuja, Ekta G.; Bayer, Peter; Blankenfeldt, W ulf; Janning, Petra; Herde, Petra; Mavrodi, Dmitri V.; Thomashow ,
Linda S.
Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie, Dortmund
Korrespondierender Autor
E-Mail: w [email protected]
Zusammenfassung
Phenazine sind stickstoffhaltige aromatische Verbindungen mit antibiotischer W irkung, die von vielen Bakterien
synthetisiert und zur Verteidigung ihres Lebensraums in die Umgebung abgegeben w erden. Die Biosynthese
der Phenazine zw eigt von der aromatischen Aminosäurebiosynthese ab und ist im Detail nicht geklärt.
W issenschaftler am MPI für molekulare
Physiologie
in Dortmund haben gezeigt, dass
die
w ichtige
Zw ischenstufe 2,3-Dihydro-3-hydroxyanthranilsäure von einem Enzym mit dem Namen PhzF zu einem Keton
isomerisiert w ird. Dieses Produkt dimerisiert und durchläuft anschließend mehrere Oxidations- und eine
Decarboxylierungsreaktion, um schließlich als Phenazin-1-Carboxylsäure den Synthesew eg zu verlassen. Die
Untersuchungen mit strukturbiologischen und biochemischen Methoden machen klar, w elche Enzyme die
jew eiligen Schritte katalysieren, und liefern somit erstmals ein relativ vollständiges Bild dieses interessanten
Biosynthesew egs.
Summary
Phenazines are nitrogen-containing aromatic compounds w ith antibiotic properties that many bacteria
synthesize and secrete into their environment to defend themselves against other competing microorganisms.
Phenazine biosynthesis branches off the shikimate pathw ay but details remain elusive. Scientists from the MPI
for molecular physiology have demonstrated that PhzF, a conserved enzyme of the bacterial phenazine
biosynthesis operon, isomerises 2,3-dihydro-3-hydroxo anthranilic acid to a ketone. This product dimerises and
subsequently undergoes several oxidation and a decarboxylation reaction to yield phenazine-1-carboxylic acid,
the end product of the pathw ay. Using an approach that involves structural and biochemical methods,
scientists in Dortmund have obtained evidence for the catalytic role of each of the enzymes of the phz-operon
and are able to generate an almost complete structural and mechanistic picture of this interesting pathw ay.
Phenazinderivate in pathogenen Keimen
Phenazine sind stickstoffhaltige aromatische Verbindungen, die von vielen Bakterien synthetisiert und in das
umgebende
Medium abgegeben w erden. Sie
besitzen antibiotische
Aktivität, da
sie
aufgrund ihrer
elektrochemischen Eigenschaften Sauerstoff durch Reduktion aktivieren können und somit eine toxische
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W irkung auf empfindliche Zellen besitzen. Die Synthese von Phenazinen verschafft den sie produzierenden
Bakterien somit einen kompetitiven Vorteil bei der Besiedlung und Verteidigung ihres Lebensraumes.
Zusätzlich spielen einige Phenazin-Derivate eine w ichtige Rolle in bakteriellen Infektionskrankheiten. Ein
Beispiel ist das blaue Phenazinpigment Pyocyanin, das von Pseudomonas aeruginosa synthetisiert w ird, einem
w ichtigen pathogenen Bakterium, das zu chronischen Lungeninfektionen bei 95 Prozent aller MukoviszidosePatienten führt und eine der Hauptursachen für Krankenhausinfektionen darstellt. Pyocyanin trägt über
verschiedene Mechanismen zur Gew ebeschädigung bei. Im Mausmodell konnte gezeigt w erden, dass das
Immunsystem P. aeruginosa besser bekämpfen kann, w enn dessen Pyocyanin-Produktion beeinträchtigt ist.
Mehr als 50 in der Natur vorkommende Phenazinderivate sind bekannt; eine Ausw ahl ist in Abbildung 1
gezeigt.
Einige in de r Na tur vork om m e nde P he na zinde riva te .
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Enzymatik der Phenazin-Biosynthese
Obw ohl
das
Phänomen
der
bakteriellen
Phenazin-Biosynthese
erstmals
bereits
um
1850
in
der
w issenschaftlichen Literatur beschrieben w urde, sind w esentliche Details nicht aufgeklärt. Das Team um W ulf
Blankenfeld hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese W issenslücke mit einer Kombination aus biochemischen
und strukturbiologischen Methoden zu schließen.
Die Biosynthese von Phenazinen ist ein Nebenzw eig der aromatischen Aminosäurebiosynthese. Mit radioaktiv
markierten Verbindungen w urde in den 1970er-Jahren gezeigt, dass das Phenazingerüst in einer nicht näher
charakterisierten Dimerisierung von zw ei Chorismatmolekülen (Strukturformel siehe Abb. 4)gebildet w ird [1].
Das hierfür verantw ortliche phz-Operon, das in dem verw endeten Modellorganismus Pseudomonas fluorescens
2-79 die sieben Gene phzA-G enthält, w urde schließlich im Jahr 1998 erstmals vollständig sequenziert [2]. Von
den Produkten dieser sieben Gene w erden offenbar fünf Reaktionen katalysiert, die Chorismat in Phenazin-1Carboxylat (PCA) umw andeln. PCA stellt w ahrscheinlich die gemeinsame Vorstufe für die w eitere Modifizierung
zu stammspezifischen Phenazinderivaten dar.
Durch Sequenzvergleiche und Versuche mit Zellextrakten aus E. coli-Bakterien, die Teile des phz-Operons
exprimieren, zeigten die Forscher, dass Chorismat von PhzE zu 2-Amino-4-desoxychorismat (ADIC) umgesetzt
w ird. PhzE gehört zur Familie der Anthranilatsynthasen, katalysiert aber nicht w ie diese die Weiterumsetzung
von
ADIC
zu
Anthranilat.
In
der
Phenazin-Biosynthese
w ird
ADIC
durch PhzD
zu
2,3-Dihydro-3-
hydroxyanthranilat (DHHA) gespalten. Die Funktion der übrigen Enzyme PhzA, PhzB, PhzF und PhzG w ar zu
Beginn der eigenen Untersuchungen nicht geklärt [3].
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Die Dortmunder Arbeitsgruppe hat die Phz-Enzyme aus P. fluorescens 2-79 rekombinant produziert und die
Strukturen von PhzA, PhzD, PhzF und PhzG kristallografisch bestimmt (Abb. 2) [4-6].
R öntge nk rista llogra fisch e rm itte lte Struk ture n de r Enzym e
P hzA, P hzD, P hzF und P hzG; da rge ste llt in sog. Bä nde rform .
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Zusätzlich
zur
Strukturbestimmung
w urden
kernresonanz-
und
massenspektrometrische
Experimente
durchgeführt, die zeigen, dass PhzF Isomerasefunktion besitzt und 2,3-Dihydro-3-hydroxyanthranilat durch
eine [1,5]-Protonenverschiebung in das korrespondierende Keton 2 überführt. Die Untersuchungen liefern
zudem Hinw eise darauf, dass das Keton spontan – w ahrscheinlich unter Bildung einer doppelten Schiff’schen
Base – zur Phenazin-Vorstufe 3 dimerisiert. Diese Reaktion könnte ebenfalls durch PhzF unterstützt w erden,
indem zw ei Ketonmoleküle nach Verlassen der beiden aktiven Zentren des PhzF-Dimers in einem relativ
abgeschlossenen Raum zw ischen den Monomeren zusammengeführt w erden (Abb. 3).
R e a k tionsze ntre n im P hzF-Enzym : a ) Da s a k tive Ze ntrum von
P hzF im Kom ple x m it de m Substra ta na logon 3Hydrox ya nthra nilsä ure (3O HAA). Die se Struk tur ze igt, da ss die
Gluta m insä ure -45 de s P rote ins e in P roton vom
Kohle nstoffa tom -3 de s Substra ts 2,3-Dihydro-3hydrox ya nthra nila t (DHHA) e ntfe rnt. b) Mögliche
R e a k tionsste lle für die Dim e risie rung de s Ke tons 2 in P hzF.
Die se r ha lba bge schlosse ne R a um e ntste ht e rst, we nn P hzF
durch Bindung e ine s Liga nde n in die ge schlosse ne
Konform a tion übe rführt wird.
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Zur großen Überraschung der Forscher bleibt die Umsetzung von 2,3-Dihydro-3-hydroxyanthranilat auch auf
der Stufe
des
Zw ischenprodukts 3 nicht stehen, sondern es kommt zu einer spontanen oxidativen
Decarboxylierung mit einem Produkt, das w ahrscheinlich der Struktur 4 entspricht (Abb. 4). Diese Reaktion
könnte durch den mit der teilw eisen Aromatisierung einhergehenden Stabilitätsgew inn angetrieben w erden
und liefert einen ersten Hinw eis darauf, w arum in der bakteriellen Phenazinsynthese in der Regel Phenazin-1-
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Carboxylsäure und nicht Phenazin-1,6-Dicarboxylsäure als erste stabile Phenazinverbindung erzeugt w ird.
Massenspektroskopische Versuche und Experimente zur Bestimmung der Sauerstoffkonzentration zeigen an,
dass dieser Schritt auch katalysiert unter Beteiligung von PhzB erfolgen kann und dass Sauerstoff in dieser
Reaktion als Elektronenakzeptor fungiert. Dies ist insofern überraschend, als PhzB keinen Cofaktor enthält,
der mit Sauerstoff interagieren könnte.
Mom e nta ne r Ke nntnissta nd de r Biosynthe se von P he na zin-1C a rbox ylsä ure : Struk ture ll nicht nä he r be stim m te
Inte rm e dia te bzw. nicht nä he r cha ra k te risie rte
R e a k tionsschritte sind in gra u da rge ste llt.
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Um zur Phenazincarboxylsäure umgew andelt zu w erden, muss das Zw ischenprodukt 4 noch zw ei w eitere
Zw ei-Elektronen-Oxidationen durchlaufen. Eine dieser Oxidationen w ird mit Sicherheit von PhzG katalysiert,
einem Flavinmononucleotid (FMN)-bindenden Enzym, das mit Pyridoxamin-Oxidase verw andt ist. Die in
Dortmund bestimmte Struktur von PhzG im Komplex mit Phenazincarboxylsäure zeigt, dass das Enzym ein
tricylisches, phenazinähnliches Substrat am Kohlenstoffatom 1 oxidiert (Abb. 5).
Es ist möglich, dass die abschließende Oxidation zur Phenazincarboxylsäure direkt durch Sauerstoff erfolgt,
ähnlich der Regeneration des Cofaktors in FMN-abhängigen Enzymen. Für die Phenazin-Biosynthese ergibt sich
somit der in Abbildung 4 w iedergegebene Reaktionsw eg. Die W issenschaftler am MPI für molekulare
Physiologie w erden ihre Versuche in Zukunft auf die Untersuchung der Biosynthese in denjenigen Spezies
ausdehnen, für die Phenazin-1,6-Dicarboxylsäure als erste stabile Phenazinverbindung angenommen w ird.
Hierdurch w ollen sie w eitere Einblicke in die ungew öhnliche PhzB-katalysierte Decarboxylierungsreaktion
erhalten.
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Da s a k tive Ze ntrum von P hzG im Kom ple x m it de m
Endproduk t de s Biosynthe se we gs, P he na zin-1-ca rbox ylsä ure
(P C A).
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Acta Crystallographica D 60, 1129-1131 (2004).
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[5] Mavrodi, D. V., Bleimling, N., Thomashow, L. S. and Blankenfeldt, W.:
The purification, crystallization and preliminary structural characterization of PhzF, a key enzyme in the
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Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA 101, 16431-16436 (2004).
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