Die klassische Methode der Strukturaufklärung in der anorganischen Chemie ist die Röntgenbeugung. Doch auch diese Methode kennt ihre Grenzen. So ist auf diesem Wege beispielsweise die Strukturaufklärung von Gläser und synthetischen Polymeren oder allgemeinen von amorphen Stoffen nicht möglich. Hier hilft die Festkörper-NMR weiter. So wie jede Methode zur Strukturaufklärung hat auch die Festkörper-NMR nicht nur Vorteile. Nachteilig bei der Festkörper-NMR sind breite und undifferenzierte Linien sowie sehr lange Spin-Gitter-Relaxationszeiten; gleichzeitig sind die Spin-Spin-Relaxationszeiten sehr kurz. Dies führt zu langen Wartezeiten zwischen den Pulsen, da es länger dauert, bis die Spinsysteme wieder Boltzmann-verteilt sind. Grund für die Verbreiterung der Linien im Festkörper-NMR ist einerseits die Dipol-DipolWechselwirkung zwischen den Kernspins und anderseits die Anisotropie der chemischen Verschiebung. Die Dipol-Dipol-Wechselwirkung hängt von der Orientierung der Dipole zueinander und vom Abstand der Dipole ab. Die Verbreiterung der Linien kommt nun dadurch zustande, dass das magnetische Moment der Kerne ein lokales Magnetfeld erzeugt, welches im Gegensatz zu flüssigen Proben in Festkörpern nicht zu null gemittelt wird. Die Größenordnung der DipolDipol-Felder liegt etwas bei 10-3T, was zu einer Linienverbreiterung von 104 Hz führt. Wird an ein Atom ein äußeres Magnetfeld angelegt, so hat dies je nach elektronischer Umgebung unterschiedliche lokale Magnetfelder zur Folge, die sich zum äußeren Magnetfeld addieren. Daraus ergibt sich eine unterschiedliche chemische Verschiebung, die Anisotropie der chemischen Verschiebung. Die Fähigkeit des Feldes, Kreisströme zu induzieren, hängt von der Orientierung des Moleküls zum Magnetfeld ab. In der Flüssigkeits-NMR werden isotrope chemische Verschiebungen gemessen, da die Moleküle durch die Brown´sche Molekularbewegung so stark rotiert werden, dass alle richtungsabhängigen Wechselwirkungen gemittelt werden. Diese Rotation ist in Festkörpern natürlich kaum vorhanden, da es sich hier um eine statische Anordnung der Moleküle handelt. Die Anisotropie kann also nicht ausgemittelt werden; die chemische Verschiebung hängt vom Winkel zwischen der Hauptachse des Moleküls und der Richtung des Feldes ab. Die Anisotropie lässt sich im Festkörper ausmitteln, indem die Probe rotiert wird. Dieses Verfahren wird Magic Angle Spinnig (MAS) genannt. Hierfür ist eine schnelle Rotation um den magischen Winkel von 54,7° notwendig. Der magische Winkel ergibt sich aus dem Term (1-3cos² 0 und der Rotationsachse dar. Die Wechselwirkungen, welche die Verbreiterung der Linien herbeiführen, werden bei der Rotation um diesen Winkel auf null gemittelt, so dass die isotrope chemische Verschiebung gemessen werden kann. Die Rotationsgeschwindigkeit ist hierbei auch von entscheidender Bedeutung. Um ausschließlich die isotrope chemische Verschiebung zu erhalten, muss die Rotationsgeschwindigkeit groß genug sein, um die Anisotropie vollständig rauszumitteln. Geschieht diese nicht, so werden im Spektrum außer dem iso noch weitere sogenannte iso und der ersten Rotationsseitenbande beträgt, genau wie der Abstand zwischen den zu einem Kern gehörigen r. Auf diesen Weise lässt sich auch feststellen, welche Rotationsseitenbanden zu welchem Kern zuzuordnen sind. Skizze des Aufbaus: 1 Als Zeemann-Wechselwirkung wird die Wechselwirkung des magnetischen Moments des Kerns mit dem angelegten Magnetfeld bezeichnet. Das magnetische Moment des Kerns ist proportional zum Kernspin. Die Änderung des Magnetfeldes äußeren Magnetfeld, wobei die Proportionalitätskonstante die chemische Verschiebung ist. Die chemische Verschiebung ist eine anisotrope Größe, da das lokale Feld und das äußere Magnetfeld nicht dieselbe Richtung haben müssen. Sie kann also durch eine 3x3-Matrix dargestellt werden: Aufgrund der Zeeman-Wechselwirkung leistet hierbei nur die Komponete in Richtung des angelegten Magnetfeldes einen Energiebeitrag. Die Anisotropie lässt sich durch eine symmetrisch 3x3-Matrix darstellen, da sie eine tensorielle Größe ist. Allgemein ist somit die Beschreibung der chemischen Verschiebung eines Moleküls mit beliebiger Orientierung zum Magnetfeld mit nur sechs statt vorher neun Parametern möglich. Durc Hauptkomponenten des Tensors beschreiben. 11 22 33 die Wird eine pulverisierte Probe gemessen, so sind die Orientierungen der chemischen Verschiebung bzgl. der z-Achse statistisch verteilt, weshalb die Orientierungsabhängigkeit der xx yy zz bestimmen. Durch Transformation wird eine andere Darstellung der Hauptwerte erreicht, die chemisch besser zugänglich ist. Die iso aniso iso aniso Asymmetrieparameter. Zum besseren Verständnis dieser Begriffe hier einige anschauliche Beispiele: Zunächst soll eine tetraedrische Molekülanordnung, wie sie zum Beispiel im Phosphat (PO43-) vorliegt, betrachtet werden: 2 Im Tetraeder sind vier C3-Achsen vorhanden, die jeweils durch die Schwerpunkte der Tetraederflächen und die gegenüberliegenden Sauerstoffe führen. Eine Vorzugsachse ist hierbei nicht zu erkennen, da alle C3-Achsen äquivalent sind. Was bedeutet dies für iso aniso Zunächst einmal zur Asymmetrie öchst symmetrisches Gebilde. Seine Axialsymmetrie führt zu einem Asymmetrieparameter von Die Äquivalenz der C3-Achsen führt zu einer relativ niedrigen Anisotropie. Wird nun an diesem Tetraeder eine Ecke mit einem anderen Atom besetzt (z.B. PO3S3-), so bleibt zwar die Axialsymmetrie erhalten, es ist aber nun eine Vorzugsrichtung der Achsen festzustellen: Der Asymmetrieparameter wird hier nach wie vor gleich null sein, allerdings wird sich der Wert für die Anisotropie ändern, da eine Winkelabhängigkeit zwischen der Vorzugsachse und dem angelegten Magnetfeld besteht, die im PO43—Tetraeder nicht vorhanden war. Auf diese Weise lassen si untersuchten Stoffes ziehen. iso aniso ückschlüsse über die Symmetrie des Aufgabe 3.1.1 Messung des 31P NMr-Spektrums Es werden drei Spektren der Substanz Ag7P3S11 gemessen, wobei die Rotationsgeschwindigkeit der Probensubstanz variiert wird. Die Rotationsgeschwindigkeiten betragen bei Messung I 15.4kHz, bei Messung II xxx kHz und bei Messung III xxx kHz. Aufgabe 3.1.2 Bestimmung der Tensorparameter der chemischen Verschiebung durch Simulation Es werden Spektren simuliert, die den experimentellen Ergebnissen möglichst nah kommen sollen. Dazu werden in die experimentell erhaltenen Werte genutzt, um Spektren per Computer zu simmulieren. 3 Die isotrope chemische Verschiebung ist unabhängig von der Rotationsgeschwindigkeit und kann somit relativ leicht aus den Spektren abgelesen werden. Es zeigt sich, dass drei unterschiedlich koordinierte Phosphoratome im System enthalten sein müssen, da sich drei Werte für die isotrope chemische Verschiebung ermitteln lassen: iso= 102.0 ppm iso´= 99.8 ppm iso´´= 90.7 ppm Die anisotrope chemische Verschiebung und die Asymmetrie lassen sich nun aus den Werten der isotropen chemischen Verschiebung ermitteln: aniso= bb cc – aa iso aniso Um die Werte für aa bb cc zu erhalten, wird das Spektrum mit der geringsten Probenrotationsgeschwindigkeit betrachtet. Dort lassen sich die Signale der drei unterschiedlichen Phosphoratome gut auseinanderhalten, indem zunächst die Signale bei den Werten der isotropen chemischen Verschiebungen mit unterschiedlichen Farben markiert werden. Der Abstand zwischen dem Wert der isotropen chemischen Verschiebung und dem ersten Rotationsseitenband entspricht der Rotationsfrequenz. Äquidistante Signale gehören also zu jeweils einem Phosphor (Umsetzung siehe Anhang). Anschließend werden die Signale miteinander verbunden, so dass drei Signale erscheinen, die jeweils wie folgt aussehen: 4