Abstract für die Sitzung „Neues aus Gastroenterologie und Hepatologie“ Neue Konzepte in der Therapie hepatobiliärer Tumoren Vortragender: Prof. Dr. M. Ebert II. Medizinische Klinik des Klinikums rechts der Isar der TU München, Ismaninger Straße 22, 81675 München Die Therapie des fortgeschrittenen hepatozellulären Karzinoms ist sehr differenziert zu betrachten, wenngleich die Fortschritte in der systemischen Therapie den Entwicklungen in anderen gastrointestinalen Tumore deutlich hinterherhinken. Entsprechend den Richtlinien verschiedener internationaler Fachgesellschaften richtet sich daher die Therapie des hepatozellulären Karzinoms nach dem klinischen Zustand des Patienten , der Leberfunktion und der Größe bzw. Lokalisation des Tumors in der Leber. Dabei kommen verschiedene Therapiemodalitäten zum Einsatz, die von der Resektion, der Lebertransplantation, lokal ablativer Verfahren bis zur Chemoembolisation und systemischen Therapie reichen. Während die Resektion und Lebertransplantation einen klaren Benefit für Patienten mit lokal begrenztem hepatozellulärem Karzinom erbringen, so ist die Wertigkeit der lokal ablativen Verfahren und der Chemoembolisation immer noch Gegenstand aktueller Diskussionen. Dies gilt auch für die systemische Chemotherapie, für die bislang kein Standard in der Therapie des fortgeschrittenen, nichtresektablen hepatozellulären Karzinoms definiert wurde. Entsprechend findet sich im Jahre 2006 keine randomisierte Phase-III-Studie, die klar einen Überlebensvorteil einer Chemotherapie beim hepatozellulären Karzinom erzielt hat. Generell wird dieser Tumor daher als wenig chemosensitiv angesehen, dennoch zeigen erste, bislang vorläufige, Daten aus Phase-II-Studien, dass die Kombination von Chemotherapie mit Biologicals eine Verbesserung im Tumoransprechen und progressionsfreien Überleben erreichen könnte. In aktuellen Untersuchungen, die auf dem diesjährigen ASCO präsentiert wurden, konnte ein möglicher Benefit der Kombination von Angiogeneseinhibitoren, wie dem Bevacizumab in Kombination mit Cabecitabine und Oxaliplatin beim hepatozellulären Karzinom nachgewiesen werden (Sun et al. Abstractnr. 4574). In Analogie dazu zeigte die Arbeitsgruppe von Louafi et al. (Abstractnr. 4594) ein progressionsfreies Überleben von 4,5 Monaten und ein medianes Gesamtüberleben von 9,2 Monaten in der Kombination von Cetuximab, einem EGF-RezeptorAntikörper und der Kombination mit Gemcitabine und Oxaliplatin. Das Hauptinteresse des diesjährigen ASCO lag jedoch auf der Analyse der SHARP-Studie, eine Phase-III-Studie die die Wirksamkeit der Therapie mit Sorafenib, einem Multityrosinkinaseinhibitor (RAF, VEGFR) beim hepatozellulären Karzinom untersuchte. Sorafenib hemmt dabei einerseits verschiedene Tyrosinkinaserezeptoren und zusätzlich die Aktivierung der RAF-Kinase und hat dabei hemmende Einflüsse auf die Angiogenese, die Invasion, Metastasierung und Tumorzellproliferation. Auf der Basis der Phase-II-Studie von Abou-Alfa et al. (JCO 2006), mit einem medianen Überleben von 9,2 Monaten bei tolerabler Toxizität wurde eine Phase-III-Studie initiiert, die die Effektivität der Therapie von Sorafenib versus Placebo beim hepatozellulären Karzinom bei Patienten mit Child-AZirrhose untersuchte. Patienten mit hepatozellulärem Karzinom Child-A-Stadium, erhielten 2 × 400 1 mg Sorafenib bzw. Placebo. Hinsichtlich der Patientencharakteristika (Alter, Geschlechtsverteilung, Ätiologie, Leberfunktion, Vortherapie) zeigte sich kein Unterschied in der Verum- bzw. Placebogruppe. Interessanterweise wiesen die Patienten mit Sorafenib jedoch ein deutlich verlängertes progressionsfreies Überleben auf (median 24 Wochen) gegenüber der Patientengruppe, die mit Placebo behandelt wurden (median 12,3 Wochen; Hazard Ratio 0,58, 95% Konfidenzintervall 0,44,0,74; p=0,000007). In Analogie dazu zeigte sich auch eine deutliche Verbesserung des Gesamtüberlebens in der Gruppe von Patienten mit Sorafenib (median 46,3 Wochen) gegenüber der Patientengruppe, die Placebo erhalten hatte (median 34,4 Wochen; Hazard Ratio 0,69, 95% Konfidenzintervall 0,55,0,88; p=0,00058). In der Subgruppenanalyse wiesen alle Patienten, die Sorafenib erhalten hatten einen Benefit gegenüber der Placebo behandelten Gruppe auf, dies galt für die Subgruppenanalyse hinsichtlich des klinischen Zustandes der Patienten, der extrahepatischen Manifestation, der Gefäßinfiltration oder der Kombination von Gefäßinfiltration und/oder extrahepatischer Manifestation. Auf der Basis dieser Daten und des günstigen Nebenwirkungsprofils wird daher die Therapie mit Sorafenib beim fortgeschrittenen hepatozellulären Karzinom derzeit als Standard der Erstlinientherapie angesehen. Hinsichtlich der Weiterentwicklung der Therapiestandards des hepatozellulären Karzinoms werden nun verschiedene Kombinationstherapien auf der Basis von Sorafenib beim hepatozellulären Karzinom evaluiert. In der II. Medizinischen Klinik am Klinikum rechts der Isar wird dazu die Kombination von Sorafenib und dem mTOR-Inhibitor Rad001 in dieser Patientengruppe im Rahmen einer prospektiven klinischen Studie evaluiert. Die systemische Therapie des nichtresektablen cholangiozellulären Karzinoms ist ähnlich wie die Therapie des hepatozellulären Karzinoms in der Vergangenheit als wenig erfolgreich angesehen worden. Entsprechend der Fortschritte bei anderen gastrointestinalen Tumoren, wird daher die Kombination von Chemotherapie mit targeted therapy in dieser Tumorentität analysiert. In einer Phase-II-Studie von Clark et al. (Abstractnr. 4637) wurde die Therapie von Gemcitabine/ Oxaliplatin in Kombination mit Bevacizumab beim fortgeschrittenen cholangiozellulären Karzinom und Gallenblasenkarzinom untersucht. Dabei zeigte sich ein medianes progressionsfreies Überleben von 7,6 Monaten. In einer Phase-II-Studie mit Sorafenib als Monotherapie bei fortgeschrittenem cholangiozellulären Karzinom und Gallenblasenkarzinom (Abstractnr. FF3) zeigte sich ein ähnliches medianes Gesamtüberleben von 9 Monaten, jedoch auch eine erhebliche Grad 3 und Grad 4 Toxizität mit Auftreten einer Thrombose mit tödlichem Verlauf, deutlicher Anstieg von Transaminasen und eine gastrointestinale Perforation und Blutung. Eine mögliche Therapieoption bei dieser Tumorentität stellt auch die photodynamische Therapie dar, die im Rahmen von zwei prospektiv angelegten Studien einen wesentlichen Benefit hinsichtlich der Lebensqualität und des Gesamtüberlebens bei Patienten mit cholangiozellulärem Karzinom erzielen konnte. In Zukunft sollte daher die multimodale Therapie in Kombination von photodynamischer Therapie und Chemotherapie bei dieser Tumorentität weiter untersucht werden. 2