Fragen zum Thema Glutarazidurie Typ 1 (GA1) A. Carnitin 1. Hat es Nachteile, wenn man Carnitin statt dreimal am Tag bei gleicher Menge nur zweimal am Tag nimmt? Die Supplementierung mit L-Carnitin (Levocarnitin) bei GA1-Patienten ist empfehlenswert, da hierdurch einerseits die natürliche Entgiftung des Körpers von Glutaryl-CoA (über die Bildung von Glutarylcarnitin) gefördert wird. Zusätzlich wird durch diesen Vorgang der sog. „freie Coenzym A-Pool“ der Zellen wieder aufgefüllt, der für den Energiestoffwechsel wichtig ist. Der Teil des zugeführten Carnitins, der nicht mit der Entgiftung über Glutarylcarnitin beschäftigt ist, steht dem Körper als „freies Carnitin“ zur Verfügung. Carnitin ist ein Transportstoff für langkettige Fettsäuren und spielt eine wichtige Rolle in der Energiegewinnung. Die Dosierung wird anhand des Gewichts und Alters des Kindes errechnet (empfohlene tägliche Startdosis: 100 mg/kg Körpergewicht in 3 Einzeldosen). Über die gleichmäßige Verteilung auf 3 Einzeldosen wird ein konstanter Spiegel von freiem Carnitin erreicht. Dies wird zumeist auch erreicht, wenn man die Dosis nur auf zwei Einzelgaben verteilt, jedoch nicht wenn man lediglich eine Einzeldosis verabreicht. Die Gabe von drei Einzeldosen ist somit ein Schutz vor ungleichmäßigen Carnitinkonzentrationen, falls eine Dosis im Tagesverlauf vergessen wird. 2. Warum hat man weniger Durst, wenn man Carnitin nimmt? L-Carnitin ist grundsätzlich ein sehr sicheres und nebenwirkungsarmes Medikament (und ein körpereigener Stoff). Ein vermindertes Durstgefühl ist als mögliche Nebenwirkung nicht beschrieben, dies schließt aber nicht aus, dass solche individuelle Reaktionen vorkommen können. Bei manchen Kindern wird das Auftreten von dünnen Stühlen (Carnitin wird nur zu ca. einem Viertel vom Dünndarm aufgenommen) und eines charakteristischen Körpergeruchs (durch die Produktion von Trimethylamin) beobachtet. 3. Wonach richtet sich, wieviel Carnitin ein Patient braucht, und wie oft muss die Kontrolle erfolgen? Die Dosierung richtet sich nach dem Alter der Kinder und dem Körpergewicht. Je jünger die Kinder sind, desto höher ist die notwendige Dosierung. Vom Neugeborenenalter bis einschließlich dem 3. Lebensjahr werden 100 mg/kg/Tag gegeben. Vom 4. – 6. Lebensjahr werden 50-100 mg/kg/Tag verabreicht, und nach dem 6. Lebensjahr 30-50 mg/kg/Tag. Der Carnitinstatus sollte regelmäßig kontrolliert werden, um einen Mangel frühzeitig zu erkennen. Die Häufigkeit der Kontrollen des Carnitinstatus im Plasma ist Teil der routinemäßigen biochemischen Verlaufskontrollen, die bei allen GA1-Patienten in den jeweiligen Stoffwechselambulanzen durchgeführt werden. Bis zum 1. Lebensjahr sollten diese alle 1-2 Monate, vom 1.-6. Lebensjahr vierteljährlich und ab dem 6. Lebensjahr halbjährlich durchgeführt werden. Ziel ist, dass sich das freie Carnitin im Normbereich befindet. 2 4. Gibt es ein Zusammenhang zwischen Carnitinmenge und Restaktivität des Enzyms? Ja. Je höher die Restenzymaktivität ist, desto geringer ist der Bedarf an Carnitin, da weniger Glutarylcarnitin produziert wird. Bei Kindern mit einem Niedrigausscheiderstatus ist deshalb die erforderliche Carnitinmenge im Verlauf häufig niedriger als bei Kindern mit einem Hochausscheiderstatus. Die Startdosis (100 mg/kg Körpergewicht/Tag in 3 Einzeldosen) ist zunächst bei allen Kindern gleich. 5. Was ist Glycin und weshalb wird es nicht ebenfalls wie Carnitin substituiert? Glycin ist eine Aminosäure, die vom Körper selbst gebildet wird und vielfältige Funktionen übernimmt. Bei manchen Stoffwechselkrankheiten (z.B. Isovalerianazidurie) wird neben Carnitin auch Glycin zur Förderung der Entgiftung gegeben. Bei der Therapie von Kindern mit GA1 spielt Glycin jedoch keine Rolle, da nur in sehr geringem Maße Glutarylglycin gebildet wird und die Entgiftung durch Carnitin effektiv ist. 3 B. Aminosäuren 6. Hat es Nachteile, wenn man die Aminosäurenmischung statt nur zweimal statt dreimal am Tag bei gleicher Menge nimmt? Eine Verteilung auf zwei Portionen im Anschluss an eine Hauptmahlzeit wäre auch möglich. Ob Nachteile entstehen, lässt sich nicht beantworten. Um sicher zu gehen, dass eine optimale Verwertung und über den Tag gleichmäßigere Verteilung der zugeführten Aminosäuren gegeben ist, wird empfohlen, die Aminosäurenmischung auf 3 Portionen verteilt zu den Hauptmahlzeiten zu nehmen. 7. Warum werden in der Broschüre keine Tryptophanwerte angegeben? Der Lysin-Anteil im Protein von Lebensmitteln (2-9%) ist höher als der von Tryptophan (ca. 0,5-1%). Lysin gilt als die Hauptquelle der entstehenden toxischen Metabolite (Glutaryl-CoA, Glutarsäure und 3-Hydroxyglutarsäure). Somit ist die Berechnung der Lysinzufuhr wesentlicher Bestandteil der lysinarmen Diät. Eine Berechnung der Tryptophanzufuhr ist hingegen nicht erforderlich. Um einen Tryptophanmangel zu verhindern, ist eine kleine Menge Tryptophan den in Deutschland verfügbaren lysinfreiein Aminosäurenmischungen beigesetzt. Tryptophan ist Vorläufer für den Botenstoff Serotonin. Ein Tryptophanmangel kann u.a. Schlaflosigkeit, Stimmungsschwankungen und Appetitverlust verursachen. 8. Ist es eine erwiesene Tatsache, dass der Lysinabbau in den Gehirnzellen in zwei unterschiedlichen Prozessen stattfindet, wobei nur in einem die Glutaryl-CoADehydrogenase eine Rolle spielt? Bei Menschen gibt es zwei Varianten des Lysinabbaus, den sog. Saccharopin-Weg und den Pipecolat-Weg. Der Saccharopin-Weg ist in der Leber der wichtigste Weg, der PipecolatWeg hingegen der wichtigste Abbauweg im Gehirn. Beide Wege treffen sich. Das Enzym Glutaryl-CoA-Dehydrogenase befindet sich in der gemeinsamen Endstrecke des Lysinabbauwegs. 9. Erlaubt die im Blut oder einer Gewebeprobe des Körpers gemessene Restaktivität einen Rückschluss auf die Aktivität des Enzyms in den Gehirnzellen? Dem Defekt der Glutaryl-CoA-Dehydrogenase liegt eine Mutation zugrunde, die alle Körperzellen in gleicher Form betrifft. Er wird autosomal-rezessiv vererbt und ist dadurch in jeder Körperzelle in der gleichen Form vorhanden. Die Messung der Enzymaktivität in Leukozyten (weißen Blutkörperchen) oder Fibroblasten (Hautzellen) wird stellvertretend für alle anderen Körperzellen bestimmt. Diese Verfahrensweise wird auch bei anderen Krankheiten erfolgreich angewendet. 10. Ist es möglich, den Gehirnzellen in katabolen Stoffwechsellagen zusätzliche Energie zur Verfügung zu stellen und so den sekundären Zelltod zu verhindern? Die Bereitstellung von ausreichend hohen Mengen an Glukose, dem wichtigsten Energielieferanten des Gehirns, ist die beste, uns bekannte Notfallmaßnahme. Die Glukosezufuhr sichert den Energiebedarf und verhindert – durch Stimulation der 4 Insulinausschüttung – einen Abbau des körpereigenen Eiweißes und der vermehrten Anreicherung von Glutarsäure und 3-Hydroxyglutarsäure. 11. Zirkulieren im Gehirn dieselben Mengen von Aminosäuren oder findet eine Auswahl oder Gewichtung statt? Die Menge der Aminosäuren im Gehirn variiert von Aminosäure zu Aminosäure. Dies ist abhängig von dem Vorhandensein spezifischer Transporter, die Aminosäuren vom Blut in das Gehirn über die sog. Blut-Hirn-Schranke transportieren. Die Konzentrationen der essentiellen Aminosäuren sind deshalb im Gehirn und Liquor („Nervenwasser“) niedriger als im Blut. Eine Ausnahme bilden diejenigen (nicht-essentiellen) Aminosäuren, die vom Gehirn in hohem Maße selbst neu gebildet werden können (z.B. Glutamat, das als Neurotransmitter verwendet wird). 12. Wird im Gehirn von Patienten mit GA1 mehr Glukose benötigt als bei gesunden Menschen? Nein, es gibt keine Hinweise dafür, dass Patienten für eine normale Hirnfunktion eine höhere Menge an Glukose benötigen. Dies ist jedoch aktuell Gegenstand von neuroradiologischen Untersuchungen. 13. Brauchen die Patienten mit GA1 allgemein eine höhere Glukosezufuhr als gesunde Menschen? Es gibt keinen Hinweis darauf, dass der Bedarf sich unterscheidet. Tritt eine Dystonie auf, kann sich der Energiebedarf verändern. Dies ist jedoch vom Schweregrad abhängig. 14. Welche Chancen sehen Sie, dass in absehbarer Zeit ein verlässlicher Indikator für eine aktuelle diätetische Problematik gefunden wird – beispielsweise durch Bestimmung des Verhältnisses von Arginin und Lysin im Plasma? Die Konzentrationen von Arginin und Lysin sowie ihr Verhältnis zueinander im Blut zeigen nach unseren Untersuchungen keinen eindeutigen Zusammenhang zur Nahrungszufuhr. Zudem kann von den Plasmakonzentrationen nicht linear auf die Konzentrationen von Lysin, Glutarsäure und 3-Hydroxyglutarsäure im Gehirn zurückgeschlossen werden. Weiterhin gibt es demnach keinen verlässlichen biochemischen Parameter für die Therapiesteuerung. Wichtigste Verlaufsparameter sind ein gutes Wachstum und Gedeihen sowie die neurologische Entwicklung. 15. Gebräuchlich sind in Deutschland zwei Aminosäuremischungen. Davon enthält eine 4,4 g Arginin pro 100 g Aminosäurenmischung und die andere 2,7 g Arginin pro 100 g Aminosäurenmischung. Was ist empfehlenswert, wenn ansonsten eine lysinarme Diät nach der AWMF-Leitlinie eingehalten wird? 16. Weshalb gibt es in der Broschüre weder Empfehlungen für Arginin, noch Angaben zum Arginingehalt von Lebensmitteln und wieviel Arginin sollte man pro Tag zu sich nehmen? 5 Aminosäurenmischungen von beiden Herstellern sind empfehlenswert. Der Unterschied im Arginingehalt besteht lediglich bei der Säuglingsnahrung. Nach dem 1. Lebensjahr haben beide Aminosäuremischungen den gleichen Arginingehalt, der sich hierbei an der Muttermilch orientiert (51 mg Arginin pro 1 g Protein). Jüngste Forschungen haben gezeigt, dass Kinder, die im 1. Lebensjahr eine höhere Argininzufuhr erhalten haben (SHS) und solche, die eine im Vergleich hierzu niedrigere Zufuhr (Milupa) hatten, sich innerhalb der ersten 3 Lebensjahre gleich gut entwickelten. Arginin wird aus der Nahrung nur zu ca. 40% vom Darm aufgenommen, der Rest bereits vor der Aufnahme abgebaut. Zudem wird Arginin in der Niere und Leber vom Körper selbst (wieder-) hergestellt. Die Wiederherstellung von Arginin aus Citrullin findet auch im Gehirn statt. Somit besteht keine lineare Beziehung zwischen der Nahrungszufuhr und den PlasmaKonzentration von Arginin. Arginin und Lysin konkurrieren um dieselben Transporter (z.B. CAT1 an der Blut-Hirn-Schranke oder ORNT1 an der inneren Mitochondrienmembran). Im Tiermodell konnte gezeigt werden, dass eine hohe Argininzufuhr die Wirkung einer lysinarmen Diät verstärken konnte. Die hierbei verwendeten Argininmenge waren jedoch ein Vielfaches des bei Menschen möglichen Supplementationsmengen. Es ist folglich noch unklar, wie hoch die optimale Argininzufuhr für Patienten mit GA1 ist. Da es jedoch bei Verwendung der o.g. Aminosäurenmischungen zu einem gleich guten Verlauf bei beiden Gruppen kam, sind beide Produktlinien generell empfehlenswert. Wie und wo kann man sich 17. Aminosäuremischung mehr einnimmt? Arginin besorgen, wenn man keine Als Arzneimittel zugelassen ist in Deutschland nur L-Arginin-Hydrochlorid 21%, das in Infusionslösungen eingesetzt wird. L-Arginin-Pulver ist nicht als Medikament zugelassen. Es kann rezeptfrei als Nahrungsmittelergänzung von unterschiedlichen Firmen (z.B. Nutricia) bezogen werden. 6 C. Kohlenhydrate, Kalorien, Fette, Eiweiß 18. Ist bei Glutarazidurie Typ 1 der Säurehaushalt gestört? Nein. Eine Störung des Säure-Basen-Haushaltes im Körper tritt regelmäßig bei anderen (klassischen) Organoazidurien auf (z.B. Methylmalonazidurie, Propionazidurie) und ist dann meist mit einer akuten Entgleisung (Stoffwechselkrise) verbunden. Diese führen typischerweise auch zu weiteren Stoffwechselveränderungen (erhöhte Konzentration von Ketonkörpern und Laktat), die das Blut sauer machen können. Die Produktion der organischen Säuren ist bei der GA1 vergleichsweise gering. Zudem treten die o.g. zusätzlichen Veränderungen bei der GA1 nicht auf, sodass die Pufferkapazität des Bluts nicht überschritten wird. 19. Hat die Kohlehydratreiche Ernährung Nachteile für den Säurehaushalt? Nein, eine kohlenhydratreiche Ernährung hat keine Auswirkungen auf den Säure-BasenHaushalt. 20. Was war das Motiv, die Ampel-Kennzeichnung auf Seite 23 in der Broschüre in rot und gelb aufzuteilen? Beide Gruppen sind mit gleich großer Vorsicht zu berücksichtigen. Die gelb gekennzeichneten Nahrungsmittel werden gewöhnlich in größerer Menge verzehrt als bei Glutarazidurie möglich und die roten sind häufig so geschmackvoll, dass nur sehr geringe Mengen benötigt werden, um die gewünschte geschmackliche Note zu erreichen. Grundsätzlich gilt, dass sich eine geschmackvolle Kost lässt auch ohne Fleisch gut umsetzen lässt. Die Milch ist gegenüber dem Fleisch vorzuziehen. Dies hat mehrere Gründe: 1. Fleisch ist extrem eiweiß- und lysinreich und könnte nur in minimalen Mengen in die Diät eingeplant werden. Die Milch ist zwar auch eiweiß- und lysinreich, im Vergleich zu Fleisch ist der Lysingehalt jedoch geringer. Beispiel: 10 g gegartes Fleisch und 100 ml Trinkmilch haben etwa den gleichen Lysingehalt. Hinzu kommt, dass ein lysinhaltiges Lebensmittel benötigt wird, um im Kleinkindalter die vorgegebene Tagesmenge an Lysin zu erreichen. Diese Situation entsteht dann, wenn das Kind vollständig auf eine altersentsprechende feste Kost umgestellt ist und die Milchflasche wegfällt. In diesem Alter ist die in den Lebensmitteln der grünen Gruppe enthaltene Lysinmenge zu gering, um den Bedarf an Lysin zu decken. Dies lässt sich mit der entsprechenden Menge an Milch oder Joghurt sehr gut erreichen. Da die Ernährung auch nach der Lockerung der strengen Diät möglichst wenig Fleisch enthalten sollte, ist eine frühe unnötige Gewöhnung an Fleisch nicht zu empfehlen. 21. Welche Möglichkeiten gibt es, etwas gegen Übersäuerung zu tun, außer basischer Ernährung und Basengetränken? 7 Die Theorie der Übersäuerung des Körpers wurde von einem amerikanischen Arzt namens Dr. Howard Hay begründet. Seiner Theorie nach sollte die tägliche Ernährung nur 20% sog. säurebildender Nahrungsmittel, wie Fleisch, Zucker, Getreide etc., enthalten, um einer Übersäuerung des Organismus vorzubeugen. Die Zufuhr sog. „basischer“ Nahrungsmittel, wie Gemüse, Salate und Obst, sollte somit 80% der täglichen Nahrung ausmachen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat zu diesem Thema im Jahr 1998 eine Stellungnahme veröffentlicht (http://www.dge.de/modules.php?name=News&file=article&sid=12). Beurteilung der Trennkost-Theorien durch die DGE: • Die Trennkost ist vorwiegend lacto-vegetabil. Das heißt, sie enthält hauptsächlich Gemüse, Salate und Obst, die vor allem roh verzehrt werden. Die Empfehlung, weniger Fleisch zu essen, ist von Vorteil, weil dadurch weniger gesättigte Fettsäuren und Cholesterin aufgenommen wird. • Die Trennkost ist energie- und fettarm. Dies ist positiv zu bewerten. • Die Lebensmittelauswahl sichert keine ausreichende Nährstoffversorgung, wenn nur 20 bis 25 Prozent der Nahrung aus "säurebildenden Lebensmitteln wie Getreideprodukte, Fleisch und Fisch bestehen: • Getreide und Getreideerzeugnisse liefern essentielle Nährstoffe wie B-Vitamine, Folsäure, Magnesium, Eisen und Selen. Sie kommen in der Hayschen Trennkost deutlich zu kurz. Getreide und daraus hergestellte Produkte sollten in einer vollwertigen Ernährung im Mittelpunkt stehen und mengenmäßig überwiegen. Zu empfehlen ist die Haysche Trennkost nur dann, wenn der Getreideanteil in der Kost deutlich erhöht wird. • Darüber hinaus wird zu wenig Käse empfohlen, der vor allem für die Calciumzufuhr wichtig ist, zu wenig Seefisch, der z.B. für die Zufuhr von Jod und Omega-3-Fettsäuren wichtig ist, sowie zu wenig Fleisch, ein wichtiger Lieferant für Eisen. • Eine basenüberschüssige Kost bringt keine nachweisbaren gesundheitlichen Vorteile. Eine Übersäuerung des Körpers ist beim Gesunden nicht zu befürchten, da Puffersysteme den Säure-Basen-Spiegel im Blut und Gewebe konstant halten. Zu einer Azidose (Übersäuerung) kann es z.B. bei einer Stoffwechselentgleisung beim Diabetes mellitus kommen. Dies muß vom Arzt behandelt werden. • Es wird der Eindruck vermittelt, daß durch das Trennprinzip bestimmte Krankheiten wie Nierenerkrankungen, Diabetes mellitus oder Fettstoffwechselstörungen maßgeblich beeinflusst beziehungsweise geheilt werden können. Wer seine Ernährung umstellt und reichlich Obst, Gemüse und Salat verzehrt und gleichzeitig auf große Fleischportionen, fette Wurst, Zucker, Süßigkeiten sowie auf täglichen Alkohol verzichtet, kann den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen - auch ohne Trennkost. Diese Ernährungsform ist heutzutage umstritten, und es konnte bisher nach wissenschaftlichen Kriterien kein Wirksamkeitsnachweis oder gar Vorteil gegenüber einer Mischkost nachgewiesen werden. 8 D. Gehirnschädigung und Bewegungsstörung 22. Welche Schädigungen des Gehirns können nach dem 6. Lebensjahr durch Glutarazidurie Typ 1 ausgelöst werden? Der Langzeitverlauf von frühbehandelten Kindern mit GA1 ist noch nicht gut bekannt. Deshalb ist es wichtig, den Langzeitverlauf bei möglichst vielen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen möglichst gut zu dokumentieren und zu untersuchen. Dies wird aktuell im Rahmen des europäischen Projekts „E-IMD“ (European registry and network for intoxication type metabolic diseases; Website: www.e-imd.org) untersucht. Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass weltweit weiterhin von keiner Krise nach dem 6. Lebensjahr berichtet wurde. Dies lässt vermuten, dass in dieser vulnerablen Phase der ersten 6 Lebensjahre das Gehirn besonders anfällig für eine Schädigung ist. Neben der typischen GA1-Verlaufsform mit der Entwicklung einer enzephalopathischen Krise (meist innerhalb der ersten 24 Monate) bei unbehandelten Patienten, sind auch andere (seltenere) Verlaufsformen bei der GA1 beschrieben worden. Beim sog. insidious onset-type kommt es zu einer schleichenden neurologischen Verschlechterung und entsprechenden Veränderungen im Gehirn ohne vorherige akute enzephalopathische Krise. Es sind bislang nur einzelne Patienten bekannt, die erst im Erwachsenenalter nach unauffälliger Kindheit Symptome wie Kopfschmerzen, Gangunsicherheit, Koordinationsstörung, Schwindel entwickelten (late onset-type). Diese Symptome besserten sich zumeist unter gemäßigter Eiweißzufuhr und Carnitingabe. 23. Welche der möglicherweise entstehenden Schäden sind erfahrungsgemäß reversibel? Manche Auffälligkeiten im Neugeborenenalter weisen auf eine Reifungsverzögerung im letzten Drittel der Schwangerschaft hin. Dies betrifft die muskuläre Rumpfhypotonie (Muskelschwäche), die Erweiterung der äußeren Liquorräume durch eine Reifungsverzögerung des Temporallappens sowie das Auftreten einer unreifen Fältelung der Hirnrinde und einer verzögerten Entwicklung des Myelins (Isolierungsschicht der Nervenfasern). Durch MRT-Untersuchungen und klinische Verlaufsuntersuchungen konnte gezeigt werden, dass sich diese Veränderungen zurückbilden. Dasselbe betrifft Signaländerung im Globus pallidus, die vermutlich ein Ausdruck der verzögerten Myelinisierung sind. Auffälligkeiten im Bereich des Striatums (Putamen, Nucleus caudatus) und dystone Bewegungsstörungen gelten hingegen als irreversibel. 24. Inwiefern ist Glutarazidurie Typ 1 eine fortschreitende Erkrankung? Die ersten 6 Lebensjahre sind der für den Gesamtverlauf der GA1 entscheidende Zeitraum; anschließend zeigen sich nach heutiger Kenntnis stabile Verläufe. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Entwicklung und das klinische Outcome der Kinder anhand von Studien gut untersucht, und es konnte gezeigt werden, dass eine leitliniengerechte Behandlung über diesen Zeitraum hinweg einen günstigen Einfluss auf die Entwicklung der Patienten hat. Der 9 Langzeitverlauf ist allerdings noch nicht umfassend und bei ausreichend vielen Patienten untersucht worden. 25. Wieviele Patienten sind weltweit bekannt? Seit der Erstbeschreibung durch Goodman und Kollegen im Jahr 1975 sind weltweit mehr als 500 Patienten diagnostiziert worden. Die Neuerkrankungsrate lag in Deutschland bei ca. 1:110.000 Neugeborenen. 26. Welche Informationen gibt es zur Sterblichkeit? Entscheidend hierfür ist das Auftreten bzw. Verhindern einer schweren dystonen Bewegungsstörung in den ersten Lebensjahren. Eine weltweit durchgeführte Querschnittsstudie aus dem Jahr 2006 hat gezeigt, dass bei dystonen Patienten die Überlebensrate bei den unter 5jährigen bei >90% lag; bis zum 25. Lebensjahr verstarb jedoch die Hälfte aller Patienten mit schwerer Dystonie. Kinder, die asymptomatisch bleiben bzw. eine leichtgradige Dystonie entwickeln, haben hingegen nach heutiger Kenntnis eine normale Lebenserwartung. 27. Wo leben die ältesten Patienten mit GA1? Wie alt sind sie? Wie hat sich Ihre Bewegungsstörung entwickelt? Der älteste in Deutschland (und wohl auch weltweit) bekannte Patient mit Glutarazidurie Typ 1 (ohne Dystonie) ist heute über 70 Jahre alt. In Saudi-Arabien lebt ein mittlerweile 60jähriger Mann, der neurologisch unbeeinträchtigt ist. Einzelne dystone Patienten, die heute älter als 30 und 40 Jahre alt sind, leben in Dänemark. Einzelne Mütter zwischen 20 und 35 Jahren (mit keinen oder nur geringen neurologischen Auffälligkeiten) wurden in Deutschland im Rahmen des Neugeborenenscreenings über ihre Kinder entdeckt worden. 28. Was ist darunter zu verstehen, wenn von einem Parkinsonismus die Rede ist? Parkinsonismus ist ein Sammelbegriff für Symptome, die denen des Morbus Parkinson (auch: Paralysis agitans) entsprechen, aber aufgrund einer anderen Ursache entstehen. Auslöser können Vergiftungen, Medikamente, Infektionen, Traumen, angeborene strukturelle Hirnläsionen (Hydrocephalus), zerebrale Durchblutungsstörungen oder angeborene Stoffwechselstörungen (z.B. Störungen im Neurotransmitter-Stoffwechsel, neurodegenerative Erkrankungen, M. Wilson) sein. Die möglichen Symptome umfassen: Hypo-/Bradykinesie (Bewegungsarmut, -verlangsamung), Hypomimie (verminderte Gesichtsmimik), Rigor („Muskelstarre“), Ruhetremor (Rhythmisches Hände zittern), evtl auch Hyperhidrose (vermehrtes Schwitzen) und vermehrte Talgproduktion der Haut, sowie in fortgeschrittenen Stadien Schluck-, Verdauungs- und Blasenentleerungsstörungen. Die vegetativen Symptome finden sich ganz überwiegend beim Morbus Parkinson. Alle Ursachen des Parkinsonsimus führen letztlich u.a. zu einer Störung des Dopaminstoffwechsels. Die Therapie richtet sich daher v.a. auf die Unterstützung des dopaminergen Systems (L-Dopa, Dopaminagonisten, Hemmung des Dopaminabbaus, Förderung der Dopaminfreisetzung,). Der Teil im Gehirn, der bei einem Morbus Parkinson degeneriert, heißt Substantia nigra. Diese enthält fast alle der dopaminproduzierenden Nervenzellen. Sie ist Teil der 10 sogenannten Basalganglien (zusammen mit dem Striatum, d.h. Putamen und Nucleus caudatus, zudem Globus pallidus), die zusammen mit der Großhirnrinde (Cortex), N. subthalamicus, dem Thalamus (=Schaltstelle für alle dem Gehirn zukommenden Informationen) sowie weiteren Kerngebieten eine sehr entscheidende Rolle für die Modulation unserer Bewegungen spielen. Man bezeichnet diese Strukturen auch als das „Extrapyramidale System“. Für den in der Großhirnrinde ausgedachten Bewegungsplan, muss das Extrapyramidale System die motorischen Programme entwerfen. Dies ist allerdings eine sehr einfache Beschreibung. Die komplexen Mechanismen sind bis heute nicht vollständig verstanden. Letztlich realisieren diese Schaltkreise das Zusammenwirken von Motivation, Emotion, Kognition und dem Ablauf von motorischen Bewegungen auf neuronaler Ebene. Diese Basalganglien bestehen aus mehreren Kerngebieten, die über komplexe Regelkreise miteinander kommunizieren, hierfür ist u.a. Dopamin wichtig, v.a. für die Verbindung zwischen der Substantia nigra und dem Striatum. Letztlich kommt es durch den Dopaminmangel zu einer zu starken Hemmung von Eingangssignalen sowie zu einer verminderten Aktivierung der Großhirnrinde, was dann die Symptome des Parkinsonismus verursacht. Bei der GA1 wird im Unterschied hierzu primär das Striatum (Nucleus caudatus, Putamen) befallen. Das Striatum aktiviert u.a. den Globus pallidus, was sich wiederum in einem physiologisch sehr wichtigen hemmenden Einfluss auf Thalamus und Cortex ausdrückt. Ist diese Funktion des Striatums gestört (z.B. nach einer enzephalopathischen Krise), fällt diese Hemmung weg und es resultiert, anders als beim Parkinsonismus, eine zu starke Erregung von bestimmten Zentren, was sich in Form einer dystonen Bewegungsstörung zeigt. Das klassische Schädigungsmuster bei der GA1 im Striatum führt daher nicht primär zu einem Parkinsonismus. Allerdings können aufgrund der komplexen Regelkreise und engen Verschaltung von Basalganglien, Substantia nigra, Thalamus und Cortex bestimmte Symptome bei mehreren Erkrankungen auftreten. Die MRT-Studie im Jahr 2009 hat z.B. gezeigt, dass bei GA1-Patienten in seltenen Fällen auch die Substantia nigra betroffen sein kann, v.a. nach stattgehabter Krise, aber auch bei asymptomatischen Kindern. Die klinische Bedeutung dieser Beobachtung ist allerdings noch unklar. 11 Abbildung Skizze der Basalganglien mit kommunizierenden Strukturen. Caud = N. caudatus, Put = Putamen, Na = N. accumbens, To = Tuberculum olfactorium, GPe = Globus pallidus externus, GPi = Globus pallidus internus, PC = pars compacta der Substantia nigra, PR = pars reticularis der Substantia nigra, ST = N. subthalamicus 1 = Thalamus, 2 = pedunculopontiner Nucleus, 3 und 4 = dorsale Raphekerne. 12 29. Wie ist der neueste Stand Ihrer Theorie darüber, wie es zu Veränderungen im Gehirn bei Patienten mit GA1 kommt? Im Zentrum der Pathophysiologie stehen Glutaryl-CoA, Glutarsäure und 3Hydroxyglutarsäure, die zur Gruppe der Dicarbonsäuren gehören und hauptsächlich aus Lysin entstehen. Durch die Blut-Hirn-Schranke können alle Dicarbonsäuren nur sehr spärlich in Richtung Blut abtransportiert werden, weshalb sich die o.g. Stoffwechselprodukte besonders stark im Gehirn anreichern können. Die angehäuften Stoffwechselprodukte beeinflussen in hoher Konzentration mehrere wichtige Hirnfunktionen: (1) Vermehrte Aktivierung von Glutamatrezeptoren: hierdurch steigt Energieverbrauch und das Risiko für eine Schädigung von Nervenzellen an. der (2) Hemmung des Energiestoffwechsels: insbesondere im Bereich des Zitratzyklus (Krebs-Zyklus) und bei Transport von Dicarbonsäuren zwischen Nervenzellen und Astrozyten. (3) Beeinträchtigung der Eigenregulation der Gehirndurchblutung mit der Gefahr einer nicht ausreichenden Energieversorgung im Katabolismus. Das Striatum weist besonders bei Säuglingen und jungen Kleinkindern einen hohen Energiebedarf, eine störanfällige Durchblutung und eine hohe Konzentration von Glutamatrezeptoren auf. Hierdurch wird verständlich, warum das Striatum in dieser Altersgruppe besonders empfindlich auf die o.g. durch die erhöhten Stoffwechselprodukte reagiert. 30. Wie viele Patienten wurden bisher am Gehirn operiert (Tiefenhirnstimulation, Stammzellen)? Es gibt derzeit keine systematischen Studien, die die Wirksamkeit einer tiefen Hirnstimulation spezielle bei GA-1-Patienten untersucht haben. Es gibt lediglich Einzelberichte mit kurzer Nachuntersuchungszeit. Generell profitieren Patienten mit einer sekundären Dystonie (d.h. Dystonie auf der Grundlage einer Schädigung der Basalganglien) weniger gut (oder gar nicht) als Patienten mit primärer Dystonie (keine Schädigung, sondern eine angeborene Funktionsstörung der Basalganglien). Eine Veröffentlichung der University of California, San Francisco aus dem Jahr 2011 untersuchte die Effekte der tiefen Hirnstimulation bei 31 Kindern mit prim. sowie sek. Dystonie, wie z.B. bei der GA1 (Air, E.L., et al., Deep brain stimulation in children: experience and technical pearls. J Neurosurg Pediatr, 2011. 8(6): p. 566-74.). In dieser Studie wurde unter anderem ein 16 Jahre alter GA1-Patient anhand der tiefen Hirnstimulation behandelt. Im Gegensatz zu den sehr guten Ergebnissen bei Kindern mit prim. Dystonie, waren die Ergebnisse der Patienten mit sek. Dystonie nicht dementsprechend vielversprechend. Der Schweregrad der Dystonie im linken Arm des GA1Patienten konnte nach der einseitigen Implantation einer Sonde zur tiefen Hirnstimulation etwas (18%) gesenkt werden, wohingegen sich die Dystonie der Patienten mit primärer Dystonie nach dem Eingriff sehr deutlich (80-100%) reduzierte. Eine der 13 Hauptkomplikationen der tiefen Hirnstimulation war die Infektion der eingebrachten Sonden bei Kindern unter 10 Jahren (57%). Zudem traten in einigen Fällen Dislokationen oder Brüche der eingebrachten Bestandteile auf. 31. Was hat die Studie zur intellektuellen Entwicklung ergeben? Diese Studie wird aktuell noch ausgewertet. 32. Wenn bei einem Baby eine Glutarazidurie bereits pränatal diagnostiziert wird, können während der Schwangerschaft Maßnahmen ergriffen werden (z.B. durch besondere Ernährung und Medikamenteneinnahme der Mutter), um das ungeborene Baby vor Auftreten von Gehirnveränderungen bereits vor der Geburt zu schützen? Nein. Es gibt keine bekannten oder gar empfehlenswerten Maßnahmen, die seitens der Mutter eines ungeborenen Kinds mit GA1 nach heutigem Wissen sinnvollerweise zusätzlich unternommen werden sollten. Die üblichen Vorsorgeuntersuchungen und eine gesunde Lebensführung sind wie bei allen anderen Schwangerschaften zu empfehlen. 33. Sind bei Langzeiteinnahme von Baclofen-Nebenwirkungen bekannt und, wenn ja, welche? Das Auftreten von Nebenwirkungen unter Baclofen-Therapie ist dosisabhängig, hingegen nicht abhängig von der Dauer der Therapie. Sehr häufig treten bei hohen Dosierungen Übelkeit mit Erbrechen, Schläfrigkeit und Benommenheit auf. Es kann zu einer unerwünschten Schwächung der Willkürmotorik und des Muskeltonus (insbesondere bei bereits bestehender Muskelhypotonie des Rumpfes problematisch) kommen. Sehstörungen können ebenfalls auftreten. Durch Dosisreduktion können die Nebenwirkungen abgeschwächt oder aufgehoben werden. 14 E. Netzwerke 34. Ist es möglich, dass E-IMD-Studienpatienten mit Glutarazidurie Typ 1 zur Vermeidung von Fehlern Ihre eigenen Daten einsehen und prüfen können? Ein Zugriff auf die Datenbank ist aus Datenschutzgründen nur einzelnen Studienärzten erlaubt. Die eingegebenen Daten jeder Studienvisite können jedoch auf Nachfrage vom Studienarzt ausgedruckt und den Patienten bzw. Eltern ausgehändigt werden. 35. Wie soll gewährleistet werden, dass die in dem Fragebogen gemachten Angaben sich nicht zum Nachteil des Patienten auswirken? Die Studie und die Datenbank wurden vor Beginn von der Ethikkommission und dem Datenschutzbeauftragten geprüft und positiv begutachtet. Die Datenbank hat eine strenge Zugriffsbeschränkung, die Datenhaltung erfolgt pseudonymisiert (d.h. jeder Studienpatient erhält eine Nummer). Namen, Vornamen, Adresse, vollständiges Geburtsdatum oder andere identifizierbare Parameter sind nicht in der Datenbank vorhanden. Da die Beobachtungsstudie lediglich strukturiert die durchgeführten Untersuchungen und Therapie dokumentiert, aber nicht in die Entscheidung teilnehmender Patienten und Studienärzte eingreift, entstehen durch eine Teilnahme keine bekannten Nachteile für die Patienten. 36. Welche Kontakte gibt es zur „Achse“? Kontakte zwischen dem Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin Heidelberg und der ACHSE, dem Kindernetzwerk und EURORDIS bestehen auf unterschiedlichen Ebenen. Eine Verknüpfung besteht z.B. über das neu gegründete „Zentrum für Seltene Erkrankungen Universitätsmedizin Heidelberg“, bei dem das Stoffwechselzentrum als Einzelzentrum involviert ist. 37. Gibt es ein Forschungsvorhaben, das sie mit finanzieller Hilfe von der Selbsthilfegruppe durchführen könnten? Grundsätzlich macht die Forschung an seltenen Erkrankungen im Vergleich zu anderen, häufigeren Erkrankungen des Erwachsenenalters einen eher kleinen Teil aus. Allerdings hat die EU seit einigen Jahren einen Fokus auf die Erforschung der rare diseases gelegt, was auch mit entsprechenden Fördermöglichkeiten verbunden ist. Durch diese europäischen (und nationalen) Fördermaßnahmen und private Sponsoren wird die Erforschung seltener Erkrankungen in den nächsten Jahren gewährleistet. Die beste Unterstützung durch die Selbsthilfegruppe besteht in einer Bekanntmachung (wichtiger Multiplikator!) aktueller Studienaktivitäten und der Bereitschaft auch an zukünftigen Studien aktiv mitzuwirken (Akzeptanzförderung!). 38. In welchen Stoffwechselzentren wird weltweit über Glutarazidurie Typ 1 geforscht? Welche Kooperationen gibt es zwischen diesen Stoffwechselzentren? In Deutschland wird schwerpunktmäßig in Heidelberg und Hamburg an der GA1 geforscht. Weitere Stoffwechselzentren (z.B. München [LMU], Düsseldorf, Münster, Hannover, Freiburg) sind zudem an Verlaufsbeobachtungsstudien und der Leitlinienentwicklung beteiligt. Desweiteren wird traditionell in den USA (Holmes Morton / Kevin Strauss, 15 Strasburg, Pennsylvania), Kanada (Cheryl Greenberg, Winnipeg, Manitoba), Australien (Avihu Boneh, Melbourne), Schweden (Marten Kyllerman [mittlerweile im Ruhestand], Göteborg) an der GA1 geforscht. Diese und weitere Gruppen sind Mitglieder des im letzten Jahr etablierten und von Heidelberg aus koordinierten europäischen Netzwerkprojekts „EIMD“ (European registry and network for intoxication type metabolic diseases; Website: www.e-imd.org), das zu einem besseren Verständnis von Patienten mit Organoazidurien und Harnstoffzyklusdefekten führen soll. Die Gruppe entwickelt zudem evidenzbasierte Leitlinien für Patienten mit diesen Erkrankungen (weiter), entwickelt verständliche und in unterschiedliche Sprache übersetzte Informationsbroschüren und kümmert sich um eine europäische Standardisierung der Patientenversorgung. 39. In welche Richtung Glutarazidurie Typ 1? gehen die aktuellsten Forschungsaktivitäten über Aktuelle Forschungsthemen bei der GA1 sind: Langzeitverlauf, therapeutische Beeinflussung der Blut-Hirn-Schranke und des Lysinabbaus im Gehirn, Entwicklung von kognitiven und intellektuellen Funktionen, Energiestoffwechsel des Gehirns. 40. Wie kann die medizinische Betreuung (Beratung, jährliche Kontrolle usw.) durch Stoffwechselspezialisten gewährleistet werden, wenn das 18. Lebensjahr vollendet ist und ein Klinikwechsel ansteht? Die Betreuung der Stoffwechselpatienten findet derzeit auch über das 18. Lebensjahr hinaus bei uns statt. Mittelfristig erscheint jedoch die Weiterbetreuung durch entsprechend geschulte Erwachsenenärzte als wünschenswert. Entsprechende Transitionskonzepte werden erarbeitet. Autoren: Heringer J, Assmann B, Kölker S, Boy, N