Datura stramonium - Nachtschattengewächse

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H EEGER E. F.: Handbuch des Arznei- und Gewürzpflanzenbaues. Drogengewinnung.
Deutscher Bauernverlag, Leipzig 1956. S. 366–376
Datura stramonium L., Gemeiner Stechapfel1 †
Solanaceae
Gebräuchliche Pflanzenteile: DAB. 6 2 : „Die zur Blütezeit gesammelten und getrockneten
Laubblätter von Datura stramonium Linné.“ Erg.-B. 6 3 : „Die reifen Samen von Datura
stramonium Linné.“ HAB. 2 4 : „Frisches, zur Zeit der beginnenden Blüte gesammeltes Kraut.“
„Reife Samen.“
Handelsbezeichnungen: Folia Stramonii, Stechapfelblätter; Semen Stramonii, Stechapfelsamen.
Botanik: Datura stramonium ist einjährig. Die Pflanze verfügt über eine spindelförmige
W urzel. Die aufrechten Stengel sind einfach oder meist gabelästig, ziemlich rund und kahl;
sie werden bis 120 (180) cm hoch, auf besonders nährstoffreichen Böden noch höher. Die
gestielten Laubblätter sind ± eiförmig, in den Blattstiel verschmälert, oben spitz auslaufend.
Sie sind am Rande grobbuchtig gezähnt, könne aber auch sehr verschieden gestaltet sein; außer ganzrandigen kommen auch solche vor, die fast fiederig- gelappt, bald einfach und bald
doppelt-buchtig gezähnt oder gelappt sind. Die Blattfarbe ist oberseits dunkelgrün, unterseits
etwas heller. Die Blätter sind wie die ganze Pflanze fast kahl. Die kurzgestielten Blüten stehen aufrecht in den Astgabeln. Der Kelch ist fünfkantig, rührig, etwas aufgeblasen, bis 4,5 cm
lang und fällt nach dem Verblühen bis auf den ringförmigen Kelchgrund ab. Die schnell welkenden Blüten haben einen unangenehmen, moschusartigen Geruch, der am Abend bei frisch
geöffneten Blüten stärker ist als am Tage. Die Farbe der Blumenkrone ist bei Datura stramonium weiß.
Blütezeit: (VI) VII–IX.
Während feuchtwarmer Sommer blühen die Datura-species bis November. Leichte Fröste
schädigen bereits die Pflanzen.
Die Blütenböden waren in Leipzig-Probstheida Ende Juli reichlich mit kleinen Glanzkäfern (Meligethes-species)
besetzt, die aber durch langes Verweilen und Umherkriechen auf den Befruchtungsorganen nur Selbstbestäubung
bewirken können. Von Fliegen wurde im Bestand als einzige Art die große bunte Schnake Pachyrrhina lineata
Scop. gefangen. Honigbienen wurden auch nach wiederholter längerer Beobachtung nicht gesehen, nur die
Hummel Hortobombus ruderatus F. beflog in einzelnen Stücken die Blüten. Tagschmetterlinge wurden nicht
beobachtet.
Datura stramonium ist eine homogame Nachtfalterblume. Der Nektar wird am Grunde des Fruchtknotens ausgeschieden. Da Narbe und Staubbeutel annähernd in gleicher Höhe stehen, dürfte besonders beim Schließen der
Blüten oft spontane Selbstbestäubung eintreten (HEGI ).
Aus dem weichstacheligen Fruchtknoten bildet sich die grüne, etwa walnußgroße (bis 5 cm
lange) Kapsel, die mit pfriemlich-stacheligen Fortsätzen bedeckt ist. Sie kann aber auch
unbewehrt sein.
Der bis 1,5 mm dicke Samen ist flach, etwas plattgedrückt, fast nierenförmig, bis 3,8 mm
lang und 3 mm breit. Die Oberfläche ist grubig, die Farbe vorwiegend dunkelbraun bis tiefschwarz. Der Geruch ist beim Zerreiben etwas widerlich. Die Samen von Datura stramonium
sind wie die ganze Pflanze giftig. Sie werden zur Bereitung eine Tinktur und zur Alkaloid-
1
Siehe auch HEEGER, E. F. und POETHKE, W.: Datura Stramonium L., Gemeiner Stechapfel, Botanik, Anbau,
Inhaltsstoffe. „Pharmazie“ 3, S. 226 bis 235 (1948); bzw. „Arzneipflanzen-Umschau“ 2, S. 345 bis 354 (1948).
2
DAB. 6 = Deutsches Arzneibuch, 6. Ausgabe 1926.
3
Erg.-B. = Ergänzungsbuch zum Deutschen Arzneibuch, 6. Ausgabe 1926. Berlin 1941.
4
HAB. 2 = Homöopathisches Arzneibuch, 2. abgeänderte Aufl. Leipzig 1934.
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gewinnung verwendet.
Von Datura stramonium L. unterscheidet DANERT 5 nach dem Vorhandensein oder Fehlen der
Anthozyanfärbung und der Stacheln folgende Varietäten:
1. D. stramonium L. var. stramonium
Synonyme:
Datura wallichii Dun.
Sprosse grün, Blüten weiß, Früchte bestachelt.
2. D. stramonium L. var. tatula (L.) Torr.
Synonyme:
D. tatula L.,
D. stramonium L. var. chalybaea Koch,
D. praecox Godr.
Sprosse, Blattstiele und Blattnerven violett angelaufen, Blüten hellviolett, Früchte
bestachelt.
3. D. stramonium L. var. inermis (Jacq.) Timm.
Synonyme:
D. inermis Jacq.,
D. laevis L. f.,
D. bertolonii Parlat.
Sprosse grün, Blüten weiß, Früchte glatt.
4. D. stramonium L. var. godronii Danert
Synonyme:
D. tatula L. var. inermis Timm.,
D. tatula inermis Godr.
Sprosse, Blattstiele und Blattnerven violett angelaufen, Blüten hellviolett, Früchte
stachellos.
Die giftigen Datura-Arten riechen widerlich und schwach narkotisch. Sie enthalten als
Hauptwirkstoffe l-Hyoscyamin, Atropin und l-Scopolamin.
Boden und Klima: Die höchsten Erträge und Alkaloidausbeuten werden vom Stechapfel auf
nährstoffreichen, kalkhaltigen, nicht zu trockenen Böden erzielt. Auf stickstoffreichen Böden
wächst er besonders gut, auch Niederungsmoorboden ist für den Anbau geeignet. Außer dem
Stechapfel werden oft noch weitere Solanaceen z. B. das Bilsenkraut (Hyoscyamus niger L.)
gern als „Schuttpflanzen“ bezeichnet. Sie könne selbst noch auf kalkhaltigem Trümmerschutt
angesiedelt werden, wo sie gedeihen, wenn der Schutt schon genügend verwittert und vor
allem stickstoffreich ist. Warme, sonnige Lagen werden bevorzugt.
Herkunft und Verbreitung: Hinsichtlich der geographischen Herkunft von Datura stramonium finden sich in der Literatur verschiedene Angaben. W EIN6 hat nachgewiesen, daß nur
Amerika, und zwar das mexikanische Hochland, als Ursprungsgebiet in Frage kommt. Die Art
ist heute weit über diesen Erdteil hinaus verbreitet und wird als Kosmopolit der gemäßigten
und der warmen Zone bezeichnet. Nach Genanntem wird Datura stramonium in Deutschland
erstmalig 1584 nachgewiesen.
Herkünfte des Drogenhandels: In Deutschland wird der Stechapfel vielenorts feldmäßig
angebaut, wobei es sich häufig um einen werkseigenen Anbau der Datura-Drogen verarbeitenden Industrie handelt. Weitere Herkunftsländer sind u. a. Österreich, die Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien und die Sowjetunion (Ukraine, Asow-Schwarzmeergebiete, Nordkaukasus, Georgien, Aserbaidshan, Kursker und Woronesher Gebiet).
5
DANERT , S.: Die medizinisch genutzten Datura-Arten und deren Benennung. „Pharmazie“ 9, S. 349 bis 363
(1954); bzw. „Arzneipflanzen-Umschau“ 4, S. 99 bis 112 (1954).
6
W EIN, K.: Fedde, Rep. Bh. 66, S. 119 (1932); zit. nach DANERT loc. cit. S. 2; siehe auch W EIN, K.: Die
Geschichte von Datura stramonium. „Die Kulturpflanze“, 2. Bd., S. 18 bis 71 (1954).
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Sorten und Herkünfte für den Anbau: Im Handel befinden sich die nachfolgend aufgeführten vier Gruppensorten, die den auf S. 2 charakterisierten Varietäten entsprechen:
‚Bewehrter Weißer Stechapfel’
‚Stachelloser Weißer Stechapfel’
‚Bewehrter Violetter Stechapfel’
‚Stachelloser Violetter Stechapfel’
1953 wurde erstmalig eine Neuzüchtung des Instituts für Pflanzenzüchtung der Deutschen
Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin in Bernburg (Saale) vom Typ Datura
stramonium L. var. stramonium beim Sortenamt geprüft, die sich durch Riesenwuchs (Gigasformen) von der obengenannten Gruppensorten des gleichen Typus unterscheidet. EISEN 7
HUTH , der diese Neuzüchtung beschreibt, teilt mit, daß sie auf Grund bisheriger zytologischer
Befunde nicht zu den polyploiden Formen gehört. Nach Genanntem wurde von dieser Neuzüchtung ein wesentlich höherer Blattertrag und eine bessere Alkaloidausbeute erzielt als von
den allgemein angebauten Stechapfelsorten. RUDORF 8 berichtet 1944 über Polyploidieeffekte
bei Datura stramonium L. var. tatula (L.) Torr. Die von ihm gezüchteten polyploiden Stämme
erbrachten als Blattdrogenpflanzen höhere Alkaloiderträge je Pflanze und auch je Flächeneinheit als diploide Formen. Nach erwiesen ist, daß die Alkaloidbildung in den Pflanzen hauptsächlich in ihren Wurzeln stattfindet, folgert ROWSON (1954) 9 , daß dei tetraploiden Daturaspecies auf Grund der tetraploiden Natur ihrer Wurzeln alkaloidreicher sind. Im Institut für
Kulturpflanzenforschung der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin in Gatersleben (Kreis Aschersleben) ist man neuerdings um die Züchtung scopolaminreicher DaturaSorten bemüht 10 .
Nach SANDFORT 11 sollen die grünen im Vergleich zu den violetten Rassen die anbauwürdigeren sein, weil der höhere mittlere Alkaloidgehalt die geringeren Trockengewichtsernten mehr
als ausgleicht, so daß die Alkaloidgesamternte je Fläche berechnet eine ergiebigere ist.
Saatgut: Die Mindestreinheit sollte 98% betragen. Das durchschnittliche 1000-Korngewicht
betrug nach unseren Untersuchungen 7,769 g, die Keimfähigkeit nur 53%. Die Samen keimen
meist sehr ungleichmäßig. Unreif geerntetes Saatgut neigt oft zu starker Schimmelbildung.
Sorgfältig geerntetes und aufbereitetes Saatgut keimte aber bis zu 99%. Handelssaatgut sollte
mindestens zu 70% keimen. Der Keimversuch wird nach den „Technischen Vorschriften für
die Prüfung von Saatgut“ bei 20° C oder Wechseltemperatur und bei Lichtzutritt oder
-abschluß durchgeführt. Nach neueren Untersuchungen von LAUER12 benötigt Datura stramonium zur Keimung höhere Temperaturen, und zwar 35° C, oder aber Temperaturen von 25
und 10° C in zwölfstündigem Wechsel. Genannte erzielte im einzelnen folgende Ergebnisse:
Temperatur °C
Keimfähigkeit %
Temperatur °C
Keimfähigkeit %
40
0
7
0
7
EISENHUTH, F.: Eine Datura stramonium-Neuzucht mit hoher Ertragsleistung. „Pharmazie“ 8, S. 682 bis 687
(1953); bzw. „Arzneipflanzen-Umschau“ 3, S. 623 bis 628 (1953).
8
RUDORF, W.: Polyploidieeffekte bei der Alkaloidpflanze Datura tatula. „Jenaische Zeitschrift für Medizin und
Naturwissenschaften“ 77, S. 290 bis 306 (1944).
9
ROWSON, J. M.: Alkaloid biogenesis in plants with special reference to Datura and allied genera in the
solanaceae. “J. Pharmac. Belgique” 36, S. 195 bis 221 (1954).
10
Jahresbericht des genannten Instituts: „Die Kulturpflanze“, 2. Bd., S. 11 (1954).
11
SANDFORT , E.: Über die Ursachen der Schwankungen im Alkaloidgehalt bei Datura stramonium. „Angew.
Botanik“ 22, S. 1 bis 53 (1940).
12
LAUER , E.: Über die Keimtemperatur von Ackerunkräutern und deren Einfluß auf die Zusammensetzung von
Unkrautgesellschaften. „Flora“ 140, S. 551 bis 595 (1953).
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35
78
2–5
0
30
3
25/10
61
25
1
18/10
1
20
0
15/5
0
13
0
Die Gefahr der Verunkrautung der Felder infolge Samenausfalls bei vorhergehendem Anbau
von Stechapfel ist groß. Daß selbst nach Jahren der Stechapfel noch auf Feldern auftaucht, wo
früher einmal diese Kulturart angebaut wurde, ist auch keimungsphysiologisch zu begründen.
Die Samen bleiben sehr lange keimfähig, und vor allem nimmt bei den frisch geernteten die
Keimfähigkeit noch im Laufe der Jahre zu. Nach sechsjähriger sorgfältiger Lagerung des
Saatgutes konnten wir noch keine Abnahme der Keimfähigkeit feststellen.
Hektolitergewichtsbestimmungen ergaben: Werte von 55,000–61,532 kg.
Anbau: In der Fruchtfolge wird der Stechapfel am besten nach reichlich gedüngten Hackfrüchten oder auch nach Leguminosen angebaut. Aber auch für Stellung in Stallmist zeigt er
sich dankbar.
Als Nachfrucht werden Hackfrüchte, am besten Kartoffeln oder Rüben angebaut. Auftretende Stechapfelpflanzen müssen in der Nachfrucht sehr sorgfältig beseitigt werden. Blattgemüse, besonders Spinat, darf nicht nach Stechapfel angebaut werden, da Vergiftungserscheinungen auftreten, wenn Stechapfel menschlichen Genußzwecken zugeführt wird.
Futterpflanzen sind ebenfalls nicht als Nachfrucht anzubauen, denn auch Tieren kann er sehr
schädlich werden. Nach einer mündlichen Mitteilung von R. CAESAR beobachtete dieser z. B.
Vergiftungserscheinungen bei Rindern, die Haferstroh gefressen hatten, das mit Stechapfel
verunreinigt war, eine Erscheinung, die schon wiederholt bei Haustieren beobachtet wurde.
Kaninchen sollen aber unempfindlich sein. REKO13 sieht die Erklärung darin, daß Blut und
Leber der Kaninchen imstande sind, Atropin zu zerstören, eine Fähigkeit, die dem Mensch
völlig fehlt.
Der Stechapfel ist sehr frostempfindlich und wärmebedürftig. Die Aussaat soll daher nicht
vor Mitte April vorgenommen werden, so daß das Auflaufen erst nach der letzten Nachtfrostgefahr im Mai erfolgt. Mit Egge und Walze wird der Boden wie zu Zuckerrüben hergerichtet.
Der Samen keimt zwar gut, doch ist er in der Keimdauer sehr unterschiedlich. Um ein
gleichmäßiges Auflaufen zu erzielen, wird er am besten vorgequollen oder zwölf Stunden in
10%iger Chlorkalklösung vorbehandelt, gut abgewaschen und so weit zurückgetrocknet, daß
er sich bequem drillen läßt. Das Abwaschen ist notwendig, da sonst Keimschäden verursacht
werden können. Am zweckmäßigsten setzt man den Samen abends an, nimmt ihn am nächsten Morgen aus dem Chlorkalkbad und breitet ihn nach dem Abwaschen auf einer Plane zum
Zurücktrocknen aus. Mittags kann dann gedrillt werden. Vor dem Drillen ist die gequollene
Saatgutmenge zu wiegen und dann entsprechend erst die Drillmaschine einzustellen. Das
heißt, wenn 12 kg je Hektar fallen sollen, wiegen diese nach der Behandlung etwa 16 kg. Die
Maschine muß so eingestellt werden, daß diese letztere Menge auch wirklich fällt. An warmen Tagen läßt sich auf größeren Schlägen ein weiteres Eintrocknen des Samens bei längerer
Drilldauer meist nicht verhindern. Eine Beobachtung des Saatgutfalles ist also während des
Drillens erforderlich, um einem stärkeren Laufen des Saatgutes durch entsprechende Korrektur an der Einstellung der Drillmaschine vorzubeugen.
Die Aussaat selbst erfolgt mit mindestens 50 cm Reihenabstand mit einer Saatgutmenge von
12 kg bei 98% Reinheit und 70% Keimfähigkeit. Die Samen sollen wie die Rübenknäuel im
13
REKO, V. A.: Toluachi, das ehrwürdige Gift der Mayos. „Heil- und Gewürzpflanzen“ 15, S. 64 bis 73 (1933).
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Boden liegen. Zu tiefes Drillen erschwert das gleichmäßige Auflaufen. Die Saat wird zunächst zugeeggt und später angewalzt. Innerhalb der ersten acht Tage kann zur vorbeugenden
Unkrautbekämpfung noch einmal leicht gestriegelt und gewalzt werden. Das zu bestellende
Feld läßt sich auch über Kreuz (50 × 50 bis 75 × 50 cm) markieren. Man legt dann je Markierungspunkt 3–5 Samen aus. Später werden die Pflanzen auf eine Pflanze vereinzelt. Durch
weite Standräume werden gut entwickelte, große Blätter erzielt, die als Droge besonders
geschätzt sind. Bei der Bemessung der Standräume ist auch zu bedenken, daß die Pflücker
bequem zwischen den Reihen arbeiten können. Im Schrifttum wird auch Herbstaussaat
empfohlen. KINZEL (zit. nach HEGI) konnte jedoch experimentell eine Beschleunigung der
Keimung durch Frost nicht beobachten, im Gegenteil wird sie anscheinend durch höhere
Temperaturen gefördert. Bei Herbstaussaat ist es durchaus möglich, daß im Frühjahr die jungen Pflanzen unter Frösten leiden oder sogar erfrieren. Aussaat im warmen Kasten kann
erfolgen, jedoch ist diese Art der Anzucht für den feldmäßigen Anbau wirtschaftlich kaum
tragbar. Die jungen Sämlinge sind auch gegen das Verpflanzen ins Freiland empfindlich.
Die Pfahlwurzeln dürfen keinesfalls verletzt werden. Die ins Freiland verpflanzten Jungpflanzen müssen die erste Zeit gut feucht gehalten werden, um Ausfälle zu vermeiden.
Die Pflanzen entwickeln sich in den ersten zwei Monaten nach der Freilandaussaat verhältnismäßig langsam, und erst mit Beginn der heißen Jahreszeit ist, wie beim Tabak, ein üppiges
Wachstum zu beobachten. Das Auflaufen selbst erfolgt etwa nach 3–5 Wochen, bei späterer
Saatzeit und größerer Erwärmung sowie genügend Feuchtigkeit of schon nach 14 Tagen.
Während des trockenen Frühjahrs 1947 lief auf dem Versuchsfeld in Leipzig-Probstheida die
unbehandelte Stechapfelsaat erst nach einem stärkeren Regen nach acht Wochen auf. Um in
solchen Fällen rechtzeitig mit den Pflegearbeiten beginnen und unter Umständen eine
Blindhacke vornehmen zu können, sollte der Stechapfel möglichst zusammen mit einer
schnell auflaufenden Markiersaat ausgesät werden. Letztere darf nicht zu Verwechslungen
mit Stechapfel Anlaß geben. Sobald die Pflänzchen sichtbar sind, wird unter Verwendung von
Hohlschutzscheiben mit der Maschine gehackt. Wenn sich das dritte und vierte Blatt zeigen,
wird bei Drillsaat der Bestand durch Verkrehlen oder Verhacken und Verziehen auf 40 bis 50
cm in der Reihe vereinzelt. 1–2 weitere Hacken mit der Hand oder Maschine sind dann bis
zum Schließen des Bestandes erforderlich.
Über Düngungsversuche berichten u. a. BOSHART 14 sowie DAFERT und SIEGMUND 15 .
Datura stramonium hat vor allem ein hohes Stickstoffbedürfnis. Er ist bei reichlicher Stickstoffdüngung sehr massenwüchsig. Der Alkaloidgehalt wird durch Stickstoffgaben günstig
beeinflußt; zu hoch bemessene Gaben können sich aber auch nachteilig auf ihn auswirken.
An organischem Dünger kommen vor allem Stallmist, Jauche und Kompost in Frage.
Auch der Kalkgehalt des Bodens muß ausreichend sein. Für Preßschlammgaben aus der
Zuckerrübenindustrie ist der Stechapfel sehr dankbar. An Handelsdüngemitteln empfiehlt
es sich, etwa folgende Gaben zu verabreichen:
30 kg
N
=
300 kg/ha Kalkstickstoff
30–50 kg P2 O5 = 170–280 kg/ha Superphosphat
80–120 kg K2O = 200–300 kg/ha 40%iges Kali
Das Streuen des Düngers hat zeitig vor der Aussaat zu erfolgen, und die Düngemittel müssen
gut eingearbeitet werden. Etwa drei Wochen nach dem Auflaufen der Saat wird noch eine
Kopfdüngergabe in Höhe von 200 kg/ha Kalkammonsalpeter = 40 kg/ha N gegeben. Trocke-
14
BOSHART , K.: „Heil- und Gewürzpflanzen“ 13, S. 97 (1930/1931); ref. in „Pharmaz. Zhalle“ 72, S. 762
(1931).
15
DAFERT , O. und SIEGMUND, O.: „Heil- und Gewürzpflanzen“ 14, S. 98 (1932); „Chem. Zbl.“ I, S. 2865
(1932).
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nes Wetter ist beim Ausstreuen dieses Kopfdüngers Voraussetzung, da sonst leicht Brandflecken an den Pflanzen entstehen.
Ernte: Die Blätter werden während der Blütezeit, etwa ab Ende Juni bis September, dreimal
im Jahre geerntet. Es werden immer die älteren größeren Blätter zuerst gepflückt, die kleineren Blätter läßt man der Pflanze, obgleich sie sehr alkaloidreich sind. Die Pflanze darf durch
das Entblättern nicht allzusehr in ihrer Entwicklung gehemmt werden. Diese Art der Ernte
erfordert den höchsten Arbeitsaufwand, bringt aber auc h hohe Erträge von guter Qualität. Die
Blatternte selbst wird mit dem Messer oder der Sichel vorgenommen. Die großen Blätter werden einzeln, die kleinen an der Verästelung geschnitten. Fruchtkapseln und Stengel sollen
nicht in die Ware kommen. Das Erntegut wird in Körbe oder Holzstiegen gesammelt, in
denen dann gleich der Abtransport erfolgen kann. Bei losem Aufladen darf die Ware nicht
festgedrückt werden. Erntegut, das sich drückt und erhitzt, wird schwarz und wertlos. Welke
und fleckige Blätter sind nic ht zu ernten, denn sie setzen die Ware im Wert stark herab. Da
die Witterungsfaktoren von Bedeutung für die Höhe des Alkaloidgehaltes sind, ist zu
beachten, daß die Erne nicht direkt nach einer Regenperiode erfolgt. Der Alkaloidgehalt der
Blätter von Nachtschattengewächsen mit intensiver kutikulärer Alkaloidexkretion kann durch
Niederschläge verringert werden. Nach Feststellung von SCHRATZ und SPANING16 nimmt der
Alkaloidgehalt der Stechapfelblätter bereits nach kurzer Regendauer merklich ab. Man warte
daher am besten mit der Ernte der Blätter, bis schönes Wetter einige Tage angehalten hat.
Nach DAFERT 17 soll allerdings heißes, sonniges Wetter im Zusammenhang mit hohen Bodentemperaturen ebenfalls den Alkaloidgehalt der Datura herabsetzen. Nach BOSHART 18 besitzen
am Morgen gepflückte Blätter einen höheren Alkaloidgehalt als die am Abend gepflückten.
Die Erntearbeiten sollten daher in den Morgenstunden vorgenommen werden, wenn die Blätter völlig vom Tau abgetrocknet sind. Auch nach neueren Untersuchungen von HEMBERG und
FLÜCK19 ist der absolute Alkaloidgehalt in den Blätter von Datura stramonium bei regelmäßiger Probeentnahme (innerhalb 24 Stunden 6 Entnahmen) in den frühen Morgenstunden am
höchsten (etwa 22% mehr als um 23 Uhr). Er sinkt bis einige Stunden nach Einbruch der
Dunkelheit langsam ab, um dann in der Nacht wieder anzusteigen. In den Wurzeln dagegen
ist der Alkaloidgehalt am Nachmittag beträchtlich größer als in der Nacht und beträgt etwa
die Hälfte desjenigen der Blätter.
Erfrorene Blätter haben nach Untersuchungen von BOSHART und BERGOLD 20 noch einen
hohen Alkaloidgehalt, der allerdings niedriger als der normaler Blätter ist. Zur Alkaloidgewinnung lassen sich aber erfrorene Blätter noch verwerten.
Im feldmäßigen Großanbau empfiehlt es sich, im August die Blatternte auf einmal vorzunehmen. Diese Methode ist wirtschaftlicher, als wenn der Bestand mehrmals durchgepflückt
wird, und bringt ebenfalls hohe Erträge. Beide Erntemethoden haben aber den Nachteil, daß
sich der Samenausfall nicht ganz vermeiden läßt. Stechapfel blüht ab Juni bis in den September, und entsprechend erstreckt sich auch die Reife der Fruchtkapseln von Juli bis in den
Oktober hinein. Eine gleichzeitige Ernte aller reifenden Kapseln ist daher nicht möglich. So
ist Samenausfall also immer gegeben. Infolge der langen Keimfähigkeit des Samens erfolgt
16
SCHRATZ, E. und SPANING, M.: Über den Einfluß des Regens auf den Alkaloidgehalt des Stechapfels, Datura
stramonium. „Die Deutsche Heilpflanze“ 8 , S. 69 (1942).
17
Zit. nach FLÜCK, H.: Der Einfluß der natürlichen Verhältnisse auf die Arzneipflanzen. 12. Internationaler
Gartenbaukongreß Berlin 1938. Bd. I, Berlin 1939. S. 577.
18
loc. cit. S. 5.
19
HEMBERG, T. und FLÜCK, H.: Die Tagesperiodizität des Alkaloidgehaltes und des Gehaltes an übrigen
stickstoffhaltigen Stoffen bei Datura Stramonium. „Pharmac. Acta Helveticae“ 28, S. 74 bis 85 (1953).
20
BOSHART , K. und BERGOLD, M.: Der Alkaloidgehalt erfrorener Stechapfelblätter. „Heil- und Gewürzpflanzen“
8, S. 177 bis 180 (1926).
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meist auf Jahre hinaus eine starke Verunkrautung des Feldstückes. Wegen der Giftigkeit der
Pflanze ist größte Vorsicht geboten, und zwar, wie schon erwähnt, bei den nachfolgenden
Kulturen, besonders bei Futterpflanzen, aber auch bei Getreidefolge und Verwendung der
Strohernte zu Futterzwecken, besonders in gehäckselter Form. Stechapfel als Unkraut ist also
unter allen Umständen zu vernichten. Sobald die Laubernte beendet ist, werden mit dem
Grasmäher, oder noch besser mit dem Ableger, die restlichen Stengel gemäht und abgefahren.
Eine Verzögerung hierbei kann ebenfalls noch zu Samenausfall führen. Diese Rückstände
werden am besten auf einen Schuttplatz gebrach und baldigst verbrannt, damit auch durch
Vögel keine Samenverschleppung erfolgt. Aus allen diesen Erwägungen heraus findet noch
eine dritte Erntemethode Anwendung. Dabei wird eine Dünn- oder Dibbelsaat mit etwa 10
kg/ha Saatgut bei einer Reihenweite von 40–50 cm vorgenommen. Durch Verengung des
Standraumes und reichliche Stickstoffdüngung muß der Verholzung der Stengel entgegengewirkt werden. Der Bestand wird nicht vereinzelt. Unter Verzicht auf hohe Erträge wird der
Erntezeitpunkt vorverlegt. Der Schnitt mit dem Grasmäher erfolgt dann bereits kurz nach
Beginn der Blüte, Ende Juni/Anfang Juli. Ein Ertragsausgleich erfolgt durch Anbau einer
Zweitfrucht. Der Stechapfel kann aber auch selbst als zweite Frucht nach zeitig das Feld räumenden Kulturen, wie Pflückerbesen, Frühkartoffeln, frühen Futterpflanzen und dergleichen,
angebaut werden. Die Räumung der Vorkultur und Bestellung des Stechapfels müssen rasch
erfolgen. Eine Aussaat bis Ende Juni ist unter der Voraussetzung geeigneter Witterungsverhältnisse gut möglich. Der Schnitt erfolgt dann etwas im September/Oktober. Früh einsetzende Fröste können die Kultur allerdings gefährden. Die Ernte ist dann sofort vorzunehmen.
Das frische Kraut soll schnellstens dem Verarbeitungsbetrieb zugeführt werden. Es wird wie
bei der Pfefferminze ein mittelgrober Krüllschnitt hergestellt. Im raschen Arbeitsgang werden
dann die Blätter von den groben Stengelteilen maschinell getrennt und schnell getrocknet. Die
auf diese Weise gewonnene Droge hat ein tadelloses Aussehen und wird von der verarbeitenden pharmazeutischen Industrie günstig beurteilt. Diese Methode der Drogengewinnung ist
aber nur im werkseigenen Anbau wirtschaftlich durchführbar.
Im Hinblick auf die Verarbeitung der ganzen Pflanzen für industrielle Zwecke interessieren
die von FELDHAUS 21 erzielten Ergebnisse über die Alkaloidverteilung in den Organen von
Datura stramonium:
im Ausgangssamen
0,33% Alkaloide
in den Hauptwurzeln
0,10%
,,
in den Wurzelzweigen
0,25%
,,
In der Hauptachse
0,09%
,,
in den Achsenzweigen höchster Ordnung
0,36%
,,
in den Blättern
0,39%
,,
im Stempel
0,54%
,,
in der Blumenkrone
0,43%
,,
in den Kelchröhren
0,30%
,,
in den reifen Perikarpien
0,08%
,,
in den Plazenten der reifen Früchte
0,28%
,,
im reifen Samen
0,48%
,,
in den aus diesen Samen erwachsenden Keimlingen 0,67%
,,
Die Alkaloidverteilung im Laubblatt einer späteren Ernte war folgende:
im Assimilationsgewebe
0,48% Alkaloide
in dem Mittel- und den Sekundärnerven
1,39%
,,
in den Blattstielen
0,69%
,,
21
FELDHAUS, J.: Quantitative Untersuchungen über die Verteilung der Alkaloide in den Organen von Datura
Stramonium L. Diss. Marburg 1903, „Arch. Pharmaz.“ 243, S. 328 (1905).
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In diesem Zusammenhang interessieren auch neuere Untersuchungen von J ENTZSCH 22 über
die Alkaloidbildung in Solanaceen. Die Blätter von Datura stramonium var. inermis und von
Datura stramonium var. tatula enthielten im ersten Entwicklungsstadium überwiegend Scopolamin und nur wenig Hyoscyamin. Es wurde jedoch durch einen stetigen Anstieg des
Gehaltes an Hyoscyamin dieses Alkaloid mit Beginn der Blüte zum Hauptalkaloid, während
im weiteren Verlaufe der Entwicklung der Scopolamingehalt immer weiter absinkt, so daß
schließlich in der voll entwickelten Pflanze nur noch Spuren hie rvon vorkommen.
Die Samenernte erfolgt mit der Hand. Der zu diesem Zwecke bestimmte Feldbestand wird
zunächst einmal auf große Blätter durchgepflückt. Danach erfolgt bei mehrfachem Durchgehen das Herausschneiden der reifen Fruchtkapseln mit einer Gartenschere. Es werden
jeweils nur die gerade platzenden oder schon geplatzten Früchte herausgeschnitten und in
dichte Sackbeutel gesammelt. Beim Ernten von Sorten mit stacheligen Fruchtkapseln empfiehlt sich die Benutzung von Lederhandschuhen.
Die geernteten Fruchtkapseln werden zur Trocknung und Nachreife auf Böden flach ausgebreitet. Nach der Trocknung genügt meist schon ein einfachen Ausklopfen und Bewegen der
aufgesprungenen trockenen Kapseln mit einer Harke, um den Samen zum Ausfall zu bringen.
Wird der Samen als Saatgut verwendet, soll er dann auf natürlichem Wege noch gut nachtrocknen, da feuchtes Saatgut leicht schimmelt. Bei Verwendung der Samen als Droge
kann eine künstliche Nachtrocknung erfolgen.
Trocknung: Die Trocknung der Blatternte wird künstlich am besten bei Temperaturen von
50–60° C vorgenommen. Bei zu langsamer Trocknung leidet die Qualität. Nach Untersuchungen von BOSHART 23 haben Stechapfelblätter in frischem Zustande den höchsten
Alkaloid gehalt. Er betrug bei den frischen Blätter 0,26%, na ch schnellem Trocknen bei 60° C
0,24% und nach langsamen Trocknen bei Zimmertemperatur nur 0,196%. Trocknen an der
Sonne ist dagegen nachteiliger als Trocknen im Schatten. So enthielten nach Untersuchungen
von KOPP 24 die im Schatten getrockneten Blätter durchschnittlich 10% mehr Alkaloide als die
in der Sonne getrockneten.
Das Eintrocknungsverhältnis beträgt etwas 5–7 : 1. Die im Sommer geernteten Blätter sind
gewöhnlich etwas wasserreicher als die der Herbsternte.
Die Droge ist sehr hygroskopisch und verdirbt leicht. Eine längere Lagerung der Droge beim
Anbauer empfiehlt sich nicht, da der Alkaloidgehalt abnimmt. Der widerliche, betäubende
Geruch der frischen Pflanze kann Schwindel hervorrufen. Beim Trocknen geht der Geruch
fast ganz verloren.
Erträge: An fr ischen Blättern werden bei den beiden erstgenannten Methoden 75–180
dz/ha geerntet, bei der letzteren etwa 60–120 dz Kraut, wobei sich das Mittel mehr an der
unteren Grenze bewegt. Diese Mengen ergeben etwa 15–30 dz Blattdroge bzw. 10–20 dz/ha
einer stenge lreichen Blattware.
Der Samenanfall ist an sich hoch, doch wird der leicht ausfallende Samen meist nicht restlos
geerntet. 6–14 dz/ha Samenertrag sind ohne weiteres möglich. Bei spät gedrillten Beständen liegt der Ertrag meist unter 8 dz.
Krankheiten und Schädlinge: HEGI nennt an Schmarotzerpilzen: Pleosphaerulina argentinensis Speg., Alternaria crassa (Sacc.) Rands, Macrosporium cookei Sacc., M. daturae
Fautr., Cercospora crassa Sacc., C. daturae Peck., Septoria daturae Speg., Cercosporina
22
JENTZSCH, K.: Beitrag zur Kenntnis der Alkaloidbildung in Solanaceen. „Scientia pharmac.“ 21, S. 285 bis
291 (1953); ref. von M EYER, F. O. W. in „Pharmaz. Zhalle” 93, S. 387 bis 388 (1954).
23
loc. cit. S. 372.
24
KOPP , E.: „Pharmaz. Zhalle“ 72, S. 113 (1931); zit. nach HEEGER und POETHKE: loc. cit. S. 1.
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H EEGER E. F.: Handbuch des Arznei- und Gewürzpflanzenbaues. Drogengewinnung.
Deutscher Bauernverlag, Leipzig 1956. S. 366–376
daturicola Speg.; Phoma daturae Speg. erzeugt Stengelflecken, Sclerotinia libertiana Fuck.
ein Absterben der Keimpflanzen.
HEGI ist der Ansicht, daß die Blätter durch ihren unangenehmen, betäubenden Geruch und
durch ihren Alkaloidgehalt vor Tierfraß geschützt sind. Auch die Stacheln der Frucht der
bewehrten Formen stellen eine Art Schutz dar. Diese Ansicht HEGIS konnte FRÖMMING25
widerlegen, indem er in zahlreichen Versuchsreihen nachwies, daß z. B. die verschiedensten
Schneckenarten alkaloidhaltige, behaarte oder bestachelte Pflanzen als Futter nicht verschmähen.
Nach HEGI miniert in den Blättern des Stechapfels die Larve der Blumenfliege Pegomyia
hyoscyami Mg. Gelegentlich saugen auch Blattläuse und Spinnmilben an der Pflanze; außerdem leben an den Blättern mehrere Arten von Erdflöhen der Gattung Phyliodes Berthold und
Epithrix Foudras, gelegentlich auch die Raupen von Acherontia atropos L. Der Kartoffelkäfer, Leptinotarsa decemlineata Say., sucht außer Solanum-Arten auch noch andere Solanaceen heim, aber der Stechapfel wurde bisher kaum von ihm befallen26 . Auf dem Versuchsfeld
des Sortenamtes in Leipzig-Probstheida wurde der Stechapfel von mir Marienkäferarten aufgesucht. Die beiden überwiegenden Arten waren nach Beobachtung von UDE Coccinella
septempunctata L. samt ihrer Larven und Propylaea 14-punctata L. Die an der Unterseite der
Blätter anhaftenden Blattlauskolonien gelangten infolgedessen nicht zur Ausbreitung.
Je nach Stärke des Krankheits- und Schädlingsbefalls der Pflanze kann der Alkaloidgehalt
vermindert werden. So sinkt er stark in Blättern, die von dem Pilz Alternaria crassa befallen
sind 27 .
Die Stechapfelsamen werden von der Dörrobstmotte Plodia interpunctella Hb. geschädigt.
Besonderes: Die Stechapfelbestände müssen, wie überhaupt alle mit Giftpflanzen bestellten Felder, als Giftpflanzenkulturen deutlich sichtbar gekennzeichnet sein. Bei der Ernte ist
darauf zu achten, daß die damit beschäftigten Personen (keine Kinder) sich nicht mit den
Händen ins Gesicht oder in die Augen fassen. Vor der Frühstückspause oder dem Essen bzw.
nach dem Umgang mit diesen Pflanzen, sind die Hände zu waschen. Übelkeitserscheinungen,
die besonders bei warmer Witterung durch den beim Schnitt ausströmenden Geruch hervorgerufen werden, kann man durch Bereitstellung von erfrischenden Getränken vorbeugen. Bei
Vergiftungserscheinungen werden Öl, Milch, Essig und besonders Brechmittel angewendet.
Ärztliche Hilfe ist unerläßlich, da Vergiftungen mit tödlichem Ausgang vorgekommen sind.
Weitere Datura-species
Hin und wieder werden außer Datura stramonium auch noch andere Stechapfelarten medizinisch genutzt, so D. metel L., D. innoxia Mill. und D. meteloides Dun. Ihr Anbau erfolgt gelegentlich in Verbindung mit der pharmazeutischen Industrie. Als Zierpflanzen wirken besonders dekorativ Datura arborea L., D. cornigera Hook. und D. sanguinea Ruiz et Pav. Ihre
Kultur erfordert unter deutschen Klimaverhältnissen jedoch Gewächshausanlagen.
25
FRÖMMING, E.: Unsere gehäusetragenden Landschnecken als Feinde der Heil- und Gewürzpflanzen.
„Pharmazie“ 2, S. 524 bis 526 (1947); bzw. „Arzneipflanzen-Umschau“ 2, S. 269 bis 271 (1947).
26
M ÜHLE, E.: Über die Wirtspflanzen des Kartoffelkäfers (Leptinotarsa decemlineata Say.) unter besonderer
Berücksichtigung der Heil- und Gewürzpflanzen. „Pharmazie“ 2, S. 179 und 180 (1947); bzw. „ArzneipflanzenUmschau“ 2, S. 172 und 173 (1947).
27
A UGUSTIN, B.: „Pharm. Monatshefte“ 11, S. 27 (1930); „Chem. Zbl.” I, 1930, S. 3080.
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