Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik Prof. Dr. Thomas Wilhelm Institut für Didaktik der Physik Universität Frankfurt Mainz 19.11.2015 Gliederung 1. Ein verändertes Unterrichtskonzept 2. Ergebnisse aus einem Forschungsprojekt 3. Materialentwicklung: zwei Lehrerhandbücher 4. Videoanalyse mit „measure dynamics“ Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 1. Ein verändertes Unterrichtskonzept Prof. Dr. Thomas Wilhelm Institut für Didaktik der Physik Universität Frankfurt Mainz 19.11.2015 1.1 Grundideen des Konzeptes Newtonsche Mechanik eines der schwierigsten Inhaltsgebiete. Gründe: Schülervorstellungen Sachstruktur Ungeeignete Darstellungen Studien zeigen, selbst in der 11. Jgst. des G9 haben nur wenige Schüler die Grundideen der Mechanik verstanden. Physikdidaktiken München (Prof. Wiesner et al.), Wien (Prof. Hopf) und Würzburg (Prof. Wilhelm) arbeiteten zusammen: Konzept und Materialien zur Einführung in die Mechanik bekannte Sachstruktur weiterentwickelt Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 1.1 Grundideen des Konzeptes Die zwei wesentlichen Unterschiede zum traditionellen Mechanik-Unterricht: Dynamik vor Statik (nach Reihenfolge und Gewichtung) Kraft wird eingeführt über Bewegungsänderungen. Nur als Spezialfall: Körper bleibt in Ruhe bei Kräftegleichgewicht. Erst später: Zwei gegengleiche Kräfte an einem ausgedehnten Körper können ihn verformen (→ Hooke‘sches Gesetz). 2-dim vor 1-dim Bewegungen (Reihenfolge und Gewichtung) Von Anfang an allgemeine zweidimensionale Bewegungen Betonung der Richtung aller Größen Darstellung mit Pfeilen statt mit Diagrammen Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 1.1 Grundideen des Konzeptes Begründung: In der Statik lernen die Schüler falsch: Kräftegleichgewicht bedeutet Ruhe. Ist eine Kraft größer, bewegt sich der Körper augenblicklich in Richtung der größeren Kraft. Die Bewegung geht immer in Kraftrichtung. Kraft und Gegenkraft greifen am gleichen Körper an. Wechselwirkungsprinzip wird nicht bedacht. „Trägheit = am gleichen Körper angreifende Gegenkraft“ wird von Statik unterstützt. Die Dauer der Krafteinwirkung spielt keine Rolle. Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 1.1 Grundideen des Konzeptes Begründung: Bei 1-dim Bewegungen lernen Schüler falsch: Alle Größen sind skalare Größen (Zahlen). Ort = Weg Geschwindigkeit = Tempo Beschleunigung = Schneller/langsamer werden Für Kreisbewegung mit konstantem Tempo ist keine Kraft nötig. Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 1.1 Grundideen des Konzeptes In der Sek. I wird auf einiges verzichtet: Keine Beschleunigung Kein Impuls Praktisch keine Rechenaufgaben Keine Diagramminterpretation Kein Spezialwissen, nur grundlegendes Verständnis Zweites Newton‘sches Axiom (Newton‘sche Bewegungsgleichung) nicht experimentell und induktiv herleiten, sondern mitteilen und plausibel machen! Zweites Newton‘sches Axiom (Newton‘sche Bewegungsgleichung) nur in der vereinfachten Produktform F t m v Kein Grenzübergang, d.h. nur Durchschnittswerte, keine Momentanwerte Kaum Behandlung von Kraftwandlern, erst bei Energie! Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 1.2 Vorgehen in dem Unterrichtskonzept Beginn mit allgemeinen zweidimensionalen Bewegungen Beschreibung einer Bewegung: Um die Bewegung eines Gegenstands zu beschreiben, muss zu bestimmten Zeitpunkten festgestellt werden, wo sich der Gegenstand befindet. Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 1.2 Vorgehen in dem Unterrichtskonzept zurückgelegter Weg s Tempo Tempo v benötigte Zeit t (als Geschwindigkeitsbetrag) Richtung (als augenblickliche Bewegungsrichtung) Geschwindigkeit: Kombination von Tempo und Richtung Geschwindigkeit wird mit Pfeil dargestellt Hilfreich: Videoanalyse, die Geschwindigkeitspfeile ins Video zeichnen kann Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 1.2 Vorgehen in dem Unterrichtskonzept v Zusatzgeschwindigkeit als eigenständige Größe (als Elementarisierung der Beschleunigung) Bitte anklicken! Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 1.2 Vorgehen in dem Unterrichtskonzept Der zentrale Versuch mit Videoanalyse: Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 1.2 Vorgehen in dem Unterrichtskonzept v Die Zusatzgeschwindigkeit ist Folge einer Einwirkung. Die Richtung der Einwirkung und die Richtung der Zusatzgeschwindigkeit sind gleich. Die Zusatzgeschwindigkeit v wird durch einen Pfeil dargestellt. Der v Pfeil von zeigt von der Pfeilspitze von v A zur Pfeilspitze von vE . Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 1.2 Vorgehen in dem Unterrichtskonzept Simulation zum senkrechten Stoß als unabhängiges Programm www.thomas-wilhelm.net/simu_stoss.zip Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 1.2 Vorgehen in dem Unterrichtskonzept Einwirkungsstärke und Einwirkungsrichtung werden zusammengefasst „Kraft“ genannt. Die Zusatzgeschwindigkeit ist umso größer, je größer die Einwirkungsstärke ist, je länger die Einwirkungsdauer ist, je kleiner die Masse des Gegenstands ist. F t m v Zusammengefasst: Das ist eine elemantarisierte Form des zweiten Newtonschen Axioms. Die Produktform ermöglicht plausible Je-destoBeziehungen zu formulieren, die den Schülern kaum Schwierigkeiten bereiten. Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 1.2 Vorgehen in dem Unterrichtskonzept Es folgen: Sehr viele Alltags-Anwendungen dieser Newtonschen Bewegungsgleichung Das Beharrungsprinzip als Spezialfall (= 1. Newtonsches Axiom) Das Wechselwirkungsprinzip (= 3. Newtonsches Axiom) Verschiedene Kraftarten Kräfteaddition (aber keine Kräftezerlegung!) Kräftegleichgewicht Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 1.2 Vorgehen in dem Unterrichtskonzept Das Unterrichtskonzept ist ohne Computereinsatz möglich. Zur Veranschaulichung können fertige Videos genutzt werden. Eigene Messungen sind mit einem Videoanalyseprogramm möglich. Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 1.3 Unterrichtsmaterialien Neben der Simulation und den Videos gibt es als Hilfen für Lehrkräfte drei Bücher: 1. Schülerbuch 2. Lehrerhandbuch I 3. Lehrerhandbuch II Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 1.3 Unterrichtsmaterialien Erstellt für Forschungsprojekt für 7. Jgst in Bayern zu engem bayerischen Lehrplan Mit Experimenten und Aufgaben Buch erhältlich als pdf unter: www.thomas-wilhelm.net/2dd Lehrer bekamen DVD mit Unterrichtsmaterialien Materialien z.T. downloadbar unter: http://www.didaktik.physik.uni-muenchen.de/archiv/ inhalt_materialien/mechanikkonzept/index.html Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 2. Ergebnisse aus einem Forschungsprojekt Kooperation mit: Dr. Verena Tobias, LMU München Dr. Christine Waltner, LMU München Prof. Dr. Martin Hopf, Universität Wien Prof. Dr. Dr. Hartmut Wiesner, LMU München Mainz 19.11.2015 2.1 Design der Studie Ablauf der Studie: Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 2.1 Design der Studie Drei Teilstudien: Vorstudie: 14 Lehrkräfte erproben in 19 Klassen (Raum Würzburg) Hauptstudie: 10 Lehrkräfte unterrichten in Kontroll- und Treatmentgruppe (Raum München) Nachfolgestudie: 8 Lehrkräfte unterrichten in Kontrollund Treatmentgruppe (Raum München) Forschungsmethoden: Quantitativ: Verständnistest, fachspezifisches Selbstkonzept, Interesse am Physikunterricht, Selbstwirksamkeitserwartung (jeweils Prä – Post – FollowUp) Qualitativ: Lehrerinterviews, Schülerinterviews, Videoanalyse einer ausgewählten Unterrichtsstunde Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 2.1 Design der Studie Hauptstudie: 10 Lehrkräfte Unterricht im Sommer 2008: in 14 Klassen mit 358 Schüler nach dem traditionellen Konzept (Kontrollgruppe 1) Unterricht im Sommer 2009: in 13 Klassen mit 367 Schüler nach dem zweidimensionaldynamischen Konzept (Treatmentgruppe 1) keine Schulung der Lehrkräfte, nur Aushändigung der Materialien Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 2.2 Qualitative Ergebnisse Unterrichtstagebücher: In Kontroll- und Treatmentgruppe: Unterricht an den jeweiligen Lehrmitteln orientiert (gängige Bücher bzw. ausgehändigter Lehrtext). Materialbereitstellung ist ein effektives Mittel bei der Implementation. Schülerinterviews: Die Beschreibung von Bewegungen durch den vektoriellen Geschwindigkeitsbegriff mit den Aspekten Tempo und Richtung bereitet den Lernenden keine Schwierigkeit. Qualitativ von fast allen Lernenden verstanden: Zusammenhänge von Kraft, Masse, Einwirkdauer und Zusatzgeschwindigkeit Beitrag von Anfangs- und Zusatzgeschwindigkeit zur Endgeschwindigkeit Quantitative Konstruktionen von Zusatz- und Endgeschwindigkeit etwa durch die Hälfte der Lernenden anwendbar. Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 2.3 Ergebnisse im Verständnistest Drei Messzeitpunkte: Vortest, Nachtest, zeitverzögerter Nachtest (drei Monate später) Insgesamt 17 qualitative Verständnisaufgaben Aufteilung: von allen Lehrern als sinnvoll akzeptiert bewährte Items aus anderen Studien, z.B. FCI bayerische Vergleichswerte liegen vor (von Wilhelm) 13 Items, die zu jedem Unterrichtskonzept passen 2 Items zur neuen Sachstruktur nach zweidimensionaldynamischem Konzept 2 Items zur Beschleunigung (nur im Unterricht nach traditionellem Konzept) Im Vortest kein signifikanten Unterschiede zwischen Kontroll- und Treatmentgruppe feststellbar. Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 2.3 Ergebnisse im Verständnistest 2 Items zum zweidimensional-dynamischen Konzept: Höchst signifikanter Unterschied mit großer Effektstärke Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 2.3 Ergebnisse im Verständnistest 2 Items zum traditionellen Konzept: Kein signifikanter Unterschied Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 2.3 Ergebnisse im Verständnistest 13 Items zum Grundverständnis: Höchst signifikanter Unterschied mit mittlerer Effektstärke Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 2.3 Ergebnisse im Verständnistest Interaktionseffekt zwischen Gruppe und Geschlecht: In Kontroll- und Treatmentgruppe sind die Jungen den Mädchen in Vorwissen hoch bzw. höchst signifikant überlegen. Unterschiede bleiben in der Kontrollgruppe bestehen oder wachsen. In Treatmentgruppe nach Unterricht keine signifikanten Unterschiede! Die Mädchen holen also auf! Kontrollgruppe Treatmentgruppe Jungen Mädchen Signifik. Jungen Mädchen Signifik. Vortest 3.18 2.68 ** 3.13 2.53 *** Nachtest 4.62 3.94 ** 5.57 5.18 n. s. Zeitverzögerter Nachtest 4.58 3.64 *** 5.25 4.76 n. s. Mittelwerte nach Geschlechtern (** hoch signifikant, *** höchstsignifikant) Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 2.4 Nicht-kognitiven Merkmale Itemspezifische Analyse zur Selbstwirksamkeitserwartung: Die Schülerinnen und Schüler der Treatmentgruppe fühlen sich selbst kompetenter beim Einzeichnen einer Kraft, beim Vorhersagen einer Bewegung, beim Erklären einer Bewegung (höchst signifikant). Die Schülerinnen und Schüler der Kontrollgruppe fühlen sich dagegen selbst signifikant kompetenter beim Rechnen und beim Diagramme lesen (beides keine Lehrplaninhalte!) Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 2.5 Lehrerakzeptanz In Treatmentgruppe: Alle 10 Lehrkräfte wollen auch zukünftig so unterrichten. Einige Lehrkräfte fungierten als Multiplikatoren an ihren Schulen. Beispielzitat: „Mit der Newtonschen Bewegungsgleichung sind sie eigentlich ganz gut umgegangen … da konnten sie Phänomene erklären … Also da war ich echt erstaunt … sehr, sehr gut im Vergleich zu den Klassen vorher … sogar so gut, dass ich das dann auch in der 10. Klasse mal zerteilt habe - die Beschleunigung - … das hat auch denen geholfen … Prima!“ (Lehrperson 5) Lehrplan 2015: Das Konzept wird für alle bayerischen Gymnasien verpflichtend vorgeschrieben! Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 2.6 Verständnistest in einer Nachfolgestudie Die Ergebnisse ließen sich in der Nachfolgestudie mit 5 neuen Lehrern reproduzieren! 13 Items zum Grundverständnis: Gruppe: Kontrollgruppe I Treatmentgruppe I Kontrollgruppe II Treatmentgruppe II Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 2.7 Preis Forschungsarbeiten wurden mit Polytechnikpreis 2011 prämiert. Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 2.8 Anderes Bundesland Gruppe von hessischen Lehrkräften im Raum Frankfurt hat das Konzept und die Materialien im Schuljahr 2012/13 getestet. Ergebnisse zum Unterrichtskonzept: Zustimmung zu den Grundideen, tragfähiges Konzept, leicht an individuelle Wünsche und Schwerpunkte anpassbar, Raum für Individualität, erweiterungsfähig, in Hessen einsetzfähig, reiche Auswahl an Materialien. Lehrkräfte haben sich etwas mehr Zeit genommen. Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 3. Materialentwicklung: zwei Lehrerhandbücher Prof. Dr. Thomas Wilhelm Institut für Didaktik der Physik Universität Frankfurt Mainz 19.11.2015 3.1 Lehrerhandbuch I • Kernpunkte des erprobten Unterrichtskonzeptes • ausführliche Darstellung • mit umfangreichen Unterrichtsmaterialien auf DVD • Zweite Auflage abverkauft Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 3.1 Lehrerhandbuch I Gliederung: 1 Einführung des Themenbereichs Mechanik 2 Beschreibung von Bewegungen 3 Geschwindigkeit 4 Änderungen von Geschwindigkeiten – die Zusatzgeschwindigkeit 5 Newtonsche Bewegungsgleichung, (träge) Masse und Kraft 6 Vergleich von trägen Massen mithilfe von Stoßversuchen Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik Forschungsprojekt Erweiterung 19.11.2015 3.1 Lehrerhandbuch I • Beispiele für Videos und Videoanalysen auf der DVD des Lehrerhandbuches I: Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 3.2 Lehrerhandbuch II • Fortsetzung vom Lehrerhandbuch I • Erweiterung des ursprünglichen Konzeptes • lehrplanunabhängig, ausführliche Darstellung • Konzeptbeschreibung für die Sek. I • mit sehr umfangreichen Unterrichtsmaterialien auf DVD • Titel: WILHELM, T.; WIESNER, H.; HOPF, M.; RACHEL, A.: Mechanik II: Dynamik, Erhaltungssätze, Kinematik In: Reihe Unterricht Physik, Band 6, Aulis-Verlag Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 3.2 Lehrerhandbuch II Gliederung: 1. Anwendungen der Newton‘schen Bewegungsgleichung 2. Das Beharrungsprinzip 3. Das Wechselwirkungsprinzip 4. Der Impulserhaltungssatz Forschungs -projekt Erweiterung 5. Die Erdanziehungskraft 6. Dehnung und Hooke’sches Gesetz 7. Kräfteaddition und Kräftegleichgewicht 8. Reibungskräfte 9. Der Energieerhaltungssatz 10.Kinematik Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 3.2 Lehrerhandbuch II Beharrungsprinzip (1. Newton‘sches Axiom): Betonung: Ohne Krafteinwirkung behält ein Körper Tempo und Richtung. Kein Behandeln von Trägheitskräften, sondern immer Beschreibung aus der objektiven Sicht des außenstehenden Beobachters Deutlich machen: Dem mitbewegten Beobachter erscheint es anders. Wechselwirkungsprinzip: Anwendung auf Fortbewegungen: Auto, Flugzeug, Hubschrauber, Sprinter, Raketen Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 3.2 Lehrerhandbuch II Impulserhaltungssatz: Abgeleitet aus dem Wechselwirkungsgesetz 𝐹1→2 = −𝐹2→1 mit Hilfe von F t m v, dann experimentelle Bestätigung. Erdanziehungskraft: Auch konsequent ohne Beschleunigung behandelt Hooke‘sches Gesetz: Greifen an einem Körper an verschiedenen Punkten zwei gleich große, entgegengerichtete Kräfte an, ändert sich seine Geschwindigkeit nicht, aber er kann verformt werden. Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 3.2 Lehrerhandbuch II Kräfteaddition Es gibt keine Kräftezerlegung! Beispiel Hangabtriebskraft Hervorheben der Wirkungslinie Angriffspunkte nicht explizit Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 3.2 Lehrerhandbuch II Reibungskräfte Einführung als Tangentialkräfte Bedeutung der Haftkraft, z.B. fürs Laufen vE FWT FPN vA Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik FWN FPT 19.11.2015 3.2 Lehrerhandbuch II Der Energieerhaltungssatz Keine Einführung der Energie über die Arbeit Sondern erst Energieerhaltung, dann Arbeit Beginn mit der kinetischen Energie Eindimensionale Kinematik An letzter Stelle nach Dynamik/Kräften/Erhaltungssätzen In Gleichungen und Diagrammen: Komponenten vx und ax Hier auch Unterrichtsvorschläge zur Beschleunigung Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 3.3 Materialien • Bei allen Themen stehen sehr viele Videos von Bewegungen auf DVD zur Verfügung. • Jeweils auf drei Arten zur Auswahl: – Videos zur Bearbeitung in jedem Videoanalyseprogramm – Videoanalyseprojekte für „measure dynamics“, bereits analysiert mit vielen Einblendungen – Mehrere exportierte Videos mit Einblendung verschiedener physikalischer Größen • Dabei Darstellung physikalischer Größen über bewegte Pfeile und andere Einblendungen (dynamisch ikonische Repräsentationen). Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 3.3 Materialien • Beispiel: Videos zur Erdanziehungskraft Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 3.3 Materialien • Beispiel: Videos zur Haftkraft Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 3.3 Materialien • Beispiel zur Kinematik Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 4. Videoanalyse mit „measure dynamics“ Prof. Dr. Thomas Wilhelm Institut für Didaktik der Physik Universität Frankfurt Mainz 19.11.2015 4.1 Was ist Videoanalyse? Digitale Videos von Bewegungen heute problemlos möglich. Videos enthalten Orts- und Zeitinformationen (Einzelbilder in festen Zeitabständen). Ist eine Referenzlänge bekannt, kann jeder Ort berechnet werden. Früher: Folie auf Fernsehbildschirm gelegt und mit Lineal abgemessen. Heute Computerprogramm, das die Berechnung und Darstellung übernimmt (sehr unterschiedliche). Ortsmessung durch Mausklick oder durch intelligentes Programm. Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 4.1 Was ist Videoanalyse? Markieren des Ortes: Bahnkurve: Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 4.1 Was ist Videoanalyse? Darstellung der Zentripetalbeschleunigung durch Einblenden von Pfeilen: Bild anklicken! Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 4.1 Was ist Videoanalyse? Videoanalyse von Bewegungen in Lehrplänen vorgesehen (Bayern, Brandenburg, Hessen, Schleswig-Holstein) Videoanalyse in vielen Schulbüchern beschrieben Berührungsfreies Messwerterfassungssystem besonders für den Mechanikunterricht. Die meisten Programme lassen sehr zu wünschen übrig. Wir haben „measure dynamics“ mit einer Vielzahl neuer Möglichkeiten entwickelt. Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 4.2 Videoanalyse mit measure dynamics Automatische Bewegungsanalyse • Pucks auf Luftkissentischen • Video mit über 2.000 Frames • Fehlerfreie Analyse in 3 min • Maxwellsche Geschwindigkeitsverteilung Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 4.2 Videoanalyse mit measure dynamics Automatische Bewegungsanalyse • Pucks auf Luftkissentisch • Video mit über 2.000 Frames • Fehlerfreie Analyse in 3 min • Maxwellsche Geschwindigkeitsverteilung Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 4.2 Videoanalyse mit measure dynamics • Auswertung der Bewegungen von bis zu zwölf Objekten bzw. Objektpunkten Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 4.2 Videoanalyse mit measure dynamics Dynamisch ikonische Repräsentation: Einblendung von Säulen und Pfeilen für die physikalischen Größen, angeheftet oder ortsfest. Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 4.2 Videoanalyse mit measure dynamics Serienbilder Für Schülerarbeitsblätter zum Ausmessen Schmale Streifen als t-x-Diagramm Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 4.2 Videoanalyse mit measure dynamics Serienbilder Beispiel t-v-Diagramm: Serienbild ortsfester Geschwindigkeitspfeile bei einer Schwingung Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 4.2 Videoanalyse mit measure dynamics Einfaches Erstellen von Stroboskopbildern und Stroboskopvideos aus jedem beliebigen Video Normales Stroboskopbild Thomas Wilhelm Stroboskopbild abgeblendet mit weiteren Einblendung Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 4.3 Hochgeschwindigkeitsvideos Beispiel: Fallende Metallkugel trifft auf Glasplatte Verwendet: 100 fps M. Michel & T. Wilhelm: Dynamik mit Hochgeschwindigkeitsvideos In: PdN-PhiS 59, Nr. 7, 2010, S. 23 - 30 Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 4.3 Hochgeschwindigkeitsvideos Beispiel: Durchfahren eines Loopings Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 Fazit Zusammenfassung der Ideen: In die Mechanik wird sinnvollerweise dynamisch und zweidimensional eingeführt. Die Videoanalyse erleichtert die Behandlung. Zusammenfassung der Studie: Signifikant mehr fachliches Verständnis in den Treatmentgruppen. Überlegenheit der Jungen gegenüber Mädchen wird ausgeglichen. Folgerungen für die Forschung: Andere Sachstrukturen als die traditionellen können zu mehr Verständnis bei Schülern führen. Dafür muss vieles berücksichtigt werden. Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 Fazit Beispiel für „fachdidaktische Entwicklungsforschung“ bzw. „Design-Based Research“. Ähnlich: „partizipative Aktionsforschung“ und „Modell der Didaktische Rekonstruktion“ Ertrag: Entwicklungsprodukten (wie Schulbüchern, Unterrichtsmaterialien, Unterrichtsdesigns) und übertragbare Erkenntnisse sowie empirische Forschungsergebnisse Entwicklung und Forschung finden im Idealfall in Zyklen aus Design, Umsetzung, Analyse und Re-Design statt. Theoretische Überlegungen werden in die Entwicklung der Lehr-Lernarrangements integriert und im Gegenzug explizite Praxiserfahrungen in die Theorie. Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015 Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit! Mainz 19.11.2015 Kontaktmöglichkeit: Prof. Dr. Thomas Wilhelm Institut für Didaktik der Physik Max-von-Laue-Str. 1 60438 Frankfurt am Main E-Mail: [email protected] Web: www.thomas-wilhelm.net Thomas Wilhelm Unterrichtsorientierte physikdidaktische Forschung am Beispiel Mechanik 19.11.2015