Medizin des Alterns: Das Immunsystem Google Earth, 2006 Alterspyramiden in Deutschland Entwicklungen seit 1950 Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung Medizin des Alterns: Definitionen Gerontologie = Erforschung physiologischer Alterungsprozesse Geriatrie = medizinische Behandlung alter Menschen „immunosenescence“ = pathologische Alterungsprozesse des Immunsystems Hypothese: chronische Infekte (CMV?, HZV?) Medizin des Alterns: Es finden sich auffällige Häufungen: fatale Infektionen, v.a.: → durch Streptococcus pneumoniae → durch Myxovirus influenzae - Pneumonien - Influenza endogene Re-Infektionen, v.a.: - Herpes-Viren - Tuberkulose → durch Varizella zoster → durch Mycobacterium tuberculosis Bildung von Auto-Antikörpern gegen div. Organe, in der Regel ohne größere klinische Relevanz Tumor-Erkrankungen kumulatives Auftreten (pro 100,000) Auftreten von malignen Tumoren nach Nierentransplantation Jahre nach CTS, 2006 Molekulare Mechanismen des Alterns Dorshkind et al, 2009 Veränderungen des Immunsystems im Laufe des Lebens Rückbildung des Thymus (v.a. des Cortex), - eher quantitativ als qualitativ ? z.T. Veränderungen der KnochenmarkStammzellen Altersabhängige Involution des Thymus Aw et al, 2007 Einfluß des Alters auf die Lymphozyten-Produktion Dorshkind et al, 2009 Veränderungen des Immunsystems im Laufe des Lebens Fragen: - was ist physiologisch bedingt? - was bewirken Begleiterkrankungen? Antwort: Studien entsprechend den SENIEUR- Kriterien, d.h. Ausschluss von älteren Personen wg. - Infektionen - chronischen Entzündungen - Autoimmunerkrankungen - Stoffwechselerkrankungen - Malignomen - Erkrankungen einzelner Organe - Medikamenten-Einnahme - fehlender körperlicher Betätigung betrifft ca. 90% aller Menschen über 65 Jahre Funktionsänderungen bei T-Lymphozyten im Alter (nach Pawelec, 2002 ) vermindert u.a. : erhöht u.a. : Mitogen-Proliferation TCR-Signaltransduktion IL-2 Sekretion Sekretion lösl. IL-2R (CD25) IL-10 Sekretion IL-6 Sekretion IL-2R Expression nach Aktiv. CTL-Produktion TNF-α Sekretion Hochregulation von CD40L (CD154) → B-Zell-Hilfe Länge der Telomere DNA-Reparatur Mutationen: hprt*, HLA; DNA-Schäden * hypoxanthine phosphoribosyl transferase Molekulare Mechanismen des Alterns Dorshkind et al, 2009 Veränderungen bei T-LymphozytenSubpopulationen im Alter (nach Pawelec, 2002 ) vermindert u.a.: erhöht u.a.: CD3+ T-Zellen γδ TCR+ Zellen CD3+ DR+ T-Zellen γδ u. αβ TCR-Oligoklonalität CD4+CD7+ T-Zellen CD4+ Zellen TCR Varianten (Mutanten) CD4+ CD8+ T-Zellen CD45 RA+ T-Zellen (naiv) CD45 RO+ T-Zellen (Memory) CD28-pos. T-Zellen CD28-neg. T-Zellen CD94+ T-Zellen (Apopt.-Res.) CD152+ T-Zellen (CTLA-4)* * Inhibitorisches Signal („anti-CD28“) CD28 als Biomarker bei T-Lymphozyten im Alter (nach Pawelec, 2003 ) alt jung Ko-Stimulation von T-Zellen: Signal 1 plus Signal 2 Signal 1 Antigenerkennung TZR Signal 2 Kostimulation T-Zell-Status MHC T-Zelle APZ + - Anergie APZ - + Ignoranz + + Aktivierung CD28 TZR MHC T-Zelle CD28 TZR CD80/ CD86 MHC APZ T-Zelle CD28 CD80/ CD86 Altersabhängige Abnahme der CD28-Expression CD4 22 J. 75,1 CD28 98,3 CD8 23,7 70,8 54,9 55 J. CD28 0,7 42,6 58,1 25,7 77 J. 40,2 CD28 26,2 72,2 nach Vallejo, Vallejo, 2005 CD28-negative T-Lymphozyten sind funktionell aktiv, nicht anerg können - wie NK-Zellen KIR-Rezeptoren exprimieren und damit gleichzeitig wie Zellen der angeborenen Abwehr fungieren werden – unabhängig vom Alter bei vielen Erkrankungen gefunden, v.a. bei - entzündlichen Syndromen - autoimmunen Erkrankungen - chronischen Infektionen (TNF- α) entstehen wahrscheinlich durch chronische Aktivierung: → vorzeitiges Altern der Immunabwehr → circulus vitiosus: Entzündung/Infektion - Altern - Entzündung/Inf. - Altern usw. usw. nach Vallejo, Vallejo, 2005 Suche nach klinisch relevanten Markern für das Altern des Immunsystems Alters - assoziierte Änderungen bei 100-Jährigen häufiger : seltener : ↑ Serum-Immunglobuline ↑ organ-spezifische Auto-Ak ↑ Interleukin 6 ↓ NK-Zell-Aktivität ↑ klonale Expansion T u. B ↓ oxidat. Stress- Resistenz ↓ T-Zell-Proliferation ↑ Tumor-Nekrose-Faktor α nach Pawelec, Pawelec, 2002 Die „klonale Expansion“ von T-Zellen des Menschen ist begrenzt Pawelec et al, 2006 Gibt es Assoziationen zwischen immunologischen Markern und Langlebigkeit? keine Assoziationen bei Zytokin-Polymorphismen >100-jährige Sardinier > 90-jährige Finnen Rezeptoren auf NK-Zellen > 80-jährige Iren Gibt es Assoziationen zwischen Genen der HLA-Region und Langlebigkeit? z.T. sehr grosse Studien bei alten Menschen: - widersprüchliche Ergebnisse - keine Hinweise auf konkrete Assoziationen - unterschiedliche Populationen - z.T. schlechtes Studien-Design positive Assoziation zwischen HFE-Gen-Mutation und Langlebigkeit bei alten Frauen auf Sizilien HFE = hereditäre Hämochromatose (Lage: erweiterte HLA Region) Gibt es genetische Kopplungen zwischen anderen Genen und Langlebigkeit? Hinweise aus Familien- und Zwillingsstudien - bisher wenige Kandidatengene beschrieben, v.a. Allele (Varianten) des Gens für Apolipoprotein E (ApoE) - e4 Allel erhöht das Krankheitsrisiko für - Morbus Alzheimer, - Herz-Kreislauf-Erkrankungen - Schlaganfall - e4 Allel bei Hundertjährigen signifikant erniedrigt - e2 Allel überrepräsentiert Gibt es genetische Kopplungen zwischen anderen Genen und Langlebigkeit? Europäische Studie „Genetik des Gesunden Alterns“ (Genetics of Healthy Aging, GEHA) - 2800 neunzig-jährige Geschwisterpaare aus Europa - genomweite systematische Kopplungs-Analyse von Genen auf Chromosom 4, 11, 19 Neue genetische Assoziationsstudien: Bestimmte „single nucleotide polymorphisms“ (SNPs) im FOXO3A Gen sind mit Langlebigkeit assoziiert. FOXO3A ist ein evolutionär konservierter Regulator des Insulin growth factor-1 (IGF-1) Signalwegs Sekundäre Einflüsse auf das Immunsystem im Alter: falsche Ernährung zuviel - Kalorien - Mineralien - Vitamine zuwenig (Diabetes u.a.) (v.a. Zn) (v.a. C, E) - Eiweiß - Mineralien - Vitamine (v.a. Zn, Se) (v.a. A, C, E ) Häufig fehlendes Mineral im Alter: Zink Zink: essentieller Bestandteil von Transkriptionsfaktoren „Zinkfinger“ 3 Zinkfinger Zink im Körper: ca. 2 Gramm DNA Tagesbedarf : (= ca. 1/100) 20 Milligramm Zink muss in der Nahrung verfügbar sein Finnischer Haferbrei oder englisches Porridge Antikörperspiegel vor und nach Tetanus- bzw. Diphtherie-Auffrisch-Impfung bei 55-65jährigen Probanden Markus Both, Institut für Immunologie, UKSH, Campus Kiel Ausschluss-Kriterien: - Probanden mit chronischen Grunderkrankungen - insgesamt: SENIEUR-Kriterien sind nicht praktikabel Vergleich von Sport- und Kontrollgruppe: - kurzfristiges aerobes Training bei älteren Probanden hat keinen statistisch signifikanten Einfluss auf den Impferfolg - Trend : deutlich bessere Antikörperspiegel bei der Sportgruppe Fazit - zusammen mit publizierten Daten - : - nur langfristige körperliche Betätigung kann einen positiven Einfluss auf das Immunsystem ausüben Prophylaktische Maßnahmen, um Schädigungen des Immunsystems im Alter zu minimieren ein bisschen Glück bei der Auswahl der Eltern - genetische Ausstattung u.v.a.m. Lebensweise - Vermeidung von chron. Stress, Rauchen u.v.a.m. - Ernährung: z.B. „Mittelmeer-, Eskimo-Diät“ - lebenslange, moderate körperliche Betätigung („exercise“) Impfungen (cave CD28!) - Influenza, Pneumokokken - Herpes zoster Vielen Dank! Dorshkind Box 1 Dorshkind Fig 1 Dorshkind Box 2 Signaltransduktion via T-Zell-Rezeptor (TCR): der Kostimulator CD28 leitet das 2. Signal weiter antigenpräsentierende Zelle HLA-II + Peptid CD80, CD86 (B7) α β TCR naiver T-Lymphozyt CD4 CD28 nach Uhrberg, Uhrberg, 2004