Hygiene-Standards - Ablauf am Inselspital Swiss Intensive Symposium, Notwill 11.3.14 Dr.med. Alexia Cusini Inhalt • Ziel und Arbeitsbereiche der Spitalhygiene • Hygienerichtlinien • Standardmassnahmen – Händehygiene, Handschuhe • Isolationsmassnahmen – Kontakt-, Tröpfchen- (Influenza) und Aerosol-Isolation – Multiresistente Erreger (MRSA und ESBL) • Ausland-Screening • Nosokomiale Infektionen auf der Intensivstation – Katheterinfektionen 2 Primäres Ziel der Spitalhygiene: Verhütung nosokomialer Infekte Arbeitsbereiche • Spitalhygienische Richtlinien erfassen • Früherkennung von resistenten Infektionserregern (MRSA/ESBL) und entsprechende Isolation • Verbesserung der Händedesinfektion • Surveillance und Prävention postoperativer Wundinfektionen (Swiss Noso) • Beratungen bei Fragen der Spitalhygiene 3 Nosokomiale Infektionen • Ca. 10% aller hospitalisierten Patienten in grossen Spitälern erleiden eine nosokomiale Infektion. • In der Schweiz pro Jahr: - 67`000 nosokomiale Infektionen - Zusatzkosten von CHF 230‘000‘000.- Erhöhte Mortalität Prävalenzstudien für nosokomiale Infektionen Sax H, et al. Swiss-NOSO Bulletin 2003; 11:1 4 • • • • 1- Tages Prävalenz Überwachung ( 8.Mai 2007) 13,796 erwachsene Patienten 1,265 Intensivstationen 75 Länder 51% aller Patienten hatten eine Infektion 71% aller Patienten erhielten Antibiotika 5 Infektionsprävalenz auf den Intensivstationen 6 Infektionen erhöhen die Mortalität 7 Hygienerichtlinien Übertragung von Infektionserregern innerhalb des Spitals verhindern, um nosokomialen Infektionen vorzubeugen. Schutz für Patienten, Personal und Besucher Intranet Kataloge/Handbücher Kapitel 7.3 Richtlinien KIM Die Hygienerichtlinien des Inselspitals basieren auf den CDC-Richtlinien (Centers for Diseases Control and Prevention USA) 8 Grundkonzept der CDC-Richtlinien KontaktIsolation TröpfchenIsolation AerosolIsolation Standardhygienemassnahmen CDC-Guidelines 1996, 2007 9 Standardmassnahmen • Grundlage zur Prävention nosokomialer Infektionen • effektiv gegen Übertragung der meisten nosokomialen Infektionen • wissenschaftlich fundiert und kosteneffektiv • Diagnose-unabhängig und leicht umsetzbar • wurde von vielen nationalen und internationalen (z.B. WHO) Institutionen übernommen 10 Standardhygienemassnahmen gemäss CDC 2007 Massnahmen, die beim Umgang mit allen Patienten gelten: • • • • • • • Händehygiene Persönliche Schutzkleidung • nicht routinemässig sondern bedarfsgerecht • bei möglichem Kontakt mit Körperflüssigkeiten und nicht intakter Haut: • Handschuhe, Schutzschürze und Maske Umgang mit Nadeln und andere scharfe Instrumenten • «Do not recap used needels!» Reanimation: Gebrauch von Mundstück oder Beatmungsbeutel Verhalten beim Husten, Niesen, Schnäuzen Reinigung/Desinfektion der Patientenumgebung Handhabung von kontaminierter Bettwäsche 11 Standardhygienemassnahmen gemäss CDC 2007 Massnahmen, die beim Umgang mit allen Patienten gelten: • • • • • • • Händehygiene Persönliche Schutzkleidung • nicht routinemässig sondern bedarfsgerecht • bei möglichem Kontakt mit Körperflüssigkeiten und nicht intakter Haut: • Handschuhe, Schutzschürze und Maske: Umgang mit Nadeln und andere scharfe Instrumenten • «Do not recap used needles!» Reanimation: Gebrauch von Mundstück oder Beatmungsbeutel Verhalten beim Husten, Niesen, Schnäuzen Reinigung/Desinfektion der Patientenumgebung Handhabung von kontaminierter Bettwäsche 12 Standardmassnahmen als Schutz Körperflüssigkeiten Handschuhe Bei jedem potentiellen Kontakt mit Körperflüssigkeiten (z.B. Blut, Urin) chirurgische Maske und Schutzbrillen wenn eine Exposition durch Spritzer oder Tröpfchen von Körperflüssigkeiten zu erwarten ist (z.B. Absaugen von respiratorischem Sekret) Spezialbehälter zur Entsorgung von spitzen/scharfen Gegenständen (Nadeln, Skalpell usw.) 13 Händehygiene im 19.Jahrhundert Ignaz Philipp Semmelweis 1815-65 14 Unsere Hände als Vektoren für Mikroorganismen Pittet et al. Lancet Infectious Diseases 2006 15 Nosokomiale Infektionen Prävention • Ca. 10% aller hospitalisierten Patienten in grossen Spitälern erleiden eine nosokomiale (= im Spital erworbene) Infektion. • In der Schweiz pro Jahr: - 67`000 nosokomiale Infektionen - Zusatzkosten von CHF 230‘000‘000.- Erhöhte Mortalität Prävalenzstudien für nosokomiale Infektionen Sax H, et al. Swiss-NOSO Bulletin 2003; 11:1 16 Mit einer guten Compliance der Händehygiene kann die nosokomiale Infektionsrate gesenkt werden Compliance in Händehygiene 48% 54% 62% 66% Pittet et al., 2000 17 Studien zur Händehygiene-Compliance Händehygiene in Studien meist unter 50% Pittet, The Lancet Infectious Diseases 2001 18 Gründe für ungenügende Händehygiene • Beobachtungen: • Hohe Arbeitsbelastung • Arbeit auf der Intensivstation • Tragen von Handschuhen • Ärzte zeigen eine schlechtere Compliance als Pflegefachpersonen • Männer zeigen eine schlechtere Compliance als Frauen • Antworten bei Interviews: • Angst vor Haut-Irritationen • Wenig Zeit • Bedürfnisse des Patienten gehen vor • Mangelndes Wissen 19 20 Die 5 Indikationen zur Händedesinfektion 21 • saubere, trockene Hände • Hohlhand mit Händedesinfektionsmittel füllen, gut verteilen • Hände nach dem Waschen nicht zusätzlich desinfizieren (Doppelbelastung für die Haut) 22 Händehygiene am Inselspital Gesamtspital Intensivstation 23 Händehygiene nach Indikationen auf der Intensivstation 24 Korrekter Umgang mit Handschuhe Indikationen: Unabhängig vom Infektionsstatus • Potentieller Kontakt mit: • Schleimhaut • nicht intakter Haut • Blut u.a. Körperflüssigkeiten Häufige Fehler: • Nach Gebrauch werden die Handschuhe nicht sofort ausgezogen • Nach dem Ausziehen wird keine Händedesinfektion durchgeführt 25 Studie zur Händehygiene bei isolierten Patienten Kontinuierliche Weiterbildung in Händehygiene Vor 2009: Handschuhe obligatorisch bei allen Interaktionen mit Patienten in Kontaktisolation Händehygiene Beobachtung 2009: Händehygiene bei 50 isolierten Patienten schlechter als im Gesamtspital Änderung der Richtlinien 2011: Handschuhe Gebrauch nur noch gemäss Standardmassnahmen Studie 2012: Vergleich Händehygiene vor und nach Änderung der Richtlinien 26 Hand hygiene compliance in patients on contact precautions, 2009 versus 2012 27 Zusammenfassung Obligatorische Handschuhe können Händehygiene verschlechtern Richtlinienänderung verbesserte die Händehygiene Händehygiene verbesserte sich vor allem vor invasiven Tätigkeiten und vor Patientenkontakt 28 Isoltionsrichtlinien KontaktIsolation TröpfchenIsolation AerosolIsolation Standardhygienemassnahmen CDC-Guidelines 1996, 2007 29 Grundsätzliches zur Isolation auf der Intensivstation • Isolation am Patientenbett mit entsprechender Markierung (Gelbes Klebeband am Boden, Paravent, Isolationschild) • Ausnahme: Aerosolisolation in Zimmer mit Unterdruck und Schleuse • Unterschiedliche Pflegefachperson für den isolierten Patienten und einen immunsupprimierten Patienten 30 Kontaktisolation Indikationen: multiresistente Bakterien, RSV, infektiöser Durchfall Händedesinfektion konsequente Einhaltung ist die wichtigste Massnahme um eine Keimübertragung auf weitere Patienten zu verhindern. Handschuhe gemäss Standardmassnahmen tragen, (bei potentiellem) Kontakt mit Körperflüssigkeiten. Überschürzen •Multiresistente bei engem physischem Bakterien Patientenkontakt •Infektiöser Durchfall bei möglichem Kontakt mit Stuhl. •Respiratorische Viren bei möglichem Kontakt mit respiratorischem Sekret. 31 Kontaktisolation bei multiresistenten Bakterien • MRSA, VRE und Carbapenemasebildner: – immer Kontaktisolation • ESBL und andere multiresistente gram negative Keime: – Kontaktisolation am Patientenplatz nur bei Risikofaktoren (Wunden, Hautläsionen, Drainagen, Intubation, Organtransplantation, Stuhl- und Urininkontinenz) 32 MRSA am Inselspital 1991 – 30.11.2013 33 Gram-negative multiresistente Keime, Inselspital 34 Aerogene Übertragung von Infektionserregern 35 Tröpfchenisolation Indikationen: z.b. bei Influenza, Röteln*, Meningokokken-Infektionen Händedesinfektion gemäss Standardhygiene Handschuhe gemäss Standardhygiene chirurgische Maske Bei engem Kontakt (näher als 1-2 Meter) mit dem Patienten muss eine chirurgische Maske* getragen werden. Transport: Patient trägt eine chirurgische Maske * Bei Röteln müssen immune Personen keine chirurgische Maske tragen 36 Influenza eine unterschätzte Infektion 37 Influenza mit aussergewöhnlichen Folgen 38 jähriger Patient mit „systemic capillary leak syndrom“ • Zuweisung in Schockzustand mit Kompartmentsyndrom der Beine und Arme, Pleura- und Perikarderguss – Bei Eintritt: Hämoglobin: 216 g/L, Leukozyten 37.5 G/L • CRP : 30 38 Logenspaltung: Ober- und Unterschenkel, Unterame und Hände bilateral Nasenrachen-Abstrich: H1N1 positiv 39 Influenza-Isolationen 2012 / 2103: Diagnostik: Total 641 Tests, 137 positiv (21.3%) 9 nosokomiale Infektionen, 4 mögliche nosokomiale Infektionen 40 Strategie gegen nosokomiale Influenza • Nasenrachen-Abstrich zur Diagnostik bei Verdacht auf Influenza • Isolation aller Patienten mit Verdacht auf Influenza • Gabe einer Oseltamivir-Prophylaxe bei exponierten Patienten • Auf Onkologie tragen alle nicht geimpften Mitarbeiter während der Grippensaision eine Maske • Promotion der Influenza-Impfung 41 Impfrate nach Berufsgruppen 42 Aerosolisolation • Auf der IPS in Zimmer mit Unterdruck und Schleuse • vor Betreten des Zimmers Hochleistungsmaske (FFP2) anziehen Varizellen / generalisierter Herpes Zoster / Masern: • Nur immunes Personal hat Zutritt 43 Hygieneordner Kapitel 4, Anhang 1 44 Ausland Screening • Rationale: – höhere Prävalenz von multiresistenten Mikroorganismen im Ausland sowie in einigen Schweizer Regionen • Ziel: – Früherfassung von kolonisierten Patienten • Vorgehen: – Am Eintrittstag Screening auf MRSA, ESBL und Carbapenemasebildner aller Patienten, die in den letzten 6 Monaten im Ausland hospitalisiert wurden – Screening folgender Körperstellen: Nase, Leiste und Rektum – Allenfalls zusätzlich: Urin aus Dauerkatheter, Trachealsekret bei Intubation, Drainageflüssigkeit aus liegender Drainage – Auf IPS: Vorsorgliche Isolation der Patienten bis zum Erhalt des MRSAScreening Resultates 45 Ausland-Screening Dezember 2012 bis November 2013 Vorjahr Aktuelles Jahr Patienten 249 209 Patienten mit ESBL Nachweis 31 E. coli ESBL 29 24 Enterobacter cloacae ESBL 1 0 Klebsiella oxytoca ESBL 0 1 Klebsiella pneumoniae ESBL 2 6 Serratia ESBL 1 0 Acinetobacter multi/pan-R 0 1 Carbapenemasebildner 1 1 MRSA 4 2 13% 35 17% 46 Repatriierung mit Problemkeim: Extensiv resistenter Acinetobacter baumannii 60-jährige Patientin mit Status nach wahrscheinlicher PneumokokkenSepsis, aus einem türkischen Spital Führer U. et al. Swiss Medical Forum 2013 47 Kathteterinfekt - Definition CDC Mikroorganismus in peripherer Blutkultur und entweder in einer Kultur der Katheterspitze oder in einer Blutkultur aus dem Katheter mit einem Unterschied der “time to positivity” (Blutkultur aus Katheter mind. 2h früher positiv als periphere Blutkultur) 48 Katheterinfekte 49 Fortbildung als Intervention: • Händehygiene • Pflege der Kathetereinstichstelle • Gebrauch des Katheters 50 Prävention von Kathterinfekten • Bei Einlage eines ZVK steriles Abdecken des Patienten • Optimale Lokalisation des ZVKs (vermeide femorale ZVK) • Hautdesinfektion mit Chlorhexidin vor ZVK-Einlage • Desinfektion der Konnektionsstelle vor Manipulation • Kontinuierliche Weiterbildung von Pflegepersonal und Aerzte • ZVK-Kit mit allen Utensilien vorbereiten • Checklisten bei der Einlage beachten • Gegenseitige Kontrolle • ZVK nur so lange wie nötig 51 52 Danke für Ihre Aufmerksamkeit ! 53 Überprüfen Sie Ihre Händedesinfektionstechnik 54