Virale Gastroenteritiden Infektionen mit Noro-, Rota-, Adeno- und Astroviren Durch Infektion oder Intoxikation ausgelöste Magen-Darm-Erkrankungen, Gastroenteritiden, gehören zu den häufigsten Infektionskrankheiten überhaupt. Sie werden durch verschiedene Erreger, vor allem Bakterien, Viren, Parasiten und Pilzen beim Verzehr von kontaminierten Lebensmitteln ausgelöst. Die viralen Gastroenteritiden durch Adeno-, Noro-, Rota- und Astroviren treten zwar im gesamten Jahresverlauf auf, zeigen jedoch einen ausgeprägten saisonalen Gipfel in den Wintermonaten, weil die Übertragung des Virus in geschlossenen Räumen, speziell auch bei trockner Raumluft, effizienter ist. Die Infektionsraten nehmen in der Regel im Oktober/November zu, erreichen im Januar ein Maximum und im Mai/Juni ein niedriges intersaisonales Niveau. Unter Berücksichtigung dieses saisonalen Verlaufs wurden die Daten eines Jahres aus Wiesbaden (Abteilung Infektionsschutz des Gesundheitsamtes - Leitung: Dr. 3 Michael Forßbohm) so zusammengefasst, dass jeweils eine zusammenhängende Saison deutlich dargestellt wird. Die vorliegende Auswertung macht die große Bedeutung der Norovirus-Erkrankung deutlich. Die Datenanalysen wären ohne eine fortlaufende standardisierte Erfassung, wie sie seit Einführung des IfSG durchgeführt wird, nicht möglich. Norovirus-Infektion in Wiesbaden: Die seit Oktober 2006 anhaltende Epidemie erreichte in Wiesbaden ihren Höhepunkt im März in Form eines großen Ausbruchs in einem Altenheim mit 107 Fällen, der sich über 3 Wochen erstreckte und auf seinem Gipfel 20 Erkrankungen an einem Tag hatte. Rotavirus-Infektion in Wiesbaden: Die Häufigkeit der Rotavirus-Infektionen im Januar und April 2007 blieb deutlich unter der Anzahl des Vorjahres. Norovirus Noroviren gehören in die Familie der Calciviren und wurden früher als Norwalk-ähnliche Viren bezeichnet. Es handelt sich dabei um einsträngige, hüllenlose RNA-Viren, die sich durch eine ausgeprägte Genomvariabilität auszeichnen. Die Namensgebung innerhalb der Genogruppen erfolgt nach dem geographischen Ort ihres ersten Auftretens: z. B. Norwalk. Noroviren sind weltweit verbreitet und zählen auch in Deutschland zu den häufigsten Erregern nicht bakteriell bedingter infektiöser Gastroenteritiden bei Kindern und Erwachsenen. Die Infektion führt nach einer Inkubationszeit von 24–28 h zu einem charakteristischen Krankheitsbild einer akut beginnenden Gastroenteritis mit starker Übelkeit, plötzlich einsetzendem Erbrechen, abdominellen Krämpfen und Durchfällen. Fieber tritt selten auf. Die Infektion ist in der Regel selbstlimitierend (12–60 h). Noroviren werden mit Erbrochenem und über den Stuhl ausgeschieden. Die Viren sind äußerst umweltstabil und hochinfektiös. Noroviren sind häufig Ursache von Gastroenteritis-Ausbrüchen in Gemeinschaftseinrichtungen wie z. B. Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen sowie Kindertagesstätten. Die hohe Infektionsrate ist zum einen durch die hohe Viruskonzentration im Stuhl und Erbrochenen von Erkrankten, die niedrige infektiöse Dosis (< 100 Viruspartikel), die relative Umweltstabilität des Erregers und durch die nur kurz bestehende Immunität zu erklären. Der Mensch ist das einzige bekannte epidemiologisch relevante Erregerreservoir. Die Übertragung erfolgt hauptsächlich fäkal-oral und über virushaltiges Aerosol. Übertragungen über kontaminierte Lebensmittel oder Trinkwasser sind ebenfalls möglich. Erkrankte können nach Abklingen der Symptome noch für längere Zeit das Virus über den Stuhl ausscheiden. Die Therapie ist rein symptomatisch. Eine antivirale Therapie steht nicht zur Verfügung. Die Letalität der Norovirus-Erkrankung ist sehr gering (unter 0,1 %). Rotavirus Weltweit lösen Rotaviren mehr als 70% der schweren Durchfallerkrankungen bei Kindern aus und sind damit die häufigste Ursache von Darminfektionen in dieser Altersgruppe. Hauptreservoir für Rotaviren ist der Mensch. Die Übertragung erfolgt fäkal-oral vor allem durch Schmierinfektionen, aber auch durch 14.06.2007 kontaminiertes Wasser und Lebensmittel. Obwohl sich die Viren im Respirationstrakt nicht vermehren, können sie in der akuten Phase der Erkrankung auch in den Sekreten der Atemwege ausgeschieden werden, so dass auch eine aerogene Übertragung möglich ist. Das Virus ist sehr leicht übertragbar; bereits 10 Viruspartikel reichen aus, um eine Infektion auszulösen. Adenoviren Adenoviren wurden erstmals in den 50er Jahren aus Tonsillen isoliert und als Erreger von Erkrankungen der Atemwege beschrieben. Es zeigte sich bald, dass diese Viren sehr weit verbreitet sind und auch eine Vielzahl verschiedenster Wirte kennen. Bis heute sind 51 menschenpathogene Serotypen bekannt. Adenoviren verursachen Erkrankungen der Atemwege, Augen und des Magendarmtraktes. Adenovirusbedingte Gastroenteritiden durch die Subtypen 40 und 41 unterscheiden sich klinisch nicht von Durchfallerkrankungen anderer Ätiologie. Adenoviren sind für bis zu 15% der wegen akuter Gastroenteritis hospitalisierten Kindern verantwortlich. Die Übertragung von Adenoviren verläuft in erster Linie fäkal-oral durch Schmierinfektion, aber auch über Wasser und Lebensmittel. Ein zweiter Weg ist der aerogene mit Tröpfchen. Sporadische Erkrankungen treten ganzjährig auf. Im Stuhl können Adenoviren noch Monate nach Genesung des Patienten ausgeschieden werden. Astroviren Das Astrovirus ist ein weltweit verbreiteter Verursacher von viraler Gastroenteritis bei kleinen Kindern. Neue Studien zeigen, dass die Inzidenz von Infektionen mit Astroviren aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit diagnostischer Methoden wahrscheinlich stark unterschätzt wurde. Die Studien lassen darauf schließen, dass Astrovirus nach Rotavirus der zweithäufigste Erreger viraler Gastroenteritis bei Kindern ist. Gastrointestinale Ausbrüche aufgrund von Astroviren wurden in Zusammenhang mit Nahrungsmittel assoziierten Kontaminationen, über den fäkal-oralen Weg bzw. von Person zu Person und in klinischen Einrichtungen beobachtet. Zu Ausbrüchen kommt es in gemäßigten Zonen vor allem im Winter und im Frühling. Astroviren sind kleine, runde RNA-Viren. Sie gehören zur Familie der Astroviridae, die durch ihr sternartiges Erscheinungsbild charakterisiert sind. Unterschieden wird zwischen den humanpathogenen Stämmen, den Rinderstämmen und den Schafstämmen. Die Inkubationszeit beträgt 3-4 Tage und die Symptome dauern normalerweise 2-3 Tage an. Sie können aber auch bis zu 12 Tagen persistieren wobei in dieser Zeit auch eine Ausscheidung der Astroviruspartikel stattfindet. Neben einer wässrigen Diarrhoe kann es zu Fieber, abdominalen Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen kommen. Bei Kindern kann es wegen starkem Flüssigkeitsverlust und Dehydration zu Komplikationen kommen. Die Behandlung ist rein symptomatisch. Seuchen-hygienische Maßnahmen sollten eingeleitet werden. Zur Diagnostik von Astroviren bei Patienten mit intestinalen Infektionen sind Stuhlproben angezeigt. Zur Diagnostik steht jetzt ein Nachweis von Astrovirus spezifischem Antigen zur Verfügung, der direkt aus dem Stuhl durchgeführt wird. Erregernachweis Noro-, Rota-, Adeno- und Astroviren werden mittels Antigennachweis aus Stuhlproben (5g) erfasst. Ausnahme-Kennziffer 32006 Alle Untersuchungen bei Erkrankungen oder Verdacht auf Erkrankungen, bei denen eine gesetzliche Meldepflicht besteht sind außerhalb des Punktzahlvolumens/Budgets. Meldepflicht Für Laborärzte ist nach § 7 IfSG der direkte Nachweis von, Noro-, Adeno- und Rotaviren aus dem Stuhl meldepflichtig. Für Ärzte sind nach § 6 IfSG Krankheitsverdacht und Erkrankung an einer akuten infektiösen Gastroenteritis meldepflichtig, wenn die erkrankte Person eine Tätigkeit im Sinne des § 42 ausübt oder wenn zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen auftreten, bei denen ein epidemiologischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird. Weiterführende Literatur: 1. 2. 3. Epidemiologisches Bulletin Nr. 36 vom 3. September 2004, Robert-Koch-Institut, Berlin Epidemiologisches Bulletin Nr. 47 vom 22. November 2002, Robert-Koch-Institut, Berlin Gemeldete Infektionskrankheiten, Stand 16.06.2007, Gesundheitsamt der Landeshauptstadt Wiesbaden Enteropathogene Viren im Kurzporträt Erreger Noroviren Rotaviren Adenoviren Astroviren Klinik Gastroenteritis, abrupter Beginn selbstlimitierende Gastroenteritis Gastroenteritis Gastroenteritis Epidemiologie / Biologie Übertragung auch durch Schmierkontakt und Aerosole vor allem sind Säuglinge und Kleinkinder betroffen, hohe Infektiosität Auslöser von Epidemien bei Erwachsenen und Kindern Übertragung durch Schmierkontakt, Wasser, Nahrung 14.06.2007