Akute virale Gastroenteritis

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Infektionen im Gastrointestinaltrakt
Akute virale Gastroenteritis
M. Günther, O. Wichmann, T. Jelinek
Zusammenfassung
Akute Gastroenteritiden gehören zu den häufigsten Erkrankungen
des Menschen. Oft sind es virale Erreger, die für Magen-DarmInfekte verantwortlich sind. Zu der Hauptrisikogruppe gehören
vor allem Kinder, aber auch ältere Menschen und Immunsupprimierte. Seitdem das Norwalk-Agens erstmalig als virale Ursache
einer Gastroenteritis nachgewiesen wurde, sind eine Vielzahl von
Viren entdeckt worden, die beim Menschen Durchfallerkrankungen auslösen können. Vor allem Rotaviren, die häufigste Ursache
heftiger Diarrhöe bei Kindern unter fünf Jahren, sind von globaler
Bedeutung. Weitere bedeutende Erreger sind humane Caliciviren,
enterische Adenoviren und Astroviren. Auch andere, zum Teil noch
wenig bekannte Erreger aus der Familie der Coronaviren sowie
Toroviren und Picobirnaviren werden zunehmend häufig als Auslöser akuter Gastroenteritiden nachgewiesen. In den vergangenen
Jahren wurde eine große Anzahl diagnostischer Tests etabliert.
Enzymimmunoassays und Untersuchungen mittels PolymeraseKettenreaktions-Technik (PCR) erlauben heute den spezifischen
Nachweis zahlreicher Viren und Virussubtypen sowie deren exakte Klassifizierung. Für die Zukunft wird die Entwicklung sicherer
und hocheffektiver Impfstoffe gegen Rotaviren erwartet. Diese
Impfstoffe könnten dazu beitragen, die Morbidität und Mortalität
durch schwere akute virale Gastroenteritiden weltweit zu senken.
Schlüsselwörter
Akute Diarrhöe, virale Gastroenteritis
Summary
Acute viral gastroenteritis
Gastroenteritis is one of the most important diseases in humans.
Viruses are a very common cause of this disease, especially in
children, but also in elderly and immunocompromised people.
The first virus recognized as causal agent was the norwalkvirus.
Since then, an increasing number of viruses causing acute gastroenteritis have been detected. Rotaviruses are the most common cause of gastroenteric disease in children under 5 years of
age. Human caliciviruses, enteric adenoviruses and astroviruses
are also important etiological factors of acute gastroenteritis.
Other viruses, such as coronavirus, torovirus and picobirnavirus
are increasingly detected as causative factors of diarrhea. In
recent years new diagnostic tests, mainly enzyme-linked immunoassays and polymerase-chain-reaction (PCR) techniques, allow
a specific detection and classification of viruses. The future deve-
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lopment of safe and highly effective vaccines against rotaviruses
is exspected and may reduce worldwide morbidity and mortality
from severe acute viral gastroenteritis.
Key words
Gastroenteritis, norwalkvirus, rotaviruses, causal agents, new
diagnostic tests, vaccines
Einleitung
Die akute Gastroenteritis ist eine der häufigsten Erkrankungen des Menschen. Die Hauptrisikogruppe sind Kinder unter fünf Jahren mit weltweit schätzungsweise 700
Millionen Fällen jährlich. Insbesondere in ärmeren Ländern sind durch Gastroenteritiden bedingte Todesfälle
bei Kindern nicht selten. Schätzungen zufolge sterben
jährlich zwischen 3 und 5 Millionen Menschen an den
Folgen einer akuten Gastroenteritis. In den Industrieländern zeigt sich die Bedeutung von akuten Darminfektionen weniger in einer hohen Mortalität als in einer
hohen Zahl von Erkrankungen, die eine stationäre Einweisung erforderlich machen.
Seit den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurden
Viren als eine mögliche Ursache akuter Gastroenteritiden vermutet. Jedoch erst im Jahr 1972 gelang Kapikian
(1) bei einer epidemisch aufgetretenden Diarrhöe der
Nachweis von Viren (Norwalk-Agens) im Stuhl von Patienten. Im Jahr 1973 wurden von Bishop und Mitarbeitern (2) elektronenmikroskopisch Viruspartikel (Rotaviren) in der Duodenalschleimhaut von an akuter
Gastroenteritis erkrankten Säuglingen nachgewiesen.
Middleton und Kollegen (3) konnten 1974 zeigen, dass
Patienten Antikörper gegen die neu entdeckten Viren
bildeten; auch der Nachweis der Infektiosität durch
Infektion eines Freiwilligen konnte von diesen Autoren
geführt werden. Enterische Adenoviren und Astroviren
Matthias Günther
Institut für Tropenmedizin
Spandauer Damm 130, D-14050 Berlin
E-Mail: [email protected]
Z. Allg. Med. 2003; 79: 380–383. © Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG, Stuttgart 2003
Infektionen im Gastrointestinaltrakt
wurden 1975 im Stuhl von Säuglingen mit akuter Diarrhöe nachgewiesen. Seit dieser Zeit wird eine kontinuierlich steigende Anzahl neuartiger Viren identifiziert,
die als Auslöser für virale Gastroenteritiden in Frage
kommen und Gegenstand zahlreicher Studien sind.
Tabelle 1: Erreger viraler Gastroenteritiden
Häufige virale
Gastroenteritiserreger
Seltenere virale
Gastroenteritiserreger
Rotavirusgruppe A, B, C
Picornavirus
Adenovirus Typen 40, 41
Torovirus
Astrovirus Serotypen 1–8
Coronavirus
Norwalk-ähnliche Caliciviren
Cytomegalievirus
Sapporo-ähnliche Caliciviren
HIV
Picobirnaviren
Aichivirus*
Parvo-ähnliche Viren
* Die Bezeichnung »Aichivirus« beinhaltet verschiedene Erreger
aus der Familie der Calici- und Picornaviren
Rotaviren
Bei Rotaviren handelt es sich um nicht umhüllte, doppelsträngige RNA-Viren aus der Familie der Reoviridae.
Charakteristisch ist ihre icosahedrische Struktur bei
einem Durchmesser von 70 nm. Nach Negativkontrastierung im elektronenmikroskopischen Bild ähnelt das
Virion einem Rad mit großer Nabe und kurzen Speichen,
woraus sich auch die Bezeichnung Rotavirus ableitet
(rota, lat. Rad). Es existieren sieben Gruppen (A–G),
jedoch nur die Rotaviren der Gruppen A, B und C sind
humanpathogen. Eines von zwei Glykoproteinen der
Oberfläche bestimmt die »G-Typ-Spezifität«. Es existieren 15 verschiedene G-Typen humanpathogener Rotaviren, die Typen G1, G2, G3 und G4 dominieren weltweit.
Die einzig bekannte Infektionsquelle ist der Mensch. Die
Übertragung erfolgt in erster Linie fäkal-oral, jedoch
werden auch andere Infektionsrouten (z. B. über Aerosol)
vermutet. Sporadische Fälle sind während des ganzen
Jahres möglich, die Mehrzahl der Erkrankungen in den
gemäßigten Breiten tritt jedoch im Winter und Frühjahr
auf. Epidemisches Auftreten wird vor allem in Kindergärten und Kinderkliniken beobachtet. Die Inkubationszeit beträgt meist 48–72 Stunden, kann jedoch zwischen
einem und vier Tagen variieren. Die Infektion älterer
Personen verläuft in der Regel asymptomatisch. Auch
Neugeborene erkranken im Allgemeinen nicht. Die
höchste Suszeptibilität für eine Rotavirus-Infektion
besteht im Alter zwischen 6 und 24 Monaten. Bei den
klinisch relevanten Infektionen im Kindesalter finden
sich massive Durchfälle, Erbrechen und Fieber.
Die Rotaviren besitzen einen ausgeprägten Tropismus
für die Enterozyten der Darmschleimhaut und führen zu
einer Atrophie der Mikrovilli des Dünndarms. Dem
gegenüber steht eine sekundäre Hyperplasie der
Krypten, was zu einem Überwiegen der sekretorischen
gegenüber den resorptiven Zellen führt (4). Auch eine
Stimulation des enteralen Nervensystems begünstigt die
Sekretion von Wasser und Elektrolyten in das Darmlumen. Symptome einer Rotavirus-Infektion bestehen
selten länger als vier bis sechs Tage.
Humane Caliciviren
Es handelt sich um 27–40 nm große, nicht umhüllte
Viren mit Einzelstrang-RNA. Zur Familie der humanpathogenen Caliciviren gehört das klassische Norwalkvirus, die Gruppe der Norwalk-ähnlichen Viren (neuere
Bezeichnung: Noroviren) sowie die Sapporo-ähnlichen
Viren (neuere Bezeichnung: Sapoviren). Die Viren der
verschiedenen Gruppen unterscheiden sich in ihrer Größe. Innerhalb der einzelnen Gruppen wird eine große
Anzahl morphologisch ähnlicher, aber genetisch abweichender Erreger (»Desert Storm-Virus«, »SouthhamptonVirus«, »Snow Mountain-Virus«, »Parkville-Virus« und
andere) subsummiert. In der Elektronenmikroskopie
zeigt die Oberfläche des Virions 32 tassenähnliche, nach
außen gerichtete Vertiefungen (calyx, lat. Kelch).
Infektionsquelle ist der erkrankte Mensch, der die Erreger mit dem Stuhl in großen Mengen ausscheidet. Ein
Nachweis von Norwalkviren gelang auch im Erbrochenen
(Übertragung durch Aerosol möglich!), nicht jedoch in
den Nasopharyngealsekreten Erkrankter. Die Übertragung erfolgt zunächst indirekt über den Verzehr fäkal
kontaminierter Lebensmittel. So sind oft verunreinigte
Salate, Muscheln oder Krabben Ausgangspunkt von Epidemien. Für die direkte Weiterverbreitung von Mensch
zu Mensch sind Schmierinfektionen von Bedeutung.
Die Erreger sind weltweit verbreitet und verantwortlich
für etwa 40 % der nicht-bakteriellen Gastroenteritiden
(5). Ein wichtiges Merkmal der Norwalk-Gastroenteritis
ist, dass Erkrankungen kaum in den ersten Lebensjahren
vorkommen, sondern erst bei Jugendlichen und Erwachsenen auftreten (6). Typisch sind kleinere, lokal begrenzte Epidemien, zum Beispiel in Familien, Schulen
oder Heimen sowie die Häufung der Erkrankung in der
kalten Jahreszeit (»winter vomiting disease«). Die Inkubationszeit beträgt 10–72 Stunden. Die Erkrankung äußert sich in der typischen Diarrhöe, die jedoch seltener
als bei Rotavirus-Infektionen mit Erbrechen, abdominellen Schmerzen und Fieber verbunden ist. Pathophysiologisch findet sich keine Schädigung des Darmepithels,
jedoch eine Verringerung der intestinalen Mikrovilli.
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Eine weitere Ursache für den Durchfall könnte die verzögerte und damit großlumigere Entleerung des Magens
durch den Pförtner sein. Die Stühle sind wässrig, es
finden sich keine Blut- oder Schleimbeimengungen.
Häufiger wird eine Malabsorption von Fett und D-Xylose beobachtet (4). Zwar konnten in der jejunalen
Schleimhaut IgA-Antikörper nachgewiesen werden, jedoch scheint die mukosale Immunität gegen Reinfektion
nur etwa zwei Monate anzudauern.
Enterale Adenoviren
Adenoviren vom Typ 40 und 41, aber auch die Typen 12,
18 und 31 können Ursache von Gastroenteritiden sein. Es
handelt sich um DNA-Viren ohne Hülle, die einen Durchmesser von etwa 80 nm aufweisen. Die Erreger kommen
nur beim Menschen vor und werden von akut Erkrankten mit dem Stuhl ausgeschieden. Die Übertragung erfolgt fäkal-oral.
Adenoviren können bei bis zu 12 % aller Stuhlproben von
Kindern mit akuter Gastroenteritis nachgewiesen werden. Die Infektionen kommen ganzjährig vor und betreffen vorwiegend Säuglinge und Kleinkinder; bei Jugendlichen und Erwachsenen sind Erkrankungen seltener (8).
Die Inkubationszeit beträgt fünf bis zehn Tage. Als Leitsymptom findet sich Diarrhöe, seltener Erbrechen und
Fieber. Gelegentlich treten zusätzlich respiratorische
Symptome auf.
Die enterischen Adenoviren replizieren sich vorwiegend
auf den Schleimhäuten des Gastrointestinaltraktes, jedoch ist auch eine Vermehrung auf den Schleimhäuten
der Luftwege möglich. Im Bereich des Darmepithels vollzieht sich ein ähnlicher Pathomechanismus wie im Falle
der Rotavirusinfektion: Es kommt zu einer Atrophie der
Mikrovilli von Enterozyten bei gleichzeitiger kompensatorischer Hyperplasie der Krypten (4). Eine Dehydratation tritt im Krankheitsverlauf nur selten ein.
Der Durchfall kann bis zu zehn Tage andauern.
Astroviren
Bei Astroviren handelt es sich um etwa 40 nm große icosahedrische einsträngige(+) RNA-Viren. In der Elektronenmikroskopie erscheinen sie bei hohen pH-Werten als
sternförmige Partikel (astron, griech. Stern).
Astroviren wurden hauptsächlich in den Stuhlfiltraten
durchfallkranker Kinder und Erwachsener gefunden. Die
Übertragung erfolgt wahrscheinlich in erster Linie durch
Schmierinfektion. Astroviren können auch kleinere
Gastroenteritis-Ausbrüche auslösen. Postinfektiöse Anstiege von Serumtitern sprechen für eine ätiologische
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Beteiligung. Eine aktuelle Untersuchung fand Astroviren
als die zweithäufigste Ursache (11,4 %) der akuten Gastroenteritis bei spanischen Kindern (7). Bei älteren Kindern und Erwachsenen lassen sich in etwa 75 % spezifische Antikörper nachweisen.
Der Pathomechanismus beim Menschen ist noch ungeklärt, jedoch wurde im Tierexperiment ein entzündliches Infiltrat der Lamina propria nachgewiesen, welches
eine osmotische Diarrhöe induzierte (1). Die sehr milde
Durchfallsymptomatik der akut Erkrankten liefert
jedoch nur sehr selten einen Grund zur Durchführung
einer aufwändigen Diagnostik.
Virale Gastroenteritis bei
Immunsupprimierten
Die bedeutendsten Erreger der schweren Gastroenteritis
bei immunsupprimierten Patienten sind das Cytomegalie-Virus (CMV) und das Epstein-Barr-Virus (EBV). Betroffen sind meist Patienten im Vollbild AIDS sowie Organund Knochenmark-/Stammzell-Transplantierte. Seit der
Einführung der modernen antiretroviralen Therapieschemata werden CMV-induzierte Diarrhöen auch bei
AIDS-Patienten mit CD4(+) < 100/µl seltener beobachtet.
Andere Viren, die HIV-assoziiert zu Gastroenteritiden
führen können, sind insbesondere Astroviren, Picobirnaviren, Calici- und Adenoviren. Bei Kindern und Erwachsenen mit Gastroenteritis nach allogener Knochenmarktransplantation wurden mehrfach Astro- und Adenoviren nachgewiesen. In ähnlicher Weise wurde das
Torovirus bei immunsupprimierten Kindern mit Durchfallerkrankung gefunden. Aufgrund neuerer Untersuchungen erscheint auch ein Träger- bzw. Ausscheiderstatus bei Personen mit Defekten in der angeborenen
und erworbenen Immunität als möglich (8).
Diagnostik
Eine spezifische Diagnostik ist meist nicht erforderlich.
Der klassische Weg zum Nachweis viraler Gastroenteritiserreger ist die Elektronenmikroskopie. Die Anzucht in
der Zellkultur ist meist zu schwierig und langwierig. In
denletztenJahren wurde eine größere Anzahl von Enzymimmunoassays etabliert, die einen Antigennachweis in
Stuhlproben (Koproantigen-ELISA) erlauben. Antikörper
werden ebenfalls mittels ELISA-Technik bestimmt. Auch
PCR-Protokolle stehen für zahlreiche Erreger zur Verfügung, gehören jedoch nicht zur Routinediagnostik.
Reverse-Transkriptase-PCRs werden insbesondere zum
Nachweis und zur Genotypisierung humaner Caliciviren
und Rotaviren der Gruppe A herangezogen (4).
Z. Allg. Med. 2003; 79: 380–383. © Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG, Stuttgart 2003
Infektionen im Gastrointestinaltrakt
Therapie
Eine spezifische Therapie der viralen Gastroenteritiden
existiert nicht. Die symptomatische Behandlung folgt den
allgemeinen Richtlinien. Wie bei allen akuten Durchfallerkrankungen ist der rasche Ersatz von Flüssigkeit und
Elektrolyten vorrangig. Je nach Grad der Dehydratation
kommt man mit der oralen Zufuhr einer Glukose-Elektrolytlösung aus oder muss die Exsikkose mit einer parenteralen Gabe von Flüssigkeit/Glukose/Elektrolyten über
einen venösen Dauertropf ausgleichen.
Der orale Flüssigkeitsersatz erfolgt mit 3,5 g Natriumchlorid, 2,5 g Natriumbikarbonat (entspricht einem gestrichenen Teelöffel Backsoda), 1,5 g KCl (entspricht zwei
Bananen oder einer Tasse frischen Orangensafts) und
20 g Glukose. Alle diese Bestandteile werden in einem
Liter sauberem Trinkwasser aufgelöst.
Von dieser Lösung erhalten Kinder bis zwei Jahre 50–
100 ml und Kinder zwischen dem zweiten und zehnten
Lebensjahr 100–200 ml nach jedem Durchfall (9).
Zum Teil ist die Korrektur einer Azidose erforderlich.
Muttermilch und humanes Immunglobulin A können
gegeben werden, um einem schweren Krankheitsverlauf
bei Neugeborenen oder immunsupprimierten Kindern
vorzubeugen.
Im Falle von Rotavirus-Infektionen ist gelegentlich eine
vorübergehende Disaccharidintoleranz infolge einer
reduzierten Aktivität der intestinalen Disaccharidase zu
beobachten. Dies sollte beim Nahrungsaufbau berücksichtigt werden. Je jünger der Patient ist und je schwerer
die Erkrankung, umso eher sollte eine stationäre Behandlung erfolgen. Die Prognose ist unter adäquater
medizinischer Betreuung sehr gut. Die wenigen tödlich
verlaufenden Fälle, die in den Industriestaaten beschrieben wurden, kamen erst im Endstadium einer Dehydratation mit Schocksymptomatik in die Klinik.
Prävention
Durchfallkranke sollten den Besuch von Gemeindeeinrichtungen (Schulen, Heime, Kindergärten) meiden. In
der Klinik ist eine relativ strenge Isolierung sinnvoll, um
nosokomialen Infektionen vorzubeugen. Im Vordergrund der Hygienemaßnahmen bei Krankheitsausbrüchen steht die Unterbrechung der Transmissionsketten.
Hygienemaßnahmen müssen in betroffenen Einrichtungen verstärkt zur Anwendung kommen, insbesondere
sollten alle Oberflächen (zum Beispiel Türgriffe!) mit
wirksamen Desinfektionsmitteln behandelt werden.
Kommerzielle Impfstoffe gegen gastroenteritische Viren
stehen bislang nicht zur Verfügung. Erste Studien mit
Impfstoffen gegen Rotaviren der Gruppe A begannen im
Jahr 1982. Untersucht wurde ein tetravalenter Impfstoff,
der gegen die vier wichtigsten Rotavirustypen G1–G4
gerichtet war. Die Impfung von Kindern in den USA
ergab eine Reduktion von Rotavirus-induzierten
Gastroenteritiden zwischen 69 und 91 % (10). Nachdem
der Impfstoff 1998 für den US-amerikanischen Markt zugelassen wurde, wurde er bereits ein Jahr später wieder
aus dem Handel genommen, da in der Gruppe der
geimpften Kinder eine auffällige Häufung von Dünndarminvaginationen registriert wurde. Zum jetzigen
Zeitpunkt werden ein Plasmidimpfstoff sowie verschiedene Impfstoffe mit unterschiedlichen Rotavirus-spezifischen Antigenen in Studien erprobt. Ein Erfolg versprechender Impfstoff müsste insbesondere die Vielzahl
verschiedener zirkulierender Geno- und Serotypen von
Rotaviren der Gruppe A berücksichtigen.
Literatur
1. Kapikian AZ, Wyatt RG, Dolin R, Thornhill S, Kalica AR, Chanock
RM: Visualization by immune electron microscopy of a 27 nmparticle associated with acute infectious nonbacterial gastroenteritis. J Virol 1972; 10: 1075–1081
2. Bishop RF, Davidson GP, Holmes IH, Ruck BJ: Virus particles in
epithelial cells of duodenal mucosa from children with acute
non-bacterial gastroenteritis. Lancet 1973; 2: 1281–1283
3. Middleton PJ, Szymanski MT, Abbott GD, Bortolussi R, Hamilton
JR: Orbivirus acute gastroenteritis of infancy. Lancet 1974; 1:
1241–1244
4. Wilhelmi I, Roman E, Sánchez-Fauquier A: Viruses causing
gastroenteritis. Clin Microbiol Infect 2003; 9: 247–262
5. Koopmans M, von Bonsdorff C-H, Vinjé J, de Medici D, Monroe S:
Foodborne viruses. FEMS Microbiology Reviews 2002; 26: 187–205
6. Lopman BA, Brown DW, Koopmans M: Human caliciviruses in
Europe. Journal of Clinical Virology 2002; 24: 137–160
7. Dalton RM, Roman ER, Negredo AA, Wilhelmi ID, Glass RI,
Sánchez-Fauquier A: Astroviruses acute gastroenteritis among
children in Madrid, Spain. Pediatr Infect Dis J 2002; 21: 1038–1041
8. Karst SM, Wobus CE, Lay M, Davidson J, Virgin HW: STAT1-dependent innate immunity to a norwalk-like-virus. Science 2003;
299: 1575–1578
9. Meyer CG: Tropenmedizin-Infektionskrankheiten. Landsberg:
Ecomed Verlagsgesellschaft 2000
10. Centers for Disease Control and Prevention: Rotavirus vaccine
for the prevention of rotavirus gastroenteritis among children.
Recommendations of the Advisory Committee on Immunization
Practices (ACIP). MMWR 1999; 48: 1–23
Zur Person
Matthias Günther, ärztlicher und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für
Tropenmedizin, Berlin. Tätigkeit als
Medical Consultant für die TropenMedicus GmbH, Duisburg. Schwerpunkte:
Vakzinologie, Reisemedizin sowie Phase
I–IV Studien.
Z. Allg. Med. 2003; 79: 380–383. © Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG, Stuttgart 2003
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