ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN BEI PATIENTINNEN UND PATIENTEN MIT DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS E THISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS Berta Schrems DIALOG Pflegewissenschaft und Praxis DIALOG 30.P November 2016 BERTA SCHREMS PFLEGEWISSENSCHAFT UND RAXIS 30. NOVEMBER 2016 ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 THEMEN Was sind ethische Herausforderungen? Was ist das Besondere an Demenz im Akutkrankenhaus? Wissenschaftliche Erkenntnisse zu ethischen Herausforderungen von Demenz im Akutkrankenhaus Voraussetzungen und Maßnahmen zur Bewältigung der ethischen Herausforderungen WAS SIND ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN? Wenn das, was sein soll nicht ist ODER Wenn das was ist, nicht sein soll. ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 Was sein soll: was in einer Gemeinschaft als richtig und gut erachtet wird (Normen, Werte, Prinzipien) MORALISCHE ANFORDERUNGEN HERAUSFORDERUNGEN entstehen, wenn (1) die moralischen Anforderungen nicht / nicht mehr gerechtfertigt sind (2) oder nicht verwirklicht werden können. Zu klären gilt, ob die Anforderungen des Richtigen und Guten oder die Verwirklichung derselben ethisch herausfordernd sind. ETHIK : DIE KRITISCHE REFLEXION DER MORAL KRITISCHE REFLEXION I : Sind die moralischen Anforderungen gerechtfertigt? Entwicklung und Beurteilung ethischer Grundlagen und moralischer Anforderungen ist Aufgabe der Profession WAS SEIN SOLL ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 Formuliert als Prinzipien, Normen oder Werte pflegerisches Berufsethos, festgehalten in Ethikkodizes, im Leitbild, in Pflegemodellen ... Gerechtfertigte Anforderungen : Beurteilung von Handlungen, ob sie im Ergebnis moralisch akzeptabel sind Naturalistischer Fehlschluss Grundsätzlich gilt, dass aus Beschreibungen, wie etwas ist, keine normativen Aussagen, wie etwas sein soll, abgeleitet werden können. Maio 2012; Düwell 2008 ETHIK : DIE KRITISCHE REFLEXION DER MORAL KRITISCHE REFLEXION I : Sind die moralischen Anforderungen gerechtfertigt? Würde als universelles Prinzip Respekt vor der Selbstbestimmung, Autonomie, Gutes Tun, Gesundheit fördern, wiederherstellen, Leiden lindern, Nicht-Schaden, Krankheit verhindern, Gerechtigkeit, Für-Sorge (Care), Verantwortung, Empathie, Integrität, Gewissenhaftigkeit, Gehorsam, Loyalität, Pflichterfüllung, u.v.m. ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 Relative Würde Kontextabhängig, getragen von Vorstellungen und Sichtweisen von Betroffenen, Angehörigen/Bezugspersonen, Berufsgruppen, Individuen Herausforderung : Ethischer / moralischer - Pluralismus Merkmal aufgeklärter Gesellschaften Prinzipien, Normen, Werte sind nicht hierarchisch geordnet, sie müssen im Einzelfall gegeneinander abgewogen werden. Monteverde 2012 ETHIK : DIE KRITISCHE REFLEXION DER MORAL KRITISCHE REFLEXION II: Sind die moralischen Anforderungen verwirklichbar? Bewertung von Handlungen vor dem Hintergrund von Kontextfaktoren Professionalisierung: forschungsbasierter Wissensstand, Berufsethik Ökonomisierung: professionelles Handeln wird von wirtschaftlichen Kalkülen und Zielen begleitet, geleitet und überschrieben ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 Implizite Rationierung: notwendige Leistungen werden ohne fachlich fundierte Priorisierung vorenthalten Herausforderungen: Wissens-, Raum-, Zeit-, persönliche Restriktionen Asymmetrie zwischen Wissenstand und Realisierbarkeit Gesundheitseinrichtung als normierte Kontexte Das Individuelle, der Einzelfall als Problemfall Mack 2001; Ausserhofer et al. 2013 DAS BESONDERE AN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS DIE EINE WELT ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 Menschen mit kognitiven Einschränkungen stellen für die Pflege im Akutkrankenhaus besondere Herausforderungen dar. Einweisungsgrund steht im Zentrum, ist dies nicht die Demenz, dann stört, behindert, belastet sie und verbraucht knappe Ressourcen Handlungsmöglichkeiten widersprechen moralischen Anforderungen Autonomie n Sicherheit : Entscheidungsfindung / Freiheitsbeschränkung Fürsorge n Gerechtigkeit : Verteilung von Aufmerksamkeit / Zuwendung Würde n Dienstpflicht : Integrität, Aufrichtigkeit / Strukturorientierung DAS BESONDERE AN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS FOLGEN FÜR DIE PFLEGEPERSONEN Handlungsmöglichkeit steht im Widerspruch zu moralischen Anforderungen ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 In der Praxis sind Pflegende auf sich gestellt, sie müssen sich nach den Erfordernissen des Augenblicks richten. Der Augenblick ist gekennzeichnet durch Alltagsroutine, inadäquate Infrastruktur, Zeitmangel, fehlendes Fachwissen und persönliche Voreingenommenheiten. Die ethische Sensibilität wird zum moralischen Stress. Bolmsjö, Edberg & Sandman, 2006; Hammar, Swall, & Meranius, 2015; Isfort, Klostermann, Gehlen & Siegling 2014 DAS BESONDERE AN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS FOLGEN FÜR DIE PFLEGEPERSONEN : MORALISCHER STRESS Erkenntnisse der Forschung bestätigen eine unausgeglichene Balance zwischen ethischer Sensibilität und Handlungsmöglichkeiten. ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 MORALISCHER STRESS Wenn ethische Sensibilität vorhanden ist Wenn externe Faktoren daran hindern, das Beste / das Richtige zu tun Wenn das Gefühl entsteht, keine Kontrolle über die Situationen zu haben MORALISCHER DISTRESS Wenn moralischer Stress zu psychischen und oder physischen Beschwerden führt. “Having the knowledge but not the opportunity.“ Epstein & Delgado, 2010; Hammar, Swall, & Meranius, 2015; Lützén, Cronqvist, Magnusson, & Andersson, 2003; Schluter, Winch, Holzhauser, & Henderson, 2008 DAS BESONDERE AN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS DIE ANDERE WELT ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 Die Pflege im Akutkrankenhaus stellt für Menschen mit kognitiven Einschränkungen besondere Herausforderungen dar. Schnelllebigkeit, Routine, Standardisierung schränken Individualität ein, Unmittelbarkeit stößt auf Starrheit, Emotionalität und Rationalität. Zu den gesundheitlichen Risiken eines Krankenhausaufenthaltes (Sturz, Infektion, Mangelernährung, Delir, …) kommt die Verletzung ethischer Prinzipien bzw. Missachtung moralischer Anforderungen hinzu. DAS BESONDERE AN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS FOLGEN FÜR DIE PATIENT(INN)EN Risiken werden unzureichend erfasst, insbesondere das Delir-Risiko. Ein Delirium bei Erwachsenen führt zu wesentlich höheren Mortalitätsraten, ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 längeren Krankenhausaufenthalten, Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten und höheren Gesundheitskosten. Familienmitglieder, die Zeuge eine Delirs werden, haben Überforderungs- und Stresserscheinungen. Kolanowski 2016 „Hospitalisation bewirkt per se einen kognitiven `Einbruch´.“ Hofmann 2013 DAS BESONDERE AN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS FOLGEN FÜR DIE PATIENT(INN)EN Verletzung ethischer Prinzipien und Missachtung moralischer Anforderungen ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 Bedürfnisse und Empfindungen können nicht adäquat kommuniziert werden der Pflegeprozess richtet sich auf das Sichtbare. Strukturen und Handlungsmuster schaffen Unsicherheit und Verwirrung und lösen herausforderndes Verhalten aus bzw. verstärken es. Ein Teufelskreis beginnt! Angerhausen 2008; Dewing & Dijk 2014; George, Long & Vincent 2013; Pinkert & Holle 2012 ZWISCHENFAZIT : ZWEI WELTEN TREFFEN AUFEINANDER Ethische Herausforderungen bei Demenz im Akutkrankenhaus liegen ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 im Abwägen von Normen, Werten und Prinzipien im Einzelfall und im Handeln nach den Erfordernissen des Augenblicks, in dem zwei konträre Welten aufeinandertreffen. Ansatzpunkte zur Bewältigung der Herausforderungen Entwicklung der ethischen Sensibilität Förderung der moralischen Handlungskompetenz Schaffung einer angemessenen Umgebung ETHISCHE SENSIBILITÄT Wissen über ethische Theorien, Grundsätze und Prinzipien KOGNITIVE BASIS Bewusstsein über die Auswirkungen von Handlungen auf Menschen bewusstes Wahrnehmen von Leiden und Verletzlichkeit von Personen Erkennen ethischer Implikationen einer Situation Kenntnis der eigenen Rolle und Verantwortung in diesen Situationen ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 Abschätzen der Folgen des Handelns Treffen von begründeten Entscheidungen Ethische Sensibilität ist reflektives Wissen und kann entwickelt werden ist eine Art praktische Weisheit und Begründungswissen ist keine Garantie für moralische Handlungskompetenz Lützén, Dahlqvist, Eriksson, & Norberg, 2006; Weaver, Morse, & Mitcham, 2008, Milliken 2016 MORALISCHE HANDLUNGSKOMPETENZ Eigenständige Stellungnahme und Verantwortung über „richtig und falsch“ ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 MORAL AGENCY Bereitschaft und Fähigkeit, verbale und nonverbale Bedürfnisäußerungen wahrzunehmen, darauf angemessen zu reagieren, begründet zu handeln / nicht zu handeln sowie die Verantwortung für das Handeln zu tragen. Moralische Handlungskompetenz ist eine Komponente der professionellen Kompetenz bestimmt in der zwischenmenschlichen Begegnung die Wahl der Mittel führt zu angemessenen Lösungen für die Betroffenen und reduziert moralischen Stress Eriksson, Helgesson, Höglund, 2007; Kulju, Stolt, Suhonen, & Leino-Kilpi, 2015; Lützén, Dahlqvist, Eriksson, & Norberg, 2006; Milliken 2016; Schluter, Winch, Holzhauser, & Henderson, 2008 ZUSAMMENSPIEL VON ETHISCHER SENSIBILITÄT UND MORALISCHER HANDLUNGSKOMPETENZ Die Qualität des Zusammenspiels zeigt sich ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 IM ERLEBEN Wie Pflegepersonen moralische Belastungen in Interkationen mit Patient(inn)en, Klient(inn)en und Bewohner(inne)n erleben. IN ERFAHRUNGEN Wie Pflegepersonen ethische Herausforderungen und die Unterstützung von Seiten der Gesundheitseinrichtungen erfahren. Erkenntnisse der deskriptiven Ethikforschung Schluter, Winch, Holzhauser, & Henderson, 2008 ZUSAMMENSPIEL VON ETHISCHER SENSIBILITÄT UND MORALISCHER HANDLUNGSKOMPETENZ Konzeptuelles Modell zu den Wirkmechanismen ethischer Sensibilität Kontext ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 Wahrnehmung Reaktion Ergebnis Mangel an Sensibilität Untätigkeit Routine Inkongruente Pflege Moralische Handlungskompetenz Moralisches Handeln Blockierte moralische Handlungskompetenz Moralischer Stress Professionelle Verantwortung Ethische Sensibilität Ethische Sensibilität ist notwendig, aber nicht hinreichend für moralisches Handeln. Milliken 2016 ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 KOGNITIVE VORAUSSETZUNGEN ZUR LÖSUNG BLOCKIERTER MORALISCHER HANDLUNGSKOMPETENZEN Umgang mit ethischem Pluralismus : Ethikleitlinien bzw. Ethikrichtlinien Allgemeine Situation verstehen : Änderung der Konnotation von Demenz Individuelle Situation verstehen : Angemessen handeln KOGNITIVE VORAUSSETZUNGEN UMGANG MIT ETHISCHEM PLURALISMUS : ETHIKLEITLINIEN BZW. ETHIKRICHTLINIEN ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 ENTSCHEIDUNGSKOMPETENZ ZUR AUFRECHTERHALTUNG DER AUTONOMIE grundsätzliches Recht auf Selbstbestimmung respektieren und Grenzen zur Selbst- bzw. Fremdgefährdung erkennen STELLVERTRETEND DEUTEN Konsequenzen reflektieren und begründet für andere entscheiden WAHL DER MITTEL Reflexion: „Heiligt der Zweck jedes Mittel“? Professionelle Verantwortung übernehmen – „moral agency“ KOGNITIVE VORAUSSETZUNGEN UMGANG MIT ETHISCHEM PLURALISMUS : ETHIKLEITLINIEN BZW. ETHIKRICHTLINIEN PLURALITÄTSPROBLEM viele verschiedene Codes, Erklärungen, Deklarationen, Gesetze, die nicht immer in die gleiche Richtung weisen – sorgen für Verwirrung ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 AUSLEGUNGSPROBLEM es besteht immer eine Lücke zwischen der Regel oder den Prinzipien und der Praxis LEGALISIERUNGSPROBLEM Konzepte und ethische Prinzipien werden zu einer Art „Gesetz“ Reflexion wird durch ein Verfahren „quasi rechtlicher“ Auslegung ersetzt Reflexion ethischer Grundlagen Förderung der Kompetenz im Umgang mit den Instrumenten Eriksson, Helgesson, Höglund, 2007 KOGNITIVE VORAUSSETZUNGEN ALLGEMEINE SITUATION VERSTEHEN - ÄNDERUNG DER KONNOTATION VON DEMENZ FRAMING Verhaltensweisen / Symptome werden als logistische Probleme gedeutet Herausforderndes Verhalten = Belastung, Störung des Routinebetriebs Deutung ist organisations-, struktur- und aufgabenorientiert ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 REFRAMING Verhaltensweisen / Symptome als pflegerelevante Mittteilung deuten Herausforderndes Verhalten = Unvermögen, einen physischen, psychischen oder emotionalen Zustand zu kommunizieren Deutung ist personen-, bedürfnis- und beziehungsorientiert Clissett, Porock, Harwood, & Gladman 2013; Kovach, Noonan, Schlidt, Wells 2005; Porock, Clissett, Harwood, Gladman 2015; Powers 2001 KOGNITIVE VORAUSSETZUNGEN INDIVIDUELLE SITUATION VERSTEHEN : ANGEMESSEN HANDELN VERSTEHEN UND ANGEMESSEN HANDELN ALS ZIELE Sinnhafte Deutung von individuellen und pflegefachlich relevanten Phänomenen in einem gegebenen Kontext Lösungen, die für alle Beteiligten annehmbar sind und eine positive Veränderung der Situation bewirken ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 KASUISTIK ODER FALLARBEIT ALS METHODE Verstehen ist induktiv, d.h. von der individuellen Situation ausgehend Eine individuelle Situation wird zum Fall, wenn sie einer Auslegung bedarf, weil mehrere Faktoren zusammenwirken und Klärungsbedarf entsteht, weil sie sich in unterschiedlicher Weise verhalten kann und / oder weil sie so oder anders gesehen, wahrgenommen, erfahren, gelöst werden kann. Schrems 2016 ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 ORGANISATORISCHE VORAUSSETZUNGEN & BEISPIELE ZUR LÖSUNG BLOCKIERTER MORALISCHER HANDLUNGSKOMPETENZEN Strukturen und Prozesse Förderliche Faktoren Praxisbeispiele Kenntnisstand zur Wirksamkeit ORGANISATORISCHE VORAUSSETZUNGEN ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 STRUKTUREN pflegerisches Fachwissen (EBN) ethisches Fachwissen (Pflegeethik, Entscheidungsmodelle, Fallarbeit) ethische Beg-/Leitlinien personenzentriertes Pflege- und Betreuungskonzept angepasste Qualifikationsprofile - Kompetenzen & Verantwortlichkeiten räumliche Rückzugsmöglichkeit flexible Zeitstrukturen PROZESSE interdisziplinäre Zusammenarbeit angepasste Interaktions- und Kommunikationsprozesse (Dialog) Übernahme der Verantwortung (advocacy & accountability) Lösungen erfordern einen mehrdimensionalen Ansatz. Dewing & Dijk 2014; George, Long & Vincent 2013; Pinkert & Holle 2012 FÖRDERLICHE FAKTOREN zur Entwicklung moralischer Handlungskompetenzen ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 INDIVIDUELLE FAKTOREN Teilnahme an ethischen Entscheidungsfindungen Ethikberatung und klinische Begleitung in ethischen Fragen Gespräche und Reflexion experimentelles Lernen Verwendung von Verhaltenskodizes Bildung und Lesen zum Thema Ethik ORGANISATORISCHE FAKTOREN Bildungsprogramme unterstützende Umgebung – Führung und Personalentwicklung fachübergreifende Zusammenarbeit und Kommunikation Ethikrichtlinien und –verfahren sowie professionelle Normen Ethikrunden, Ethikkomitees, ethische Fallbesprechungen Poikkeus, Numminen, Suhonen, & Leino-Kilpi, 2014; van der Dam, Molewijk, Widdershoven & Abma, 2014 PRAXISBEISPIELE Es gibt verschiedene Modellprojekte - der Umsetzungsgrad ist gering Lösungen sind vorrangig strukturorientiert. ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 geriatrisch-internistische Spezialabteilungen mit speziellem Angebot besonders qualifiziertes Personal Beratungs-, Konsilliar- und Liaisondienste spezielle Schmerz-, Delir-, Ernährungsprogramme Aufnahme von Angehörigen im Rahmen eines Rooming-in-Projektes Einsatz von Alltagsbegleitpersonen tagesstrukturierende Maßnahmen Aufnahme- und Entlassungsmanagement Raum- und Farbkonzepte AG Demenz im Krankenhaus, 2010; Bundesamt für Gesundheit und Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und –direktoren, 2013; Dewing & Dijk 2014; George, Long & Vincent 2013; Höfler, Bengough, Winkler, Griebler, 2015; Isfort, Klostermann, Gehlen & Siegling 2014; Kleina / Wingenfeld, 2007; Pinkert & Holle 2012 WIRKSAMKEIT DER GESTALTUNGSMÖGLICHKEITEN WIRKUNG VON ETHIKRUNDEN UND BILDUNGSMAßNAHMEN ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS unterstützen die Identifizierung und Analyse ethischer Probleme sowie die ethische Entscheidungsfindung zeigen größere Zusammenhänge auf stimulieren kritische Reflexion und ethische Verantwortung schaffen Gefühl der Zusammengehörigkeit führen zu Frustration aufgrund fehlender Lösungen und möglicher Veränderung DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS Insgesamt gibt wenig wissenschaftliche Erkenntnisse zur Wirksamkeit der Maßnahmen! 30. NOVEMBER 2016 Crigger, Fox, Rosell, Rojjanasrirat 2015; Poikkeus, Numminen, Suhonen, & Leino-Kilpi, 2014 ZUM SCHLUSS : OHNE COURAGE BEWEGT SICH NICHTS! COURAGE: mutig, beherzt, beruhend auf dem lat. cor, für Herz Kernelemente moralischer Courage ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 Echte Präsenz, moralische Integrität, Verantwortung, Fürsprache, Ehrlichkeit, Engagement, Beharrlichkeit und persönliches Risiko Grundlagen Ethische Sensibilität, Gewissen und Erfahrung Konsequenzen persönliche und berufliche Entwicklung und Empowerment Lösung der blockierten moralischen Handlungskompetenz Numminen, Repo & Leino-Kilpi 2016 LITERATUR I ETHISCHE HERAUSFORDERUNGEN DEMENZ IM AKUTKRANKENHAUS BERTA SCHREMS DIALOG PFLEGEWISSENSCHAFT UND PRAXIS 30. NOVEMBER 2016 Ausserhofer, D., Zander, B., Busse, R., et al. 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