Institut für Theoretische Physik der Universität zu Köln - WS 2013/2014 Prof. Dr. J. Krug Dr. I. Szendro 10. Übung zur Statistischen Mechanik Abgabe: Freitag 10. January bis 12:00 Uhr im Kasten vor dem Institut für Theoretische Physik. Anmerkung: Insgesamt können Sie auf diese Übung 70 Punkte erhalten. Zehn davon sind Bonuspunkte. 38. Entropie und Information (5+7+7 = 19 Punkte) In der Vorlesung haben Sie bereits zwei Definitionen von Entropie kennengelernt, die Boltzmannsche und die thermodynamische. Claude Shannon hat 1948 die nach ihm benannte informationstheoretische Shannon-Entropie N ∑ I[Pi ] = − Pi ln(Pi ) (1) i=1 für diskrete Wahrscheinlichkeitsverteilungen eingeführt. Sie ist ein Maß für den Informationsgewinn, den das Eintreffen eines der möglichen Ereignisse i = 1, ..., N impliziert, oder anders ausgedrückt, ein Maß für die mit der Wahrscheinlichkeitsverteilung P verbundene Unkenntnis. a) Gegeben seien zwei Wahrscheinlichkeitsverteilungen {Pi }i=1,...,N und {Pj′ }j=1,...,M . Sofern die Ereignisse i und j unabhängig voneinander sind, ist die Wahrscheinlichkeit des zusammengesetzten Ereignisses (i und j) bekanntlich durch Qij = Pi Pj′ gegeben. Zeigen Sie, daß I[Qij ] = I[Pi ] + I[Pj′ ]. b) Zeigen Sie, daß die Gleichverteilung Pi = 1/N unter allen normierten(!) Verteilungen die maximale Entropie besitzt. Was bedeutet dies anschaulich? Hinweis: Benutzen Sie die Methode der Lagrange-Multiplikatoren um die Entropie unter der Nebenbedingung der Normiertheit der Verteilung zu maximieren. c) Nun seien die Ereignisse i = 1, ..., N Mikrozustände mit Energien Ei . Zeigen Sie, daß die kanonische Verteilung die Entropie (1) bei vorgegebener mittlerer Energie maximiert. Hinweis: Benutzen Sie wieder die Methode der Lagrange-Multiplikatoren. Was ist die physikalische Bedeutung der Lagrange-Multplikatoren? 39. Virialsatz (5+4+6 = 15 Punkte) Ein System habe eine Hamiltonfunktion mit folgender Skalierungsidentität für alle a > 0: H(aλ1 q1 , . . . , aλN qN , aγ1 p1 , . . . , aγN pN ) = aH(q1 , . . . , pN ) mit festen Parametern λi und γi . a) Zeigen Sie über die in der Vorlesung besprochene Version des Virialsatzes, dass im kanonischen En∑N semble gilt: ⟨H⟩ = kB T i=1 (λi + γi ). Tipp: Differenzieren Sie obige Gleichung nach a. b) Bestimmen Sie mittels a) die kalorische Zustandsgleichung des ultrarelativistischen Gases. c) Eine gravitativ gebundene Gaswolke aus N Teilchen der Masse m hat die Hamiltonfunktion H(q 1 , . . . , q N , p1 , . . . , pN ) = N ∑ |pi |2 i=1 2m − ∑ Gm2 |q i − q j | i̸=j Berechnen Sie die mittlere Energie dieses Systems bei Temperatur T und daraus seine Wärmekapazität. Seltsam, nicht? Was passiert, wenn das System Wärme nach außen abstrahlt? Anmerkung: Bevor der Virialsatz hier angewandt werden darf, müsste das System eigentlich erst auf geeignete Art und Weise regularisiert werden (z.B. durch das Einführen eines endliches Volumens und eines nicht-singulären Potenzials). Dies würde die Analyse erschweren, aber das Ergebnis nur in Grenzfällen signifikant verändern. 1 40. Methode der Transfermatrix (5+6+5+4+4+5 = 29 Punkte) Im kanonischen Ensemble ist es recht einfach möglich, eindimensionale Systeme mit kurzreichweitiger Wechselwirkung exakt zu behandeln. Hier wollen wir uns am eindimensionalen Ising-Modell einer Spinkette versuchen. N + 1 Spins mit je zwei Konfigurationen σi ∈ {−1, +1}, i ∈ {0, . . . , N }, seien in einer Reihe angeordnet. Die Energie einer gegebenen Konfiguration sei E(σ) = −J N ∑ σi σi+1 − h i=1 N ∑ σi , (2) i=1 wobei h = νB. Die Konstante ν bestimmt die Stärke der Spin-Magnetfeld Wechselwirkung und J die der Spin-Spin Wechselwirkung. Hier sollen periodische Randbedingungen angenommen werden, d.h. σN +1 = σ1 . a) Zeigen Sie, dass sich die Zustandssumme als ∑ Z= Tσ1 σ2 Tσ2 σ3 . . . TσN −1 σN TσN σ1 (3) σ∈{−1,1}N ( ( mit Tσσ′ = exp β Jσσ ′ + matrix. h(σ+σ ′ ) 2 )) schreiben lässt. Die Matrix T bezeichnet man als Transfer- b) Zeigen Sie, dass sich Gleichung (3) zu ∑ Z= σ1 ∈{−1,1} ( N) ( ) T σ1 σ1 = Spur T N (4) vereinfacht. Der Grund, warum die Zustandssumme im Transfermatrix-Formalismus geschrieben wurde ist folgender mathematischer Satz: Sei T eine n × n-Matrix mit Eigenwerten λ1 , . . . , λn , dann gilt für N ∈ N: n ( ) ∑ Spur T N = λN i . (5) i=1 Die Berechnung der Zustandssumme reduziert sich damit auf ein Eigenwertproblem. c) Berechnen Sie die Eigenwerte von T . d) Zeigen Sie mit Hilfe von Gleichung (4) und (5), dass für βJ ≫ 1 die Zustandssumme durch Z = 2eN βJ cosh(N βh) (6) gegeben ist. e) Im Limes großer N kann man den Beitrag des kleineren Eigenwerts von T vernachlässigen. Nähern Sie Z und die freie Energie F damit bis zur zweiten Ordnung in B. f ) Berechnen Sie daraus die magnetische Suszeptibilität χB = − N1 deren Verlauf in Abhängigkeit der Temperatur. 41. Teilchenzahlverteilung ∂2F ∂B 2 bei B = 0 und skizzieren Sie (7 Punkte) Zeigen Sie, dass im großkanonischen Ensemble des klassischen idealen Gases die Verteilung der Teilchenzahlen genau die Poisson-Verteilung ist: p(N ) = e−⟨N ⟩ ⟨N ⟩N . N! p(N ) soll die Wahrscheinlichkeit sein, genau N Teilchen im betrachteten Volumen zu finden. Anmerkung: In der Tat gilt das für alle großkanonischen Ensembles aus nichtwechselwirkenden, ununterscheidbaren, klassischen Teilchen. Dennoch finden sich in Aufgabe 37 nützliche Angaben und Ergebnisse 2