MAGNETOSTATIK - Fakult at f ur Physik

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Kapitel 7
MAGNETOSTATIK
Magnetismus ist seit dem Altertum bekannt. Ein Gesetz ließ sich lange nicht
angeben. Beobachtung: Es gibt keine freien magnetischen Ladungen. Jeder Magnet besitzt einen Nord und einen Südpol, ungleichnamige Pole ziehen sich an.
Oersted 1820: Magnetnadel wird durch elektrischen Strom beeinflußt.
Ampere 1820 Hypothese: Magnetismus entsteht durch inneratomare Ströme.
Alle magnetischen Erscheinungen sind Ausdruck bewegter Ladungen.
Magnetostatik erscheint dann als widersprüchlich, hat aber die Bedeutung
Magnetismus stationärer Ströme.
7.1
Lorentz-Kraft
Der Ausdruck für die Lorentz Kraft
⇣
⌘
~ + ~v ⇥ B
~ ,
F~ = q E
(7.1)
liefert auch die Dimension der Magnetfeldstärke B,
N·s
V A s2
V·s
= 2
=
= Tesla
!
1 T = 104 Gauss
m·C
m ·C
m2
Supraleitende Spulen erreichen Magnetfelder im Bereich einiger Tesla.
Das Erdmagnetfeld beträgt etwa 0.5 Gauss.
[B] =
Wir berechnen die magnetische Kraft auf einen stromdurchflossenen Leiter
mit dem Querschnitt A in dem die Dichte der Ladungsträger N ist.
Auf den Draht wirkt pro Längeneinheit die Kraft,
⇣
⌘
~
F~ = N q ~v ⇥ B
V
⇣
⌘
~ A L
!
~j ⇥ B
=
"
⇣
⌘
~
=
I~ ⇥ B
L.
$
!
Daraus schließen wir dass die Kraft nur
vom Gesamtstrom abhängt, der Mechanismus des Ladungstransportes ist irrelevant.
61
! #
62
KAPITEL 7. MAGNETOSTATIK
Elektronenstrahlen
Nach Beschleunigung eines geladenen Teilchens über die Potentialdi↵erenz U
ergibt sich aus der Bedingung für die kinetische Energie 12 mv 2 = eU für die
Geschwindigkeit des Elektrons,
v=
p
2eU/m .
(7.2)
In einem zum Geschwindigkeitsvektor senkrechten Magnetfeld wirkt auf das Teilchen die
Lorentz-Kraft als Zentripetalkraft:
"
Bev = mv 2 /R .
$
!
#
!
%
(7.3)
Damit ergibt sich der Krümmungsradius
r
mv
1
m
R=
=
2U .
(7.4)
Be
B
e
Bei bekannter Teilchenenergie kann aus dem
Krümmungsradius der Wert q/m = Ze/m
bestimmt
werden
(Massenspektrometer,
Z=Ladungszahl des Ions). Bei schrägem Einschuß ins Magnetfeld ergibt sich eine Spiralbahn
~
(Die Geschwindigkeitskomponente parallel zu B
bleibt unbeeinflusst). Magnetostatische Linsen
zur Fokussierung von Elektronenstrahlen, z.B.
im Elektronenmikroskop.
"
"
#
!
!
$
%
"
Hall-E↵ekt
In einem Halbleiter mit dem Querschnitt A = b ⇥ d und der Dichte von Ladungsträgern N fließt ein Strom I = j b d mit der Stromdichte j = N e v. Liegt
senkrecht zur Stromrichtung ein Magnetfeld an, dann werden Ladungsträger zur
Oberfläche des Materials abgelenkt und es baut sich eine Potentialdi↵erenz, die
Hallspannung auf. Die Potentialdi↵erenz baut sich auf, bis ein Gleichgewicht
vorliegt zwischen Lorentzkraft und der Kraft durch das Gegenfeld UH /b durch
die Hallspannung. Im folgenden betrachten
&
wir die Kraft pro Volumeneinheit,
F~L
F~C
=
UH
=
=
~ = ~j ⇥ B
~
N e ~v ⇥ B
~ H = F~L
Ne E
~ H · ~b = I |B|
E
Ne d
%
"
!
#
$
Bei bekannter Dichte N der freien Ladungsträger, die am Stromtransport teilnehmen, und bekannter Dicke d der Hallsonde kann über die Hallspannung UH
die Magnetfeldstärke bestimmt werden. Verwendung als Magnetfeldsonde.
7.1. LORENTZ-KRAFT
63
Wien-Filter
Geschwindigkeitsfilter durch Kombination von elektrischem Feld und dazu senkrechtem magnetischen Feld. Nur für eine bestimmte Kombination
von E und B Feld durchfliegen Teilchen einer Ge!
schwindigkeit das Filter ohne abgelenkt zu wer!
den. Diese Bedingung
⇣
⌘
~ + ~v ⇥ B
~ =0
F~ = q E
&
! "# $ % #
! "# $ % #
~ ? B.
~
ist erfüllt, wenn v = |E|/|B| und E
Kreisbeschleuniger
Ein Elektron der Energie 12 mv 2 = eU läuft im homogenen Magnetfeld auf einer
Kreisbahn mit dem Bahnradius R, die Umlaufsfrequenz ist !z = v/R. Wegen
Bev = mv 2 /R gilt R = mv
eB und damit ist die Umlaufsfrequenz (die Zyklotronfrequenz) unabhängig von der Teilchengeschwindigkeit v,
!z =
e
B.
m
(7.5)
Prinzip eines Kreisbeschleunigers: Elektron auf Kreisbahn fliegt bei jedem halben Umlauf durch eine Beschleunigungsstrecke. Bei festem Magnetfeld vergrößert sich so nach jeder Beschleunigung der Bahnradius.
Ein Zyklotron wurde erstmals 1932 von
Lawrence realisiert. In einem zylindrischen
Hohlraumresonator aus 2 Hälften findet jeweils eine Beschleunigung im Spalt zwischen beiden Hälften statt, wenn die Frequenz der Wechselspannung, die an den
Hälften anliegt, der Zyklotronfrequenz entspricht, Bereich !z ⇡ 50 MHz für 1 T.
Bei einer Wechselspannungsamplitude von
100 kV und einem Bahnradius von 1 m
sind so Energien im Bereich von 50 MeV
erreichbar.
! " # $ %&' ( ) ' * + ,
- ' # $ . ' /. 0 1 * * ) * 2
3
4
5
6
4
7
Die Grenzenergie ist durch den maximalen Bahnradius (Größe des Magneten)
und durch den relativistischen Impuls (Massenzunahme)
p~ =
m~v = p
m~v
1
|~v |2 /c2
(7.6)
(!z ändert sich doch mit der Geschwindigkeit!) gegeben. Dabei ist m die Ruhemasse des Elektrons und ist der Lorentz Faktor.
Synchrozyklotron : In diesem Fall wird die Frequenz des Beschleunigungsfeldes synchron mit der Massenzunahme erniedrigt (siehe Gl. 7.5 und 7.6).
Synchrotron : Teilchen fliegen auf festem Sollradius R, Führungsmagnete und
Beschleunigungsstrecken wechseln sich ab. |B| muss mit wachsendem Impuls der
Teilchen ansteigen.
64
KAPITEL 7. MAGNETOSTATIK
7.2
Magnetfeld stationärer Ströme
In Anwesenheit eines Magnetfeldes besteht eine magnetische Kraft auf einen
stromführenden Leiter. Wirkt umgekehrt eine Kraft vom stromführenden Leiter auf die Quelle des Magnetfeldes? In der Magnetostatik gilt:
Dynamik
Statik
~ ·B
~ =0
r
~ ⇥B
~ = µ0 ~j +
r
9
=
~ ·B
~ =0
r
~
1 @E
c2 @t
;
~ ⇥B
~ = µ0 ~j
r
~ gilt, dass
Da für jeden beliebigen Vektor B
⇣
⌘
~· A
~⇥B
~ =0
A
folgt
⇣
⌘
~ · r
~ ⇥B
~ =0
r
bzw.
Magnetostatik
(7.7)
⇣
⌘
~ =0
div · rotB
~ ⇥B
~ = µ0 ~j folgt also auch
Aus dem Gesetz der Magnetostatik, r
~ · ~j = 0 .
r
(7.8)
(7.9)
Das bedeutet eigentlich stationäre Ströme, Ladungen fließen mit konstanter Geschwindigkeit in einem geschlossenen Kreis, (siehe Seite 26). In diesem Fall ist
~
das E-Feld
zeitlich konstant.
Mit dem magnetischer Kraftfluß
Z
~ · dS
~,
B
m =
(7.10)
beschreibt man (formal ) die Zahl der magnetischen Feldlinien, die durch die
Fläche S treten. Die Dimension des magnetischen Kraftflusses ist
[
m]
= 1 Tm2 = 1 Vs = 1 Weber = 1 Wb .
(7.11)
~ ·B
~ = 0, nach Anwendung des Gauß’schen Satzes
Das zweite Gesetz, r
I
Z ⇣
⌘
~ · dS
~=
~ ·B
~ dV = 0 ,
B
r
(7.12)
m =
S
V
impliziert geschlossene Magnetfeldlinien. Der magnetische Fluß durch eine geschlossene Oberfläche S ist gleich Null. Genausoviele Feldlinien fließen hinein
wie heraus. Für das elektrische Feld gilt das nur, wenn keine Ladungen vorhanden sind.
Magnetfeldlinien
Darstellung mit Eisenfeilspänen.
Ein langer gerader Draht und eine
stromdurchflossene Spule (ähnlich
dem Dipolfeld eines Stabmagneten).
!
7.3. BERECHNUNG EINFACHER MAGNETFELDER
65
Die Größe µ0 ist die magnetische Feldkonstante, auch Induktionskonstante oder Vakuumpermeabilität genannt,
µ0 =
1
= 4⇡ 10
c2 ✏0
7
Vs
N
= 2.
Am
A
(7.13)
Amperesches Gesetz: Mit dem Stokes’schen Satz erhalten wir aus
I
C
~ · d~s =
B
Z ⇣
S
~ ⇥B
~
r
⌘
~ ⇥B
~ · dS
~
r
µ0~j
Z
~ = µ0 IC .
µ0 ~j · dS
=
=
(7.14)
(7.15)
S
IC bezeichnet den Strom, der innerhalb der Umrandung C fließt. Das Wegelement der Umrandung ist d~s, die Umrandung C schliesst die Fläche S ein.
I
I
a
~
~ · d~s 6= 0
Beispiele für
B · d~s = 0
Beispiele für
B
C
!
C
!
!
!
!
!
!
!
.
aI
7.3
kennzeichnet den Stromfluss senkrecht zur Bildebene.
Berechnung einfacher Magnetfelder
Ein gerader Stromleiter mit dem Radius R führt den Gesamtstrom
I. Für
H
~ ·d~s = 2r⇡B.
die Magnetfeldstärke auf einem Kreisring mit dem Radius r gilt B
• außerhalb des Leiters (r > R) gilt
!
I
Ba = µ0
.
2r⇡
• Zur Berechnung der Feldstärke im Inneren des Drahtes gehen wir von einer
homogenen Stromdichte über den Querschnitt des Leiters aus, j = I/(R2 ⇡).
Der für r < R eingeschlossene Strom ist
Iinnen = jr2 ⇡ = I r2 /R2 . Damit ist die
Magnetfeldstärke im Inneren des Leiters
Binnen = µ0
Ir
.
2⇡R2
!
# !
"
"
$ %"
"
&
"
In Inneren steigt die Magnetfeldstärke linear mit dem Abstand von Zentrum des
Drahtes an, außerhalb des Leiters fällt das Feld mit 1/r ab.
66
KAPITEL 7. MAGNETOSTATIK
Eine lange Spule führt den Strom I. Die Integrationswege ? zur Spulenachse (BC und
DA) liefern entgegengesetzt gleiche Beiträge
und heben sich auf. Liegt der Weg CD weit
von der Spulenachse dann ist das Magnetfeld
dort sehr klein und man kann den Beitrag des
Weges CD vernachlässigen. Damit verbleibt
nur der Weg AB,
I
Z B
~ · d~s ⇡
B
B ds = B L = µ0 N I .
%
#
!
"
$
$
(7.16)
A
Mit der Größe w = N/L, der Anzahl der Windungen pro Meter, ergibt sich
B = µ0
N
I = µ0 w I .
L
(7.17)
Kraft zwischen zwei stromführenden Leitern
Eine experimentelle Bestimmung von µ0 ist über die Kraftwirkung zwischen zwei
parallelen, stromführenden Drähten möglich. O↵ensichtlich führt die Bewegung
von Ladungen im Draht zur beobachteten Kraftwirkung (siehe Seite 9). Jeder
Draht erzeugt am Ort des anderen (Drahtabstand R) das Magnetfeld
B=
µ0
I.
2⇡R
(7.18)
Nach Gleichung 7.2 ist die Kraftwirkung auf einen stromführenden Draht der
Länge L im Magnetfeld
F =
LBI .
(7.19)
Daraus ergibt sich, dass sich beide Leiter anziehen, jeweils mit der Kraft
µ0 2
F = L
I .
(7.20)
2⇡R
Die Drähte sind elektrisch neutral, elektrostatische Kräfte spielen keine Rolle.
7.4
Vektorpotential
Ein Abschnitt mit vielen Formeln, vielleicht erhalten Sie ein Gefühl dafür, wie
man in der Physik Probleme auf allgemeine Art lösen kann, mit Größen, die nicht
experimentell meßbar sind, die man aber einführt, um Parallen mit bekannten
Verfahren auszunützen.
Mit der Poisson-Gleichung kann man das elektrostatische Potential für eine
gegebene Ladungsverteilung berechnen,
⇢
=
.
(7.21)
✏0
Eine Potentialdi↵erenz ist direkt meßbar bzw. aus der Poisson Gleichung abzuleiten. Bei Kenntnis des Potentials erhalten wir das elektrische Feld aus der
Beziehung
~ =
E
~ .
r
7.4. VEKTORPOTENTIAL
67
~ wäre wünschenwert. Für eine
Ein ähnliches Vorgehen für das Magnetfeld B
~ mit der Gleichung
~
gegebene Stromdichteverteilung j kann das Magnetfeld B
~ ⇥B
~ = µ0~j
r
(7.22)
~ kann aber nicht als Gradient eines skalaren Feldes f anberechnet werden. B
gegeben werden. Grund ist, dass für beliebige skalare Funktionen f
~ ⇥ (grad f ) = r
~ ⇥ (r
~ f) = 0
r
gilt.
(7.23)
~ ⇥B
~ 6= 0. Um dies und div B
~ = 0 zu erfüllen kann B
~
Gl. (7.22) fordert aber r
~
als Rotation eines Vektorfeldes A (Vektorpotential) geschrieben werden,
~ =r
~ ⇥A
~,
B
(7.24)
denn immer gilt (siehe Gleichung 7.7):
⇣
⌘
~ · r
~ ⇥ beliebiger = 0
r
(7.25)
Vektor
~ = 0 erfüllt ist. Das Vektorpotential A
~ ist damit aber noch nicht
womit div B
~0 = A
~ + grad f ebenfalls
eindeutig festgelegt, da ein erweiterter Ansatz, z.B. A
0
~
~
~
die Gleichung B = r ⇥ A erfüllt. Man hat eine sogenannte Eich-Freiheit. Aus
Quellen und Wirbeln ist ein Vektorfeld ~a(~r) erst dann eindeutig bestimmbar,
wenn div ~a und rot ~a vorgegeben sind. Eine Eichung erreicht man durch die
~ Diese zusätzliche Eichbedingung ist in der
Vorgabe für den Wert von div A.
Magnetostatik
~ = 0.
div A
(Coulomb-Eichung)
(7.26)
Mit diesem Ansatz läßt sich das Vektorpotential bekannter Ströme, und mit
~ =r
~ ⇥A
~ die magnetische Feldstärke berechnen. Wir setzen B
~ =r
~ ⇥A
~ in
B
~
~
~
r ⇥ B = µ0 j ein, verwenden den Entwicklungssatz
d~ = ~a ⇥ ~b ⇥ ~c = ~b(~a · ~c)
(~a · ~b)~c ,
und erhalten
~ ⇥r
~ ⇥A
~ =
r
~2 =
Mit r
~
grad(div A)
~=0
(div grad)A
⇣
Eichung
div A = 0
⌘
~ 2A
~.
r
(Laplace Operator) ergibt sich für das Vektorpotential
~=
A
µ0 ~j .
(7.27)
Formal ist dies analog zur Poisson-Gleichung für das elektrostatische Potential
=
1
⇢.
✏0
Deshalb müssen die Gleichungen 7.27 und 7.28 analoge Lösungen haben.
(7.28)
68
KAPITEL 7. MAGNETOSTATIK
Für das elektrische Potential am Orte (1) auf
Grund einer Ladungsverteilung ⇢ im Volumen am
Orte (2) hatten wir die Lösung
Z
1
1
(1) =
⇢(2) dV2 .
4⇡✏0
|r|
In Analogie ist das Vektorpotential am Ort (1) auf
Grund einer Stromdichte ~j im Volumen am Ort (2)
Z
µ0
1
Ax (1) =
jx (2) dV2 ,
4⇡
|r|
Z
µ0
1
Ay (1) =
jy (2) dV2 ,
4⇡
|r|
Z
µ0
1
Az (1) =
jz (2) dV2 .
4⇡
|r|
!
$% &
#
! "
!
$
%& '
" #
Vektoriell gilt für eine allgemeine Stromverteilung,
Z ~
µ0
j(2)
~
A(1)
=
dV2 .
4⇡
|r|
(7.29)
Vektorpotential eines allgemeinen stromführenden Leiters :
Jetzt überlegen wir uns den Ausdruck 7.29 für einen stromführenden Leiter konstanten Querschnittes.
In einem dünnen Draht mit Querschnitt A fließt
die homogene Stromdichte ~j. Das Volumen"
element des Drahtes ist dV2 = A · ds2 , also ist
~j · dV2 = I · d~s2 . Bei konstantem Strom ist der
# $
Beitrag des Leiterstückes in Richtung d~s2 zur
!
dazu parallelen Komponente des Vektorpoten%
tiales durch das Linienintegral gegeben,
&' (
Z
µ
d~
s
0
2
~
A(1)
=
I
.
(7.30)
4⇡
|r|
7.5
Gesetz von Biot-Savart
Nach Einsetzen von (7.30) in die Definition des Vektorpotentials,
~
~ ⇥ A(1)
~
B(1)
= r
,
erhalten wir einen allgemeinen Ausdruck für das Magnetfeld,
Z
µ0
~
~ ⇥ d~s2 .
B(1) =
I r
4⇡
|r|
(7.31)
(7.32)
Dieser kann weiter vereinfacht werden. Der Nablaoperator in (7.32) wirkt auf
die Koordinates des Aufpunktes (1) aber nicht auf die Koordinaten des Wegele-
7.6. MAGNETISCHER DIPOL
mentes d~s2 . Mit r =
den Integranden,
p
69
x1 )2 + (y2
(x2
y1 )2 + (y2
ergibt1 sich für
y1 ) 2
~ ⇥ d~s2 = d~s2 ⇥ ~r .
r
|r|
|r|3
(7.33)
Damit erhalten wir aus (7.32) das Gesetz von Biot-Savart
Z
µ0
d~s2 ⇥ ~r
~
B(1)
=
I
.
(7.34)
4⇡
|r|3
.
Magnetfeld eines langen geraden Drahtes :
Mit Biot-Savart bestimmen wir das Magnetfeld eines stromführendenden langen
Drahtes. Das Ergebniss kennen wir aus den Überlegung auf Seite 10 bzw. 65.
Der Strom fließt entlang der z-Achse. Es gilt cos ↵ = sin = R/r und
d~s2 ⇥ ~r
=
ê' |r| sin dz .
!
Mit z = R tan ↵ wird dz = R d↵/ cos ↵2 und
Z
µ0 I
cos ↵
~
B(R) =
ê'
dz
4⇡
|r|2
Z ⇡/2
µ0 I
=
ê'
cos ↵ d↵
4⇡ R
⇡/2
µ0 I
=
ê' .
2⇡ R
!$ #
" #
!
&
'
"
#
!" #
$
%
!
~ = {0, 0, Az }. Die
Die Komponenten des Vektorpotentials sind gemäß Gl. 7.30 A
Äquipotentialflächen des Vektorpotentials sind demnach Zylindermantelflächen,
die den Draht konzentrisch umschließen.
7.6
Magnetischer Dipol
Wir untersuchen das Magnetfeld einer kreisförmigen
Stromschleife mit dem Radius R. Die Schleife liegt
in der y z Ebene. Auf der Achse im Abstand x von
der Schleifenmitte gilt:
~ =
dB
µ0
I
~r
d~s2 ⇥
.
4⇡ x2 + R2
|r|
"
!
! )* + (
$ %
#
#
&
'
!
" # $ !
$ (
Wir interessieren uns für die Komponente Bx . Wegen
sin ✓ =
Bx =
1 Siehe
dBx
R
=p
2
~
x
+ R2
|dB|
µ0
IR
2
4⇡ (x + R2 )3/2
Z
wird
ds2 =
µ0
I R2 ⇡
.
2⇡ (x2 + R2 )3/2
z.B. Langkau, Scobel und Lindström, Physik kompakt 2, Springer, Seite 99.
(7.35)
70
KAPITEL 7. MAGNETOSTATIK
In der Mitte der Stromschleife (x ! 0) gilt
µ0 I
.
(7.36)
2 R
Wir definieren als magnetisches Moment das Produkt aus Kreisstrom I und der
Fläche, die der Kreisstrom umläuft, R2 ⇡,
Bx (x = 0)
=
µmag = I R2 ⇡ .
(7.37)
In großer Entfernung ist die Magnetfeldstärke
Bx (x
R)
⇡
µ0 µmag
.
2⇡ x3
(7.38)
!
"
Ein Vergleich (5.12) zeigt, dass in großer Entfernung die Feldlinien des elektrischen und
magnetischen Dipols identisch sind. In der
Nahzone besteht ein starker Unterschied.
Kraft auf magnetischen Dipol
Eine rechteckige Leiterschleife, drehbar in einem homogenen Feld, erfährt die
magnetischen Kräfte auf die Leiterstücke der Länge a. Die Summe der Kräfte
auf die Leiterschleife (Fläche S = a b) ist Null, denn F~1 = F~2 = I a B. Auf
Grund der beiden Kraftarme der Länge b/2 besteht aber das Drehmoment
~
|D|
=
I a B b sin ↵ = I S B sin ↵ .
!
Mit der Definition der Flächennormalen n̂ (Richtung ~a ⇥ ~b) und des magnetischen Momentes
µ
~ mag = I S n̂ ,
(7.39)
!
"
#
ergibt sich für das magnetische Drehmoment
~ mag = µ
~.
D
~ mag ⇥ B
!
(7.40)
"
!
'
Im Vergleich dazu ist das Drehmoment für den
elektrischen Dipol (siehe Seite 46)
~ el = p~el ⇥ E
~.
D
!
#
"
$ % &
(7.41)
Das magnetische Drehmoment auf eine drehbare Spule wird z. B. zur Strommessung in einem Drehspulamperemeter ausgenützt.
Wie beim elektrischen Dipol erscheint zusätzlich zum Drehmoment eine Kraft
in Richtung des Vektorgradienten, wenn ein inhomogenes Magnetfeld vorliegt,
~
F
=
µ
~ mag ·
Fz
=
µx
~
@B
,
@~r
zum Beispiel
@Bz
@Bz
@Bz
+ µy
+ µz
.
@x
@y
@z
(7.42)
Die potentielle Energie W der elektrischen und magnetischen Dipole ist
Wel
=
Wmag =
~
p~el · E
~
µ
~ mag · B
mit
mit
p~el = q d~ ,
~.
µ
~ mag = I S
(7.43)
(7.44)
7.7. ATOMARE MAGNETISCHE MOMENTE
7.7
71
Atomare magnetische Momente
Das klassische Atombild mit Kreisbahnen für Elektronen erlaubt die anschauliche Interpretation einer der magnetischen Eigenschaften die man in Atomen
vorfindet. Für den Kreisstrom eines umlaufenden Elektrons, I = e⌫, erhalten
v
wir mit der Elektronengeschwindigkeit v und der Umlaufsfrequenz ⌫ = 2r⇡
,
I=
ev
.
2r⇡
(7.45)
$
!
Der Kreisstrom ist Ursache für das magnetische
Moment
µ
~ mag = I⇡r2 n̂ =
1
evr n̂ .
2
"
#
(7.46)
!
~ = m~r ⇥ ~v gilt
Mit dem Bahndrehimpuls des umlaufenden Elektrons L
e ~
L,
2m
µ
~ bahn =
(7.47)
mit m der Elektronenmasse. Der Drehimpuls ist eine Erhaltungsgröße, also ist
auch µ
~ bahn in einem abgeschlossenen System zeitlich konstant.
Im atomaren Bereich gibt es zwei weitere permanente magnetische Momente.
~ (Spin) liefert einen Beitrag
Der Eigendrehimpuls des Elektrons S
µ
~ spin =
e ~
S.
m
(7.48)
~ und L
~ zum Gesamtdrehimpuls
Im Atom koppeln S
~ +S
~ mit dem magnetischen Moment
J~ = L
µ
~ gesamt =
g
e ~
J.
2m
(7.49)
!
"
#
g nennt man Lande-Faktor (1 < g < 2 ).
Zusätzlich haben die Kernbausteine ein magnetisches Moment (I~ = Kernspin)
µ
~ kern = gk
e ~
I.
2M
(7.50)
Dabei ist M die Nukleonenmasse. Der Faktor gk ist 2 ⇥ 2.79 für Protonen und
gk = 2 ⇥ 1.93 für Neutronen. Auf Grund der höheren Masse in Gl. (7.50) ist
der Kernmagnetismus erheblich kleiner als der elektronische Beitrag.
Einige wichtigen Eigenschaften des Drehimpulses aus der Quantenmechanik
betre↵en die Größe der Drehimpulsvektoren und die beobachtbaren Einstellungen der Drehimpulsvektoren.
p
~ = J(J + 1)h̄. Dabei ist J die DreDer Betrag eines Drehimpulses ist |J|
himpulsquantenzahl. Diese kann nur ganz- oder halbzahlige Werte annehmen.
72
KAPITEL 7. MAGNETOSTATIK
• die Zahl der möglichen Einstellungen des Drehimpulses auf eine ausgezeichnete Achse (eine durch das
Experiment definierte Quantisierungsachse) ist begrenzt, nur (2J +1) Einstellungen werden beobachtet.
• Zeichnet man eine bestimmte Achse aus, z.B. die
z-Achse, dann kann die Projektion des Drehimpulses J~ auf diese Achse, Jz , nur die diskreten Werte
Jh̄, (J 1)h̄, (J 2)h̄, . . . , Jh̄, (insgesamt 2J +1 Werte) annehmen. Diese unterscheiden sich jeweils um h̄,
ein Umstand den man Raumquantisierung nennt.
'
! " #
(
! $#
%
&$#
&" #
• Ist die Drehimpulsquantenzahl J = 1/2 beobachtet
man nur zwei mögliche Einstellungen, Jz = ±h̄/2.
Der Stern-Gerlach Versuch (1923) lieferte die erste Beobachtung der Raumquantisierung. Stern und Gerlach beobachteten die Bahn von neutralen Silberatomen im inhomogenen Magnetfeld. Silberatome haben in der äußeren Schale
ein 4s-Elektron mit L = 0 und S = 1/2. Das magnetisches Atom erfährt eine
Ablenkung im inhomogenen Magnetfeld M mit der Kraft (7.42)
Fz = µ z
@Bz
.
@z
(7.51)
!
!
"
#
$
Die Silberatome aus dem Atomofen O haben eine willkürliche räumliche Orientierung der magnetischen Momente. Klassisch wurde daher eine Verschmierung
der Auftre↵orte am Detektor D entlang der Richtung des Magnetfeldgradienten
z erwartet. Beobachtet wurde aber die Aufteilung in zwei Strahlenbündel.2
Die Methodik der Ablenkung einzelner Atome im inhomogenen Magnetfeld
auf Grund des magnetischen Dipolmomentes bildet die Grundlage für sogenannte Atomuhren. Dank der hohen Genauigkeit dieser Frequenznormalen
(Cs-Standard, Rb-Standard ) wurde z. B. das GPS-System möglich.
Das Vorliegen atomarer oder nuklearer Drehimpulse (mit ihnen ist immer
ein magnetisches Moment verbunden) ist die Ursache für die magnetischen Eigenschaften der Materie. Diese besprechen wir im folgenden Kapitel.
2 Das rotierende Geschwindigkeitsfilter S erlaubt eine Klasse von Silberatomen ähnlicher
Geschwindigkeit zu selektieren (die am Schirm beobachtete Ablenkung ist proportional zur
Verweilzeit des Atoms im inhomogenen Magnetfeld, wenn alle Atome ähnliche Geschwindigkeit
haben ist damit die Trennung in zwei Teilstrahlen schärfer).
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