432. Tutorial der Deutschen Abteilung der Internationalen Akademie für Pathologie e.V. Angewandte klinische Molekularpathologie – Teil I am 20. September 2014 von Prof. Dr. med. Reinhard Büttner, Köln Prof. Dr. med. Arndt Hartmann, Erlangen PD Dr. med. Danny David Jonigk, Hannover Prof. Dr. rer. nat. Andreas Jung, München PD Dr. rer. nat. Sabine Merkelbach-Bruse, Köln Dr. med. Wiebke Inga Bente Antonopoulos, Hannover Tagungsort: Fortbildungszentrum der Deutschen Abteilung der IAP Joseph-Schumpeter-Allee 33 53227 Bonn Beginn: 8.30 Uhr (s.t.) 20140920 T 432 LS 278 Molekularpathologie Lunge: Fall 1 Anamnese: 69-jähriger Mann mit einem 3 cm großen Rundherd im rechten Lungenoberfeld. Die bioptische Diagnostik ergibt ein CK7-positives und TTF-1 negatives Adenokarzinom. Unter der Annahme eines primären Lungenkarzinoms wird im Rahmen der Staging Diagnostik eine Gastroskopie durchgeführt, die einen ulzerierten Magentumor im Bereich der kleinen Kurvatur zeigt. Die weitere Bildgebung von Thorax und Oberbauch mittels MRT zeigt weitere kleiner pulmonale Metastasen beidseits und regionäre Lymphknotenmetastasen am Magen. Im Tumorboard Entscheidung zur palliativen Gastrektomie. Danach Frage nach weiterer Systemtherapie. Diagnose: Intestinales Adenokarzinom des Magens, klinisch mit regionären Lymphknotenmetastasen und pulmonalen Metastasen (pT3, pN2 (14/38), pM1pul). Histologie: Mikroskopisch ein typisches intestinal differenziertes, drüsenbildendes Adenokarzinom mit tiefer Infiltration aller Wandschichten, oberflächlicher Ulzeration und Nekrosebildung. Kein Nachweis von Siegelringzellen. Immunhistochemie: Positive Reaktionen: CK7, (CK20, fokal schwach) Negative Reaktionen: HER2 (score=0), TTF1, cdx2, CA19.9 Molekularpathologie: MET-FiSH positiv mit Nachweis einer echten high-level Amplifikation. Auf die HER FiSH wurde verzichtet, Kein Nachweis von Translokationen in FGFR1,2 und 3. PIK3CA wildtyp. Kommentar: Die hier wichtigste molekularpathologische Untersuchung ist die Analytik von HER2, da für die Kombinationstherapie entlang dem TOGA-Protokoll eine Zulassung für systemisch fortgeschrittene Magenkarzinome besteht. Noch experimentelle Ansätze in Studien sind gegen MET gerichtet (Antikörper und TKI), PIK3CA Inhibitoren, FGFRTyrosinkinaseinhibitoren. Molekularpathologie Lunge: Fall 2 Anamnese: 58-jährige Frau mit einem 5,5 cm großen, peripher gelegenen Tumor im linken Lungenoberlappen mit Kontakt zur Pleura. Nichtraucherin ohne wesentliche Vorerkrankungen. Röntgendiagnostik erfolgt im Rahmen einer Routineuntersuchung durch den Betriebsarzt. Die bronchoskopische Abklärung ergibt histologisch und zytologisch keinen pathologischen Befund. Daher Thorakotomie mit Keilresektion Segment 2 linker Lungenoberlappen. Diagnose: Im Schnellschnitt Diagnose eines Adenomkarzinoms wahrscheinlich NSCLC, danach Lobektomie und Lymphonodektomie. 20140920 T 432 LS 278 Endgültige Diagnose: Pulmonales Adenokarzinom mit Infiltration der Pleura viszeralis, prädominant solide sowie papillär und azinär. Tumorstadium: pT3, pN2(4/22), R0, L0, V0. Histologie: Mikroskopisch zeigt sich ein Adenokarzinom mit rundlichen bis ovalen Drüsenstrukturen, daneben aber auch lepidisch und papillären Arealen in einem fibrösen Strome ohne Nachweis einer ausgeprägten muzinösen Schleimproduktion. Immunhistochemie: Positive Reaktionen: TTF1, Napsin-A, CK7. Negative Reaktionen: p40, CK5. Molekularpathologie: Mutationsanalyse: aktivierende Mutation in EGFR Exon 19 (del E746-T751). KRAS Wildtyp in Exon 2 und 3. Kommentar: EGFR Mutationen werden auch bei westeuropäischen Patienten gehäuft in nichtrauchenden, weiblichen Patienten detektiert, generell sollten aber alle Adenokarzinome und gemischt adenosquamöse Karzinome, die keine KRAS Mutation aufweisen, gescreent werden (LCGC Daten, Seidel D, et al. Science Transl Med 2013). Ebenfalls auf aktivierende EGFR Mutationen sollten plattenepitheliale Karzinome bei Nierauchern untersucht werden. Exon 19 Mutationen im EGFR Gen zeigen nach den vorläufigen Daten der EURTAC Studie das beste Ansprechen auf EGFR-gerichtete Tyrosinkinaseinhibitoren (Gefitinib, Erlotinib). In dem hier vorliegenden Fall ist nach derzeitigem klinischem Stand keine adjuvante Therapie indiziert. Allerdings besteht bei dem histopathologischen Befund mit Infiltration der Pleura viszeralis ein erhebliches Rezidivrisiko. Die Kenntnis der aktivierenden EGFR Mutation, bietet eine exzellente Möglichkeit für eine ggf. erforderliche Rezidivtherapie mit Tyrosinkinaseinhibitoren. Molekularpathologie Lunge: Fall 3 Anamnese: 72-jährige Nichtraucherin mit dem Zufallsbefund eines 3,8 cm messenden Rundherdes im rechten Lungenunterlappen. Die präoperative, bronchoskopische Diagnostik verläuft histologisch und zytologisch ohne malignen Befund. In der PET Untersuchung anreichernde mediastinale Lymphknoten, danach Entscheidung zur Thorakotomie mit Keilresektion und Schnellschnittuntersuchung. Diagnose: Im Schnellschnitt Diagnose eines Adenokarzinoms, danach Lobektomie und Lymphonodektomie. Endgültige Diagnose: Pulmonales Adenokarzinom mit Infiltration der Pleura viszeralis, prädominant solide mit kleineren muzinösen und siegelringzelligen Anteilen. Tumorstadium: pT2, pN2(4/30), R0, L0, V0. Histologie: Mikroskopisch zeigt sich ein solider Tumor fast ohne Ausbildung von Drüsenstrukturen. Streckenweise zeigen die Tumorzellen DPAS positive Einschlüsse. 20140920 T 432 LS 278 Immunhistochemie: Positive Reaktionen: TTF1, Napsin-A, CK7. Negative Reaktionen: p63, CK5. Molekularpathologie: Wildtypsequenz in EGFR, KRAS, BRAF, PIK3CA. FISH-Analytik Nachweis einer Translokation von ALK. Kommentar: ALK Translokationen sind prädiktiv für ein gutes Ansprechen gegenüber dem ALK Inhibitor Crizotinib, der in USA eine Zulassung durch die FDA erhalten hat und in Europa voraussichtlich Ende 2012 zu erhalten sein wird. Selbst bei sehr fortgeschrittenen Tumoren im Stadium IV haben wir z.T. sehr weitgehende Remissionen beobachtet. Epidemiologisch besteht eine Häufung bei nichtrauchenden weiblichen Patienten und in soliden und siegelringzellig-muzinösen Karzinomen. Nach Leitlinien muss jedes Adenokarzinom mit EGFR wildtyp getestet werden. Es sind ganz unterschiedliche intrachromosomale Inversionen und interchromosomale Fusionen bekannt, so dass neben den typischen splitapart Signalen auch der Verlust von grünen EML4 Signalen diagnostisch relevant ist. Molekularpathologie Lunge: Fall 4 Anamnese: Jetzt 61 jährige Patientin, mit einem seit 5 Jahren bekannten systemisch metastasierten Adenokarzinom der Lungen. Zustand nach multiplen Chemotherapien. Wiederholt Testungen auf EGFR, KRAS, ALK allesamt mit negativem Ergebnis. Jetzt sehr fortgeschrittener Zustand mit beidseits pulmonalem Progress und großen Pleuraergüssen. Frage: Gibt es noch eine therapeutische Option? Diagnose: Pulmonales Adenokarzinom prädominant acinär, Stadium 4 (oss, pul, ple, hep) Histologie: Hier zeigt sich mikroskopisch ein überwiegend acinäres Adenokarzinom. Immunhistochemie: Positive Reaktionen: TTF1, Napsin-A, CK7. Negative Reaktionen: p40, CK5. Molekularpathologie: ROS1-positiv, Nachweis einer Fusion Kommentar: ROS1 positive Adenokarzinome haben nach unseren eigenen Daten die beste Prognose aller fortgeschrittenen Lungenkarzinome (mittleres Überleben im Stadium 4 ca. 36 Monate !). Diese Patienten sprechen auf Therapien mit ROS1-Inhibitoren extrem gut an, häufig mit einer metabolischen Komplettremission. Bisherige Daten haben noch kein mittleres Überleben erreicht (> 60 Monate). Insgesamt liegt eine kleine Patientengruppe vor (ca. 1,8% der europäischen Adenokarzinome), allerdings mit extrem guten, klinischen Ansprechen. 20140920 T 432 LS 278 Molekularpathologie Lunge: Fall 5 Anamnese: 62-jähriger Mann mit langjähriger Raucheranamnese, in der Vorgeschichte bekannte koronare Herzkrankheit und Myokardinfarkt, immer wieder kardiale Pleuraergüsse. Jetzt in der Bildgebung ausgedehnte Verschattung des gesamten linken Lungenunterlappens ohne klare Abgrenzung zum Zwerchfell. Die bronchoskopische Abklärung zeigt einen Verschluss des Unterlappenbronchus und ergibt histologisch und zytologisch einen positiven Befund (PAP V, Plattenepithelkarzinom). Diagnose: Diagnose: Gering differenziertes pulmonales Plattenepithelkarzinom mit Infiltration der Pleura viszeralis. Tumorstadium: pT3 (10,5 cm), pN0(0/19), R0, L0, V0, G3. Histologie: Erst die histologische Aufarbeitung zeigte Areale mit eindeutiger Keratinisierung des Plattenepithelkarzinoms, so dass die Abgrenzung zum Adenokarzinom dann leicht fiel. Sehr typisch sind auch die ausgeprägte Stromadesmoplasie und die Ausbildung prominenter Basalmembranen, die gegenüber dem Stroma sehr charakteristische Schrumpfungsartefakte aufweisen können. Das lag in der Biopsie nicht vor, so dass hier eine ausführliche immunhistochemische Färbung zum Ausschluss eines prädominant soliden Adenokarzinoms durchgeführt wurde. Die exakte Subtypisierung ist für die weitere molekularpathologische Diagnostik von entscheidender Bedeutung. Immunhistochemie: Positive Reaktionen: p63, CK5. Negative Reaktionen: TTF1, CK7, Ki67 60%. Molekularpathologie: FGFR1 Amplifikation auf Chromosom 8 (low level). Bei der Auswertung von 60 Zellkernen ergibt sich ein Quotient von 370 FGFR1Signalen zu 360 Chromosom 8 Signalen, entsprechend einer Ratio von 1.02 (Schwellenwert: 2,0) 80 % der Tumorzellen weisen 5 oder mehr Genkopien auf (Schwellenwert: 50%) 1.7% der Tumorzellen weisen Gencluster auf (Schwellenwert: 10%) Kommentar: FGFR1 Amplifikationen finden sich in ca. 18% der Raucher-assoziierten Plattenepithelkarzinome. Daten aus der BGJ398 Phase I Studie weisen auf eine Prädiktion für ein Ansprechen auf FGFR-gerichtete Tyrosinkinaseinhibitoren. 20140920 T 432 LS 278 Uropathologie Fall 6: Bei einem 64-jährigen Patienten wurde eine Teilureterektomie bei bioptisch gesichertem papillärem Urothelkarzinom (pTa G2) mit Ureterstenose durchgeführt. Das Präparat stammt aus dem cranialen Absetzungsrand. Fall 7: Bei einem 26-jährigen Patienten trat eine mehrfache schmerzlose Hämaturie auf. In der Zystoskopie fand sich ein ca. 1 cm großer papillärer Tumor an der rechten Blasenseitenwand, der entfernt wurde. Der Patient wurde medizinisch begutachtet für eine Laufbahn als Pilot von Passagierflugzeugen und es wurde die Frage nach der prognostischen Wertigkeit dieses Tumors gestellt. Fall 8: 62 Jahre alter Patient mit Mikrohämaturie. In der Zystoskopie großer solider Tumor an der rechten Blasenseitenwand. Durchführung einer TUR-B. 16 g Material. Keine Anamnese von malignen Erkrankungen. Keine vorangegangenen Operationen, keine Anamnese einer Zystitis oder anderer Erkrankungen des Urogenitaltraktes. Fall 9: 35-jähriger Mann mit Flankenschmerzen und Diagnose eines 10 cm großen Nierentumors links. Keine Tumorerkrankungen in der Eigen- oder Familienanamnese. Fall 10: 43-jähriger männlicher Patient mit 4,2 x 3,9 x 3,7 cm großem Nierentumor mit grau-weißer Schnittfläche. Nephrektomie. Keine Vorerkrankungen bekannt. Kolorektale Karzinome Fall 11 77 jährige Patientin Klinische Angabe: Gedeckt perforiertes Sigma CA, mit hepatischer Metastase Sigma-Resektat mit einem exophytischen, oberflächlich ulzerierten und infiltrativen, mittelhoch differenzierten Adenokarzinom (5,5 cm), mit kontinuierlicher verdrängender Infiltration der Muscularis propria, mit fokalem Lymphgefäßeinbruch und ohne Hinweise auf eine Perineuralscheideninfiltration oder einen Blutgefäßeinbruch. Drei LK-Metastasen von insg. 19 untersuchten LK (3/19 LK). Lokal zum Tumor eine gedeckte Perforationsstelle mit eitrig abszedierender und chronisch-granulierender bzw. fibrosierender Entzündung und eitriger Serositis. Tumorklassifikation: pT3 , N1b (3 /19 LK), L1 , V0 , Pn0 Resektionsstatus: R0 Fall 12 64 jährige Patientin Klinische Angabe: keine 20140920 T 432 LS 278 Rechtsseitiges Hemicolektomiepräparat (51cm - 29cm Ileum, 22cm Coecum / Ascendens) mit einem gering differenzierten Adenocarcinom (5 x 3,5 x 2,2cm) im Bereich von Bauhin'scher Klappe / Coecum, entstanden auf dem Boden eines villösen Dickdarmschleimhautadenoms, mit transmuraler Wandinfiltration und fokaler Serosaperforation, mit extrem ausgebildeter Angiosis und Lymphangiosis carcinomatosa, hier fast ausschließlich mit serös - papillärer Differenzierung, mit diffuser knotiger Infiltration des großen Netzes, mit vierundzwanzig regionären Lymphknotenmetastasen, jeweils mit begleitender Angiosis und Lymphangiosis carcinomatosa, daneben drei kleinen tumorfreien Lymphknoten,die luminalen Darmwandabsetzungsränder tumorfrei. Tumorklassifikation: Postoperativ unter Einbeziehung von Vorbefunden (UICC 2002): pT4 (Serosaperforation), pN2 (24/27), pM1 (maligner Pericarderguss), L1, V1. R-Klassifikation: R1. Fall 13 62 jährige Patientin Klinische Angaben: Histologishe gesichertes Colon ascencens-Karzinom Hemicolektomiepräparat rechts mit einem muzinösen Adenokarzinom des Dickdarms mit Infiltration in die Muscularis propria, 22 tumorfreien Lymphknoten (0/22) und tumorfreien luminalen Absetzungsrändern sowie freiem Gefäßabsetzungsrand. Tumorklassifikation: postoperative (UICC 7. Auflage 2010, 3. korr. Nachdruck): pT2 , pN0 (0 /22 LK), L0 , V0 , Pn0 R-Klassifikation: R0. Fall 14 43 jähriger Patient Klinische Angaben: Kolonkarzinom M0, R0 Ulzeriertes teils Adenokarzinom des Dickdarms im Bereich der rechten Kolonflexur und Tiefeninfiltration bis in das perikolische Fettgewebe mit peritumoröser Fibrose und hierdurch bedingter Adhärenz/Verwachsung zum Fettgewebe des Omentum majus. Tumorklassifikation: Postoperative unter Berücksichtigung vorhergehender Befunde pT3, pN0 (0/29), pN0 (0/29), pM0 (LYM), L0, V1, G3 R-Klassifikation R0 (lokal). Fall 15 63 jährige Patientin Klinische Angaben: TNM Stadium? Hemikolektomiepräparat rechts mit einem ulzerierten Adenokarzinom des Colon ascendens mit Infiltration bis in die Bauchdecke und 6 (von 37) lokoregionären Lymphknotenmetastasen sowie mit Lymphspalteneinbrüchen. Proximaler und distaler RR tumorfrei. 20140920 T 432 LS 278 Tumorklassifikation: Postoperativ (UICC 7. Auflage 2010, 3. korr. Nachdruck) pT4b, pN2a (6/37LK), L1, V0 R-Klassifikation: R0 Die Fälle zum Thema Mamma stehen als digitale Mikroskopie auf unserer Homepage zur Verfügung. Bitte schauen Sie sich die Fälle in dieser Reihenfolge an: HE, HER2, CK5/14, CISH Fall 16 (HE, HER2): 65 jährige Patientin mit extern gelaufener Stanze, jetzt Mammasegmentresektion Fall 17 (HE, HER2, CK 5/14, CISH): 54 jährige Patientin mit subkutaner Mastektomie bei Z.n. Vakuumsaugbiopsie Fall 18 (HE, HER2, CISH): 62 jährige Patientin mit Z.n. Mammastanzbiosie und jetzt erfolgter Segmentresektion mit Sentinellymphknoten Fall 19 (HE, HER2): 59 jährige Patientin mit extern gelaufener Stanze, jetzt Mammasegmentresektion mit Sentinellymphknoten Fall 20 (HE, HER2): 67 jährige Patientin mit BI-RADS 4b zur Stanzbiopsie 20140920 T 432 LS 278