Carl-Engler-Schule Karlsruhe Laborgerät: Multimeter 1 (11) Laborgerät: Multimeter 1. Grundfunktionen 1.1 Labor-Einsatz Das Multimeter ist das am häufigsten anzutreffende Labor-Messgerät, das auf die typischen Messaufgaben der Elektronik hin optimiert ist. Es ist kompakt aufgebaut, leicht transportierbar, mit standardisierten 4mm - Anschlussbuchsen, einer gut sichtbaren Anzeige und ist oft auch netzunabhängig betreibbar. Beim Digital-Multimeter (DMM) wird das analoge Eingangssignal über einen ADU (Analog-Digital-Umsetzer) digitalisiert. Der Eingang ist potentialfrei. Die einzelnen Geräte unterscheiden sich wesentlich in den Messbereichen, der Auflösung und Genauigkeit, der Messgeschwindigkeit, dem Innenwiderstand und in zusätzlichen Mess- und Bedienungsfunktionen. Ein Multimeter ermöglicht mindestens folgende Messungen: Gleichspannung Wechselspannung Gleichstrom Wechselstrom Widerstand Alle Messungen werden auf eine Gleichspannungsmessung zurückgeführt. Sie stellt daher die Grundfunktion dar. Spannungen werden über die beiden Anschlussbuchsen + (oder: Input, High, Signal) und - (oder: Common, Low, Ground) gemessen. 1.2 Gleichspannung Beim Digitalmultimeter unterscheiden sich die Bereichsgrenzen der Messbereiche meist um den Faktor 10, z.B. +/+/+/+/- 0.2V 2V 20V 200V Bei der Gleichspannungsmessung wird normalerweise die größte Messgeschwindigkeit und die höchste Genauigkeit erreicht. Je höher der Eingangswiderstand, desto weniger wird das Messobjekt bei der Messung belastet. Mit integrierenden Umsetzern lassen sich statistische Schwankungen im Messsignal während der Messung ausgleichen (auf Kosten der Messgeschwindigkeit). 1.3 Wechselspannung Bei einfachen Geräten wird der Gleichrichtwert einer Wechselspannung gemessen und die Ausgabe auf den Effektivwert einer symmetrischen, sinusförmigen Wechselspannung kalibriert. Für andere Signalformen (Rechteck, Dreieck, Puls) muss der Ausgabewert umgerechnet werden. Ein eventuell vorhander Offset im Signal kann bei dieser Messung nicht vom Wechselanteil getrennt werden. Die Wechselspannung wird erst nach der Eingangsstufe gleichgerichtet, da dort die Nichtlinearität der Dioden besser ausgeglichen werden multimeter.odt Nov 2010 www.ces.karlsruhe.de/culm/ Seite 1 von 11 Carl-Engler-Schule Karlsruhe Laborgerät: Multimeter 2 (11) kann. Durch analoge Rechenschaltungen (Multiplizierer) lässt sich auch bei beliebiger Signalform der Effektivwert bestimmen. Analoge Quadraturschaltungen sind inzwischen nur noch für sehr hohe Frequenzen anzutreffen. Im Labor sind fast ausschließlich Digital-Multimeter anzutreffen, die die Wechselspannung nicht gleichrichten, sonder sehr schnell abtasten. Wenn die Signalform durch ausreichend schnelle Abtastung erfasst wird, lassen sich bei beliebiger Signalform außer dem Gleichrichtwert weitere Signalkenngrößen (Effektivwert = TRMS, Minimum, Maximum) berechnen. Dies geschieht numerisch auf der digitalen Seite mit entsprechenden Rechenprogrammen. Der Effektivwert ergibt sich aus der Quadratwurzel der Summe der quadrierten Abtastwerte (RMS: Root Mean Square). Da manche Geräte nur den Wechselspannungsanteil berücksichtigen (ohne Offset), wird die Fähigkeit zur Messung "echter" Effektivwerte (mit Offset) durch TRMS (True Root Mean Square) in der Beschreibung der Geräteeigenschaften hervorgehoben. 1.4 Gleichstrom Zur Strommessung müssen meist die Anschlussbuchsen gewechselt werden, damit der geringe Innenwiderstand bei einem automatischen Wechsel der Messfunktion nicht Teile der Schaltung kurzschließt. Große Ströme werden über den Spannungsabfall an einem niederohmigen Leiterstück (Shunt) gemessen. Kleine Ströme werden mit rückgekoppelten Verstärkerschaltungen gemessen, bei denen beide EingangsAnschlüsse auf gleichem Potential liegen. Dadurch verschwindet der Innenwiderstand des Messgeräts fast vollständig. 1.5 Wechselstrom Die Messung von Wechselströmen wird auf die vorhandenen Verfahren für die Wechselspannungsmessung oder die der Gleichstrommessung zurückgeführt. 1.6 Widerstand Zur Widerstandsmessung wird eine interne Konstantstromquelle verwendet, deren Spannung sich proportional zum Widerstand des Messobjekts einstellt. Kleine Messströme heizen das Messobjekt nur wenig auf, erfordern aber dafür ein empfindliches Messsystem. Bei der Zweidraht-Messung wird die Spannung an den Anschlussbuchsen des Messgeräts gemessen. Dadurch sind im Messwert die Leitungswiderstände enthalten. Bei der Vierdraht-Messung führen zwei zusätzliche Leitung vom Voltmeter zum Messobjekt, durch die der Messstrom nicht fliesst. Die Leitungswiderstände werden nicht mitgemessen. Da die Schaltung häufig bei der Temperaturmessung eingesetzt wird (Pt 100), wird sie auch mit "Kelvin-Anschluss" bezeichnet. multimeter.odt Nov 2010 www.ces.karlsruhe.de/culm/ Seite 2 von 11 Carl-Engler-Schule Karlsruhe 2. Messkette 2.1 Messstellen-Anschluss Laborgerät: Multimeter 3 (11) Der Kontakt zur Messstelle erfolgt durch Messspitzen oder -klemmen. Für die Messung grösserer Ströme kann auch eine Stromzange verwendet werden. In den Spulen induziert das Magnetfeld des Wechselstromes im Leiter eine Spannung. Stromzangen auf der Basis des Hall-Effektes ermöglichen auch eine Messung von Gleichströmen. Unter einem Kelvin-Anschluss versteht man eine separate Stromzuführung zum Messobjekt bei der Präzisionsmessung von Widerständen (Vierdraht-Messung). 2.2 Messkabel Flexible Messkabel sollten in ausreichender Länge verfügbar sein. Für spezielle Messungen gibt es zusätzliche Forderungen: Bei Strom- und Widerstandsmessung dürfen sie einen nur kleinen Widerstand besitzen. Kleine Spannungen können bei falscher Materialwahl durch Thermospannungen verfälscht werden. Hochspannungsmessungen erfordern eine bestimmte Durchschlagsfestigkeit und einen hohen Isolationswiderstand, sowie eine vollstädige Isolation spannungsführender Teile. Bei Hochfrequenzmessungen ist der Wellenwiderstand zu berücksichtigen. 2.3 Abschirmung, Guard Die Einwirkung elektrische und magnetischer Felder erfordert eine Abschirmung durch ein Drahtgeflecht um die Messleitung. Damit diese Abschirmungen selbst nicht zum Empfänger von Störungen werden, sind diese auf einen Massepunkt in der Schaltung zusammenzuführen (keine Masse-Schleifen, Ground Loop). Eine spezielle Technik der Abschirmung, Isolationswiderstandes und der Kabelkapazität. 2.4 die Guard-Technik, reduziert die Einflüsse des Anschluss Üblich sind 4-mm-Buchsen im Abstand von 19 mm (Bananenstecker). Für geschirmte Leitungen werden BNC-Anschlüsse (Bajonett Nut Connector oder Bayonett Neill Concelmann) verwendet, deren Schirm mit der Gerätemasse verbunden ist. Der Guard-Anschluss ist ebenfalls ein 4-mm-Anschluss oder die gesamte Guard-Technik ist in einem nicht standardisierten Steckersystem ausgeführt. 2.5 Nullpunkt-Einstellung Die Nullpunktsdrift durch Temperatureinflüsse und Alterung muss häufig korrigiert werden. Dazu wird der innere Geräte-Eingang von den Anschlussbuchsen getrennt und kurzgeschlossen. Der Wert der folgenden Null-Messung wird gespeichert und bei den regulären Messungen jeweils automatisch vom Messwert abgezogen. Die Korrektur wird im einfachsten Fall numerisch auf der digitalen Seite vorgenommen. Verfügt das Gerät über eine echte Offset-Messfunktion, lässt sich darüber auch die Nullpunktskorrektur mit einer Gegenspannung realisieren. 2.6 Filter Ein Tiefpass-Filter unterdrückt hochfrequente Anteile im Messsignal. Damit lassen sich zufällige Schwankungen ausgleichen, allerdings ergibt sich dadurch auch eine grössere Trägheit des Messsystems. Mit einem Bandfilter können z.B. netzbedingte Störungen (50Hz, 60Hz) unterdrückt werden. Bei getakteten Messungen muss durch ein Anti-Aliasing-Filter der Frequenzbereich oberhalb der halben Abtastfrequenz unterdrückt werden. Einstellbare Bandfilter Frequenzbereich. ermöglichen multimeter.odt Nov 2010 (als Sonderfunktion) die www.ces.karlsruhe.de/culm/ Messung in einem ausgewählten Seite 3 von 11 Carl-Engler-Schule Karlsruhe 2.7 Laborgerät: Multimeter 4 (11) Analog-Digital-Umsetzer Der ADU (auch ADC: Analog Digital Converter) bildet aus dem Eingangs-Analogwert einen digitalen Code. Bei einer Auflösung von n Bit wird der Messbereich in 2^n Stufen eingeteilt (z.B. n=18). Die einzelnen Umsetzverfahren unterscheiden sich in der Umsetzgeschwindigkeit (z.B. 100/s) und in den FilterEigenschaften (integrierend, glättend). 2.8 Speicher Mit der Entwicklung der Speichertechnologie werden auch Multimeter mit Speichern für z.B. 1000 Messwerte ausgestattet. 2.9 Anzeige Die Anzeige besitzt eine feste Anzahl von Dezimalstellen mit variablem Dezimalpunkt und Vorzeichen. Wenn die erste Dezimalstelle nur 0 oder 1 anzeigen kann (oder nur das Vorzeichen), zählt sie nur als halbe Stelle. Eine Dreiviertel-Stelle kann nur die Werte 0, 1, 2 oder 3 annehmen. Eine 5-1/2-stellige Anzeige kann damit z.B. 200 000 verschiedene Werte anzeigen. Dies entspricht einer Auflösung auf der digitalen Seite von 17 Bit. Zeitliche Änderungen der Anzeige lassen sich gut auf einer Balken-Anzeige (bar graph) beobachten. Die Balkenanzeige muss dazu aber schneller aktualisiert werden als die numerische Anzeige. 2.10 Interface Die Systemfähigkeit ermöglicht den Verbund des Multimeters mit anderen Labor-Geräten (z.B. über IECBus). In einem Labor-Messsystem sind alle Gerätefunktionen und der Datenaustausch fernsteuerbar und damit programmierbar. In solchen Systemen kann auf die manuelle Bedienung und Anzeige am Gerät verzichtet werden. Zur Steuerung und zum Datenaustausch wird fast ausschliesslich eine standardisierte Schnittstelle (RS-232, USB oder IEC-Bus) oder direkt ein Netzwerkanschluss eingesetzt. multimeter.odt Nov 2010 www.ces.karlsruhe.de/culm/ Seite 4 von 11 Carl-Engler-Schule Karlsruhe 3. Erfassungsmodus 3.1 Triggerung Laborgerät: Multimeter 5 (11) Der Erfassungsmodus legt die Zeitpunkte der Analog-Digital-Umsetzung fest und bestimmt, welche Werte zur Anzeige gebracht, bzw. in den Speicher geschrieben werden. Das Triggersignal für eine Messung kann aus folgenden Quellen stammen: 3.2 der ADU selbst (end of conversion signal) ein interner Taktgenerator eine Start-Taste am Gerät ein externer Triggereingang eine Triggernachricht über das Interface Einzelmessung (single) Es wird nur eine einzige Umsetzung nach einer externen Triggerung durchgeführt und als Messwert übernommen. Dabei können auch Verfahren zur Rauschunterdrückung oder zur Kompensation interner Spannungen angewendet werden. 3.3 Kontinuierliche Messung (continuous) Das Gerät führt kontinuierlich Messungen durch. Der neue Wert überschreibt jeweils den alten. Nur nach externer Anforderung wird der letzte Wert als Messwert ausgegeben. Dadurch ist jederzeit ein Messwert verfügbar. Es entstehen zwar keine Wartezeiten, aber der genaue Erfassungszeitpunkt wird unbestimmter. 3.4 Getaktete Messung (clock) Ein (meist interner) Taktgenerator startet periodisch den ADU. Die Taktrate bzw. das Taktintervall liegt fest oder ist in einem geräteabhängigen Bereich einstellbar. Die Messwerte werden nach der Umsetzung im Speicher abgelegt oder an die Schnittstelle übergeben. Die Messwerte stehen also nach der Umsetzzeit zur Verfügung. Ist die Umsetzdauer von der Eingangs-Spannung abhängig, werden die Messwerte mit unterschiedlicher Verzögerung geliefert. 3.5 Burst-Messung (burst) Beim Burst wird eine festgelegte Anzahl von Messwerten einmalig erfasst. Der Burst wird durch ein einziges Triggersignal gestartet. Die maximale Abtastrate wird verwendet, wenn durch Mittelwertbildung statistische Schwankungen herausgerechnet werden sollen (Glättung). Bei festgelegter Taktrate erhält man die zeitliche Abtastung des Signalverlaufs. In Verbindung mit einem Scanner (Messstellenumschalter) liefert ein Burst (fast) zeitgleiche Messwerte verschiedener Messstellen, wenn die Taktzeit wesentlich kürzer als die Zeit zwischen zwei Bursts ist. multimeter.odt Nov 2010 www.ces.karlsruhe.de/culm/ Seite 5 von 11 Carl-Engler-Schule Karlsruhe 4. Spezifikationen 4.1 Messbereiche (Range) Laborgerät: Multimeter 6 (11) Ein Multimeter verfügt für jede Messfunktion über festgelegte Messbereiche. Die Funktion "autorange" schaltet jeweils selbständig in den günstigsten Messbereich. Der Bereichswechsel erfordert jedoch Zeit und verlangsamt damit eine Folge von Messungen. 4.2 Messgeschwindigkeit (Sampling Rate) Die Messgeschwindigkeit hängt zuerst vom Umsetzverfahren ab, aber auch von der eingestellten Auflösung und den gewählten Zusatzfunktionen (autozero, Filter). Typische Werte liegen zwischen 1/s und 1000/s. 4.3 Empfindlichkeit (Sensitivity) Die Empfindlichkeit ist die kleinste Signaländerung, die mit dem System noch erfasst werden kann. Die grösste Empfindlichkeit muss nicht in der Nähe der Null gegeben sein, wird aber im kleinsten Messbereich erreicht. Die Empfindlichkeit ist definiert als Quotient von Anzeigenänderung durch Änderung des Eingangssignals. Bei digitalen Systemen ist sie definiert als: Ziffernschritte pro Einheit der Messgrösse 4.4 Auflösung (Resolution) Die Auflösung gibt die kleinste beobachtbare Änderung der Anzeige an. Sie ist meist abhängig vom Messbereich. Bei digital-ausgebenden Systemen wird die Auflösung auch von der digitalen Seite beschrieben. Sie ist dort gleich der Anzahl der zur Darstellung erforderlichen Bits. Die Auflösung beträgt bei 1 LSD (Lowest Significant Digit) bei einem Maximalwert von 1999: 1/1999 oder 0.05% 4.5 Genauigkeit (Accuracy) oder auch Fehler (absolut, relativ) Der Fehler oder die Fehlergrenze des Messgeräts gibt die maximale Abweichung (als absolute oder relative Grösse) des Messwerts vom tatsächlichen Wert der Eingangsgrösse an. Bei Digital-Geräten wird sie oft in "Digit" angegeben, das ist die Anzahl der Ziffernschritte der letzten Stelle des Messwerts, die unsicher sind. Statt des Begriffs "Fehler" sollten die Begriffe "Richtigkeit“ und „Präzision" verwendet werden, die zusammen die Genauigkeit ergeben. Die Richtigkeit beschreibt die Abweichung des Mittelwerts einer Mehrfachmessung vom richtigen (wahren) Wert. Sie kann nur im Rahmen einer Kalibrierung ermittelt werden. Die Präzission beschreibt die Streuung um den Mess-Mittelwert. Es gibt unterschiedliche Verfahren, diese beiden Größen zu einer Genauigkeit zusammen zu fassen. Es ist davon auszugehen, dass der wahre Wert sich mit 95%-iger Sicherheit in dem durch eine Genauigkeitsangabe definierten Bereich befindet. Messunsicherheiten werden unter festgelegten Testbedingungen ermittelt (z.B. +/- 1°C, 24h). Häufig setzt sich die Genauigkeit additiv aus drei Komponenten zusammen: den Anteil am Messwert (%-reading) den Anteil am Messbereich (%-range) den Offset (offset counts) Beispiel für die Angabe einer Mess(un)genauigkeit: "2% vom Messbereich plus 3 Digit" multimeter.odt Nov 2010 www.ces.karlsruhe.de/culm/ Seite 6 von 11 Carl-Engler-Schule Karlsruhe Laborgerät: Multimeter 7 (11) Der Idealfall ist die Beschreibung des Zusammenhangs zwischen Messgröße und Anzeige durch eine Ursprungsgerade. Die reale Kennlinie der Anzeigewerte als Funktion der Eingangswerte kann aber folgende Kennlinienfehler aufweisen: 4.6 Offset Steigungsfehler Linearitätsabweichung Hysterese Ansprechschwelle Temperaturdrift Alterung, Time-Drift Autozero-Funktion Zur Kompensation von Thermospannungen, anderen Temperatureffekten und Alterungsvorgängen dient die Funktion "zero" bzw. "autozero". Dabei werden vor der eigentlichen Messung die Eingangsbuchsen intern kurzgeschlossen (extern entsteht kein Kurzschluss) und eine Nullmessung durchgeführt. Als Messwert gilt dann die Differenz zum Nullwert. 4.7 Innenwiderstand Der Eingangswiderstand beträgt bei der Spannungsmessung typisch 10MOhm. Deutlich höhere Werte erfordern auch einen grösseren Isolationsaufwand, sind aber bis etwa 10GOhm zu realisieren. Durch elektronische Regelung lässt sich der Innenwiderstand bei der Strommessung auf Null reduzieren. 4.8 Eingangskapazität Die Eingangskapazität liegt meist bei wenigen pF. Sie macht sich als Belasung bei sehr hohen Frequenzen bemerkbar. 4.9 Grenzfrequenz Bei der Grenzfrequenz beträgt die Anzeige nur noch ca. 70% des tatsächlichen Wertes. Die untere Grenzfrequenz wird wesentlich durch die Integrationsdauer (bei integrierenden Umsetzern) bzw. durch die Anzahl der Messungen bestimmt, aus denen dann ein anzuzeigender Messwert berechnet wird. Die obere Grenzfrequenz hängt von Innenwiderstand und Eingangskapazität ab (bei gleichrichtenden Systemen) bzw. von der Abtastfrequenz (bei Echtzeit-Abtastung). 4.10 Dauerüberlast Die Dauerüberlast gibt die maximale Spannung an, die auch bei langer Einwirkungsdauer zu keinen Schäden am Gerät führt. Gegen kurze, höhere Spannungsspitzen ist das Gerät manchmal durch zusätzliche Massnahmen abgesichert. 4.11 Filter Bei der Digitalisierung ist eine Begrenzung der Frequenz des Eingangssignals auf höchstens die halbe Abtastfrequenz erforderlich (Anti-Aliasing-Filter). Zusätzlich sind in manchen Geräten zuschaltbare Filter vorhanden (z.B. Bandpass 50Hz, Tiefpass 70kHz). Die Wirksamkeit des Filters wird durch den Wert der Serientaktunterdrückung (SMR: Serial Mode Rejection) in dB angegeben. Filter können wegen der Einschwing-Zeitkonstanten zu Fehlern bei schnellen Messfolgen führen. 4.12 Rauschunterdrückung Zur Rauschunterdrückung kann eine Folge von Einzelwerten erfasst und deren Mittelwert als Messwert übernommen werden. multimeter.odt Nov 2010 www.ces.karlsruhe.de/culm/ Seite 7 von 11 Carl-Engler-Schule Karlsruhe Laborgerät: Multimeter 8 (11) Der NMRR (Normal Mode Rejection Ratio) gibt die Dämpfung des Rauschanteils (in dB) an. NMRR=20log[Upp(Anzeige)/Upp(Rauschen)] 4.13 Gleichtaktunterdrückung CMRR Ein Messsignal, das einem Gleichanteil überlagert ist, sollte unabhängig von der Höhe dieses Gleichtakts richtig gemessen werden können. Bei hohem Wert der Gleichtaktunterdrückung wirkt sich dieser wenig auf das Messergebnis aus. CMMR oder CMR steht für "Common Mode Rejection Ratio". 4.14 Zulässiger Crestfaktor Multimeter messen meist den Gleichrichtwert der Eingangsspannung. Für sinusförmige Wechselspannungen wird über einen Umrechnungsfaktor auf den zugehörigen Effektivwert kalibriert. Bei abweichenden Kurvenformen wird daher nicht der Effektivwert angezeigt. Über den Crestfaktor des Kurvenform lässt sich der Effektivwert jedoch aus der Anzeige berechnen, falls dieser im spezifizierten Bereich liegt. Der Crestfaktor ist als das Verhältnis von Scheitelwert zu Effektivwert definiert und beträgt beim Sinus 1.41, kann aber beim Übergang zu pulsförmigen Signalen beliebig groß werden. 5. 5.1 Spezialisierungen Guard-Technik Bei der Messung an potentialfreien Schaltungen (floating measure) können durch die schwankenden Potentiale zwischen Messgerät und Messobjekt Störungen in die Messleitungen einstreuen. Ausserdem belastet der Isolationswiderstand zu einem auf Masse liegenden Schirm das Messobjekt. Bei der GuardTechnik legt das Messgerät über einen Impedanzwandler (ohne Rückwirkung) das Potential der Messstelle auf den Schirm. Damit fliessen keine Ströme über den Isolationswiderstand und die durch das Kabel bedingten Zeitkonstanten (R-C-Glied) verringern sich. Bei abgeschaltetem Guard liegt der Schirm der Messleitung auf Masse. 5.2 Hochspannung Bei der Messung von Hochspannung (z.B. 25kV) sind besondere Anforderungen an die Sicherheit zu stellen. Ein hoher Eingangswiderstand und die Verhinderung von Leck- und Kriechströmen sind für die Messung an hochohmigen Quellen wichtig. multimeter.odt Nov 2010 www.ces.karlsruhe.de/culm/ Seite 8 von 11 Carl-Engler-Schule Karlsruhe 5.3 Laborgerät: Multimeter 9 (11) Mikrovolt, Nanovolt Mit der beim Multimeter üblichen Technik beträgt die Auflösung etwa 1mV, wobei der Innenwiderstand der Quelle kleiner als 1MΩ sein sollte. Mit speziellen rauscharmen Vorverstärkerstufen sind an sehr niederohmigen Quellen (Ri<1Ω) Messungen bis zu Auflösungen von 1nV möglich. 5.4 Nanoampere, Picoampere Mit entsprechenden Eingangs-Verstärkerstufen wird der (auf die virtuelle Masse fliessende) Eingangsstrom in eine proportionale Spannung umgewandelt (Feed Back Amperemeter). Bei einem Innenwiderstand nahe Null sind Strommessungen bis zu wenigen pA herunter möglich. 5.5 Elektrometer Die Elektrometer-Schaltung besitzt einen sehr hohen Eingangswiderstand (z.B. 10GΩ). Damit ist die Spannungsmessung an extrem hochohmigen Quellen möglich. 5.6 Coulomb-Meter Zur Messung der Ladung eignet sich die Elektrometer-Schaltung. Beim "Feed Back Electrometer" fliesst die zu messende Ladung über die virtuelle Masse auf den Rückkopplungskondensator. Dadurch kann das Messobjekt vollständig entladen werden und am Kondensator und damit am Verstärkerausgang baut sich eine ladungsproportionale Spannung gemäss Q=C*U auf. 5.7 Milliohm, Mikroohm Kleinste Widerstandswerte werden in 4-Draht-Technik gemessen, bei der über zwei Leitungen der konstante Messstrom zugeführt und über zwei Leitungen die Spannung am Messobjekt gemessen wird. Leitungswiderstände werden so eliminiert, allerdings können noch Thermospannungen oder Spannungen von piezo- oder triboelektrischen Effekten vorhanden sein. Im "pulsed drive mode" wird abwechselnd mit und ohne Messstrom die Spannung gemessen und aus der Differenz der Widerstand ermittelt. 5.8 Gigaohm, Teraohm Bei der Messung extrem großer Widerstandswerte kann nur ein sehr kleiner Messstrom fliessen und die Spannungsmessung stellt eine zusätzliche Belastung dar. Vorhandene Leitungskapazitäten ergeben große Zeitkonstanten für die Messung. Mit der Guard-Technik lässt sich dieser Einfluss verringern. 5.9 Hohe Auflösung Um bei einer hohen Auflösung reproduzierbare Werte zu erhalten, müssen auch niederfrequente zufällige Schwankungen ausgemittelt werden. Neben integrierenden Umsetzverfahren können auch numerische Filteralgorithmen angewendet werden. Bei einer Auflösung von z.B. 24 Bit liegt die Messrate im Sekundenbereich. 5.10 Hohe Messgeschwindigkeit Hohe Messgeschwindigkeit wird nur in Verbindung mit einem grossen Messwertspeicher sinnvoll. Diese Eigenschaften besitzt (als Laborgerät oder Computer-Komponente) Digitizer oder der Transient-Recorder. 5.11 Vector-Voltmeter Ein Vektor-Voltmeter besitzt je einen Eingang für das Messsignal und für das Referenzsignal. Neben dem Absolutwert der beiden Spannungen wird das Spannungsverhältnis und die Phasenverschiebung zwischen den Siganlen gemessen. Anwendung findet das Gerät in der Hochfrequenz-Messtechnik. multimeter.odt Nov 2010 www.ces.karlsruhe.de/culm/ Seite 9 von 11 Carl-Engler-Schule Karlsruhe Laborgerät: Multimeter 10 (11) 5.12 Noise Rejection Voltmeter Mit extrem schmalbandigen Filtern (analog oder numerisch) wird das Signal bei einer festgelegten (oder durchstimmbaren) Frequenz gemessen. Alle Störungen ausserhalb dieses Bandes werden unterdrückt. Extrem schmalbandige Verstärkung wird mit dem Lock-In-Verstärker erreicht. 6. Sicherheit Sicherheitsmassnahmen können das Messgerät, das Messobjekt oder den Benutzer schützen. Zum Schutz des Messgeräts dienen: Abgestufte Sicherungen für einzelne Strommessbereiche eine Abschaltung bei Überschreitung festgelegter Höchstwerte von Strom oder Spannung konstruktive Massnahmen zum Schutz vor mechanischen Einflüssen, elektrischen und magnetischen Feldern, statische Elektrizität, Luftfeuchte, Spritzwasser Zum Schutz dienen getrennte Anschlüsse für die Strommessung, damit einerseits bei einem (automatischen oder manuellen) Wechsel der Messfunktion die Messschaltung nicht kurzgeschlossen (V --> A) bzw. die Spannung aus der Schaltung nicht das Messgerät beschädigt (A --> V). Eine Begrenzung des Messstroms bei der Widerstandsmessung verhindert (nicht sicher) die Zerstörung von Bauteilen. Zum Schutz des Benutzers sind Messgeräte (nach DIN VDE 0106) in vier Schutzklassen eingeteilt. Geräte für den Laborbereich sind in der Regel aus Schutzklasse 1 und werden beim Betrieb (wenn sie vom Netz versorgt werden) an den Schutzleiter der Netzversorgung angeschlossen. Der Anschluss der Messleitungen ist so ausgeführt, dass ein Kontakt erst dann entsteht wenn eine Berührung der spannungsführenden Teile ausgeschlossen ist. 7. Zusatzfunktionen Die folgenden Funktionen gehören nicht zu den Standardfunktionen eines Multimeters, sind aber in Auswahl häufig anzutreffen. 7.1 Durchgangsprüfung Wird der Widerstand zwischen den Eingangsbuchsen kleiner als ein festgelegter Wert (z.B. 1Ohm), wird ein akustisches oder optisches Signal augegeben. 7.2 Offset-Messung Bei der Offset-Messung wird die Differenz zu einem festgelegten Wert gemessen. Nur rechnerisch ermittelte Offset-Messungen bringen messtechnisch keine wesentlichen Vorteile. Wird dagegen der festgelegte Offsetwert als Gegenspannung auf den Eingang gegeben, kann die Differenz in einem kleineren Messbereich mit höherer Auflösung gemessen werden. Erforderlich sind dabei natürlich eine angemessene Stabilität und Genauigkeit der Gegenspannung. Der Offset-Wert wird entweder durch eine separate Messung ermittelt oder numerisch (auch über Interface) in das Gerät eingegeben. 7.3 Temperaturmessung Mit entsprechender Rechenfunktion werden die Widerstandswerte eines Pt 100 in Temperaturwerte umgerechnet. Genaue Messungen sind nur in 4-Leiter-Technik mit Konstantstromquelle möglich. Bei Thermoelementen (TC: Thermo Couple) wird die Thermospannung über eine vom Typ des Thermoelements abhängige Formel in Temperaturwerte umgerechnet. Genaue Messungen sind nur bei einer entsprechenden Kaltstellen-Kompensation möglich, über die das Multimeter dabei verfügen sollte. multimeter.odt Nov 2010 www.ces.karlsruhe.de/culm/ Seite 10 von 11 Carl-Engler-Schule Karlsruhe 7.4 Laborgerät: Multimeter 11 (11) Zählen und Frequenzmessung Beim Zählen bzw. bei der Frequenzmessung mit dem Multimeter werden meist nur die Nulldurchgänge mit einem Komparator ausgewertet. Komplexe Signale oder verrauschte Signale führen dabei leicht zu Fehlmessungen. 7.5 Kapazität und Induktivität Von Kapazität bzw. Induktivität werden vom Multimeter meist nur die Scheinwiderstände gemessen, da die Auswertung der Phase aufwendig ist. Die Genauigkeit ist daher stark von der Grösse des Wirkwiderstandes abhängig. 7.6 Messstellenumschalter Ein automatisch arbeitender oder fernsteuerbarer Messstellenumschalter (Scanner) schaltet immer ein von mehreren Messstellen auf das Messgerät durch. Typische Arbeitsweisen sind das gezielte Auswählen einzelner Kanäle, das Scannen einer Kanalfolge in einem festen Takt und der Burst, bei dem die Kanalfolge mit maximaler Geschwindigkeit abgearbeitet wird. Parallele Messungen auf mehreren Kanälen ist nicht möglich. 7.7 Zangenmultimeter Mit einem Zangenmultimeter kann der Strom in einem Leiter gemessen werden, ohne den Stromkreis auftrennen zu müssen. Der Strom induziert in einer um den Leiter gelegten Zange eine Spannung. Es lässt sich damit der Wechselstromanteil messen. Enthält die Zange Hall-Sensoren, kann auch ein vorhandenenr Offset mitgemessen werden (TRMS: True Root Mean Square). Manchmal ist die Zangen-Strommessung mit der Spannungsmessung kombinierbar, so dass im Gerät daraus Wirkleistung, Blindleistung und Leistungsfaktor berechnet werden können. multimeter.odt Nov 2010 www.ces.karlsruhe.de/culm/ Seite 11 von 11