Vorwort Die Diagnose eines Morbus Parkinson löst bei Betroffenen und ihren Angehörigen oft Angst, Bestürzung und Befürchtungen im Bezug auf einen schleichenden Verlust motorischer Fertigkeiten und Selbsthilfefähigkeit aus. Dabei haben sich die therapeutischen Möglichkeiten in den letzten Jahren erheblich verbessert: Neben hochwirksamen Medikamenten in verschiedensten Darreichungsformen stehen heutzutage moderne operative Behandlungsoptionen zur Verfügung, von denen wir vor 20-30 Jahren allenfalls geträumt haben. Wenngleich wir die Ursache des Morbus Parkinson nach wie vor nicht kennen und die Erkrankung somit auch nicht heilen können, so sind wir doch in der Lage, die Krankheitssymptome durch bedarfsgerechte, individuell angepasste Therapien auch nach langjährigem Krankheitsverlauf immer wieder zu lindern. Die Erfahrung aus der Betreuung zahlreicher Parkinson-Patienten und ihrer Angehörigen lehrt, dass eine gute Aufklärung über die Erkrankung und ihre Behandlungsmöglichkeiten ein wichtiges Standbein in der Behandlung selbst ist. Hat der Patient / die Patientin ein Grundverständnis für den ablaufenden Krankheitsprozess und die therapeutischen Ansätze, lässt sich in Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt rascher herausfinden, welche Therapie zum jetzigen Zeitpunkt richtig ist. Die nötige Information kann allerdings kaum im Rahmen eines einmaligen ärztlichen Gesprächs vermittelt werden. Selbst erfahrene Patienten, die ihren mit den Jahren komplexer werdenden Therapieplan sehr selbständig steuern können, geben freimütig zu, dass sie sich diese Kenntnisse hart erarbeiten mussten. Ich hoffe, dass die hier vorgelegte Broschüre dazu beiträgt, Sie besser über die Erkrankung Morbus Parkinson und die derzeitigen Behandlungsmöglichkeiten zu informieren. Ihre Dr. med. Friederike Sixel-Döring Paracelsus-Elena-Klinik, Kassel 1 Inhalt Die Parkinson-Krankheit – Ein Überblick 6 Häufigkeit und Ursache der Parkinson-Krankheit 7 Bei der Parkinson-Krankheit ist das Gleichgewicht der Neurotransmitter gestört 8 Erkennen der Krankheit – je früher, desto besser 9 Wie wird die Parkinson-Krankheit diagnostiziert? 10 Wie macht sich die Krankheit bemerkbar? 12 Bewegungsarmut (Akinese) Erhöhte Muskelspannung (Rigor) Zittern (Tremor) Gleichgewichtsstörungen Psychische Veränderungen Vegetative Symptome 13 14 14 14 15 15 Abgrenzung der idiopathischen Parkinson-Krankheit von ähnlichen Krankheiten 15 Sekundäres Parkinson-Syndrom Atypische Parkinson-Syndrome 15 16 Behandlungsmöglichkeiten bei der Parkinson-Krankheit 17 2 Medikamentöse Therapie 18 Levodopa (= L-Dopa) COMT-Hemmer Optimiertes Levodopa – drei Wirkstoffe in einer Tablette Dopaminagonisten 18 20 21 22 MAO-B-Hemmer Amantadin Budipin Anticholinergika 23 23 24 24 Operationen am Gehirn 25 Der Verlauf der Parkinson-Krankheit 26 Wearing-off: Wenn die Medikamentenwirkung vorzeitig nachlässt Überbewegungen (Dyskinesien / Dystonien) Plötzliche Schwankungen der Beweglichkeit Freezing (Bewegungserstarrung) Sonderfall Akinetische Krise Vegetative Symptome Depressionen und Ängste Konzentrations- und Gedächtnisstörungen Lebhafte Träume bis hin zu Halluzinationen 26 28 29 29 30 30 31 32 32 Umgang mit der Parkinson-Krankheit 33 Weiterführende Adressen 33 Nachwort 34 3 Fachbegriffe kurz erklärt Akinese: Bewegungsarmut. Stellt für die Patienten oft die schwerste Behinderung dar. Gilt als das Hauptsymptom der Parkinson-Krankheit. Anticholinergika: Medikamente zur Parkinson-Behandlung; dämpfen die Aktivität des Botenstoffes Acetylcholin. Basalganglien: Hierbei handelt es sich um spezielle Nervenzellansammlungen, die im Dienste der Kontrolle und Koordination von Bewegungsabläufen stehen. Bradykinese: Verlangsamung der Bewegungsabläufe. Bradyphrenie: Verlangsamung der Denkabläufe. COMT-Hemmer: Medikamente zur Parkinson-Behandlung. COMT ist eine Abkürzung für Catechol-O-Methyltransferase. Es handelt sich hierbei um ein Enzym, das im Körper unter anderem Levodopa abbaut. Durch die Hemmung der COMT bleibt Levodopa länger und in größerer Menge im Blut, die Versorgung des Gehirns mit Levodopa wird verbessert. Dopamin: Im Rahmen der Parkinson-Krankheit wichtigster Botenstoff, der Informationen zwischen Nervenzellen überträgt. Bei Parkinson-Kranken verarmt das Gehirn im Bereich der Substantia nigra an Dopamin. Dieser Mangel muss durch Medikamente, wie z. B. Levodopa, ausgeglichen werden. Dopaminagonisten: Medikamente zur Parkinson-Behandlung; ahmen die Wirkung von Dopamin nach. Dyskinesien: Überbeweglichkeit. Unwillkürliche, mitunter schmerzhafte Bewegungen, die sich im Verlauf der Krankheit einstellen können. Dystonie: Länger anhaltende, unwillkürliche und oft schmerzhafte Muskelanspannung. Fluktuationen: Schwankungen der Beweglichkeit. Wie Dyskinesien können sie sich im Verlauf der Krankheit einstellen. Freezing: Plötzliche sekunden- bis minutenlange Bewegungshemmung. Honeymoon: Anfangsphase der Krankheit, in der der Patient unter der Parkinson-Medikation nahezu beschwerdefrei lebt. Hyperkinese: Unwillkürliche, übermäßige Bewegungsaktivität einzelner Körperteile, z. B. der Arme. Hypokinese: Verminderte Beweglichkeit. Levodopa (= L-Dopa): Symptomatisch wirksamstes Medikament zur Parkinson-Behandlung. Vorstufe des körpereigenen Botenstoffes Dopamin. 4 MAO-B-Hemmer: Medikamente zur Parkinson-Behandlung. Durch einen MAO-B-Hemmer wird der Dopamin-Abbau im Gehirn gehemmt. Muskeltonus: Spannungszustand der Muskulatur. Neuron (= Nervenzelle): Besteht aus dem Zellkörper mit Kern und allen für Funktionen und Energieversorgung erforderlichen Bestandteilen, den kurzen Empfängerfortsätzen (Dendriten) sowie dem langen Senderfortsatz (Axon). Neurotransmitter: Botenstoffe. Sie leiten die Informationen von einer Nervenzelle zur nächsten. Botenstoffe sind z. B. Dopamin, Acetylcholin sowie Glutamat. NMDA-Antagonisten: Medikamente zur Parkinson-Behandlung; hemmen den Botenstoff Glutamat. On-off-Phänomen: Beschreibt das wechselnde Bewegungsvermögen Parkinson-Kranker: Im Off-Zustand ist der Patient in seiner Beweglichkeit stark eingeschränkt, im On-Zustand kann er sich gut bewegen. Rezeptor: Empfangseinrichtung einer Zelle für Botenstoffe aus anderen Zellen, um Informationen weiter zu vermitteln. Rigor: Erhöhung der Muskelspannung, die zu Steifheit führt; typisches Zeichen der Parkinson-Krankheit. Substantia nigra: Schwarze Substanz; im Mittelhirn gelegene paarige dunkle Region aus Nervenzellen. Bei der Parkinson-Krankheit kommt es zu einem fortschreitenden Untergang dieser Nervenzellen. Synapse: Kontaktstelle zwischen zwei Nervenzellen, die durch Botenstoffe überbrückt wird. Tremor: Zittern; der Ruhetremor zählt zu den Hauptsymptomen der ParkinsonKrankheit. Wearing-off: Vorzeitiges Nachlassen der Medikamentenwirkung. ParkinsonSymptome treten bereits vor der regulären nächsten Medikamenten-Einnahme wieder auf oder sind stärker ausgeprägt. 5 Die Parkinson-Krankheit – Ein Überblick Die Parkinson-Krankheit hat ihren Namen von dem englischen Arzt James Parkinson. Er hat Patienten auf der Straße beobachtet und bestimmte Symptome entdeckt, die bei verschiedenen Patienten unabhängig voneinander auftraten. Er nannte das Krankheitsbild damals Schüttellähmung und beschrieb es zum ersten Mal im Jahr 1817. Zugleich äußerte er als Erster den Verdacht, dass die unterschiedlichen Symptome eine gemeinsame Ursache haben könnten und dass sie auf Veränderungen im Gehirn zurückzuführen seien. Erst 1919 konnte bestätigt werden, was Parkinson 100 Jahre zuvor vermutet hatte. Bei Gehirnuntersuchungen stellte man nämlich fest, dass sich regelhaft eine bestimmte Gehirnregion, die Substantia nigra, verändert. Obwohl also die Krankheit schon sehr früh erkannt wurde, begannen die ersten, halbwegs erfolgreichen Therapieversuche erst 80 Jahre später. Man stellte fest, dass durch die Gabe von Atropin eine gewisse Beeinflussung der Krankheit möglich war. Atropin stammt aus der Wurzel der Tollkirsche, die den lateinischen Namen Atropa Belladonna hat. Es wirkt dem relativen Übergewicht des Botenstoffes Acetylcholin entgegen. Mit der Möglichkeit, synthetische Arzneimittel herzustellen, wurden Mitte des letzten Jahrhunderts auch Substanzen entwickelt, die eine atropinähnliche Wirkung hatten. Diese Medikamente wurden zur Behandlung der ParkinsonKrankheit eingesetzt, allerdings mit nur mäßigem Erfolg. Der entscheidende Durchbruch gelang erst mit der Entwicklung von Levodopa (= L-Dopa), einer Substanz, aus der unser Körper Dopamin herstellen kann, also jenen Botenstoff, dessen Mangel zur Parkinson-Krankheit führt. 6 Häufigkeit und Ursache der Parkinson-Krankheit Die Parkinson-Krankheit gehört zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen. Sehr oft treten die ersten Krankheitssymptome zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr auf. Mit zunehmendem Alter nimmt die Erkrankungshäufigkeit zu. In Deutschland sind mehr als ein Prozent der über 65-Jährigen betroffen, wobei Männer etwas häufiger erkranken als Frauen. Aber 5-10% aller Patienten bemerken erste Symptome bereits vor dem 40. Lebensjahr. Mit der Veränderung der Altersstruktur der Bevölkerung ist in Zukunft mit einer weiter steigenden Zahl an Patienten zu rechnen. Insgesamt wird die Zahl der Parkinson-Patienten in Deutschland auf rund 250.000 geschätzt. Neben dem klassischen Bild der Parkinson-Krankheit - Mediziner nennen es idiopathisches Parkinson-Syndrom bzw. Morbus Parkinson - gibt es eine Reihe parkinsonähnlicher Störungen, die von der eigentlichen idiopathischen Krankheit abgegrenzt werden müssen. Diese Krankheitsbilder werden als atypische Parkinson-Syndrome bezeichnet. Findet sich hingegen eine deutlich fassbare Ursache, sprechen wir von einem sekundären Parkinson-Syndrom. Bei Parkinson-Patienten gehen die Nervenzellen der Substantia nigra zugrunde. Dies ist eine umschriebene Region, die im Mittelhirn liegt und schwarz gefärbt ist. Mit dem Zelluntergang verbunden ist die Entfärbung dieser Region: statt schwarz erscheint sie hell. Durch den Untergang der Nervenzellen kommt es zu einem Dopaminmangel, wodurch die Botenstoffe Glutamat und Acetylcholin ein relatives Übergewicht erlangen. Der Untergang von Nervenzellen ist ein langsam, jedoch ständig fortschreitender Prozess. Symptome der Parkinson-Krankheit treten nicht sofort auf, sondern erst, wenn etwa 60% der Dopamin-produzierenden Zellen nicht mehr funktionstüchtig sind. Neueren Forschungsergebnissen zufolge gehen auch Nervenzellen in anderen Regionen des Gehirns zugrunde; ein Prozess, der vor allem für die nicht-motorischen Symptome der Parkinson-Krankheit verantwortlich gemacht wird. 7 Zusammenfassend kann man sagen: Die zentrale Ursache der Parkinson-Krankheit ist ein Mangel an Dopamin. Wieso kommt es zur Zerstörung der Nervenzellen der Substantia nigra? Diese Frage ist trotz intensiver Forschung noch nicht geklärt. Möglicherweise sind hierfür mehrere Faktoren gleichzeitig verantwortlich, unter anderem: Veränderungen im Erbgut des Menschen Stoffwechselprodukte Umweltgifte Bei der Parkinson-Krankheit ist das Gleichgewicht der Neurotransmitter gestört Unser Gehirn setzt sich aus vielen Milliarden Nervenzellen zusammen. Diese sind untereinander vernetzt, um Informationen auszutauschen. Hierzu werden winzige elektrische Ströme erzeugt. Soll nun eine Information zielgerichtet weitergegeben werden, wird das an der Kontaktstelle zweier Nervenzellen ankommende elektrische Signal mithilfe chemischer Botenstoffe blitzschnell Präsynapse umgesetzt und weitergeleitet. Solche Botenstoffe nennt man auch Neurotransmitter. Der Botenstoff, der bei der Parkinson-Krankheit die größte Rolle spielt, ist das Dopamin. Weitere Botenstoffe sind beispielsweise Acetylcholin und Glutamat. Postsynapse Die Kontaktstelle zwischen zwei Nervenzellen wird als Synapse bezeichnet. Die Grafische Darstellung einer Synapse. Ausschüttung von Dopamin erfolgt immer Oben das präsynaptische Ende einer Nervenzelle, dazwischen der synaptische dann, wenn ein elektrisches Signal die Spalt (er wird durch die Neurotransmitter Kontaktstelle zwischen zwei dopaminerüberbrückt), unten das postsynaptische gen Nervenzellen erreicht. Der Botenstoff Ende einer anderen Nervenzelle. durchwandert anschließend einen kleinen Spalt und verbindet sich kurzzeitig mit speziellen Empfangseinrichtungen der nächstfolgenden Nervenzelle, den so genannten Dopaminrezeptoren. Damit wird erneut ein elektrisches Signal ausgelöst, das weitergeleitet werden kann. 8 Dopamin Glutamat, Acetylcholin Dopamin (linke Schale) und Acetylcholin und Glutamat (rechte Schale) im Gleichgewicht Dopamin Glutamat, Acetylcholin zu wenig Dopamin (linke Schale) führt zu einem Übergewicht von Acetylcholin und Glutamat (rechte Schale) Bei der Parkinson-Krankheit kommt es allmählich zur Rückbildung der Nervenzellgruppe, die den Botenstoff Dopamin produziert. Der Mangel an Dopamin hat zur Folge, dass nun die Botenstoffe Acetylcholin und Glutamat ein relatives Übergewicht erlangen. Wir wissen heute, dass es eine ganze Reihe verschiedener Botenstoffe gibt. Sie stehen untereinander in einem Gleichgewicht und garantieren so den normalen Ablauf der Körperfunktionen. Kommt es zu einer Verschiebung des Gleichgewichtes von Neurotransmittern innerhalb bestimmter Funktionskreise des Gehirns, kann dies weitreichende Konsequenzen haben. So resultieren im Fall der Parkinson-Krankheit aus dem Überschuss an Acetylcholin wahrscheinlich in erster Linie das Symptom Zittern (Tremor) und teilweise auch die erhöhte Muskelspannung (Rigor). Ursache der Bewegungsverarmung (Akinese) ist vermutlich der Mangel an Dopamin, der zu einer ungenügenden Aktivierung wichtiger motorischer Bereiche im Gehirn beiträgt. Erkennen der Krankheit - je früher, desto besser Die Ausprägung der Krankheitssymptome kann man heute wesentlich beeinflussen. Je eher die Krankheit erkannt wird, desto früher kann man mit der Therapie beginnen und desto länger kann der Patient weitestgehend unbehindert leben und arbeiten. Während der ersten Krankheitsjahre lassen sich nahezu alle für die Krankheit typischen Symptome durch die heute zur Verfügung stehenden Arzneimittel erfolgreich behandeln. Die folgende Checkliste soll helfen, die Krankheit früher zu erkennen. Wenn Sie mehr als vier Fragen mit „ja“ beantwortet haben, kann das ein Hinweis auf 9 Check zur Früherkennung ja nein 1. Kommt es vor, dass Ihre Hand zittert, obwohl sie entspannt aufliegt? 2. Ist ein Arm angewinkelt und schlenkert beim Gehen nicht mit? 3. Haben Sie eine vornübergebeugte Körperhaltung? 4. Haben Sie einen leicht schlurfenden Gang oder ziehen Sie ein Bein nach? 5. Haben Sie einen kleinschrittigen Gang und kommt es vor, dass Sie stolpern oder stürzen? 6. Leiden Sie an Antriebs- oder Initiativemangel? 7. Haben Sie häufig Schmerzen im Nacken-Schultergürtel-Bereich? 8. Haben Sie bemerkt, dass Sie sich von Ihren Freunden und Angehörigen zurückziehen, dass Sie Kontakte meiden und zu nichts Lust haben? 9. Haben Sie Veränderungen in Ihrer Stimme bemerkt? Ist sie monotoner und leiser als früher oder hört sie sich heiser an? 10. Haben Sie eine Verkleinerung Ihrer Schrift bemerkt? 11. Leiden Sie an innerem Zittern oder innerer Unruhe? 12. Haben Sie Schlafstörungen? erste Symptome der Parkinson-Erkrankung sein. Sie sollten einen Arzt kontaktieren. Wie wird die Parkinson-Krankheit diagnostiziert? Ihr Arzt hat Ihnen diese Broschüre gegeben, weil er vermutet, dass Sie an der Parkinson-Krankheit leiden. Wie kommt er zu dieser Annahme? Er hat Sie beobachtet, er hat Ihnen zugehört. Die Beobachtung des Patienten ist nach wie vor der beste Ansatz für eine Frühdiagnose. Wie schon erwähnt: Je früher die Krankheit erkannt wird, desto besser ist die Prognose für die Zukunft des Patienten. Wie kann nun der Arzt die Erkrankung überhaupt feststellen? Im Vordergrund der Diagnostik stehen die typische Krankengeschichte und der charakteristische körperliche Untersuchungsbefund. Das Vorhandensein einer Symptomkombination aus Bewegungsarmut, Zittern und allgemeiner Steifheit mit Beginn auf einer Körperseite ist typisch für die Parkinson-Krankheit. 10 Erhärten lässt sich die Diagnose durch den Levodopa-Test. Sprechen Patienten, bei denen der Arzt die Parkinson-Krankheit vermutet, auf diesen Test an, das heißt, die Symptome der Krankheit verschwinden bzw. verringern sich deutlich, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Parkinson-Krankheit vor. Die meisten Fälle der Parkinson-Krankheit lassen sich somit ohne zusätzliche apparative Untersuchungen klar diagnostizieren. Gibt es Zweifel an der Diagnose, erfolgen weitere Untersuchungen wie z. B. die SPECT (SinglePhoton-Emissions-Computer-Tomographie). 11 Wie macht sich die Krankheit bemerkbar? Eines der auffälligsten Symptome ist das Zittern, auch Tremor genannt. Zittern ist jedoch nicht unbedingt gleichzusetzen mit der Parkinson-Krankheit: Es gibt Parkinson-Patienten, bei denen Zittern überhaupt nicht auftritt, während umgekehrt Zittern noch lange nicht bedeuten muss, dass der Patient an der Parkinson-Krankheit leidet. Typischerweise besteht der Tremor bei ParkinsonPatienten als Ruhetremor. Er wird in entspannter Haltung deutlich, beispielsweise an den im Schoß liegenden Händen eines sitzenden Patienten. Die ersten Beschwerden des Patienten bei einer Parkinson-Krankheit können im Nacken und im Lendenwirbelbereich auftreten. Diffuse Rückenschmerzen werden möglicherweise beklagt. Verdauungsstörungen, etwa Darmträgheit, treten stärker in Erscheinung. Unlust und bedrückte Stimmung können sich einstellen. Beobachtet der Arzt den Patienten genau und verfolgt er vor allen Dingen seine Entwicklung über einen längeren Zeitraum, kann er häufig zwei Veränderungen feststellen, die für das Krankheitsbild Parkinson typisch sind: Veränderungen im Schriftbild der Signatur von Wilhelm von Humboldt (rechts Jahreszahlen). die Schrift des Patienten wird kleiner, der Patient spricht leiser. Unabhängig davon treten Schwierigkeiten beim Gehen auf, auch das automatische Mitpendeln der Arme ist gestört. Oft sind es jedoch auch häufiger auftretende Müdigkeit und rasche Erschöpfbarkeit, die den körperlichen Symptomen vorausgehen und diese sogar überdecken können. Zu den Hauptsymptomen der Parkinson-Krankheit zählen: Bewegungsarmut (Akinese), erhöhte Muskelspannung (Rigor), 12 Zittern (Tremor), Gleichgewichtsstörungen, die sich im weiteren Verlauf der Krankheit einstellen. Bewegungsarmut (Akinese) Die Akinese stellt für Parkinson-Patienten oft die schwerste Behinderung dar. Der Begriff Akinese (griechisch a = ohne, fehlend und kinesis = Bewegung) heißt an sich völliges Fehlen willkürlicher und unwillkürlicher Bewegungen. Dieser Begriff wurde traditionell beibehalten, wenngleich er der Bewegungsstörung bei der ParkinsonKrankheit nur unvollständig gerecht wird. Da die Körperbewegungen verlangsamt und vermindert sind, ist der Begriff Akinese im Sinne einer Bewegungsarmut zu verstehen. Als Betroffener spürt man dies am ehesten bei feinmotorischen Tätigkeiten wie dem Zuknöpfen von Kleidungsstücken oder dem Anlegen der Armbanduhr, vielleicht auch bei handwerklichen Tätigkeiten oder beim Typische Haltung eines Parkinson-Patienten Musizieren. Ebenso kann bei willkürlichen Handlungen - wie dem Aufstehen von einem Stuhl - der Bewegungsstart verzögert sein. Ähnliche Startstörungen können auch die ersten Schritte beim Gehen erschweren. Dass auch unwillkürliche, also unbewusst ablaufende Bewegungen vermindert sind, bemerken oft Angehörige eher als der Betroffene selbst. Sie halten beispielsweise ihren Partner für teilnahmsloser als früher, weil sich Gefühlsregungen nicht mehr so deutlich in dessen Gesichtsausdruck (starr gewordene Mimik) widerspiegeln. 13 Erhöhte Muskelspannung (Rigor) Mit Rigor (lateinisch = Steifheit) bezeichnet man einen anhaltend gesteigerten Spannungszustand der Muskulatur, der zu einer Steifheit des Körpers führt. Meist ist der Rigor auf einer Körperhälfte stärker ausgeprägt als auf der anderen. Dieses Symptom trägt zur typischen Haltung der Parkinson-Patienten bei: Arme und Beine sind leicht angebeugt, die Schultern nach vorn gezogen. Rumpf und Kopf sind vornüber geneigt, weichen vielleicht auch etwas zur Seite ab. Zittern (Tremor) Der Tremor (lateinisch = Zittern) stellt das bekannteste Parkinson-Symptom dar. Bei 80% der Betroffenen ist es bereits zu Beginn oder aber im Verlauf der Erkrankung zu beobachten. Typischerweise besteht der Tremor bei ParkinsonPatienten als Ruhetremor. Das bedeutet, er wird bei einer entspannten Haltung offensichtlich, beispielsweise an den auf dem Tisch liegenden Händen eines Patienten. Bewusst ausgeführte Zielbewegungen - wie etwa der Griff nach einem Glas bringen den Tremor aber schnell Beispiel eines Ruhetremors (links), ohne zum Abklingen. Tremor (rechts) Alltagsverrichtungen bleiben daher für die meisten Betroffenen weiterhin ohne große Mühe durchführbar. Dennoch wird das Zittern von den Betroffenen oft als sehr störend empfunden, da es für ihre Umgebung sichtbar ist und sich bei Gemütsregungen, sei es Freude oder Schreck, sogar noch verstärkt. Der Tremor ist meist an den Händen, zunächst ein- später beidseitig, seltener an den Beinen oder am Unterkiefer lokalisiert. Gleichgewichtsstörungen Vielen Betroffenen fällt es schwer, im Gedränge kleine Stöße an den Körper richtig abzufangen. Weil sie das Gleichgewicht schlechter halten können, 14 stolpern und stürzen sie leicht; Ablenkung während des Gehens kann die Sturzgefahr zusätzlich erhöhen. So kann es problematisch werden, sich während des Spaziergangs mit dem Partner zu unterhalten und gleichzeitig ein Taschentuch aus der Jacke zu ziehen. Besser ist es, kurz anzuhalten, um konzentriert einen bestimmten Handgriff auszuführen. Psychische Veränderungen Nicht selten treten als erstes Zeichen der Parkinson-Krankheit depressive Verstimmungen auf, die auch während der Krankheit weiter existieren können. Sie sind vermutlich auf das gestörte Gleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn zurückzuführen. Zusätzlich führt die Krankheit selbst wieder - reaktiv - zu Stimmungstiefs. Bei manchen Patienten kann bei fortschreitender Erkrankung eine Verlangsamung der Denkvorgänge und eine verminderte Konzentrationssowie Merkfähigkeit beobachtet werden. Wenn bei Parkinson-Patienten Trugbilder (Halluzinationen) oder Verwirrtheitszustände auftreten, so steht dies häufig in Zusammenhang mit der Einnahme von Medikamenten, womöglich sogar jenen gegen die Parkinson-Symptomatik, oder mit dem Auftreten einer zusätzlichen Erkrankung. Vegetative Symptome Weiterhin lassen sich vegetative Symptome beobachten, bisweilen sind sie nur gering ausgeprägt. Sie können sich als vor allem nachts auftretende Schweißausbrüche, Kreislaufstörungen, Verstopfung und Störungen beim Wasserlassen oder auch als vermehrte Talgabsonderungen auf der Haut äußern. Abgrenzung der idiopathischen ParkinsonKrankheit von ähnlichen Krankheiten Sekundäres Parkinson-Syndrom Eine Parkinson-Symptomatik kann auch durch eine deutlich fassbare Ursache wie Medikamente, Blutgefäßerkrankungen, Entzündungen, Gifte, Unfälle und 15 Hirntumore hervorgerufen werden. Die häufigste Ursache sind Medikamente wie z. B. typische Neuroleptika (sie werden zur Behandlung psychischer Störungen eingesetzt) und Antiemetika (bestimmte Arzneimittel gegen Übelkeit und Erbrechen). In den meisten Fällen bilden sich die ParkinsonSymptome nach Absetzen der auslösenden Medikamente wieder zurück. Atypische Parkinson-Syndrome Zu den atypischen Parkinson-Syndromen zählen Erkrankungen, deren Symptomatik über die der klassischen idiopathischen Parkinson-Krankheit weit hinausgeht. Hierzu gehören die Multisystematrophien, kurz MSA. Bei diesen Erkrankungen sind neben der Substantia nigra auch andere Hirnregionen vom Nervenzellverlust betroffen. Das Parkinson-Syndrom ist hierbei nur ein Teilaspekt umfassender Störungen im Nervensystem. Vegetative Symptome wie Blutdruckabfall mit Ohnmachtsneigung, Inkontinenz, aber auch Schluckstörungen und ausgeprägte Gleichgewichtsstörungen sind typisch für diese Erkrankungen. Die Symptome können in unterschiedlicher Kombination und Intensität auftreten. Bei einer weiteren Gruppe von atypischen Parkinson-Syndromen kann es zusätzlich zu erheblichen Gedächtnisstörungen kommen. 16 Behandlungsmöglichkeiten bei der Parkinson-Krankheit Je früher man beginnt, eine bestehende Parkinson-Krankheit zu therapieren, desto weniger Einfluss kann sie bereits zu Beginn auf das Leben der Betroffenen nehmen. Sie wissen aber bereits, dass die grundlegende Ursache der Parkinson-Krankheit immer noch unbekannt ist. Deshalb kann man der Krankheit weder mit vorbeugenden Maßnahmen begegnen noch sie heilen. Die medikamentöse Therapie, die Sie erhalten, kann nur die Symptome verringern. So wird versucht, den Dopaminverlust auszugleichen und damit das gestörte Gleichgewicht der Neurotransmitter wieder in die Balance zu bringen und dann so lange wie möglich zu erhalten. Und: Die Therapie mit Parkinson-Medikamenten ist eine lebenslange Therapie. Allerdings ist in den letzten Jahren eine Reihe neuer Medikamente auf den Markt gekommen, welche die Therapiemöglichkeiten weiter verbessern. Parkinson-Patienten haben bei normalem Verlauf heute eine Lebenserwartung, die der der Durchschnittsbevölkerung weitestgehend entspricht. Neben der medikamentösen Behandlung sowie operativen Maßnahmen spielen aktivierende Behandlungsstrategien wie z. B. Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie eine wichtige Rolle. Nicht zu vergessen ist die psychologische Beratung der Betroffenen und gegebenenfalls der Angehörigen. In dieser Broschüre konzentrieren wir uns auf die medikamentösen Therapieoptionen für die motorischen Symptome. Was Sie allein oder mit fachkundiger Unterstützung sonst noch gegen Ihre Krankheit tun können, entnehmen Sie beispielsweise den Patientenfaltblättern (s. links), die Sie aus dem Internet (www.stalevo.de) herunterladen können. 17 Medikamentöse Therapie Die Parkinson-Krankheit ist dadurch gekennzeichnet, dass Dopamin nicht mehr in ausreichendem Maße gebildet wird. Die Behandlung mit Medikamenten zielt in erster Linie darauf ab, das fehlende Dopamin zu ersetzen und damit letztlich das Gleichgewicht der Botenstoffe wieder herzustellen. Heutzutage stehen für die Therapie der Parkinson-Krankheit sieben Wirkstoffgruppen mit mehr als 100 Einzel-Medikamenten zur Verfügung (s. Tabelle auf Seite 19): Die sieben Wirkstoffgruppen sind: Levodopa COMT-Hemmer Dopaminagonisten MAO-B-Hemmer Amantadin Budipin Anticholinergika Levodopa (= L-Dopa) Um das bei der Parkinson-Krankheit fehlende Dopamin zu ersetzen, ist es möglich, den Patienten Levodopa zu verabreichen. Dopamin selbst kann nicht in Tablettenform eingenommen werden, da es nicht vom Gehirn aufgenommen würde. Levodopa stellt eine Vorstufe des körpereigenen Dopamins dar und kann als Tablette verabreicht werden, da es die Barriere zwischen Blutgefäßen und Hirngewebe, die Blut-Hirn-Schranke, überwindet. Im Gehirn wird Levodopa dann in Dopamin umgewandelt und kann den Dopaminmangel ausgleichen. Damit Levodopa nicht schon vorzeitig im Blut zu Dopamin umgewandelt wird, wird heutzutage immer ein Dopa-Decarboxylasehemmer (Benserazid oder Carbidopa) zugesetzt. Dieser ermöglicht, sowohl die Levodopa-Menge pro Tablette als auch die Nebenwirkungen deutlich zu reduzieren. Levodopa kann auch über eine Sonde direkt in den Darm verabreicht werden. Dieses Verfahren wird jedoch nur bei Patienten in weit fortgeschrittenem Stadium angewendet. 18 Parkinson-Medikamente* Levodopa-Präparate Levodopa/Benserazid Madopar Madopar LT Madopar Depot PK-Levo Levodopa/Carbidopa Nacom Nacom retard Isicom Duodopa Levodopa/Carbidopa/ Entacapon Stalevo 50 Stalevo 75 Stalevo 100 Stalevo 125 Stalevo 150 Stalevo 200 COMT-Hemmer Entacapon Comtess Tolcapon Tasmar Dopaminagonisten Bromocriptin Pravidel Lisurid Dopergin Alpha-Dihydroergocryptin Almirid Pergolid Parkotil Cabergolin Cabaseril Ropinirol Requip Requip Modutab Pramipexol Sifrol Rotigotin Neupro Piribedil Clarium Apomorphin Apo-go MAO-B-Hemmer Selegilin Movergan Rasagilin Azilect Amantadin Amantadinhydrochlorid Adekin Amantadinsulfat-lnfusion PK-Merz Infusion Amantadinsulfat PK-Merz Budipin Budipinhydrochlorid Parkinsan Anticholinergika Biperiden Akineton Metixen Tremarit Trihexyphenidyl Artane * Diese Liste ist nicht vollständig. 19 Das standardmäßig mit einem Dopa-Decarboxylasehemmer kombinierte Levodopa bessert meist schon innerhalb weniger Tage deutlich die ParkinsonSymptome, insbesondere die Akinese und den Rigor. Von den Patienten wird Levodopa in der Regel gut vertragen. Nur gelegentlich kommt es zu Beschwerden wie leichter Benommenheit und Übelkeit, die bei Reduzierung der Dosis fast immer abklingen. Levodopa wird für den Therapiebeginn vor allem bei älteren Patienten sowie bei Patienten mit zahlreichen Begleiterkrankungen verwendet. Bei jüngeren Patienten wird in der Anfangstherapie möglichst mit einem Dopaminagonisten begonnen, um das bei dieser Altersgruppe höhere Risiko für Überbewegungen zu reduzieren; meist ist jedoch nach zwei bis drei Jahren die zusätzliche Levodopa-Gabe unumgänglich. Levodopa gilt als hocheffektives und gut verträgliches Basismedikament in der Behandlung der Parkinson-Krankheit, das über kurz oder lang nahezu jeder Patient benötigt. COMT-Hemmer COMT-Hemmer hemmen das Enzym Catechol-O-Methyltransferase (COMT), wodurch der zweitwichtigste Abbauweg von Levodopa blockiert wird. In Deutschland steht der periphere, also außerhalb des Gehirns aktive, COMTHemmer Entacapon sowie das peripher und zentral wirksame Tolcapon zur Hemmung des peripheren Abbaus von Levodopa Der Einsatz eines COMT-Hemmers reduziert den Abbau von Levodopa zu 3-OMD in der Peripherie Levodopa/DDC-Hemmer Levodopa/DDC-Hemmer/COMT-Hemmer 3-OMD 3-OMD 3-OMD COMT Levodopa DDC Dopamin COMT Levodopa DDC Dopamin Peripherie BHS Gehirn Abkürzungen: DDC = Dopa-Decarboxylase 20 3-OMD COMT Levodopa DDC Dopamin COMT Levodopa DDC Dopamin Peripherie BHS = Blut-Hirn-Schranke BHS Gehirn 3-OMD = 3-O-Methyldopa Verfügung. Letzteres darf jedoch erst verordnet werden, wenn vorher ein Therapieversuch mit Entacapon unternommen wurde. Aufgrund des potenziellen Risikos von Leberschädigungen erfolgt eine Tolcapon-Therapie unter strenger kontinuierlicher Kontrolle der Leberwerte. Für Entacapon ist ein solches Risiko nicht bekannt. Durch die COMT-Hemmung bleibt Levodopa länger und in größerer Menge im Blut. Dies ermöglicht einen gleichmäßigeren Zustrom von Levodopa in das Gehirn. Hieraus resultiert eine bessere und länger anhaltende Beweglichkeit. Medizinisch ausgedrückt heißt das, dass es durch COMT-Hemmer zu einer deutlichen Verlängerung der On-Zeit, also der Phasen guter Beweglichkeit kommt, gleichzeitig wird die Qualität der On-Zeit nochmals erhöht. Entacapon und Tolcapon müssen immer zusammen mit Levodopa eingenommen werden. Entacapon wird von den meisten Patienten gut vertragen. Selten kann Durchfall auftreten, der nach Absetzen des Medikaments wieder aufhört. Die Eigenfarbe von Entacapon kann zu einer harmlosen Orangefärbung des Urins führen. Entacapon wird eingesetzt, sobald Beweglichkeitsschwankungen durch vorzeitiges Nachlassen der Wirkung von Levodopa auftreten. Optimiertes Levodopa – drei Wirkstoffe in einer Tablette Eine wichtige Weiterentwicklung stellt die Möglichkeit der Einnahme der drei Wirkstoffe Levodopa, Carbidopa und Entacapon in einer Tablette dar. Dieses Medikament vereinfacht das duale Einnahmeregime von Levodopa/Carbidopa und separatem Entacapon quasi zu einer Monotherapie. Die Tablette garantiert nicht nur die korrekte Einnahme der drei Wirkstoffe, es wird auch die Anzahl der pro Tag einzunehmenden Tabletten deutlich reduziert - spürbare Vorteile für Arzt und Patient, die sich in besserer und länger anhaltender Beweglichkeit bei gleichzeitig höherem Anwendungskomfort niederschlagen. Das optimierte Levodopa ist geeignet für jene Patienten, bei denen Beweglichkeitsschwankungen durch vorzeitiges Nachlassen der Wirkung von Levodopa, das ausschließlich mit einem Dopa-Decarboxylasehemmer kombiniert ist, auftreten. 21 Dopaminagonisten Bei den Dopaminagonisten handelt es sich um Medikamente, welche die Wirkung von Dopamin imitieren, indem sie direkt an den Schaltstellen (Dopaminrezeptoren) im Gehirn ansetzen, an denen normalerweise die Impulse durch den Botenstoff Dopamin übertragen werden. In ihrer Wirksamkeit sind die Dopaminagonisten jedoch Levodopa unterlegen. Die Einstellung auf diese Präparate erfordert Geduld, da die Besserung der Parkinson-Symptome, verglichen mit Levodopa, langsamer eintritt und häufiger mit Nebenwirkungen zu rechnen ist. Übelkeit oder Blutdruckabfall können vorübergehend eine Zusatzmedikation erforderlich machen. Auch können Tagesmüdigkeit sowie, insbesondere bei älteren Patienten, Trugbilder und Verwirrtheitszustände auftreten. Sehr selten kommt es zu - teilweise rückbildungsfähigen - Herzklappenveränderungen. Dieses Risiko ist bei den so genannten Ergot-Dopaminagonisten wie Pergolid und Cabergolin erhöht. Die Non-Ergot-Dopaminagonisten weisen dieses Risiko wiederum nicht auf. Eine Weiterentwicklung für Patienten mit Schluckschwierigkeiten stellt der Dopaminagonist Rotigotin dar. Über ein Hautpflaster, das täglich erneuert werden muss, wird der Wirkstoff gleichmäßig freigesetzt. Der Dopaminagonist Apomorphin kann in flüssiger Form als Einzelgabe oder mittels einer am Körper befestigten Minipumpe unter die Haut gespritzt werden. Hierbei handelt es sich aber um ein Medikament, das vornehmlich in weit fortgeschrittenen Stadien der Parkinson-Erkrankung zum Einsatz kommt. Bei jüngeren Parkinson-Patienten wird die Ersttherapie oftmals mit einem Dopaminagonisten begonnen, im weiteren Krankheitsverlauf ist die Kombination mit Levodopa oder anderen Medikamenten möglich bzw. auch notwendig. Als Vorteil der Dopaminagonisten hat sich erwiesen, dass durch ihren frühzeitigen Einsatz gerade bei dieser Altersgruppe von Patienten Überbewegungen und Beweglichkeitsschwankungen in den ersten Behandlungsjahren seltener auftreten. 22 MAO-B-Hemmer MAO-B-Hemmer hemmen die Monoaminoxidase-B (MAO-B; ein dopaminabbauendes Enzym) und bewirken so eine Anreicherung von Dopamin im Gehirn. Obwohl insgesamt milder, sind sie in Wirkung und Nebenwirkungen dem Levodopa ähnlich. Als MAO-B-Hemmer stehen Selegilin und Rasagilin zur Verfügung, die von den meisten Patienten gut vertragen werden. Eine Einnahme zur Nacht sollte jedoch vermieden werden, da es zu Unruhezuständen sowie Schlafstörungen kommen kann. Als alleiniges Parkinson-Medikament können MAO-BHemmer bei leichten Symptomen die Behandlung einleiten, müssen allerdings meist bald mit Levodopa ergänzt werden. Diskutiert wird in Fachkreisen, ob Selegilin und besonders das neue Rasagilin einen vorteilhaften Einfluss auf den Verlauf der Parkinson-Erkrankung haben. Amantadin Die Wirkweise dieser Substanz konnte bis heute noch nicht vollständig geklärt werden. Es wird angenommen, dass Amantadin in erster Linie die Aktivität des Neurotransmitters Glutamat im Gehirn hemmt und so dazu beiträgt, das Ungleichgewicht zwischen den einzelnen Botenstoffen auszubalancieren. Amantadin ist gegen alle Hauptsymptome der Parkinson-Krankheit wirksam, wenngleich die Wirkung aber schwächer als die von Levodopa oder Dopaminagonisten ist. Ein günstiger Effekt auf unerwünschte Überbewegungen ist beschrieben. Amantadin wird von den meisten Patienten gut vertragen, selten können Wasseransammlung in den Beinen sowie Trugbilder beobachtet werden. Amantadin kann sowohl zur Therapieeinleitung bei leichten Fällen als auch im späteren Krankheitsverlauf in Kombination mit anderen Parkinson-Medikamenten eingesetzt werden. Eine Besonderheit ist, dass Amantadin auch als Infusionslösung zur Verfügung steht. Diese kann verwendet werden, wenn die Tabletteneinnahme ein Problem darstellt, beispielsweise in Zusammenhang mit Narkosen oder Schluckstörungen. 23 Budipin Bei Budipin handelt es sich um eine Substanz, die unterschiedliche Botenstoffe beeinflusst, vornehmlich jedoch Glutamat-hemmend wirkt. Budipin wird vorwiegend bei schwer behandelbarem Ruhetremor eingesetzt, es zeigt auch Wirkung auf Akinese und Rigor. Als Nebenwirkung können Übelkeit, Schwindel und Trugbilder auftreten. Die sehr seltene QT-ZeitVerlängerung (QT = gesamte elektrische Aktion der Herzkammer in der EKGMessung) beinhaltet die Gefahr lebensgefährlicher Herzrhythmusstörungen und erfordert engmaschig dokumentierte kardiologische Kontrollen. Anticholinergika Anticholinergika sind die am längsten bekannten Medikamente in der Behandlung der Parkinson-Krankheit. Sie wirken dem relativen Übergewicht des Neurotransmitters Acetylcholin entgegen, das aus dem Dopaminmangel resultiert. Anticholinergika beeinflussen den Rigor positiv, vor allem aber den Tremor. Sie werden bei speziellen Symptomen wie starkem Schwitzen und Schluckstörungen mit Speichelfluss eingesetzt. Aufgrund der relativ häufig auftretenden Nebenwirkungen, beispielsweise Mundtrockenheit, Verstopfung und Harnverhalt, werden Anticholinergika nur noch zurückhaltend und niedrig dosiert angewendet. Meist werden sie deswegen lediglich ergänzend zu anderen Parkinson-Medikamenten und auch nur bei jungen Patienten eingesetzt. 24 Operationen am Gehirn Trotz wissenschaftlichem Fortschritt und verbesserten Operationstechniken gilt nach wie vor: Ein operativer Eingriff ist nur solchen Patienten vorbehalten, die medikamentös nicht zufriedenstellend behandelt werden können. Dies trifft beispielsweise zu, wenn ein durch Medikamente nicht beeinflussbares Zittern besteht oder der Patient durch Überbewegungen stark beeinträchtigt ist. Fast ausschließlich wird heute die Tiefenhirnstimulation durchgeführt, bei der das Nervengewebe kaum beschädigt wird. Hierbei werden mit operativ im Gehirn platzierten Elektroden Nervenzellgebiete gehemmt, deren Aktivität im Rahmen der Parkinson-Krankheit verändert ist. Der Hauptzielpunkt ist der Nucleus subthalamicus. Die Elektroden sind mit einem Schrittmacher verbunden, der unterhalb des Schlüsselbeins eingesetzt wird. Nach der Operation kann man die Medikamentendosis meist deutlich reduzieren, aber nur selten ganz auf Medikamente verzichten. Die Effekte der Tiefenhirnstimulation sind beeindruckend. Die Besserung der Lebensqualität der Patienten ist beachtlich und hält oft über Jahre an. Mögliche Nebenwirkungen der Therapie können Sprech- und Sehstörungen, aber auch Bewegungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten sein. Die Auswahl der Patienten, die überhaupt für eine Tiefenhirnstimulation in Frage kommen, geschieht in einem umfangreichen Testverfahren. Nicht jeder Patient ist für diese Methode geeignet. Wichtige Voraussetzungen sind unter anderem, dass der Patient im Krankheitsverlauf von Levodopa profitiert hat und keine starke Gehirnarterienverkalkung vorliegt. Die Parkinson-Erkrankung kann in ihrem Verlauf durch die Operation nicht aufgehalten werden. Die Tiefenhirnstimulation wird mittlerweile von mehreren Universitätskliniken und spezialisierten neurologischen Kliniken angeboten. 25 Der Verlauf der Parkinson-Krankheit Der Verlauf der Parkinson-Krankheit ist im Einzelfall sehr unterschiedlich. Daher können die auftretenden Symptome variieren und sich individuell verschieden stark bemerkbar machen. Die Beschwerden werden unterteilt in motorische und nicht-motorische Symptome, von denen die wichtigsten im Folgenden aufgeführt sind. Wearing-off: Wenn die Medikamentenwirkung vorzeitig nachlässt Die meisten Patienten bekommen in der Anfangsphase der ParkinsonKrankheit einen Dopaminagonisten oder Levodopa verordnet. Mit dieser medikamentösen Therapie werden die Symptome für eine gewisse Zeit spürbar gebessert und sind im Tagesverlauf kaum noch zu bemerken (Honeymoon-Phase). Leider ist es ein Kennzeichen der Krankheit, dass sie nicht zum Stillstand kommt, sondern weiter voranschreitet. So werden Sie irgendwann feststellen oder haben schon bemerkt, dass im Tagesverlauf Symptome wieder auftreten Typischer Wearing-off-Verlauf während des Tages gute SymptomKontrolle (On-Zeit) schlechte SymptomKontrolle (Off-Zeit) Wearing-offPeriode Wi de eder r S au ym ftre pto te me n Einnahme der Medikamente e ch tom si mp ern Sy ess rb ve Einnahme der Medikamente Wearing-offPeriode Zeit Einnahme der Medikamente oder stärker ausgeprägt sind, noch bevor Sie die reguläre nächste Medikamenten-Dosis einnehmen und diese überhaupt wirken kann. Dieses Phäno26 men der vorzeitig nachlassenden Medikamenten-Wirkung nennt man im medizinischen Sprachgebrauch Wearing-off (siehe Abbildung Seite 26). Wearing-off-Symptome können sich von Patient zu Patient ganz unterschiedlich zeigen. So können sowohl Bewegungsverlangsamung und Zittern (Tremor) ebenso Zeichen des Wearing-off sein wie zunehmende Steifheit der Muskulatur oder eine verminderte Geschicklichkeit. Es können jedoch auch nicht-motorische Symptome wie Stimmungsschwankungen, Angstgefühle oder Schmerzen im Rahmen des Wearing-off auftreten. Selbst für den Arzt ist es oft nicht ganz leicht, die mitunter diskreten Wearingoff-Symptome frühzeitig zu diagnostizieren und richtig einzuordnen. Wenn Sie daher das Gefühl haben, dass Ihre Medikamente nicht mehr so gut und so lange wirken oder dass eventuell neuartige Symptome auftreten, sollten Sie dies auf jeden Fall mit Ihrem Arzt besprechen. Er wird überprüfen, ob die Medikamente, die Sie einnehmen, noch richtig für Sie sind und eventuell eine Umstellung Ihrer Medikation vornehmen. Sie können Ihren Arzt unterstützen, indem Sie beispielsweise einen von Parkinson-Spezialisten entwickelten Wearing-off-Fragebogen (WOQ-9) ausfüllen. Diesen erhalten Sie bei Ihrem Neurologen oder im Internet unter www.stalevo.de Um Wearing-off-Symptome zu verhindern, könnte man Levodopa in immer kürzeren Zeitabständen einnehmen oder auf Levodopa retard (eine Darreichungsform, aus der Levodopa über einen längeren Zeitraum als bei herkömmlichen Levodopa-Präparaten in das Blut abgegeben wird) ausweichen. Diese Vorgehensweisen haben sich bei vielen Patienten aber als unzureichend erwiesen. Auch die zusätzliche Gabe eines MAO-B-Hemmers zeigt bei vielen Patienten nicht den gewünschten Erfolg. Ziel der modernen Levodopa-Therapie ist eine möglichst konstante Versorgung des Gehirns mit Levodopa, damit das Gehirn ausreichend Dopamin bilden kann. Die Dopaminagonisten zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Wirkung von Dopamin über einen längeren Zeitraum imitieren. Allerdings sind Dopamin27 agonisten nicht nur schwächer wirksam als Levodopa, sondern sind - zu beachten vor allem bei älteren Patienten sowie bei Patienten mit Begleiterkrankungen - mit einer Reihe von Nebenwirkungen verbunden. Ein in diesen Fällen geeigneteren Therapieansatz stellt das optimierte Levodopa dar, bei dem die drei Wirkstoffe Levodopa, Carbidopa und Entacapon in einer Tablette zusammengefasst wurden. Durch den COMTHemmer Entacapon wird zusätzlich der zweitwichtigste Abbauweg von Levodopa außerhalb des Gehirns blockiert. Levodopa verbleibt so länger und in größerer Menge im Blut. In zahlreichen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass sich mit diesen drei Wirkstoffen Wearing-off-Symptome erfolgreich und vergleichsweise gut verträglich behandeln lassen. Überbewegungen (Dyskinesien / Dystonien) Mit zunehmender Krankheits- und Behandlungsdauer können auch abnorme, unwillkürliche Bewegungen (Überbewegungen) auftreten, die häufig mit der Medikamenteneinnahme korrelieren. Beispielsweise sind so genannte Peakdose-Dyskinesien dann am stärksten ausgeprägt, wenn die LevodopaKonzentration im Blut am höchsten ist. Derartige Überbewegungen treten ebenso, wenn auch seltener, unter der Behandlung mit Dopaminagonisten auf. Nach ihrem Erscheinungsbild werden die Überbewegungen in Dyskinesien und Dystonien unterteilt. Dyskinesien: In der Regel treten diese Überbewegungen in der Phase guter Beweglichkeit auf, sodass die Betroffenen diese Überwegungen eher akzeptieren als deren Angehörige, die dann das gemeinsame Auftreten in der Öffentlichkeit scheuen. Häufig wird eine Bewegungsunruhe im Gesichts- und Schulter-Nackenbereich beobachtet. Dyskinesien ereignen sich meist, wenn die höchste Levodopa-Konzentration im Blut erreicht ist, also 1 bis 1,5 Stunden nach der Medikamenteneinnahme (Peak-dose-Dyskinesie). So genannte Plateau-Dyskinesien können die überwiegende Zeit der guten Bewegungsphase prägen. Überbewegungen können jedoch auch in der An- und Abflutphase des Wirkstoffs als biphasische Dyskinesien auftreten, werden also jeweils eingelei28 tet und abgelöst von schlechten Bewegungsphasen. Biphasische Dyskinesien, die eher durch zähflüssige, teilweise schmerzhafte Bewegungen charakterisiert sind, sind seltener als Peak-dose-Dyskinesien. Sie finden sich vor allem in weit fortgeschrittenen Parkinson-Stadien. Dystonien: Sie sind durch langsame und zähflüssige, teilweise drehende Bewegungen gekennzeichnet. Bei anhaltender Muskelanspannung kann daraus vorübergehend eine Fehlstellung der Arme, Beine oder des Rumpfes resultieren. Besonders in den frühen Morgenstunden können nach dem Erwachen und vor der ersten Medikamenteneinnahme schmerzhafte Muskelverkrampfungen in den Füßen bzw. Zehen auftreten (Off-Dystonie). Plötzliche Schwankungen der Beweglichkeit Bei manchen Patienten kommt es nach mehreren Jahren auch zu plötzlich einsetzenden und zeitlich nicht mehr vorhersehbaren Schwankungen der Beweglichkeit. Bei den Betroffenen wirken einzelne Medikamentendosen entweder überhaupt nicht oder ihre Wirkung setzt völlig unregelmäßig ein. Diese Erscheinung nennt man On-off-Phänomen. Der Zustand, in dem die Patienten beweglich sind, häufig auch überbeweglich, wird On-Phase (englisch: an) genannt, der Zustand schlechter Beweglichkeit Off-Phase (englisch: aus). Diese Off-Phasen können Sekunden bis Minuten anhalten. Sie gehen meist mit schweren Parkinson-Symptomen einher. Die Ursache ist ungeklärt. Vermutlich spielen eine unzureichende Medikamentenaufnahme aus dem Darm, aber auch Veränderungen an den Nervenzellen im Gehirn eine Rolle. Typischerweise tritt das On-off-Phänomen erst im späten Krankheitsverlauf auf. Freezing (Bewegungserstarrung) Teilweise kommt es im Krankheitsverlauf (selten sogar bereits zu Beginn der Erkrankung) zu plötzlichen, unvorhersehbaren Blockierungen der Bewegung. 29 Die Patienten „kleben“ am Boden fest. Dieses Phänomen, Freezing (englisch: einfrieren) genannt, tritt seltener auf gerader freier Strecke auf, sondern eher, wenn sich der Raum verengt, z. B. beim Durchschreiten einer Tür, oder auch beim Starten einer Bewegung. „Tricks“ wie z. B. ein Anti-FreezingStock (siehe Abbildung rechts) sind oftmals schon hilfreich. Sonderfall Akinetische Krise Die Akinetische Krise ist eine unter Umständen lebensbedrohliche Komplikation. Auslöser für eine solche Krise sind meistens andere Erkrankungen wie z. B. ein schwerer fieberhafter Infekt. Auch die akute Unterbrechung der Einnahme der Parkinson-Medikamente kann zu einer solchen Krise führen. Bezeichnend für die Akinetische Krise ist, dass der Betroffene aus einer guten Beweglichkeit unter dopaminerger Therapie heraus in kürzester Zeit fast völlig bewegungsunfähig wird. Er hat einen verstärkten Rigor, kann nicht sprechen und schlucken. Durch die Schluckstörung kommt es zu ungenügender Flüssigkeitsaufnahme und die Medikamenteneinnahme ist nicht mehr möglich, was die Situation weiter verschlechtert. Vegetative Symptome Neben Bewegungsstörungen kommt es mit fortschreitender Erkrankung zunehmend zu Störungen im Bereich des vegetativen Nervensystems. Das vegetative Nervensystem überwacht und steuert unter anderem Herz und Kreislauf, Verdauung, Wärmehaushalt oder auch den Schlaf. Beim Gesunden laufen diese Funktionen mehr oder weniger automatisch ab. Ins Bewusstsein gelangen sie meist erst dann, wenn sie gestört sind. 30 Im fortgeschrittenen Stadium der Parkinson-Krankheit funktioniert das vegetative Nervensystem bei vielen Patienten nicht mehr ordnungsgemäß. Hierfür mitverantwortlich ist vermutlich auch der Dopaminmangel. Die dadurch hervorgerufenen körperlichen Störungen können sich in unterschiedlichen Beschwerden äußern, je nachdem, welches Organ oder welche Organe betroffen sind. Beobachtet werden: Störungen der Blasenfunktion mit plötzlich auftretendem Harndrang Störungen des Kreislaufs mit häufig zu niedrigem Blutdruck Störungen des Verdauungstraktes mit beeinträchtigter Magenentleerung, Darmträgheit und Verstopfung Störungen der Wärmeregulation mit vermehrtem Schwitzen und Wärmeunverträglichkeit Schlafstörungen Nachlassen der Sexualfunktion Teilweise können vegetative Symptome schon dadurch gebessert werden, indem die Parkinson-Medikamente überprüft und angepasst werden. Spezielle Medikamente und weitere Maßnahmen wie zum Beispiel eine bewusste Ernährung tragen ebenfalls zur Minderung der Beschwerden bei. Depressionen und Ängste Zu den nicht-motorischen Beschwerden zählt auch eine Reihe von psychischen Veränderungen. Diese treten teilweise im Zusammenwirken mit motorischen Symptomen auf. So berichten zum Beispiel viele Patienten von Angstgefühlen bei Auftreten von Wearing-off. Auch besteht nicht selten bei Patienten mit Schwankungen der Beweglichkeit ein direkter Zusammenhang mit der Stimmungslage. Phasen schlechter Beweglichkeit führen dann häufig zu Stimmungstiefs. Grundsätzlich wichtig zu unterscheiden ist, ob die nichtmotorischen Beschwerden im Zusammenhang mit dem Off, also einer verschlechterten Beweglichkeit, oder unabhängig davon auftreten. Depressionen und Ängste begleiten oft die Parkinson-Krankheit. Depressionen finden sich häufiger in fortgeschrittenen Krankheitsstadien, obwohl sie 31 auch schon zu Beginn der Erkrankung auftreten können. Typisch für eine Depression ist ein über Wochen anhaltendes Gefühl von Trauer und Niedergeschlagenheit. Depressionen bessern sich möglicherweise schon in Zusammenhang mit einer passenden Parkinson-Medikation. Sie können bei Bedarf auch durch entsprechende Medikamente, so genannte Antidepressiva, gut behandelt werden. Konzentrations- und Gedächtnisstörungen Bei der Parkinson-Krankheit kann es zu Veränderungen der geistigen Leistungsfähigkeit kommen, leichte Konzentrationsstörungen und eine Verlangsamung der Denkvorgänge werden häufiger beobachtet. Bei weit fortgeschrittener Parkinson-Krankheit kommt es teilweise auch zu ausgeprägten Gedächtnisstörungen. Depressive Phasen begünstigen das Auftreten von Gedächtnisstörungen, zum Teil sind sie auch altersbedingt. Grundsätzlich sinnvoll sind Maßnahmen wie Gedächtnistraining, möglicherweise helfen auch Medikamente. Lebhafte Träume bis hin zu Halluzinationen Ein erhöhtes Risiko für Trugbilder (Halluzinationen) kündigt sich häufig dadurch an, dass vom Patienten über lebhafte Träume, teilweise sogar Albträume berichtet wird. Oft steht diese Störung in Zusammenhang mit der Einnahme von Medikamenten, womöglich sogar jenen gegen die Parkinson-Symptome. Es ist aber auch möglich, dass ein Zusammenhang mit einer Halluzination eines Patienten: Soldat mit Pillenschachtel als Revolver zusätzlichen Erkrankung 32 besteht. Ihr Arzt wird deshalb auch immer eine gründliche allgemeine Untersuchung durchführen, um nach einer solchen Zweiterkrankung zu fahnden. Wenn bei dieser Suche keine andere Erkrankung entdeckt wird, müssen alle von Ihnen eingenommenen Medikamente überprüft werden. Eventuell ist der Einsatz von Schutzmedikamenten, so genannten atypischen Neuroleptika, zur Behandlung von Trugbildern erforderlich. Umgang mit der Parkinson-Krankheit Oft ist eine deutliche Besserung sowohl motorischer als auch nicht-motorischer Beschwerden zu erreichen, indem die Parkinson-Medikamente überprüft und angepasst werden. Es kann notwendig sein, dass Sie ab einem gewissen Zeitpunkt andere Medikamente einnehmen müssen als in den Jahren zuvor. Aber auch Sie selbst können dazu beitragen, Ihr Befinden und Ihre Lebensqualität zu verbessern, indem Sie aktiv werden. Intensive Begleittherapien, sei es Bewegungs- oder Ergotherapie, LogopäMiteinander Sprechen ist wichtig. die oder auch eine Ernährungsumstellung helfen Ihnen bei der Bewältigung der Krankheit im Alltag. Beziehen Sie Ihre Angehörigen und Ihnen nahestehende Personen mit in Ihr tägliches Leben ein. So finden Sie Verständnis und können optimal unterstützt werden. Weiterführende Adressen Deutsche Parkinson Vereinigung - Bundesverband - e. V. Moselstr. 31 41464 Neuss Tel.: 02131 / 410 -16/-17 Fax: 02131 / 45445 www.parkinson-vereinigung.de Kompetenznetz Parkinson Rudolf-Bultmann-Str. 8 35039 Marburg Tel.: 06421 / 586 5272 Fax.: 06421 / 586 5308 www.kompetenznetz-parkinson.de 33 Nachwort Die Parkinson-Krankheit ist eine fortschreitende Erkrankung, die eine lebenslange Therapie erforderlich macht. Durch eine intensive und aktive Zusammenarbeit zwischen Arzt, Patient und dessen Angehörigen sowie wirkungsvollen Medikamenten und weiteren Therapien gelingt es in den meisten Fällen, die Symptome effektiv zu verringern. Ziel ist es, Ihnen ein zufriedenstellendes Leben mit hoher Lebensqualität zu ermöglichen. 34 Notizen für mein nächstes Arzt-Gespräch 35 Notizen für mein nächstes Arzt-Gespräch 36