Vorwort - LZ Gesundheitsreport

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Vorwort
Die Diagnose eines Morbus Parkinson löst bei Betroffenen und ihren Angehörigen oft Angst, Bestürzung und Befürchtungen im Bezug auf einen
schleichenden Verlust motorischer Fertigkeiten und Selbsthilfefähigkeit aus.
Dabei haben sich die therapeutischen Möglichkeiten in den letzten Jahren
erheblich verbessert: Neben hochwirksamen Medikamenten in verschiedensten Darreichungsformen stehen heutzutage moderne operative
Behandlungsoptionen zur Verfügung, von denen wir vor 20-30 Jahren
allenfalls geträumt haben. Wenngleich wir die Ursache des Morbus Parkinson
nach wie vor nicht kennen und die Erkrankung somit auch nicht heilen
können, so sind wir doch in der Lage, die Krankheitssymptome durch
bedarfsgerechte, individuell angepasste Therapien auch nach langjährigem
Krankheitsverlauf immer wieder zu lindern.
Die Erfahrung aus der Betreuung zahlreicher Parkinson-Patienten und ihrer
Angehörigen lehrt, dass eine gute Aufklärung über die Erkrankung und ihre
Behandlungsmöglichkeiten ein wichtiges Standbein in der Behandlung selbst
ist. Hat der Patient / die Patientin ein Grundverständnis für den ablaufenden
Krankheitsprozess und die therapeutischen Ansätze, lässt sich in Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt rascher herausfinden, welche Therapie
zum jetzigen Zeitpunkt richtig ist. Die nötige Information kann allerdings kaum
im Rahmen eines einmaligen ärztlichen Gesprächs vermittelt werden. Selbst
erfahrene Patienten, die ihren mit den Jahren komplexer werdenden Therapieplan sehr selbständig steuern können, geben freimütig zu, dass sie sich diese
Kenntnisse hart erarbeiten mussten.
Ich hoffe, dass die hier vorgelegte Broschüre dazu beiträgt, Sie besser über
die Erkrankung Morbus Parkinson und die derzeitigen Behandlungsmöglichkeiten zu informieren.
Ihre
Dr. med. Friederike Sixel-Döring
Paracelsus-Elena-Klinik, Kassel
1
Inhalt
Die Parkinson-Krankheit – Ein Überblick
6
Häufigkeit und Ursache der Parkinson-Krankheit
7
Bei der Parkinson-Krankheit ist das Gleichgewicht
der Neurotransmitter gestört
8
Erkennen der Krankheit – je früher, desto besser
9
Wie wird die Parkinson-Krankheit diagnostiziert?
10
Wie macht sich die Krankheit bemerkbar?
12
Bewegungsarmut (Akinese)
Erhöhte Muskelspannung (Rigor)
Zittern (Tremor)
Gleichgewichtsstörungen
Psychische Veränderungen
Vegetative Symptome
13
14
14
14
15
15
Abgrenzung der idiopathischen Parkinson-Krankheit
von ähnlichen Krankheiten
15
Sekundäres Parkinson-Syndrom
Atypische Parkinson-Syndrome
15
16
Behandlungsmöglichkeiten bei der Parkinson-Krankheit 17
2
Medikamentöse Therapie
18
Levodopa (= L-Dopa)
COMT-Hemmer
Optimiertes Levodopa – drei Wirkstoffe in einer Tablette
Dopaminagonisten
18
20
21
22
MAO-B-Hemmer
Amantadin
Budipin
Anticholinergika
23
23
24
24
Operationen am Gehirn
25
Der Verlauf der Parkinson-Krankheit
26
Wearing-off: Wenn die Medikamentenwirkung vorzeitig nachlässt
Überbewegungen (Dyskinesien / Dystonien)
Plötzliche Schwankungen der Beweglichkeit
Freezing (Bewegungserstarrung)
Sonderfall Akinetische Krise
Vegetative Symptome
Depressionen und Ängste
Konzentrations- und Gedächtnisstörungen
Lebhafte Träume bis hin zu Halluzinationen
26
28
29
29
30
30
31
32
32
Umgang mit der Parkinson-Krankheit
33
Weiterführende Adressen
33
Nachwort
34
3
Fachbegriffe kurz erklärt
Akinese: Bewegungsarmut. Stellt für die Patienten oft die schwerste Behinderung dar. Gilt als das Hauptsymptom der Parkinson-Krankheit.
Anticholinergika: Medikamente zur Parkinson-Behandlung; dämpfen die
Aktivität des Botenstoffes Acetylcholin.
Basalganglien: Hierbei handelt es sich um spezielle Nervenzellansammlungen,
die im Dienste der Kontrolle und Koordination von Bewegungsabläufen stehen.
Bradykinese: Verlangsamung der Bewegungsabläufe.
Bradyphrenie: Verlangsamung der Denkabläufe.
COMT-Hemmer: Medikamente zur Parkinson-Behandlung. COMT ist eine
Abkürzung für Catechol-O-Methyltransferase. Es handelt sich hierbei um ein
Enzym, das im Körper unter anderem Levodopa abbaut. Durch die Hemmung der
COMT bleibt Levodopa länger und in größerer Menge im Blut, die Versorgung
des Gehirns mit Levodopa wird verbessert.
Dopamin: Im Rahmen der Parkinson-Krankheit wichtigster Botenstoff, der
Informationen zwischen Nervenzellen überträgt. Bei Parkinson-Kranken verarmt
das Gehirn im Bereich der Substantia nigra an Dopamin. Dieser Mangel muss
durch Medikamente, wie z. B. Levodopa, ausgeglichen werden.
Dopaminagonisten: Medikamente zur Parkinson-Behandlung; ahmen die
Wirkung von Dopamin nach.
Dyskinesien: Überbeweglichkeit. Unwillkürliche, mitunter schmerzhafte
Bewegungen, die sich im Verlauf der Krankheit einstellen können.
Dystonie: Länger anhaltende, unwillkürliche und oft schmerzhafte Muskelanspannung.
Fluktuationen: Schwankungen der Beweglichkeit. Wie Dyskinesien können sie
sich im Verlauf der Krankheit einstellen.
Freezing: Plötzliche sekunden- bis minutenlange Bewegungshemmung.
Honeymoon: Anfangsphase der Krankheit, in der der Patient unter der
Parkinson-Medikation nahezu beschwerdefrei lebt.
Hyperkinese: Unwillkürliche, übermäßige Bewegungsaktivität einzelner
Körperteile, z. B. der Arme.
Hypokinese: Verminderte Beweglichkeit.
Levodopa (= L-Dopa): Symptomatisch wirksamstes Medikament zur
Parkinson-Behandlung. Vorstufe des körpereigenen Botenstoffes Dopamin.
4
MAO-B-Hemmer: Medikamente zur Parkinson-Behandlung. Durch einen
MAO-B-Hemmer wird der Dopamin-Abbau im Gehirn gehemmt.
Muskeltonus: Spannungszustand der Muskulatur.
Neuron (= Nervenzelle): Besteht aus dem Zellkörper mit Kern und allen für
Funktionen und Energieversorgung erforderlichen Bestandteilen, den kurzen
Empfängerfortsätzen (Dendriten) sowie dem langen Senderfortsatz (Axon).
Neurotransmitter: Botenstoffe. Sie leiten die Informationen von einer Nervenzelle zur nächsten. Botenstoffe sind z. B. Dopamin, Acetylcholin sowie Glutamat.
NMDA-Antagonisten: Medikamente zur Parkinson-Behandlung; hemmen den
Botenstoff Glutamat.
On-off-Phänomen: Beschreibt das wechselnde Bewegungsvermögen
Parkinson-Kranker: Im Off-Zustand ist der Patient in seiner Beweglichkeit stark
eingeschränkt, im On-Zustand kann er sich gut bewegen.
Rezeptor: Empfangseinrichtung einer Zelle für Botenstoffe aus anderen Zellen,
um Informationen weiter zu vermitteln.
Rigor: Erhöhung der Muskelspannung, die zu Steifheit führt; typisches Zeichen
der Parkinson-Krankheit.
Substantia nigra: Schwarze Substanz; im Mittelhirn gelegene paarige dunkle
Region aus Nervenzellen. Bei der Parkinson-Krankheit kommt es zu einem
fortschreitenden Untergang dieser Nervenzellen.
Synapse: Kontaktstelle zwischen zwei Nervenzellen, die durch Botenstoffe
überbrückt wird.
Tremor: Zittern; der Ruhetremor zählt zu den Hauptsymptomen der ParkinsonKrankheit.
Wearing-off: Vorzeitiges Nachlassen der Medikamentenwirkung. ParkinsonSymptome treten bereits vor der regulären nächsten Medikamenten-Einnahme
wieder auf oder sind stärker ausgeprägt.
5
Die Parkinson-Krankheit – Ein Überblick
Die Parkinson-Krankheit hat ihren Namen von dem englischen Arzt James
Parkinson. Er hat Patienten auf der Straße beobachtet und bestimmte Symptome entdeckt, die bei verschiedenen Patienten unabhängig voneinander auftraten. Er
nannte das Krankheitsbild damals Schüttellähmung und beschrieb es zum ersten Mal
im Jahr 1817. Zugleich äußerte er als Erster
den Verdacht, dass die unterschiedlichen
Symptome eine gemeinsame Ursache
haben könnten und dass sie auf Veränderungen im Gehirn zurückzuführen seien.
Erst 1919 konnte bestätigt werden, was
Parkinson 100 Jahre zuvor vermutet hatte.
Bei Gehirnuntersuchungen stellte man
nämlich fest, dass sich regelhaft eine
bestimmte Gehirnregion, die Substantia nigra, verändert.
Obwohl also die Krankheit schon sehr früh erkannt wurde, begannen die
ersten, halbwegs erfolgreichen Therapieversuche erst 80 Jahre später. Man
stellte fest, dass durch die Gabe von Atropin eine gewisse Beeinflussung der
Krankheit möglich war. Atropin stammt aus der Wurzel der Tollkirsche, die den
lateinischen Namen Atropa Belladonna hat. Es wirkt dem relativen Übergewicht des Botenstoffes Acetylcholin entgegen.
Mit der Möglichkeit, synthetische Arzneimittel herzustellen, wurden Mitte des
letzten Jahrhunderts auch Substanzen entwickelt, die eine atropinähnliche
Wirkung hatten. Diese Medikamente wurden zur Behandlung der ParkinsonKrankheit eingesetzt, allerdings mit nur mäßigem Erfolg.
Der entscheidende Durchbruch gelang erst mit der Entwicklung von
Levodopa (= L-Dopa), einer Substanz, aus der unser Körper Dopamin
herstellen kann, also jenen Botenstoff, dessen Mangel zur Parkinson-Krankheit führt.
6
Häufigkeit und Ursache der Parkinson-Krankheit
Die Parkinson-Krankheit gehört zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen. Sehr oft treten die ersten Krankheitssymptome zwischen dem 50. und
60. Lebensjahr auf. Mit zunehmendem Alter nimmt die Erkrankungshäufigkeit
zu. In Deutschland sind mehr als ein Prozent der über 65-Jährigen betroffen,
wobei Männer etwas häufiger erkranken als Frauen. Aber 5-10% aller
Patienten bemerken erste Symptome bereits vor dem 40. Lebensjahr. Mit der
Veränderung der Altersstruktur der Bevölkerung ist in Zukunft mit einer weiter
steigenden Zahl an Patienten zu rechnen. Insgesamt wird die Zahl der
Parkinson-Patienten in Deutschland auf rund 250.000 geschätzt.
Neben dem klassischen Bild der Parkinson-Krankheit - Mediziner nennen es
idiopathisches Parkinson-Syndrom bzw. Morbus Parkinson - gibt es eine
Reihe parkinsonähnlicher Störungen, die von der eigentlichen idiopathischen
Krankheit abgegrenzt werden müssen. Diese Krankheitsbilder werden als
atypische Parkinson-Syndrome bezeichnet. Findet sich hingegen eine deutlich
fassbare Ursache, sprechen wir von einem sekundären Parkinson-Syndrom.
Bei Parkinson-Patienten gehen die Nervenzellen der Substantia nigra
zugrunde. Dies ist eine umschriebene Region, die im Mittelhirn liegt und
schwarz gefärbt ist. Mit dem Zelluntergang verbunden ist die Entfärbung
dieser Region: statt schwarz erscheint sie hell. Durch den Untergang der
Nervenzellen kommt es zu einem Dopaminmangel, wodurch die Botenstoffe
Glutamat und Acetylcholin ein relatives Übergewicht erlangen.
Der Untergang von Nervenzellen ist ein langsam, jedoch ständig fortschreitender Prozess. Symptome der Parkinson-Krankheit treten nicht sofort auf,
sondern erst, wenn etwa 60% der Dopamin-produzierenden Zellen nicht
mehr funktionstüchtig sind.
Neueren Forschungsergebnissen zufolge gehen auch Nervenzellen in
anderen Regionen des Gehirns zugrunde; ein Prozess, der vor allem für die
nicht-motorischen Symptome der Parkinson-Krankheit verantwortlich gemacht wird.
7
Zusammenfassend kann man sagen: Die zentrale Ursache der
Parkinson-Krankheit ist ein Mangel an Dopamin.
Wieso kommt es zur Zerstörung der Nervenzellen der Substantia nigra? Diese
Frage ist trotz intensiver Forschung noch nicht geklärt. Möglicherweise sind
hierfür mehrere Faktoren gleichzeitig verantwortlich, unter anderem:
Veränderungen im Erbgut des Menschen
Stoffwechselprodukte
Umweltgifte
Bei der Parkinson-Krankheit ist das
Gleichgewicht der Neurotransmitter gestört
Unser Gehirn setzt sich aus vielen Milliarden Nervenzellen zusammen. Diese
sind untereinander vernetzt, um Informationen auszutauschen. Hierzu werden
winzige elektrische Ströme erzeugt. Soll nun eine Information zielgerichtet
weitergegeben werden, wird das an der Kontaktstelle zweier Nervenzellen
ankommende elektrische Signal mithilfe
chemischer Botenstoffe blitzschnell
Präsynapse
umgesetzt und weitergeleitet. Solche
Botenstoffe nennt man auch Neurotransmitter. Der Botenstoff, der bei der
Parkinson-Krankheit die größte Rolle
spielt, ist das Dopamin. Weitere Botenstoffe sind beispielsweise Acetylcholin
und Glutamat.
Postsynapse
Die Kontaktstelle zwischen zwei Nervenzellen wird als Synapse bezeichnet. Die
Grafische Darstellung einer Synapse.
Ausschüttung von Dopamin erfolgt immer Oben das präsynaptische Ende einer
Nervenzelle, dazwischen der synaptische
dann, wenn ein elektrisches Signal die
Spalt (er wird durch die Neurotransmitter
Kontaktstelle zwischen zwei dopaminerüberbrückt), unten das postsynaptische
gen Nervenzellen erreicht. Der Botenstoff Ende einer anderen Nervenzelle.
durchwandert anschließend einen kleinen Spalt und verbindet sich kurzzeitig
mit speziellen Empfangseinrichtungen der nächstfolgenden Nervenzelle, den
so genannten Dopaminrezeptoren. Damit wird erneut ein elektrisches Signal
ausgelöst, das weitergeleitet werden kann.
8
Dopamin
Glutamat, Acetylcholin
Dopamin (linke Schale) und
Acetylcholin und Glutamat (rechte Schale)
im Gleichgewicht
Dopamin
Glutamat, Acetylcholin
zu wenig Dopamin (linke Schale) führt zu
einem Übergewicht von
Acetylcholin und Glutamat (rechte Schale)
Bei der Parkinson-Krankheit kommt es allmählich zur Rückbildung der
Nervenzellgruppe, die den Botenstoff Dopamin produziert. Der Mangel an
Dopamin hat zur Folge, dass nun die Botenstoffe Acetylcholin und Glutamat
ein relatives Übergewicht erlangen. Wir wissen heute, dass es eine ganze
Reihe verschiedener Botenstoffe gibt. Sie stehen untereinander in einem
Gleichgewicht und garantieren so den normalen Ablauf der Körperfunktionen.
Kommt es zu einer Verschiebung des Gleichgewichtes von Neurotransmittern
innerhalb bestimmter Funktionskreise des Gehirns, kann dies weitreichende
Konsequenzen haben. So resultieren im Fall der Parkinson-Krankheit aus dem
Überschuss an Acetylcholin wahrscheinlich in erster Linie das Symptom
Zittern (Tremor) und teilweise auch die erhöhte Muskelspannung (Rigor).
Ursache der Bewegungsverarmung (Akinese) ist vermutlich der Mangel an
Dopamin, der zu einer ungenügenden Aktivierung wichtiger motorischer
Bereiche im Gehirn beiträgt.
Erkennen der Krankheit - je früher, desto besser
Die Ausprägung der Krankheitssymptome kann man heute wesentlich
beeinflussen. Je eher die Krankheit erkannt wird, desto früher kann man mit
der Therapie beginnen und desto länger kann der Patient weitestgehend
unbehindert leben und arbeiten. Während der ersten Krankheitsjahre lassen
sich nahezu alle für die Krankheit typischen Symptome durch die heute zur
Verfügung stehenden Arzneimittel erfolgreich behandeln.
Die folgende Checkliste soll helfen, die Krankheit früher zu erkennen. Wenn
Sie mehr als vier Fragen mit „ja“ beantwortet haben, kann das ein Hinweis auf
9
Check zur Früherkennung
ja
nein
1. Kommt es vor, dass Ihre Hand zittert, obwohl sie entspannt aufliegt?
2. Ist ein Arm angewinkelt und schlenkert beim Gehen nicht mit?
3. Haben Sie eine vornübergebeugte Körperhaltung?
4. Haben Sie einen leicht schlurfenden Gang oder ziehen Sie ein Bein nach?
5. Haben Sie einen kleinschrittigen Gang und kommt es vor, dass Sie
stolpern oder stürzen?
6. Leiden Sie an Antriebs- oder Initiativemangel?
7. Haben Sie häufig Schmerzen im Nacken-Schultergürtel-Bereich?
8. Haben Sie bemerkt, dass Sie sich von Ihren Freunden und Angehörigen
zurückziehen, dass Sie Kontakte meiden und zu nichts Lust haben?
9. Haben Sie Veränderungen in Ihrer Stimme bemerkt? Ist sie monotoner
und leiser als früher oder hört sie sich heiser an?
10. Haben Sie eine Verkleinerung Ihrer Schrift bemerkt?
11. Leiden Sie an innerem Zittern oder innerer Unruhe?
12. Haben Sie Schlafstörungen?
erste Symptome der Parkinson-Erkrankung sein. Sie sollten einen Arzt
kontaktieren.
Wie wird die Parkinson-Krankheit diagnostiziert?
Ihr Arzt hat Ihnen diese Broschüre gegeben, weil er vermutet, dass Sie an der
Parkinson-Krankheit leiden. Wie kommt er zu dieser Annahme? Er hat Sie
beobachtet, er hat Ihnen zugehört. Die Beobachtung des Patienten ist nach
wie vor der beste Ansatz für eine Frühdiagnose. Wie schon erwähnt: Je früher
die Krankheit erkannt wird, desto besser ist die Prognose für die Zukunft des
Patienten.
Wie kann nun der Arzt die Erkrankung überhaupt feststellen? Im Vordergrund
der Diagnostik stehen die typische Krankengeschichte und der charakteristische körperliche Untersuchungsbefund. Das Vorhandensein einer Symptomkombination aus Bewegungsarmut, Zittern und allgemeiner Steifheit mit
Beginn auf einer Körperseite ist typisch für die Parkinson-Krankheit.
10
Erhärten lässt sich die Diagnose durch den Levodopa-Test. Sprechen Patienten, bei denen der Arzt die Parkinson-Krankheit vermutet, auf diesen Test an,
das heißt, die Symptome der Krankheit verschwinden bzw. verringern sich
deutlich, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Parkinson-Krankheit vor.
Die meisten Fälle der Parkinson-Krankheit lassen sich somit ohne zusätzliche
apparative Untersuchungen klar diagnostizieren. Gibt es Zweifel an der
Diagnose, erfolgen weitere Untersuchungen wie z. B. die SPECT (SinglePhoton-Emissions-Computer-Tomographie).
11
Wie macht sich die Krankheit bemerkbar?
Eines der auffälligsten Symptome ist das Zittern, auch Tremor genannt. Zittern
ist jedoch nicht unbedingt gleichzusetzen mit der Parkinson-Krankheit: Es gibt
Parkinson-Patienten, bei denen Zittern überhaupt nicht auftritt, während
umgekehrt Zittern noch lange nicht bedeuten muss, dass der Patient an der
Parkinson-Krankheit leidet. Typischerweise besteht der Tremor bei ParkinsonPatienten als Ruhetremor. Er wird in entspannter Haltung deutlich, beispielsweise an den im Schoß liegenden Händen eines sitzenden Patienten.
Die ersten Beschwerden des Patienten
bei einer Parkinson-Krankheit können im
Nacken und im Lendenwirbelbereich
auftreten. Diffuse Rückenschmerzen
werden möglicherweise beklagt.
Verdauungsstörungen, etwa Darmträgheit,
treten stärker in Erscheinung. Unlust und
bedrückte Stimmung können sich einstellen. Beobachtet der Arzt den Patienten
genau und verfolgt er vor allen Dingen
seine Entwicklung über einen längeren
Zeitraum, kann er häufig zwei Veränderungen feststellen, die für das Krankheitsbild
Parkinson typisch sind:
Veränderungen im Schriftbild der
Signatur von Wilhelm von Humboldt
(rechts Jahreszahlen).
die Schrift des Patienten wird kleiner,
der Patient spricht leiser.
Unabhängig davon treten Schwierigkeiten beim Gehen auf, auch das automatische Mitpendeln der Arme ist gestört. Oft sind es jedoch auch häufiger
auftretende Müdigkeit und rasche Erschöpfbarkeit, die den körperlichen
Symptomen vorausgehen und diese sogar überdecken können.
Zu den Hauptsymptomen der Parkinson-Krankheit zählen:
Bewegungsarmut (Akinese),
erhöhte Muskelspannung (Rigor),
12
Zittern (Tremor),
Gleichgewichtsstörungen, die sich im weiteren Verlauf der Krankheit
einstellen.
Bewegungsarmut (Akinese)
Die Akinese stellt für Parkinson-Patienten oft die schwerste Behinderung dar.
Der Begriff Akinese (griechisch a = ohne, fehlend und kinesis = Bewegung)
heißt an sich völliges Fehlen willkürlicher und unwillkürlicher Bewegungen.
Dieser Begriff wurde traditionell beibehalten, wenngleich er der Bewegungsstörung bei der ParkinsonKrankheit nur unvollständig
gerecht wird. Da die Körperbewegungen verlangsamt und
vermindert sind, ist der Begriff
Akinese im Sinne einer
Bewegungsarmut zu verstehen.
Als Betroffener spürt man dies
am ehesten bei feinmotorischen
Tätigkeiten wie dem Zuknöpfen
von Kleidungsstücken oder
dem Anlegen der Armbanduhr,
vielleicht auch bei handwerklichen Tätigkeiten oder beim
Typische Haltung eines Parkinson-Patienten
Musizieren. Ebenso kann bei
willkürlichen Handlungen - wie dem Aufstehen von einem Stuhl - der
Bewegungsstart verzögert sein. Ähnliche Startstörungen können auch die
ersten Schritte beim Gehen erschweren.
Dass auch unwillkürliche, also unbewusst ablaufende Bewegungen vermindert sind, bemerken oft Angehörige eher als der Betroffene selbst. Sie halten
beispielsweise ihren Partner für teilnahmsloser als früher, weil sich Gefühlsregungen nicht mehr so deutlich in dessen Gesichtsausdruck (starr gewordene
Mimik) widerspiegeln.
13
Erhöhte Muskelspannung (Rigor)
Mit Rigor (lateinisch = Steifheit) bezeichnet man einen anhaltend gesteigerten Spannungszustand der Muskulatur, der zu einer Steifheit des Körpers
führt. Meist ist der Rigor auf einer Körperhälfte stärker ausgeprägt als auf der
anderen. Dieses Symptom trägt zur typischen Haltung der Parkinson-Patienten bei: Arme und Beine sind leicht angebeugt, die Schultern nach vorn
gezogen. Rumpf und Kopf sind vornüber geneigt, weichen vielleicht auch
etwas zur Seite ab.
Zittern (Tremor)
Der Tremor (lateinisch = Zittern) stellt das bekannteste Parkinson-Symptom
dar. Bei 80% der Betroffenen ist es bereits zu Beginn oder aber im Verlauf der
Erkrankung zu beobachten. Typischerweise besteht der Tremor bei ParkinsonPatienten als Ruhetremor. Das
bedeutet, er wird bei einer
entspannten Haltung offensichtlich, beispielsweise an den auf
dem Tisch liegenden Händen
eines Patienten. Bewusst ausgeführte Zielbewegungen - wie etwa
der Griff nach einem Glas bringen den Tremor aber schnell
Beispiel eines Ruhetremors (links), ohne
zum Abklingen.
Tremor (rechts)
Alltagsverrichtungen bleiben daher für die meisten Betroffenen weiterhin
ohne große Mühe durchführbar. Dennoch wird das Zittern von den Betroffenen oft als sehr störend empfunden, da es für ihre Umgebung sichtbar ist und
sich bei Gemütsregungen, sei es Freude oder Schreck, sogar noch verstärkt.
Der Tremor ist meist an den Händen, zunächst ein- später beidseitig, seltener
an den Beinen oder am Unterkiefer lokalisiert.
Gleichgewichtsstörungen
Vielen Betroffenen fällt es schwer, im Gedränge kleine Stöße an den Körper
richtig abzufangen. Weil sie das Gleichgewicht schlechter halten können,
14
stolpern und stürzen sie leicht; Ablenkung während des Gehens kann die
Sturzgefahr zusätzlich erhöhen. So kann es problematisch werden, sich
während des Spaziergangs mit dem Partner zu unterhalten und gleichzeitig
ein Taschentuch aus der Jacke zu ziehen. Besser ist es, kurz anzuhalten, um
konzentriert einen bestimmten Handgriff auszuführen.
Psychische Veränderungen
Nicht selten treten als erstes Zeichen der Parkinson-Krankheit depressive
Verstimmungen auf, die auch während der Krankheit weiter existieren können.
Sie sind vermutlich auf das gestörte Gleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn
zurückzuführen. Zusätzlich führt die Krankheit selbst wieder - reaktiv - zu
Stimmungstiefs.
Bei manchen Patienten kann bei fortschreitender Erkrankung eine
Verlangsamung der Denkvorgänge und eine verminderte Konzentrationssowie Merkfähigkeit beobachtet werden. Wenn bei Parkinson-Patienten
Trugbilder (Halluzinationen) oder Verwirrtheitszustände auftreten, so steht
dies häufig in Zusammenhang mit der Einnahme von Medikamenten,
womöglich sogar jenen gegen die Parkinson-Symptomatik, oder mit dem
Auftreten einer zusätzlichen Erkrankung.
Vegetative Symptome
Weiterhin lassen sich vegetative Symptome beobachten, bisweilen sind sie nur
gering ausgeprägt. Sie können sich als vor allem nachts auftretende Schweißausbrüche, Kreislaufstörungen, Verstopfung und Störungen beim Wasserlassen oder auch als vermehrte Talgabsonderungen auf der Haut äußern.
Abgrenzung der idiopathischen ParkinsonKrankheit von ähnlichen Krankheiten
Sekundäres Parkinson-Syndrom
Eine Parkinson-Symptomatik kann auch durch eine deutlich fassbare Ursache
wie Medikamente, Blutgefäßerkrankungen, Entzündungen, Gifte, Unfälle und
15
Hirntumore hervorgerufen werden. Die häufigste Ursache sind Medikamente
wie z. B. typische Neuroleptika (sie werden zur Behandlung psychischer
Störungen eingesetzt) und Antiemetika (bestimmte Arzneimittel gegen
Übelkeit und Erbrechen). In den meisten Fällen bilden sich die ParkinsonSymptome nach Absetzen der auslösenden Medikamente wieder zurück.
Atypische Parkinson-Syndrome
Zu den atypischen Parkinson-Syndromen zählen Erkrankungen, deren
Symptomatik über die der klassischen idiopathischen Parkinson-Krankheit
weit hinausgeht. Hierzu gehören die Multisystematrophien, kurz MSA. Bei
diesen Erkrankungen sind neben der Substantia nigra auch andere Hirnregionen vom Nervenzellverlust betroffen. Das Parkinson-Syndrom ist hierbei
nur ein Teilaspekt umfassender Störungen im Nervensystem.
Vegetative Symptome wie Blutdruckabfall mit Ohnmachtsneigung, Inkontinenz, aber auch Schluckstörungen und ausgeprägte Gleichgewichtsstörungen sind typisch für diese Erkrankungen. Die Symptome können in unterschiedlicher Kombination und Intensität auftreten. Bei einer weiteren Gruppe
von atypischen Parkinson-Syndromen kann es zusätzlich zu erheblichen
Gedächtnisstörungen kommen.
16
Behandlungsmöglichkeiten
bei der Parkinson-Krankheit
Je früher man beginnt, eine bestehende Parkinson-Krankheit zu therapieren,
desto weniger Einfluss kann sie bereits zu Beginn auf das Leben der Betroffenen nehmen. Sie wissen aber bereits, dass die grundlegende Ursache der
Parkinson-Krankheit immer noch unbekannt ist. Deshalb kann man der
Krankheit weder mit vorbeugenden Maßnahmen begegnen noch sie heilen.
Die medikamentöse Therapie, die Sie erhalten, kann nur die Symptome
verringern. So wird versucht, den Dopaminverlust auszugleichen und damit
das gestörte Gleichgewicht der Neurotransmitter wieder in die Balance zu
bringen und dann so lange wie möglich zu erhalten.
Und: Die Therapie mit Parkinson-Medikamenten ist eine lebenslange Therapie. Allerdings ist in den letzten Jahren eine Reihe neuer Medikamente auf
den Markt gekommen, welche die Therapiemöglichkeiten weiter verbessern.
Parkinson-Patienten haben bei normalem Verlauf heute eine Lebenserwartung, die der der Durchschnittsbevölkerung weitestgehend entspricht.
Neben der medikamentösen Behandlung sowie operativen Maßnahmen
spielen aktivierende Behandlungsstrategien wie z. B. Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie eine wichtige Rolle. Nicht zu vergessen ist die psychologische Beratung der Betroffenen und gegebenenfalls der Angehörigen. In
dieser Broschüre konzentrieren wir uns auf die medikamentösen Therapieoptionen für die motorischen Symptome. Was Sie
allein oder mit fachkundiger Unterstützung sonst
noch gegen Ihre Krankheit tun können, entnehmen Sie beispielsweise
den Patientenfaltblättern
(s. links), die Sie aus dem
Internet (www.stalevo.de)
herunterladen können.
17
Medikamentöse Therapie
Die Parkinson-Krankheit ist dadurch gekennzeichnet, dass Dopamin nicht
mehr in ausreichendem Maße gebildet wird. Die Behandlung mit Medikamenten zielt in erster Linie darauf ab, das fehlende Dopamin zu ersetzen und
damit letztlich das Gleichgewicht der Botenstoffe wieder herzustellen.
Heutzutage stehen für die Therapie der Parkinson-Krankheit sieben Wirkstoffgruppen mit mehr als 100 Einzel-Medikamenten zur Verfügung (s. Tabelle auf
Seite 19):
Die sieben Wirkstoffgruppen sind:
Levodopa
COMT-Hemmer
Dopaminagonisten
MAO-B-Hemmer
Amantadin
Budipin
Anticholinergika
Levodopa (= L-Dopa)
Um das bei der Parkinson-Krankheit fehlende Dopamin zu ersetzen, ist es
möglich, den Patienten Levodopa zu verabreichen. Dopamin selbst kann nicht
in Tablettenform eingenommen werden, da es nicht vom Gehirn aufgenommen würde. Levodopa stellt eine Vorstufe des körpereigenen Dopamins dar
und kann als Tablette verabreicht werden, da es die Barriere zwischen
Blutgefäßen und Hirngewebe, die Blut-Hirn-Schranke, überwindet. Im Gehirn
wird Levodopa dann in Dopamin umgewandelt und kann den Dopaminmangel ausgleichen. Damit Levodopa nicht schon vorzeitig im Blut zu
Dopamin umgewandelt wird, wird heutzutage immer ein Dopa-Decarboxylasehemmer (Benserazid oder Carbidopa) zugesetzt. Dieser ermöglicht,
sowohl die Levodopa-Menge pro Tablette als auch die Nebenwirkungen
deutlich zu reduzieren. Levodopa kann auch über eine Sonde direkt in den
Darm verabreicht werden. Dieses Verfahren wird jedoch nur bei Patienten in
weit fortgeschrittenem Stadium angewendet.
18
Parkinson-Medikamente*
Levodopa-Präparate
Levodopa/Benserazid
Madopar
Madopar LT
Madopar Depot
PK-Levo
Levodopa/Carbidopa
Nacom
Nacom retard
Isicom
Duodopa
Levodopa/Carbidopa/
Entacapon
Stalevo 50
Stalevo 75
Stalevo 100
Stalevo 125
Stalevo 150
Stalevo 200
COMT-Hemmer
Entacapon
Comtess
Tolcapon
Tasmar
Dopaminagonisten
Bromocriptin
Pravidel
Lisurid
Dopergin
Alpha-Dihydroergocryptin
Almirid
Pergolid
Parkotil
Cabergolin
Cabaseril
Ropinirol
Requip
Requip Modutab
Pramipexol
Sifrol
Rotigotin
Neupro
Piribedil
Clarium
Apomorphin
Apo-go
MAO-B-Hemmer
Selegilin
Movergan
Rasagilin
Azilect
Amantadin
Amantadinhydrochlorid
Adekin
Amantadinsulfat-lnfusion
PK-Merz Infusion
Amantadinsulfat
PK-Merz
Budipin
Budipinhydrochlorid
Parkinsan
Anticholinergika
Biperiden
Akineton
Metixen
Tremarit
Trihexyphenidyl
Artane
* Diese Liste ist nicht vollständig.
19
Das standardmäßig mit einem Dopa-Decarboxylasehemmer kombinierte
Levodopa bessert meist schon innerhalb weniger Tage deutlich die ParkinsonSymptome, insbesondere die Akinese und den Rigor. Von den Patienten wird
Levodopa in der Regel gut vertragen. Nur gelegentlich kommt es zu Beschwerden wie leichter Benommenheit und Übelkeit, die bei Reduzierung der
Dosis fast immer abklingen. Levodopa wird für den Therapiebeginn vor allem
bei älteren Patienten sowie bei Patienten mit zahlreichen Begleiterkrankungen
verwendet. Bei jüngeren Patienten wird in der Anfangstherapie möglichst mit
einem Dopaminagonisten begonnen, um das bei dieser Altersgruppe höhere
Risiko für Überbewegungen zu reduzieren; meist ist jedoch nach zwei bis drei
Jahren die zusätzliche Levodopa-Gabe unumgänglich.
Levodopa gilt als hocheffektives und gut verträgliches Basismedikament in der
Behandlung der Parkinson-Krankheit, das über kurz oder lang nahezu jeder
Patient benötigt.
COMT-Hemmer
COMT-Hemmer hemmen das Enzym Catechol-O-Methyltransferase (COMT),
wodurch der zweitwichtigste Abbauweg von Levodopa blockiert wird. In
Deutschland steht der periphere, also außerhalb des Gehirns aktive, COMTHemmer Entacapon sowie das peripher und zentral wirksame Tolcapon zur
Hemmung des peripheren Abbaus von Levodopa
Der Einsatz eines COMT-Hemmers reduziert den Abbau von Levodopa zu 3-OMD
in der Peripherie
Levodopa/DDC-Hemmer
Levodopa/DDC-Hemmer/COMT-Hemmer
3-OMD
3-OMD
3-OMD
COMT
Levodopa
DDC
Dopamin
COMT
Levodopa
DDC
Dopamin
Peripherie
BHS
Gehirn
Abkürzungen: DDC = Dopa-Decarboxylase
20
3-OMD
COMT
Levodopa
DDC
Dopamin
COMT
Levodopa
DDC
Dopamin
Peripherie
BHS = Blut-Hirn-Schranke
BHS
Gehirn
3-OMD = 3-O-Methyldopa
Verfügung. Letzteres darf jedoch erst verordnet werden, wenn vorher ein
Therapieversuch mit Entacapon unternommen wurde. Aufgrund des potenziellen Risikos von Leberschädigungen erfolgt eine Tolcapon-Therapie unter
strenger kontinuierlicher Kontrolle der Leberwerte. Für Entacapon ist ein
solches Risiko nicht bekannt.
Durch die COMT-Hemmung bleibt Levodopa länger und in größerer Menge
im Blut. Dies ermöglicht einen gleichmäßigeren Zustrom von Levodopa in das
Gehirn. Hieraus resultiert eine bessere und länger anhaltende Beweglichkeit.
Medizinisch ausgedrückt heißt das, dass es durch COMT-Hemmer zu einer
deutlichen Verlängerung der On-Zeit, also der Phasen guter Beweglichkeit
kommt, gleichzeitig wird die Qualität der On-Zeit nochmals erhöht. Entacapon
und Tolcapon müssen immer zusammen mit Levodopa eingenommen werden.
Entacapon wird von den meisten Patienten gut vertragen. Selten kann
Durchfall auftreten, der nach Absetzen des Medikaments wieder aufhört. Die
Eigenfarbe von Entacapon kann zu einer harmlosen Orangefärbung des Urins
führen. Entacapon wird eingesetzt, sobald Beweglichkeitsschwankungen
durch vorzeitiges Nachlassen der Wirkung von Levodopa auftreten.
Optimiertes Levodopa –
drei Wirkstoffe in einer Tablette
Eine wichtige Weiterentwicklung stellt die Möglichkeit der Einnahme der drei
Wirkstoffe Levodopa, Carbidopa und Entacapon in einer Tablette dar. Dieses
Medikament vereinfacht das duale Einnahmeregime von Levodopa/Carbidopa
und separatem Entacapon quasi zu einer Monotherapie. Die Tablette garantiert nicht nur die korrekte Einnahme der drei Wirkstoffe, es wird auch die
Anzahl der pro Tag einzunehmenden Tabletten deutlich reduziert - spürbare
Vorteile für Arzt und Patient, die sich in besserer und länger anhaltender
Beweglichkeit bei gleichzeitig höherem Anwendungskomfort niederschlagen.
Das optimierte Levodopa ist geeignet für jene Patienten, bei denen
Beweglichkeitsschwankungen durch vorzeitiges Nachlassen der Wirkung von
Levodopa, das ausschließlich mit einem Dopa-Decarboxylasehemmer kombiniert ist, auftreten.
21
Dopaminagonisten
Bei den Dopaminagonisten handelt es sich um Medikamente, welche die
Wirkung von Dopamin imitieren, indem sie direkt an den Schaltstellen (Dopaminrezeptoren) im Gehirn ansetzen, an denen normalerweise die Impulse
durch den Botenstoff Dopamin übertragen werden. In ihrer Wirksamkeit sind
die Dopaminagonisten jedoch Levodopa unterlegen.
Die Einstellung auf diese Präparate erfordert Geduld, da die Besserung der
Parkinson-Symptome, verglichen mit Levodopa, langsamer eintritt und
häufiger mit Nebenwirkungen zu rechnen ist. Übelkeit oder Blutdruckabfall
können vorübergehend eine Zusatzmedikation erforderlich machen. Auch
können Tagesmüdigkeit sowie, insbesondere bei älteren Patienten, Trugbilder
und Verwirrtheitszustände auftreten. Sehr selten kommt es zu - teilweise
rückbildungsfähigen - Herzklappenveränderungen. Dieses Risiko ist bei den
so genannten Ergot-Dopaminagonisten wie Pergolid und Cabergolin erhöht.
Die Non-Ergot-Dopaminagonisten weisen dieses Risiko wiederum nicht auf.
Eine Weiterentwicklung für Patienten mit Schluckschwierigkeiten stellt der
Dopaminagonist Rotigotin dar. Über ein Hautpflaster, das täglich erneuert
werden muss, wird der Wirkstoff gleichmäßig freigesetzt.
Der Dopaminagonist Apomorphin kann in flüssiger Form als Einzelgabe oder
mittels einer am Körper befestigten Minipumpe unter die Haut gespritzt
werden. Hierbei handelt es sich aber um ein Medikament, das vornehmlich in
weit fortgeschrittenen Stadien der Parkinson-Erkrankung zum Einsatz kommt.
Bei jüngeren Parkinson-Patienten wird die Ersttherapie oftmals mit einem
Dopaminagonisten begonnen, im weiteren Krankheitsverlauf ist die Kombination mit Levodopa oder anderen Medikamenten möglich bzw. auch notwendig. Als Vorteil der Dopaminagonisten hat sich erwiesen, dass durch ihren
frühzeitigen Einsatz gerade bei dieser Altersgruppe von Patienten Überbewegungen und Beweglichkeitsschwankungen in den ersten Behandlungsjahren seltener auftreten.
22
MAO-B-Hemmer
MAO-B-Hemmer hemmen die Monoaminoxidase-B (MAO-B; ein
dopaminabbauendes Enzym) und bewirken so eine Anreicherung von
Dopamin im Gehirn. Obwohl insgesamt milder, sind sie in Wirkung und
Nebenwirkungen dem Levodopa ähnlich.
Als MAO-B-Hemmer stehen Selegilin und Rasagilin zur Verfügung, die von
den meisten Patienten gut vertragen werden. Eine Einnahme zur Nacht sollte
jedoch vermieden werden, da es zu Unruhezuständen sowie Schlafstörungen
kommen kann. Als alleiniges Parkinson-Medikament können MAO-BHemmer bei leichten Symptomen die Behandlung einleiten, müssen allerdings
meist bald mit Levodopa ergänzt werden. Diskutiert wird in Fachkreisen, ob
Selegilin und besonders das neue Rasagilin einen vorteilhaften Einfluss auf
den Verlauf der Parkinson-Erkrankung haben.
Amantadin
Die Wirkweise dieser Substanz konnte bis heute noch nicht vollständig geklärt
werden. Es wird angenommen, dass Amantadin in erster Linie die Aktivität
des Neurotransmitters Glutamat im Gehirn hemmt und so dazu beiträgt, das
Ungleichgewicht zwischen den einzelnen Botenstoffen auszubalancieren.
Amantadin ist gegen alle Hauptsymptome der Parkinson-Krankheit wirksam,
wenngleich die Wirkung aber schwächer als die von Levodopa oder Dopaminagonisten ist. Ein günstiger Effekt auf unerwünschte Überbewegungen ist
beschrieben.
Amantadin wird von den meisten Patienten gut vertragen, selten können
Wasseransammlung in den Beinen sowie Trugbilder beobachtet werden.
Amantadin kann sowohl zur Therapieeinleitung bei leichten Fällen als auch im
späteren Krankheitsverlauf in Kombination mit anderen Parkinson-Medikamenten eingesetzt werden. Eine Besonderheit ist, dass Amantadin auch als
Infusionslösung zur Verfügung steht. Diese kann verwendet werden, wenn die
Tabletteneinnahme ein Problem darstellt, beispielsweise in Zusammenhang
mit Narkosen oder Schluckstörungen.
23
Budipin
Bei Budipin handelt es sich um eine Substanz, die unterschiedliche Botenstoffe beeinflusst, vornehmlich jedoch Glutamat-hemmend wirkt.
Budipin wird vorwiegend bei schwer behandelbarem Ruhetremor eingesetzt,
es zeigt auch Wirkung auf Akinese und Rigor. Als Nebenwirkung können
Übelkeit, Schwindel und Trugbilder auftreten. Die sehr seltene QT-ZeitVerlängerung (QT = gesamte elektrische Aktion der Herzkammer in der EKGMessung) beinhaltet die Gefahr lebensgefährlicher Herzrhythmusstörungen
und erfordert engmaschig dokumentierte kardiologische Kontrollen.
Anticholinergika
Anticholinergika sind die am längsten bekannten Medikamente in der
Behandlung der Parkinson-Krankheit. Sie wirken dem relativen Übergewicht
des Neurotransmitters Acetylcholin entgegen, das aus dem Dopaminmangel
resultiert.
Anticholinergika beeinflussen den Rigor positiv, vor allem aber den Tremor. Sie
werden bei speziellen Symptomen wie starkem Schwitzen und Schluckstörungen mit Speichelfluss eingesetzt. Aufgrund der relativ häufig auftretenden Nebenwirkungen, beispielsweise Mundtrockenheit, Verstopfung und
Harnverhalt, werden Anticholinergika nur noch zurückhaltend und niedrig
dosiert angewendet. Meist werden sie deswegen lediglich ergänzend zu
anderen Parkinson-Medikamenten und auch nur bei jungen Patienten
eingesetzt.
24
Operationen am Gehirn
Trotz wissenschaftlichem Fortschritt und verbesserten Operationstechniken
gilt nach wie vor: Ein operativer Eingriff ist nur solchen Patienten vorbehalten,
die medikamentös nicht zufriedenstellend behandelt werden können. Dies
trifft beispielsweise zu, wenn ein durch Medikamente nicht beeinflussbares
Zittern besteht oder der Patient durch Überbewegungen stark beeinträchtigt
ist.
Fast ausschließlich wird heute die Tiefenhirnstimulation durchgeführt, bei der
das Nervengewebe kaum beschädigt wird. Hierbei werden mit operativ im
Gehirn platzierten Elektroden Nervenzellgebiete gehemmt, deren Aktivität im
Rahmen der Parkinson-Krankheit
verändert ist. Der Hauptzielpunkt ist der
Nucleus subthalamicus. Die Elektroden
sind mit einem Schrittmacher verbunden, der unterhalb des Schlüsselbeins
eingesetzt wird. Nach der Operation
kann man die Medikamentendosis meist
deutlich reduzieren, aber nur selten
ganz auf Medikamente verzichten. Die
Effekte der Tiefenhirnstimulation sind
beeindruckend. Die Besserung der
Lebensqualität der Patienten ist beachtlich und hält oft über Jahre an.
Mögliche Nebenwirkungen der Therapie können Sprech- und Sehstörungen,
aber auch Bewegungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten sein. Die
Auswahl der Patienten, die überhaupt für eine Tiefenhirnstimulation in Frage
kommen, geschieht in einem umfangreichen Testverfahren. Nicht jeder Patient
ist für diese Methode geeignet. Wichtige Voraussetzungen sind unter anderem, dass der Patient im Krankheitsverlauf von Levodopa profitiert hat und
keine starke Gehirnarterienverkalkung vorliegt. Die Parkinson-Erkrankung
kann in ihrem Verlauf durch die Operation nicht aufgehalten werden.
Die Tiefenhirnstimulation wird mittlerweile von mehreren Universitätskliniken
und spezialisierten neurologischen Kliniken angeboten.
25
Der Verlauf der Parkinson-Krankheit
Der Verlauf der Parkinson-Krankheit ist im Einzelfall sehr unterschiedlich.
Daher können die auftretenden Symptome variieren und sich individuell
verschieden stark bemerkbar machen. Die Beschwerden werden unterteilt in
motorische und nicht-motorische Symptome, von denen die wichtigsten im
Folgenden aufgeführt sind.
Wearing-off: Wenn die Medikamentenwirkung
vorzeitig nachlässt
Die meisten Patienten bekommen in der Anfangsphase der ParkinsonKrankheit einen Dopaminagonisten oder Levodopa verordnet. Mit dieser
medikamentösen Therapie werden die Symptome für eine gewisse Zeit
spürbar gebessert und sind im Tagesverlauf kaum noch zu bemerken (Honeymoon-Phase).
Leider ist es ein Kennzeichen der Krankheit, dass sie nicht zum Stillstand
kommt, sondern weiter voranschreitet. So werden Sie irgendwann feststellen
oder haben schon bemerkt, dass im Tagesverlauf Symptome wieder auftreten
Typischer Wearing-off-Verlauf während des Tages
gute
SymptomKontrolle
(On-Zeit)
schlechte
SymptomKontrolle
(Off-Zeit)
Wearing-offPeriode
Wi
de eder
r S au
ym ftre
pto te
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Einnahme
der Medikamente
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tom si
mp ern
Sy ess
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Einnahme
der Medikamente
Wearing-offPeriode
Zeit
Einnahme
der Medikamente
oder stärker ausgeprägt sind, noch bevor Sie die reguläre nächste Medikamenten-Dosis einnehmen und diese überhaupt wirken kann. Dieses Phäno26
men der vorzeitig nachlassenden Medikamenten-Wirkung nennt man im
medizinischen Sprachgebrauch Wearing-off (siehe Abbildung Seite 26).
Wearing-off-Symptome können sich von Patient zu Patient ganz unterschiedlich zeigen. So können sowohl Bewegungsverlangsamung und Zittern
(Tremor) ebenso Zeichen des Wearing-off sein wie zunehmende Steifheit der
Muskulatur oder eine verminderte Geschicklichkeit. Es können jedoch auch
nicht-motorische Symptome wie Stimmungsschwankungen, Angstgefühle
oder Schmerzen im Rahmen des Wearing-off auftreten.
Selbst für den Arzt ist es oft nicht ganz leicht, die mitunter diskreten Wearingoff-Symptome frühzeitig zu diagnostizieren und richtig einzuordnen. Wenn Sie
daher das Gefühl haben, dass Ihre Medikamente nicht mehr so gut und so
lange wirken oder dass eventuell neuartige Symptome auftreten, sollten Sie
dies auf jeden Fall mit Ihrem Arzt besprechen. Er wird überprüfen, ob die
Medikamente, die Sie einnehmen, noch richtig für Sie sind und eventuell eine
Umstellung Ihrer Medikation vornehmen.
Sie können Ihren Arzt unterstützen, indem Sie beispielsweise einen von
Parkinson-Spezialisten entwickelten Wearing-off-Fragebogen (WOQ-9)
ausfüllen. Diesen erhalten Sie bei Ihrem Neurologen oder im Internet unter
www.stalevo.de
Um Wearing-off-Symptome zu verhindern, könnte man Levodopa in immer
kürzeren Zeitabständen einnehmen oder auf Levodopa retard (eine
Darreichungsform, aus der Levodopa über einen längeren Zeitraum als bei
herkömmlichen Levodopa-Präparaten in das Blut abgegeben wird) ausweichen. Diese Vorgehensweisen haben sich bei vielen Patienten aber als
unzureichend erwiesen. Auch die zusätzliche Gabe eines MAO-B-Hemmers
zeigt bei vielen Patienten nicht den gewünschten Erfolg.
Ziel der modernen Levodopa-Therapie ist eine möglichst konstante Versorgung des Gehirns mit Levodopa, damit das Gehirn ausreichend Dopamin
bilden kann.
Die Dopaminagonisten zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Wirkung von
Dopamin über einen längeren Zeitraum imitieren. Allerdings sind Dopamin27
agonisten nicht nur schwächer wirksam als Levodopa, sondern sind - zu
beachten vor allem bei älteren Patienten sowie bei Patienten mit
Begleiterkrankungen - mit einer Reihe von Nebenwirkungen verbunden.
Ein in diesen Fällen geeigneteren Therapieansatz stellt das optimierte
Levodopa dar, bei dem die drei Wirkstoffe Levodopa, Carbidopa und
Entacapon in einer Tablette zusammengefasst wurden. Durch den COMTHemmer Entacapon wird zusätzlich der zweitwichtigste Abbauweg von
Levodopa außerhalb des Gehirns blockiert. Levodopa verbleibt so länger und
in größerer Menge im Blut. In zahlreichen Untersuchungen konnte gezeigt
werden, dass sich mit diesen drei Wirkstoffen Wearing-off-Symptome erfolgreich und vergleichsweise gut verträglich behandeln lassen.
Überbewegungen (Dyskinesien / Dystonien)
Mit zunehmender Krankheits- und Behandlungsdauer können auch abnorme,
unwillkürliche Bewegungen (Überbewegungen) auftreten, die häufig mit der
Medikamenteneinnahme korrelieren. Beispielsweise sind so genannte Peakdose-Dyskinesien dann am stärksten ausgeprägt, wenn die LevodopaKonzentration im Blut am höchsten ist. Derartige Überbewegungen treten
ebenso, wenn auch seltener, unter der Behandlung mit Dopaminagonisten
auf. Nach ihrem Erscheinungsbild werden die Überbewegungen in Dyskinesien und Dystonien unterteilt.
Dyskinesien: In der Regel treten diese Überbewegungen in der Phase
guter Beweglichkeit auf, sodass die Betroffenen diese Überwegungen eher
akzeptieren als deren Angehörige, die dann das gemeinsame Auftreten in der
Öffentlichkeit scheuen. Häufig wird eine Bewegungsunruhe im Gesichts- und
Schulter-Nackenbereich beobachtet. Dyskinesien ereignen sich meist, wenn
die höchste Levodopa-Konzentration im Blut erreicht ist, also 1 bis 1,5
Stunden nach der Medikamenteneinnahme (Peak-dose-Dyskinesie). So
genannte Plateau-Dyskinesien können die überwiegende Zeit der guten
Bewegungsphase prägen.
Überbewegungen können jedoch auch in der An- und Abflutphase des
Wirkstoffs als biphasische Dyskinesien auftreten, werden also jeweils eingelei28
tet und abgelöst von schlechten Bewegungsphasen. Biphasische Dyskinesien, die eher durch zähflüssige, teilweise schmerzhafte Bewegungen charakterisiert sind, sind seltener als Peak-dose-Dyskinesien. Sie finden sich vor allem
in weit fortgeschrittenen Parkinson-Stadien.
Dystonien: Sie sind durch langsame und zähflüssige, teilweise drehende
Bewegungen gekennzeichnet. Bei anhaltender Muskelanspannung kann
daraus vorübergehend eine Fehlstellung der Arme, Beine oder des Rumpfes
resultieren.
Besonders in den frühen Morgenstunden können nach dem Erwachen und
vor der ersten Medikamenteneinnahme schmerzhafte Muskelverkrampfungen
in den Füßen bzw. Zehen auftreten (Off-Dystonie).
Plötzliche Schwankungen der Beweglichkeit
Bei manchen Patienten kommt es nach mehreren Jahren auch zu plötzlich
einsetzenden und zeitlich nicht mehr vorhersehbaren Schwankungen der
Beweglichkeit. Bei den Betroffenen wirken einzelne Medikamentendosen
entweder überhaupt nicht oder ihre Wirkung setzt völlig unregelmäßig ein.
Diese Erscheinung nennt man On-off-Phänomen.
Der Zustand, in dem die Patienten beweglich sind, häufig auch überbeweglich, wird On-Phase (englisch: an) genannt, der Zustand schlechter
Beweglichkeit Off-Phase (englisch: aus). Diese Off-Phasen können Sekunden
bis Minuten anhalten. Sie gehen meist mit schweren Parkinson-Symptomen
einher. Die Ursache ist ungeklärt. Vermutlich spielen eine unzureichende
Medikamentenaufnahme aus dem Darm, aber auch Veränderungen an den
Nervenzellen im Gehirn eine Rolle. Typischerweise tritt das On-off-Phänomen
erst im späten Krankheitsverlauf auf.
Freezing (Bewegungserstarrung)
Teilweise kommt es im Krankheitsverlauf (selten sogar bereits zu Beginn der
Erkrankung) zu plötzlichen, unvorhersehbaren Blockierungen der Bewegung.
29
Die Patienten „kleben“ am Boden fest. Dieses
Phänomen, Freezing (englisch: einfrieren)
genannt, tritt seltener auf gerader freier
Strecke auf, sondern eher, wenn sich der
Raum verengt, z. B. beim Durchschreiten einer Tür, oder auch beim Starten einer Bewegung. „Tricks“ wie z. B. ein Anti-FreezingStock (siehe Abbildung rechts) sind oftmals
schon hilfreich.
Sonderfall Akinetische Krise
Die Akinetische Krise ist eine unter Umständen lebensbedrohliche Komplikation. Auslöser für eine solche Krise sind meistens andere Erkrankungen
wie z. B. ein schwerer fieberhafter Infekt. Auch die akute Unterbrechung der
Einnahme der Parkinson-Medikamente kann zu einer solchen Krise führen.
Bezeichnend für die Akinetische Krise ist, dass der Betroffene aus einer guten
Beweglichkeit unter dopaminerger Therapie heraus in kürzester Zeit fast völlig
bewegungsunfähig wird. Er hat einen verstärkten Rigor, kann nicht sprechen
und schlucken. Durch die Schluckstörung kommt es zu ungenügender
Flüssigkeitsaufnahme und die Medikamenteneinnahme ist nicht mehr möglich, was die Situation weiter verschlechtert.
Vegetative Symptome
Neben Bewegungsstörungen kommt es mit fortschreitender Erkrankung
zunehmend zu Störungen im Bereich des vegetativen Nervensystems.
Das vegetative Nervensystem überwacht und steuert unter anderem Herz
und Kreislauf, Verdauung, Wärmehaushalt oder auch den Schlaf. Beim
Gesunden laufen diese Funktionen mehr oder weniger automatisch ab. Ins
Bewusstsein gelangen sie meist erst dann, wenn sie gestört sind.
30
Im fortgeschrittenen Stadium der Parkinson-Krankheit funktioniert das
vegetative Nervensystem bei vielen Patienten nicht mehr ordnungsgemäß.
Hierfür mitverantwortlich ist vermutlich auch der Dopaminmangel.
Die dadurch hervorgerufenen körperlichen Störungen können sich in unterschiedlichen Beschwerden äußern, je nachdem, welches Organ oder welche
Organe betroffen sind. Beobachtet werden:
Störungen der Blasenfunktion mit plötzlich auftretendem Harndrang
Störungen des Kreislaufs mit häufig zu niedrigem Blutdruck
Störungen des Verdauungstraktes mit beeinträchtigter Magenentleerung, Darmträgheit und Verstopfung
Störungen der Wärmeregulation mit vermehrtem Schwitzen und
Wärmeunverträglichkeit
Schlafstörungen
Nachlassen der Sexualfunktion
Teilweise können vegetative Symptome schon dadurch gebessert werden,
indem die Parkinson-Medikamente überprüft und angepasst werden. Spezielle Medikamente und weitere Maßnahmen wie zum Beispiel eine bewusste
Ernährung tragen ebenfalls zur Minderung der Beschwerden bei.
Depressionen und Ängste
Zu den nicht-motorischen Beschwerden zählt auch eine Reihe von psychischen Veränderungen. Diese treten teilweise im Zusammenwirken mit
motorischen Symptomen auf. So berichten zum Beispiel viele Patienten von
Angstgefühlen bei Auftreten von Wearing-off. Auch besteht nicht selten bei
Patienten mit Schwankungen der Beweglichkeit ein direkter Zusammenhang
mit der Stimmungslage. Phasen schlechter Beweglichkeit führen dann häufig
zu Stimmungstiefs. Grundsätzlich wichtig zu unterscheiden ist, ob die nichtmotorischen Beschwerden im Zusammenhang mit dem Off, also einer
verschlechterten Beweglichkeit, oder unabhängig davon auftreten.
Depressionen und Ängste begleiten oft die Parkinson-Krankheit. Depressionen finden sich häufiger in fortgeschrittenen Krankheitsstadien, obwohl sie
31
auch schon zu Beginn der Erkrankung auftreten können. Typisch für eine
Depression ist ein über Wochen anhaltendes Gefühl von Trauer und Niedergeschlagenheit.
Depressionen bessern sich möglicherweise schon in Zusammenhang mit
einer passenden Parkinson-Medikation. Sie können bei Bedarf auch durch
entsprechende Medikamente, so genannte Antidepressiva, gut behandelt
werden.
Konzentrations- und Gedächtnisstörungen
Bei der Parkinson-Krankheit kann es zu Veränderungen der geistigen Leistungsfähigkeit kommen, leichte Konzentrationsstörungen und eine
Verlangsamung der Denkvorgänge werden häufiger beobachtet. Bei weit
fortgeschrittener Parkinson-Krankheit kommt es teilweise auch zu ausgeprägten Gedächtnisstörungen. Depressive Phasen begünstigen das Auftreten von
Gedächtnisstörungen, zum Teil sind sie auch altersbedingt. Grundsätzlich
sinnvoll sind Maßnahmen wie Gedächtnistraining, möglicherweise helfen auch
Medikamente.
Lebhafte Träume bis hin zu Halluzinationen
Ein erhöhtes Risiko für Trugbilder (Halluzinationen) kündigt sich häufig dadurch an, dass vom Patienten
über lebhafte Träume,
teilweise sogar Albträume
berichtet wird. Oft steht diese
Störung in Zusammenhang
mit der Einnahme von
Medikamenten, womöglich
sogar jenen gegen die
Parkinson-Symptome. Es ist
aber auch möglich, dass ein
Zusammenhang mit einer
Halluzination eines Patienten: Soldat mit Pillenschachtel als Revolver
zusätzlichen Erkrankung
32
besteht. Ihr Arzt wird deshalb auch immer eine gründliche allgemeine Untersuchung durchführen, um nach einer solchen Zweiterkrankung zu fahnden.
Wenn bei dieser Suche keine andere Erkrankung entdeckt wird, müssen alle
von Ihnen eingenommenen Medikamente überprüft werden. Eventuell ist der
Einsatz von Schutzmedikamenten, so genannten atypischen Neuroleptika, zur
Behandlung von Trugbildern erforderlich.
Umgang mit der Parkinson-Krankheit
Oft ist eine deutliche Besserung sowohl
motorischer als auch nicht-motorischer
Beschwerden zu erreichen, indem die
Parkinson-Medikamente überprüft und
angepasst werden. Es kann notwendig sein,
dass Sie ab einem gewissen Zeitpunkt
andere Medikamente einnehmen müssen als
in den Jahren zuvor. Aber auch Sie selbst
können dazu beitragen, Ihr Befinden und
Ihre Lebensqualität zu verbessern, indem Sie
aktiv werden. Intensive Begleittherapien, sei
es Bewegungs- oder Ergotherapie, LogopäMiteinander Sprechen ist wichtig.
die oder auch eine Ernährungsumstellung
helfen Ihnen bei der Bewältigung der Krankheit im Alltag. Beziehen Sie Ihre
Angehörigen und Ihnen nahestehende Personen mit in Ihr tägliches Leben
ein. So finden Sie Verständnis und können optimal unterstützt werden.
Weiterführende Adressen
Deutsche Parkinson Vereinigung
- Bundesverband - e. V.
Moselstr. 31
41464 Neuss
Tel.: 02131 / 410 -16/-17
Fax: 02131 / 45445
www.parkinson-vereinigung.de
Kompetenznetz Parkinson
Rudolf-Bultmann-Str. 8
35039 Marburg
Tel.: 06421 / 586 5272
Fax.: 06421 / 586 5308
www.kompetenznetz-parkinson.de
33
Nachwort
Die Parkinson-Krankheit ist eine fortschreitende Erkrankung, die eine lebenslange Therapie erforderlich macht. Durch eine intensive und aktive Zusammenarbeit zwischen Arzt, Patient und dessen Angehörigen sowie wirkungsvollen Medikamenten und weiteren Therapien gelingt es in den meisten
Fällen, die Symptome effektiv zu verringern. Ziel ist es, Ihnen ein zufriedenstellendes Leben mit hoher Lebensqualität zu ermöglichen.
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Notizen für mein nächstes Arzt-Gespräch
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Notizen für mein nächstes Arzt-Gespräch
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