Fall mit Luftwiderstand 1. Wenn die Luft mitmischt Wenn Körper während ihres Falls stroboskopisch beleuchtet werden, dann erhält man in sehr anschaulicher Form Informationen über die Geschwindigkeiten unterwegs ‹ V 1 . Man kann dem Foto die Wege zwischen zwei Blitzen entnehmen, daraus Durchschnittsgeschwin­ digkeiten berechnen und in einem Zeit-Geschwindigkeit-Diagramm darstellen ‹ B 1 . Kugel und Papiertrichter als Fall­körper liefern sehr unterschiedliche Ergebnisse: Für die Kugel ist das Zeit-Geschwindigkeit-Diagramm eine Gerade; die Geschwindigkeit wächst proportional mit der Zeit. Die Bewegung ist gleichmäßig beschleunigt und es gilt υ = g t. Für den Papiertrichter wächst die Geschwindigkeit nur in den ­ersten hundertstel Sekunden nach υ = g t. Dann bleibt er gegenüber der Kugel zurück. Die von Blitz zu Blitz zurückgelegten Wege wach­ sen immer weniger, die Beschleunigung nimmt also ab. Gegen Ende des Beobachtungszeitraums bewegt sich der Papiertrichter gleich­ förmig; die Punkte im t-υ-Diagramm liegen auf einer Parallelen zur t-Achse. Es liegt am Luftwiderstand, dass der Papiertrichter keine gleich­ mäßig beschleunigte Bewegung ausführt und nach einem beschleu­ nigten „Anlauf“ gleichförmig fällt. 2. Konstante Endgeschwindigkeit durch Luftwiderstand Eine Kugel und ein Papiertrichter fallen bei stroboskopischer Beleuchtung (Δ t = 0,067 s) entlang dem nach unten ge­ richteten Maßstab. Sie werden gleichzeitig – beim Blitz Nummer null – losgelassen. Unter­ wegs ändert sich die Kräftebilanz. V 1 Wir wissen, dass die Beschleunigung nach N ewton s Grundgesetz strikt mit der resultierenden Kraft F Resverbunden ist: a = F Res/m. Die Masse ändert sich weder bei der Kugel noch beim Papiertrichter. Die Konstanz der Beschleunigung bei der Kugel bedeutet demnach konstante resultierende Kraft. Die Abnahme der Beschleunigung beim Papiertrichter bedeutet dagegen abnehmende resultierende Kraft. Wir zeichnen für verschiedene Zeitpunkte die uns bekannten Kräfte in das Bild zu ‹ V 1 ein: • Die Gewichtskräfte auf Papiertrichter und Kugel wirken ständig, sie werden jeweils durch rote Pfeile G dar­gestellt. • Die hellroten Pfeile F Lrepräsentieren die Luftwiderstandskraft; sie zeigen nach oben (entgegen der Bewegungsrichtung). Ihre Längen wachsen mit der Geschwindigkeit υ. Auswertung des ‹ V 1 : Zeit-Geschwindigkeit-Diagramm für Kugel und Papiertrichter. Die berechneten Ge­ schwindigkeiten wurden jeweils dem Zeit­ punkt in der Mitte zwischen zwei Blitzen ­zugeordnet. B 1 106 Fall- und Wurfbewegungen Fall mit Luftwiderstand Wir betrachten zunächst den Papiertrichter: Der Luftwiderstand wächst mit zunehmender Geschwindigkeit. Beim Start ganz oben im Bild bestimmt allein die Gewichtskraft die resultierende Kraft, der Papiertrichter bewegt sich beschleunigt. Mit wachsender Geschwin­ digkeit wird der Luftwiderstand größer. Schließlich ist die Luftwider­ standskraft der Gewichtskraft gegengleich. Dann ergeben beide ­zusammen die resultierende Kraft F Res = 0. Mit ihr ist die Beschleu­ nigung a = 0. Der Papiertrichter bleibt aber nicht stehen, sondern fällt mit kons­ tanter Geschwindigkeit weiter. Auch die fallende Kugel erfährt Luftwiderstand, der ebenfalls mit zunehmender Fallgeschwindigkeit größer wird. Kräftegleichgewicht und Endgeschwindigkeit stellen sich aber erst bei etwa 60 m/s ein. Die kleinere Fläche der Kugel erfährt nämlich eine kleinere Luft­ widerstandskraft, die sich gegenüber der größeren Gewichtskraft erst bei sehr viel größeren Geschwindigkeiten bemerkbar macht. In unserem Versuch ist davon noch nichts festzustellen. Merksatz Bei Fallbewegungen mit Luftwiderstand stellt sich nach hinreichend langer Zeit eine konstante Geschwindigkeit ein. Die Resultierende n aus Gewichtskraft und Luftwiderstandskraft ist dann null. 3. Ein Kraftgesetz für den Luftwiderstand Vier Trichter erfahren zusammen vierfa­ che Gewichtskraft. Schon bei doppelter ­Geschwindigkeit ist die Luftwiderstandskraft ebenfalls vervierfacht. Die Resultierende ist wieder null. B 2 Wir erhöhen die Gewichtskraft des Papierkegels, indem wir mehrere gleiche Exemplare ineinander stecken ‹ B 2 . Form und Fläche, die den Luftwiderstand beeinflussen, ändern sich dabei nicht. Erst bei vier ineinander gesteckten Trichtern verdoppelt sich die Endge­ schwindigkeit. Dann ist die Gewichtskraft vierfach, also auch die mit ihr ins Gleichgewicht gekommene Luftwiderstandskraft. Daraus folgt: Bei Verdopplung der Geschwindigkeit υ vervierfacht sich die . Sie ist dann der Gewichtskraft von vier Luftwiderstandskraft F L Trichtern gegengleich. Also ist F L ~ υ 2. Die Proportionalität F L ~ υ 2für den Betrag der Luftwiderstandskraft gilt allgemein. Mit dem Proportionalitätsfaktor C kann man schrei­ ben F L = C · υ 2. Die Größe C wird u. a. von der Fläche A bestimmt, die der Körper der Luft anbietet. Es gilt ein einfacher Zusammen­ hang: C ist proportional zu A, d. h. doppelte Fläche ergibt doppeltes C. Mit dem Widerstandsbeiwert c wund der Dichte ρ der Luft schreibt man: C = _12 c w · ρ · A. Die komplette Formel für die Luftwiderstands­ kraft heißt dann Die Sportler haben die Fallschirme noch nicht geöffnet. Sie werden so lange beschleu­ nigt, bis Gewichts- und Luftwiderstandskraft gegengleich sind. Dann fallen sie gleichförmig mit der durch ihre Körperfläche bestimmten Endgeschwindigkeit (max. 50 m/s). B 3 1 F L = __ c w ρ A υ 2. 2 Daraus folgt für das Kräftegleichgewicht bei der Endgeschwindigkeit 2 υ Enddie Betragsgleichung G = _12 c w ρ A υ End . Merksatz Für den Betrag der Luftwiderstandskraft gilt: 1 F L = __ c w ρ A υ 2. 2 (1) Für die Endgeschwindigkeit υ Enddes Falls mit Luftwiderstand gilt: 1 2 G = __ c w ρ A υ End . 2 (2) n Bei einer Kugel mit Radius r ist das Volumen und damit auch G pro­ portional zu r 3; dagegen ist die Fläche A proportional zu r 2. Nach ~ r. – Aus Gleichung 2 gilt dann für die Endgeschwindigkeit υ 2 End diesem Grund fallen große Regentropfen schnell (bis zu 8 m/s), während kleine Nebeltröpfchen mit weniger als 0,08 m/s zu Boden sinken. Bei geöffnetem Fallschirm sorgt das gro­ ße Tuch für sehr großen Luftwiderstand. Die Sink­geschwindigkeit beträgt dann etwa 5 m/s. B 4 Scheibe Kugel Lkw T 1 1,12 0,45 0,8 – 1 Pkw 0,15 – 0,7 Stromlinien- 0,056 form Einige Widerstandsbeiwerte c w Fall mit Luftwiderstand Fall- und Wurfbewegungen 107