Tierärztliche Hochschule Hannover Zum Reproduktions- und Aufzuchtverhalten des Goldbraunen Mausmakis (Microcebus ravelobensis, Zimmermann et al. 1998) INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin - Doctor medicinae veterinariae ( Dr. med. vet. ) vorgelegt von Franziska Quietzsch Karl-Marx-Stadt Hannover 2009 Wissenschaftliche Betreuung: PD Dr. Ute Radespiel, Institut für Zoologie 1. Gutachter: PD Dr. Ute Radespiel 2. Gutachter: Prof. Dr. Sabine Meinecke-Tillmann Tag der mündlichen Prüfung: 28.05.09 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung ………………………………………………………………………………….1 1.1 Das sozioökologische Modell ………………………………………………………….1 1.2 Weibliche Fortpflanzungsstrategien ………………………………………………….3 1.3 Weibliche Fortpflanzungsstrategien bei Lemuren vor dem Hintergrund der Weibchendominanz ………………………………………………………………….7 1.4 Jungtieraufzucht unter Lemuren ………………………………………………….9 1.5 Vorstellung des Modellorganismus – Der Goldbraune Mausmaki …………14 1.6 Ziele der Arbeit ………………………………………………………………………..21 1.6.1 Untersuchung der weiblichen Reproduktionsbiologie …………………………22 1.6.2 Untersuchung der weiblichen Reproduktionsstrategien …………………………23 1.6.3 Untersuchung zum Aufzuchtverhalten …………………………………………25 2. Material und Methoden ………………………………………………………………...27 2.1 Untersuchungsgebiete und Untersuchungszeitraum …………………………27 2.1.1 Untersuchungsgebiete ………….………………………………………...………..27 2.1.1.1 Jardin Botanique A ……………………………………………………….29 2.1.1.2 Jardin Botanique B ……………………………………………………….30 2.1.2 Untersuchungszeitraum ………………………………………………………...31 2.2 Datenerhebung im Feld ………………………………………………………...33 2.2.1 Fang/Wiederfang in den Studiengebieten …………………………………33 2.2.2. Vermessung, Erfassung des Reproduktionsstatus, Markierung und Probennahme ………………………………………………………………...35 2.2.3 Besenderung von Weibchen ………………………………………………...39 2.2.4 Verhaltensbeobachtungen ………………………………………………………...41 2.2.5 Bestimmung der Schlafplätze ………………………………………………...43 2.2.6 Zusammensetzung der Schlafgruppen …………………………………………46 2.3 Datenanalyse ………………………………………………………………………..46 2.3.1 Populationsökologische Methoden …………………………………………46 2.3.1.1 Nutzung von Fallen und Fangbarkeit…….………………………….….46 2.3.1.2 Bestimmung der Populationsgröße …………………………………….46 2.3.1.3 Berechnung der Populationsdichte …………………………………….50 2.3.2 Reproduktionsbiologie der Weibchen …………………………………………50 2.3.3 Analyse der weiblichen Reproduktionsstrategien …………………………51 2.3.3.1 Einteilung der reproduktiven Phasen ……………………….………….51 2.3.3.2 Aktivitätbudgets ….……………………………………………………….52 2.3.3.3 Nächtliche Aktionsräume und Wanderstrecken .……………………...53 2.3.3.4 Östrussynchronität …….…………………………………………………54 2.3.3.5 Sozialverhalten ….………………………………………………………..54 2.3.3.6 Zusammensetzung der Schlafgruppen …….………………………….55 2.3.4 Analyse der Kondition und Verfügbarkeit potentieller männlicher Partner ...........................................................................................................................55 2.3.4.1 Saisonale Änderung des Hodenvolumens ……………………………..55 2.3.4.2 Saisonale Änderung des Körpergewichtes …………………………….55 2.3.4.3 Anzahl männlicher Individuen in der Nähe der Weibchen …………...56 2.3.5 Analyse des Aufzuchtverhaltens ………………………………………………...56 2.3.5.1 Entwicklung der Mutter-Kind-Kontakte und ontogenetische Betrachtungen……………………………………………………………..56 2.3.5.2 Schlafplatzwahl in und außerhalb der Aufzuchtzeit ……..…………..57 2.3.6 Genetische Analysen ………………………………………………………...57 2.3.6.1 DNA Extraktion ……………………………………………………….……57 2.3.6.2 Erstellung der Multilokus-Genotypen ……………………………….…...58 2.3.6.3 Sequenzierung der mitochondrialen d-loop ……………………….……60 2.3.6.4 Bestimmung der Verwandtschaftsverhältnisse in Schlafgruppen …....62 2.3.7 Datenverarbeitung und statistische Verfahren 3. Ergebnisse ……………………………………………………………………......65 3.1 Populationsökologie 3.1.1 Fangbarkeit …………………………………63 ………………………………………………..……………….65 ………………………………………………………………………..65 3.1.2 Populationsgröße ……….……………...…………………………………………...72 3.1.3 Populationsdichte ………………………………………………………………...76 3.1.4 Anzahl weiblicher Individuen in der Nähe eines Weibchens 3.1.5 Geschlechterverhältnis …………………78 ………………………………………………………...83 3.2 Kondition und Verfügbarkeit potentieller männlicher Partner …………………85 3.2.1 Saisonale Änderung des Körpergewichtes …………………………………85 3.2.2 Saisonale Änderung des Hodenvolumens …………………………………88 3.2.3 Anzahl männlicher Individuen in der Nähe der Weibchen 3.3 Reproduktionsbiologie der Weibchen …………………90 …………………………………………93 3.3.1 Zyklusübersicht der Weibchen ………………………………………………...93 3.3.2 Konzeptionswahrscheinlichkeit ………………………………………………...97 3.3.3 Trächtigkeitsdauer …...……………………………….………………..………….101 3.3.4 Reproduktive Phasen der Senderweibchen ………………………………….…102 3.3.5 Verfügbarkeit östrischer Weibchen ………………………………….…....104 3.3.6 Saisonale Entwicklung des Körpergewichtes der Weibchen ………….…….107 3.4 Weibliche Reproduktionsstrategien ……………………………………………….109 3.4.1 Kontaktzeiten zu den Fokusweibchen …….……...……………………………..109 3.4.2 Aktivitätsbudgets in und außerhalb der Paarungszeit ………………………..110 3.4.3 Raumnutzung in und außerhalb der Paarungszeit ………………………..115 3.4.4 Östrussynchronität ……………………………………………………………….124 3.4.5 Sozialverhalten innerhalb und außerhalb der Paarungszeit ………………..125 3.4.6 Zusammensetzung der Schlafgruppen vor der Aufzuchtzeit ………………..135 3.4.7 Paarungsverhalten ……………………………………………………………….144 3.5 Aufzuchtverhalten ……………………………………………………………….146 3.5.1 Schlafplatzwahl in und außerhalb der Jungtieraufzucht ………………..147 3.5.2 Nutzungsmuster der Schlafplätze während und außerhalb der Jungtieraufzucht …………………………………………………………………………………..…..150 3.5.3 Schlafgruppenzusammensetzung während und außerhalb der Jungtieraufzucht ……………………………………………………………….155 3.5.4 Entwicklung der Raumnutzung während und außerhalb der Aufzuchtzeit 3.5.5 Entwicklung der Mutter-Kind-Kontakte ..158 …………………………….…………158 3.5.6 Ontogenetische Beobachtungen ……………………………………………….168 4. Diskussion ………………………………………………………………………169 4.1 Methodenkritik ………………………………………………………………………169 4.2 Untersuchung der weiblichen Reproduktionsbiologie ………………………..172 4.3 Reproduktionsstrategien weiblicher goldbrauner Mausmakis 4.4 Untersuchung des Aufzuchtverhalten ………………..187 ……………………………………….207 5. Zusammenfassung ……………………………………………………………….223 6. Literaturverzeichnis ……………………………………………………………….229 7. Anhang ………………………………………………………………………………273 Abkürzungsverzeichnis A Allelausschluss A Aufzuchtzeit Abb Abbildung Aug August Dez Dezember df Freiheitsgrad DNA Desoxyribonukleinsäure dNTP´s deoxynucleotide Triphosphate eds editors F Prüfwert des ANOVA-Tests Fa Firma g Gramm G statistische Prüfgröße des Goodness-of-fit-Tests Gr Gruppe h Stunde ha Hektar Hrsg Herausgeber ID Identifikationsnummer Jan Januar JBA Jardin Botanique A JBB Jardin Botanique B km Kilometer KW Kalenderwoche M Männchen m Meter Max Maximum Min Minimum Mit N mit Nachwuchs mm Millimeter mm³ Kubikmillimeter MNA Minimum Number of Animals Known Alive MWU Mann-Whitney-U-Test N Anzahl der Stichproben NN Normalnull n.s. nicht signifikant Okt Oktober p Irrtumswahrscheinlichkeit P Paarungszeit PCR Polymerase Chain Reaction PTC Peltier Thermal Cycler r Verwandtschaftskoeffizient SG Schlafgruppe SG? Unbekanntes Schlafgruppenmitglied SGM Schlafgruppenmännchen SGW Schlafgruppenweibchen Tab Tabelle T Tragzeit ohne N ohne Nachwuchs VP Vorpaarungszeit W Weibchen WmN Weibchen mit Nachwuchs WoN Weibchen ohne Nachwuchs Z statistische Prüfgröße z. Bsp zum Beispiel ? unbekanntes Individuum 1|Seite 1. Einleitung 1.1. Das sozioökologische Modell Nach Darwin (1859) strebt jedes Individuum danach, eine Fitnessmaximierung zu erzielen. Die Strategien, die ein Individuum wählt, um dieses Ziel zu erreichen, werden von einer Reihe von Faktoren modifiziert und können daher sehr unterschiedlich aussehen (Swartz Soukup & Thompson 1997, Heg & van Teuren 1998). Bei Säugern werden der Reproduktionserfolg und damit die Fitness der Weibchen durch den Zugang zu Ressourcen, wie Nahrung und Nistplätzen, bestimmt (Trivers 1972, Wrangham 1980). Bei den Männchen wird der Reproduktionserfolg durch den Zugang zu rezeptiven Weibchen beschränkt, die selbst eine rare Ressource darstellen. Das sozioökologische Modell (Abb.1) geht daher davon aus, dass sich das Verhalten der Weibchen nach den Faktoren Prädationsrisiko und Ressourcenverteilung richtet. Die Verteilung der Männchen passt sich dann in einem zweiten Schritt der gegebenen Verteilung der Weibchen an (Emlen & Oring 1977). Ressourcenverteilung Prädationsrisiko Verteilung Weibchen Infantizidrisiko Vor- und Nachteile des Gruppenlebens Verteilung Männchen Väterliche Fürsorge Abb. 1 Grundzüge des sozioökologischen Modells nach Emlen und Oring (1977) ( : maßgebliche Einflussfaktoren; : potentielle Einflussfaktoren; : untergeordnete Einflussfaktoren) Die Verteilung der Ressourcen in einem Habitat beeinflusst die Struktur von Weibchengruppen (Wrangham 1980, van Schaik 1989). Liegen Ressourcen in 2|Seite ausreichender Menge vor, die zudem gleichmäßig in einem Gebiet verteilt sind, sollte keine direkte Konkurrenz um diese entstehen. Agonistische Auseinandersetzungen zwischen den Weibchen würden keine Vorteile bringen (´non-female bonded`). Solche Beziehungen sind unter anderem bei arborealen Primatenarten mit folivorer Ernährungsweise zu finden, wie z.B. bei Stummelaffen (Dunbar & Dunbar 1976). Wenn Ressourcen hingegen geklumpt und limitiert vorliegen und damit monopolisierbar werden, sollten agonistische Auseinandersetzungen und klare Rangordnungen zwischen Weibchen ausgeprägt sein („female-bonded“), was z.B. innerhalb der Lemuren z.B. bei Lemur catta (van Schaik 1989) der Fall ist. Natürlich ist die Verteilung von Ressourcen auch ausschlaggebend dafür, ob Weibchen solitär oder in Gruppenverbänden leben. Dabei ist sowohl die zeitliche als auch die räumliche Verteilung von Ressourcen entscheidend. Bei fleckenhafter Verteilung einer Ressource ist es für ein Individuum notwendig, eine größere Gesamtfläche zu verteidigen, als dies für die Befriedigung des eigenen Bedarfs notwendig wäre (Johnson et al. 2002). Daher kann ohne wesentlich größere Kosten ein zweites Individuum im selben Gebiet Zugang zu ausreichend vielen Ressourcen gewinnen. Nach dieser sogenannten Ressourcendispersions-Hypothese kann Gruppenleben zunächst ohne besondere Vorteile entstehen, weil durch diesen Zusammenhang die Kosten des Zusammenlebens entscheidend reduziert werden (Kappeler 2006). Durch eine optimale Raubfeindvermeidung können das eigene Überleben und das Überleben der Nachkommen gesichert werden. Dies führt zu einer Erhöhung des individuellen Reproduktionserfolges (Alcock 1998). Das Leben innerhalb eines Gruppenverbandes kann sich dabei als vorteilhaft erweisen, da mehrere Individuen schneller und sicherer Prädatoren erkennen und vertreiben können (van Schaik 1983, Cheney & Wrangham 1987). Außerdem werden bei einem Angriff durch einen Prädator aufgrund des Verdünnungs- und Verwirrungseffekts die individuellen Überlebenschancen erhöht (Hamilton 1971). Das Ziel, das von den Männchen verfolgt wird, besteht darin, Zugang zu möglichst vielen Weibchen zu erlangen (Clutton-Brock & Parker 1992). Das Erreichen dieses Zieles ist abhängig von der räumlichen und zeitlichen Verteilung rezeptiver Weibchen (Say et al. 2001). Gibt es in einem Gebiet zum Beispiel eine niedrige Dichte an 3|Seite Weibchen, die zudem stark synchronisiert östrisch werden, können die Männchen z.B. eine monogame Beziehung, eine Aktionsraumvergrößerung in der Paarungszeit oder die Verteidigung eines größeren Gebietes in Betracht ziehen (Emlen & Oring 1977, Ims 1988, 1994, Schwagmeyer 1988, Whitehead 1990). Außer in einer Monogamie oder kohäsiven Polygynie wird es für die Männchen schwierig sein, bestimmte Weibchen oder Ressourcen zu monopolisieren. Hier hängt viel von der Fähigkeit der Männchen ab, östrische Weibchen zu lokalisieren und sich, wenn möglich, mit ihnen häufiger zu verpaaren als Konkurrenten (scramble competition). Gemischte Vaterschaften sind unter diesen Bedingungen nicht selten. Daher spielt in diesen Fällen auch die sogenannte Spermienkonkurrenz eine entscheidende Rolle. Hierbei konkurrieren die Spermien verschiedener Männchen, die ein Weibchen begattet haben, um die Befruchtung der weiblichen Eizellen. Charakteristisch für diese Art der intrasexuellen Konkurrenz sind beispielsweise große Hoden (Harcourt et al. 1981, Clutton-Brock 1989, Davies 1991, Eberle & Kappeler 2002). Findet man hingegen eine hohe Dichte an Weibchen, sowie asynchrone Zyklen, ist die Möglichkeit, ein Weibchen zu monopolisieren, höher. Hier sollten die Männchen in der Lage sein, den Zugang zu Weibchen gegenüber Rivalen zu verteidigen („contest competition“, Milinski & Parker 1991). Dabei spielen die Körpergröße und das Körpergewicht eine große Rolle (Clutton-Brock 1991; Weckerly 1998; SchulteHostedde & Millar 2002). Zu dieser Verteidigungstaktik gehört auch das Überwachen rezeptiver Weibchen („mate guarding“). Daher findet man in diesem Fall einen geringeren Anteil gemischter Vaterschaften. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Männchen ihre Strategien an die Wahrscheinlichkeit ein Weibchen zu befruchten, die Anzahl anderer Paarungsmöglichkeiten und die Kosten einer Weibchenverteidigung anpassen (Eberle & Kappeler 2004b). 1.2. Weibliche Fortpflanzungsstrategien Die Fitness von Weibchen soll hautpsächlich durch ihren Reproduktionserfolg und das Überleben ihres Nachwuchses bestimmt (Eberhard 1998, Jennions & Petrie 2000, Gavrilets et al. 2001, Fedorkaf & Mousseau 2002, Kokko et al. 2003). Dabei ist 4|Seite die Wahl des geeigneten Paarungspartners („best male strategy“ nach Clutton-Brock & Harvey 1976) ein wichtiger Faktor. Da in der Regel die Weibchen den größten Anteil an Investitionen in die Nachkommen haben, sollten sie sich hierbei wählerisch zeigen (Krebs & Davis 1996). Bei der Auswahl des besten Partners spielt neben der Weitergabe guten genetischen Erbmaterials auch die Investitionsbereitschaft der Männchen eine Rolle. Durch die Wahl eines Männchens, das in der Lage ist, eine Ressource oder aber Weibchen direkt gegen Konkurrenten zu verteidigen, könnten solche Eigenschaften, soweit sie genetisch fixiert sind, auch an die Nachkommen weitergegeben werden. Bei Arten, die Brutpflege betreiben, kann die Fähigkeit und Bereitschaft des Männchens, über die Paarung hinaus in seine Nachkommen zu investieren, auch ein entscheidendes Auswahlkriterium für das Weibchen sein (Eberhard 1998, Jennions and Petrie 2000, Gavrilets et al. 2001, Fedorkaf and Mousseau 2002, Kokko et al. 2003). Ein Weibchen hat verschiedene Möglichkeiten die Partnerwahl zu beeinflussen. Wenn Männchen die Initiative übernehmen und paarungsbereite Weibchen aufsuchen, haben letztere die Wahl, auf die Aufforderungen einzugehen oder diese abzulehnen. Eberle und Kappeler (2004a) beobachteten, dass Graue MausmakiWeibchen während ihres Östrus nicht in der Lage waren, Paarungen abzuwehren (Eberle und Kappeler 2004a). Radespiel (2001) konnte hingegen bei vier von acht beobachteten Grauen Mausmaki-Weibchen feststellen, dass diese sich den Paarungsversuche von Männchen widersetzten. Weibchen können allerdings auch selbst auf Partnersuche gehen, um erwählte Männchen zu Paarungen aufzufordern (Kappeler 2006). Weibliche Graue Mausmakis kopulieren z.B. in einem sehr engen Zeitfenster von wenigen Stunden pro Jahr mit jedem Männchen, das Interesse zeigt, wehren sich aber gegen jeden Annäherungsversuch davor oder danach (Eberle & Kappeler 2004a). Bei östrischen Lemur catta Weibchen konnte beobachtet werden, dass diese aktiv die Nähe der Männchen suchen und diese zu Kopulationen regelrecht auffordern, in dem sie ihnen den Rücken zudrehen und den Schwanz anheben. Sie suchten während ihres Östrus sogar gezielt Kontakt zu Männchen aus anderen Gruppen (Sauther 1991). 5|Seite Die Wahl mehrerer Männchen als Kopulationspartner kann vorteilhaft sein. Obgleich die während einer Kopulation übertragenen Spermien in der Regel für die Befruchtung aller Eizellen eines Weibchens mehr als ausreichend sind, kann es sich für ein Weibchen auszahlen, mehrfach und mit verschiedenen Männchen zu kopulieren (Alcock 1996, Reynolds 1996). Die Vorteile können vielfältiger Natur sein. Neben direktem materiellen Gewinn, zum Beispiel in Form von Brautgeschenken (Thornhill & Alcock 1983) ist bei einigen Arten ein promiskuitives Paarungsverhalten mit der Rekrutierung von Männchen zur Jungenaufzucht verbunden (Kleiman & Malcolm 1981, Clutton-Brock 1991, Poldmaa & Holder 1997, Nakamura 1998). Die Unsicherheit der Vaterschaft kann Männchen daran hindern, Infantizid zu begehen und sie dazu veranlassen, die Jungtiere vor anderen infantizidalen Männchen zu schützen (van Schaik 1996, van Schaik & Kappeler 1997, Swartz Soukop & Thompson 1997, van Schaik et al. 1999). Sie kann auch die Bereitschaft von Männchen erhöhen, Nachwuchs gegen Prädatoren zu verteidigen (Petrie & Kempenaers 1998). Weibchen können aber auch genetische Vorteile aus wiederholten Paarungen gewinnen, indem die Qualität und genetische Vielfalt der Nachkommen gesteigert wird (Jennions 1997, Stear et al. 1998, Drickamer et al. 2000, Osikowski & Rafinski 2001). Dennoch sind wiederholte Kopulationen für Weibchen auch mit Kosten verbunden, denn diese Zeit können sie nicht mit Nahrungssuche und -aufnahme verbringen. Betrogene Männchen können ihr elterliches Investment verringern, wenn sie Untreue vermuten. Der sexuelle Kontakt zu mehreren Männchen birgt außerdem ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit Krankheiten und die Übertragung von Parasiten. Paarungen mit mehreren Männchen konnten z.B. bei Grauen Mausmakis beobachtet werden (Radespiel & Zimmermann 2002, Eberle & Kappeler 2004). Ein Weibchen verpaarte sich dabei mit ein bis sieben verschiedenen Männchen. Bei der Gattung Varecia verpaaren sich Weibchen ebenfalls mit mehreren Männchen, die entweder der eigenen aber auch einer anderen Gruppe angehören können (Morland 1993b, Vasey 2007). Neben der direkten Wahl, die Weibchen ausüben können, spielt auch die indirekte Partnerwahl eine große Rolle. Aus einer Studie an Grauen Mausmakis weiß man, dass Weibchen ihren Östrus sowohl akustisch, durch spezifische Werberufe, als 6|Seite auch olfaktorisch, durch Urinmarkieren, anzeigen können (Büsching et al. 1998). Somit erregen sie die Aufmerksamkeit von potentiellen Paarungspartnern. Auch bei Aye-Ayes wurde beobachtet, wie östrische Weibchen durch wiederholte Rufe die Aufmerksamkeit von Männchen erregten (Sterling 1993a). Auch die zeitliche Verteilung der Östren bietet den Weibchen die Möglichkeit, die Paarungsstrategien der Männchen zu beeinflussen. So reduziert die zeitliche Synchronisierung der Östren das Monopolisierungspotential der Männchen, da diese sich mit möglichst vielen Weibchen verpaaren wollen. Außerdem wird dadurch das Potential für Weibchenwahl gesteigert. Da das synchrone Auftreten von rezeptiven Weibchen das Monopolisierungspotential von Männchen besonders bei kurzen Fortpflanzungsperioden stark begrenzen kann, wird dies auch als Mechanismus zur Etablierung monogamer Paarungs- und Sozialsysteme interpretiert (Knowlton 1979). Dies hat sich jedoch nicht immer als zutreffend erwiesen (Kempenaers 1997, Weatherhead 1997). Östrussynchronisation, die über olfaktorische Reize stattfindet, findet man bei vielen sozial lebenden Säugern. Auch bei Lemur catta Weibchen einer Gruppe konnte eine ovarielle Synchronität nachgewiesen werden (Pereira 1991, Sauther 1991, Sussman 1991). Auch Eberle & Kappeler (2004) beobachteten Östrussynchronisierung bei Weibchen, die nah beieinander lebten. Die daraus resultierende Geburtensynchronität kann den Reproduktionserfolg erhöhen und eine gemeinschaftliche Jungenaufzucht begünstigen. Sie kann gleichzeitig auch als Anpassung an Prädationsdruck interpretiert werden, wobei der Erfolg einer solchen Strategie vom Beutespektrum und der saisonalen Aktivität der Beutegreifer abhängt (Ims 1990a, b). Radespiel und Zimmermann (2001) hingegen stellten fest, dass Graue MausmakiWeibchen, die in einem Käfig gehalten wurden, niemals in derselben Nacht östrisch wurden. Durch diese moderate Synchronisierung der Östren würde eine intrasexuelle Konkurrenz der Weibchen um Paarungspartner reduziert werden, die Chance auf eine gemeinsame Jungenaufzucht hingegen bliebe erhalten. 7|Seite Es gibt Hinweise darauf, dass Weibchen über präkopulatorische Methoden hinaus bestimmen können, welche Männchen Väter ihres Nachwuchses werden. Es existieren physiologische Mechanismen im Fortpflanzungstrakt der Weibchen, mit deren Hilfe die Vaterschaftswahrscheinlichkeit bestimmter Männchen positiv oder negativ beeinflusst werden kann. Diese Wahlmethode wird auch als kryptische, also geheime Weibchenwahl bezeichnet. Diese Form der Weibchenwahl kann nur nach multiplen Verpaarungen mit unterschiedlichen Männchen erfolgen. Kryptische Partnerwahl wurde erstmals bei Skorpionsfliegen (Harbobittacus nigriceps) von Thornhill (1983) beschrieben. Neben strukturellen Merkmalen von Spermienspeicherorganen, können auch immunologische Prozesse sowie mit dem Genotyp der Männchen korrelierte Erkennungsmechanismen an der Spermienoberfläche dafür sorgen, dass bestimmte Spermien eliminiert werden (Greef & Parker 2000). Das Weibchen hat somit die Möglichkeit, auch nach einer bereits stattgefundenen Kopulation zwischen verschiedenen möglichen Vätern zu wählen. Die Unfähigkeit Grauer Mausmaki-Weibchen, „Vaginalplugs“ nach einer erfolgten Paarung zu entfernen, verringert allerdings die Möglichkeiten für postkopulatorische Auswahlmechanismen. Im Gegensatz dazu konnte das Entfernen von „Vaginalplugs“ bei anderen Lemurenarten wie z.B. L. catta beobachtet werden (Setchell & Kappeler 2003). 1.3. Weibliche Fortpflanzungsstrategien bei Lemuren vor dem Hintergrund der Weibchendominanz Weibchendominanz ist ein charakteristisches Merkmal vieler Lemurenarten. Sie tritt jedoch selten bei anderen Primaten und Säugern im Allgemeinen auf (Ralls 1976, Hrdy 1981, Jolly 1984, Kappeler 1993). Dies verschafft weiblichen Lemuren eine besondere Stellung im Säugetierreich. Weibchendominanz wird als die Fähigkeit von Weibchen beschrieben, submissives Verhalten bei erwachsenen Männchen hervorzurufen (Pereira et al. 1990) und wurde ursprünglich mit saisonalem Stress bezüglich der Verfügbarkeit von Nahrungsressourcen in Verbindung gebracht (Hrdy 1981). Dieser Ansatz wurde zu einem Konzept von energieaufwändiger Reproduktion basierend auf der hohen Wachstumsrate der Jungtiere, die 8|Seite zwangsläufig hohe Energiereserven der Mutter einfordert, sowie saisonal stark limitierter Nahrungsverfügbarkeit, erweitert (Jolly 1984). Neuere Studien diskutieren allerdings andere Erklärungen für Weibchendominanz. Jolly (1998) argumentiert, dass sich Dominanz durch Weibchen als eine Form von paternalem Investment in die Aufzucht der Jungtiere bei monogamen Arten, entwickelt haben könnte. Diese Theorie basiert auf der Überlegung, dass das Jungtier von einer verbesserten Kondition des Weibchens profitiert und somit das Männchen seine eigene direkte Fitness vergrößert. Tilden und Oftedal (1995) legen dar, dass Weibchendominanz eine Strategie zur Vermeidung von reproduktivem Stress darstellen könnte, die darauf gründet, dass Weibchen während der nahrungsreichen Zeit Priorität an den Fressplätzen haben und somit genügend Energiereserven für die folgenden trockenen Monate ansammeln können. Bei Lemuren wird zwischen einer eindeutigen Weibchendominanz, einer moderaten Dominanz (Konflikte werden weniger oft entschieden und Männchen sind häufiger aggressiv) sowie der Dominanz der Weibchen im Futterkontext unterschieden. Eindeutige Weibchendominanz existiert z.B. bei Indri indri (Pollock 1979, Powzyk 1997) und M. murinus (Radespiel & Zimmermann 2001). Moderate Weibchendominanz wurde zum Beispiel bei Daubentonia madagascariensis beobachtet (Rendall 1993). Dominanz im Futterkontext scheint z.B. bei Sifakas (Propithecus verreauxi) aufzutreten, da bei dieser Gattung alle beschriebenen Konflikte im Futterkontext beobachtet werden konnten (Richard 1978, Kubzdela et al. 1992). Weibchendominanz kann dabei verschiedenen Funktionen dienen. Im Kontext der Reproduktion und Aufzucht spielen unter anderem die Regulation und Kontrolle des Zugangs zu Nahrungsressourcen oder Schlafplätzen eine entscheidende Rolle. In einer Studie von Radespiel et al. (1998) am Grauen Mausmaki wurde herausgefunden, dass Weibchen im Vergleich zu Männchen besser geschützte und isolierte Schlafplätze nutzten. Außerdem können Weibchen aktiv Entscheidungen bezüglich potentieller Paarungspartner treffen, in dem Paarungsversuche bestimmter Männchen abgewehrt werden. Dieses Verhalten wurde sowohl von Pagès-Feuillade (1988) und Radespiel (1998) bei freilebenden Grauen Mausmakiweibchen beobachtet. In einer Studie von Radespiel et al. (2001) gewannen die Weibchen von vier 9|Seite Untersuchungsgruppen, die jeweils aus zwei Weibchen und zwei Männchen zusammengesetzt waren, alle entschiedenen Männchen-Weibchen-Konflikte unabhängig vom Kontext und der Konstellation der interagierenden Tiere. Laut einer Studie von Eberle und Kappeler (2004a) hingegen verpaarten sich alle beobachteten Weibchen des Grauen Mausmakis in ihrer rezeptiven Phase mit jedem Männchen, das Interesse zeigte. Das Vorkommen von Weibchendominanz, unabhängig vom Ausmaß der Dominanzverhältnisse, scheint weiblichen Lemuren die Chance zu bieten, maßgeblich auf ihren Reproduktionserfolg einzuwirken und diesen zu steigern. 1.4. Jungtieraufzucht unter Lemuren Elterliche Fürsorge kann als jegliches Verhalten eines Elternteiles, das zur Erhöhung der Fitness seiner Nachkommen beiträgt, definiert werden (Clutton-Brock 1991). Ob und welche Form elterlicher Fürsorge stattfindet, hängt vom Verhältnis der damit zusammenhängenden Vor- und Nachteile ab. Die Vorteile bestehen aus positiven Effekten auf Überleben, Wachstum und Fortpflanzungserfolg der Nachkommen. Die somatischen und ökologischen Kosten der Fürsorge können sich in reduzierter Überlebenswahrscheinlichkeit und Fekundität in der nächsten Fortpflanzungsperiode niederschlagen (Kappeler 2006). Verschiedene Tiergruppen und Arten können sich aufgrund unterschiedlicher ökologischer und sozialer Rahmenbedingungen in Form und Intensität der Fürsorge unterscheiden. Neben der solitären Jungtieraufzucht gibt es Arten, bei denen mehrere Weibchen gleichzeitig Nachwuchs bekommen und diesen gemeinsam aufziehen („plural breeders“). Die Vorteile können sowohl in einer direkten Fitnesssteigerung, vorausgesetzt die Hilfe ist reziprok, oder in der indirekten Fitnesssteigerung liegen, wenn verwandte Tiere Gruppen ausbilden (Pen & Weissing 2000, Kokko et al. 2001, Clutton-Brock 2002). Als Vorteile der gemeinschaftlichen Jungenaufzucht werden Fitnessgewinne gemeinschaftliche durch Jagd, gemeinsame Ausbeutung „Allogrooming“, von Verteidigung Nahrungsressourcen, und Thermoregulation diskutiert. Es werden aber auch zahlreiche Kosten angeführt, wie die gesteigerte Konkurrenz um Nahrung, die größere Auffälligkeit für Prädatoren, die Übertragung von Parasiten und Infantizid (Emlen 1991). 10 | S e i t e Weitere Gründe für die Gruppenaufzucht können auch ökologisch fundiert sein (Emlen 1982, Getz et al. 1992). Dazu gehört zum Beispiel die beschränkte Verfügbarkeit von Schlafplätzen. Eine verbesserte Lokalisation von Nahrungsquellen wird ebenfalls bei manchen Arten als Erklärung angeführt (Caraco & Brown 1986, Faulkes et al. 1997). Eine weitere Hypothese beschäftigt sich mit missgerichteter elterlicher Fürsorge, die durch die Unfähigkeit entsteht, eigenen von fremdem Nachwuchs zu differenzieren (Eberle & Kappeler 2006). Dabei ist jedoch wieder der Verwandtschaftsgrad in Bezug auf indirekte Fitnesssteigerung zu berücksichtigen. Ein nicht zu vernachlässigender Grund, Jungtiere gemeinschaftlich aufzuziehen, kann auch die Sicherung des Reproduktionserfolges bei Versterben der Mutter sein (König 1994b). In einer Studie über das Aufzuchtsverhalten des Grauen Mausmakis (Eberle & Kappeler 2006) wurde beobachtet, dass alle Weibchen, die eng verwandte Weibchen in ihrer näheren Umgebung hatten, mit diesen gemeinsam während der Aufzucht Gruppen bildeten. Dabei hatte jedes der Weibchen eigenen Nachwuchs. Auch bei einem Wechsel von Schlafplätzen blieben diese Gruppen konstant bestehen. Die Jungtiere verblieben die ersten drei bis vier Lebenswochen im Nest und begannen ab einem Alter von acht Wochen selbstständig auf Nahrungssuche zu gehen. Bis zu einem Alter von sechs Wochen wurden die Jungtiere gesäugt und ausschließlich von ihren eigenen Müttern transportiert. Die Weibchen sind also in der Lage, eigenen Nachwuchs von fremdem Nachwuchs zu unterscheiden. Der Nachwuchs wurde allerdings auch von fremden Müttern gesäugt und der Fellpflege unterzogen (Tab.1). Bei anderen Lemurenarten wie zum Beispiel L. catta wurde die Aufzucht von Jungtieren in gemischtgeschlechtlichen Gruppen beobachtet (Tab.1). L. catta lebt in Gruppen bestehend aus 11-17 Individuen (Sussman 1991, Hood & Jolly 1995). Innerhalb der ersten drei Lebenswochen der Jungtiere stellt die Mutter den primären Bezugspunkt für ihr Jungtier dar. Andere Weibchen innerhalb der Gruppe, die teilweise auch eigenen Nachwuchs haben, assistieren der Mutter jedoch in unterschiedlichem Maße bei der Aufzucht des Nachwuchses („alloparenting“) (Jolly 1966, Gould 1992). Dieses Verhalten kann sowohl das „Groomen“, als auch das Tragen von fremden Jungtieren beinhalten. In Fällen, in denen die Mutter vor dem 11 | S e i t e Absetzen der Jungtiere verstarb, wurden diese von anderen Gruppenmitgliedern versorgt und sogar gesäugt (Gould 2000). Tatsächlich wurden in einer Studie von Eberle und Kappeler (2006) überlebende Jungtiere gefunden, deren Mütter während der Laktationsperiode verstorben waren. Ein ähnliches Verhalten konnte bereits auch bei L. catta beobachtet werden (Gould 2000). Ähnliche Formen der Jungtierbetreuung in Gruppen, die das Säugen und Herumtragen nicht-eigenen Nachwuchses beinhalten, wurden unter anderem auch bei Propithecus edwardsi und P. candidus beobachtet (Jolly 1966, Grieser 1992, Patel et al. 2003a, reviewed in Patel 2007b). Bei einer weiteren Lemurenart, Varecia varecia, bei der die Gruppenmitglieder ebenfalls Unterstützung bei der Jungtieraufzucht leisten, wurde die Mutter beim Bau eines Nestes, also eines zusätzlichen Schutzfaktors für den Nachwuchs, beobachtet. Diese Nester wurden vor der Geburt der Jungtiere in circa 10-25 m Höhe aus Blättern, Zweigen und anderem Laubwerk errichtet (Morland 1990, Vasey 1997a, 2007). Die Mütter verbringen während der ersten zwei Wochen nach der Geburt zwischen 70 und 90 % der Zeit mit ihrem Nachwuchs in diesen sehr dichten Nestern (Pereira et al. 1987) (Tab.1). Ab einem Alter von drei Wochen werden die Jungtiere erstmals von der Mutter aus dem Nest getragen und in der Vegetation platziert (Pereira et al. 1987, Morland 1990, Vasey 2007). Dort verbleiben sie reglos, bis die Mutter nach bis zu sieben Stunden von ihrer Futtersuche zurückkehrt (Pereira et al. 1987, Vasey 2007). Der Transport der Jungtiere durch die Mutter endet ab einem Alter von 2,5 Monaten (Morland 1990, Downman 1993, Vasey 2007). Ab diesem Zeitpunkt beginnen sie der Mutter und anderen Gruppenmitgliedern bis zu 100 m zu folgen. Mit drei bis vier Monaten sind die Jungtiere schließlich in der Lage, den Adulten dauerhaft zu folgen (Morland 1990, Vasey 2007). Neben der Betreuung von Jungtieren in Gruppen gibt es unter Lemuren aber auch andere Formen der Jungtieraufzucht wie zum Beispiel bei Cheirogaleus medius. Diese Art weist ein monogames Paarungsystem auf, wobei ein Weibchen-Männchen-Paar bis zu drei Jahren zusammenleben kann. Während der Jungtieraufzucht bewachen und beschützen beide Elternteile die Jungtiere (Ratsimbazafy et al. 2006). In Fällen, in denen das Männchen das Weibchen nicht 12 | S e i t e bei der Aufzucht der Jungtiere unterstützte, wurde gewöhnlich der Tod der Jungtiere beobachtet (Fietz 1999). Das Zusammenleben in einem Männchen-Weibchen-Paar wurde auch bei weiteren Lemuren beobachtet. So besteht zum Beispiel die soziale Einheit bei Avahi occidentalis oder A. laniger auch aus einem Elternpaar und ihrem Nachwuchs (Harcourt, 1988; Harcourt & Thornback, 1990). Inwieweit sich der Vater hier allerdings an der Fürsorge um die Jungtiere beteiligt, ist nicht bekannt. Anhand der Übersicht über die verschiedenen Formen der Jungtieraufzucht bei Lemuren wird deutlich, dass die Jungtieraufzucht in sozialen Gruppen am weitesten verbreitet zu sein scheint. Tab.1 Übersicht über soziale Konstellationen bei der Aufzucht sowie den Verbleib von Jungtieren bei Lemuren Soziale Konstellation beobachtetes bei Aufzucht Verhalten Weibchen ziehen Artenbeispiele Referenzen Cheirogaleus major Grzimek 1988; Jungtiere allein auf Nowak 1999 . Weibchen ziehen Gemeinsames Nest M. murinus Jungtiere in Gemeinsames 2006; Weibchengruppen „Grooming“ Lutermann 2001 auf Gemeinsames Säugen Eberle & Kappeler Gemeinsamer Transport Adoption Weibchen ziehen Gemeinsames Jungtiere in „Grooming“ gemischten Gruppen Gemeinsames Säugen auf Gemeinsamer Lemur catta Propithecus edwardsi P. candidus Jolly 1966, Gould 1992 Jolly 1966; Grieser 1992; Patel et al. 2003a; reviewed in Patel Transport 2007b 13 | S e i t e Adoption Varecia varecia Pereira et al. 1987; Kerridge 1999 Aufzucht von Beide Elternteile Jungtieren durch ein bewachen und wärmen Männchen-Weibchen- die Jungtiere Cheirogaleus medius Ratsimbazafy et al. 2006 Paar Avahi occidentalis Investment des Vaters Harcourt & Thornback nicht bekannt 1990 Jungtier Verbleib Im Nest Bis zu einem Alter von V. varecia ein - drei Morland 1990 Vasey 1997a 2007 Lebenswochen Ch. major Grzimek 1988 Nowak 1999 Bis zu einem Alter von drei - vier M. murinus Lutermann 2001 Ch. major Petter et al. 1977; Lebenswochen Jungtiere können der Mutter über längere Strecken folgen „Parken“ der Jungtiere in der 3. - 4. Lebenswoche offenen Vegetation Wright & Martin 1995 3. - 4. Lebenswoche Ch. medius Petter et al. 1977 mit 8 Wochen Daubentonia Ancrenaz et al. 1994; verlassen sie erstmals madagascariensis Feistner & Ashbourne 14 | S e i t e das Nest 1994 M. murinus Martin 1972a 1.5. Vorstellung des Modellorganismus – Der Goldbraune Mausmaki Systematik und Verbreitung In Madagaskar ist eine der artenreichsten Primatenradiationen der Welt beheimatet, die Lemuren, zu denen mehr als 90 noch lebende Arten zählen (Mittermeier et al. 2008). Sie sind aufgrund von Abholzung und einer Zunahme an Lebensraum zerstörender Landwirtschaft stark bedroht. Zu den Lemuren gehören auch die Mausmakis (Microcebus spp.), eine zur Zeit 16 Arten umfassende Gattung (Olivieri et al 2007, Radespiel et al. 2008), von denen in dieser Studie eine Art untersucht werden soll, der Goldbraune Mausmaki (Zimmermann et al. 1998). Phylogenetisch zählen Mausmakis zu den ursprünglichen Primatenspezies. Sie sind daher besonders geeignete Modellorganismen für die Erforschung der Evolution von Sozialsystemen bei Primaten. Taxonomisch werden sie folgendermaßen klassifiziert: Reich: Animalia Phylum: Chordata Klasse: Mammalia Ordnung: Primates Unterordnung: Strepsirrhini Überfamilie: Lemuroidea Familie: Cheirogaleidae Gattung: Microcebus Das Vorkommen des 1998 von Zimmermann et al. entdeckten Goldbraunen Mausmakis ist auf die Waldgebiete zwischen den Flüssen Betsiboka und Mahajamba beschränkt (Radespiel & Raveloson 2001, Rendigs et al. 2003, Olivieri et al. 2007, Rakotondravony & Radespiel 2008). 15 | S e i t e Der Name M. ravelobensis leitet sich vom Namen des Sees ´Lac Ravelobe` ab, an dem diese Art erstmals entdeckt wurde. In Ampijoroa tritt der Goldbraune Mausmaki im Jardin Botanique A (JBA) sympatrisch mit dem Grauen Mausmaki (M. murinus) auf, wohingegen er im Jardin Botanique B (JBB) die einzige anzutreffende Mausmakiart darstellt. Diese beiden M. ravelobensis - Populationen unterscheiden sich drastisch in ihrer Populationsdichte. Während sie in einem Gebiet (JBA) der Dichte der sympatrischen Grauen Mausmakis vergleichbar ist (0,5 - 0,8 Individuen pro Hektar (Mester 2006)), ist sie in einem allopatrischen Studiengebiet (JBB) deutlich höher (3,6 - 4,4 Individuen/ha) (Mester 2006). Morphologie M. ravelobensis zählt mit ca. 60 Gramm Körpergewicht zu den schwereren Vertretern der Mausmakis in West-Madagaskar. Er besitzt eine Kopf-Rumpflänge von 12 - 13 cm, eine Schwanzlänge von 15 - 17 cm und eine Gesamtlänge von 27 - 30 cm (Rasoloarison et al. 2000). Die Goldbraunen Mausmakis unterscheiden sich vom sympatrisch lebenden Grauen Mausmaki äußerlich durch ihre goldbraune Färbung einen längeren Schwanz und längere Hinterfüße (Zimmermann et. al 1998). Nahrung Goldbraune Mausmakis ernähren sich wie Graue Mausmakis omnivor. Arthropoden und kleine Vertebraten zählen ebenso zum Nahrungsrepertoire wie Sekrete von Insektenlarven, Früchte, Blüten, Nektar, Baumsäfte und Blätter (Hagenah 2001, Weidt et al. 2004, Radespiel et al. 2006). Weidt (2001) konnte in einer Freilandstudie zudem ein saisonal wechselndes Nahrungsspektrum in Anpassung an sich verändernde Nahrungsbedingungen beobachten. Sarikaya (1999), Peters (1999) und Schmelting (2000) fanden einen derartigen Effekt im Nahrungsverhalten auch bei M. murinus. 16 | S e i t e Kommunikation Akustische Kommunikation Für Mausmakis spielen akustische Signale eine wesentliche Rolle im Sozialverhalten (Zimmermann & Lerch 1993, Zimmermann 1995a, b, Hafen 1998). Sie kommunizieren an der oberen Grenze unseres Hörbereiches oder vollständig im Ultraschallbereich. Das Lautrepertoire der Grauen Mausmakis ist komplex. Sie verschlüsseln in ihren Rufen geschlechts- und individualspezifische akustische Erkennungszeichen. Beim Vergleich des Lautrepertoires von M. murinus, M. rufus, M. berthae und M. ravelobensis wurde deutlich, dass sich die meisten Sozialrufe zwischenartlich nur gering unterscheiden (Zietemann et al. 1999). Beim Goldbraunen Mausmaki konnte neben den Sozialrufen Grunzer, Tsäk und Pfiff ein hochfrequenter Werberuf festgestellt werden (Polenz 2000). Dieser Trillerruf wurde dabei nicht nur im Paarungskontext geäußert, sondern auch bei der Annäherung eines Männchens an ein Weibchen sowie beim Zusammentreffen von Schlafgruppen in den Morgenstunden (Braune et al. 2005) und unterscheidet sich in der akustischen Struktur deutlich von der des Grauen Mausmakis (Polenz 2000). Außerdem weisen die Trillerrufe verschiedener Schlafgruppen unterschiedliche Muster auf (Braune et al. 2005). Eine hohe Individualität in der Lautstruktur der Triller zeigte sich für Graue und Goldbraune Mausmakis (Zimmermann & Lerch 1993, Polenz 2000). In einer Studie von Braune (2008) an M. murinus, M. lehilahytsara und M. ravelobensis wurde weiterhin herausgefunden, dass Mausmakis auf arteigenene Werberufe deutlich stärker reagierten als auf artfremde. Hingegen konnten keine Unterschiede in den Reaktionen auf arteigene und artfremde Tsäkrufe beobachtet werden (Braune 2008). Olfaktorische Kommunikation In einer Untersuchung unter Verwendung von Käfigen in natürlicher Umgebung konnte bei dem Markierverhalten Goldbraunen beobachtet Mausmaki werden ausschließlich (Polenz 2000). Urinmarkieren Als Funktion als des „Urinwaschens“ vermutete Glatston (1979), dass es der Kommunikation und Individuenerkennung, nicht aber der Territorienabgrenzung dient. Bei dem Vorgang 17 | S e i t e des „Urinwaschens“ baden die Mausmakis ihre Hände und Füße in eigenem Urin. „Urinwaschen“ wird zudem als Information an das andere Geschlecht bezüglich des Reproduktionszustandes und auch als Information an Konkurrenten betrachtet (Hurst & Rich 1999, Rich & Hurst 1998, Schmelting 2000). Individuelle Erkennung von Individuen am Urin konnte unter anderem bei Mirza coquereli gezeigt werden (Schilling 1980) und wurde auch für den Grauen Mausmaki vermutet (Sarikaya 1999). Welche individuellen Eigenschaften über den Urin kodiert sind, ist bisher jedoch noch nicht bekannt. Beim Grauen Mausmaki wird davon ausgegangen, dass Sekrete aus dem Genitalbereich der Weibchen Informationen über ihren reproduktiven Zustand liefern (Buesching et al. 1998). In einer Freilandstudie an M. ravelobensis (Weidt 2001) wurden neben dem „Urinwaschen“ auch Anogenitalmarkieren, Astbeißen und Kopf-/Körperreiben beobachtet. Die mittlere Häufigkeit des Urinwaschens nahm dabei während der Paarungszeit zu. Anogenitalmarkieren wurde ebenfalls im September mit der größten mittleren Häufigkeit beobachtet. Beide Verhaltensweisen wurden also vor allem im reproduktiven Kontext beobachtet. Aktionsräume Weibchen von M. ravelobensis wiesen im Untersuchungsgebiet Jardin Botanique A im Jahr 1996 mittlere Aktionsraumgrößen von 2,6 bis 2,7 ha, im Jahr 1997 zwischen 1,2 und 2,3 ha auf (Ehresmann 2000). In einer Studie von Weidt et al. (2004) lag die Größe der Aktionsräume der Weibchen im Jardin Botanique B im Jahr 1998 vor der Paarungszeit hingegen bei 0,58 ha, im Jahr 2000 bei 0,46 ha. Während der Paarungszeit wurden Aktionsraumgrößen von 0,62 ha in 1998 und 0,5 ha in 2000 verzeichnet. Die Aktionsraumgrößen der Weibchen im Jardin Botanique B waren also deutlich kleiner, als die der Weibchen im Jardin Botanique A. Auch die Männchen von M. ravelobensis wiesen im Jardin Botanique A deutlich größere Aktionsräume als im Untersuchungsgebiet Jardin Botanique B auf (Ehresmann 2000, Hagenah 2001). Sowohl für den Goldbraunen, als auch für den Grauen Mausmaki konnten im Jardin Botanique A keine Veränderungen der Aktionsraumgrößen im Jahresverlauf bei den 18 | S e i t e Weibchen festgestellt werden (Radespiel 1998, Ehresmann 2000, Weidt et al. 2004). Im Untersuchungsgebiet JBA konnte hingegen eine Vergrößerung der Aktionsraume der Goldbraunen Mausmaki Männchen während der Paarungszeit gefunden werden (Ehresmann 2000). Für den Grauen Mausmaki wurde anhand der Aktionsraumbestimmungen und Fangorte der Individuen eine hohe Ortstreue der Tiere festgestellt (Radespiel 1998). Ein Vergleich der Aktionsräume der M. ravelobensis Weibchen vor und während der Paarungszeit zeigte auch hier eine große räumliche Konstanz an (Weidt et al. 2004). Für M. ravelobensis konnten des Weiteren sowohl intra- als auch intersexuelle Aktionsraumüberlappungen vor als auch während der Paarungszeit festgestellt werden (Randrianambinina 1998, Weidt et al. 2004). Bisher liegen allerdings noch keinerlei Informationen über die Raumnutzung der Goldbraunen Mausmaki-Weibchen während der Aufzucht vor. Schlafplätze M. ravelobensis nutzten im Vergleich zum sympatrisch lebenden Grauen Mausmaki signifikant seltener Baumhöhlen und Baumspalten als Schlafplätze. Exponierte Schlafplätze in Lianen, im Gestrüpp und in Astgabeln traten auf (Ehresmann 2000, Radespiel et al. 2003). Zudem wurde bei Goldbraunen Mausmakis ein starkes Fluchtverhalten am Schlafplatz beobachtet (Ehresmann 2000, Radespiel et al. 2003). Auch bei ersten Untersuchungen des im Jardin Botanique B allopatrisch vorkommenden M. ravelobensis konnte keine Nutzung von Baumhöhlen festgestellt werden (Randrianambinina 1997). Weibchen nutzten hier neben den oben genannten Schlafplätzen auch Blätternester und Tectonia grandis-Schlafplätze (Weidt 2001). Über das Schlafplatzverhalten, also die Nutzung bestimmter Schlafplatztypen und die Nutzungsdauer eines Schlafplatzes, während der Aufzuchtzeit Goldbrauner Mausmaki-Weibchen ist bisher noch nichts bekannt. Reproduktion Vermutlich in Anpassung an eine saisonale Nahrungsverfügbarkeit gibt es beim Goldbraunen Mausmaki Hinweise auf eine saisonale Reproduktion (Schmelting et al. 2000, Randrianamibinina et al. 2003, Roloff 2007). 19 | S e i t e Östrische Weibchen des Goldbraunen Mausmakis konnten in bisherigen Untersuchungen in Ampijoroa ab Ende August gefangen werden (Polenz 2000, Schmelting et al. 2000, Roloff 2007). Damit zeigten sie eine im Gegensatz zu M. murinus etwa zwei Wochen früher einsetzende Paarungszeit (Schmelting et al. 2000). Von den Grauen Mausmakis weiß man weiterhin, dass alle Weibchen einer Population in einem sehr engen Zeitraum von ca. drei Wochen in den Östrus kommen (Radespiel et al. 2001b), wobei sich die rezeptive Phase auf 2 – 4 Stunden beschränkt (Lebec 1984). Dieser hohe Grad an Synchronität wird durch eine photoperiodische Steuerung des Reproduktionsbeginns erklärt (Petter-Rousseaux 1988, Perret 1992, Schmelting et al. 2000). Im Gegensatz hierzu findet man östrische Goldbraune Mausmaki-Weibchen von August bis mindestens November (Randrianambinina et al 2003). Bei M. ravelobensis konnte also bisher im Gegensatz zu M. murinus keine ausgeprägte Östrussynchronisation festgestellt werden (Ehresmann 2000, Polenz 2000, Weidt et al. 2004). Die Ursache und mögliche Konsequenzen der reduzierten Östrussynchronität sind bisher noch nicht untersucht worden. Es sind jedoch auf dieser Grundlage deutliche Unterschiede im Paarungssystem und Aufzuchtssystem zwischen M. ravelobensis und M. murinus zu erwarten. Polenz durchschnittliche (2000) konnte Östrusdauer von für Goldbraune 2,13 Tagen Mausmakiweibchen ermitteln. Während eine dieses Zeitfensters wiesen die Weibchen eine offene Vagina sowie bei der zytologischen Untersuchung Plattenepithelien auf, die das Östrusstadium charakterisieren (Izard and Rasmussen 1985). Während für M. murinus-Weibchen eine mittlere Interöstrusdauer von circa 50 Tagen beschrieben wurde (Glatston 1979, Perret 1982, Perret & Aujard 2001b, Radespiel & Zimmermann 2001a, Wrogemann et al. 2001), gibt es für M. ravelobensis bisher noch keine verlässlichen Daten. Roloff (2007) ermittelte aus den Daten einer Langzeitstudie, dass die Weibchen von M. ravelobensis vermutlich eine Interöstrusdauer von vier bis fünf Wochen haben, was deutlich unter den 50 Tagen von M. murinus liegen würde. Nach Schmelting et al. (2000) liegen sowohl für den Grauen, als auch für den Goldbraunen Mausmaki Hinweise auf zwei aufeinanderfolgende Östren innerhalb 20 | S e i t e einer Fortpflanzungssaison vor. Diese wird von September bis Januar datiert. Polenz (2000) hingegen konnte für M. ravelobensis keine zwei getrennten Östren feststellen. Von August bis November wurden in allen Monaten östrische Weibchen gefangen. Roloff (2007) begründet die starke zeitliche Streuung der Östren durch die im Vergleich zum Grauen Mausmaki weniger starke Synchronisierung der Östren sowie durch die schlechte Konzeptionsrate der M. ravelobensis-Weibchen während ihres ersten Östrus, die dazu führt, dass Weibchen nach circa 4 - 5 Wochen erneut östrisch werden. Detaillierte Daten über den Goldbraunen Mausmaki fehlen allerdings noch. Sozialsystem Während ihrer nächtlichen Aktivität sind Goldbraune Mausmakis meist allein auf Nahrungssuche. Sie leben demnach in einem dispersen Sozialsystem (Müller & Thalmann 2000). Trotzdem konnten auch wiederholt soziale Interaktionen mit Artgenossen beobachtet werden. Dabei ist die Mehrheit der Interaktionen neutraler oder positiver Natur. Die wenigen agonistischen Interaktionen, die beobachtet wurden, fanden kurz vor oder während der Paarungszeit statt. Dabei könnte es sich sowohl um Konkurrenzverhalten unter Männchen, als auch um aggressives Verhalten der Weibchen gegenüber potentiellen Paarungspartnern als Form von Weibchenwahl gehandelt haben (Weidt et al. 2004). Die Goldbraunen Mausmakis im Jardin Botanique A und im Jardin Botanique B traten hauptsächlich in gemischtgeschlechtlichen (Radespiel et al. 2003a, Weidt et a. 2004, Randrianambinina 2001) und über einen längeren Zeitraum konstanten Schlafgruppen auf (Ehresmann 2000, Weidt 2001). Über die Zusammensetzung dieser Schlafgruppen während der Aufzuchtzeit liegen bisher keinerlei Informationen vor. Weidt (2001) konnte ein typisches Verhalten beim Aufsuchen der Schlafplätze feststellen. Noch fehlende Schlafpartner wurden gerufen oder sogar gesucht. Dieses Verhalten setzt einen sehr hohen Grad an individueller Erkennung voraus (Braune et al. 2005, Radespiel et al. 2009). Aufgrund der vorliegenden Informationen wurde die soziale Struktur von M. ravelobensis als ein disperses Mehr-Männchen-Mehr- 21 | S e i t e Weibchen-System mit einem sozialen Netzwerk bezeichnet (Ehresmann 2000, Weidt et al. 2004). Paarungssystem In der Studie von Weidt et al. (2004) wurde auf der Basis von Fangdaten im JBB die Anzahl potentieller Paarungspartner untersucht, zu denen weibliche M. ravelobensis während der Paarungszeit Zugang hatten. Im Jahr 1998 hatten die Weibchen maximal Zugang zu drei, im Jahr 2000 zu maximal fünf möglichen Paarungspartnern. Bei den Männchen des Goldbraunen Mausmakis wurde circa einen Monat vor Beginn der Paarungszeit ein deutlicher Anstieg des Hodenvolumens verzeichnet (Schmelting et al. 2000). Für den Grauen Mausmaki wurde die Spermienkonkurrenz als mögliche Paarungsstrategie der Männchen bereits vermutet (Fietz 1999a, Radespiel 2000). Die vorliegenden Daten zur Entwicklung der Hodengröße zwischen dem Grauen und dem Goldbraunen Mausmaki sind vergleichbar (Schmelting et al. 2000). Somit scheint Spermienkonkurrenz auch bei den Männchen des Goldbraunen Mausmakis eine wahrscheinliche Paarungsstrategie darzustellen. Das Auftreten von gemischtgeschlechtlichen Schlafgruppen könnte eventuell eine weitere Paarungsstrategie der Männchen darstellen, die es Ihnen erleichtert, östrische Weibchen zu lokalisieren (Weidt et al. 2004). Es konnte jedoch von Weidt (2001) beobachtet werden, dass die Anzahl sozialer Begegnungen mit Schlafgruppenpartnern von der Nichtpaarungs- zur Paarungszeit abnahmen, soziale Begegnungen mit unbekannten Artgenossen jedoch zunahmen. Bisher fehlen jedoch detaillierte Informationen über die Paarungsstrategien der weiblichen Goldbraunen Mausmakis. Aufzuchtverhalten Goldbraune Mausmakis wurden bisher in keiner Studie während der Aufzuchtzeit beobachtet. Über diese Phase sowie über die Dauer der Graviditäten liegen also bisher keinerlei Informationen vor. Aufgrund von Unterschieden in der Schlafgruppenzusammensetzung und des zeitlichen Eintretens der Östren von M. 22 | S e i t e ravelobensis und M. murinus sind zwischen diesen beiden Arten deutliche Unterschiede in der Aufzucht zu erwarten. 1.6. Ziele der Arbeit Im Rahmen dieses Projektes sollen Voraussagen zu Paarungsstrategien weiblicher Goldbrauner Mausmakis in Abhängigkeit von unterschiedlicher Populationsdichte in zwei Untersuchungsgebieten und somit die verhaltensökologische Plastizität dieser Art überprüft werden. Außerdem soll das Aufzuchtverhalten der Goldbraunen Mausmakis untersucht werden, da es sich aufgrund einer völlig anderen Schlafgruppenzusammensetzung grundlegend vom Aufzuchtverhalten des sympatrisch lebenden Grauen Mausmakis unterscheiden sollte. Daneben sollen wichtige biologische Rahmendaten erhoben werden, die für diese Art noch nicht vorliegen, wie zum Beispiel die Dauer und Synchronität der Östren, Länge der Graviditäten sowie Wurfgrößen. Im Zentrum steht der Vergleich von zwei Populationen, in denen Weibchen der Goldbraunen Mausmakis in unterschiedlicher Dichte leben. Aufbauend auf den Ergebnissen früherer Jahre ist in JBA mit einer geringen und in JBB mit einer hohen Weibchendichte zu rechnen. Die Populationsgröße und -dichte sollen jedoch für das Jahr der Untersuchung nochmal aktuell bestimmt werden. 1.6.1. Untersuchung der weiblichen Reproduktionsbiologie Im Einzelnen sollten die folgenden Parameter und Hypothesen (im Folgenden mit H abgekürzt) untersucht werden: Interöstrusdauer H1: Im Gegensatz zu Weibchen des Grauen Mausmaki werden die Weibchen des Goldbraunen Mausmaki früher östrisch und haben kürzere Interöstrusdauern. . Konzeptionswahrscheinlichkeit bei wechselnder Populationsdichte H2a: Im Untersuchungsgebiet JBB mit einer hohen Populationsdichte haben Weibchen eine relativ hohe Konzeptionswahrscheinlichkeit, da sie während des 23 | S e i t e kurzen Zeitfensters, in dem sie rezeptiv sind, ausreichend Möglichkeiten haben, auf potentielle Paarungspartner zu treffen. H2b: Im Untersuchungsgebiet JBA mit einer niedrigen Populationsdichte haben die Weibchen eine geringe Konzeptionswahrscheinlichkeit. Während des kurzen Zeitfensters, in dem sie sich verpaaren, treffen sie nur auf sehr wenige potentielle Paarungspartner. Abgrenzung von Paarungszeiten, Tragzeiten und Aufzuchtzeiten H3: Aufgrund der zeitlich asynchronen Östren der Weibchen ist keine einheitliche Paarungszeit oder Aufzuchtzeit zu erwarten. Anzahl von Würfen/Geburten pro Weibchen und Reproduktionssaison sowie Wurfgröße H4: Es ist zu erwarten, dass Weibchen wie die vom Grauen Mausmaki ebenfalls zwei Würfe pro Reproduktionssaison haben können. H5: Die Wurfgröße liegt wie beim Grauen Mausmaki bei circa zwei Jungtieren pro Wurf. 1.6.2. Untersuchung der weiblichen Reproduktionsstrategien Im Einzelnen sollten die folgenden Parameter und Hypothesen (im Folgenden mit H abgekürzt) untersucht werden: Änderung der Verhaltensaktivitäten in und außerhalb der Paarungszeit H6a: Während der Paarungszeit bewegen sich die Weibchen im JBA aufgrund der niedrigen Populationsdichte deutlich mehr, da sie bestrebt sind, die Rate an Begegnungen zu potentiellen Paarungspartnern zu erhöhen. 24 | S e i t e H6b: Während der Paarungszeit bewegen sich die Weibchen im JBB nicht mehr als vor der Paarungszeit, da sie aufgrund der hohen Populationsdichte auf eine ausreichende Anzahl an Paarungspartnern treffen sollten. Änderung des Raumnutzungsverhaltens in und außerhalb der Paarungszeit H7a: Während der Paarungszeit vergrößert sich das Aktionsgebiet eines Weibchens im JBA, um die Begegnungsrate mit potentiellen Paarungspartnern zu erhöhen. H7b: Während der Paarungszeit vergrößern Weibchen im JBB aufgrund der hohen Populationsdichte ihre Aktionsräume nicht, da sie auch so auf genügend potentielle Paarungspartner treffen. Ausmaß der Östrussynchronität (innerhalb einer Schlafgruppe/ innerhalb einer Population) bei wechselnder Weibchendichte H8a: Im JBA synchronisierte (niedrige Zyklen Weibchendichte) aufweisen. sollten Aufgrund der die Weibchen insgesamt moderat niedrigen Populationsdichte treffen die Weibchen während ihrer rezeptiven Phasen nur auf eine begrenzte Anzahl potentieller Paarungspartner. Durch asynchrone Zyklen wäre es für Männchen noch schwieriger, östrische Weibchen zu finden und sowohl Weibchen als auch Männchen würden ihre Reproduktionschancen dadurch minimieren. H8b: Im JBB, wo eine hohe Weibchendichte vorliegt, sollten die Weibchen asynchrone Zyklen aufweisen, um den Wettkampf der Männchen untereinander zu forcieren und die Konkurrenz unter den Weibchen zu minimieren. Die Weibchen haben aufgrund der insgesamt hohen Populationsdichte in diesem Gebiet die Möglichkeit, auf viele potentielle Paarungspartner während ihrer rezeptiven Phase zu treffen. H9: Weibchen einer Schlafgruppe sollten in beiden Gebieten ihre Östren synchronisieren, um Nachwuchs später gemeinsam aufziehen zu können. 25 | S e i t e Sozialverhalten in und außerhalb der Paarungszeit H10: Die soziale Begegnungsrate sollte sich während der Paarungszeit in beiden Gebieten erhöhen, da Weibchen Paarungspartner finden müssen und unter Umständen durch weibliche Partnerwahl und multiple Paarungen ihren Reproduktionserfolg sichern sollten. H11: Es sollten in der Paarungszeit vermehrt positive Interaktionen und Kontakte mit Männchen stattfinden. Paarungsstrategien von Männchen und Weibchen im Kontext gemischtgeschlechtlicher Schlafgruppen H12: Männliche Schlafgruppenpartner sind potentielle Paarungspartner der Weibchen und nutzen das Schlafen in gemischtgeschlechtlichen Gruppen zur verbesserten Östrusdetektion. 1.6.3. Untersuchung zum Aufzuchtverhalten Im Bereich des Aufzuchtverhaltens sind große Unterschiede zwischen den Arten zu erwarten, da sich die Zusammensetzung der Schlafgruppen deutlich unterscheidet. Schlafgruppen bestehen bei M. ravelobensis aus Tieren beiderlei Geschlechts. Interessant ist vor allem, wie und ob sich die Gruppenkonstellation zum Zeitpunkt der Geburt verändert. Im Einzelnen sollen die folgenden Fragen untersucht werden: H13: Der Anteil Futteraufnahme und Futtersuche an der Gesamtaktivität sollte etwa während der zweiten Hälfte der Tragzeit und Laktation aufgrund eines erhöhten Energiebedarfes der Weibchen steigen. Frage 1: Benutzen die Weibchen während der Aufzucht besser geschütztere Schlafplätze wie Baumhöhlen oder Blätternester? 26 | S e i t e Frage 2: Werden die Schlafplätze während der Aufzucht häufiger gewechselt als vorher? Frage 3: Verändert sich die Schlafgruppenzusammensetzung während der Aufzuchtzeit und welche Rolle spielen die männlichen und weiblichen Schlafgruppenmitglieder bei der Aufzucht der Jungtiere? Frage 4: Wie verändert sich das Raumnutzungsverhalten der Mütter während der Aufzuchtzeit? Frage 5: Nach wie vielen Wochen verlassen die Jungtiere das erste Mal eigenständig das Nest? Frage 6: Wie verändern sich die Mutter-Jungtier-Kontakte mit zunehmendem Alter der Jungtiere und welche ontogenetischen Eckpunkte lassen sich erkennen? 27 | S e i t e 2. Material und Methoden 2.1. Untersuchungsgebiete und Untersuchungszeitraum 2.1.1. Untersuchungsgebiete Das Forschungsprojekt wurde im Nationalpark Ankarafantsika im Nordwesten Madagaskars durchgeführt. Der Park wird von der Nationalstraße 4 durchkreuzt, die eine Direktverbindung zwischen der Hauptstadt Antananarivo und der ca. 480 km entfernten Stadt Mahajanga im Nordwesten des Landes am Indischen Ozean darstellt (Abb. 2). Abb. 2 Lage des Nationalparks Ankarafantsika und der Forststation Ampijoroa (nach A. Müller 1999) Die Datenerhebung fand in den Untersuchungsgebieten Jardin Botanique A (JBA) und Jardin Botanique B (JBB) statt. Die beiden Gebiete liegen circa 2 km Luftlinie voneinander entfernt und sind durch die Nationalstraße 4 voneinander getrennt. (Abb. 3) 28 | S e i t e Abb. 3 Lage der Untersuchungsgebiete Jardin Botanique A und Jardin Botanique B JBA und JBB sind durch einen laubabwerfenden Trockenwald charakterisiert, dessen Vegetation der Pflanzengemeinschaft Dalbergia-Commiphora-Hildegardia (Ramangason 1988, Jenkins 1990) zugerechnet wird. Neben der in dieser Studie untersuchten Lemurenart M. ravelobensis leben sieben weitere Lemurenspezies innerhalb des Nationalparks. Darunter befindet sich eine weitere Mausmakiart, M. murinus, die im Jardin Botanique A sympatrisch mit M. ravelobensis auftritt, im Jardin Botanique B jedoch nicht anzutreffen ist ( Rendigs et al. 2003). Zu den weiteren Spezies zählen die ebenfalls nachtaktiven Arten Cheirogaleus medius, Lepilemur edwardsii sowie Avahi occidentalis. Des Weiteren findet man die kathemeralen Arten Eulemur fulvus fulvus und Eulemur mongoz, sowie die tagaktiven Propithecus coquereli (Mittermeier et al. 2008). 29 | S e i t e Zu den möglichen Prädatoren für M. ravelobensis zählen die in beiden Untersuchungsgebieten vorkommenden diversen Schlangenspezies wie Sanzinia madagascariensis und Acranthophis madagascariensis (Glaw & Vences 1994), verschiedene Tag- und Nachtgreife wie z.B. Tyto alba und Asio madagascariensis (Goodman et al. 1993, Morris & Hawkins 1998) als auch die endemische Schleichkatzenart Cryptoprocta ferox (Hawkins 1998). 2.1.1.1. Jardin Botanique A Das circa 30 ha umfassende Untersuchungsgebiet Jardin Botanique A (JBA) liegt einen Kilometer westlich der Forststation Ampijoroa auf einem Hochplateau (ca. 200 m NN). JBA ist von einem Wegenetz durchzogen, welches aus einem Meter breiten und in 50 Meter Abstand voneinander angelegten Pfaden besteht (Abb.4). Alle Kreuzungspunkte dieses Wegenetzes sind mit Markierungen versehen. JBA weist im Vergleich zu JBB eine deutlich höhere Baumdichte auf. Außerdem sind die Bäume mit einem Durchmesser in Brusthöhe von über fünf cm höher als im Untersuchungsgebiet JBB (Rendigs et al. 2003). 30 | S e i t e Abb. 4 Wegenetz des Untersuchungsgebietes Jardin Botanique A (JBA) 2.1.1.2. Jardin Botanique B Das circa 5,3 ha große Untersuchungsgebiet Jardin Botanique B (JBB) liegt am Ufer des Sees Ravelobe, ungefähr zwei Kilometer entfernt von der Forststation Ampijoroa. JBB besitzt genau wie JBA ein Wegesystem, dessen Wege sich aber in einem Abstand von nur 25 m befinden und ebenfalls an allen Kreuzungspunkten mit Markierungen versehen sind (Abb. 5). JBB ist gekennzeichnet durch einen höheren Deckungsgrad der Strauchschicht, eine größere Dichte von Sträuchern mit einem Radius über 50 cm und einen höheren prozentualen Anteil von Bäumen mit Lianenbewuchs (Rendigs et al. 2003). 31 | S e i t e 80 70 60 N 50 40 30 79 20 10 78 90 100 77 99 76 75 98 97 74 73 96 72 95 71 61 51 3 13 84 94 41 31 12 21 11 2 0 10 20 30 40 50m Abb. 5 Wegenetz des Untersuchungsgebietes Jardin Botanique B (JBB) 2.1.2. Untersuchungszeitraum Der Untersuchungszeitraum erstreckte sich von Anfang August 2007 bis Ende Januar 2008. Es wurde somit eine Paarungszeit mit der sich anschließenden Aufzuchtzeit erfasst. Das Gebiet des Nationalparks unterliegt einem ausgeprägten saisonalen Klima, mit einer kühleren siebenmonatigen Trockenzeit (Mai-Oktober) und einer fünfmonatigen wärmeren Regenzeit (November-April). Mitarbeiter der Angonoka-Zuchtstation des 32 | S e i t e Durrell Wildlife Conservation Trust in Ampijoroa führen tägliche Temperatur- und Niederschlagsmessungen an der Station durch. Freundlicherweise wurden für diese Arbeit die Klimadaten für die Jahre 2006, 2007 und für den Januar 2008 zur Verfügung gestellt (Abb. 6, 7). Der kälteste Monat des Untersuchungszeitraumes war der August mit einer minimalen Durchschnittstemperatur von 17,3 °C (Extremwerte: 12 °C; 22,5 °C) und einer maximalen Durchschnittstemperatur von 32,1 °C (Extremwerte: 30 °C; 35 °C). Erste vereinzelte Regenfälle gab es im September (2,5 mm Gesamtniederschlag). Der regenreichste Monat war der Januar 2008 mit 456 mm Gesamtniederschlag bei minimaler Durchschnittstemperatur von 23,4 °C (Extremwerte: 21,5 °C; 25,5 °C) und maximaler Durchschnittstemperatur von 31,8 °C (Extremwerte: 24,5 °C; 35,5 °C). Niederschlagsmenge in mm 600 Untersuchungszeitraum 500 400 300 200 100 Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Januar 0 | 2006 | 2007 |2008 Abb. 6 Darstellung der monatlichen Niederschlagsmenge für die Jahre 2006, 2007 und für den Januar 2008 33 | S e i t e Mittlere Temperaturen in °C 29 28 27 26 25 24 23 22 Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Januar 21 | 2006 | 2007 | 2008 Abb. 7 Darstellung der mittleren monatlichen Temperaturen für die Jahre 2006, 2007 und für den Januar 2008 2.2. Datenerhebung im Feld 2.2.1. Fang/Wiederfang in den Studiengebieten Mittels wöchentlicher Fangaktionen (Tab. 2) wurde die Zusammensetzung der Population erfasst, reproduktionsbiologische Daten erhoben und die Sendertiere ausgewählt. Dafür wurden nachmittags zwischen 15-17 Uhr Sherman Lebendfallen (23,5 cm x 8 cm x 9 cm) an den Kreuzungspunkten des Wegesystems in circa 1-2m Höhe aufgestellt (s.Abb. 4 und 5). Die Zahl der pro Nacht verwendeten Fallen schwankte im JBA zwischen 97-120 und im JBB zwischen 92 - 110. Ab Beginn der Regenzeit wurden wegen zu erwartender Absenkung der Fangzahlen zusätzliche Fallen um die Schlafplätze der Senderweibchen aufgestellt. Von August bis Ende Oktober wurden die Fallen mit Mausmakis am Morgen des nächsten Tages ab 6 Uhr eingesammelt und zur weiteren Untersuchung in die Forschungsstation gebracht. Offene und leere Fallen wurden geschlossen und bis zur nächsten Fangaktion an Ort und Stelle belassen. Die gefangenen Tiere wurden vermessen und am Abend des gleichen Tages an der Fangstelle wieder freigelassen. Von November bis Januar 34 | S e i t e wurden die Fallen bereits ab 23 Uhr nach dem Aufstellen kontrolliert. Ab diesem Zeitpunkt war mit Geburten zu rechnen. Eine unnötig lange Abwesenheit der Mütter von ihren Jungtieren sollte somit vermieden werden. Die Tiere wurden direkt am Fangort untersucht und anschließend wieder freigelassen. Tab. 2 Termine der Fangnächte und Anzahl der verwendeten Fallen pro Untersuchungsgebiet von August 2007 bis Januar 2008 JBA August September Oktober November Dezember Januar JBB Datum Anzahl Fallen Datum Anzahl Fallen 11.08.2007 98 12.08.2007 93 13.08.2007 97 14.08.2007 93 20.08.2007 98 21.08.2007 93 27.08.2007 98 28.08.2007 92 03.09.2007 98 04.09.2007 93 11.09.2007 98 12.09.2007 93 17.09.2007 99 18.09.2007 93 24.09.2007 97 25.09.2007 93 01.10.2007 112 02.10.2007 93 08.10.2007 110 09.10.2007 92 16.10.2007 111 15.10.2007 93 23.10.2007 99 22.10.2007 93 29.10.2007 113 30.10.2007 93 05.11.2007 117 06.11.2007 93 12.11.2007 115 13.11.2007 110 18.11.2007 120 19.11.2007 110 25.11.2007 117 26.11.2007 110 09.12.2007 115 10.12.2007 108 16.12.2007 110 17.12.2007 108 06.01.2008 108 07.01.2008 101 19.01.2008 104 20.01.2008 101 35 | S e i t e 2.2.2. Vermessung, Erfassung des Reproduktionsstatus, Markierung und Probennahme Alle gefangenen Tiere wurden in Neu- und Wiederfänge klassifiziert. Bei Wiederfängen handelte es sich um Tiere, die bereits in vorhergehenden Jahren oder Fangaktionen gefangen worden waren. Neufänge waren dagegen alle erstmalig gefangene Tiere. Vermessung Bei jedem gefangenen Tier wurde das Gewicht mit Hilfe einer Federwaage (Pesola, Meßbereich bis 300 g) auf ein Gramm genau bestimmt. Bei allen männlichen Tieren wurden während jeder Fangaktion die Hodenbreite und Hodenlänge des rechten und linken Testikels, sowie die Gesamtbreite beider Testikel mittels einer Präzisionsschublehre (Kanon, Meßbereich bis 15 cm, Genauigkeit 0,1 mm) vermessen. Markierung Jeder neu gefangene Mausmaki wurde individuell gekennzeichnet, indem ihm ein Mikrotransponder (Typ Fa. Telinject, Römerberg) subkutan zwischen den Schulterblättern injiziert wurde. Mit Hilfe eines Transponderlesegerätes (TROVAN, Fa. Telinject, Römerberg) kann der Nummerncode des Mikrotransponders lebenslang abgelesen werden. Es besteht allerdings die Möglichkeit, dass die Tiere die Mikrotransponder kurz nach der Injektion wieder verlieren (Austritt durch die Injektionsstelle). In diesen Fällen wurden die Tiere sofort oder beim nächsten Fang mit einem neuen Mikrotransponder versehen. Im JBA mussten bei 8% und im JBB bei 6% der gefangenen Tiere ein neuer Mikrochip eingesetzt werden. Zusätzlich zu der eben beschriebenen Kennzeichnung wurde jedes Tier mit einer Ohrmarkierung versehen. Dazu wurden mit Hilfe einer feinen Augenschere kleine Einschnitte im Ohrrandbereich durchgeführt. Durch eine unterschiedliche Platzierung am Ohrrand wurde somit eine zusätzliche individuelle Markierung jedes neu gefangenen Tieres ermöglicht (Abb. 8). Es wurden maximal vier dieser 36 | S e i t e Markierungsschnitte an einem Individuum durchgeführt. Diese Ohrmarkierungen dienten bei Verlust der Transponder der Identifikation des Individuums. Abb. 8 Ohrmarkierungen für Microcebus spp. Des Weiteren wurden bei jedem Tier entsprechend der Art und des Geschlechts unterschiedliche Fellschnitte am Schwanz gesetzt, um somit eine leichtere Erkennung einzelner Tiere während der Fokusbeobachtungen zu ermöglichen. Alle Goldbraunen Mausmakis erhielten einen Fellschnitt an der Schwanzbasis. Zusätzlich bekamen die Weibchen einen Fellschnitt in der Schwanzmitte, die Männchen an der Schwanzspitze. Außerdem wurden den Tieren, die in naher Umgebung zu den Senderweibchen gefangen wurden, Halsbänder (Nylon) mit unterschiedlichen Farbkombinationen angelegt, die eine zusätzliche individuelle Erkennung während der Fokusbeobachtungen erlauben sollte. Diese Halsbänder wurden den Tieren allerdings im Verlauf der Studie aufgrund von Verletzungsrisiken wieder abgenommen. Probennahme Bei jedem neu gefangenen Individuum wurden mittels einer Pinzette 10 bis 20 Haare mitsamt der Haarwurzel, sowie Gewebeproben aus dem Ohrrandbereich 37 | S e i t e (1 - 2 mm²) entnommen. Die Gewebeproben wurden in einem Cryo-Röhrchen (Fa. Roth, Karlsruhe) in 1 ml Queens Lysis Puffer (Seutin et al. (1991; 0,01 M Tris, pH = 8,0; 0,01 M NaCl; 0,01 M EDTA; 1% N-Lauroyl-Sarcosin, Sigma Chemical Co., St. Louis) konserviert und bei Lufttemperatur gelagert. Die Haarproben wurden hingegen trocken in Cryo-Röhrchen gelagert. Nach dem Ende der Datenerhebung im Feld wurden die Proben nach Deutschland verbracht, wo sie zu weiterführenden genetischen Analysen genutzt wurden (siehe 2.3.6.). Erfassung des Reproduktionsstatus Bei den Männchen wurden mit einer Präzisionsschublehre (Kanon, Meßbereich bis 15cm, Genauigkeit 0,1mm) die Hodenmaße (Hodenlänge und Hodenbreite in cm) aufgenommen. Bei allen gefangenen Weibchen wurden durch optische Kontrolle der Vulvamorphologie deren Reproduktionsstatus bestimmt (Büsching 1995). Dabei sind vier verschiedene Zyklusstadien zu unterscheiden. Während des Anöstrus, der die längste Zeitspanne einnimmt, ist die Vagina durch eine Perigenitalmembran verschlossen und äußerlich unauffällig. Im Proöstrus, der einige Tage in Anspruch nehmen kann, beginnt sich die Vulva zu röten und anzuschwellen. Die Perigenitalmembran öffnet sich nur im Östrus. Bei Weibchen des Grauen Mausmakis konnte bereits festgestellt werden, dass diese nur für wenige Stunden rezeptiv sind (Lebec 1984). Die rezeptive Phase liegt bei dieser Art meistens in der Nacht, in der sich die Vulva erstmals öffnet. Nach einigen Tagen verschließt die Perigenitalmembran die Vagina erneut (Glatston 1979, Perret 1986). Um eine mögliche Trächtigkeit feststellen zu können, wurde das Abdomen der Weibchen palpiert. Gegen Ende der Trächtigkeit können so eventuell vorhandene Feten ertastet werden. Außerdem konnte durch das Wiegen der Tiere ein eventueller Gewichtsanstieg erfasst werden. Laktierende Weibchen konnten wiederum durch einen Verlust des Fellkleides um die Zitzen herum sowie durch auf leichte Kompression austretende Milch identifiziert werden. Neben dieser äußerlichen Kontrolle wurde bei allen Weibchen, die sich im Östrus befanden und somit eine geöffnete Vulva aufwiesen, eine Vaginalspülung 38 | S e i t e durchgeführt. Hierbei wurde mittels einer Pipette 1 ml physiologische Kochsalzlösung in die Vagina eingebracht, fünf mal gespült und diese Lösung anschließend auf einen Objektträger aufgebracht, um eine mikroskopische Untersuchung der Zellmorphologie durchführen zu können. Diese Untersuchung ermöglicht es, zu definieren wie lange ein Weibchen vermutlich schon östrisch ist, sowie eventuelle pathologische Vorgänge festzustellen. Die mikroskopischen Bilder wurden folgendermaßen interpretiert: Im Östrus sind ausschließlich Superfizialzellen und Schollen im Mikroskopbild zu erkennen. Am Östrusende und weiteren Verlauf (Metöstrus) nimmt deren Anzahl ab und es treten vermehrt Intermediärzellen und Leukozyten auf. Im Diöstrus sind keine Plattenepithelien mehr vorhanden, sondern ausschließlich runde Epithelzellen und Leukozyten. Wenig später schließt sich die Vulva. 2.2.3. Besenderung von Weibchen Während des Untersuchungszeitraumes wurden zur Erfassung von Verhaltensaktivitäten sowie nächtlicher Wanderstrecken und Aktionsräume acht Weibchen in JBA und neun Weibchen in JBB mit Senderhalsbändern (TW 4 button cell tags, Fa. Biotrack, Dorset, Großbrittanien) ausgestattet. Bedingt durch Senderausfälle oder Tierverluste aufgrund von Prädation liegen jedoch nicht von allen Tieren durchgehende Daten vor (Tab. 4). Da ab Mitte November keines der Weibchen mit einem ausgefallenen Sender wieder gefangen wurde, war es nicht möglich, diese auszuwechseln. Ein Senderhalsband hat ein Gewicht von circa 2,5 g. Als Sendertiere wurden ausschließlich Weibchen mit einem maximalen Körpergewicht von über 50 g verwendet. Die Senderfrequenzen lagen zwischen 150 und 151 MHz. Die Peilanlage bestand aus einem Empfänger (TR-4 Receiver, Fa. Telonics, USA - Mesa, Arizona) mit einer Peilantenne (Fa. Telonics, USA - Mesa, Arizona). Die Empfangsreichweite betrug hierbei je nach Vegetationsdichte und Witterungsverhältnissen zwischen 40 und 100 m. 39 | S e i t e Tab. 4 Übersicht über Besenderung der Weibchen in JBA und JBB innerhalb des Untersuchungszeitraumes Sender- Gebiet 1.Sender 2.Sender weibchen Letztes Signal Sendedauer oder letzter Fang F03-05 JBB 27.07.07-15.10.07 15.10.07 Bis zum Studienende F22-05 JBB 27.07.07-09.10.07 15.10.07 Bis zum Studienende F29-05 JBB 12.08.07-30.10.07 30.10.07 F32-07 JBB 02.10.07 F22-06 JBB 03.05.07-? F25-05 JBB 02.10.07 F18-06 JBB 27.07.07 25.09.07 F21-07 JBB 27.07.07 11.09.07 11.12.07 11.12.07 15.10.07 Bis zum Studienende Bis zum Studienende Signal wurde immer an der gleichen Stelle lokalisiert F02-04 JBB 10.08.07-25.09.07 09.10.07 12.11.07 Signal wurde immer an der gleichen Stelle lokalisiert F18-04 JBA 09.08.07 28.10.07 F08-06 JBA 01.10.07 06.12.07 F46-07 JBA 24.09.07 21.12.07 F41-07 JBA 27.08.07-05.11.07 F73-07 JBA 29.10.07 F31-06 JBA 11.08.07-13.10.07 29.10.07 21.12.07 F43-05 JBA 09.08.07-08.10.07 16.10.07 07.01.08 F17-07 JBA 09.08.07 05.11.07 Sender abgenommen Bis zum Studienende 11.01.08 10.10.07 Tierverlust wegen Prädation 2.2.4.Verhaltensbeobachtungen Die nächtlichen Verhaltensbeobachtungen, die zwischen 18-23 Uhr durchgeführt wurden, erfolgten nach dem Prinzip des „continuous-recording“ (Altmann 1974) mittels „focal-animal sampling“ (Martin & Bateson 1992). Während einer Fokusnacht wurde jeweils ein Senderweibchen beobachtet. Innerhalb der Paarungszeit wurden 40 | S e i t e jene Weibchen beobachtet, die während der vorhergehenden Fangaktion entweder proöstrisch oder östrisch gewesen waren. Während der Aufzuchtzeit lag das Augenmerk auf Senderweibchen mit Nachwuchs. Wir begannen mit den Beobachtungen zumeist an den Schlafplätzen der Senderweibchen, die mit Hilfe des Peilsenders geortet werden konnten. Als Lichtquelle für die Fokusbeobachtung dienten eine Myo-Petzl-Stirnlampe sowie eine Stablampe der Marke Mag-Lite (3 bzw. 4 Mono/D-Zellen). Die Verhaltensweisen wurden mit Hilfe eines digitalen Diktaphons (Typ Olympus digital voice recorder WS-320M, CH-Volketswil) aufgezeichnet und am folgenden Tag in eine Excel Tabelle übertragen. Es wurde zwischen Verhaltensweisen unterschieden, die lediglich als Ereignis protokolliert wurden und solchen, bei denen eine Dauer des Verhaltens erfasst wurde (Tab. 5). Desweiteren wurde alle fünf Minuten die Aufenthaltshöhe, das Substrat sowie die momentane Aktivität der Weibchens aufgezeichnet („instantaneous sampling“ nach Altmann 1974). 41 | S e i t e Tab. 5 Übersicht über protokollierte Verhaltensweisen während der Fokusbeobachtungen Verhaltenskategorie Art des Verhaltensweise Verhaltens Solitärverhalten Sozialverhalten neutral positiv Dauer oder Ereignis Ruhe Dauer Schlafen Dauer „Autogrooming“ Dauer Lokomotion Dauer Futtersuche Dauer Fressen Dauer Nestbau Dauer Anogenitalmarkieren Ereignis Kopf-/Körperreiben Ereignis Urinwaschen Ereignis Im Nest Dauer Nähe eines Tieres Ereignis/Dauer Annähern Ereignis Entfernen Ereignis „Allogrooming“ Dauer Unspezifischer Ereignis/Dauer Körperkontakt agonistisch sexuell Folgen Dauer Kämpfen Ereignis Verjagen Ereignis Ausweichen Ereignis Jagen Ereignis Fliehen Ereignis Genitalkontrolle Ereignis Aufreiten Ereignis Kopulation Dauer „Mate guarding“ Dauer 42 | S e i t e Die Nähe eines Individuums zum Senderweibchen wurde immer dann protokolliert, wenn sich dieses Tier in einem 10 m Radius zum beobachteten Weibchen befand. Als Annäherung und Entfernung wurden gerichtete Bewegungen eines Individuums, bei denen die 1 m-Radiusgrenze zum Interaktionspartner hin oder vom Interaktionspartner weg überschritten wurde, bezeichnet. Die Genitalkontrolle bezeichnet einen Vorgang, bei der ein Männchen ein Fokusweibchen im Bereich der Vulva beschnuppert. „Mate guarding“ ist eine Verhaltensweise, die sowohl vor als auch nach einer erfolgten Kopulation beobachtetet werden kann. Dabei hält sich ein Männchen für einige Zeit in der Nähe zum östrischen Weibchen auf. Die solitären Verhaltensweisen wurden erfasst, um Aktivitätsbudgets zu erstellen, anhand derer eventuelle Unterschiede zwischen den einzelnen Reproduktionszuständen überprüft werden können. Die sozialen Verhaltensweisen wurden ermittelt, um Einblicke in die Qualität und Quantität von Interaktionen zu erhalten. Während der Paarungszeit lag dabei das Augenmerk auf Interaktionen mit potentiellen Paarungspartnern. Innerhalb der Aufzuchtzeit rückten die Mutter-Jungtier Kontakte in den Vordergrund. Um soziale Verhaltensweisen analysieren zu können, wurde, wenn möglich, die Identität der Sozialpartner erfasst. Dabei wurde zwischen bekannten und unbekannten Männchen sowie Weibchen unterschieden. Desweiteren wurde auch differenziert, ob es sich um männliche oder weibliche Schlafgruppenmitglieder des Sendertieres handelte. Die eindeutige Identifizierung der Sozialpartner erfolgte zumeist anhand von Schwanzmarkierungen oder farbigen Halsbändern. 2.2.5. Bestimmung der Schlafplätze Viermal wöchentlich wurden die Schlafplätze der Senderweibchen mit Hilfe des Empfangsgerätes lokalisiert. Sie wurden mit einem farbigen Markierband gekennzeichnet und mit Datum, Namen des Senderweibchens und Schlafplatztyp gekennzeichnet. Es wurde versucht, nicht besenderte, aber mit einem Mikrochip 43 | S e i t e versehene Schlafgruppenmitglieder mit dem Transponderlesegerät (TROVAN) zu identifizieren. Dies gelang jedoch nur in seltenen Fällen, nämlich dann, wenn die Schlafgruppen Höhlen benutzten. Desweiteren wurden die GPS-Koordinaten der Schlafplätze mit einem GPS-Gerät (Garmin, München) erfasst. Es wurden drei verschiedene Kategorien von Schlafplätzen unterschieden (s. Abb.9 - 11). Baumhöhlen: Zu dieser Kategorie zählten neben den Baumhöhlen auch andere verdeckte Plätze in Asthöhlen Abb. 9 Schlafhöhle Blätternester: Die Tiere schliefen sowohl in frisch gebauten Nestern mit ausschließlich grünen Blättern, als auch in Nestern, die aus braunem, vertrockneten Blattwerk bestanden. 44 | S e i t e Abb. 10 Blätternest Offene Vegetation: Hierzu zählten alle Schlafplätze, bei denen die Tiere ohne sichtbaren Schutz in einem Lianengestrüpp oder in kleinen Büschen oder auf Astgabeln geschlafen haben. Abb. 11 Schlafplatz in der offenen Vegetation 45 | S e i t e In einigen Fällen konnten die Signale der Senderweibchen zwar geortet werden, aber eine exakte Klassifizierung des Schlafplatzes war nicht möglich. Diese Fälle gingen nicht in spätere Analysen ein. 2.2.6. Zusammensetzung der Schlafgruppen Während der viermal wöchentlich stattfindenden Schlafplatzkontrollen wurde versucht, mit Hilfe des Transponder-Lesegerätes oder des Empfangsgerätes weitere Schlafgruppenmitglieder zu identifizieren. Bei Schlafplätzen in offener Vegetation war teilweise auch eine optische Identifizierung aufgrund farbiger Halsbänder oder des Erkennens von Ohrschnitten oder Schwanzmarkierungen möglich. Außerdem wurden die Tiere während der Fokusbeobachtungen beim Verlassen der Schlafplätze beobachtet. Hierbei spielte vor allem die optische Erkennung der Tiere aufgrund äußerer Kennzeichen eine wichtige Rolle. 2.3. Datenanalyse 2.3.1. Populationsökologische Methoden 2.3.1.1. Nutzung von Fallen und Fangbarkeit Fangergebnisse können durch die Anzahl und Verteilung aufgestellter Fallen beeinflusst werden. Für jede Fangaktion wurde daher der Anteil belegter Fallen errechnet, um zu überprüfen, ob die Anzahl gefangener Tiere nicht durch eine zu geringe Fallenanzahl limitiert war. Für den gesamten Untersuchungszeitraum wurde außerdem die Fanghäufigkeit jedes einzelnen Tieres ermittelt und die Verteilung der individuellen Fanghäufigkeiten in beiden Untersuchungsgebieten mittels des Chi-Quadrat-Tests verglichen. 2.3.1.2. Bestimmung der Populationsgröße MNA-Methode Zur Abschätzung der Populationsgröße wurde die „Minimum Number of Animals known alive“ für jeden Monat von August 2007 – Oktober 2007 berechnet (MNAMethode: Petrusewicz & Andrezejewski 1962). Sie setzt sich aus der Summe der zu einem bestimmten Zeitpunkt t gefangenen Individuen und den Tieren, die sowohl in 46 | S e i t e einer der Fangaktionen davor, als auch in einer der Fangaktionen danach, jedoch nicht in der Fangaktion t selbst gefangen wurden, zusammen. Jolly-Seber-Methode Natürliche Populationen unterliegen Schwankungen in der Anzahl zugehöriger Individuen durch Geburten, Todesfälle und Migration. Es handelt sich daher um sogenannte offene Populationen (Krebs 1989). Zur Abschätzung der Populationsgröße solcher offener Populationen, also auch der beiden Populationen von M. ravelobensis in JBA und JBB, ist die Jolly-Seber-Methode geeignet (Krebs 1989, Sutherland 1996). Es ist dabei zu berücksichtigen, dass die Größe für die erste und letzte durchgeführte Fangaktion nicht berechnet werden kann. Desweiteren müssen mindestens drei aufeinanderfolgende Fangaktionen durchgeführt werden, um diese Methode anwenden zu können. Mit Hilfe der folgenden Formeln wurde die Populationsgröße für die Monate August, September und Oktober 2007 im JBA und JBB berechnet. Nt = Mt / αt Mt = [((st + 1) Zt) / (Rt + 1)] + mt αt = (mt + 1) / (nt + 1) Nt = geschätzte Populationsgröße zum Zeitpunkt t Mt = Größe der Population der Wiederfänge zum Zeitpunkt t αt Anteil der Wiederfänge zum Zeitpunkt t = mt = Anzahl der wiedergefangenen, bereits markierten Tiere in der Fangaktion t st = Gesamtzahl der freigelassenen Individuen nach der Fangaktion t nt = Gesamtzahl der gefangenen Individuen in der Fangaktion t 47 | S e i t e Rt = Anzahl der st-Individuen, die in der Fangaktion t freigesetzt und in einer späteren Fangaktion wiedergefangen wurden Zt = Anzahl der Tiere, die vor der Fangaktion t gefangen wurden, nicht in der Fangaktion t, aber in einer späteren Fangaktion wieder gefangen wurden Zur Schätzung der Konfidenzintervalle wurde die Formel nach Krebs (1989) angewandt. Um die Jolly-Seber-Methode sinnvoll anwenden zu können, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein: 1. Jedes Individuum hat die gleiche Wahrscheinlichkeit gefangen zu werden – unabhängig davon, ob es sich um einen bereits markierten Wiederfang oder einen neu zu registrierenden Neufang handelt. 2. Jedes Individuum hat die gleiche Überlebenswahrscheinlichkeit von einer Fangaktion bis zur nächsten. 3. Die Individuen verlieren ihre Markierungen nicht und Markierungen werden nicht übersehen. 4. Die Dauer der Fangphasen ist vernachlässigbar in Relation zu den Intervallen zwischen den Phasen. Das Kriterium 2 kann für diese Studie als gegeben betrachtet werden. Es lagen keine Hinweise auf eine veränderte Mortalität der Tiere vor, die in den Fallen gefangen wurden. Das Kriterium 3 ist erfüllt, da die gefangenen Individuen mit einem subkutan injizierten Mikrochip gekennzeichnet wurden, der eine lebenslange Wiedererkennung der Tiere ermöglicht. Desweiteren erhielt jedes Tier eine individuelle Ohrmarkierung, die eine zusätzliche Absicherung darstellte. 48 | S e i t e Auch das Kriterium 4 kann bestätigt werden, da während der Studie von August bis November einmal wöchentlich eine Fangnacht pro Untersuchungsgebiet durchgeführt wurde. Das Kriterium 1 muss für diese Studie gesondert überprüft werden, da nicht per se ausgeschlossen werden kann, dass die Verteilung der Fallen oder das Fangerlebnis einen Einfluss auf die Wiederfangwahrscheinlichkeit hatte. Hierzu wurde der Goodness-of-fit-Test nach Krebs (1989) verwendet. Goodness-of-fit-Test Mit Hilfe des Goodness-of-fit-Tests kann die Diskrepanz zwischen der beobachteten Fangbarkeit und einer erwarteten Fangbarkeit unter gleichmäßiger Fallennutzung festgestellt werden. Der Goodness-of-fit-Test (Krebs 1989) berechnet sich mit folgenden Formeln: a1 = f 1 + f 2 a2 = f 3 + f 4 a3 = f 1 + f 3 a 4 = f 2 + f4 n = f1 + f2 + f3 + f4 g1 = ∑ f * loge f g2 = ∑ a * loge a G = 2* (g1 - g2 + n * loge n) f1 = Anzahl der Tiere, die vor der Fangaktion t gefangen wurden und in einer späteren Fangaktion wieder gefangen wurden f2= Anzahl der Tiere, die vor der Fangaktion t gefangen wurden, in späteren Fangaktionen jedoch nicht wieder gefangen wurden f3= Tiere, die erstmals in der Fangaktion t gefangen wurden und in späteren Fangaktionen wieder gefangen wurden f4= Tiere, die erstmals in der Fangaktion t gefangen wurden, Fangaktionen jedoch nicht wieder gefangen wurden in späteren 49 | S e i t e 2.3.1.3. Berechnung der Populationsdichte Die Populationsdichte errechnet sich durch folgende Formel: D= Populationsgröße N Fläche A In Anlehnung an eine bereits durchgeführte Studie (Mester 2006) wurde als Fläche N nicht die Grundfläche der beiden Untersuchungsgebiete JBA und JBB benutzt, da sowohl von einer ungleichmäßigen Nutzung der Gesamtfläche als auch von einer über die äußeren Fangreihen hinausgehende Nutzung durch die Populationen von M. ravelobensis in JBA und JBB ausgegangen werden muss (Mester 2006). Mit Hilfe des Programmes DENSITY 2_1 (Efford 2004, http://www.landcareresearch.co.nz/services/software/density/) wurde auf der Basis aller Fangergebnisse ein mittlerer Aktionsradius Ŵ der Tiere berechnet. Mit dem Programm Arc View GIS 3.3. (http://www.esri.com/software/arcview/) wurde dieser Radius schließlich um alle genutzten Fallen gelegt und die Größe der so entstandenen Fläche, der effektiven Fangfläche A, berechnet. Diese Fangfläche wurde anhand der Fangdaten von August 2007 bis Januar 2008 einmal für JBA und einmal für JBB errechnet und dann in die oben genannte Formel eingesetzt. Zur Berechnung der Populationsdichte dividiert man schließlich die durch die JollySeber-Methode berechnete Populationsgröße N durch die effektive Fangfläche A. 2.3.2. Reproduktionsbiologie der Weibchen Anhand der erhobenen Daten wurden Zyklusübersichten erstellt, die dazu dienen, einen Überblick über die Synchronität der Östren, über die Interöstrusdauer sowie Konzeptionswahrscheinlichkeiten und Dauer von Trächtigkeiten zu erhalten. Als im Östrus befindlich wurden die Weibchen bezeichnet, die während der Fangaktion eine Vagina mit geöffneter Perigenitalmembran aufwiesen. Falls ein Weibchen mit geschwollener Vulva gefangen wurde, während der nächsten Woche 50 | S e i t e jedoch gar nicht in die Falle ging oder mit einer gerade wieder verschlossenen Perigenitalmembran gefangen wurde, wurde ein Östrus für die jeweils nachfolgende bzw. dazwischen liegende Kalenderwoche angenommen. Bei einer gerade wieder verschlossenen Vagina ist immer noch eine Schwellung der Vulva zu erkennen und nur eine dünne Membran verschließt die Vagina. Bei einer geschlossenen Vagina liegt keine mehr Schwellung vor. In Anlehnung an die Arbeit von Radespiel und Zimmermann (2001) über die Östrussynchronität Grauer Mausmakis wurden Östren zweier Weibchen als synchron bezeichnet, wenn diese weniger als drei Wochen voneinander entfernt lagen. Als asynchrone Östren wurden dementsprechend die Östren zweier Weibchen definiert, die mehr als drei Wochen Abstand zueinander hatten. Es liegen jedoch nicht von allen Weibchen, die gefangen wurden, durchgehende Informationen über den Zyklusverlauf vor, da die meisten Weibchen nicht in jeder Fangaktion gefangen werden konnten. 2.3.3. Analyse der weiblichen Reproduktionsstrategien 2.3.3.1. Einteilung der reproduktiven Phasen Anhand der Informationen aus Fangaktionen und Fokusbeobachtungen wurde jedes Senderweibchen, soweit möglich, zeitlich in die Phasen Vorpaarungszeit, Paarungszeit, Tragzeit und Aufzuchtzeit eingeordnet. Die Vorpaarungszeit ist als der Zeitraum definiert, der vor dem Eintreten des ersten Östrus in der Saison liegt. Als Paarungszeit wurde die Phase bezeichnet, in der die Weibchen mit geschwollener oder offener Vulva gefangen wurden oder diese eine deutlich erhöhte Rate an sozialen Kontakten vor allem mit Männchen in einer Fokusnacht aufwiesen. Als Tragzeit wurde der Abschnitt bezeichnet, ab dem die Weibchen eine deutliche Gewichtszunahme zeigten oder sogar ein Fötus palpiert werden konnte. Als Aufzuchtzeit wurde letztlich die Phase eingegrenzt, in der die Weibchen während der Fokusbeobachtungen mit waren. Nachwuchs gesichtet worden 51 | S e i t e 2.3.3.2. Aktivitätsbudgets Es wurde für jedes Weibchen ein Aktivitätsbudget pro Phase erstellt, dass sechs Verhaltenskategorien beinhaltete: Lokomotion, Ruhe, Futterkontext, „Autogrooming“, Aufenthalt im Nest und Sozialverhalten. Die Verhaltenskategorie Ruhe wurde immer dann gewählt, wenn ein Senderweibchen bewegungslos an einer Stelle verharrte. Dabei konnte es sowohl auf einem Ast oder einer Liane sitzen, als auch an einem Baumstamm hängen. Verhaltensweisen, die zum Zeitpunkt der 5-minütigen Momentaufnahmen auftraten wurden in Relation zur Gesamtanzahl der Momentaufnahmen (%) der jeweiligen Phase 1) Vorpaarungszeit, 2) Paarungszeit, 3) Tragzeit oder 4) Aufzuchtzeit gesetzt, in der sich die Weibchen gerade befanden. Dies geschah für beide Untersuchungsgebiete separat (Tab. 6). Tab. 6 Einteilung des Datenbestandes in die vier reproduktiven Phasen Phase Gebiet Beobachtete Fokusnächte Fokustiere Vorpaarungszeit Kontaktzeit in h JBA 2 Weibchen 5 Nächte 08:23:36 JBB 4 Weibchen 13 Nächte 26:23:53 JBA 6 Weibchen 23 Nächte 28:57:45 JBB 5 Weibchen 13 Nächte 22:28:02 Tragzeit JBB 2 Weibchen 5 Nächte 07:44:30 Aufzuchtzeit JBB 3 Weibchen 18 Nächte 16:54:31 Paarungszeit Es wurden die Aktivitäten der verschiedenen Weibchen summiert und zwischen den Phasen bzw. zwischen beiden Gebieten statistisch mittels des Chi-Quadrat-Tests miteinander verglichen. Die Daten wurden nicht auf individueller Ebene statistisch analysiert, da die Stichproben hierfür zu klein waren und es sich zudem um gemischte (abhängige/unabhängige Daten) Stichproben handelte. Die individuellen Aktivitätsbudgets werden jedoch zu Vergleichszwecken im Anhang dargestellt. 52 | S e i t e 2.3.3.3. Nächtliche Aktionsräume und Wanderstrecken Zur Bestimmung der nächtlichen Aktionsräume sowie der Wanderstrecken eines Senderweibchens wurden mit Hilfe eines GPS-Gerätes immer dann die Koordinaten des Tieres zu erfasst, wenn es sich mehr als 10 m von seinem vorhergehenden Standpunkt entfernt hatte. Die Datenverarbeitung fand anschließend mittels des Programmes Arc View GIS 3.3. statt, in dem nach Eingabe aller GPS-Koordinaten einer Fokusnacht ein 100 % Minimum-Konvex-Polygon (Mohr 1947) erstellt wurde. Auch die nächtlichen Wanderstrecken wurden mit dem Programm ARC VIEW GIS 3.3. als Summe aller Teilstrecken zwischen den sukzessiven Positionen der Tiere berechnet. Anschließend wurde das Durchwanderungspotential für jeden nächtlichen Aktionsraum berechnet. Dafür wurde die nächtliche Wanderstrecke durch den aus der nächtlichen Aktionsraumgröße mit der Kreisformel (A=π*r²) berechneten Aktionsraumdurchmesser geteilt. Diese Analyse erlaubt einen Einblick in die Raumnutzungsmuster der Weibchen im JBA und JBB. Zur Auswertung der Daten wurden alle Fokusnächte genutzt, in denen die Tiere mindestens vier Stunden beobachtet worden waren (Tab.7). Somit entfielen vor allem Nächte während der Regenzeit, da die Beobachtungen oft aufgrund starken Regens abgebrochen werden mussten. Tab. 7 Datengrundlage zur Auswertung der Raumnutzung Phase Gebiet Beobachtete Anzahl Nächte Fokustiere Vorpaarungszeit JBA 3 Weibchen 6 Nächte JBB 3 Weibchen 7 Nächte JBA 3 Weibchen 13 Nächte JBB 4 Weibchen 12 Nächte Tragzeit JBB 1 Weibchen 3 Nächte Aufzuchtzeit JBB 3 Weibchen 13 Nächte Paarungszeit Es wurde für jedes Individuum ein Mittelwert pro Phase für den Aktionsraum, die Wanderstecke und das Durchwanderungspotential errechnet. Anhand des Mann- 53 | S e i t e Whitney-U-Tests wurden sowohl die Gebiete pro Phase als auch die Phasen untereinander verglichen. Schließlich wurde die kumulative Aktionsraumgröße der Weibchen berechnet, die sich durch das Übereinanderlegen der Aktionsräume mehrerer Nächte ergibt. In die Berechnung gingen mindestens drei und maximal sechs Nächte pro Weibchen ein. Die Gesamtaktionsraumgrößen wurden dann mit einem Mann-Whitney-U-Test auf Gebietsunterschiede verglichen. 2.3.3.4. Östrussynchronität Durch die optische Kontrolle der Vulva-Morphologie aller gefangenen Weibchen konnte ermittelt werden, zu welchem Zeitpunkt diese östrisch waren. So wurde es möglich, einen zeitlichen Abstand zwischen den Östren der einzelnen Weibchen zu erfassen und somit Einblicke in die Synchronität der Östren zu erhalten. Für jedes Weibchen wurde anhand der Fangdaten ein mittlerer Fangort errechnet. Somit konnten individuelle Distanzen zwischen den einzelnen Weibchen in beiden Gebieten kalkuliert werden. Es wurde schließlich ein Mantel-Test durchgeführt, der einen möglichen Zusammenhang zwischen räumlichem Abstand der Weibchen zueinander und zeitlichem Eintritt in den Östrus untersuchen sollte. 2.3.3.5. Sozialverhalten Jede soziale Interaktion wurde entweder als Nähe eines Tieres (Proximity), als positive oder als agonistische Interaktion bewertet (siehe Tab.4). Dabei konnten während eines Kontaktes zwischen zwei Tieren auch verschiedene Interaktionen auftreten, die sowohl als positiv, als auch als agonistisch kategorisiert werden konnten. Es fand ein statistischer Vergleich mittels des Chi-Quadrat-Tests zwischen den einzelnen Qualitäten von Sozialkontakten und den vier Phasen statt. Im Vordergrund stand hierbei der Vergleich zwischen Sozialkontakten innerhalb und außerhalb der Paarungszeit. Es wurde außerdem die soziale Begegnungsrate pro Phase und Gebiet berechnet. Hierfür wurden die Kontakte zu Interaktionspartnern pro Stunde gezählt. Es wurde, 54 | S e i t e wann immer möglich, zwischen Kontakten zu Männchen, zu Weibchen und zu männlichen und weiblichen Schlafgruppenmitgliedern unterschieden. Neben der Qualität der Interaktionen wurde ebenfalls die Gesamtdauer sowie die durchschnittliche Dauer der Kontakte zu männlichen und weiblichen Partnern sowie zu männlichen und weiblichen Schlafgruppenmitgliedern erfasst. 2.3.3.6. Zusammensetzung der Schlafgruppen Die Daten zur Zusammensetzung der Schlafgruppen wurden im Hinblick auf eine eventuelle Veränderung der Schlafgruppenzusammensetzung zwischen Paarungszeit und Aufzuchtzeit untersucht. 2.3.4. Analyse der Kondition und Verfügbarkeit potentieller männlicher Partner 2.3.4.1. Saisonale Änderung des Hodenvolumens Das Hodenvolumen der Männchen wurde aus den Längen- und Breitenmaßen des rechten und linken Hodens unter Verwendung der Formel von Bercovitch (1989) bestimmt. 3,14*Gesamtbreite Hoden *(mittlere Länge Hoden)2 Hodenvolumen = 6 Aus den gewonnenen Daten sollten Rückschlüsse auf eine saisonale Dynamik und eventuelle Unterschiede zwischen den beiden Untersuchungsgebieten gezogen werden. Es wurde eine Two-way-ANOVA durchgeführt, um auf Unterschiede zwischen den Monaten und zwischen den beiden Untersuchungsgebieten zu testen. Ausserdem wurden mittels des Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Tests monatsweise Vergleiche durchgeführt. 2.3.4.2. Saisonale Änderung des Körpergewichts Mittels einer Two-way-ANOVA wurde das Körpergewicht der Männchen auf monatliche Unterschiede sowie auf Gebietsunterschiede getestet. Jeweils zwei 55 | S e i t e aufeinanderfolgende Monate wurden mit dem Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test verglichen. 2.3.4.3. Anzahl männlicher Individuen in der Nähe der Weibchen Für jedes gefangene Tier wurde der jeweilige mittlere Fangort berechnet. Ausgehend von den Weibchen wurden dann die Anzahl der Männchen errechnet, die sich in einem Umkreis von 100 m, zwischen 100 und 150 m und über 150 m befanden. Auf diese Weise wurde die Verfügbarkeit an möglichen Paarungspartnern getestet. Es wurden hierbei nur Tiere berücksichtigt, die im Jahr 2007 mindestens bis zum Monat September gefangen wurden. Somit sollten Tiere ausgeschlossen werden, die eventuell während der Paarungszeit nicht mehr in der Population lebten. Mit einer One-way-ANOVA wurde auf Unterschiede in der Verfügbarkeit von Paarungspartnern in den zwei Gebieten getestet. 2.3.5. Analyse des Aufzuchtverhaltens 2.3.5.1. Entwicklung der Mutter-Kind-Kontakte und ontogenetische Betrachtungen Aus den Fokusbeobachtungen ließen sich die Dauern der Kontakte zwischen Müttern und Jungtieren ermitteln, die in Relation zur Gesamtbeobachtungszeit der jeweiligen Nächte gesetzt wurde. Somit konnte ein Einblick in die Entwicklung der Mutter-Jungtier-Kontakte basierend auf gemeinsam verbrachter Zeit gewonnen werden. Es wurden sowohl bei den Müttern als auch bei den Jungtieren während der Fokusbeobachtungen gewisse Verhaltensweisen aufgenommen (z.Bsp.: oraler Transport von Jungtieren durch die Mutter, Spielen der Jungtiere). Diese wurden aufgrund der Kenntnis des Geburtszeitpunktes einem bestimmten Alter der Jungtiere zugeordnet. So konnte eine Entwicklungsübersicht über das Jungtierverhalten erstellt werden. Diese erlaubte schließlich auch Rückschlüsse auf das Alter von Jungtieren, deren Geburtstermin nicht bekannt war. Dies war der Fall, wenn ein Weibchen weder östrisch noch nachweisbar trächtig gefangen worden war, jedoch schließlich mit Nachwuchs gesichtet werden konnte. 56 | S e i t e 2.3.5.2. Schlafplatzwahl in und außerhalb der Aufzuchtzeit Die Nutzung der drei verschiedenen Schlafplatztypen (Blätternest, Höhle, offene Vegetation) wurde zwischen den vier reproduktiven Phasen der Senderweibchen verglichen. Es wurden jeweils die absoluten Häufigkeiten für jeden Schlafplatztyp pro Phase ermittelt, um diese untereinander mit dem Chi-Quadrat-Test zu vergleichen. Im Zeitraum Dezember 2007 bis Januar 2008 wurde außerdem die Schlafplatzwahl von Weibchen mit und ohne Nachwuchs miteinander verglichen. Weiterhin wurde die mittlere Nutzungsdauer jedes Schlafplatztyps für jede der vier Phasen ermittelt und verglichen. Auch hier wurden im Zeitfenster Dezember 2007 bis Januar 2008 Weibchen mit und ohne Nachwuchs untereinander verglichen. Außerdem wurde analysiert, wie viele Tage insgesamt zwischen der ersten und der letzten Nutzung eines Schlafplatzes lagen, um mögliche Unterschiede zwischen den Schlafplatztypen zu finden. Des Weiteren wurde auch die Rückkehrrate zum Schlafplatz des Vortages für jede Phase bestimmt. Die Rückkehrrate ergab sich aus der Anzahl der tatsächlichen Rückkehrtage in Relation zur Anzahl der potentiell möglichen Rückkehrtage zu einem Schlafplatz. Dies konnte natürlich nur durchgeführt werden, wenn der Schlafplatz des Vortages bekannt war. Zur Auswertung der Rückkehrrate mussten mindestens zwei aufeinanderfolgende Tage vorliegen. Mittels eines Mann-Whitney-U-Tests wurde auch hier auf Unterschiede zwischen Weibchen mit und ohne Nachwuchs getestet. 2.3.6. Genetische Analysen 2.3.6.1. DNA Extraktion Phenol-Chloroform-Extraktion Zur Isolierung der Nukleinsäuren aus der Gewebeprobe wurde eine Phenol-Chloroform-Extraktion nach dem Standardprotokoll von Maniatis et al. (1982) durchgeführt. 57 | S e i t e Extraktion von DNA aus Haaren Zur DNA-Extraktion aus Haaren wurde das Extraktionskit Nucleo Spin Tissue (Macherey-Nagel, Düren) verwendet und die Angaben des Herstellers befolgt. 2.3.6.2. Erstellung der Multilokus-Genotypen Nukleäre Mikrosatelliten eignen sich aufgrund ihrer hohen Variabilität hervorragend zur Bestimmung der genetischen Verwandtschaft oder Elternschaft. In der vorliegenden Arbeit wurden sechs polymorphe Mikrosatelliten verwendet (Tab. 8). Tab. 8 Eigenschaften der in dieser Arbeit verwendeten Mikrosatelliten Lokus n Mittelwert Minimum Maximum Allele Hobs Hexp Marker Referenz 155 153 161 4 0,86 0,75 HEX Hapke et Tiere M43B 11 al. 2003 M9N 11 121 108 135 8 0,82 0,81 FAM Radespiel et al. 2008 M30 11 234 223 240 6 0,73 0,82 FAM Hapke et al. 2003 M8 11 191 174 203 11 0,91 0,92 FAM Radespiel et al. 2001 M40 11 151 140 161 6 0,82 0,82 HEX Hapke et al. 2003 M3 11 122 118 128 6 0,64 0,68 FAM Radespiel et al. 2001 Je 1 µl der extrahierten DNA jedes zu untersuchenden Tieres wurde mit 9 µl Reagenziengemisch versetzt. In dem Reagenziengemisch befanden sich abhängig vom Lokus 1-1,5 mM MgCl2, 225 µM dNTPs (jeder Base), 1 x PCR-Puffer (Endkonzentration: 20 mM Tris-HCL, pH 8.4, 50 mM KCL) oder 1 x PARR-Puffer (Cambio, UK - Cambridge), 0,1-0,3 µM des jeweiligen Primers und 0,25 U der TaqDNA Polymerase. 58 | S e i t e Für die Durchführung der PCR standen die Thermocycler Gene Amp PCR System 9700 (PE Applied Bio-Systems, USA - Foster City) und Peltier Thermal Cycler PTC - 200 (MJ Research DNA Engine, USA - Waltham) zur Verfügung. Dabei wurden abhängig vom Lokus unterschiedliche Zyklen benutzt (Abb.12-15). 6x 6x 94°C 94°C 25x 94°C 4min 30sec 72°C 55°C 94°C 30sec 30sec 72°C 53°C 20sec 30sec 30sec 20sec 36x 94°C 94°C 72°C 72°C 4min 30sec 7min 4°C 20sec ∞ Abb.13 Zyklusverlauf für den Lokus M8 35x 92°C 92°C 72°C 72°C 2min 40sec 58°C 1min 5min 4°C 1min ∞ Abb.14 Zyklusverlauf für die Loki M30/M40/M43B 94°C 94°C 72°C 4min 30sec 7min 30sec 50°C 20sec 50°C 20sec Abb.12 Zyklusverlauf für den Lokus M3 30sec 55°C 72°C 72°C 4°C ∞ Abb.15 Zyklusverlauf für den Lokus M9N 72°C 30sec 7min 4°C ∞ 59 | S e i t e Des Weiteren wurde bei der PCR eine Negativkontrolle (deionisiertes H 2O) als Indikator für Verunreinigungen, sowie eine leicht zu amplifizierende Positivkontrolle (hoch konzentrierte DNA aus der Muskulatur eines M. murinus) verwendet. Der Erfolg der Amplifikation wurde gelelektrophoretisch auf einem 1,5%igen Agarosegel überprüft, in dem Ethidiumbromid in einer Konzentration von 1,3 x 10 -4 mg/ml enthalten war. Die Fragmentgröße der Produkte konnte mit Hilfe eines Längenstandards (Gene Ruler TM 100 bp DNA Ladder Plus, Fermentas, St. Leon Rot) grob geschätzt werden. Die genaue Bestimmung der Allelgröße erfolgte mittels des Kapillarsequenzers MegaBACE 1000 (Amersham Pharmacia, Wien). Jede homozygote Probe wurde mindestens zweimal amplifiziert, um Fehler bei der Typisierung zu vermeiden. Mit Hilfe des Programmes MegaBACE Genetic Profiler 2.2. (Amersham Biosciences 2003) wurden die Peaks ausgewertet und mit Hilfe eines intern mitlaufenden Größenstandards (ET400) die Allellänge bestimmt (Abb.16). Abb. 16 Darstellung der Peaks im Programm MegaBACE Genetic Profiler 2.2. 2.3.6.3. Sequenzierung der mitochondrialen d-loop Zunächst wurde eine PCR der mitochondrialen d-loop durchgeführt. Das Gesamtvolumen einer Probe enthielt dabei 25 μl, wobei 5 μl DNA und 20 μl des Reagenziengemisches verwendet wurden. Das Reagenziengemisch bestand aus 1 µM für jeden Primer, 1,5 mM MgCl2, 0,2 mM dNTP (je Base), 1 x PCR-Puffer und 60 | S e i t e 0,02 U Taq-DNA-Polymerase. Des Weiteren wurde auch bei dieser PCR eine Negativkontrolle (deionisiertes H2O) als Indikator für Verunreinigungen, sowie eine leicht amplifizierende Positivkontrolle verwendet. Für die Durchführung der PCR standen die Thermocycler Gene Amp PCR System 9700 (PE Applied Bio-Systems) und Peltier Thermal Cycler PTC - 200 (MJ Research DNA Engine) zur Verfügung. Dabei wurde folgender Zyklus durchgeführt (Abb.17): 35x 94°C 94°C 3min 1min 50°C 72°C 72°C 1min 5min 1min 4°C ∞ Abb. 17 Zyklusverlauf für die D-LOOP Amplifikation Der Erfolg der Amplifikation wurde gelelektrophoretisch auf einem 1,5%igen Agarosegel überprüft, in dem Ethidiumbromid in einer Konzentration von 1,3 x 10-4 mg/ml enthalten war, überprüft. Die Fragmentgröße der Produkte konnte mit Hilfe eines Längenstandards (Gene Ruler TM 100 bp DNA Ladder Plus, Fermentas) grob geschätzt werden. Im Anschluss daran wurden die PCR-Produkte aufgereinigt, was der Entfernung überschüssiger Substanzen aus dem Reaktionsansatz dient. Die DNA wird dabei unter anderem von Salzen, Oligonukleotiden, Primern und überschüssigen dNTP´s befreit, da diese einen störenden Einfluss auf Sequenzierungsreaktionen haben können. Die Aufreinigung erfolgte mit dem Aufreinigungskit von Invitek (MSB® Spin PCRapace (250), Berlin) und wurde entsprechend der Herstellerangaben durchgeführt. Die Sequenzierung wurde bei der Firma Macrogen (Seoul, Südkorea) in Auftrag gegeben. Dafür wurde das gesamte PCR-Produkt (mindestens 10 μl) nach der ersten Aufreinigung zusammen mit den beiden Primern (5 pmol/μl, 10 μl pro fünf Proben) per Luftweg nach Korea verschickt. 61 | S e i t e Die fertige Sequenzen wurden mit dem Programm SeqMan II 6.00 (© 1989-2004 DNASTAR, Madison, USA) bearbeitet. Dabei wurden die Elektropherogramme komplementärer DNA-Stränge miteinander verglichen und per Unstimmigkeiten in der Basenabfolge untersucht. Bei Abweichungen Auge auf zwischen den Sequenzen wurden Korrekturen zu Gunsten der qualitativ besseren Sequenz (mit höheren Peaks und geringeren Überlagerungen) vorgenommen. Anschließend wurden die Sequenzen der komplementären Stränge eines jeden Individuums zu einer Konsensussequenz zusammengefasst. Für weitere Analysen wurden die unterschiedlich langen Konsensussequenzen der einzelnen Individuen an den Enden geschnitten und auf eine einheitliche Länge gekürzt. Anschließend wurden die Konsensussequenzen von Weibchen mit denen von Männchen, die in derselben Schlafgruppe gesichtet wurden, verglichen. Wenn die Konsensussequenzen zweier Individuen zu 100% identisch sind, liegt ein identischer Haplotyp vor, der einen Hinweis auf die Abstammung von einer gemeinsamen Matrilinie liefert. 2.3.6.4. Bestimmung der Verwandtschaftsverhältnisse in Schlafgruppen Die Verwandschaftsverhältnisse innerhalb der Schlafgruppen wurde mit Hilfe von drei Parametern ermittelt: Es wurde erstens die Anzahl der Allelausschlüsse bei den Mikrosatelliten-Loci gezählt. Zweitens wurde die Zugehörigkeit zu den Haplotypen untersucht und drittens ein Verwandtschaftskoeffizient r mit Hilfe des Programmes Kinship 1.2. ermittelt (Queller & Goodnight, 1989, http://gsoft.smu.edu/GSoft.html). Die mit dem Programm ermittelten r-Werte sind Abschätzungen unter der Voraussetzung zufälliger Paarungen innerhalb einer Population. Eine Elternschaft wurde dann angenommen, wenn keine Allelausschlüsse, ein identischer Haplotyp sowie ein Verwandtschaftskoeffizient von r > 0,4 vorlag. 62 | S e i t e 2.3.7. Datenverarbeitung und statistische Verfahren Außer den bereits erwähnten Programmen wurden bei der Datenverarbeitung die Programme Word 2007, Excel 2007, Powerpoint 2007 und Corel Draw 12 verwendet. Die statistischen Auswertungen erfolgten mit dem Programm Statistica 6.0 (Statsoft Inc., Hamburg). Soweit nicht anders angegeben, wurde das Signifikanzniveau für statistische Tests auf p > 0,05 festgesetzt. Bei der Durchführung serieller Tests erfolgte eine Anpassung des Signifikanzniveaus nach der sequentiellen BonferroniTechnik (Engel 1997). Für die Auswertung wurden folgende statistische Tests angewendet: Beim Vergleich von zwei unabhängigen Stichproben wurde der Mann-Whitney-UTest angewandt. Dabei handelt es sich um einen nicht-parametrischen Test. Er prüft, ob zwei unabhängige Stichproben derselben Grundgesamtheit angehören. Es müssen mindestens drei Datenpunkte pro Stichprobe vorliegen, um diesen Test anwenden zu können. Der Mann-Whitney-U-Test fand in dieser Arbeit unter anderem Anwendung bei dem Gebietsvergleich der akkumulativen Aktionsraumgrößen. Lagen die Daten in Form von zwei abhängigen Stichproben vor, wurde der WilcoxonVorzeichen-Rang-Test eingesetzt. Dieser Test prüft, ob sich zwei abhängige, aus Ordinaldaten oder Intervalldaten bestehende Stichproben in ihrem Median unterscheiden. Für diesen Test müssen mindestens fünf gepaarte Datensätze vorliegen. In dieser Arbeit wurde der Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test unter anderem zu monatlichen Vergleichen des Hodenvolumens genutzt. Der Chi-Quadrat-Test wurde angewendet, um beobachtete Häufigkeiten zu prüfen. Die gemessenen Werte werden mit den Erwartungswerten zu einer Prüfgröße 2 verrechnet. Der Test untersucht, ob ein Unterschied zwischen zwei oder mehr unabhängigen Stichproben besteht. Dieser Test wurde unter anderem benutzt, um Vergleiche der Qualitäten von Sozialkontakten zwischen den vier Phasen durchzuführen. 63 | S e i t e Die Einfaktorielle Varianzanalyse (One-Way-ANOVA) wurde eingesetzt, um den Einfluss einer unabhängigen Variablen auf ein Merkmal (abhängige Variable) zu untersuchen. Die Stichproben müssen stets voneinander unabhängig sein und die gleiche Varianz aufweisen. Mittels dieses Tests wurden unter anderem die Gebiete auf Unterschiede in der Verfügbarkeit potentieller Paarungspartner getestet. Um den Einfluss von zwei unabhängigen Variablen auf ein Merkmal (abhängige Variable) zu untersuchen, wurde die Zweifaktorielle Varianzanalyse (Two-wayANOVA) angewendet. Dieses Verfahren untersucht, ob mehrere unabhängige Variabeln einzeln oder in beliebigen Kombinationen einen statistisch gesicherten Einfluss auf ein Merkmal (abhängige Variable) haben. Voraussetzung für diesen Test ist, dass die Daten normalverteilt und unabhängig sind, sowie die gleiche Varianz aufweisen. Mit der Two-way-ANOVA wurde innerhalb dieser Arbeit unter anderem der Einfluss von Gebiet und Monat auf das Körpergewicht getestet. Mit dem Programm XLSTAT (Version 2007.7, Addinsoft, Andernach) wurde ein Mantel-Test (Mantel 1967) durchgeführt, der den Zusammenhang zwischen räumlichem Abstand der Weibchen zueinander und deren zeitlichen Östruseintritt untersuchen sollte. Der mittels des Tests errechnete Korrelationskoeffizient r (Pearson) gab Aufschluss darüber, ob eine Verbindung zwischen den beiden untersuchten Variablen besteht. 64 | S e i t e 3. Ergebnisse 3.1. Populationsökologie 3.1.1. Fangbarkeit Ergebnisse der Fangaktionen Jardin Botanique A Im Verlauf des Jahres 2007 wurden im Untersuchungsgebiet JBA 46 (26 Männchen, 20 Weibchen) verschiedene Mausmakis der Art M. ravelobensis gefangen. Bei acht der gefangenen Weibchen (40%) handelte es sich um Wiederfänge aus den Jahren 2003, 2004, 2005 und 2006. Bei den Männchen hingegen stammen lediglich fünf Individuen (19%) aus den Jahren 2005 und 2006. Die Ergebnisse der wöchentlichen Fangaktionen von August 2007 bis Januar 2008 sind in Tabelle 9 dargestellt. Tab. 9 Anzahl der im JBA während der einzelnen Fangaktionen gefangenen männlichen und weiblichen M. ravelobensis Monat Datum Anzahl Individuen Gesamt (♂,♀) August September Oktober 09.08.2007 11 (7, 4) 11.08.2007 11 (5, 6) 13.08.2007 12 (8, 4) 20.08.2007 8 (5, 3) 27.08.2007 12 (6, 6) 03.09.2007 13 (7, 6) 11.09.2007 9 (5, 4) 17.09.2007 12 (5, 7) 24.09.2007 18 (7,11) 01.10.2007 18 (7,11) 08.10.2007 16 (9, 7) 16.10.2007 18 (10,8) 23.10.2007 8 (4, 4) 29.10.2007 17 (10,7) 65 | S e i t e 05.11.2007 10 (4, 6) 12.11.2007 2 (2, 0) 18.11.2007 2 (1, 1) 25.11.2007 1 (1, 0) Dezember 09.12.2007 1 (1, 0) Januar 19.01.2008 1 (0, 1) November Für die Monate August (G = 3,02; p > 0,05; Goodness-of-fit-Test), September (G = 1,7; p > 0,05; Goodness-of-fit-Test) und Oktober (G = 0,1; p > 0,05; Goodness-of-fitTest) konnten keine Unterschiede zwischen der beobachteten und erwarteten Fangbarkeit gefunden werden. Aufgrund des starken Rückganges der Anzahl gefangener Individuen ab November wurden für die Monate November, Dezember und Januar keine Populationsgrößen ermittelt, um nicht den Eindruck einer Verkleinerung der Populationsgröße ab November entstehen zu lassen. Daher war es auch nicht mehr nötig, den Goodness-of-fit-Test für diese Monate zu berechnen. Jardin Botanique B Im Verlauf des Jahres 2007 wurden im Untersuchungsgebiet JBB 80 (35 Männchen, 45 Weibchen) verschiedene Mausmakis der Art M. ravelobensis gefangen. Bei 25 Weibchen (56%) handelte es sich um Wiederfänge aus den Jahren 1998, 1999, 2003, 2004, 2005 und 2006. 13 Männchen (37%) stammten aus den Jahren 2003, 2004, 2005 und 2006. Die Ergebnisse der wöchentlichen Fangaktionen von August 2007 bis Januar 2008 sind Tabelle 10 zu entnehmen. 66 | S e i t e Tab. 10 Anzahl der im JBB während der einzelnen Fangaktionen gefangenen männlichen und weiblichen M. ravelobensis Monat Datum Anzahl Individuen Gesamt (♂,♀) August September Oktober November Dezember 10.08.2007 38 (17,21) 12.08.2007 35 (15,20) 14.08.2007 37 (18,19) 21.08.2007 30 (12,18) 28.08.2007 28 (14,14) 04.09.2007 25 (12,13) 12.09.2007 28 (11,17) 18.09.2007 30 (13,17) 25.09.2007 32 (12,20) 02.10.2007 27 (10,17) 09.10.2007 25 (11,14) 15.10.2007 21 ( 8,13) 22.10.2007 11 ( 3, 8) 30.10.2007 10 ( 4, 6) 06.11.2007 7 ( 3, 4) 13.11.2007 8 ( 2, 6) 19.11.2007 3 ( 2, 1) 10.12.2007 1 ( 1, 0) Für die Monate August (G = 0,44; p > 0,05; Goodness-of-fit-Test), September (G = 0; p > 0,05; Goodness-of-fit-Test) und Oktober (G = 0,68; p > 0,05; Goodness-of-fitTest) konnten keine Unterschiede zwischen der beobachteten und der erwarteten Fangbarkeit gefunden werden. Wie im JBA wurden aufgrund des starken Rückganges der gefangenen Individuen ab November für die Monate November, Dezember und Januar keine Populationsgrößen berechnet und dementsprechend auch keine Goodness-of-fit-Tests durchgeführt. 67 | S e i t e Fallennutzung Jardin Botanique A Im Verlauf dieser Studie wurden im Untersuchungsgebiet JBA pro Nacht zwischen 97 und 120 Fallen aufgestellt. Diese Schwankung entstand durch die zusätzliche Platzierung von Fallen an den Schlafplätzen der Senderweibchen ab Oktober. Dies wurde unternommen, um dem zu erwartenden Rückgang der Anzahl gefangener Individuen entgegenzuwirken. Um zu überprüfen, ob durch die Anzahl der aufgestellten Fallen die Fangbarkeit limitiert war, wurde der Anteil belegter Fallen pro Monat berechnet (Abb.18). Zum überwiegenden Teil wurden M. murinus und M. ravelobensis gefangen. Im Untersuchungszeitraum gingen jedoch vereinzelt auch endemische Kleinsäuger und Geckos (letztere nur in der Regenzeit) in die Fallen. Zusätzlich kam es vor, dass sich einige Fallen über Nacht geschlossen hatten, aber leer waren. Bei einem sehr hohen Anteil belegter Fallen sollte die Wahrscheinlichkeit größer sein, dass ein Tier aufgrund einer bereits belegten Falle nicht gefangen werden konnte. Die meisten Fallen waren während einer Fangaktion im September belegt (51 von 98) (Abb.18). Lediglich in drei von insgesamt 20 Fangaktionen, in denen Mausmakis gefangen wurden, waren mehr als die Hälfte der Fallen (50,4 bis 52%) belegt. Es ist daher davon auszugehen, dass die Fangbarkeit von M. ravelobensis im JBA nicht durch die Anzahl der aufgestellten Fallen limitiert war. 68 | S e i t e Prozentanteil belegter Fallen 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 August September Oktober November Dezember Januar Monat Abb.18 Monatlicher Verlauf der Anzahl belegter (M. ravelobensis, M. murinus, endemische Kleinsäuger und Geckos) oder geschlossener Fallen im JBA (n Fallen = 97-120) Jardin Botanique B Im Verlauf der Studie wurden im Untersuchungsgebiet JBB pro Nacht zwischen 92 und 110 Fallen aufgestellt. Auch in diesem Gebiet wurden zusätzliche Fallen an den Schlafplätzen der Senderweibchen positioniert. Dies geschah hier allerdings erst ab Anfang November 2007. Um auch im JBB eine Fanglimitierung aufgrund eines zu hohen Anteils belegter Fallen auszuschließen, wurde dieser monatlich berechnet (Abb. 19). Der größte Anteil belegter oder geschlossener Fallen konnte während einer Fangaktion Mitte August 2007 verzeichnet werden (57 von 93 Fallen). In fünf von 18 Fangaktionen, in denen mindestens ein Mausmaki gefangen wurde, lag der Prozentanteil belegter Fallen zwischen 50,5% und 61,3%. In allen anderen Fällen wurde der 50% Anteil belegter Fallen nicht überschritten. Es ist also auch im JBB davon auszugehen, dass überwiegend keine Fanglimitierung aufgrund eines zu hohen Fallenbelegungsanteils vorlag. 69 | S e i t e Prozentanteil belegter Fallen 60 50 40 30 20 10 0 August September Oktober November Dezember Januar Monat Abb.19 Monatlicher Verlauf der Anzahl belegter (M. ravelobensis, endemische Kleinsäuger und Geckos) oder geschlossener Fallen im JBB (nFallen= 92-110) Fanghäufigkeit Jardin Botanique A Während der Studie gingen die einzelnen Individuen mit unterschiedlicher Häufigkeit in die Fallen. 34,8% der Tiere im JBA wurden nur einmal pro Jahr gefangen. Die maximale Fanghäufigkeit eines Individuums betrug 18 Mal (Abb.20). 70 | S e i t e 18 Anzahl der Tiere 16 14 12 10 8 6 4 2 0 1x 3x 5x 7x 9x 11x 15x 17x Fanghäufigkeit Abb. 20 Darstellung der individuellen Fanghäufigkeiten der einzelnen im JBA gefangenen Goldbraunen Mausmakis Der Anteil der Tiere, die nur einmalig gefangen wurden (n = 16), war tendenziell niedriger, als der Anteil Tiere, die mehrmals gefangen werden konnten (n = 30) (2 = 3,38; p = 0,0662). Es konnten somit keine negativen Falleneffekte, also eine systematische Vermeidung der Fallen durch die Tiere festgestellt werden. Jardin Botanique B Im Untersuchungsgebiet JBB gingen die Mausmakis mit unterschiedlicher Häufigkeit in die Fallen. Nur einmal pro Jahr wurden 16,3 % der Tiere gefangen. Zwei- bis viermal pro Jahr wurden 32,5 % der Tiere gefangen. Die maximale Fanghäufigkeit betrug im JBB 24 Mal (Abb. 21). 71 | S e i t e 14 Anzahl der TIere 12 10 8 6 4 2 0 1x 3x 5x 7x 9x 11x 13x 15x 17x 19x 24x Fanghäufigkeit Abb. 21 Darstellung der individuellen Fanghäufigkeiten der einzelnen im JBB gefangenen Goldbraunen Mausmakis Statistisch gesehen war der Anteil an Tieren, die nur einmal gefangen worden waren (n = 13), signifikant niedriger als der Anteil Tiere, die wiederholt gefangen werden konnten (n = 67) (2 = 12,97; p = 0,0003). Es konnten also auch im JBB keine negativen Falleneffekte nachgewiesen werden. 3.1.2. Populationsgröße Die Populationsgröße wurde sowohl mit der Jolly-Seber-Methode als auch mit der MNA-Methode für die Monate August, September und Oktober 2007 berechnet. In die Berechnung der Populationsgrößen gingen auch die Fangergebnisse aus den Monaten Mai bis Juli 2007 und November 2007 bis Januar 2008 ein. Für November und Dezember 2007 sowie Januar 2008 lagen jedoch aufgrund zu geringer Fangerfolge zu wenige Daten vor, um Berechnungen durchführen zu können. Jardin Botanique A Die Populationsgröße im Untersuchungsgebiet JBA blieb in den Monaten August, September und Oktober relativ konstant (Jolly-Seber-Methode: 28-32-31 Individuen; 72 | S e i t e MNA-Methode: 30-29-30 Individuen). Der genaue Verlauf kann in Abb. 22 nachvollzogen werden. Populationsgröße (Anzahl Individuen) 45 40 35 × 30 × × 25 20 15 10 5 0 August September Oktober Legende: Fangergebnisse × MNA-Methode Gesamtanzahl gefangener Individuen Populationsgröße nach J.S. mit Konfidenzintervallen Abb. 22 Monatliche Populationsgrößen im JBA nach der Jolly-Seber-Methode & MNA-Methode, tageweise und monatliche Fangergebnisse Die Fangbarkeit der Individuen lag basierend auf den Populationsgrößewerten, die mittels der Jolly-Seber-Methode ermittelt wurden, im Monat August bei 71 %, im Monat September bei 72 % und stieg im Oktober auf 94 % an. Basierend auf den Werten der Populationsgrößen, die durch die MNA-Methode berechnet wurden, lag die Fangbarkeitsrate der Tiere im Monat August bei 67 %, im September stieg die Fangbarkeit bereits auf 79 % an und erreichte schließlich den höchsten Wert im Oktober mit 97 %. Beim Vergleich monatlicher Populationsgrößen konnten Unterschiede zwischen den Monaten gefunden werden. keine signifikanten 73 | S e i t e Jardin Botanique B Auch für das Untersuchungsgebiet JBB wurden mit Hilfe der Jolly-Seber-Methode und der MNA-Methode die Populationsgrößen für August, September und Oktober 2007 kalkuliert (Abb. 23). Diese blieb über die Monate August (Jolly-Seber-Methode: 56 Individuen, MNA-Methode: 51 Individuen) und September (Jolly-Seber-Methode: 52 Individuen, MNA-Methode: 50 Individuen) relativ konstant. Sie zeigte jedoch bereits im Oktober (Jolly-Seber-Methode und MNA-Methode: 35 Individuen) einen Abfall. Der Rückgang der Populationsgröße ging mit dem Einbruch der Fangzahlen Populationsgröße (Anzahl Individuen) am Ende der Trockenzeit und Beginn der Regenzeit einher. 70 60 × 50 40 30 × × 20 10 0 August September Oktober Legende: Fangergebnisse × MNA-Methode Gesamtanzahl gefangener Individuen Populationsgröße nach J.S. mit Konfidenzintervallen Abb. 23 Monatliche Populationsgrößen im JBB nach der Jolly-Seber-Methode und der MNA-Methode, tageweise und monatliche Fangergebnisse Die Fangbarkeit der Individuen lag basierend auf den Populationsgrößewerten, die mittels der Jolly-Seber Methode ermittelt wurden, im Monat August bei 87 %, im Monat September bei 90 % und stieg im Oktober sogar auf 100 % an. Basierend auf den Werten der Populationsgrößen, die durch die MNA-Methode berechnet wurden, lag die Fangbarkeitsrate der Tiere im Monat August bei 96 %, im 74 | S e i t e September sank die Fangbarkeit auf 94 % an und erreichte schließlich den höchsten Wert im Oktober mit 100 %. Um die Populationsgrößen zwischen den Monaten statistisch vergleichen zu können, gingen die wöchentlich berechneten Populationsgrößen in die Statistik ein. Auf dieser Basis konnte mittels einer One-way-ANOVA im JBB ein signifikanter Unterschied zwischen den einzelnen Monaten festgestellt werden (F2,10 = 32,175, p < 0,0001). Die Monate August und September konnten aufgrund einer zu geringen Stichprobengröße nicht miteinander verglichen werden. Ein signifikanter Abfall der Populationsgröße konnte jedoch von September zu Oktober (Wilcoxon Test, Z = 2,67, N = 9, p < 0,01;) nachgewiesen werden. Beim monatsweisen Vergleich der wöchentlichen Populationsgrößen beider Gebiete wurde mittels einer Faktoriellen ANOVA festgestellt, dass die Populationsgröße im JBB in jedem Monat signifikant größer war als im JBA (F2,20 = 21,29, p = 0,00001) (Abb.24). Abb. 24 Monatliche Populationsgröße in den beiden Untersuchungsgebieten JBA und JBB 75 | S e i t e 3.1.3. Populationsdichte Basierend auf den Ergebnissen einer Studie aus dem Jahr 2006 (Mester) wurde zur Berechnung der Populationsdichte statt der Grundfläche der beiden Untersuchungsgebiete die effektive Fangfläche für JBA und JBB ermittelt. Jardin Botanique A Mit Hilfe des Programmes DENSITY 2_1 wurde ein mittlerer individueller Aktionsradius basierend auf den Ergebnissen aller Fangaktionen berechnet. Dieser Radius, der im JBA 87 m beträgt, wurde dann um jede einzelne Falle gelegt, in der mindestens einmal ein Mausmaki gefangen worden war. Als Ergebnis ergab sich dann die effektive Fangfläche von JBA mit einer Größe von 43,6 ha (Abb. 25). N 100 m Abb. 25 Darstellung der effektiven Fangfläche des Untersuchungsgebietes JBA Jardin Botanique B Das gleiche Verfahren wurde für JBB durchgeführt, wobei hier der Aktionsradius bei 47 m lag und somit eine effektive Fangfläche von 9,2 ha berechnet wurde (Abb. 26). 76 | S e i t e N 100 m Abb. 26 Darstellung der effektiven Fangfläche im JBB Schließlich konnte die mittels der Jolly-Seber-Methode kalkulierte Populationsgröße auf die effektive Fangfläche umgerechnet werden, um die monatlichen Populationsdichten für die beiden Untersuchungsgebiete zu berechnen (Tab.11). Dabei vergrößerte sich die Grundfläche von JBA um 34 % und die Grundfläche von JBB um 46%. Die Populationsdichte im JBA lag im August bei 0,6 Tieren pro Hektar und stieg im September und Oktober auf 0,7 Tiere pro Hektar an. Im JBB lag die Populationsdichte hingegen im August bei 6,1 Tieren pro Hektar, reduzierte sich im September bereits auf 5,7 Tiere pro Hektar und erreichte schließlich den niedrigsten Wert im Oktober mit 3,8 Tieren pro Hektar. 77 | S e i t e Tab. 11 Monatliche Populationsdichte in den beiden Untersuchungsgebieten auf der Basis der Grundfläche der Gebiete und auf der Basis der effektiven Fangfläche Monat August September Oktober Gebiet Populationsdichte auf Populationsdichte auf der Basis der der Basis der Populationsgröße Grundfläche der Gebiete effektiven Fangfläche nach Jolly-Seber ( JBA = 29,1 ha ; ( JBA = 43,6 ha ; JBB = 5 ha ) JBB = 9,2 ha ) JBA 28 1 Tier / ha 0,6 Tiere / ha JBB 56 11,2 Tiere / ha 6,1 Tiere / ha JBA 32 1,1 Tiere / ha 0,7 Tiere / ha JBB 52 10,4 Tiere / ha 5,7 Tiere / ha JBA 31 1,1 Tiere / ha 0,7 Tiere / ha JBB 35 7 Tiere / ha 3,8 Tiere / ha 3.1.4. Anzahl weiblicher Individuen in der Nähe eines Weibchens Nach der Berechnung des mittleren Fangortes jedes gefangenen Individuums konnte ermittelt werden, wie viele weibliche Individuen sich in einem 100 m-Radius zu den mittleren Fangorten der Senderweibchen aufhielten. Jedes Senderweibchen hatte in einem 100 m-Radius potentiell Zugang zu null bis fünf weiteren Weibchen (JBA) (Tab. 12a) bzw. acht bis zehn Weibchen (JBB) (Tab.12b). Betrachtet man alle gefangenen Weibchen, haben diese im Durchschnitt zwei weitere Weibchen (JBA) bzw. neun weitere Weibchen (JBB) in ihrem näheren Umfeld (100 m Radius) (Abb. 27a und b). Vier der Senderweibchen im JBA hatten zu weniger Weibchen Zugang im Vergleich zum Medianwert aller Weibchen in der Population und vier Senderweibchen hatten mehr weitere weibliche Individuen in ihrer unmittelbaren Umgebung im Vergleich zum Median aller gefangener 78 | S e i t e Weibchen. Somit stellen die beobachteten Senderweibchen eine repräsentative Stichprobe der Population dar. Im Untersuchungsgebiet JBB hatten zwei der Senderweibchen zu weniger weiteren weiblichen Individuen Zugang, vier Senderweibchen hatten zu gleich vielen weiteren Weibchen Zugang und zwei Weibchen hatten mehr Weibchen in ihrer unmittelbaren Umgebung im Vergleich zum Median aller gefangener Weibchen. Die Senderweibchen im JBB stellen somit auch eine repräsentative Stichprobe der weiblichen Population dar. Tab. 12a Anzahl Weibchen in einem 100-meter-Umkreis zu den mittleren Fangorten der Fokusweibchen im JBA Verhältnis zum Fokusweibchen Anzahl Weibchen bis 100 m Median Abstand (2 weitere ♀ im 100 m Radius) F41-07 0 < F18-04 0 < F43-05 1 < F17-07 1 < F08-06 3 > F31-06 3 > F73-07 4 > F46-07 5 > 79 | S e i t e Fokusweibchen Weibchen ohne Sender Abb. 27a Karte des JBA mit den mittleren Fangorten aller gefangener Weibchen 80 | S e i t e Tab. 12b Anzahl Weibchen in einem 100-meter-Umkreis zu den mittleren Fangorten der Fokusweibchen im JBB Verhältnis zum Fokusweibchen Anzahl Weibchen bis 100 m Median (9 weitere ♀ Abstand im 100 m Radius) F25-05 8 < F29-05 8 < F22-06 9 = F18-06 9 = F02-04 9 = F03-05 9 = F32-07 10 > F22-05 10 > 81 | S e i t e Fokusweibchen Weibchen ohne Sender Abb. 27b Karte des JBB mit den mittleren Fangorten aller gefangener Weibchen Mittels des Mann-Whitney-U-Tests konnte ein signifikanter Unterschied in der Anzahl weiblicher Individuen in einem 100 m-Radius der Weibchen zwischen den beiden Gebieten festgestellt werden. In JBB befanden sich signifikant mehr weibliche Individuen in der näheren Umgebung eines Weibchens als im JBA (Z = -5,5, NJBA = 16 NJBB = 30, p < 0,00001) (Abb. 28). 82 | S e i t e Abb. 28 Darstellung der Anzahl an weiblichen Individuen in einem 100m-Radius zu den mittleren Fangorten aller gefangener Weibchen (: p < 0,00001) 3.1.5. Geschlechterverhältnis Jardin Botanique A In den Monaten August und November wurden mehr Männchen als Weibchen gefangen (Abb. 29). Im Gegensatz dazu gingen in den Monaten September und Oktober mehr Weibchen als Männchen in die Fallen. Diese Verschiebungen des Geschlechterverhältnisses zu Gunsten von Männchen (August & November) bzw. Weibchen (September & Oktober) waren jedoch im Untersuchungsgebiet JBA in keinem Monat signifikant (2: 0,04 - 2,33; p > 0,05). 83 | S e i t e 18 16 Anzahl Tiere 14 12 10 Männchen 8 Weibchen 6 4 2 0 August September Oktober November Abb. 29 Anzahl pro Monat gefangener Weibchen und Männchen im JBA Jardin Botanique B In den Monaten August, September, Oktober und November wurden immer mehr Weibchen als Männchen gefangen (Abb. 30). Diese Verschiebungen des Geschlechterverhältnisses zu Gunsten der Weibchen im Untersuchungsgebiet JBB waren jedoch in keinem untersuchten Monat signifikant (2 : 0,69 und 1,14; p > 0,05). 84 | S e i t e 35 30 Anzahl Tiere 25 20 Männchen 15 Weibchen 10 5 0 August September Oktober November Abb. 30 Anzahl pro Monat gefangener Weibchen und Männchen im JBB 3.2. Kondition und Verfügbarkeit potentieller männlicher Partner 3.2.1.Saisonale Änderung des Körpergewichtes Bei der Entwicklung des Körpergewichts zeigten sich bei den Männchen keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Untersuchungsgebieten. Die maximalen mittleren Körpergewichte wurden in beiden Gebieten im November 2007 erreicht (Tab. 13). Die mittleren Körpergewichte waren im JBA am kleinsten im Mai 2007 und Juni 2007. Im JBB waren die kleinsten mittleren Werte hingegen im Juli und August 2007 ermittelt worden. 85 | S e i t e Tab. 13 Minimale, maximale und mittlere Körpergewichte der Männchen von Mai bis November 2007 in beiden Untersuchungsgebieten Monat JBA n Gewicht (g) JBB n Gewicht (g) Gebietsvergleich Mann-Whitney U- Test Z,p Mai Median = 46 Min = 40 Juni Median = 53 9 Min = 31 Max = 64 Max = 78 Median = 43 Median = 46 Min = 43 3 Max = 60 Min = 35 17 Z=1,7 n.s. 5 Max = 70 Z=0,52 n.s. Monatsvergleich: Mai - Juni Z=2,02 Wilcoxon-Test p=0,04 Z, p Juli Median = 51 Min = 40 15 Max = 62 Monatsvergleich: Juni-Juli Z=1,21 Wilcoxon-Test n.s. Z, p August Median = 57 Min = 44 Max = 67 Median = 51 13 Min = 36 Max = 69 Monatsvergleich: Juli-August Z= 0,73 Wilcoxon-Test n.s. Z, p 22 Z=1,75 n.s. 86 | S e i t e September Median = 58 11 Median = 57 Min = 46 Min = Max = 63 Max = 64 August- Z= 0,4 Z= 0,15 September n.s. n.s. Median = 55 Median = 58 20 37 Z= -0,79 n.s. Monatsvergleich: Wilcoxon-Test Z, p Oktober Min = 48 Max = 61 14 Min = 40 15 Max = 66 Z= -0,55 n.s. Monatsvergleich: September- Z=1,58 Z= 0,97 Oktober n.s. n.s. Median = 58,5 Median = 67 Wilcoxon-Test Z, p November Min = 55 8 Min = 46 Max = 64 Max = 72 Oktober- Z=1,69 Z=0,94 November n.s. n.s. 5 Z=1,24 n.s. Monatsvergleich: Wilcoxon-Test Z, p Min: Minimalwert, Max: Maximalwert, Z: Prüfgröße, p: Irrtumswahrscheinlichkeit, n.s.: nicht signifikant Beim paarweisen Vergleich aufeinanderfolgender Monate konnten im Untersuchungsgebiet JBA keine signifikanten Veränderungen von Monat zu Monat festgestellt werden. Im Untersuchungsgebiet JBB konnte nach der Herabsetzung des Signifikanzniveaus nach Bonferroni auf p < 0,008 keine signifikante Änderung des 87 | S e i t e Körpergewichtes von Monat zu Monat mehr festgestellt werden. Vor der Korrektur konnte jedoch noch eine Abnahme des Körpergewichtes von Mai zu Juni 2007 verzeichnet werden (Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test, Z = 2,02, p = 0,04). Zwischen den Männchen gab es insgesamt eine hohe interindividuelle Variabilität im Körpergewicht. Insbesondere konnte bei der Betrachtung des ersten ermittelten Fanggewichtes des Jahres 2007 ein signifikanter Unterschied des Körpergewichtes zwischen den Neuund Wiederfang-Männchen festgestellt werden. So zeigten die Männchen, die erstmalig im Jahr 2007 gefangen worden waren, ein deutlich niedrigeres Gewicht im Vergleich zu den Männchen, die bereits in Vorjahren gefangen worden waren (ANOVA, F(1,58)=27,209, p < 0,00001) (Abb. 31). Abb. 31 Körpergewichte wiedergefangener oder im Jahr 2007 neu gefangener Männchen ( : p < 0,00001) 3.2.2. Saisonale Änderung des Hodenvolumens Die maximalen mittleren Hodenvolumina wurden im Monat September 2007 in beiden Untersuchungsgebieten erreicht (JBA: 3025,12 mm 3; JBB: 2734,84 mm³) (Abb. 32, 33). Die minimalen Hodenvolumina wurden hingegen im Mai und im Juni 88 | S e i t e 2007 im Untersuchungsgebiet JBB erreicht. Beim statistischen Vergleich der Gebiete innerhalb jedes Monats konnten keine signifikanten Unterschiede gefunden werden (Anhang C). Im JBA konnte nach einer Reduktion des Signifikanzniveaus nach der BonferroniMethode auf p = 0,016 eine signifikante Abnahme der Hodenvolumina von September zu Oktober 2007 nachgewiesen werden (Wilcoxon-Vorzeichen-Rang- Test, Z = 2,07, p = 0,001). Vor der Herabsetzung des Signifikanzniveaus konnte noch ein signifikanter Volumenanstieg von August zu September 2007 verzeichnet werden (Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test, Z = 2,07 p = 0,038) (Abb.52). Abb. 32 Monatliche Hodenvolumina der Männchen im JBA (: p<0,001) Im Untersuchungsgebiet JBB stieg das Hodenvolumen von Juli zu August deutlich an. Danach nahm es kontinuierlich wieder ab. Nach Reduktion des Signifikanzniveaus auf p < 0,0125 konnten jedoch keine signifikanten Änderungen der Hodenvolumina mehr verzeichnet werden (Anhang C). 89 | S e i t e Abb. 33 Monatliche Hodenvolumina der Männchen im JBB Beim Vergleich der monatlichen Hodenvolumina im Jahr 2007 neugefangener Männchen und den Volumina wiedergefangener Männchen konnten mittels des Mann-Whitney-U-Tests keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden. 3.2.3.Anzahl männlicher Individuen in der Nähe der Weibchen In einem 100 m-Umkreis zum mittleren Fangort jedes Senderweibchens befanden sich zwischen fünf und 12 (JBB, Tab. 14b) bzw. ein bis sechs Männchen (JBA, Tab.14a). Betrachtet man alle gefangenen Weibchen, hatten diese im Durchschnitt drei verschiedene Männchen (JBA) bzw. neun verschiedene Männchen (JBB) in ihrem näheren Umfeld (100 m-Radius). Unter den Senderweibchen beider Gebiete war die Anzahl derer, die überdurchschnittlich oder unterdurchschnittlich viele potentielle Partner in der Umgebung hatte, gleich. Die Anzahl der potentiellen Partner hing dabei nicht mit dem Alter der Weibchen zusammen. Wiederfänge bzw. Neufänge kamen in beiden Kategorien vor. 90 | S e i t e Tab. 14a Anzahl Männchen in einem 100-meter-Umkreis zu den mittleren Fangorten der Fokusweibchen im JBA Fokusweibchen Anzahl Männchen bis Verhältnis zum Median der 100 m Abstand Population (Median ♂ 3 Tiere) F41-07 1 < F17-07 2 < F18-04 2 < F31-06 2 < F46-07 3 = F43-05 4 > F08-06 5 > F73-07 6 > 91 | S e i t e Tab. 14b Anzahl Männchen in einem 100-meter-Umkreis zu den mittleren Fangorten der Fokusweibchen im JBB Fokusweibchen Anzahl Männchen bis Verhältnis zum Median der 100 m Abstand Population (Median ♂ 9 Tiere) F25-05 5 < F22-06 6 < F32-07 7 < F29-05 8 < F18-06 9 = F02-04 11 > F03-05 12 > F22-05 12 > Im Untersuchungsgebiet JBA sind signifikant weniger männliche Individuen in einem 100 m-Umkreis zum mittleren Fangort der Weibchen anzutreffen, als im Untersuchungsgebiet JBB (Mann-Whitney-U-Test, Z= - 5,36; p < 0,000001)(Abb. 34). 92 | S e i t e Abb. 34 Anzahl von Männchen in einem 100m-Umkreis zu den mittleren Fangorten der Senderweibchen (: p<0,000001) 3.3. Reproduktionsbiologie der Weibchen 3.3.1. Zyklusstadien der Weibchen Jardin Botanique A Im Jahr 2007 wurden insgesamt 20 Weibchen im Untersuchungsgebiet JBA gefangen. Von diesen 20 Weibchen wurden allerdings nur noch 18 Weibchen während des Untersuchungszeitraumes (ab August 2007) gefangen (Abb. 35). Für die Betrachtungen der Zyklusverläufe wurden die zwei nicht mehr gefangenen Weibchen dementsprechend nicht berücksichtigt. Nur von fünf dieser 18 Weibchen liegen relativ konstante Informationen über deren Zyklusverlauf vor, die eine zeitliche Bestimmung des ersten Östrus ermöglichen. Weibchen mit erstem Östrus wurden zwischen der 38. und 40. Kalenderwoche, also zwischen 17.09.07 und 01.10.07, gefangen. Eines der Weibchen (F55-07) wies während der 38. Kalenderwoche einen „Vaginalplug“ auf. Fünf der im Untersuchungsgebiet JBA gefangenen Weibchen wurden mehrfach östrisch. Dabei lag der zweite Östrus zwischen der 42. und 44. Kalenderwoche, also zwischen dem 15.10.07 und 29.10.07. Eines der Weibchen 93 | S e i t e (F46-07) wies auch während des zweiten Östrus einen „Vaginalplug“ auf. Bei drei dieser Weibchen lagen jeweils vier Wochen zwischen dem ersten und dem zweiten Östrus (F55-07, F31-06, F46-07). Bei einem der Weibchen lagen sechs Wochen zwischen den beiden Östren (F18-04). Bei F43-05 lagen 10 Wochen zwischen dem ersten Östrus und dem nächsten dokumentierten Östrus. Aufgrund des großen zeitlichen Abstandes handelte es sich bei diesem Östrus vermutlich bereits um den dritten Östrus. Ein Post-partum-Östrus käme bei diesem Weibchen ebenfalls in Betracht, wobei sie allerdings nie mit Jungtieren gesehen werden konnte. Es könnte sich hierbei allerdings auch um einen Fall embryonaler Mortalität handeln. Drei Weibchen wurden zwischen der 42. und 44. Kalenderwoche erstmals östrisch gefangen (F74-07, F73-07, F41-07). Im Vergleich zur zeitlichen Lage der ersten und zweiten Östren der Weibchen von denen durchgehende Informationen vorliegen, könnte es sich bei den Östren dieser drei Weibchen um zweite Östren gehandelt haben. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass bei saisonal reproduktiven Weibchen Jungtiere häufig später östrisch werden. Die drei betroffenen Weibchen wurden alle im Jahr 2007 erstmals gefangen und könnten somit durchaus Jungtiere sein, die Ende 2006, Anfang 2007 geboren worden waren. 94 | S e i t e ■ geschlossen ♦ geschwollen ● offen ☼ laktierend ■ wieder geschlossen F74-07 F73-07 F23-05 F68-07 F31-05 F64-07 F51-04 F08-06 F62-07 F18-03 F55-07 F51-07 F31-06 ☼ F46-07 F18-04 F43-05 F17-07 F41-07 28 | Juli 32 | 36 August 40 | September 44 | 48 Oktober 52 | November | Abb. 35 Zyklusübersicht aller im JBA gefangener M. ravelobensis-Weibchen, Nummern der Weibchen mit mehrwöchig aussagekräftigen Östrusdaten sind fett markiert 95 | S e i t e Jardin Botanique B Im Untersuchungsgebiet JBB wurden im Jahr 2007 insgesamt 45 verschiedene Weibchen gefangen. Von diesen 45 Weibchen wurden allerdings nur 33 Weibchen während des Untersuchungszeitraumes (ab August 2007) gefangen (Abb. 36). Für die Betrachtungen der Zyklusverläufe wurden die 12 nicht mehr gefangenen Weibchen dementsprechend nicht berücksichtigt. Von 13 dieser 33 Weibchen liegen relativ konstante Informationen über den Zyklusverlauf vor, die vor allem eine zeitliche Festlegung des Eintritts in den ersten Östrus ermöglichen. Weibchen mit erstem Östrus wurden zwischen der 36. und 40. Kalenderwoche, also zwischen dem 04.09.07 und 02.10.07, gefangen. Bei zwei dieser Weibchen (F22-06, F03-05) wurden „Vaginalplugs“ in der 37.KW und 38.KW beobachtet. Lediglich drei der 33 Weibchen wurden zweimal östrisch gefangen. Dabei lag der zweite Östrus zwischen der 42. und 49. Kalenderwoche, also zwischen dem 15.10.07 und 04.12.07. Bei zwei der Weibchen lagen vier Wochen zwischen dem ersten und zweiten Östrus (F13-07, F29-05). Als F13-07 das erste Mal östrisch gefangen worden war, könnte dies aufgrund der zeitlichen Einordnung schon ein zweiter Östrus und dementsprechend der vier Wochen später eintretende Östrus ein dritter gewesen sein. Beim letzten der drei Weibchen (F03-05) lagen 10 Wochen zwischen den beiden Östren. Zum Zeitpunkt des zweiten Östrus hatte dieses Weibchen bereits seit einigen Tagen Nachwuchs. Es handelte es sich also um einen Post-partum-Östrus. 96 | S e i t e ■ geschlossen ♦ geschwollen ● offen ■ wieder geschlossen ▲tragend ☼ Laktationszeitraum F42-07 F37-07 F25-05 F26-07 F14-06 F34-07 F32-07 F30-07 F04-05 F28-07 F23-07 F22-07 F21-07 F18-07 F13-07 F12-07 F09-07 F03-07 F35-06 F25-06 F22-06 F18-06 F11-06 F01-06 F29-05 F24-05 F22-05 F18-05 F11-05 F03-05 F20-04 F02-04 F05-03 ☼ ☼ ☼ 30 35 | August 40 | September | 45 Oktober 50 | November | Abb. 36 Zyklusübersicht aller im JBB gefangener M. ravelobensis-Weibchen, Nummern der Weibchen mit mehrwöchig aussagekräftigen Östrusdaten sind fett markiert 3.3.2. Konzeptionswahrscheinlichkeit Jardin Botanique A Bei fünf aller im JBA gefangener Weibchen liegen Informationen über den Zeitpunkt des ersten Östrus vor. Von diesen fünf Weibchen konzipierte keines im ersten Östrus und alle wurden ein zweites Mal östrisch (Tab.15a). 97 | S e i t e Die Konzeptionswahrscheinlichkeit im ersten Östrus lag somit bei den untersuchten fünf Weibchen bei 0 %. Im zweiten Östrus konzipierte mindestens eins der Weibchen, das im Januar laktierend gefangen werden konnte. Die Konzeptionsrate kann damit im zweiten Östrus zwischen 20 % und maximal 100 % gelegen haben. Nur bei einem Weibchen konnte definitiv nachgewiesen werden, dass es Nachwuchs bekommen hatte. Die verbleibenden vier Weibchen wurden nicht mehr tragend oder laktierend gefangen und auch bei Fokusbeobachtungen nicht mit Jungtieren gesehen. Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass sie trotzdem im zweiten Östrus konzipiert haben könnten. Tab. 15a Konzeptionsraten und Anzahl an Östren der Weibchen im JBA + Weibchen hat konzipiert - Weibchen hat nicht konzipiert rot gekennzeichnet: Fokusweibchen Weibchen kadfkoadf 1.Östrus Konzeption 2./3. Östrus Konzeption Geburt F43-05 38.KW - 49.KW ? ? F18-04 38.KW - 44.KW ? ? F55-07 38.KW - 41.-42. KW + F31-06 39.-40.KW - 43.-44.KW ? ? F46-07 39.-40.KW - 43.-44.KW ? ? 52.-01.KW? Jardin Botanique B Von 14 Weibchen im Untersuchungsgebiet JBB liegen Informationen über deren ersten Östrus vor (Tab.15b). Vier dieser Weibchen konzipierten während ihres ersten 98 | S e i t e Östrus (F20-04, F03-05, F22-06, F18-05), wobei zwei dieser Weibchen definitiv circa 10 Wochen später mit ihrem Nachwuchs gesichtet werden konnten. Bei sieben Weibchen konnte aufgrund mangelnder Fangerfolge nicht herausgefunden werden, ob sie im ersten Östrus konzipiert hatten oder nicht. Die Konzeptionsrate lag somit zwischen 29 und 79 % im ersten Östrus. Von den verbleibenden 10 Weibchen hatten drei Weibchen einen zweiten Östrus (F29-05, F13-07, F28-07), wobei eines dieser Weibchen wahrscheinlich konzipierte, da es circa einen Monat nach ihrem zweiten Östrus mit einem um 10 g erhöhten Gewicht gefangen werden konnte (F29-05). Die Konzeptionsrate im zweiten Östrus schwankt also zwischen 33,3 und 100 %, da natürlich nicht ausgeschlossen werden kann, dass die beiden anderen Weibchen, die ebenfalls ein zweites Mal östrisch geworden waren, nicht auch konzipierten. Bei den sieben verbleibenden Weibchen liegen keine Informationen über deren Konzeption oder das Auftreten eines zweiten Östrus vor. 99 | S e i t e Tab. 15b Konzeptionsraten und Anzahl an Östren der Weibchen im JBB + Weibchen hat konzipiert - Weibchen hat nicht konzipiert *wahrscheinlich tragend (Körpergewicht deutlich erhöht) rot gekennzeichnet: Fokusweibchen Weibchen kadfkoadf 1.Östrus Konzeption 2.Östrus Konzeption Geburt F20-04 36.KW + - - 46.-47.KW? F04-05 36.KW ? ? ? ? F11-05 36.-37.KW ? ? ? ? F02-04 36.-37.KW ? ? ? ? F24-05 37.KW ? ? ? ? F29-05 37.KW - 42.KW * ? F18-06 37.KW ? ? ? ? F22-06 37.KW + - - 50.KW F03-05 37.-38.KW + - - 48.KW F22-05 37.-38.KW ? ? ? ? F01-06 38.KW ? ? ? ? 100 | S e i t e F18-05 38.-39.KW + - - 49.-50.KW? F28-07 40.KW - 43.KW ? ? F13-07 42.KW - 47.KW ? ? 3.3.3. Trächtigkeitsdauer Drei der acht Senderweibchen im JBB bekamen Nachwuchs. F03-05 hatte ihren ersten Östrus zwischen der 37. und 38. Kalenderwoche. Der Nachwuchs wurde das erste Mal am 04.12.07 während einer Fokusbeobachtung gesichtet. Das Jungtier wurde oral von der Mutter transportiert und war völlig unselbstständig und rein äußerlich noch sehr wenig entwickelt. Das in Anlehnung an den Entwicklungszustand Grauer Mausmaki-Jungtiere geschätzte Alter des Jungtieres zu diesem Zeitpunkt lag maximal bei einer Woche. In der Fokusbeobachtung am 27.11.07 schlief das Weibchen bereits in einem Blätternest, was für eine mögliche Anwesenheit eines Jungtieres sprechen könnte. Die Trächtigkeit dauerte somit zwischen 63 und 69 Tagen. F22-06 wurde am 12.09.07 östrisch gefangen. Der Nachwuchs wurde das erste Mal am 19.12.07 gesichtet. Das Jungtier folgte zum Zeitpunkt der ersten Beobachtung der Mutter bereits über kurze Strecken selbstständig. Das anhand der Vergleiche zu den, von zunehmendem Alter abhängigen, Aktivitäten der Jungtiere der anderen Würfe geschätzte Jungtieralter lag zu diesem Zeitpunkt somit bei circa 30 Tagen. Die Trächtigkeit bei diesem Weibchen dauerte demnach zwischen 60 bis 65 Tagen. Das letzte der drei Weibchen mit Nachwuchs wurde leider zu keinem Zeitpunkt östrisch gefangen (F25-05). Es konnte somit keine Trächtigkeitsdauer ermittelt werden. 101 | S e i t e 3.3.4. Reproduktive Phasen der Senderweibchen Jardin Botanique A Anhand der Östrus- und Beobachtungsdaten sollten die Beobachtungszeiten der Senderweibchen den vier verschiedenen reproduktiven Phasen (VP: Vorpaarungszeit, P: Paarungszeit, T: Tragzeit, A: Aufzuchtzeit) zugeordnet werden. In Abb. 37 ist zu sehen, wie diese Phasen den Fokusweibchen im JBA zugeordnet werden konnten und wann sie jeweils beobachtet wurden. Bei den Senderweibchen im JBA konnte lediglich eine Unterteilung in eine erste und zweite Paarungszeit vorgenommen werden. Keines der Senderweibchen wurde im Laufe der Studie tragend gefangen. Eins der Weibchen (F41-07) wurde zwar im Januar als Teil einer Schlafgruppe mit einem weiteren nicht besenderten Weibchen und zwei Jungtieren beobachtet, es konnte jedoch aufgrund eines sehr geringen Kontaktes zwischen diesem Weibchen und den Jungtieren nach dem Verlassen des Nestes nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei ihr tatsächlich um die Mutter handelte. Bei der Betrachtung der zeitlichen Lage der Östren könnte es sich bei dem scheinbaren ersten Östrus von F73-07 und F41-07 bereits um einen zweiten Östrus gehandelt haben. Der zweite Östrus von F43-05 könnte möglicherweise bereits ein dritter Östrus gewesen sein. Es liegen demnach Beobachtungsdaten zu Fokusweibchen aus zwei Phasen vor, der Vorpaarungszeit (VP) und der Paarungszeit (P). Einige Beobachtungen konnten keiner Phase zugeordnet werden und wurden daher nicht weiter verwendet. 102 | S e i t e 1: Vorpaarungszeit 2: Paarungszeit 1. Östrus F17-07 ?: keiner Phase zuzuordnen 3: Paarungszeit 2. Östrus 1 ? 3 F73-07 2 F46-07 F43-05 F31-06 ? ? 2 F41-07 ? 3 3 1 2 3 ? 3 ? F18-04 2 32 3 37 42 47 52 Abb. 37 Reproduktive Phasen und Beobachtungszeiten (wenn Fokusbeobachtungen durchgeführt wurden, mit gekennzeichnet, wenn mehrere kurz aufeinanderfolgende Beobachtungen durchgeführt wurden, sind sie mit einem Kasten versehen) der Senderweibchen im JBA Jardin Botanique B Im Untersuchungsgebiet JBB konnten zwei Senderweibchen in der ersten und zweiten Paarungszeit beobachtet werden (Abb. 38). Bei F03-05 handelte es sich bei dem zweiten Östrus allerdings um einen sogenannten Post-partum-Östrus, zu dessen Zeitpunkt sie bereits Nachwuchs hatte. Zwei weitere Weibchen wurden ebenfalls mit Nachwuchs beobachtet. Bei F03-05 sowie F22-06 konnten aufgrund der genauen Kenntnis des Konzeptionszeitpunktes die Tragzeiten relativ genau bestimmt werden. Bei F25-05 lagen aus den Fangaktionen leider keine Informationen über deren Reproduktionszustand vor. Hier wurde aus dem Verhalten der Jungtiere auf deren Alter und somit den ungefähren Geburtszeitpunkt und die Tragzeit geschlossen. 103 | S e i t e Es liegen demnach Beobachtungsdaten zu Fokusweibchen aus vier Phasen vor, der Vorpaarungszeit, der Paarungszeit, der Tragzeit und der Aufzuchtzeit. Einige Beobachtungen konnten keiner Phase zugeordnet werden und wurden daher nicht weiter verwendet. 1: Vorpaarungszeit 2: Paarungszeit: 1. Östrus 3: Paarungszeit 2. Östrus 4: Tragzeit 5: Aufzuchtzeit 4 F25-05 F29-05 2 F22-06 2 3 4 5 3 F32-07 F22-05 1 F18-06 1 5 ? ? 2 1 ? ? 2 1 F03-05 5 F02-04 2 1 32 4 5 2 36 3 40 44 48 52 Abb. 38 Reproduktive Phasen und Beobachtungszeiten (wenn Fokusbeobachtungen durchgeführt wurden, mit gekennzeichnet, wenn mehrere kurz aufeinanderfolgende Beobachtungen durchgeführt wurden, sind sie mit einem Kasten versehen) der Senderweibchen im JBB 3.3.5. Verfügbarkeit östrischer Weibchen Jardin Botanique A Während der 38. Kalenderwoche, ab dem 17.09.07, wurden erstmalig östrische Weibchen (N = 5) im JBA gefangen, die einen Anteil von 56 % aller in dieser Woche gefangenen Weibchen ausmachten (Abb. 39a). Von der 39. bis zur 43. Kalenderwoche wurden immer wenige östrische (vermutlich 1. Östrus) und zunehmend Weibchen mit einer geschlossenen Vagina in den Fallen vorgefunden, wobei ihr Anteil zwischen 71 und 100 % schwankte. In der 42. Kalenderwoche stieg 104 | S e i t e der Anteil östrischer Weibchen wieder an. In der 43. Kalenderwoche konnten dann jedoch gar keine östrischen Weibchen mehr gefangen werden. In der 44. Kalenderwoche wurden jedoch plötzlich wieder 57 % östrische Weibchen (vermutlich 2.Östrus) gefangen. In der darauffolgenden Woche reduzierte sich der Anteil östrischer Weibchen bereits wieder auf 17 %. In den folgenden Wochen sank parallel zu den abnehmenden Fangzahlen (s. 3.1.1.) der Anteil gefangener östrischer Weibchen auf 0 % ab. Während einer Fokusbeobachtung konnte während der 49. Kalenderwoche allerdings erneut ein östrisches Weibchen beobachtet werden. Dabei könnte es sich jedoch bereits um einen möglichen 3. Östrus handeln. Östrische Weibchen gab es demnach zwischen der 38. und 49. Kalenderwoche aber in wechselnder Häufigkeit (17.09.07 bis 10.12.07). 12 Anzahl Weibchen 10 8 6 geschlossen östrisch 4 2 0 | 1. Östrus | 2.Östrus | 3. Östrus? Abb. 39a Wöchentliche Verteilung östrischer und nicht östrischer Weibchen im JBA 105 | S e i t e Jardin Botanique B Innerhalb der 36. Kalenderwoche, ab dem 04.09.07, wurden die ersten östrischen Weibchen (N = 3) im Untersuchungsgebiet JBB gefangen, die einen Anteil von 25 % an allen in dieser Woche gefangenen Weibchen ausmachten (Abb. 39b). Dieser Anteil nahm bis zur 37. Kalenderwoche hin zu und dann wie im JBA ab. Eine kleine Zunahme konnte erneut in der 42. Kalenderwoche verzeichnet werden. Das Absinken der Anzahl östrischer Weibchen und das darauffolgende Wiederansteigen deutet auf einen zweiten Östrus ab der 42. Kalenderwoche hin. Das letzte östrische Weibchen wurde in der 49. Kalenderwoche während einer Fokusbeobachtung gesehen. Bei diesem Östrus handelte es sich allerdings um einen Post-partumÖstrus, da das Weibchen zu diesem Zeitpunkt bereits Nachwuchs hatte. Die Fangbarkeit nahm allerdings bereits ab der 47. Kalenderwoche drastisch, also bereits zwei Wochen früher als im JBA, ab (s. 3.1.1.). Östrische Weibchen gab es demnach zwischen der 36. Und 49. Kalenderwoche, also zwischen dem 04.09.07 und 04.12.07, jedoch in wechselnder Häufigkeit. 30 25 Anzahl Weibchen 20 15 geschlossen östrisch 10 5 0 | 1. Östrus | 2. Östrus | Abb. 39b Wöchentliche Verteilung östrischer und nicht östrischer Weibchen im JBB 106 | S e i t e 3.3.6. Saisonale Entwicklung des Körpergewichtes der Weibchen Jardin Botanique A Das maximale Körpergewicht im Untersuchungsgebiet JBA erreichte ein Weibchen im Mai mit 96 g (Abb. 40a). Es ist jedoch unklar, ob dieses Weibchen tragend war oder zu diesem Zeitpunkt einfach große Fettreserven besaß. Eine deutliche Gewichtsabnahme konnte im Vergleich dazu im August verzeichnet werden, die sich allerdings als nicht signifikant herausstellte. In den darauffolgenden Monaten blieben die Körpergewichte der Weibchen relativ konstant. Das minimale Körpergewicht wurde im Monat Oktober mit 41 g erreicht. Bei diesem Weibchen handelte es sich um einen Neufang aus dem Jahr 2007. Insgesamt konnten im JBA keine signifikanten Unterschiede beim paarweisen Vergleich aufeinanderfolgender Monate gefunden werden (Anhang A). Abb. 40a Monatliche Körpergewichte der Weibchen im JBA Jardin Botanique B Das maximale Körpergewicht im Untersuchungsgebiet JBB erreichte wie im JBA ein Weibchen im Mai 2007 mit 106 g Körpergewicht (Abb. 40b). Auch bei diesem Weibchen ist unklar, ob es sich um ein tragendes Weibchen handelt oder ob dieses 107 | S e i t e Tier große Fettreserven angesammelt hat. Das niedrigste Körpergewicht wurde im Juni erreicht und lag bei 56 g. Auch bei diesem Weibchen handelte es sich um einen Neufang aus dem Jahr 2007. Zwischen Juli und Oktober blieben die Körpergewichte der Weibchen relativ konstant. Im November stieg das Körpergewicht dann wieder an. Bei dem Weibchen mit dem maximalen Körpergewicht von 96 g im November handelte es sich um ein tragendes Weibchen. Nach der Bonferroni-Korrektur konnten keinerlei Unterschiede mehr zwischen aufeinanderfolgenden Monaten gefunden. Vor der Korrektur ließ sich ein signifikanter Gewichtsanstieg von Oktober zu November verzeichnen (Anhang A). Abb. 40b Monatliche Körpergewichte der Weibchen im JBB Bei der Entwicklung des Körpergewichtes der Weibchen im Jahresverlauf zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Untersuchungsgebieten JBA und JBB (Anhang A). Betrachtet man jeweils nur das erste registrierte Fanggewicht im Jahr 2007, dann wiesen Neufänge beider Untersuchungsgebiete im Vergleich zu Weibchen, die bereits in vorhergehenden Jahren gefangen worden waren, ein signifikant geringeres Fanggewicht auf (ANOVA, F(1,59)=48,1, p < 0,000001) (Abb. 41). Es ist daher wahrscheinlich, dass es sich bei einem Großteil der Neufänge um 108 | S e i t e Nachwuchsweibchen aus der zurückliegenden Saison gehandelt hat. In der Tat wogen nur 25 % der Neufänge aus JBA und 30 % der Neufänge aus JBB mehr als das 25 %-Quartil der Körpergewichte der Wiederfänge im jeweiligen Gebiet. Abb. 41 Körpergewichte wiedergefangener oder im Jahr 2007 neu gefangener Weibchen ( : p < 0,000001) 3.4. Weibliche Reproduktionsstrategien 3.4.1. Kontaktzeiten zu den Fokusweibchen Im Median lagen die Sichtkontaktzeiten im August bei 43,53 % und im September bei 38,32 % (Abb. 42). Im Oktober sanken sie dann auf 28,39 % und blieben relativ konstant im November mit 29,46% und im Dezember mit 28,61 %. Im Januar sanken sie dann schließlich auf 16,23 % ab (Anhang B). Mittels einer two-way ANOVA wurden die Einflüsse der Gebiete (JBA, JBB) und der Monate auf die Kontaktzeiten untersucht. Zwischen den Gebieten konnte kein Unterschied gefunden werden (p > 0,05). Es bestand jedoch ein signifikanter Unterschied zwischen den Monaten (ANOVA, F(5,31)=4,78, p = 0,0237). Im paarweisen Vergleich aufeinanderfolgender Monate konnten allerdings keine 109 | S e i t e signifikanten Unterschiede der Kontaktzeiten nachgewiesen werden. Nach der Bonferroni-Korrektur fiel die zunächst signifikante Abnahme der Kontaktzeiten von August 2007 zu Januar 2008 heraus. Abb. 42 Kontaktzeiten von August 2007 bis Januar 2008 beider Untersuchungsgebiete 3.4.2. Aktivitätsbudgets in und außerhalb der Paarungszeit In den Abbildungen 43 a-d sind die prozentualen Anteile der Verhaltenskategorien Lokomotion, in Ruhe, Futtersuche und -aufnahme, Körperpflege, im Nest und Sozialkontakt in den verschiedenen reproduktiven Phasen der Weibchen dargestellt. Die Auswertung wurde summarisch vorgenommen, da nicht von jedem Weibchen für jede Phase ausreichend Daten für eine individuelle Auswertung vorlagen. In der Vorpaarungszeit waren in beiden Untersuchungsgebieten Ruhe und Futtersuche und -aufnahme die beobachteten Hauptaktivitäten (Abb. 43a). Beim Vergleich beider Gebiete wurde mittels Chi-Quadrat-Test ein signifikanter Unterschied gefunden (² = 31,56, df = 11, p < 0,000897). So wurde im Untersuchungsgebiet JBA weniger Lokomotion beobachtet als erwartet (²= 5,52), 110 | S e i t e wohingegen die Verhaltenskategorien Körperpflege (² = 6,85) und „im Nest“ (² = 6,56) häufiger als erwartet beobachtet wurde. Im Untersuchungsgebiet JBB konnten keine Abweichungen zwischen erwartetem und beobachtetem Verhalten ermittelt werden. + + - Abb. 43 a Prozentuale Verteilung der Aktivitäten in beiden Untersuchungsgebieten (JBA: N = 100 JBB: N = 272) während der Vorpaarungszeit (+: häufiger als erwartet ; - : seltener als erwartet) Innerhalb der Paarungszeit waren die zu beobachtenden Hauptaktivitäten der Weibchen Lokomotion, Ruhe sowie Futtersuche und -aufnahme (Abb. 43b). Auch während dieser Phase konnte ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Untersuchungsgebieten gefunden werden (Chi-Quadrat Test, ² = 29,04, df = 11, p < 0,002). So zeigten die Senderweibchen im Untersuchungsgebiet JBA häufiger als erwartet Ruheverhalten (² = 7,24), wohingegen sie im Untersuchungsgebiet JBB seltener als erwartet Ruheverhalten zeigten (² = 9,39) 111 | S e i t e + - Abb. 43 b Prozentuale Verteilung der Aktivitäten in beiden Untersuchungsgebieten (JBA: N=319 JBB: N=246) während der Paarungszeit (+: häufiger als erwartet ; - : seltener als erwartet) Lokomotion, Ruheverhalten sowie Futtersuche und -aufnahme waren auch während der Tragzeit die Hauptaktivitäten der beobachteten Senderweibchen (Abb. 43c), wobei die Weibchen deutlich vermehrt mit Futtersuche und -aufnahme (57,5 % der Gesamtaktivität) beschäftigt waren. Da im JBA keine tragenden Weibchen beobachtet werden konnten, kann kein Gebietsvergleich durchgeführt werden. 112 | S e i t e Abb. 43 c Prozentuale Verteilung der Aktivitäten im JBB (N = 80) während der Tragzeit Während der Aufzuchtzeit wurden die Senderweibchen auch hauptsächlich bei Lokomotion, Ruheverhalten, Futtersuche und –aufnahme beobachtet (Abb. 43d). Dabei war das Verhältnis zwischen Futtersuche und –aufnahme einerseits und Lokomotion andererseits im Vergleich zur Tragzeit verschoben. Weibchen mit Nachwuchs konnten nur im Untersuchungsgebiet JBB beobachtet werden, daher ist auch hier kein Gebietsvergleich durchgeführt worden. 113 | S e i t e Abb.43 d Prozentuale Verteilung der Aktivitäten im JBB (N=172) während der Aufzuchtzeit Beim Vergleich der Phasen Vorpaarungszeit und Paarungszeit im JBA konnte insgesamt kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Phasen gefunden werden. Beim Vergleich der vier reproduktiven Phasen (Vorpaarungszeit, Paarungszeit, Tragzeit, Aufzuchtzeit) der Senderweibchen im JBB konnte hingegen ein signifikanter Unterschied zwischen den Phasen gefunden werden (Chi-Quadrat-Test, ² = 62,76, df = 23, p < 0,000015). Es zeigte sich, dass die Weibchen während der Vorpaarungszeit seltener als erwartet Lokomotion zeigten (² = 7,61) (Abb. 43a), wohingegen diese in der Aufzuchtzeit häufiger als erwartet beobachtet werden konnte (² = 10,5) (Abb. 43d). Die Verhaltenskategorie Futtersuche und -aufnahme wurde hingegen in der Aufzuchtzeit seltener als erwartet beobachtet (² = 11,45). Außerdem wurden die Senderweibchen häufiger als erwartet im Nest (² = 6,56) und im Sozialkontakt (² = 8,94) gesichtet (Abb. 43d). 114 | S e i t e 3.4.3.Raumnutzung in und außerhalb der Paarungszeit Die mittleren nächtlichen Aktionsraumgrößen der Senderweibchen im JBA schwankten zwischen 0,25 ha während der Paarungszeit und 0,3 ha während der Vorpaarungszeit (Tab. 16). Im Untersuchungsgebiet JBB schwankten diese Werte zwischen 0,2 ha während der Aufzuchtzeit und 0,3 ha innerhalb der Tragezeit. Beim statistischen Vergleich der Gebiete mittels des Mann-Whitney-U-Tests konnten in keiner Phase signifikante Unterschiede in der nächtlichen Aktionsraumgröße gefunden werden bzw. konnten aufgrund zu geringer Stichprobengröße keine statistischen Tests durchgeführt werden. Auch beim Vergleich Vorpaarungszeit und Paarungszeit in den jeweiligen Gebieten konnten keine signifikanten Unterschiede der Aktionsraumgrößen gefunden werden. Die anderen Phasen konnten aufgrund zu geringer Stichprobengrößen nicht miteinander verglichen werden. Tab. 16 Mittlere Aktionsraumgrößen pro Gebiet und Phase der Senderweibchen JBB JBA Gebietsvergleich Phase n n Tiere Nächte Median n n Median Mann- (Min; Max) Tiere Nächte (Min; Whitney Max) in U Test ha Z, p 0,3 (0,17; Z= -0,65, 0,4) n.s. 0,25(0,02; Z= 0,29 0,38) n.s. in ha Vorpaarungszeit 3 7 0,28 (0,18; (VP) Paarungszeit 3 6 0,34) 4 12 0,29 (0,23; (P) 0,4) 4 14 Phasenvergleich ZVP-P=-0,7 ZVP-P =1,1 VP-P n.s. n.s. Mann-Whitney U Test Z, p 115 | S e i t e Tragzeit 1 4 0,3 (T) nicht testbar Aufzuchtzeit 3 (A) Phasenvergleich ZP-A=1,41 P-A n.s. 17 0,2 (0,1; nicht 0,28) testbar Mann-Whitney U Test Z, p Min: Minimalwert, Max: Maximalwert, Z: Prüfgröße, p: Irrtumswahrscheinlichkeit, n.s. nicht signifikant Die mittleren Nachtwanderstrecken im Untersuchungsgebiet JBA wiesen eine Schwankung von 250 m in der Paarungszeit und 295 m innerhalb der Vorpaarungszeit auf (Tab. 17). Zwischen den beiden Phasen konnte kein signifikanter Unterschied in der zurückgelegten Strecke festgestellt werden. Im Untersuchungsgebiet JBB variierte die mittlere Länge der Nachtwanderstrecken zwischen 217 m innerhalb der Aufzuchtzeit und 439 m während der Paarungszeit. Beim Vergleich der mittleren Strecken in der Paarungszeit und in der Aufzuchtzeit konnte festgestellt werden, dass die Weibchen während der Aufzuchtzeit signifikant kürzere Strecken zurückgelegt haben (Mann-Whitney-U-Test, NPZ = 4 NAZ = 3, ZPZ-AZ = 2,12, p = 0,03). Beim Vergleich der Gebiete in jeder Phase konnte kein signifikanter Unterschied gefunden werden. Es fällt jedoch auf, dass die mittleren Strecken im JBB während der Vorpaarungs- und Paarungszeit länger sind als die mittleren Strecken im JBA. 116 | S e i t e Tab. 17 Mittlere Nachtwanderstrecken pro Gebiet und Phase der Senderweibchen JBB JBA Gebietsvergleich Phase n n Median n n Median Mann- Tiere Nächte (Min; Max) Tiere Nächte (Min; Whitney U Max) in Test m Z, p 295 Z=0,65 (194; n.s. in m Vorpaarungszeit 3 7 325 (VP) 3 6 (199;451) 368) Paarungszeit 4 12 (P) 439 (288; 599) 4 14 250(57; Z=1,15 358) n.s. Phasenvergleich Z VP-P= -0,7 Z VP-P= 0,35 VP-P n.s. n.s. Mann-Whitney U Test Z, p Tragzeit 1 3 246 (T) Aufzuchtzeit nicht testbar 3 17 217 (157; 249) (A) nicht testbar Phasenvergleich ZP-A = 2,12 P-A *p=0,03 Mann-Whitney U Test Z, p Min: Minimalwert, Max: Maximalwert, Z: Prüfgröße, p: Irrtumswahrscheinlichkeit, n.s. nicht signifikant Es wurde nun zwischen den Gebieten und Phasen verglichen, wie häufig die Weibchen pro Nacht rein rechnerisch ihren nächtlichen Aktionsraum durchquert 117 | S e i t e haben konnten (= Durchwanderungspotential). Die mittleren Durchwanderungspotentiale im JBA lagen zwischen 4,5 und 5 in der Vorpaarungsund Paarungszeit (Tab. 18). Zwischen den beiden Phasen konnte kein signifikanter Unterschied gefunden werden. Im Untersuchungsgebiet JBB variierte das Durchwanderungspotential zwischen 4,2 in der Tragezeit und 6,75 innerhalb der Paarungszeit. Die Weibchen legten relativ zur Fläche ihres Aktionsraumes in der Paarungszeit die größte nächtliche Wanderstrecke zurück. Insofern statistische Tests durchgeführt werden konnten, wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen den Phasen gefunden. Der Gebietsvergleich während der Vorpaarungszeit lieferte keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des Durchwanderungspotentials. Allerdings konnte beim Vergleich der Gebiete innerhalb der Paarungszeit ein statistischer Trend gefunden werden, der darauf hinweist, dass die Weibchen im JBB während der Paarungszeit ihren Aktionsraum potentiell häufiger durchquert haben konnten. Tab. 18 Mittleres Durchwanderungspotential pro Gebiet und reproduktiver Phase der Senderweibchen JBB JBA Gebietsvergleich Phase n n Median n n Median Mann- Tiere Nächte (Min; Max) Tiere Nächte (Min; Max) Whitney U in m Test in m Z, p Vorpaarungszeit 3 7 5,3 (4;7) 3 6 4,5 (4;5) Z=0,65 n.s. Paarungszeit 4 12 6,75 (5;8) 6 22 5 (4;6) Z=1,59 p=0,099 Phasenvergleich Z VZ-PZ= -1,24 Z VZ-PZ= -0,88 VZ-PZ n.s. n.s. Mann-Whitney U Test Z, p 118 | S e i t e Tragzeit 1 3 4,2 nicht testbar Aufzuchtzeit 3 17 5 (5;5) nicht testbar Phasenvergleich ZPZ-AZ =1,59 PZ-AZ n.s. Mann-Whitney U Test Z, p Min: Minimalwert, Max: Maximalwert, Z: Prüfgröße, p: Irrtumswahrscheinlichkeit, n.s. nicht signifikant Die kumulative Aktionsraumgröße der Senderweibchen schwankte zwischen 0,86 ha und 2,7 ha im Untersuchungsgebiet JBA (Tab. 19, Abb. 45a) und 0,35 ha und 1,1 ha im JBB (Tab.19, Abb. 45b). Beim Vergleich der kumulativen Aktionsraumgrößen im JBA und JBB mittels des Mann-Whitney-U-Tests konnte ein signifikanter Unterschied nachgewiesen werden (Z = 2,6; p = 0,009). Die Gebiete der Senderweibchen im JBA waren signifikant größer als die der Senderweibchen im JBB (Abb. 44). 119 | S e i t e Abb. 44 Gesamtaktionsraumgrößen der Senderweibchen beider Untersuchungsgebiete ( : p < 0,01) Tab. 19 Gesamtaktionsraumgröße der Senderweibchen im JBB und JBA Gebiet Weibchen Aktionsraumgröße in ha JBA JBB F41-07 2,7 ha F17-07 1,4 ha F43-05 1,2 ha F31-06 1,1 ha F46-07 0,86 ha F03-05 1,1 ha F22-05 0,83 ha F32-07 0,71 ha F18-06 0,56 ha F29-05 0,42 ha F22-06 0,35 ha 120 | S e i t e F73-07 F31-06 F43-05 F46-07 F41-07 F17-07 100m Abb. 45a Kumulative Aktionsräume der Senderweibchen im JBA 121 | S e i t e F18-06 F32-07 F03-05 F25-05 F29-05 F22-06 F22-05 100m Abb. 45b Kumulative Aktionsräume der Senderweibchen im JBB Beide Gebiete unterschieden sich somit nicht hinsichtlich der nächtlichen Aktionsräume. Hinsichtlich der kumulativen Aktionsräume fielen jedoch Differenzen auf. Dies deutet auf unterschiedliche temporäre Raumnutzungsmuster in beiden Gebieten hin. Um dies zu überprüfen, wurde die Zunahme der Aktionsraumgröße in Abhängigkeit von der Anzahl eingehender Nächte betrachtet. Dieses Muster der Vergrößerung der Streifgebiete in Abhängigkeit von der Anzahl beobachteter Nächte unterschied sich zwischen den beiden Untersuchungsgebieten. So wurde beim Vergleich der kumulativen Aktionsräume bereits nach der dritten Nacht ein signifikanter Unterschied zwischen den Gebieten JBA und JBB nachgewiesen (Mann-Whitney-U Test, Z = -2,68; p < 0,05). Die Aktionsräume der Senderweibchen im JBA sind also ab der dritten Nacht signifikant größer als im JBB (Abb. 46a und 46b). Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Weibchen im JBA nicht in jeder 122 | S e i t e Nacht dasselbe Areal nutzten, sondern von Nacht zu Nacht stärkere Veränderungen in ihren Aktionsräumen hatten als die Weibchen im JBB. Abb. 46a: Entwicklung der Aktionsraumgröße der Senderweibchen bei steigender Anzahl beobachteter Nächte im JBA 123 | S e i t e Abb. 46b: Entwicklung der Aktionsraumgröße der Senderweibchen bei steigender Anzahl beobachteter Nächte im JBB 3.4.4.Östrussynchronität Jardin Botanique A Bei fünf der gefangenen Weibchen im JBA lässt sich der zeitliche Eintritt in den ersten Östrus genauer festlegen. Drei dieser Weibchen wurden innerhalb der 38. Kalenderwoche erstmalig östrisch. Die beiden anderen Weibchen folgten nach zwei Wochen in der 40. Kalenderwoche. Diese Weibchen schienen also in einem engen Zeitfenster östrisch zu sein und waren dann relativ synchronisiert. Eine Korrelation zwischen räumlichem Abstand und zeitlichem Östruseintritt war aufgrund der geringen Datenmenge nicht möglich. Jardin Botanique B Die Weibchen im JBB (N = 13) traten innerhalb eines vierwöchigen Zeitfensters in ihren ersten Östrus ein. 20,5 % (N = 32) der Weibchen hatten in der gleichen Woche ihren ersten Östrus. Bei 44,2 % (N = 69) der Weibchendyaden lag eine Woche 124 | S e i t e Abstand zwischen dem Eintreten des ersten Östrus. Zwei Wochen Abstand hatten immer noch 21,2 % (N = 33). 10,3 % (N = 16) der Weibchen wiesen einen dreiwöchigen und 3,9 % (N = 6) einen vierwöchigen Abstand zwischen dem Beginn des ersten Östrus auf. Bei der Überprüfung einer potentiellen Korrelation zwischen dem räumlichen Abstand der Weibchen und deren zeitlichen Eintritt in den ersten Östrus konnte kein signifikanter Unterschied gefunden werden (Mantel Test, r(AB) = 0,036, p = 0,653). Die räumliche Distanz oder Nähe der Weibchen scheint also keinen Einfluss auf die Synchronität der Östren zu haben. 3.4.5.Sozialverhalten innerhalb und außerhalb der Paarungszeit Die sozialen Interaktionen zwischen den Senderweibchen und anderen Individuen, denen sie während der Fokusbeobachtungen begegneten, wurden in drei Verhaltenskategorien geteilt. Es wurden positive und agonistische Interaktionen unterschieden sowie die Nähe eines weiteren Individuums protokolliert (= Distanz < 10 m). In den Abbildungen 47a und b sind die Häufigkeiten sozialer Interaktionen in beiden Gebieten innerhalb der Vorpaarungs- und Paarungszeit gegenübergestellt. Für die Phase der Tragzeit und der Aufzuchtzeit liegen nur Informationen aus dem Gebiet JBB vor (Abb. 47c, 47d). Bei der Betrachtung der sozialen Begegnungsrate konnte im Untersuchungsgebiet JBA eine Verdreifachung der sozialen Begegnungsrate von der Vorpaarungszeit (0,7 Begegnungen pro Stunde) zur Paarungszeit (2,2 Begegnungen pro Stunde) registriert werden. Im Untersuchungsgebiet JBB konnte eine Verdopplung der Rate von der Vorpaarungszeit (1,5 Begegnungen pro Stunde) zur Paarungszeit (3 Begegnungen pro Stunde) beobachtet werden. In beiden Phasen war die soziale Begegnungsrate im JBB höher als im JBA. Während der Tragzeit und der Aufzuchtzeit begegneten die Weibchen während der Fokusbeobachtungen einer geringeren Anzahl an Tieren. In der Vorpaarungszeit konnten im JBA zu gleichen Teilen „Proximity“, agonistische und positive Interaktionen beobachtet werden. Im JBB wurde am häufigsten „Proximity“ gesehen, wohingegen agonistische und positive Begegnungen relativ 125 | S e i t e ausgeglichen vorkamen (Abb. 47a). Beim Vergleich der beiden Gebiete konnten keine signifikanten Unterschiede in der Qualität der Interaktionen gefunden werden (Chi-Quadrat-Test, ² = 4,1, p > 0,05). Während der Paarungszeit wurden im JBA und JBB zu gleichen Teilen „Proximity“ sowie agonistische und positive Interaktionen beobachtet (Abb. 47b), wobei im JBA agonistische Interaktionen prozentual vordergründig waren. Auch während dieser Phase wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gebieten gefunden (Chi-Quadrat-Test, ² = 4,5, p > 0,05). Während der Tragzeit wurden im JBB wie in der Paarungszeit Proximity, agonistische und positive Interaktionen gleich häufig beobachtet (Abb. 47c). In der Aufzuchtzeit konnte eine deutliche anteilige Zunahme von positiven Interaktionen beobachtet werden. Agonistische Interaktionen wurden nur noch in geringer Anzahl beobachtet (Abb. 47d). Beim Vergleich der zwei reproduktiven Phasen im Untersuchungsgebiet JBA konnten keine signifikanten Unterschiede in der Verteilung von Qualitäten der Sozialkontakte gefunden werden (Chi-Quadrat-Test, ² = 0,58, df = 5, p > 0,05). Beim Vergleich der vier reproduktiven Phasen im JBB konnte ein signifikanter Unterschied in der Verteilung der Interaktionsqualitäten gefunden werden (ChiQuadrat-Test, ² = 26,76, df = 11, p < 0,005). Während der Vorpaarungszeit (²=3,57) wurden häufiger als erwartet Individuen in der „Proximity“ der Senderweibchen beobachtet. Hingegen traten positive Interaktionen seltener als erwartet auf (² = 4,63). In der Aufzuchtzeit wurden seltener als erwartet agonistische Interaktionen zwischen den Tieren beobachtet (² = 4,88), wohingegen positive Interaktionen häufiger als erwartet auftraten (² = 8,1). Das vermehrte Auftreten von soziopositiven Kontakten ist vor allem durch den hohen Anteil von Interaktionen zwischen Müttern und Jungtieren (n = 95) zu erklären. 80 80 70 70 60 50 Proximity 40 agonistisch 30 positiv 20 Anzahl Interaktionen Anzahl Interaktionen 126 | S e i t e 60 50 30 20 10 10 0 0 JBA 0,7/ h Proximity agonistisch positiv 40 JBB JBA JBB 1,5/ h 2,2/ h 3/ h Abb.47a Vorpaarungszeit Abb.47b Paarungszeit 80 80 Anzahl Interaktionen 60 Proximity 50 agonistisch 40 positiv 30 20 Anzahl Interaktionen 70 70 60 50 Proximity 40 agonistisch positiv 30 20 10 10 0 0 JBB 2,7/ h Abb.47c Tragzeit JBB 0,7/ h Abb. 47d Aufzuchtzeit Abb. 47a-d Soziale Interaktionen und soziale Begegnungsrate (unter den Säulen dargestellt) während der Vorpaarungszeit (a), der Paarungszeit (b), der Tragzeit (c) und der Aufzuchtzeit (d) in beiden Untersuchungsgebieten Positive Interaktionen konnten in Form von „Allogrooming“, unspezifischem Körperkontakt (z.B. Kuscheln), Genitalkontrollen, dem Folgen des Senderweibchens 127 | S e i t e durch ein zweites Individuum und Paarungen beobachtet werden (Tab. 20). Die quantitative Darstellung erfolgt für beide Gebiete gemeinsam, da sich die Qualität und Quantität der positiven Interaktionen ungefähr entsprechen. Es konnte eine deutliche Zunahme von Folgen durch Sozialpartner während der Paarungszeit im Gegensatz zur Vorpaarungszeit beobachtet werden. Während der Vorpaarungszeit wurde „Grooming“ hauptsächlich zwischen Schlafgruppenpartnern beobachtet, wohingegen während der Paarungszeit bis auf einen Fall ausschließlich unbekannte Tiere beim „Grooming“ mit den Senderweibchen beobachtet werden konnten. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass es sich bei diesen Unbekannten nicht auch um Schlafgruppenmitglieder handelt. Im Gegensatz dazu wurde unspezifischer Körperkontakt, der fast ausschließlich mit Schlafgruppenmitgliedern beobachtet werden konnte, deutlich seltener in der Paarungszeit protokolliert. Der hohe Gesamtanteil an positiven Interaktionen in der Aufzuchtzeit ist auf Kontakte der Mütter zu ihrem Nachwuchs zurückzuführen. Es fanden jedoch auch wieder vermehrt positive Interaktionen wie gegenseitiges „Groomen“ oder unspezifischer Körperkontakt zwischen den Schlafgruppenmitgliedern während der Aufzuchtzeit statt. Bei den Interaktionspartnern wurde in der Auswertung zwischen weiblichen und männlichen Schlafgruppenmitgliedern sowie Männchen und Weibchen unterschieden. Außerdem wurden auch die Tiere erfasst, deren Geschlecht nicht bestimmt werden konnte (Unbekannte) (Tab. 20, Abb.48a-d). 128 | S e i t e Tab. 20 Anzahl und Art positiver Interaktionen der Senderweibchen mit ihren jeweiligen Sozialpartnern in den vier Phasen (SG: Schlafgruppenmitglieder, M: Männchen, W: Weibchen) Phase Interaktionspartner gesamt SG (M+W) M W Unbekannte Jungtier Vorpaarungszeit „Allogrooming“ 8 1 Körperkontakt 14 3 Partner folgt 3 Partner beschnuppert Genitalregion 1 30 Paarungszeit „Allogrooming“ 7 Partner „groomt“ Weibchen 1 3 Weibchen „groomt“ Partner Körperkontakt 1 2 3 2 Paarung 2 Partner folgt 8 15 Partner beschnuppert Genitalregion 1 3 47 Tragzeit „Allogrooming“ 1 1 1 Partner „groomt“ Weibchen 2 Körperkontakt 1 6 Aufzuchtzeit „Allogrooming“ 5 1 17 Weibchen „groomt“ Jungtier 8 Jungtier „groomt“ Weibchen 3 Partner folgt 7 2 27 Körperkontakt 4 3 36 Weibchen trägt Jungtier 2 129 | S e i t e Partner reitet auf 2 Spielen 1 110 Im Untersuchungsgebiet JBA fand der Großteil der Interaktionen während der Vorpaarungszeit mit Tieren statt, deren Identität nicht bestimmt werden konnte (Abb.48a). Lediglich bei einem Kontakt konnte ein Männchen als Sozialpartner erkannt werden. Im Untersuchungsgebiet JBB fanden 20 % der Interaktionen während der Vorpaarungszeit mit Schlafgruppenmitgliedern und nur 8 % mit NichtSchlafgruppenmitgliedern statt. Der restliche Anteil bestand aus Tieren, deren Identität und Geschlecht nicht näher bestimmt werden konnte. Im Untersuchungsgebiet JBA fanden 6 % der Kontakte in der Paarungszeit mit Schlafgruppenmitgliedern und 34 % der Kontakte mit Männchen statt. Der verbleibende Anteil der Interaktionspartner konnte nicht eindeutig identifiziert werden. In der Paarungszeit hatten die Senderweibchen im JBB umgekehrt nur 7 % der Interaktionen mit Schlafgruppenmitgliedern und 17 % mit Nicht- Schlafgruppenmitgliedern. Es konnte eine signifikante Zunahme von Interaktionen mit vermutlich schlafgruppenfremden Individuen während der Paarungszeit nachgewiesen werden (² = 1; df = 11, p < 0,05). Während der Tragzeit waren 14 % der Interaktionspartner vermutlich schlafgruppenfremde Weibchen und Männchen. Alle anderen Interaktionspartner konnten nicht näher bestimmt werden. Während der Aufzuchtzeit waren bei 52 % der Interaktionen Schlafgruppenmitglieder die Interaktionspartner der Senderweibchen. Lediglich bei einer dieser Interaktionen handelte es sich um ein männliches Schlafgruppenmitglied. Bei 47 % der Interaktionen konnte der Interaktionspartner nicht identifiziert werden (Abb. 48d). 130 | S e i t e Abb. 48a Anzahl und Art der Interaktionspartner in der Vorpaarungszeit (nJBB = 50, nJBA = 7) Abb. 48b Anzahl und Art der Interaktionspartner in der Paarungszeit (nJBB=72, nJBA= 67) 131 | S e i t e Abb. 48c Anzahl und Art der Interaktionspartner in der Tragzeit (n =21) Abb. 48d Anzahl und Art der Interaktionspartner in der Aufzuchtzeit (n=11) Abb. 48a-d Anzahl und Art der Interaktionspartner während der Vorpaarungszeit (a), der Paarungszeit (b), der Tragzeit (c) und der Aufzuchtzeit (d) (SG M: 132 | S e i t e Schlafgruppenmännchen, SG W: Schlafgruppenweibchen, SG?: Schlafgruppenmitglied unbekannten Geschlechts, M: Männchen, W: Weibchen, ?: Individuum unbekannten Geschlechts) Im Untersuchungsgebiet JBA ist zu erkennen, dass die Senderweibchen innerhalb der Paarungszeit einige langandauernde Kontakte zu Männchen hatten, wobei nicht in allen Fällen ausgeschlossen werden kann, dass es sich um Schlafgruppenmännchen gehandelt haben könnte (Abb. 49). Der längste Kontakt dauerte circa eine Stunde und wurde in der Nacht des 19.09.07 beobachtet. Bei diesem Kontakt kann aufgrund der Ähnlichkeit dieses Ablaufs zum Paarungskontext des Grauen Mausmakis angenommen werden, dass sich beide Tiere im Schlafplatz gepaart haben (s. 3.4.6.). Bei diesem Männchen handelte es sich jedoch definitiv nicht um einen Schlafgruppenpartner des Weibchens. Abb. 49 Dauer der Sozialkontakte zu Schlafgruppenmännchen (SG M) und weibchen (SG W) sowie schlafgruppenfremden Männchen (M) während der Vorpaarungszeit (VP) und Paarungszeit (P) im Untersuchungsgebiet JBA 133 | S e i t e Die Kontaktdauer unterschied sich bei unterschiedlichen Sozialpartnern im Untersuchungsgebiet JBB in den verschiedenen Phasen (Abb. 50). Die Kontaktdauer zu Schlafgruppenmännchen verkürzte sich in der Paarungszeit, während die Kontaktdauer zu Schlafgruppenweibchen und schlafgruppenfremden Männchen sich während der Paarungszeit verlängerte. Weiterhin fällt auf, dass während der Aufzuchtzeit längere Kontakte zu Schlafgruppenweibchen beobachtet werden konnten. Diese Kontakte fanden statt, nachdem die Weibchen zusammen mit ihren Jungtieren den Schlafplatz verlassen hatten, sich noch zwischen 30 und 45 Minuten in der Nähe des Schlafplatzes aufhielten und in verschiedener Art und Weise interagierten. Die Kontakte endeten, wenn sich eines der adulten Weibchen vom Schlafplatz entfernte. Abb. 50 Dauer der Sozialkontakte zu Schlafgruppenmännchen (SG M) und weibchen (SG W) sowie wahrscheinlich schlafgruppenfremden Männchen (M) während der Vorpaarungszeit (VP), Paarungszeit (P), Tragzeit (T) und Aufzuchtzeit (A) im Untersuchungsgebiet JBB 134 | S e i t e 3.4.6.Zusammensetzung der Schlafgruppen vor der Aufzuchtzeit Mit Ausnahme von zwei Senderweibchen (F22-06, F32-07) konnten alle Senderweibchen Schlafgruppen zugeordnet werden. Es ließen sich insgesamt 12 verschiedene Schlafgruppen abgrenzen, die jeweils aus zwei bis maximal fünf Individuen bestanden (Tab. 21). Mit Ausnahme von drei Schlafgruppen setzten sich alle Gruppen aus mindestens einem Weibchen und einem Männchen zusammen. Die Senderweibchen F18-04 (Gruppe 10) und F21-07 (Gruppe 11) konnten zwar mit ein bis zwei Schlafgruppenpartnern gesichtet werden, es war jedoch in keinem der Fälle möglich, die Identität dieser Tiere zu bestimmen. Das Senderweibchen F25-05 wurde vor der Aufzuchtzeit nur allein schlafend angetroffen. Tab. 21 Schlafgruppenzusammensetzung der 12 Schlafgruppen an unterschiedlichen Kontrolltagen Gruppe Nr. Datum und Gebiet × an diesem Tag in der Schlafgruppe geschlafen Gr. 1 im JBB ID-Nummer der zugehörigen Schlafgruppenmitglieder : GesamtM01-07 M33-07 M? anzahl F03-05 F18-06 ? 2 15.08.07 × × 17.08.07 × × × 3 20.08.07 × × × 4 25.08.07 × × × × 4 13.09.07 × × × × 2 03.10.07 × 11.10.07 × × 2 26.10.07 × × 1 15.11.07 × 16.11.07 × 27.11.07 × 3 × 2 2 × 2 × 2 135 | S e i t e Gruppe Nr. Datum und Gebiet : × an diesem Tag in der Schlafgruppe geschlafen Gr. 2 im JBA Gruppe ID-Nummer der zugehörigen Schlafgruppenmitglieder Gesamt- F41-07 M31-07 06.09.07 × × 11.10.07 × 13.10.07 × 14.10.07 × 4× 5 20.10.07 × 4× 5 25.10.07 × 27.10.07 × 28.10.07 × 01.11.07 × 10.11.07 × 13.11.07 × Datum Nr. und F? M? anzahl ? 3× 5 × 2 1 2× 2× 5 1 × 2 × 2× 4 × 2 1 ID-Nummer der zugehörigen Schlafgruppenmitglieder : Gesamt× an diesem Tag in der Schlafgruppe geschlafen anzahl Gebiet Gr. 3 im JBA F31-06 M19-07 F51-07 F64-07 M? F? ? 14.08.07 × 2× 3 18.08.07 × × 2 27.09.07 × × 29.09.07 × × 04.10.07 × × × 10.10.07 × × × 11.10.07 × × × × 12.10.07 × × × 01.11.07 × × 02.- × × 2 × 3 × 4 × 4 4 × × 4 2 × × 4 04.11.07 14.11.07 × × 2× 4 136 | S e i t e 17.11.07 Gruppe Nr. × × Datum und Gebiet 2 ID-Nummer der zugehörigen Gesamt- Schlafgruppenmitglieder : × an diesem Tag in der anzahl Schlafgruppe geschlafen Gr. 4 im JBB Gruppe Nr. F29-05 14.09.07 × 29.09.07 × 16.10.07 M27-07 F? ? × 2 × 3 × × 2 17.10.07 × × 2 18.10.07 × 26.10.07 × 31.10.07 × 01.11.07 × Datum und Gebiet × × × 2 2 × × 2 2 ID-Nummer der zugehörigen Gesamt- Schlafgruppenmitglieder : × an diesem Tag in der anzahl Schlafgruppe geschlafen Gr. 5 im JBA F46-07 F73-07 M? F? ? 26.09.07 × 2× 3 28.- × × 2 × 2× 3 24.10.07 × 2× 3 25.10.07 × 2× 4 30.10.- × × 02.11.07 × × 03.- × × 2 × × 2 30.09.07 02.03.10.07 × 2 01.11.07 × 3 04.11.07 10.11.11.07 137 | S e i t e 15.- × × 2 × × 2 08.12.07 × × 16.12.07 × × 2 18.12.07 × × 2 20.- × × 2 16.11.07 06.07.12.07 × 3 21.12.07 Gruppe Nr. Datum ID-Nummer der zugehörigen und Gebiet Gesamt- Schlafgruppenmitglieder : × an diesem Tag in der anzahl Schlafgruppe geschlafen Gr. 6 im JBA Gruppe F43-05 M38-07 M? 16.08.07 × × × 19.09.07 × 24.10.07 × 25.10.07 × × 27.10.07 × × 25.11.07 × × 2 11.12.07 × × 2 Datum Nr. und ? 3 × × 3 2× 3 × 3 ID-Nummer der zugehörigen Schlafgruppenmitglieder 2 Gesamtanzahl : × an diesem Tag in der Schlafgruppe geschlafen Gebiet Gr. 7 im JBB F25-05 ? 10.10.07 × 1 12.11.07 × 1 19.11.07 × × 2 138 | S e i t e Gruppe Nr. Datum ID-Nummer der zugehörigen und Gebiet Gesamt- Schlafgruppenmitglieder : × an diesem Tag in der anzahl Schlafgruppe geschlafen Gr. 8 im JBB Gruppe Nr. F02-04 30.08.07 × 10.10.07 × Datum und Gebiet M? ? 2× × 2 × 4 ID-Nummer der zugehörigen Gesamtanzahl Schlafgruppenmitglieder : × an diesem Tag in der Schlafgruppe geschlafen Gr. 9 im JBA 01.11.07 Gruppe Nr. Datum und Gebiet F08-06 M12-07 × × 2 ID-Nummer der zugehörigen Gesamtanzahl Schlafgruppenmitglieder : × an diesem Tag in der Schlafgruppe geschlafen Gr. 10 im JBA Gruppe Nr. F18-04 24.08.07 × 24.10.07 × 27.10.07 × Datum ? 1 × 1 ID-Nummer der zugehörigen und Gebiet 2 Gesamtanzahl Schlafgruppenmitglieder : × an diesem Tag in der Schlafgruppe geschlafen Gr. 11 im JBB Gruppe Nr. und Gebiet F21-07 ? 20.08.07 × × 2 21.08.07 × × 2 Datum ID-Nummer der zugehörigen Gesamt-anzahl Schlafgruppenmitglieder : × an diesem Tag in der Schlafgruppe geschlafen Gr. 12 im F22-05 M29-06 M31-06 139 | S e i t e JBB ? 01.09.07 × 15.09.07 × × × 4 3× 4 Vier der gemischten Schlafgruppen (Nr. 1, 3, 6, 12) wurden exemplarisch mit Hilfe der mitochondrialen d-loop-Sequenz und sechs nukleären Mikrosatelliten auf ihre verwandtschaftlichen Verhältnisse untersucht. Matrilineare Verwandtschaft wurde an der Zugehörigkeit zum selben Haplotyp, einem erhöhten Verwandtschaftskoeffizienten (r > 0,125) und möglichst wenigen Allelausschlüssen festgemacht. In Gruppe 1 haben alle vier getesteten Individuen den gleichen Haplotyp A (Abb. 51). F03-05 und F18-06 sowie F18-06 und M01-07 wiesen keine Allelausschlüsse und einen Verwandtschaftskoeffizienten größer 0,4 auf. Bei diesen beiden Konstellationen handelte es sich vermutlich um eine Mutter-Tochter- bzw. eine Mutter-Sohn-Dyade. Bei den Dyaden zwischen F03-05 und M01-07 sowie F03-05 und M33-07 könnte es sich bei einem Allelausschlusses und einem Verwandtschaftskoeffizienten von r = 0,1 für die erste Dyade und r = 0,24 für die zweite Dyade eventuell um Großmutter-Enkel-Beziehungen oder eine Tante-NeffeDyade handeln. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die vier Tiere dieser Schlafgruppe derselben Matrilinie angehörten und diese Gruppe damit im Wesentlichen auf Verwandtschaft beruhte. 140 | S e i t e Typ A 1A F03-05 r = 0,24 M33-07 3A 1A r = -0,12 r = 0,1 3A 0A r > 0,4 F18-06 0A r > 0,4 r = 0,04 M01-07 Abb. 51 Verwandtschaftliche Beziehungen innerhalb der Schlafgruppe 1 im JBB (A = Allelausschlüsse, r = Verwandtschaftskoeffizient, Typ A = Haplotyp A) Die Partner der Schlafgruppe 6 (M38-07 und F43-05) haben ebenfalls den gleichen Haplotyp B (Abb. 52). Diese Konstellation wäre bei einem Allelausschluss und einem Verwandtschaftskoeffizienten von r = 0,28 auch mit einer Großmutter-EnkelKonstellation erklärbar. Hier ist also ebenfalls von einer verwandtschaftlichen Basis auszugehen. 141 | S e i t e Typ B 1A r = 0,28 F43-05 M38-07 Abb. 52 Verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Schlafgruppenmitgliedern der Schlafgruppe 6 (F43-05 und M38-07) im JBA (A = Allelausschluss, r = Verwandtschaftskoeffizient, Typ B = Haplotyp B) Das Senderweibchen F31-06 wurde auf ihre verwandtschaftliche Beziehung zu ihrem Schlafgruppenpartner M19-07 untersucht (Schlafgruppe 3, Abb. 53). Sie gehören beide auch dem Haplotyp B an, weisen keine Allelausschlüsse auf und haben einen Verwandtschaftskoeffizienten von r > 0,4. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelte es sich daher bei dieser Konstellation um ein Mutter-Sohn-Paar. 142 | S e i t e Typ B 0A r > 0,4 F31-06 M19-07 Abb. 53 Verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Schlafgruppenmitgliedern F43-05 und M38-07 (Schlafgruppe 3) im JBA (A = Allelausschluss, r = Verwandtschaftskoeffizient, Typ B = Haplotyp B) In der Schlafgruppe von F22-05 wurde bei allen drei getesteten Individuen der gleiche Haplotyp C nachgewiesen (Abb. 54). Zusätzlich traten in der Dyade F22-05 und M31-06 keine Allelausschlüsse auf und es lag ein Verwandtschaftskoeffizient über 0,4 vor. Wahrscheinlich handelt es sich bei diesem Fall um ein Mutter-SohnPaar. Zwischen dem Senderweibchen F22-05 und dem Männchen M29-06 gab es dagegen keine enge Verwandtschaft (3 Allelausschlüsse, r = 0,04) und dieses Männchen war auch zu M31-06 nicht besonders nah verwandt (2 Allelausschlüsse, r = 0,06). Das genaue Verwandtschaftsverhältnis zu diesem Männchen lässt sich auf der Basis dieser Daten jedoch nicht klären. 143 | S e i t e Typ C F22-05 3A 0A r = 0,04 r > 0,4 M31-06 M29-06 2A r =0,058 Abb. 54 Verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Schlafgruppenmitgliedern der Schlafgruppe 12 im JBB (A = Allelausschluss, r = Verwandtschaftskoeffizient, Typ C = Haplotyp C) 3.4.7. Paarungsverhalten Im gesamten Untersuchungszeitraum wurde ein Weibchen (F03-05) bei einer Paarung beobachtet. Ein weiteres Weibchen (F43-05) verpaarte sich höchstwahrscheinlich während einer Fokusbeobachtung. Diese Beobachtungen sollen im Folgenden näher beschrieben werden. Die erste Paarung konnte während der Fokusbeobachtung am 19.09.07 erfasst werden, bei der das Weibchen F43-05 im Untersuchungsgebiet JBA beobachtet wurde. Circa 6 Minuten nach Beobachtungsbeginn (18:00:00) am Schlafplatz, einem dichten Lianengestrüpp, in dem an einer Stelle ein größeres Stück Baumrinde lag, hinter dem Tiere schliefen, verließen ein Männchen und ein Tier unbekannten Geschlechts den Schlafplatz. F43-05 verblieb hingegen im Schlafplatz. Circa 10 Minuten nach Beobachtungsbeginn näherte sich das Männchen M30-07, das nicht dieser Schlafgruppe angehörte, dem Schlafplatz und betrat diesen kurze Zeit darauf. 144 | S e i t e In den folgenden 50 Minuten verließ das Männchen nur einmal den Schlafplatz, den es kurz darauf erneut betrat. In der Zeit, in der sich beide Tiere im Schlafplatz befanden, wurden wiederholt Tsäk-Laute vernommen. Nach 50 Minuten verließ das Männchen endgültig den Schlafplatz, verblieb jedoch in dessen unmittelbarer Nähe. Sechs Minuten später verließ schließlich das Weibchen den Schlafplatz, in den es während der folgenden 15 Minuten einige Male zurückkehrte. 1:15h nach Beobachtungsbeginn entfernte sich das Weibchen, gefolgt von M30-07 endgültig von ihrem Schlafplatz. Während der gesamten Beobachtung am Schlafplatz tauchte einmal ein zweites Männchen in Schlafplatznähe (circa 6-7m) auf, das sich jedoch nicht weiter annäherte und nach einigen Sekunden auch wieder verschwand. Bei diesem Kontakt kann aufgrund der Ähnlichkeit dieses Ablaufs zum Paarungskontext des Grauen Mausmakis angenommen werden, dass sich beide Tiere im Schlafplatz gepaart haben. Im weiteren Verlauf der Nacht konnten noch dreimal andere Individuen unbekannten Geschlechts in der Nähe des Weibchens gesichtet werden, die sich zwischen 3-6 Minuten in der Nähe des Weibchens aufhielten und diesem auch folgten. Außerdem konnte M28-05 in der Nähe des Weibchens gesehen werden. Als das Weibchen den Baum, in dem sich beide Tiere befanden, verließ, folgte ihr M28-05. Möglicherweise war die rezeptive Phase des Weibchens während dieser Begegnung bereits vorbei. Es konnte jedoch während der gesamten Beobachtung keine weitere Paarung beobachtet werden. Die zweite Paarung, die beobachtet werden konnte, fand während der Fokusbeobachtung am 04.12.07 bei F03-05 im Untersuchungsgebiet JBB statt. Das Weibchen hatte zu diesem Zeitpunkt bereits seit circa ein bis zwei Wochen Nachwuchs. Circa eine halbe Stunde nach Beobachtungsbeginn (18:30 Uhr) entfernte sich das Weibchen ungesehen von ihrem Schlafplatz. Gegen 19:30 Uhr wurde das erste Mal ein Individuum unbekannten Geschlechts in ihrer Nähe gesichtet. Dieses näherte sich ihr an, woraufhin F03-05 sich entfernte. Das andere Tier folgte ihr. Als gegen 19:37 Uhr wieder Sichtkontakt bestand, konnte allerdings kein weiteres Individuum in ihrer Nähe gesichtet werden. Um 20:20 Uhr konnte schließlich eine Paarung, bei der sich das Männchen auf dem Rücken des Weibchens befand, über ungefähr eine Minute beobachtet werden. Das Männchen 145 | S e i t e konnte dabei nicht näher identifiziert werden. Noch während der Paarung wurde ein zweites Männchen gesichtet, das sich in etwa einem Meter Entfernung zu den sich paarenden Tieren befand und sich schließlich annäherte und in kurzen Angriffen die Paarung störte, welche auch ungefähr 10 Sekunden später endete. Direkt nach der Paarung entfernte sich F03-05, gefolgt von den beiden Männchen. Zwischen 20:22 Uhr und 20:41 Uhr wurde sie dreimal in Lokomotion gesehen, wobei sie bei zwei der Situationen ihr Jungtier im Maul trug. Bei jeder Sichtung wurde sie von mindestens einem Männchen verfolgt. Am Ende der letzten Sichtung verscheuchte sie das Männchen. Zwischen 20:45 und 20:46 Uhr wurde sie erneut gesehen, diesmal saß sie ruhig im Geäst. Zwei weitere Tiere, von denen in diesem Fall das Geschlecht nicht näher bestimmt werden konnte, befanden sich erneut in ihrer Nähe. Das Jungtier konnte in dieser Situation nicht gesehen werden. Nach dieser Sichtung konnte bis zum Ende der Beobachtung (circa drei Stunden später) kein weiteres Tier in ihrer Nähe gesehen werden und dementsprechend auch keine Paarung mehr beobachtet werden. 3.5. Aufzuchtverhalten Von allen im Untersuchungszeitraum beobachteten Senderweibchen konnten nur vier mit Jungtieren beobachtet werden. Drei dieser Senderweibchen lebten im Untersuchungsgebiet JBB (F03-05, F22-06, F25-05) und eines im Untersuchungsgebiet JBA (F41-07). Das Weibchen im JBA wurde in einer Schlafgruppe mit einem weiteren Weibchen und zwei Jungtieren beobachtet, hatte jedoch nie engeren Kontakt zu einem der Jungtiere, weshalb in dieser Arbeit nicht davon ausgegangen wird, dass es sich bei diesem Weibchen um die Mutter eines der Jungtiere handelte. Das Weibchen wird deshalb nur in Auswertungen zur Schlafplatzwahl und Schlafgruppenzusammensetzung einbezogen. Die Daten von beiden Untersuchungsgebieten wurden aufgrund Stichprobenmenge für die Auswertungen zusammengefasst. einer zu geringen 146 | S e i t e 3.5.1. Schlafplatzwahl in und außerhalb der Jungtieraufzucht Zwischen den beiden Gebieten konnte innerhalb der Vorpaarungszeit und der Aufzuchtzeit keine unterschiedliche Nutzung von Schlafplätzen beobachtet werden. Innerhalb der Paarungszeit wurden jedoch im JBA häufiger Schlafhöhlen benutzt als im JBB (² = 5,8, df = 5, p < 0,02). Innerhalb der Vorpaarungs-, Paarungs- und Tragzeit war der meistgenutzte Schlafplatztyp die offene Vegetation (Abb. 55). Hierunter fallen Schlafplätze in dichtem Lianengestrüpp, in kleinen Büschen oder in Astgabeln. In mehreren Fällen waren diese Plätze sehr exponiert und die Tiere somit deutlich zu sehen. Während der Aufzuchtzeit wurden von den vier Weibchen mit Jungtieren jedoch am häufigsten Blätternester genutzt (60 %). Diese Verteilung der Schlafplätze auf die drei Substrattypen war über die vier Phasen statistisch nicht gleich verteilt (² = 64,48, df = 11, p < 0,0000001). Beim Vergleich der Nutzung der einzelnen Schlafplatztypen in den vier Phasen lässt sich eine verminderte Nutzung von Blätternestern (² = 4,81) und eine vermehrte Nutzung von Höhlen (² = 6,47) innerhalb der Paarungszeit nachweisen. Auch während der Tragzeit wurden Blätternester seltener als erwartet genutzt (² = 5,63). Während der Aufzuchtzeit konnte schließlich eine deutlich vermehrte Nutzung von Blätternestern nachgewiesen werden (² = 25,66) (Abb. 55). 147 | S e i t e Prozentuale Verteilung der Schlafplatztypen n = Anzahl genutzter Schlafplätze N = Anzahl Weibchen 100% 90% + 80% 70% Höhle 60% 50% Offene Vegetation 40% + 30% Blätternest 20% 10% - 0% VP P n = 59 N = 10 n=53 N=12 T Phasen Aug07 - Okt07 | Sept07 –Nov07 | n=40 N=2 A n=27 N=4 Okt07 – Dez07 | Dez07 - Jan08 Abb. 55 Nutzung der drei Schlafplatztypen in den vier Phasen: Vorpaarungszeit (VP), Paarungszeit (P), Tragzeit (T) und Aufzuchtzeit (A) in JBA und JBB (+ : häufiger als erwartet, - : seltener als erwartet) Die Nutzung der drei Schlafplatztypen von Weibchen mit Jungtieren und Weibchen ohne Jungtiere zwischen Dezember 2007 und Januar 2008 ist nicht gleich verteilt (² = 18,25, df = 5, p < 0,003) (Abb. 56). Es fällt eine erhöhte Nutzung von Blätternestern bei Weibchen mit Jungtieren auf (² = 4,45), wohingegen Weibchen ohne Jungtiere Blätternester seltener als erwartet nutzten (² = 7,2). 148 | S e i t e ProzentualeVerteilung der Schlafplatztypen 100% 90% 80% 70% 60% 50% Höhle 40% Offene Vegetation + 30% Blätternest 20% 10% - 0% mit N ohne N n = 27 n = 37 N=4 N=7 Abb. 56 Nutzung der drei Schlafplatztypen bei Weibchen ohne Nachwuchs („ohne N“) und mit Nachwuchs („mit N“) zwischen Dezember 2007 und Januar 2008 (+:häufiger als erwartet, - : seltener als erwartet) Betrachtet man nur die vier Weibchen mit Nachwuchs, fällt auf, dass einzelne Weibchen bestimmte Schlafplatztypen favorisierten und letztlich nicht alle Weibchen mit Nachwuchs vermehrt Blätternester bauten und nutzten (Abb. 57a,b). So wurde zum Beispiel das Weibchen F22-06 im Untersuchungsgebiet JBB ausschließlich in Schlafplätzen in der offenen Vegetation angetroffen, wohingegen F03-05 und F41-07 bei 83-100 % der Kontrollen in Blätternestern vorgefunden wurden. F03-05 nutzte während der Vorpaarungszeit zu 67 % Schlafplätze in der offenen Vegetation und zu 33 % Blätternester. F41-07 wurde in der Vorpaarungszeit zu 100 % in Schlafplätzen in der offenen Vegetation vorgefunden. In der Paarungszeit nutzte F03-05 zu 100 % Schlafplätze in der offenen Vegetation und F41-07 wurde zu 66 % in Schlafhöhlen und 34 % in der offenen Vegetation gefunden. Während der Tragzeit nutzte F03-05 wieder zu 96 % Schlafplätze in der offenen Vegetation und nur in 4 % der Kontrollen 149 | S e i t e ein Blätternest. Beide Weibchen präferierten also tatsächlich Blätternester erst ab 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Prozentuale Nutzung Prozentuale Nutzung dem Zeitpunkt, wo Jungtiere auftauchten. 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% F41-07 JBA F41-07 F03-05 F22-06 F25-05 JBA JBB F03-05 Weibchen F22-06 JBB F25-05 Weibchen Abb. 57a Blätternestnutzung Abb. 57b Nutzung von Schlafplätzen in der offenen Vegetation ( | trennt Weibchen aus JBA und JBB ) 3.5.2. Nutzungsmuster der Schlafplätze während und außerhalb der Jungtieraufzucht Während der Vorpaarungszeit lag die mittlere Nutzungsdauer für Blätternester (nBlätternest = 7) bei 1,7 Tagen, für Höhlen (nHöhle = 4) bei 1,8 Tagen und für Schlafplätze in der offenen Vegetation (noffene Vegetation = 21) bei 1,7 Tagen. Innerhalb der Paarungszeit lag die mittlere Nutzungsdauer bei ganz ähnlichen Werten, für Blätternester (n = 2) bei 1,5 Tagen, bei 1,8 Tagen für Höhlen (n = 4) und bei 1,7 Tagen für Schlafplätze in der offenen Vegetation (n = 21). Während der Tragzeit nutzten die Senderweibchen ausschließlich Schlafplätze in der offenen Vegetation (n = 6), die im Schnitt 2,7 Tage lang genutzt wurden. Während der Aufzuchtzeit nahm die mittlere Nutzungsdauer leicht ab und betrug für Blätternester (n = 16) 1,1 Tage und für Schlafplätze in der offenen Vegetation (n = 8) einen Tag (Abb. 58). In dieser Zeit wechselten die Weibchen mit Jungtieren also praktisch jeden Tag den Schlafplatz. 150 | S e i t e Abb. 58 Mittlere Nutzungsdauer für verschiedene Schlafplatztypen in JBA und JBB (VP: Vorpaarungszeit NWeibchen= 9, P: Paarungszeit NWeibchen= 12, T: Tragezeit NWeibchen= 2, A: Aufzuchtzeit NWeibchen= 4) Weibchen ohne Jungtiere hingegen nutzten Blätternester (n = 2) zwischen Dezember 07 und Januar 08 im Durchschnitt 2,5 Tage lang, Höhlen (n = 1) nur einen Tag lang und Schlafplätze in der offenen Vegetation (n = 33) im Mittel 1,3 Tage lang (Abb. 59). 151 | S e i t e Abb. 59 Mittlere Nutzungsdauer für verschiedene Schlafplatztypen von Weibchen mit Jungtieren und Weibchen ohne Jungtieren Vergleicht man den gesamten Zeitraum, über den hinweg Schlafplätze der verschiedenen Schlafplatztypen genutzt wurden, so kann festgestellt werden, dass Blätternester über einen Zeitraum von bis zu acht Tagen, Höhlen von bis zu 15 Tagen und Schlafplätze in der offenen Vegetation über einen Zeitraum von bis zu 18 Tagen genutzt wurden (Abb. 60). 152 | S e i t e Abb. 60 Gesamtnutzungsdauer der verschiedenen Schlafplatztypen Innerhalb der Vorpaarungs- und Paarungszeit lagen die Wiederkehrraten der Senderweibchen zum Schlafplatz des Vortages zwischen 0-100 %. Während der Tragzeit kehrten sie an zwischen 33,3 bis 62,5 % der Tage zurück. Während der Aufzuchtzeit reduzierte sich die Wiederkehrrate der Weibchen auf 0-16,7 % (Abb. 61). Es konnte statistisch jedoch weder ein Einfluss des Gebietes, des Substrates noch der Phase festgestellt werden. Es ist allerdings zu erwähnen, dass es große individuelle Varianzen im Wiederkehrverhalten der Weibchen gab und nur eine kleine Stichprobenmenge vorlag. 153 | S e i t e VP P T A Phase Abb. 61 Wiederkehrraten während der vier Phasen (VP: Vorpaarungszeit N = 2, P: Paarungszeit N = 13, T: Tragezeit N = 2, A: Aufzuchtzeit N = 6) Weibchen, die Jungtiere hatten, kehrten in den Monaten Dezember 2007 und Januar 2008 signifikant seltener zum Schlafplatz des Vortages zurück, als Weibchen, die in dieser Zeit keinen Nachwuchs hatten (Mann-Whitney-U-Test , Z = -2,36; p = 0,018) (Abb. 62). 154 | S e i t e Abb. 62 Wiederkehrraten von Weibchen mit Nachwuchs (W m N) und Weibchen ohne Nachwuchs (W o N) 3.5.3. Schlafgruppenzusammensetzung während und außerhalb der Jungtieraufzucht Schlafgruppe 1: In der Schlafgruppe 1 von F03-05 im Untersuchungsgebiet JBB wurden vor der Aufzuchtzeit mit unterschiedlicher Kontinuität das Weibchen F18-06 und die Männchen M01-07 und M33-07 gesichtet (Tab. 20, Kapitel 3.3.5.). In einigen Fällen konnte das Geschlecht bzw. die genaue Identität eines Schlafgruppenmitgliedes nicht geklärt werden. Die Anzahl der Schlafgruppenmitglieder schwankte immer zwischen einem bis vier Tieren. Das Weibchen F18-06, das ebenfalls einen Sender trug, wurde bis Mitte September immer gemeinsam schlafend mit F03-05 gefunden. Ab Mitte September konnte von F18-06 plötzlich kein Signal mehr empfangen werden und es konnte auch nicht mehr gesichtet werden, weshalb davon auszugehen ist, dass dieses Weibchen höchstwahrscheinlich einem Prädator zum Opfer gefallen ist. Nach der Geburt des Jungtieres Ende November – Anfang Dezember `07 wurde nur bei zwei von insgesamt acht Kontrollen neben dem 155 | S e i t e Weibchen F03-05 ein weiteres nicht zu identifizierendes Schlafgruppenmitglied gesichtet. In 75% der Kontrollen wurde das Weibchen allerdings alleinschlafend mit ihrem Jungtier gesichtet (Tab. 22). Ab dem 27.11.07 konnten die Männchen nicht mehr in der Schlafgruppe gesichtet werden. Tab. 22 Schlafgruppenzusammensetzung der Gruppe 1 in der Aufzuchtzeit Datum F03-05 5.-6.12.07 × 11.12.07 × 18.12.07 × 19.12.07 × 30.12.07 ? Jungtier Gesamtanzahl × 1,5 × 2,5 × 1,5 × 2,5 × × 1,5 04.01.08 × × 1,5 06.01.08 × × 1,5 × × Schlafgruppe 2: Die Schlafgruppe 2 des Senderweibchens F41-07 im Untersuchungsgebiet JBA bestand vor der Aufzuchtzeit aus einem bis fünf Individuen (Tab. 20, Kapitel: 3.3.5.). Es konnte nur eines der Schlafgruppenmitglieder identifiziert werden, nämlich das Männchen M31-07. In einer Kontrolle wurden zwei weitere Weibchen und zwei weitere Männchen gesichtet, die jedoch nicht näher identifiziert werden konnten. Nach der ersten Sichtung der Jungtiere im Januar 2008 bestand die Schlafgruppe jedoch nur aus einem weiteren Weibchen und den zwei Jungtieren (Tab. 23). 156 | S e i t e Tab. 23 Schlafgruppenzusammensetzung der Gruppe von F41-07 in der Aufzuchtzeit Datum F41-07 04.01.08 F? ? Jungtier Gesamtanzahl × × × 2,5 14.-15.01.08 × × 2× 3 16.01.08 × 2× 3 × Schlafgruppe 7: Das Senderweibchen F25-05 wurde vor der Aufzuchtzeit bei zwei Kontrollen alleinschlafend angetroffen und nur bei einer Kontrolle mit einem weiteren Individuum unbekannten Geschlechts. Ab der ersten Sichtung der Jungtiere im Januar 08 schlief es konstant mit einem weiteren Weibchen und den beiden Jungtieren zusammen (Tab. 24). Tab. 24 Schlafgruppenzusammensetzung der Schlafgruppe von F25-05 in der Aufzuchtzeit Datum F25-05 F? Jungtier gesamt 09.01.08 × × 2× 3 13.-14.01.08 × × 2× 3 18.01.08 × × 2× 3 Über die Schlafgruppenkonstellation vor der Aufzuchtzeit von F22-06 liegen keine Informationen vor. Seit sie das erste Mal mit Nachwuchs beobachtet werden konnte, wurde sie ausschließlich alleinschlafend mit ihrem Jungtier angetroffen (19.12.07; 30.12.07). 157 | S e i t e 3.5.4. Entwicklung der Raumnutzung während und außerhalb der Aufzuchtzeit Während der Aufzuchtzeit hatten die betroffenen Senderweibchen ihre kleinsten mittleren Aktionsraumgrößen (Min: 0,1 ha; Max: 0,28 ha) und legten die kürzesten mittleren Nachtwanderstrecken zurück (Min: 157 m; Max: 250 m). Beim Vergleich der mittleren Strecken in der Paarungszeit und in der Aufzuchtzeit konnte festgestellt werden, dass die Weibchen während der Aufzuchtzeit signifikant kürzere Strecken zurückgelegt haben (Mann-Whitney-U-Test, NPZ = 4 NAZ = 3, ZPZ-AZ = 2,12, p = 0,03). Es zeigt sich also insgesamt eine Verkleinerung der genutzten Fläche während einer Nacht in der Aufzuchtzeit. 3.5.6. Entwicklung der Mutter-Kind-Kontakte In den Abbildungen 63a-c sind die prozentualen Anteile der Kontaktzeit zwischen Mutter und Jungtier in Relation zur Gesamtkontaktzeit pro Nacht abgebildet. Als Kontakt wurde dabei jede direkte Interaktion zwischen Mutter und Jungtier und auch die Anwesenheit des Jungtieres in der Nähe der Mutter (< 10 m) definiert. Außerdem wurde das Verbleiben der Mutter in einem Blätternest ebenfalls als Kontakt bezeichnet, da davon auszugehen ist, dass das Jungtier sich ebenfalls in dem Nest aufgehalten hat. Der Geburtstermin ist durch eine senkrechte durchgezogene Linie bzw. wenn das Datum indirekt abgeleitet worden war, durch eine gestrichelte Linie gekennzeichnet. Bei den beiden Weibchen mit bekanntem Geburtstermin ist generell ein Anstieg der relativen Kontaktdauer bis zur vierten oder fünften Lebenswoche zu erkennen. Bei F03-05 gab es Schwankungen im Kurvenverlauf, die unter anderem auf eine niedrige Kontaktzeit während der betroffenen Nächte zurückzuführen sind. Nach der fünften Lebenswoche scheint sich der Kontakt dann zu reduzieren. Die Jungtiere von F25-05 waren von allen drei Würfen die jüngsten und so passen die im Januar 2008 erhaltenen Kontaktwerte noch zu den Verlaufskurven der beiden anderen Weibchen. Relative Kontaktdauer in % 158 | S e i t e 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Abb. 63a Relative Kontaktdauer von F03-05 zu ihrem Nachwuchs (Geburtstermin: Relative Kontaktdauer in % 47. Kalenderwoche: 19.-25.11.07 durch senkrechte Linie gekennzeichnet) 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Abb. 63b Relative Kontaktdauer von F25-05 zu ihrem Nachwuchs (Geburtstermin: circa 48. Kalenderwoche: 26.11.-02.12.07 durch gestrichelte Linie gekennzeichnet) 159 | S e i t e Relative Kontaktdauer in % 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Abb. 63c Relative Kontaktdauer von F22-06 zu ihrem Nachwuchs (Geburtstermin: 47. Kalenderwoche: 19.-25.11.07 durch senkrechte Linie gekennzeichnet) In den folgenden Unterkapiteln ist der nächtliche Verlauf der Kontakte von den Jungtieren zu den Senderweibchen in der Aufzuchtzeit dargestellt. Während der dunkelgrau markierten Abschnitte bestand nur Sichtkontakt zu dem Senderweibchen. Während der schwarz markierten Phasen war das Jungtier in ihrer Nähe zu sehen. Die hellgrau markierten Abschnitte stellen Zeiträume dar, in denen das Senderweibchen beim Nestbau beobachtet werden konnte oder sich im selbst gebauten Nest aufhielt. Es ist davon auszugehen, dass die im Nest verbrachte Zeit auch Kontaktzeit zum Jungtier darstellte. Weibchen F03-05: Bei Senderweibchen F03-05 wurde das Jungtier während der ersten Lebenswoche nur gesichtet, wenn die Mutter es oral transportierte oder an einem Platz in der offenen Vegetation parkte. Der orale Transport des Jungtieres durch die Mutter wurde insgesamt fünfmal beobachtet. Das Parken des Jungtieres konnte zweimal beobachtet werden. Gegen Ende der Beobachtung am 04.12.07, in der sie erstmalig mit ihrem Jungtier gesehen wurde, konstruierte sie während einer Stunde ein Blätternest (Abb. 64a). Dies konnte ebenfalls am Beginn der darauffolgenden Fokusnacht beobachtet werden. In dieser Nacht kehrte sie dann auch eine Stunde vor Beobachtungsende in dieses Nest zurück. Das Jungtier konnte in dieser Nacht 160 | S e i t e nicht gesehen werden, aber die Vermutung liegt nahe, dass die Mutter es unbeobachtet in das Nest verbracht hat (Abb. 64b). Während der zweiten Lebenswoche des Jungtieres konnte es überhaupt nicht gesichtet werden (Abb. 64c). In der ersten Nacht der dritten Lebenswoche wurde das Jungtier erstmals beim selbstständigen Verlassen des Nestes beobachtet. Die Mutter entfernte sich schließlich gemeinsam mit dem Jungtier, das oral von der Mutter transportiert wurde, vom Nest. Im weiteren Verlauf dieser Nacht wurden Mutter und Jungtier im Körperkontakt sitzend gesehen und während sich die Mutter zu „groomen“ begann, entfernte sich das Jungtier circa einen Meter von ihr. Über kurze Abstände (bis ca. einen Meter) folgte das Jungtier der Mutter bereits. Sobald die Mutter allerdings einen größeren Ortswechsel vornahm, transportierte sie das Jungtier erneut oral (Abb. 64d). Während der zweiten Beobachtungsnacht in der dritten Lebenswoche des Jungtieres wurde dieses nur einmal kurz gesichtet, während es von der Mutter im Maul getragen wurde (Abb. 64e). Innerhalb der Fokusnacht in der vierten Lebenswoche des Jungtieres wurden Mutter und Jungtier am Anfang der Nacht in ihrem Nest beobachtet, welches die Mutter schließlich ohne das Jungtier verließ. Im weiteren Verlauf der Nacht wurden Mutter und Jungtier allerdings circa 20-30 Meter vom Nest entfernt, wieder im Körperkontakt gesehen. Außerdem konnte erneut beobachtet werden, wie das Jungtier der Mutter über kürzere Distanzen folgte (Abb. 64f). Innerhalb der Beobachtungsnacht in der fünften Lebenswoche des Jungtieres wurde dieses wiederholt in der Nähe der Mutter oder im Körperkontakt mit der Mutter gesehen (Abb. 64g). Während der Beobachtungsnacht in der siebenten Lebenswoche des Jungtieres wurde dieses nur noch zweimal in der Nähe der Mutter gesichtet, wobei es dieser entweder folgte oder sich sitzend in deren Nähe aufhielt (Abb. 64h). 161 | S e i t e 18:00:00 18:57:36 19:55:12 20:52:48 21:50:24 22:48:00 23:45:36 Abb. 64a 1.-2. Lebenswoche des Jungtieres von F03-05 (04.12.07) 18:00:00 18:57:36 19:55:12 20:52:48 21:50:24 22:48:00 23:45:36 Abb. 64b 1.-2. Lebenswoche des Jungtieres von F03-05 (07.12.07) 18:00:00 18:57:36 19:55:12 20:52:48 21:50:24 22:48:00 23:45:36 Abb. 64c 2.-3. Lebenswoche des Jungtieres von F03-05 (14.12.07) 18:00:00 18:57:36 19:55:12 20:52:48 21:50:24 22:48:00 Abb. 64d 3.-4. Lebenswoche des Jungtieres von F03-05 (18.12.07) 23:45:36 162 | S e i t e 18:00:00 18:57:36 19:55:12 20:52:48 21:50:24 22:48:00 23:45:36 Abb. 64e 3.-4. Lebenswoche des Jungtieres von F03-05 (21.12.07) 18:00:00 18:57:36 19:55:12 20:52:48 21:50:24 22:48:00 23:45:36 Abb. 64f 4.-5. Lebenswoche des Jungtieres von F03-05 (30.12.07) 18:00:00 18:57:36 19:55:12 20:52:48 21:50:24 22:48:00 23:45:36 Abb. 64g 5.-6. Lebenswoche des Jungtieres von F03-05 (02.01.08) 18:00:00 18:57:36 19:55:12 20:52:48 21:50:24 22:48:00 23:45:36 Abb. 64h 7.-8. Lebenswoche des Jungtieres von F03-05 (17.01.08) Abb. 64a-e: Kontakte zu Senderweibchen F03-05 während der Aufzuchtzeit 163 | S e i t e Weibchen F25-05: Die Jungtiere aus der Schlafgruppe von F25-05 wurden erstmals während ihrer fünften Lebenswoche gesichtet. In der ersten Beobachtungsnacht während dieser Woche der Jungtiere zeigten diese Spielverhalten. Als sich das Senderweibchen vom Schlafplatz entfernte, folgte ihr eines der Jungtiere. Es wurde jedoch im weiteren Verlauf der Nacht nicht wieder gesehen (Abb. 65a). In der darauf folgenden Beobachtung konnten innerhalb der ersten Stunde, nachdem die Tiere ihren Schlafplatz verlassen hatten, zahlreiche Interaktionen, wie „Allogrooming“ oder unspezifische Körperkontakte, zwischen allen Gruppenmitgliedern beobachtet werden. Als sich das Senderweibchen in dieser Nacht vom Schlafplatz entfernte, folgte ihr erneut eines der Jungtiere. Im weiteren Verlauf der Beobachtung wurde ein Jungtier wieder in der Nähe des Senderweibchens, circa 40-50 Meter vom Nest entfernt, gesichtet (Abb. 65b). In der Fokusnacht während der sechsten Lebenswoche der Jungtiere wurden nach Verlassen des Schlafplatzes einige Interaktionen zwischen dem Senderweibchen und einem der Jungtiere beobachtet. Wie in den Nächten davor, folgte das Jungtier dem Senderweibchen, als dieses sich vom Nest entfernte (Abb. 65c). In der zweiten Beobachtungsnacht während der sechsten Lebenswoche konnten erneut zahlreiche Interaktionen zwischen allen Gruppenmitgliedern nach Verlassen des Schlafplatzes beobachtet werden. Es kam wiederholt zu unspezifischen Körperkontakten, „Allogrooming“ und bei Ortswechseln der adulten Tiere folgten die Jungtiere ihnen bis zu 10 Metern. Im weiteren Verlauf dieser Nacht konnte eines der Jungtiere noch einmal im Körperkontakt mit dem Senderweibchen und einmal kurz in ihrer Nähe gesichtet werden (Abb. 65d). 164 | S e i t e 18:00:00 18:57:36 19:55:12 20:52:48 21:50:24 22:48:00 23:45:36 Abb.65a ca. 5. Lebenswoche des Jungtieres von F25-05 (09.01.08) 18:00:00 18:57:36 19:55:12 20:52:48 21:50:24 22:48:00 23:45:36 Abb. 65b ca. 5. Lebenswoche des Jungtieres von F25-05 (13.01.08) 18:00:00 18:57:36 19:55:12 20:52:48 21:50:24 22:48:00 23:45:36 Abb. 65c ca. 6. Lebenswoche des Jungtieres von F25-05 (17.01.08) 18:00:00 18:57:36 19:55:12 20:52:48 21:50:24 22:48:00 23:45:36 Abb.65d ca. 6.Lebenswoche des Jungtieres von F25-05 (18.01.08) Abb. 65a-d Kontaktdauer vom Jungtier zu Senderweibchen F25-05 während der Aufzuchtzeit Weibchen F22-06: Das Jungtier von F22-06 konnte das erste Mal in der dritten Lebenswoche beobachtet werden. In dieser Nacht wurde es einmal im Körperkontakt mit der Mutter gesehen. Über kürzere Strecken (circa 2 - 3 Meter) folgte das Jungtier der Mutter, es 165 | S e i t e konnte jedoch auch beobachtet werden, dass die Mutter sich entfernte und das Jungtier allein in einem Baum auf einem Ast sitzend zurückblieb (Abb. 66a). In der nächsten Fokusnacht während der vierten Lebenswoche kam es während der gesamten Beobachtungszeit wiederholt zu Körperkontakten zwischen Mutter und Jungtier. Außerdem folgte das Jungtier der Mutter über Distanzen zwischen 20-30 Meter (Abb. 66b). Die Fokusnacht während der fünften Lebenswoche folgte dem gleichen Muster wie die vorhergehende Nacht. Das Senderweibchen wurde wiederholt im Körperkontakt mit dem Jungtier beobachtet. Das Jungtier folgte der Mutter auch wieder selbstständig über circa 30 Meter (Abb. 66c). In den beiden Fokusnächten während der siebenten Lebenswoche wurde das Jungtier nicht mehr gesichtet (Abb. 66d-e). Die Kontaktzeiten waren insgesamt während dieser Nächte sehr kurz und die Beobachtungen wurden außerdem aufgrund stärkeren Regens verfrüht abgebrochen. Es ist also davon auszugehen, insofern das Jungtier nicht verstorben war, dass weiterhin Kontakt zur Mutter bestand, dieser jedoch nicht beobachtet werden konnte. 18:00:00 18:57:36 19:55:12 20:52:48 21:50:24 22:48:00 23:45:36 Abb.66a 3. Lebenswoche des Jungtieres von F22-06 (19.12.07) 18:00:00 18:57:36 19:55:12 20:52:48 21:50:24 22:48:00 23:45:36 Abb.66b 4. Lebenswoche des Jungtieres von F22-06 (30.12.07) 166 | S e i t e 18:00:00 18:57:36 19:55:12 20:52:48 21:50:24 22:48:00 23:45:36 Abb.66c 5. Lebenswoche des Jungtieres von F22-06 (02.01.08) 18:00:00 18:57:36 19:55:12 20:52:48 21:50:24 22:48:00 Abb.66d 7. Lebenswoche des Jungtieres von F22-06 (09.01.08) (Abbruch der Fokusbeobachtung: 22:11:00 Uhr) 18:00:00 18:57:36 19:55:12 20:52:48 21:50:24 22:48:00 Abb.66e 7. Lebenswoche des Jungtieres von F22-06 (13.01.08) (Abbruch der Fokusbeobachtung: 22.35:00 Uhr) Abb.66a-e Kontaktdauer vom Jungtier zu Senderweibchen F22-06 während der Aufzuchtzeit 167 | S e i t e 3.5.7.Ontogenetische Beobachtungen In Abhängigkeit vom Jungtieralter konnten sowohl von der Mutter als auch vom Nachwuchs unterschiedliche Aktivitäten beobachtet werden (Tab. 25). Der orale Transport der Jungtiere durch die Mutter sowie das Parken in der offenen Vegetation, also in kleinen Bäumen, in denen die Jungtiere reglos auf einem Ast sitzend zurückblieben, wurde während der ersten drei Lebenswochen beobachtet. Beim Parken der Jungtiere verblieben diese völlig regungslos an dem Platz, wo die Mutter sie abgesetzt hatte, und warteten dort auf deren Rückkehr. Ab der zweiten Lebenswoche wurde beobachtet, wie die Jungtiere erstmalig das Nest allein verließen, sich aber nicht weiter als einen Meter davon entfernten. Ab der vierten Lebenswoche wurden die Jungtiere im Spiel miteinander aber auch mit den adulten Tieren ihrer Schlafgruppe beobachtet. Sie folgten nun der Mutter auch über längere Strecken (circa 30-40 Meter) und wurden im Verlauf der Beobachtung immer wieder in der Nähe der Mutter gesichtet. Tab. 25 Ontogenese der Jungtiere Lebensalter der Jungtiere Aktivitäten 1.-2./3. Lebenswoche Parken der Jungtiere in der Vegetation 1.-3. Lebenswoche Oraler Transport der Jungtiere durch die Mutter ab Mitte 2. Lebenswoche Selbstständiges Verlassen des Nestes; bleiben zunächst in Nestnähe (<1m) ab 4. Lebenswoche Jungtiere bewegen sich eigenständig außerhalb des Nestes und folgen der Mutter zeitweilig (ca. 30-40 Meter) ab 4. Lebenswoche Jungtiere zeigen Spielverhalten verschiedenen Gruppenmitgliedern mit 168 | S e i t e 4. Diskussion 4.1. Methodenkritik In der vorliegenden Arbeit wurden verschiedene Methoden eingesetzt, die Vorteile bieten aber auch mit systematischen Fehlern behaftet sind. So bietet die Methode des Fang/Wiederfang den großen Vorzug, dass Tiere individuell identifiziert werden können und Daten zur Morphometrie und Reproduktionsbiologie zugänglich werden. Nachteilig ist dagegen, dass die Ergebnisse durch individuelle Schwankungen in der Fanghäufigkeit von Individuen beeinflusst werden können. Aussagen aus Fangdaten gelten daher immer nur für die gefangene Population aber nicht notwendigerweise für die Gesamtpopulation. In dieser Studie lag unter anderem ein Hauptaugenmerk auf den Verläufen weiblicher Reproduktionszyklen. Da allerdings nicht jedes Weibchen in jeder wöchentlichen Fangaktion gefangen werden konnte, liegen über einen Großteil der Weibchen nur unvollständige Informationen über deren reproduktiven Phasen vor. Die Daten, die von einzelnen Weibchen ermittelt werden konnten, wurden auf die Gesamtpopulation übertragen. Aufgrund der geringen Stichprobenmenge bleibt die Aussagekraft dieser Informationen für die Gesamtpopulation allerdings sehr begrenzt. Die Zahl der gefangenen Individuen kann außerdem durch die Fallenzahl limitiert sein. Dies wurde im Rahmen dieser Studie für beide Untersuchungsgebiete getestet. Es konnte allerdings keine Einschränkung der Fangbarkeit aufgrund einer zu geringen Anzahl aufgestellter Fallen gefunden werden. Fokusbeobachtungen mittels Radiotelemetrie sind eine Form der kontinuierlichen Telemetrie, die direkte Informationen zum Verhalten des Tieres liefert sowie eine Erfassung der räumlichen Bewegungen der Tiere ermöglicht. Bei Verhaltensbeobachtungen besteht grundsätzlich die Problematik, dass die Übung des Beobachters im Verlauf der Untersuchung zu einer veränderten Datenaufnahme führen kann. Bei den Sichtkontaktzeiten während dieser Studie fällt jedoch auf, dass diese im August, also am Anfang der Studie, relative hohe Werte erreichten 169 | S e i t e (28-55 %) und erst im Januar, also im letzten Monat der Studie, insgesamt abfielen auf Werte zwischen 11-26 %. Dies spricht gegen einen Effekt durch Übung der Beobachter. Diese Schwankungen sind vermutlich besser zu erklären durch die erhöhte Dichte der Vegetation ab dem Beginn der Regenzeit, die es den Beobachtern deutlich erschwerte, den Tieren zu folgen. Außerdem ist zu erwähnen, dass die Sichtkontaktzeiten im Untersuchungsgebiet JBA mit Ausnahme des Monats Dezember im Mittel niedriger waren als im JBB. Dies ist vermutlich auf die höhere Baumdichte und die größere Höhe der Bäume generell zurückzuführen (Rendigs et al. 2003). Außerdem liegen die Pfade, auf denen man sich relativ schnell vorwärtsbewegen kann, im JBA deutlich weiter auseinander als im JBB. Man kann somit den Tieren aufgrund der dichteren Vegetation schlechter folgen und wenn sie sich in größeren Höhen befinden, diese auch schlechter sehen. Anhand der Fokusbeobachtungen wurden Aktivitätsbudgets der Weibchen erstellt, anhand derer eine mögliche unterschiedliche Gewichtung einzelner Aktivitäten in den jeweiligen Phasen herauskristallisiert werden sollte. Sind die Kontaktzeiten jedoch niedrig, verringert sich die Aussagekraft dieser Aktivitätsbudgets. Sie liefern letztlich kein repräsentatives Bild für die Aktivität eines Weibchens in einer Nacht ab. Ob es sich also bei Aktivitätsänderungen in den reproduktiven Phasen um tatsächliche Veränderungen handelte oder um Artefakte geringer Kontaktzeiten bleibt fraglich. Niedrige Kontaktdauern könnten natürlich auch zu einer Verringerung der sozialen Begegnungsrate führen. So wurde im JBB die niedrigste Begegnungsrate in der Aufzuchtzeit in den Monaten Dezember und Januar, also den Monaten mit der geringsten Kontaktzeit, ermittelt. Es könnte sich also bei dieser Reduktion um ein Artefakt geringer Kontaktdauern handeln. Zur Bewertung der räumlichen Daten aus Fokusbeobachtungen ist zu erwähnen, dass die Kalkulation der Aktionsräume eine Idealisierung darstellt und nicht zwangsläufig mit den realen Bedingungen übereinstimmt. Durch die Wahl des Zeitintervalls zwischen der Aufnahme zweier Datenpunkte wird die Qualität der Daten entscheidend beeinflusst. Je länger dieses Intervall ist, desto mehr Zeit verbleibt dem Tier, sich möglicherweise in seinem Streifgebiet mehrfach hin und her 170 | S e i t e zu bewegen und dies kann eine Unterschätzung des tatsächlichen Aktionsraumes zur Folge haben (siehe auch Schmelting 2000). Eine Erfassung der Koordinaten eines Tieres nach einem Ortswechsel ab 10 m, wie es in dieser Studie durchgeführt wurde, wirkte diesem Problem jedoch entgegen. Die direkte Beobachtung der Tiere hatte den Vorteil, dass soziale Interaktionen beobachtet werden konnten. Gleichzeitig schränkt sie aber auch die Zahl parallel zu beobachtender Tiere ein. Dies führte in dieser Studie dazu, dass nur eine geringe Stichprobe beobachteter Tiere und somit auch nur einige wenige Daten zu Aktivitätsbudgets oder dem Raumnutzungsverhalten (Aktionsraumgröße, Nachtwanderstrecken) vorliegen. Es wurde erneut von einigen Weibchen auf die restlichen Weibchen der Population geschlossen. Dies muss bezüglich der Aussagekraft der in dieser Studie gewonnenen Ergebnisse berücksichtigt werden. Es konnten also mit dieser Studie Einblicke in das Reproduktions- und Aufzuchtsverhalten der Weibchen gewonnen, aber letztlich keine allgemeingültigen Aussagen getroffen werden. Soziale Interaktionen wurden während dieser Studie in den vier reproduktiven Phasen der Weibchen in unterschiedlicher Quantität und Qualität sowie mit jeweils unterschiedlichen Interaktionspartnern beobachtet und lieferten somit Einblicke in die unterschiedlichen Formen von Sozialkontakten beim Goldbraunen Mausmaki. 171 | S e i t e 4.2. Untersuchung der weiblichen Reproduktionsbiologie H1: Im Gegensatz zu Weibchen des Grauen Mausmaki werden die Weibchen des Goldbraunen Mausmaki früher östrisch und haben kürzere Interöstrusdauern. Im Untersuchungsgebiet JBA wurden Interöstrusabstände von 4, 6 und 10 Wochen verzeichnet. Der zweite Östrus des Weibchens, das einen Interöstrusabstand von 10 Wochen aufwies, war jedoch möglicherweise ein Post-partum-Östrus. Da das Weibchen jedoch nicht mit einem Jungtier gesehen wurde, kann vermutet werden, dass dies auf embryonale Mortalität bzw. das Versterben des Jungtiers zurückgeführt werden kann. Die Mehrzahl der Weibchen im JBA wies jedoch einen 4-wöchigen Abstand zwischen zwei Östren auf. Im Untersuchungsgebiet JBB wurden ebenfalls Interöstrusabstände von 4 und 10 Wochen verzeichnet, wobei der zweite Östrus des Weibchens mit dem 10-wöchigen Interöstrusintervall ebenfalls ein Post-partum-Östrus war. Das Jungtier konnte in diesem Fall bis zur 8. Lebenswoche beobachtet werden. Also auch im JBB scheint der Abstand zwischen einem Östrus, in dem ein Weibchen nicht konzipiert und dem darauffolgenden Östrus bei circa vier Wochen zu liegen. Dies entspricht den Ergebnissen der Studie von Roloff (2007), der für die Goldbraunen Mausmakis einen Interöstrusdauer von 4-5 Wochen ermittelte. Die Goldbraunen Mausmakis scheinen also tatsächlich einen deutlich geringeren Interöstrusdauer aufzuweisen als Graue Mausmakis, bei denen circa 50 Tage (~ 7 Wochen) zwischen zwei Östren vergehen (Glatston 1979, Perret 1982, Perret & Aujard 2001, Radespiel & Zimmermann 2001a, Wrogemann et al. 2001). Bei M. rufus Weibchen wurden sogar mittlere Interöstrusdauer von 59 Tagen (~ 8 Wochen) ermittelt (Wrogemann & Zimmermann 2001). Van Horn und Eaton (1979) konnten für Cheirogaleus major einen Interöstrusdauer von 30 Tagen (~ 4 Wochen) feststellen. Größere Unterschiede der Interöstrusdauer zweier Arten, wie der dreiwöchige Unterschied bei M. murinus und M. ravelobensis scheinen also durchaus der üblichen interspezifischen Plastizität zu entsprechen. 172 | S e i t e Wie bereits von Roloff (2007) diskutiert, könnte es sich bei diesen kurzen Abständen zwischen zwei Östren um eine evolutionäre Kompensation handeln, schlechte Konzeptionsraten im ersten Östrus auszugleichen und somit immer noch die Möglichkeit zu haben, Jungtiere während der regen- und nahrungsreichen Zeit zwischen Dezember und März aufzuziehen. Diese Möglichkeit wird unter H2a/b nochmal genauer beleuchtet. Der Reproduktionsbeginn wird bei Mausmakis typischerweise durch eine verlängerte Photoperiode induziert (Petter-Rousseaux 1968, 1972, 1988, van Horn & Eaton 1979). Saisonale Unterschiede in der Photoperiode werden bei saisonal östrischen Tieren, wie Pferden oder Wasserbüffeln von der Epiphyse registriert, die ihrerseits Signale von der Retina über den Nervus opticus erhält. Innerhalb Phasen der Dunkelheit sezerniert die Epiphyse Melatonin und Serotonin, die ihrerseits die GnRHProduktion inhibieren. Nimmt nun die Tageslänge zu, werden geringere Mengen dieser Neurotransmitter ausgeschüttet. Bei Tieren, die bei zunehmendem Lichttag in die Paarungszeit eintreten, wie Mausmakis, kommt es somit zur vermehrten Ausschüttung von GnRH und zur Induktion der Paarungszeit (Squires 2003). Erste östrische Goldbraune Mausmakiweibchen wurden in dieser Studie im JBA in der 38. Kalenderwoche und im JBB bereits in der 36. Kalenderwoche gefangen. Weidt (2001) fing im JBB erste östrische Weibchen am 20. September 2000. Dies würde in dieser Studie der 38. Kalenderwoche entsprechen. Ehresmann (2000) fing erste östrische Goldbraune Mausmakiweibchen im JBA Anfang September. Dies würde in dieser Studie ungefähr der 36. Kalenderwoche entsprechen. Im Vergleich der Jahre scheint also der Reproduktionsbeginn in beiden Gebieten zu einem ähnlichen Zeitpunkt stattzufinden. Aufgrund der Tatsache, dass nicht alle Weibchen der Population in jeder Fangaktion gefangen werden konnten, könnte man vermuten, dass auch im JBA schon vor der 38. Kalenderwoche östrische Weibchen auftraten. Graue Mausmakiweibchen mit offener Vagina wurden hingegen erst in der 39. und 40. Kalenderwoche gefangen. Ehresmann (2000) fing erste östrische Graue Mausmakiweibchen Ende September. Bei Goldbraunen Mausmakis ist also von einem zwei bis drei Wochen früher einsetzendem Reproduktionsbeginn auszugehen. 173 | S e i t e Auch Roloff (2007) konnte einen früheren Reproduktionsbeginn für Goldbraune Mausmakis feststellen (33.-39. Kalenderwoche), wohingegen erste östrische Graue Mausmakiweibchen erst zwischen der 38. und 42. Kalenderwoche gefangen wurden. Das Einsetzen der Reproduktionsphase wird normalerweise photoperiodisch durch das Einsetzen längerer Sonnentage gesteuert. Da diese Umstellung zum Langtag bei beiden Mausmaki-Arten zum gleichen Zeitpunkt stattfindet, die Weibchen beider Arten aber trotzdem einige Wochen versetzt östrisch werden, sollten die neuroendokrinen Mechanismen, die die Reproduktion initiieren, bei M. murinus und M. ravelobensis unterschiedlich getriggert sein. Auch im Labor konnten bei zwei aus verschiedenen Gebieten stammenden Mausmaki-Arten (M. murinus und M. rufus) unter gleichen photoperiodischen Bedingungen unterschiedliche Reproduktionszeiten festgestellt werden (Wrogemann et al. 2000). Für das unterschiedliche Einsetzen des ersten Östrus gibt es mindestens fünf mögliche Erklärungen, die hier nacheinander kurz diskutiert werden sollen. Die Induktion der Reproduktion kann neben der photoperiodischen Steuerung ebenfalls durch andere ökologische oder soziale Faktoren beeinflusst werden. Bei saisonal reproduktiven Vögeln wurde beispielsweise nachgewiesen, dass das Vokalisationsverhalten männlicher Vögel unter anderem den Verlauf des ovariellen Zyklus beeinflussen kann (Brockway 1965). Es wäre also durchaus denkbar, dass die beiden sympatrisch lebenden Mausmaki-Arten aufgrund ihrer unterschiedlichen Sozialstruktur auch unterschiedlichen Einflüssen und Stimuli ausgesetzt sind, die zu einem zeitlich versetzten Beginn der Reproduktionszeit führen könnten. Das frühere Einsetzen des ersten Östrus bei M. ravelobensis könnte zweitens eine Strategie zur Vermeidung von interspezifischen Konflikten sein, zum Beispiel um gute Schlafplätze während der Aufzucht der Jungtiere. Dies würde allerdings nur eine Erklärung für die Weibchen im JBA liefern, da M. ravelobensis im JBB allopatrisch auftritt. Das Vorkommen von zwei koexistierenden Arten, die aufgrund ihrer Physiologie weitestgehend ähnliche Ansprüche haben, kann laut Hutchinson´s Nischentheorie (1957) bei einer Überlappung der fundamentalen Nischen entweder dazu führen, dass die konkurrenzschwächere Art aus dem Überlappungsbereich 174 | S e i t e verdrängt wird oder der Überlappungsbereich in die sogenannten realisierten Nischen der beiden Arten aufgeteilt wird. Im Zusammenhang mit der damit einhergehenden ökologischen Verschiebung („ecological shift“) können sich morphologische Veränderungen („character displacement“) bei beiden Arten herausbilden, die zu einer stabilen Koexistenz führen (Brown & Wilson 1956, Grant 1972). In diesem Fall wäre das eine zeitlich versetzte Reproduktionszeit. Es könnte sich also bei der früher einsetzenden Reproduktion Goldbrauner Mausmakis um eine temporale Nische handeln, die sie zur Vermeidung interspezifischer Konkurrenz nutzen. In Bezug auf die Nutzung von Schlafplätzen kann eher nicht von einer Konkurrenzsituation zwischen den beiden Arten ausgegangen werden. M. murinus- Weibchen nutzten während der Aufzucht ihrer Jungtiere fast ausschließlich Höhlen (Lutermann 2001), wohingegen M. ravelobensis-Weibchen häufiger in Blätternestern oder in der offenen Vegetation gesehen wurden. Eine Konkurrenz um Nahrungsressourcen während der Aufzucht wäre als Ursache zur Ausbildung temporaler Nischen ebenfalls möglich. Die Aufzuchtzeit ist jedoch in der nahrungsreichen Regenzeit angesiedelt, so dass während dieses Abschnittes aufgrund des hohen Nahrungsangebotes auch hier keine Konkurrenz zwischen den beiden Arten aufkommen sollte. Außerdem konnte bei vielen Arten eine deutliche Nischenbildung in Bezug auf die Präferenz bestimmter Nahrungsbestandteile während der Zeit großer Nahrungsverfügbarkeit festgestellt werden, während sich ihr Nahrungsspektrum in der Zeit einer Nahrungsknappheit sehr ähnelte (z.B. GautierHion, 1988; Vasey, 2000). So konnte in einer während der Trockenzeit durchgeführten Studie an Grauen und Goldbraunen Mausmakis (Reimann, 2002) keine ökologische Differenzierung beider Arten auf der Ebene der konsumierten Nahrung festgestellt werden. Inwieweit Nahrungskonkurrenz zwischen den beiden Arten während der Aufzuchtzeit vorliegt, ist allerdings noch nicht klar. Es könnte sich also bei dem zeitlich versetzten Östrus tatsächlich um eine temporale Nische handeln. Die früher einsetzende Paarungszeit bei Goldbraunen Mausmakis könnte drittens ein Mechanismus zur Vermeidung von Hybridbildung zwischen Goldbraunen und 175 | S e i t e Grauen Mausmakis sein. Da Hybride bei ausreichend großer ökologischer Divergenz im Nachteil sind, sollten isolierende Reproduktionsmechanismen eine Ausbildung artspezifischer Signale sowie artspezifischen Paarungsverhaltens gefördert werden (West-Eberhard, 1983). Diese Mechanismen bzw. artspezifischen Unterschiede sollten vor allem bei den Grauen und Goldbraunen Mausmakis im JBA stark ausgeprägt sein. In dieser Studie konnte allerdings nur ein Unterschied im Reproduktionsbeginn von 1 - 2 Wochen gefunden werden. Teilweise überlappten sich östrische Weibchen beider Arten sogar temporär. Roloff (2007) stellte im Jahr 2000 einen Östrusbeginn bei Goldbraunen Mausmakiweibchen im JBA während der 35. Kalenderwoche fest. Erste östrische Goldbraune Mausmakiweibchen im JBB sowie Graue Mausmakiweibchen wurden hingegen erst in der 38. Kalenderwoche gefangen. Auch im Jahr 2003 wurden Goldbraune Mausmakiweibchen im JBA zwei Wochen früher östrisch gefangen als Goldbraune Mausmakiweibchen im JBB und immerhin drei Wochen früher als erste östrische Graue Mausmakiweibchen. Diese Jahre würden bestätigen, dass vor allem ein größerer temporärer Unterschied zwischen Goldbraunen Mausmakiweibchen im JBA und Grauen Mausmakiweibchen besteht. Es könnte sich also tatsächlich um einen speziellen Mechanismus zur Hybridvermeidung handeln. In einzelnen Jahren wurden jedoch die Goldbraunen Mausmakiweibchen im JBB eher östrisch gefangen als diejenigen im JBA. Inwieweit die zeitliche Verlagerung, die in dieser Studie nicht besonders prominent hervortritt, eine Rolle als Hybridvermeidungsstrategie spielt, bleibt fraglich. Es liefert zudem auch keine Erklärung für die früher eintretenden Östren der Weibchen im JBB. Roloff (2007) vermutete schließlich, dass sich M. ravelobensis möglicherweise in einem evolutionsbiologisch instabilen Stadium befinden könnten, d.h. in einer Übergangsphase zu einem früheren oder späteren Östrus, da die ersten häufig nichtkonzeptiven Östren unökonomisch erscheinen, da sie vermutlich kostenintensiv sind aber keinen direkten Fitnessgewinn bewirken. Letztens wird eine Hypothese basierend auf genetischen Auswertungen diskutiert, die den früheren Östrus Goldbrauner Mausmakis darauf zurückführt, dass diese Art schon länger im Nordwesten Madagaskars beheimatet ist als die Grauen Mausmakis (Schneider et al. in Vorb.). Da die Regenzeit im Norden des Landes früher eintritt, 176 | S e i t e erlaubt dies einen früheren Reproduktionsbeginn. Die Östren der Grauen Mausmakis könnten also noch das Erbe ihrer südlichen Herkunft sein. Eine Anpassung an die klimatischen Verhältnisse im Norden hat möglicherweise bei Ihnen noch nicht stattgefunden. Die Hypothese 1 könnte basierend auf der unterschiedlichen Sozialstruktur der beiden Arten durchaus eine Rolle spielen beim zeitlich versetzten Beginn der Reproduktion. Die Hypothesen 2 und 3 sind als eher unwahrscheinlich zu betrachten, da sie vor allem keine Erklärung für die früher einsetzenden Östren der Weibchen im JBB liefern, die keiner interspezifischen Konkurrenz ausgesetzt sind. Die Hypothesen 4 und 5 bieten einen besseren Lösungsansatz, der für die Populationen in beiden Gebieten zutreffend sein könnte. Insgesamt kann die Hypothese, dass Goldbraune Mausmakiweibchen früher östrisch werden und kürzere Interöstrusabstände aufweisen unter Vorbehalt der geringen Stichprobenmenge, also bestätigt werden. H2a: Im Untersuchungsgebiet JBB mit einer hohen Populationsdichte haben Weibchen eine relativ hohe Konzeptionswahrscheinlichkeit, da sie während des kurzen Zeitfensters, in dem sie rezeptiv sind, ausreichend Möglichkeiten haben, auf potentielle Paarungspartner zu treffen. Die Konzeptionsrate im JBB lag für den ersten Östrus zwischen 29-79 % und für den zweiten Östrus zwischen 33,3 und 100 %. Da einige Weibchen relativ selten gefangen werden konnten, liegen nur von wenigen Tieren durchgehende Informationen über den Zyklusverlauf vor. Aufgrund dieser geringen Stichprobe ist zu bedenken, dass die Konzeptionsraten höher liegen könnten, als hier angenommen. Die im JBB beobachtete Konzeptionswahrscheinlichkeit war relativ gering, wenn man bedenkt, dass die Analyse der Fangdaten ergab, dass die Weibchen im Durchschnitt in ihrem Aktionsraum Zugang zu neun verschiedenen Männchen hatten. Diese Zahl liegt deutlich über der von Weidt (2004) angegebenen möglichen drei bis fünf Interaktionspartner während der Paarungszeit. Sie ist außerdem deutlich höher als die Anzahl potentieller Partner im JBA, die bei drei Männchen in einem 100 m- 177 | S e i t e Umkreis lag. Im Vergleich zu M. murinus, wo fast alle Weibchen im ersten Östrus konzipierten (Roloff 2007), ist die Konzeptionsrate der Weibchen im ersten Östrus im JBB also relativ gering, obwohl das Potential, paarungsbereite Männchen zu treffen, durchaus gegeben war und die soziale Begegnungsrate während der Paarungszeit mit durchschnittlich drei Begegnungen pro Stunde auch relativ hoch war. Die Männchen zeigten bereits im August ihr maximales Hodenvolumen, was darauf hinweist, dass diese an den im Vergleich zu M. murinus früher einsetzenden Östrus der Weibchen angepasst waren. Die äußeren Rahmenbedingungen für eine hohe Konzeptionsrate waren somit eigentlich gegeben. Ein wichtiger Einflussfaktor für eine erfolgreiche Konzeption ist das Geschlechterverhältnis einer Population. Dunbar und Sharman (1983) fanden heraus, dass ein in Richtung Weibchen verschobenes Geschlechterverhältnis, wie es während des Monats September im JBB der Fall war, zu einer reduzierten Geburtenrate führen kann. Dies könnte möglicherweise auf einer erhöhten Konkurrenz zwischen Weibchen um Paarungspartner basieren. Schlechte Konzeptionsraten vor allem im ersten Östrus könnten auch auf Unregelmäßigkeiten in der Ovarfunktion, wie anovulatorische Zyklen oder verzögerte Ovulationen, zurückzuführen sein. Dies wird beispielsweise beim ebenfalls saisonal polyöstrischen Pferd beobachtet. Umweltfaktoren können ebenso die Fertilität von Tieren beeinflussen. So ist z. Bsp. vom europäischen Wildschwein (Sus scrofa) bekannt, dass abhängig von der Nahrungsverfügbarkeit eine früher eintretende Reproduktionsphase sowie erhöhte Konzeptionsraten auftreten können (Gethöffer, 2005). So könnte man schlußfolgernd bei Goldbraunen Mausmakis vermuten, dass ein mangelhaftes Nahrungsangebot, das am Ende der Trockenzeit vorliegt, einen negativen Effekt auf die Konzeptionsraten der Weibchen gehabt haben könnte. Ein zusätzlicher die Fekundität von Weibchen stark beeinflussender Faktor ist das Alter der Weibchen. Dabei steigt die Fekundität bis zu einem gewissen Alter an und sinkt danach stetig wieder ab (Dittus 1975, Dunbar 1980a). 178 | S e i t e Von den 14 Weibchen, die während des ersten Östrus gefangen worden waren, konzipierten vier innerhalb des ersten Östrus. Diese Weibchen waren mindestens zwischen ein bis vier Jahre alt. Es waren also vor allem in Anbetracht der geringen Stichprobenmenge keine Unterschiede zwischen jüngeren und älteren Weibchen zu erkennen. Es wäre jedoch insgesamt zu erwarten, dass wenn in einer Population vorwiegend alte Weibchen vorkommen, dies die generelle Konzeptionsrate negativ beeinflussen könnte. Betrachtet man die Konzeptionsraten der M. ravelobensis-Weibchen im Untersuchungsgebiet JBA vergleichend zu denen der Weibchen im JBB, haben letztere allerdings eine durchaus hohe Konzeptionsrate, womit auf der Basis von unterschiedlicher Populationsdichte die Hypothese 2a als bestätigt betrachtet werden kann. H2b: Im Untersuchungsgebiet JBA mit einer niedrigen Populationsdichte haben die Weibchen eine geringe Konzeptionswahrscheinlichkeit. Während des kurzen Zeitfensters, in dem sie sich verpaaren, treffen sie nur auf sehr wenige potentielle Paarungspartner. Von den Weibchen im JBA, von denen Informationen über den ersten Östrus vorliegen, konzipierten 0 % während des ersten Östrus. Im zweiten Östrus lag die Konzeptionsrate immerhin zwischen 20 und 100 %. Im Vergleich zum Untersuchungsgebiet JBB lag die Populationsdichte im Monat September, in dem die ersten östrischen Weibchen auftraten, nur bei 0,7 Tieren/ha. Die Weibchen hatten die Möglichkeit, in ihrem näheren Umfeld (bis 100 m) im Durchschnitt auf drei verschiedene Männchen zu treffen. Bei der Beobachtung eines Weibchens während ihres ersten Östrus konnten mindestens zwei und maximal fünf weitere Männchen in ihrer Nähe gesichtet werden, was die potentielle Rate an möglichen Interaktionspartnern bestätigt. Mit einem Männchen (M30-07) konnte auch eine Paarungssituation beobachtet werden. Der mittlere Fangort dieses Männchens befand sich in einem 12 m - Umkreis zum mittleren Fangort des beobachteten Weibchens. Der mittlere Fangort eines anderen Männchens (M28-05), das ebenfalls 179 | S e i t e in der Nacht, in der sich das Weibchen verpaart hatte, in ihrer Nähe gesichtet werden konnte, lag hingegen in einem 170 m - Abstand zum mittleren Fangort des Weibchens. Dies spricht dafür, dass die Männchen im JBA ihren Aktionsraum während der Paarungszeit deutlich vergrößerten und sich dadurch auch ihre Begegnungschancen mit östrischen Weibchen erhöhten. Als mögliche Paarungspartner spielten demnach sowohl Männchen, die sich bereits vor der Paarungszeit im engerem Umkreis der Weibchen befanden, als auch Männchen, die erst während der Paarungszeit aufgrund einer Aktionsraumvergrößerung in die Nähe der Weibchen kamen, eine Rolle. Die beobachtete Paarung fand jedoch mit dem Männchen statt, das sich auch vor der Paarungszeit im Aktionsraum des Weibchens befand. Dies spricht für einen Ortsvorteil dieses Männchens, der aufgrund seines zielstrebigen Aufsuchens und Betretens des Schlafplatzes bereits vorher über den rezeptiven Zustand informiert sein musste und außerdem den Schlafplatz des Weibchens vermutlich bereits kannte. Es ist also, trotz der niedrigen Populationsdichte, fraglich, warum die Konzeptionsrate bei 0 % im ersten Östrus lag, da die Weibchen ja offensichtlich Paarungspartner trafen und sich auch verpaarten. Andere Faktoren, die nach einer stattgefundenen Paarung auf das embryonale Überleben einwirken und somit eine Reduktion von Konzeptionsraten verursachen können, müssen beteiligt gewesen sein. Bei den ebenfalls saisonal östrischen Stuten ist der erste Östrus nach der Anöstrusphase typischerweise sehr ungleichmäßig und es ist schwierig den Ovulationszeitpunkt zu bestimmen. Es treten unter anderem anovulatorische Zyklen und verzögerte Ovulationen auf, die insgesamt zu einer schlechten Konzeptionsrate führen. Eine ähnliche Problematik wäre auch bei Goldbraunen Mausmakis denkbar, da dies die relativ geringen Konzeptionsraten der Weibchen in beiden Gebieten erklären könnte. Umweltbedingungen können die Fruchtbarkeit bzw. die Kondition von Weibchen bei vielen Säugetieren beeinflussen (Sadleir 1969). Mori (1979a) konnte zum Beispiel 180 | S e i t e bei Macaca fuscata-Weibchen den Abfall des Körpergewichtes mit einer abnehmenden Geburtenrate in Verbindung bringen. Das Fehlen energiereicher Nahrung könnte somit eine Erklärung für eine reduzierte Konzeptionsrate im JBA sein. Rendigs (2003) stellte bereits fest, dass die Ressource Nahrung im JBA in geringer Anzahl und zudem weit verstreut vorliegt. Nahrungsknappheit kann zu sozialem Stress führen, falls wenige qualitativ hochwertige Nahrungsressourcen von mehreren Tieren beansprucht werden. Stress kann sich wiederum negativ auf die Fruchtbarkeit von Weibchen auswirken kann. Außerdem bewirkt ein Energiemangel durch unzureichendes Nahrungsangebot eine reduzierte GnRH und in Folge dessen eine reduzierte LH-Sekretion, so dass es zu verzögerten Ovulationen oder sogar zur Follikelatresie kommen kann. Vergleicht man die medianen Körpergewichte der Weibchen in den beiden Untersuchungsgebieten während der Reproduktionsphase haben die Weibchen im JBA allerdings keine signifikant geringeren Körpergewichte als Weibchen im JBB. Dies hätte ein Hinweis auf eine unterschiedliche Ressourcenlage und somit einen unterschiedlichen Ernährungszustand der Weibchen beider Gebiete geliefert, der einen möglichen Erklärungsansatz für die relativ deutlich unterschiedlichen Konzeptionsraten im JBA und JBB während des ersten Östrus geboten hätte. Es wäre wichtig in folgenden Studien weitere Informationen zu den realen Konzeptionsraten zu erhalten, um herauszufinden, ob es sich möglicherweise nur um ein saisonales Problem der Nahrungsknappheit im Jahr 2007 gehandelt haben könnte. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Tiere im JBA, im Gegensatz zu den allopatrisch lebenden Mausmakis im JBB, sympatrisch zum Grauen Mausmaki leben. Möglich wäre daher auch eine Nahrungskonkurrenz zwischen diesen beiden Arten. Falls Graue Mausmakis sich dabei als dominant über die Goldbraunen Mausmakis zum Beispiel an bestimmten Fressplätzen herausstellen sollten (Linnenbrinck 2008), wäre dies eine weitere Erklärung für eine eventuelle Nahrungsknappheit oder erhöhten sozialen Stress, mit dem Goldbraune Mausmakis im Untersuchungsgebiet JBB nicht konfrontiert sind. Aus vorhergehenden Studien ist bekannt, dass Mausmakis sich während der Trockenzeit vornehmlich von Homopterensekret und 181 | S e i t e Baumharzen ernähren (Sarikaya (1999), Schmelting (2000), Lutermann (2001), Weidt (2001), Reimann (2002)). Es konnte jedoch keine ökologische Differenzierung von M. murinus und M. ravelobensis auf der Ebene der während der Trockenzeit genutzten Nahrungsklassen festgestellt werden (Radespiel et al. 2006), die eine Vermeidung von Konkurrenzsituationen ermöglichen würde. Die interspezifische Konkurrenz zwischen den beiden Arten könnte also zumindest während des knappen Nahrungsangebotes in der Trockenzeit ein zu berücksichtigender Stressfaktor gewesen sein. Ein weiterer Grund, der zu der schlechten Konzeptionsrate im JBA geführt haben könnte, ist möglicherweise eine zu starke Synchronisierung der Östren, die es den Männchen im JBA aufgrund der starken räumlichen Streuung der Weibchen stark erschwert haben könnte, alle rezeptiven Weibchen zu befruchten. Die Weibchen im JBA scheinen die schlechten Konzeptionsraten während ihres ersten Östrus unter anderem erfolgreich durch die Existenz eines schnell folgenden zweiten Östrus zu kompensieren, da bei allen Weibchen, von denen relativ durchgehende Informationen über deren Zyklusverlauf vorliegen, ein zweiter Östrus beobachtet werden konnte, so dass letztlich über die Jahre die Populationsgrößen im JBA trotz der schlechten Konzeptionsrate konstant oder sogar gestiegen sind. Im Jahr 1996 lag die Populationsgröße noch bei 13,6 Tieren und im darauffolgenden Jahr bei 14,2 Tieren (Ehresmann 2000). Im Jahr 1998 bestand die Population bereits aus maximal 27 Individuen, 2000 aus maximal 24 Tieren, 2001 stieg es erneut an auf 35 Tiere und erreichte einen höchsten Punkt im Jahr 2003 mit 36 Tieren (Mester 2006). Während dieser Studie schwankte die Größe der Population zwischen 28 und 32 Tieren. Die Hypothese H2b kann bestätigt werden. Die schlechte Fekundität der Weibchen scheint allerdings auf deutlich mehr Faktoren als nur eine niedrige Populationsdichte zurückzuführen sein. 182 | S e i t e H3: Aufgrund der zeitlich asynchronen Östren der Weibchen ist keine einheitliche Paarungszeit oder Aufzuchtzeit zu erwarten. Asynchrone Östren sind nicht universell für alle Weibchen und für beide Untersuchungsgebiete zu bestätigen. Im Untersuchungsgebiet JBA wurden die Weibchen in einem zwei-wöchigen Zeitfenster erstmals östrisch (38.-40. Kalenderwoche) und waren somit genauso stark synchronisiert wie Graue Mausmaki-Weibchen im selben Gebiet (Radespiel 2000). Ein zweiter Peak östrischer Weibchen wurde während der 44. Kalenderwoche beobachtet, so dass dieser Zeitraum als zweite Paarungszeit bezeichnet werden kann. In vorhergehenden Studien wurden über einen Zeitraum von Ende Juli bis Oktober (Ehresmann 2000) bzw. von Ende August bis November (Polenz 2000, Randrianambinina et al 2003) sowie in den Monaten September und Oktober (Weidt 2004) proöstrische und östrische Weibchen gefangen. Es wurden bisher keine zwei getrennten Paarungszeiten festgestellt. Aufgrund der jeweils nur monatlich stattfindenden Fangaktionen war es in diesen Studien jedoch nicht möglich gewesen, einen zwischenzeitlichen Rückgang östrischer Weibchen zu detektieren, wie es in dieser Studie innerhalb der 43. Kalenderwoche beobachtet werden konnte. Da die Weibchen, die in der 44. Kalenderwoche wieder östrisch gefangen werden konnten, bereits etwa 4 Wochen zuvor östrisch gefangen worden waren, ist hier ganz eindeutig von einer zweiten Paarungszeit zu sprechen. Obwohl keines der Weibchen, über das detaillierte Zyklusverläufe vorliegen, innerhalb des ersten Östrus konzipierte, ist davon auszugehen, dass einige Weibchen der Population bereits während ihres ersten Östrus konzipierten. Diese gemischten Konzeptionen haben zur Folge, dass die Jungtiere nicht unbedingt im selben Zeitraum zur Welt kommen und das Potential für die gemeinschaftliche Jungenaufzucht damit beschränkt ist. Im Untersuchungsgebiet JBB wurden die Weibchen zwischen der 36. und 40. Kalenderwoche, also von Anfang September bis Anfang Oktober erstmals östrisch und wiesen demnach relativ asynchrone Zyklen auf, was bereits in vorhergehenden Studien festgestellt wurde (Ehresmann 2000, Polenz 2000, Weidt et al. 2004). Im Vergleich zum JBA ist also insgesamt eine stärkere Streuung östrischer Weibchen zu 183 | S e i t e erkennen. Roloff (2007) fand in beiden Gebieten eine Streuung gefangener östrischer Weibchen zwischen der 34. und 45. Kalenderwoche im JBA und der 35. und 45. Kalenderwoche im JBB. Es ist jedoch zu betonen, dass es sich bei dieser starken Streuung östrischer Weibchen sowohl um Weibchen mit erstem als auch mit zweitem Östrus handelte, wie es in dieser Studie nachgewiesen werden konnte. Wie bereits in Hypothese 1 diskutiert, könnte der in dieser Studie festgestellte spätere Östrusbeginn der Goldbraunen Mausmakiweibchen im JBA auf eine Problematik der Fangaktionen zurückgeführt werden, die daran begründet liegt, dass nicht alle Weibchen der Population in einer Fangaktion gefangen wurden. Es können also auch im JBA bereits in der 36. Kalenderwoche östrische Goldbraune Mausmakiweibchen vorgekommen sein, ohne das diese gefangen wurden. Ob also die Weibchen im JBB tatsächlich asynchronere Zyklen aufwiesen als die Weibchen im JBA bleibt fragwürdig. Betrachtet man die Verteilung östrischer und nicht-östrischer Weibchen fällt ebenfalls eine Abnahme östrischer Weibchen während der 40. und 41. Kalenderwoche und ein erneuter Anstieg während der 42. Kalenderwoche auf, der den Beginn der zweiten Paarungszeit andeuten könnte. Zwischen den Geburtsterminen der Weibchen mit Jungtieren lagen circa zwei bis fünf Wochen. Eine einheitliche Aufzuchtzeit aller Weibchen ist also in diesem Gebiet ebensowenig gegeben wie im JBA. Asynchrone Östren und Geburten können den Weibchen jedoch auch Vorteile bringen in Form von der Vermeidung intrasexueller Nahrungskonkurrenz während der energetisch aufwändigen Aufzuchtzeit. Da Weibchen sich, wenn sie Jungtiere haben, nicht weit von ihrem Nest entfernen bzw. ihr Jungtier nicht über lange Strecken tragen können, sind sie auf Nahrung in relativer Nähe zu ihrem Schlafplatz angewiesen. Es konnte jedoch festgestellt werden, dass sowohl zwei Weibchen im JBB als auch im JBA, die in einer Schlafgruppe gefunden wurden, in der gleichen Woche östrisch wurden. Dies ist ein Indiz dafür, dass Weibchen innerhalb einer Gruppe sich möglicherweise synchronisieren, um ihre Jungtiere gemeinsam aufzuziehen (s. Hypothese 8). Auf der Ebene der gesamten Population sind die Zyklen der Weibchen allerdings zeitlich versetzt. Somit kann die Hypothese 3 für beide Untersuchungsgebiete bestätigt werden. 184 | S e i t e H4: Es ist zu erwarten, dass Weibchen wie die des Grauen Mausmakis ebenfalls zwei Würfe pro Reproduktionssaison haben können. Drei der Fokusweibchen im JBB hatten während des Untersuchungszeitraumes einen Wurf. F03-05 konzipierte während ihres ersten Östrus zwischen der 37. und 38. Kalenderwoche. Sie wurde schließlich Anfang Dezember das erste Mal mit ihrem Jungtier gesehen, das vermutlich Mitte November nach circa 63-69 Tagen Tragzeit geboren wurde. Circa zwei Wochen nach der Geburt dieses Jungtieres wurde das Weibchen erneut östrisch und konnte sogar bei einer Paarung beobachtet werden. Wenn man von einer ähnlichen Tragzeit wie in der vorhergehenden Trächtigkeit ausgehen kann, würde sie dementsprechend einen zweiten Wurf Anfang Februar bekommen haben. Von den beiden anderen Weibchen im JBB liegen keine Informationen über einen Post-partum-Östrus vor. Es ist jedoch zu vermuten, dass zumindest die Weibchen, die in ihrem ersten Östrus konzipierten, direkt nach ihrem ersten Wurf wieder östrisch wurden, um somit die regenreiche und nahrungsreiche Periode zwischen Dezember und März voll auszunutzen und weitere Jungtiere zu bekommen. Eines der Fokusweibchen aus dem Untersuchungsgebiet JBA wurde im Jahr 2007 vom 01.05.07 bis zum 15.06.07 laktierend gefangen. Von Grauen Mausmakis ist bekannt, dass Jungtiere bis zur 6. Lebenswoche gesäugt werden (Eberle & Kappeler 2006). Es ist also davon auszugehen, dass dieses Weibchen einen Wurf Anfang Mai hatte und demnach Anfang März konzipiert haben musste. Da die Paarungszeit spätestens Anfang September beginnt, sollte dieses Weibchen bereits ein bis zwei Würfe vor demjenigen im März gehabt haben. Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass dieses Weibchen mindestens zwei möglicherweise sogar drei Würfe gehabt haben muss. Lutermann (2001) berichtet ebenfalls von zwei Würfen bei Grauen Mausmakis während einer Reproduktionssaison. Martin (1972b) vermutete sogar drei Würfe während einer Saison in Süd-Madagaskar. Im Untersuchungsgebiet Kirindy scheinen Graue Mausmakiweibchen nur einen Wurf pro Saison zu haben und lediglich dann einen zweiten, wenn der erste Wurf nicht erfolgreich aufgezogen 185 | S e i t e werden konnte (Eberle & Kappeler 1999). Diese Beobachtungen decken sich mit den Befunden aus dem Labor (Perret 1982, 1995, 1996, Radespiel & Zimmermann 2001, Wrogemann et al. 2001). Die Weibchen weisen hier jedoch durchaus eine Postpartum-Östrus auf und wären demnach in der Lage eines zweiten Wurf zu bekommen. Meist wird dies jedoch aus züchterischen Gründen unterbunden. Andriantsiferana et al. (1974) beschrieben allerdings zum Beispiel, dass zwei Wildfänge im Labor einen zweiten Wurf hatten, nachdem sie bereits einen erfolgreich aufgezogen hatten. Die saisonale Beschränkung der Fortpflanzungsperiode und der hohe Prädationsdruck, dem Mausmakis ausgesetzt sind, sind wichtige Faktoren, die eine hohe Reproduktionsrate begünstigen (Leutenegger 1979, Ross 1998, Goodman 1993, Ims 1990a und b). Im Vergleich zu anthropoiden Altweltaffen verfolgen Mausmakis daher eher eine r-Strategie, die aber dennoch nicht zu einem vergleichbaren Reproduktionspotential führt wie bei Nicht-Primaten ähnlicher Größe, wie etwa Mäusen (Bronson 1989, Stearns 1992, Ross & Jones 1999, Lambin & Yoccoz 2001). Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse kann vermutet werden, dass Goldbraune Mausmakis einen zweiten Wurf in der Reproduktionssaison aufweisen. Da jedoch kein zweiter Wurf beoabchtet werden konnte, kann die Hypothese nicht uneingeschränkt als bestätigt betrachtet werden. H5: Die Wurfgröße liegt wie beim Grauen Mausmaki bei circa 2 Jungtieren pro Wurf. Zwei der Senderweibchen im JBB bekamen ein Jungtier. Ein weiteres Weibchen im JBB bildete eine Schlafgruppe mit einem weiteren adulten Weibchen und zwei Jungtieren. Wenn eines dieser Weibchen den Schlafplatzbereich verließ, folgte jeweils eines der Jungtiere. Daraus kann abgeleitet werden, dass jedes Weibchen jeweils ein Jungtier bekommen hatte. Die in dieser Studie beobachtete Wurfgröße, lag also jeweils bei einem Jungtier pro Wurf. Lutermann (2001) beobachtete beim Grauen Mausmaki durchschnittliche Wurfgrößen, die im ersten Wurf bei 2,5 Jungtieren und 2 Jungtieren im zweiten Wurf lagen. M. griseorufus bekommt einmal jährlich ein bis zwei Jungtiere (Génin 2008). Die Wurfgröße bei M. rufus liegt bei zwei bis drei Jungtieren (Atsalis 2008). 186 | S e i t e Goldbraune Mausmakiweibchen nutzen hauptsächlich Blätternester und Schlafplätze in der offenen Vegetation, die keinen sicheren Schutz vor Prädatoren liefern. Eines der Fokusweibchen konnte häufig dabei beobachtet werden, wie sie ihr Jungtier oral transportierte. Außerdem nahm sie das Jungtier sofort bei Anbruch der Nacht mit aus dem Schlafplatz und kehrte auch nicht mehr dahin zurück. Wenn man davon ausgeht, dass Goldbraune Mausmakiweibchen ihre Jungtiere generell eher nicht in den unsicheren Schlafplätzen zurücklassen, wäre es für sie sehr energieaufwendig mehr als ein Jungtier zu haben. Sie müssten wiederholt die gleichen Strecken ablaufen, um weitere Jungtiere ebenfalls weg transportieren zu können. Da allerdings nur drei Weibchen mit Nachwuchs beobachtet werden konnten, ist es längst nicht möglich auf die anderen Weibchen zu schließen. Die Wurfgröße der Weibchen in dieser Studie lag jedoch bei nur einem Jungtier pro Wurf und somit unter dem erwarteten Wert. Die Hypothese 5 kann also nicht bestätigt werden. Es müssten jedoch weitere Studien durchgeführt werden, um diese Ergebnisse zu untermauern. 4.3. Reproduktionsstrategien weiblicher Goldbrauner Mausmakis H6a: Während der Paarungszeit bewegen sich die Weibchen im JBA aufgrund der niedrigen Populationsdichte deutlich mehr, da sie bestrebt sind, die Rate an Begegnungen zu potentiellen Paarungspartnern zu erhöhen. Die Populationsdichte der Goldbraunen Mausmakis im JBA lag im August 2007 bei 0,6 Tieren pro Hektar und erhöhte sich im September und Oktober auf 0,7 Tiere pro Hektar. Diese Werte entsprechen denen von Mester (2003) ermittelten Populationsdichten zwischen 0,5 bis 0,9 Goldbraunen Mausmakis pro Hektar im Jahr 2003. Bei der Untersuchung der Häufigkeit bestimmter Aktivitäten konnte entgegen der Erwartung keine Änderung des Lokomotionsverhaltens und auch keine Veränderung in der Häufigkeit der anderen Aktivitäten von der Vorpaarungszeit zur Paarungszeit im JBA festgestellt werden. Es stellte sich hingegen im Gebietsvergleich zu JBB heraus, dass die Weibchen im JBA während der Paarungszeit häufiger als erwartet Ruheverhalten zeigten. Dieses Ergebnis ist möglicherweise auf die schwierigeren Beobachtungsbedingungen der Weibchen im 187 | S e i t e Untersuchungsgebiet JBA zurückzuführen (siehe 4.1. Methodenkritik). Diese wurden möglicherweise leichter beobachtet, wenn sie sich stationär aufhielten, wie z.B. sitzend oder fressend. Es scheint demnach, dass die Paarungszeit keinen Einfluss auf die Bewegungsaktivität der Weibchen im JBA hatte. Die gleichen Ergebnisse wurden in einer Studie an Goldbraunen Mausmakis in Käfighaltung erzielt, in der die Weibchen ebenfalls keine Veränderung der untersuchten Verhaltensaktivitäten, u.a. auch der Bewegungsaktivität, während des Östrus zeigten (Polenz 2000). Es wäre demnach möglich, dass Weibchen des Goldbraunen Mausmakis im JBA während ihres Östrus andere Verhaltensmuster zeigen als die sympatrisch lebenden Grauen Mausmakis, die ihrerseits eine gesteigerte lokomotorische Aktivität während der Paarungszeit aufwiesen (Büsching 1995). Bei der im JBA beobachteten Paarung verließ das Weibchen während ihrer rezeptiven Nacht zunächst nicht ihren Schlafplatz. Das Männchen näherte sich vielmehr kurz nach Aktivitätsbeginn diesem Schlafplatz an, um ihn kurz darauf zu betreten. Das Weibchen verließ erst circa 01:30 h nach Beobachtungsbeginn, also nach einem Großteil der gesamten Beobachtungsdauer, ihren Schlafplatz. Handelte es sich bei diesem Ablauf um eine typische Paarungssituation, könnte dies z. B. eine Erklärung für ein häufiger beobachtetes Ruheverhalten der Weibchen in der Paarungszeit sein. Aufgrund der Beobachtung, dass ein Männchen (M28-05), dessen mittlerer Fangort sich eigentlich in einem 170m-Radius zum mittleren Fangort eines rezeptiven Senderweibchens befand und in deren unmittelbaren Nähe gesehen werden konnte und diesem auch folgte, kann darauf geschlossen, dass Männchen ihren Aktionsraum während der Paarungszeit vergrößerten. Die Initiative, Paarungspartner zu finden, könnte demnach möglicherweise im JBA primär von den Männchen ausgehen. Anstelle einer erhöhten lokomotorischen Aktivität nutzen Weibchen möglicherweise akustische und olfaktorische Signale, um ihren Östrus anzuzeigen und somit Paarungspartner auf sich aufmerksam zu machen und zu sich zu locken. 188 | S e i t e Die Hypothese 6a kann also für das Gebiet JBA nicht bestätigt werden. H6b: Während der Paarungszeit bewegen sich die Weibchen im JBB nicht mehr als vor der Paarungszeit, da sie aufgrund der hohen Populationsdichte auf eine ausreichende Anzahl an Paarungspartnern treffen sollten. Die Populationsdichte im JBB lag im Monat August 2007 bei 6,1 Tieren pro Hektar, reduzierte sich im September auf 5,7 Tiere pro Hektar und sank schließlich im Oktober auf 3,8 Tiere pro Hektar ab. Diese Werte liegen unter den von Weidt (2004) ermittelten Werten von 8,4 Tieren pro Hektar im Jahr 1998 und 10,9 Tieren pro Hektar im Jahr 2000. Dieser Unterschied ist jedoch auf eine unterschiedliche Berechnung der Populationsdichten zurückzuführen. Weidt (2004) dividierte die berechneten Populationsgrößen durch die Gesamtfläche des Gebietes JBB, die circa 5 Hektar beträgt. In der vorliegenden Studie wurde eine effektive Fangfläche berechnet, die eine realistischere von Mausmakis genutzte Fläche widerspiegelt. Diese betrug 9,2 Hektar und war somit deutlich größer als die Gesamtfläche des Gebietes und erklärt dadurch die in dieser Studie niedrigeren Werte der Populationsdichten. Beim Vergleich der Verteilung von Aktivitäten in allen vier reproduktiven Phasen konnte im JBB keine Änderung des Verhaltens während der Paarungszeit gefunden werden. Beim Vergleich der Aktivitäten zwischen den beiden Untersuchungsgebieten konnte jedoch kontrastierend zu JBA im JBB während der Paarungszeit festgestellt werden, dass die Weibchen seltener als erwartet in Ruhe gesichtet werden konnten. Dies könnte möglicherweise darauf zurückzuführen sein, dass die Beobachtung der Weibchen im JBB aufgrund der offeneren Vegetation leichter war als im JBA und diese daher auch während der Lokomotion gut verfolgt werden konnten (s. Methodenkritik 4.1.). Neben methodischen Fehlern können jedoch auch andere Faktoren vorliegen, die zu einer erhöhten Lokomotion während der Paarungszeit im JBB gegenüber JBA geführt hat. 189 | S e i t e Ein wichtiger Unterschied zwischen den beiden Gebieten ist die räumliche Verteilung von Weibchen. Im JBA haben die Weibchen in einem 100 m - Umkreis Zugang zu zwei weiteren Weibchen, im JBB zu neun weiteren Weibchen. Diese räumliche Klumpung der Weibchen im JBB könnte zu einer erhöhten intrasexuellen Konkurrenz um Nahrung und vor allem während der Paarungszeit um Paarungspartner führen. Außerdem ist das Geschlechterverhältnis in allen untersuchten Monaten in Richtung der Weibchen verschoben. Da verwandte Weibchen nah beieinander leben, würden diese durch Konkurrenz untereinander ihre indirekte Fitness reduzieren. Die erhöhte lokomotorische Aktivität während der Paarungszeit könnte dazu beitragen, verwandte Weibchen zu meiden und Konkurrenz zu reduzieren. Da Weibchen im JBB jedoch asynchron östrisch werden, kann nicht von einer starken Konkurrenzsituation auf nächtlicher Ebene ausgegangen werden. Es gibt jedoch auch Hinweise darauf, dass sich Weibchen einer Schlafgruppe weitestgehend synchronisieren. So wurden zwei Weibchen im JBB, die einer Schlafgruppe angehörten, in derselben Woche östrisch. Aufgrund der geringen Stichprobe ist es jedoch schwierig dieses Ergebnis zu generalisieren. Es würde jedoch die gerade diskutierte Hypothese stärken, dass es für diese Weibchen sinnvoll wäre, sich während der rezeptiven Phase zu meiden. Der Hintergrund für eine hohe Populationsdichte im JBB im Vergleich zum JBA könnte auf der größeren Verfügbarkeit und höheren Qualität von Nahrung im JBB basieren. Rendigs (1999) wies in ihrer Arbeit bereits auf die unterschiedliche Bodenund Vegetationsstruktur der beiden Gebiete JBA und JBB hin. Bei einer höheren Nahrungsverfügbarkeit wären die Weibchen im JBB energetisch besser versorgt als Weibchen im JBA und könnten es sich demnach erlauben ihre Bewegungsaktivität also einen energieverbrauchenden Prozess während der Paarungszeit zu steigern. Beim monatlichen Vergleich der Körpergewichte der Weibchen beider Gebiete konnten allerdings keine signifikanten Unterschiede gefunden werden. Es ist also eher zu vermuten, dass die Weibchen beider Gebiete unterschiedliche Strategien aufgrund der unterschiedlichen Populationsdichte und der 190 | S e i t e unterschiedlichen räumlichen Verteilung der Weibchen anwenden. Die Hypothese 6b kann für das Gebiet JBB nicht bestätigt werden. H7a: Während der Paarungszeit vergrößert sich das Aktionsgebiet eines Weibchens im JBA, um die Begegnungsrate zu potentiellen Paarungspartnern zu erhöhen. Die mittleren nächtlichen Aktionsraumgrößen der Senderweibchen im Untersuchungsgebiet JBA lagen während der Paarungszeit bei 0,25 ha. Reimann (2002) ermittelte mittlere nächtliche Aktionsraumgrößen für M. ravelobensis im Jahr 2000 von 1,13 ha. Im Jahr 2001 verkleinerte sich die mittlere nächtliche Aktionsraumgröße auf 0,5 ha. Dieser Wert lag relativ nah an der in dieser Studie ermittelten Aktionsraumgröße. Beim Vergleich der Aktionsraumgrößen in der Vorpaarungszeit und Paarungszeit konnte keine Vergrößerung von der Vorpaarungs- zur Paarungszeit festgestellt werden. Im JBA reduzierte sich die mittlere Aktionsraumgröße der Weibchen sogar leicht von 0,3 auf 0,25 ha. Außerdem verkürzten die Weibchen im JBA während der Paarungszeit ihre Nachtwanderstrecken im Vergleich zur Vorpaarungszeit, was auch in Verbindung mit dem erhöhten Ruheverhalten der Weibchen im JBA stehen kann. Vergleicht man die Länge der mittleren Nachtwanderstrecken mit dem Durchmesser der mittleren Aktionsräume (= Durchwanderungspotential) für jede reproduktive Phase, so wird deutlich, dass der Aktionsraum innerhalb einer Nacht immer vielfach durchlaufen werden konnte, wie dies bereits in vorhergehenden Studien im JBB festgestellt wurde (Weidt 2001). Im JBA waren die höchsten Durchwanderungspotentiale allerdings während der Paarungszeit zu finden. Dies deutet daraufhin, dass Weibchen in der Paarungszeit entweder in Relation zur Aktionsraumfläche mehr gelaufen sind als außerhalb der Paarungszeit oder gleich viel laufen aber eine geringere Fläche damit abdeckten. Diese Erklärung scheint das Phänomen am ehesten zu erklären. Zumindest für die Weibchen des Gebietes JBA kann also davon ausgegangen werden, dass die aktive großflächige Suche nach potentiellen Paarungspartnern seitens der Weibchen keine Rolle als weibliche Paarungsstrategie gespielt hat. 191 | S e i t e Dies scheint auch bei weiblichen Aberts-Eichhörnchen der Fall zu sein, da die Weibchen während der Paarungszeit ihre zurückgelegten Strecken sogar reduzierten (Edelman & Koprowski 2006). Von Grauen Mausmakis ist bekannt, dass die Männchen ihre Aktionsräume zu Beginn der Paarungszeit deutlich erhöhen (Barre et al. 1988, Pagès-Feuillade 1988, Fietz 1995, Radespiel 1998, 2000). Radespiel (2000) erklärt dies mit einer verstärkten Suche nach rezeptiven Weibchen. Das aktive Suchen nach potentiellen Paarungspartnern könnte also eher eine Strategie der Männchen im JBA darstellen. Dies wurde auch bereits für den Goldbraunen Mausmaki vermutet (Ehresmann 2000). Die Effizienz dieses Suchens ist jedoch limitiert durch räumliche und soziale Vertrautheit mit der Umgebung (Schwagmeyer 1994, Schwagmeyer et al. 1998). Die nächtlichen Routen der Weibchen sind allerdings für Männchen schlecht vorhersehbar. Die Schlafplätze der Weibchen sind hingegen besser kalkulierbar (Schmid, 1998). Das Weibchen, das im Rahmen dieser Studie bei einer Paarung im Schlafplatz beobachtet werden konnte, hatte diesen nicht gemeinsam mit ihren Schlafgruppenpartnern verlassen. Es könnte also dort bereits auf Paarungspartner gewartet haben. Eine gesteigerte Lokomotion der Weibchen während der Paarungszeit könnte den Reproduktionserfolg demnach sogar minimieren, da sie den Männchen erschweren würde, östrische Weibchen außerhalb ihrer Schlafplätze aufzuspüren. Da Weibchen abhängig von ihrem reproduktiven Zustand keine Änderung räumlicher Nutzungsmuster zeigten, kann darauf geschlossen werden, dass die Größe und Nutzung der Aktionsräume von Weibchen nicht primär durch das Paarungsgeschehen bestimmt wurde sondern eher durch die Verteilung und Verfügbarkeit von Ressourcen (Trivers 1972). Zwischen dem Monat August, aus dem die meisten Daten für die Vorpaarungszeit stammten und den Monaten September und Oktober, während derer die meisten Daten zur Paarungszeit gesammelt wurden, konnten keine starken klimatischen Veränderungen verzeichnet werden. Falls diese klimatische Kontinuität mit einem konstanten Nahrungsangebot einhergeht, wäre damit auch eine unveränderte Raumnutzung zu erklären. Die Hypothese 7a kann also nicht bestätigt werden. 192 | S e i t e H7b: Während der Paarungszeit vergrößern Weibchen im JBB aufgrund der hohen Populationsdichte ihre Aktionsräume nicht, da sie auch so auf genügend potentielle Paarungspartner treffen. Die mittleren nächtlichen Aktionsraumgrößen der Senderweibchen im Untersuchungsgebiet JBB lagen während der Paarungszeit bei 0,29 ha. Weidt (2001) ermittelte monatliche Aktionsraumgrößen der Weibchen zwischen 0,46 und 0,94ha. Die Daten aus der Studie von Weidt (2001), die auf monatlichen Aktionsraumgrößen basieren, können nicht zum direkten Vergleich zu denen in dieser Studie ermittelten nächtlichen Aktionsraumgrößen dienen. Zwangsläufig sind natürlich die von Weidt berechneten Aktionsräume größer. Im JBB konnte ebenso wie im Gebiet JBA keine Vergrößerung der Aktionsräume von der Vorpaarungs- zur Paarungszeit festgestellt werden. Bei der Betrachtung der Nachtwanderstrecken fällt auf, dass die Weibchen im JBB während der Paarungszeit eine längere mittlere Strecke zurücklegten als während der Vorpaarungszeit. Zusätzlich sind auch im JBB die höchsten Durchwanderungspotentiale während der Paarungszeit zu finden. Diese Ergebnisse decken sich mit dem seltener auftretenden Ruheverhalten der Weibchen im JBB während der Paarungszeit. Es gab also vermutlich eine Aktivitätssteigerung in dieser Phase seitens der Weibchen im JBB. Es zeigte sich sogar ein statistischer Trend dafür, dass die Weibchen im JBB ihren Aktionsraum potentiell häufiger durchquerten als die Weibchen im JBA. In keiner der untersuchten Phasen fand sich allerdings ein Unterschied zwischen den beiden Gebieten bezüglich der Aktionsraumgröße oder der zurückgelegten Nachtwanderstrecke. Dies ist möglicherweise auch auf eine zu geringe Stichprobengröße zurückzuführen. Diese Ergebnisse scheinen im ersten Moment denen aus vorhergehenden Studien zu widersprechen, in denen die Weibchen im JBA größere Aktionsräume aufwiesen als Weibchen im JBB (Ehresmann 2000, Weidt 2001). Beim Vergleich der kumulativen Aktionsräume konnte jedoch bereits ab der dritten Nacht festgestellt werden, dass die Weibchen im JBA größere Aktionsräume aufwiesen als die Weibchen im JBB. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Weibchen im JBA nicht in jeder Nacht dasselbe Areal nutzten, sondern von Nacht zu Nacht ihre Aktionsräume stärker veränderten als die Weibchen im JBB. 193 | S e i t e Die Weibchen im JBA hatten also letztlich doch größere Aktionsräume als die Weibchen im JBB. In den beiden Gebieten scheinen demnach unterschiedliche ökologische Bedingungen vorzuliegen, die das unterschiedliche Aktivitätsmuster und die unterschiedliche Raumnutzung der Weibchen beeinflussen. Die Nahrungsressourcen im JBA liegen vermutlich in geringerer Zahl und räumlich weiter verstreut vor als im JBB. Die Weibchen im JBA müssen also in jeder Nacht ein neues Areal erschließen, um ausreichend Nahrung zu finden. Im JBB kommt kontrastierend dazu die Ressource Nahrung häufig vor und die Weibchen sind nicht gezwungen in jeder Nacht ein anderes Gebiet zu ergründen. Während aller Untersuchungsmonate war das Geschlechterverhältnis im Gebiet JBB in Richtung Weibchen verschoben. Im Untersuchungsgebiet JBA hingegen war der Anteil an Weibchen und Männchen in der gefangenen Population fast ausgeglichen. Diese Verschiebung des Geschlechterverhältnisses im JBB könnte eine Konkurrenz unter den Weibchen um mögliche Paarungspartner während der Paarungszeit auslösen (Pereira 1991). Ein Männchen kann natürlich mehrere Weibchen befruchten. Bei wiederholten Ejakulationen innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne kann die Kapazität der männlichen Reproduktion allerdings beschränkt sein. Eine Abnahme der Anzahl der Spermien und/oder anderer Parameter pro Ejakulat nach wiederholten Ejakulationen konnte bei zahlreichen Tierarten (z. Bsp. Ratte) und auch beim Menschen nachgewiesen werden (Oldereid et al. 1984, Ruangsboon & Visutakul 1985, Levin et al. 1986, Übersicht in Austin & Dewsbury 1986). Wiederholte Paarungen mit mehreren Weibchen in kurzem zeitlichen Abstand könnten daher die Konzeptionswahrscheinlichkeit der Weibchen herabsetzen (Austin & Dewsbury 1986). Es könnte somit für ein östrisches Weibchen vorteilhaft sein, sich als erste in einer Nacht mit einem Männchen zu verpaaren. Dazu müsste sie allerdings während ihrer rezeptiven Phase aktiv auf die Suche nach möglichen Partnern gehen. Die Hypothese 7b kann also für das Gebiet JBB bezüglich der gleichbleibenden Aktionsraumgröße bestätigt werden. 194 | S e i t e H8a: Im JBA (niedrige Weibchendichte) sollten die Weibchen moderat synchronisierte Zyklen aufweisen. Aufgrund der insgesamt niedrigen Populationsdichte treffen die Weibchen während ihrer rezeptiven Phasen nur auf eine begrenzte Anzahl potentieller Paarungspartner. Durch asynchrone Zyklen wäre es für Männchen noch schwieriger, östrische Weibchen zu finden und sowohl Weibchen als auch Männchen würden ihre Reproduktionschancen dadurch minimieren. Die Weibchen im JBA wurden innerhalb eines zwei-wöchigen Zeitfensters erstmals östrisch und waren demnach relativ synchronisiert. Es muss jedoch auch berücksichtigt werden, dass es sich bei diesem Ergebnis um ein Artefakt der Fangaktionen handeln könnte, das darin begründet liegt, dass nicht alle Weibchen in jeder Fangaktion gefangen werden konnten. Es ist also durchaus möglich, dass bereits vor der 38. Kalenderwoche östrische Weibchen im JBA auftraten und die Weibchen somit eher asynchronere Zyklen aufwiesen. Die Ergebnisse dieser Studie stehen im Gegensatz zur Studie von Reimann (2002), die in den Jahren 2000 und 2001 von Anfang September bis Anfang November östrische Goldbraune Mausmakis fing. Ehresmann (2000) fing in den Jahren 1996 und 1997 zwischen Anfang September und Ende Oktober östrische Weibchen. Beide Autorinnen konnten keine klare Trennung von Paarungszeiten feststellen und vermuteten einen hohen Grad an Asynchronität bei Goldbraunen Mausmakiweibchen. Die Synchronität von Östren reduziert das Monopolisierungspotential der Männchen, deren Bestreben es ist, sich mit möglichst vielen Weibchen zu paaren (Kappeler 1997a, Schmid & Kappeler 1998). Anstatt ein Weibchen, mit dem sie sich bereits verpaart haben, zu bewachen, sollten sie eher weiter ziehen, um andere rezeptive Weibchen zu finden. Diese Strategie wird als „scramble competition“ bezeichnet (Wells 1977). Hier wird der Paarungserfolg durch eine Vergrößerung des Aktionsraumes und die Fähigkeit, östrische Weibchen aufzuspüren, nicht jedoch durch höhere Körpergewichte der Männchen, bestimmt (Schwagmeyer 1994, Fisher & Lara 1999). Aus einer Studie an Dreizehnstreifenerdhörnchen (Spermophilus tridecemlineatus) ist bekannt, dass sich der Reproduktionserfolg der Männchen mit einer Vergrößerung des Aktionsraumes erhöht (Schwagmeyer 1988). Auch bei 195 | S e i t e nachtaktiven Lemuren konnte festgestellt werden, dass Männchen ihre Aktionräume während der Paarungszeit stark vergrößern, um so möglicherweise vermehrt rezeptive Weibchen als Paarungspartner zu treffen (Kappeler 1997, Fietz 1999, Radespiel 2000, Schwab 2000). Ehresmann (2000) konnte eine Vergrößerung der Aktionsräume männlicher Goldbrauner Mausmakis im JBA während der Paarungszeit feststellen. Radespiel (2000) erklärt dies damit, dass die Männchen auf der Suche nach rezeptiven Weibchen weit umherstreifen. Das gleiche Phänomen wird auch für Riesenmausmakis (Mirza coquereli) (Kappeler 1997b) und die NagerArten Dreizehensteifenziesel (Spermophilus tridecemlineatus) (Schwagmeyer 1988) und die Waldmaus (Apodemus sylvaticus) (Randolph 1977) beschrieben und von den Autoren ebenfalls als eine verstärkte Suche nach rezeptiven Weibchen zu Beginn der Paarungszeit interpretiert. Wie bereits erwähnt, wurde bei einer Fokusbeobachtung ein Männchen in der Nähe eines östrischen Weibchens gesichtet, dessen mittlerer Fangort 170 m vom mittleren Fangort des Weibchens entfernt war. Goldbraune Mausmakimännchen im JBA scheinen also tatsächlich ihre Streifgebiete in der Paarungszeit zu vergrößern. Neben der Vergrößerung des Aktionsraumes, die in vorhergehenden Studien festgestellt werden konnte, weisen die Männchen zudem relativ zum Körpergewicht große Hodenvolumina auf. Diese sprechen dafür, dass der Zugang zu östrischen Weibchen nicht von einzelnen Männchen monopolisiert wird. Männchen mit größeren Hoden sollten einen selektiven Vorteil besitzen, da sie theoretisch häufiger erfolgreich kopulieren können. Ein positiver Zusammenhang zwischen Aktionsraumgröße und Hodenvolumen, wie er bei M. murinus festgestellt wurde, kann ein Hinweis auf „scramble competition“ (Clutton-Brock 1989, Schwagmeyer 1988) sein. Insgesamt sprechen alle Faktoren dafür, dass die vorherrschende Strategie der Männchen im JBA „scramble competition“ war. Das Hodenvolumen der Männchen nahm von September zu Oktober jedoch bereits wieder signifikant ab. Dies spricht für eine Paarungszeit in einem relativ engen Zeitfenster und unterstreicht, dass die Weibchen im JBA relativ synchronisiert waren. Aufgrund des reduzierten Monopolisierungspotentials durch Männchen rückt die Wahl eines Paarungspartners durch die Weibchen in den Vordergrund. Diese erhöhen ihren 196 | S e i t e Reproduktionserfolg durch die Wahl des „besten Vaters“ mit den „besten Genen“ (Trivers 1972, Halliday 1983). Aufgrund der niedrigen Populationsdichte und der Tatsache, dass die Weibchen des Goldbraunen Mausmakis im JBA eher verstreut vorkamen, sollte jedoch keine totale Synchronisation der Östren vorliegen, da die Weibchen sonst riskieren würden, gar nicht befruchtet zu werden (Ims 1990). Sollte jedoch eine zu starke Synchronisation der Weibchen im JBA vorgelegen haben, würde dies die schlechte Konzeptionsrate der Weibchen in ihrem ersten Östrus erklären. Die Synchronisierung von Östren könnte letztlich auch der gemeinsamen Aufzucht der Jungtiere dienen, was vor allem für Weibchen einer Schlafgruppe von großem Interesse sein sollte. Die Hypothese 8a kann bestätigt werden. H8b: Im JBB, wo eine hohe Weibchendichte vorliegt, sollten die Weibchen asynchrone Zyklen aufweisen, um den Wettkampf der Männchen untereinander zu forcieren und die Konkurrenz unter den Weibchen zu minimieren. Die Weibchen haben aufgrund der insgesamt hohen Populationsdichte in diesem Gebiet die Möglichkeit, auf viele potentielle Paarungspartner während ihrer rezeptiven Phase zu treffen. Die Weibchen im Untersuchungsgebiet JBB wurden in einem vierwöchigen Zeitfenster östrisch und waren demnach relativ asynchron. Die zeitlich-räumliche Verteilung rezeptiver Weibchen hat einen großen Einfluss auf Paarungsstrategien der Männchen und bietet außerdem den Weibchen die Möglichkeit das Verhalten der Männchen zu beeinflussen (Ims 1988, Eberle & Kappeler 2002). Bei solitär lebenden Säugern ermöglicht Asynchronität der Östren sowohl das Monopolisierungspotential durch Männchen als auch die Option für Weibchenwahl und multiple Paarungen: „Reproductive asynchrony can increase the opportunity for optimal mate choice, since each receptive female can attract more males when no other receptive females are around“ (Ims 1988), wobei das Monopolisierungspotential von einem in Richtung der Männchen ansteigenden operanten Geschlechterverhältnisses limitiert wird. Männchen sollten unter diesen Umständen stark untereinander konkurrieren und nur die stärkeren Männchen mit den besseren Erbanlagen gewinnen die 197 | S e i t e Auseinandersetzungen und können sich mit den Weibchen verpaaren. Bei der Desynchronisierung von Östren könnte es sich somit um eine weibliche Strategie handeln, die genetische Qualität des Nachwuchses zu erhöhen (Eberle & Kappeler 2004). Außerdem sollten die Männchen postkopulatorische Strategien verwenden, wie z.B. das „mate guarding“ (Dewsbury 1988, Moller & Birkhead 1989), bei dem rezeptive Weibchen von Männchen bewacht werden, um so eine Paarung mit anderen Männchen zu verhindern. Bei der im JBB beobachteten Paarung konnte eine Konkurrenzsituation zwischen zwei Männchen beobachtet werden, wobei ein Männchen erfolgreich eine Paarung störte. Direkt nach der Paarung folgten dem Weibchen sowohl das Männchen, das die Paarung gestört hatte, als auch das Männchen, mit dem sich das Weibchen vorher verpaart hatte. Im weiteren Verlauf der Beobachtung wurden noch einige Male zwei weitere Individuen in der Nähe des Weibchens gesehen, die ihr folgten. Trotz nicht genauer Identifikation dieser beiden Tiere handelte es sich sehr wahrscheinlich um die beiden vorher beobachteten Männchen und somit zumindest im Fall des Männchens, das bereits eine Paarung vollzogen hatte, um eine Form von „mate guarding“. Des Weiteren wurden viermal während der Fangaktionen Weibchen mit „Vaginal Plugs“ gesehen, die als eine Form des postkopulatorischen „mate guarding“ angesehen werden können (Eberle & Kappeler 2004). Im Untersuchungsgebiet JBB scheint also „contest competition“, also die direkte Konkurrenz zwischen Männchen, die vorherrschende Strategie der Männchen darzustellen. Auch die Männchen im JBB weisen ein im Vergleich zum Körpergewicht relativ großes Hodenvolumen auf. Dies liefert einen Hinweis auf Spermienkonkurrenz, der wiederum ein Hinweis für das Auftreten multipler Paarungen sein kann, wobei dann die Spermien verschiedener Männchen um die Befruchtung der Eizelle eines Weibchens konkurrieren. Es ist also durchaus wahrscheinlich, dass neben der direkten Konkurrenz zwischen Männchen auch noch andere Paarungsstrategien seitens der Männchen im JBB eine Rolle spielen. Das Hodenvolumen der Männchen blieb bis einschließlich Oktober relativ hoch, im Vergleich zum JBA also einen Monat länger, und nahm erst im November ab. Dies könnte auch mit einer vermehrten Desynchronisierung der Östren in Zusammenhang stehen. 198 | S e i t e Die Desynchronisierung der Östren könnte also im JBB aufgrund eines in Richtung Weibchen verschobenen Geschlechterverhältnisses und dem räumlich geklumpten Vorkommens der Weibchen ein Mechanismus zur Vermeidung intrasexueller Konkurrenz sein. In einem 100m-Umkreis konnte ein Weibchen potentiell auf durchschnittlich neun weitere Weibchen treffen. Bei dieser Dichte ist eine hohe intrasexuelle Konkurrenz um Paarungspartner zu erwarten, die möglicherweise durch zeitlich versetzte Östren reduziert werden konnte. Es ist jedoch auch zu erwähnen, dass zwei Weibchen einer Schlafgruppe im JBB in derselben Woche östrisch wurden. Dies könnte möglicherweise ein Hinweis dafür sein, dass Weibchen einer Gruppe ihre Östren relativ synchronisieren, um später gemeinsam ihre Jungtiere aufzuziehen. Aufgrund der geringen Stichprobe von nur zwei Weibchen müssten allerdings weitere Studien durchgeführt werden, um eine mögliche Synchronisierung der Östren auf Schlafgruppenebene zu überprüfen. Die Hypothese 8b kann jedoch für die Gesamtheit der Weibchen im JBB bestätigt werden. H9: Weibchen einer Schlafgruppe sollten in beiden Gebieten ihre Östren synchronisieren, um Nachwuchs später gemeinsam aufziehen zu können. Im Untersuchungsgebiet JBA waren die untersuchten Weibchen generell stark synchronisiert. Die Weibchen F73-07 und F46-07, die einer Schlafgruppe angehörten, wurden mit einer Woche Abstand östrisch. Dies spricht also auch für eine Synchronisierung der Weibchen im JBA auf der Ebene der Schlafgruppen. Im Untersuchungsgebiet JBB wurde festgestellt, dass die Weibchen zwar insgesamt asynchron östrisch wurden, die Weibchen F03-05 und F18-06 jedoch, die in einer Gruppe schliefen, wurden innerhalb einer Woche östrisch. In beiden Gebieten bestehen also Hinweise darauf, dass Weibchen einer Schlafgruppe sich verstärkt synchronisierten. Schlafgruppen Der Hintergrund dieser Synchronisierung auf der Ebene der zielt wahrscheinlich hauptsächlich auf eine gemeinsame Jungenaufzucht ab. Die gemeinsame Aufzucht von Jungtieren kann einige Vorteile bringen. So kommen unter anderem thermoregulatorische Vorteile in Betracht, da die Jungtiere während der ersten Lebenswochen das Nest noch nicht verlassen und sich 199 | S e i t e dann während der Abwesenheit der Mütter gegenseitig wärmen könnten (Glatston 1986). Die Weibchen hätten weiterhin die Möglichkeit, sich bei der Betreuung der Jungtiere abzuwechseln, so dass diese nicht allein bzw. nicht über längere Zeiträume allein sein müssten. Gleichzeitig sichert es eine bessere Verteidigung von Jungtieren gegen Prädatoren oder infantizidale Artgenossen und erhöht durch den Verdünnungseffekt die Überlebenschancen der eigenen Nachkommen, wie es bereits für einige gemeinschaftlich brütende Vogelarten nachgewiesen wurde (Vehrencamp 2000). Falls verwandte Weibchen gemeinsam ihre Jungtiere aufziehen würden und Weibchen sich auch um fremden Nachwuchs kümmerten, würde dies auch ihre indirekte Fitness erhöhen. Die Vorteile gemeinsamer Aufzucht würden sich verstärken, je synchronisierter die Weibchen östrisch wären, da ihre Aufzuchtsaktivitäten sich so auf eine homogene Altersgruppe von Jungtieren richten könnten, was wahrscheinlich effizienter ist, als Jungtiere verschiedener Altersklassen aufzuziehen (Radespiel et al. 2001). An Jungtieren in Gruppen wird häufiger Fellpflege betrieben, als an solchen von Einzeltieren und dies könnte sich auch vorteilhaft auf den Befall von Jungtieren mit Ektoparasiten und damit langfristig auf ihr Überleben und den Reproduktionserfolg auswirken (Russell 1983, Brown & Bruford 1986, König 1997). Eberle und Kappeler (2006) konnten sogar beobachten, dass Mütter fremde Jungtiere säugten und transportieren, was besonders im Falle eines möglichen Todes der eigenen Mutter das Überleben des Jungtieres sichern würde (König 1994b). Tatsächlich wurden in einer Studie von Eberle und Kappeler (2006) überlebende Jungtiere gefunden, deren Mütter während der Laktationsperiode verstorben waren. Ein ähnliches Verhalten konnte bereits auch bei Lemur catta beobachtet werden (Gould 2000). Ein weiterer Faktor, der für die gemeinschaftliche Aufzucht von Jungtieren spricht, wäre die Jungtiersozialisation innerhalb einer gleichaltrigen Jungtiergruppe (Rowell and Richards 1979). Eine völlige Synchronisierung der Östren konnte in keinem der Gebiete beobachtet werden. Im JBA würde dies, wie bereits diskutiert, die Konzeptionswahrscheinlichkeit aufgrund der geringen Populationsdichte reduzieren. Im JBB würde es hingegen zu einer verstärkten weiblichen intrasexuellen Konkurrenz um Paarungspartner führen. 200 | S e i t e Mit Östrusabständen innerhalb der Schlafgruppen von circa einer Woche sind die Weibchen allerdings noch synchron genug, um gemeinsam ihre Jungtiere aufzuziehen. Die Hypothese 9 kann also bestätigt werden. H10: Die soziale Begegnungsrate sollte sich während der Paarungszeit in beiden Gebieten erhöhen, da Weibchen Paarungspartner finden müssen und unter Umständen durch weibliche Partnerwahl und multiple Paarungen ihren Reproduktionserfolg sichern sollten. Die soziale Begegnungsrate verdreifachte sich im Untersuchungsgebiet JBA von der Vorpaarungszeit mit 0,7 Begegnungen pro Stunde auf 2,2 Begegnungen pro Stunde während der Paarungszeit. Im Vergleich dazu wurden bei sympatrisch lebenden Grauen Mausmakis Begegnungsraten durchschnittliche Begegnungsraten von 0,53 Begegnungen pro Stunde ermittelt (Radespiel 2000). Die Goldbraunen Mausmakiweibchen im JBA hatten in der Vorpaarungszeit sieben verschiedene Kontakte, wobei nicht klar ist wie viele verschiedene Interaktionspartner beteiligt waren. In der Paarungszeit erhöhte sich die Anzahl von Kontakten auf 67, wobei auch hier die Höhe der Interaktionspartner aufgrund des hohen Anteils unbekannter Sozialpartner nicht erfasst werden konnte. Im Untersuchungsgebiet JBB konnte eine Verdopplung der sozialen Begegnungsrate von der Vorpaarungszeit von 1,5 Begegnungen pro Stunde auf 3 Begegnungen pro Stunde in der Paarungszeit beobachtet werden. Im Vergleich dazu beobachtete Weidt et al. (2004) eine durchschnittliche Begegnungsrate von 1,7 Begegnungen pro Stunde bei Goldbraunen Mausmakis in den Monaten Mai bis Oktober 1998 und 2000 im JBB. Dass die Begegnungsrate im JBB im Vergleich zu JBA weniger stark anstieg, lässt sich durch die hohe Populationsdichte im JBB erklären, die dazu führte, dass sich Tiere auch außerhalb der Paarungszeit öfter begegneten. Die Anzahl an Kontakten lag während der Vorpaarungszeit bei 50 und stieg in der Paarungszeit auf insgesamt 72 Interaktionen an. Wie viele verschiedene Interaktionspartner an diesen Kontakten beteiligt waren, ist aufgrund der hohen Rate unbekannter Sozialpartner nicht nachzuvollziehen. 201 | S e i t e Die Erhöhung der Begegnungsrate könnte in beiden Gebieten durch eine Vergrößerung der Aktionsräume der Männchen während der Paarungszeit und der Suche beider Geschlechter nach Paarungspartnern erklärt werden. So wurde ein Männchen im JBA, dessen mittlerer Fangort 170 Meter entfernt vom mittleren Fangort des Senderweibchens lag, während der rezeptiven Nacht dieses Weibchens in ihrer unmittelbaren Nähe gesichtet. Bei der Beobachtung dieses rezeptiven Weibchens im JBA konnten im Verlauf der Nacht vermutlich fünf verschiedene Sozialpartner in ihrer Nähe gesichtet werden. Weibchen im JBA vergrößerten weder ihren Aktionsraum noch zeigten sie eine erhöhte lokomotorische Aktivität während der Paarungszeit. Die Östrusanzeige durch die Weibchen im JBA könnte vermutlich mittels olfaktorischer oder akustischer Signale erfolgt sein. Dadurch könnten vermehrt Männchen angelockt worden sein, was einerseits die Konkurrenz zwischen den Männchen gesteigert und andererseits zu multiplen Paarungen geführt haben könnte. Im JBB wiesen die Weibchen eine im Vergleich zum JBA erhöhte Mobilität der auf. Sie legten außerdem in der Paarungszeit die längsten mittleren Nachtwanderstrecken zurück. Diese höhere Laufbereitschaft der Weibchen im JBB gegenüber den Weibchen im JBA ist möglicherweise auf ein in Richtung Weibchen verschobenes Geschlechterverhältnis und die Vermeidung intrasexueller Konkurrenz verwandter Weibchen zurückzuführen. Die erhöhte Begegnungsrate könnte natürlich auch generell durch eine gesteigerte beiderseitige Anziehung der Geschlechter während der Paarungszeit hervorgerufen werden und muss nicht zwangsläufig auf veränderte Raumnutzungsstrategien zurückgeführt werden. Die Hypothese H 10 kann dementsprechend für beide Gebiete bestätigt werden. . H11: Es sollten in der Paarungszeit vermehrt positive Interaktionen und Kontakte mit Männchen stattfinden. Im JBA dominierten während der Paarungszeit Kontakte mit agonistischem Hintergrund. Dies widerspricht den Ergebnissen von Weidt et al (2004), die während 202 | S e i t e der Paarungszeit größtenteils positive bzw. neutrale Kontakte bei Goldbraunen Mausmakis beobachtete. Nur in wenigen Fällen wurden agonistische Interaktionen beobachtet. Sie berichteten allerdings weiterhin, dass sie außerhalb der Paarungszeit überhaupt keine agonistischen Interaktionen beobachten konnten. Dies spricht letztlich doch für ein vermehrtes Auftreten sozionegativer Kontakte in der Paarungszeit. Es könnte sich bei den vielen Konflikten um Agonistik zwischen potentiellen Paarungspartnern gehandelt haben. Polenz (2000) konnte in ihrer Studie gehäuft agonistisches Verhalten zwischen Männchen und Weibchen von M. ravelobensis in der Paarungszeit beobachten, wenn Weibchen nicht rezeptiv waren. Außerhalb ihrer rezeptiven Phase verhalten sich auch Graue Mausmakiweibchen in der Paarungszeit besonders aggressiv und abweisend gegenüber Männchen (Glatston 1979, Lindemann 1996, Sarikaya 1999). Dies konnte z.B. auch bei L. catta Weibchen beobachtet werden. Sind sie nicht rezeptiv, schlagen und verjagen sie Männchen (Koyama 1988; Sauther 1991). Eine auf dieser Abwehrhaltung basierende gesteigerte Aggressivität wäre ein realistischer Handlungshintergrund der Weibchen im JBA. Während der Vorpaarungszeit konnte nur ein Weibchen-Männchen-Kontakt beobachtet werden. Hingegen wurden in der Paarungszeit 23 Weibchen-Männchen-Interaktionen beobachtet. Ob es sich bei allen Kontakten um schlafgruppenfremde Männchen handelte, konnte nicht geklärt werden. Auf der Basis nächtlicher Beobachtungen stellten Eberle & Kappeler (2004a) fest, dass Graue Mausmakiweibchen in der Paarungszeit auf zwischen zwei bis 15 verschiedene Männchen in einer Nacht trafen. Im Rahmen dieser Studie konnte außerdem nachgewiesen werden, dass sich die Dauer der Männchen-WeibchenKontakte während der Paarungszeit verlängerte, was ein Indiz für eine veränderte Qualität der Kontakte darstellt. Im Untersuchungsgebiet JBB standen neutrale Kontakte („Proximity“) und positive Kontakte im Vordergrund. Bei der Betrachtung der Qualität und Quantität soziopositiver Interaktionen in beiden Gebieten fiel eine Veränderung in der Partnerwahl beim „Allogrooming“ auf, das während der Vorpaarungszeit fast ausschließlich mit Schlafgruppenmitgliedern beobachtet worden war aber während 203 | S e i t e der Paarungszeit nur noch mit unbekannten Tieren stattfand. Es besteht natürlich die Möglichkeit, dass es sich bei diesen Tieren auch um Schlafgruppenmitglieder gehandelt haben könnte, wahrscheinlicher ist jedoch, dass es sich dabei um potentielle Paarungspartner gehandelt hat. Das gehäufte Auftreten soziopositiver Interaktionen während der Östren wurde auch schon von Polenz (2000) für den Goldbraunen Mausmaki beschrieben. Sie erklärt dieses Verhalten mit einer erhöhten Akzeptanz der Männchen, sowie durch eine Stärkung der sozialen Bindung an den Partner. Die Zunahme positiver Kontakte wurde auch bei Buschbabies (Galago crassicaudatus crassicaudatus) beobachtet (Eaton et al. 1973). Dass im Untersuchungsgebiet JBB der Anteil soziopositiver Kontakte größer war als im JBA, könnte darauf zurückzuführen sein, dass hier Weibchen während ihrer rezeptiven Phase selbst aktiv auf der Suche nach Männchen waren und somit Kontakte zwischen Männchen und Weibchen, die noch nicht oder nicht mehr rezeptiv waren und sich in einer Abwehrhaltung befanden, vermieden wurden. Im JBB konnten in der Vorpaarungszeit drei Weibchen-Männchen-Interaktionen beobachtet werden. In der Paarungszeit erhöhte sich die Anzahl der Weibchen-Männchen Kontakte auf elf. Auch die Dauer der Kontakte zu vermutlich schlafgruppenfremden Männchen erhöhte sich während der Paarungszeit. In beiden Gebieten wurden also vermehrt Kontakte mit Männchen während der Paarungszeit beobachtet, womit die Hypothese 11 bestätigt werden kann. H12: Männliche Schlafgruppenpartner sind potentielle Paarungspartner der Weibchen und nutzen das Schlafen in gemischtgeschlechtlichen Gruppen zur verbesserten Östrusdetektion. Im Untersuchungsgebiet JBA fanden in der Paarungszeit nur 6 % der Kontakte mit Schlafgruppenmitgliedern und 34 % der Kontakte mit Männchen statt. Der verbleibende Anteil der Interaktionspartner konnte nicht eindeutig identifiziert werden. In der Paarungszeit hatten die Senderweibchen im JBB umgekehrt nur 7 % der Interaktionen mit Schlafgruppenmitgliedern (während der Vorpaarungszeit waren es immerhin noch 20 %) und 17 % mit Nicht-Schlafgruppenmitgliedern (in der Vorpaarungszeit nur 8 %). Es konnte zumindest im JBB eine signifikante Zunahme 204 | S e i t e von Interaktionen mit schlafgruppenfremden Individuen während der Paarungszeit nachgewiesen werden. Dies entspricht den Ergebnissen von Weidt (2001), die ebenfalls eine Abnahme von Kontakten zu Schlafgruppenmitgliedern von Juli zu September verzeichnete und eine Zunahme von Kontakten zu unbekannten Artgenossen. Diese Ergebnisse deuten daraufhin, dass Weibchen in der Paarungszeit ihre Interaktionen und Interaktionspartner vermehrt außerhalb der Schlafgruppe suchen. Hintergründe für das Auftreten gemischt-geschlechtlicher Gruppen sind zahlreich. Es könnte sich zum einen um Mütter mit ihren Jungtieren aus der vorhergehenden Saison handeln. Nach der Untersuchung verwandtschaftlicher Verhältnisse einiger männlicher und weiblicher Schlafgruppenpartner aus dem JBA und dem JBB konnten alle zusammenschlafenden Tiere jeweils einer Matrilinie zugeordnet werden. In einigen Fällen konnten Mutter-Sohn- bzw. Großmutter-Enkel-Dyaden identifiziert werden. Das Schlafen in gemischtgeschlechtlichen Gruppen scheint also primär auf verwandtschaftlichen Beziehungen zu beruhen (Radespiel et al. 2009) und nicht der Verbesserung der Paarungschancen zu dienen. Es liegen momentan noch keine Nachweise für Zuchtpaare oder das Vorkommen von Vätern mit ihren Nachkommen in den Schlafgruppen vor. Das Schlafen in gemischtgeschlechtlichen Schlafgruppen scheint also keine Paarungsstrategie darzustellen. Die Hypothese H11 kann also nicht bestätigt werden. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass gelegentlich auch Paarungen zwischen männlichen und weiblichen Mitgliedern einer Schlafgruppe stattfinden können. Das Vorkommen von zwei Fällen von Inzucht 1. Ordnung (Radespiel et al. 2009) scheint dies zu bestätigen. Die Reproduktionsstrategien weiblicher Goldbrauner Mausmakis – ein Resümee Mittels dieser Studie konnten Einblicke in das Paarungsverhalten weiblicher Goldbrauner Mausmakis gewonnen werden, das sich flexibel an unterschiedliche 205 | S e i t e ökologische Rahmenbedingungen anzupassen scheint. Generell konnte eine im Vergleich zum Grauen Mausmaki circa zwei Wochen früher einsetzende Reproduktionsperiode festgestellt werden. In beiden Gebieten (JBA und JBB) konnten außerdem zwei voneinander getrennte Paarungszeiten nachgewiesen werden. Der Unterschied zwischen den beiden beobachteten Populationen war vor allem die unterschiedliche Dichte an Individuen pro Hektar. Diese Ungleichheit ist sehr wahrscheinlich auf eine unterschiedliche Habitatstruktur in den beiden Gebieten zurückzuführen, die bereits Rendigs (2003) in ihrer Studie beschrieb. Im JBB scheint die Ressource Nahrung zahlreich und dicht verteilt vorzukommen, was letztlich die hohe Populationsdichte begründen kann. Im JBA hingegen tritt die Ressource Nahrung vermutlich in geringerer Zahl und weiter verstreut auf, so dass die Populationsdichte relativ niedrig ist. Weibchen im JBB haben durchschnittlich Zugang zu neun verschiedenen Paarungspartnern. Gleichzeitig befinden sich allerdings auch neun weitere Weibchen und potentielle Konkurrentinnen in ihrer unmittelbaren Umgebung. Weibchen im JBB asynchronisieren ihre Östren und vermeiden somit Konkurrenz mit Weibchen in ihrer Nähe, die zusätzlich zumeist verwandt mit Ihnen sind. Durch die Asynchronisierung werden mehr Männchen angelockt. Diese konkurrieren untereinander um den Zugang zu Weibchen und nur die stärkeren Männchen mit den besseren Erbanlagen sollten die Auseinandersetzungen gewinnen. Dadurch können Weibchen die genetische Qualität ihrer Nachkommen erhöhen (Eberle & Kappeler 2004). Zusätzlich zur zeitlichen Steuerung der Östren, zeigten die Weibchen im JBB eine gesteigerte Lokomotion während der Paarungszeit und legten die vergleichsweise längsten Nachtwanderstrecken zurück. Dies spiegelt einerseits eine aktive Suche nach Paarungspartnern wider, könnte aber möglicherweise auch als intrasexuelle Konkurrenzminimierung verwandter Weibchen interpretiert werden. Im JBA haben die Weibchen durchschnittlich Zugang zu drei verschiedenen Männchen. Laut dieser Studie scheinen diese Weibchen ihre Östren zu synchronisieren. Dadurch wird das Monopolisierungspotential der Männchen reduziert (Kappeler 1997a, Schmid & Kappeler 1998). Die Wahl eines 206 | S e i t e Paarungspartners durch die Weibchen rückt in den Vordergrund. Diese erhöhen ihren Reproduktionserfolg durch die Wahl des „besten Vaters“ mit den „besten Genen“ (Trivers 1972, Halliday 1983). Kontrastierend zu den Weibchen im JBB zeigten die Weibchen im JBA keine gesteigerte Aktivität während der Paarungszeit. Dies ist möglicherweise auf die schlechtere Ressourcenlage im JBA zurückzuführen. Die Weibchen können es sich möglicherweise nicht erlauben, eine Energie verbrauchende Aktivität, wie z.B. die Lokomotion zu steigern. Bei einer im JBA beobachteten Paarung verließ das Weibchen während ihrer rezeptiven Nacht zunächst nicht ihren Schlafplatz. Ein Männchen näherte sich vielmehr kurz nach Aktivitätsbeginn diesem Schlafplatz an, um ihn dann zu betreten. Das Weibchen verließ erst circa 01:30 h nach Beobachtungsbeginn, also nach einem Großteil der gesamten Beobachtungsdauer, ihren Schlafplatz. Handelte es sich bei dabei um eine typische Paarungssituation, könnte dies auch eine Erklärung für das häufiger beobachtete Ruheverhalten der Weibchen während der Paarungszeit sein. Möglicherweise setzen diese Weibchen vermehrt akustische und olfaktorische Signale ein, um ihren Östrus anzuzeigen und somit vermehrt Paarungspartner anzulocken. Das unterschiedliche Verhalten Goldbrauner Mausmakiweibchen zweier Populationen, die sich in ihrer Habitatstruktur und somit in ihrer Populationsdichte unterscheiden, deutet auf eine hohe verhaltensökologische Plastizität Goldbrauner Mausmakiweibchen hin, die sich an unterschiedliche ökologische Bedingungen anpassen können. 4.4. Untersuchung des Aufzuchtverhalten H13: Der Anteil Futteraufnahme und Futtersuche an der Gesamtaktivität sollte während der Tragzeit und Laktation aufgrund eines erhöhten Energiebedarfes der Weibchen steigen. Der Anteil der Futteraufnahme und Futtersuche lag während der Tragzeit bei 57,5 % und erreichte im Vergleich zu den drei anderen Phasen den Höchstwert. In der 207 | S e i t e Vorpaarungszeit lag der Anteil der Futteraufnahme und Futtersuche bei 45 % im JBA und 53,7 % im JBB. Während der Paarungszeit lag der Anteil im JBA bei 35,1 % und im JBB bei 45,9 %. Während der Aufzuchtzeit wurde der niedrigste Anteil mit 28,5 % im JBB erreicht. Lutermann (2001) konnte bei Grauen Mausmakiweibchen ebenfalls eine prozentuale Zunahme des Fressens während der Monate Oktober und November `98 sowie im Januar `99 verzeichnen. In diesen Monaten könnten sich Weibchen am Ende ihrer Trächtigkeit bzw. in der Aufzuchtzeit befunden haben. Im folgenden Jahr waren die Anteile des Fressens an der Gesamtaktivität von September bis November `99 relativ konstant, erreichten jedoch im Februar 2000 deutlich höhere Werte. Dies deckt sich mit den Ergebnissen dieser Studie. Im Untersuchungsgebiet JBB korreliert die gesteigerte Futteraufnahme auch mit einer deutlichen Erhöhung des Körpergewichtes im November, also dem Monat, in dem mindestens drei der Senderweibchen in der Endphase ihrer Trächtigkeit waren. Eine der wichtigsten Veränderungen während der Trächtigkeit ist der gesteigerte Metabolismus, der erforderlich ist, um dem heranwachsenden Fetus ausreichend Nährstoffe anzubieten. Die Verfügbarkeit und Qualität der Nahrung, die den Weibchen während der Trächtigkeit zur Verfügung steht, ist also ausschlaggebend für den Reproduktionserfolg. Chivers (1977) führt sogar die Saisonalität im Reproduktionskontext bei Siamangs auf die Verfügbarkeit von Nahrungsressourcen während der Trächtigkeit zurück. Tragende Weibchen sind aufgrund ihres deutlich erhöhten Körpergewichtes motorisch stark eingeschränkt. Ein vermutlich trächtiges Goldbraunes Mausmakiweibchen wurde im Mai 2007 mit 96 Gramm Körpergewicht gefangen. Im Vergleich zu den mittleren Körpergewichten zwischen 50 und 70 Gramm stellt dies eine deutliche Zunahme dar. Andererseits benötigen gerade tragende Weibchen aufgrund ihres erhöhten Energiebedarfs Nahrung mit hohem Energiegehalt. Das Einsetzen der Regenzeit ist positiv mit einem erhöhten Futterangebot für Mausmakis korreliert. Von Sarikaya (1999) ist bekannt, dass Graue Mausmakis zu Beginn der Regenzeit erstmalig Früchte fraßen, was schließlich sogar zu einem dominierenden Anteil bei der Nahrungsaufnahme wurde. Aufgrund der geklumpten Verteilung von Blüten und Früchten ist dies die perfekte Nahrungsquelle für hochträchtige Weibchen, da sie keine großen Strecken mehr zurücklegen 208 | S e i t e müssten, um weit verstreute Nahrung zu finden. Früchte bestehen außerdem aus leichtverdaulicher Fruktose, die ein optimaler Energielieferant ist (Sarikaya 1999). Außerdem enthalten sie Proteine (Richard 1985, Richard & Dewar 1991). Sie stellen dadurch eine sehr gute Nahrungsquelle für trächtige Weibchen dar. Entsprechende Vergleichsdaten für M. ravelobensis fehlen allerdings noch, daher ist eine abschließende Klärung dieses Aspektes momentan nicht möglich. Weibchen scheinen jedoch nicht nur ihre Nahrungsaufnahme zu steigern, sondern auch bestimmte Nahrungsquellen aufgrund ihres Nährstoffgehaltes zu bevorzugen. Während der Aufzuchtzeit wurde im Vergleich zu den drei anderen reproduktiven Phasen die Futtersuche und -aufnahme am wenigsten beobachtet. Dies ist eigentlich unlogisch, da der Energiebedarf der Weibchen während der Laktation am höchsten ist und sie daher viel mehr Nahrung aufnehmen sollten. Die dominierende Aktivität während der Aufzuchtzeit war die Lokomotion, die in dieser Phase ihren höchsten Anteil erreichte. Dies erklärt sich einerseits dadurch, dass die Weibchen immer wieder zu ihren Jungtieren zurückkehren mussten und somit Wegstrecken zurücklegten, die vor der Anwesenheit der Jungtiere nicht nötig gewesen wären. Außerdem wurde eines der Weibchen mit Jungtieren (F03-05) während zwei Fokusbeobachtungen beim Nestbau beobachtet, was jeweils circa eine Stunde, also ein Fünftel der gesamten Beobachtungszeit in Anspruch nahm. Der Anteil an Sozialkontakten stieg ebenfalls auf 7,6 % an und vervielfältigte sich im Vergleich zu den vorhergehenden Phasen. Die Weibchen, die in Gruppen schliefen, verblieben nach Verlassen des Schlafplatzes noch bis zu maximal 22 Minuten in Schlafplatznähe, wobei alle Schlafgruppenmitglieder und Jungtiere in dieser Zeit miteinander interagierten. Vor der Aufzuchtzeit verließen die Schlafgruppenmitglieder normalerweise relativ schnell den Schlafplatz und steuerten die ersten Fressplätze an. Schließlich stand den Weibchen während der regenreichen Zeit im Dezember und Januar auch energiereichere Nahrung wie Früchte zur Verfügung. Während der Tragzeit, die größtenteils in der Trockenzeit angesiedelt ist, war energiereiche Nahrung hingegen rar. Die Weibchen mussten also während der Aufzuchtzeit längst nicht mehr so viel Nahrung zu sich nehmen, um ihren Energiebedarf zu decken. Der geringe Anteil an beobachteter Nahrungsaufnahme und -suche ist also einerseits 209 | S e i t e wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die Weibchen während der Aufzuchtzeit andere Verhaltensmuster aufwiesen als in vorhergehenden Phasen und die Futteraufnahme zu Gunsten von Sozialkontakten und Lokomotion, z.B. Nestbau, reduziert wurde. Andererseits ermöglicht natürlich das reichliche und qualitativ hochwertige Futterangebot während der Regenzeit den Weibchen nicht so viel Zeit in die Nahrungsaufnahme zu investieren. Es sollten jedoch auch Beobachtungen in der zweiten Hälfte der Nacht durchgeführt werden, um so ein komplettes Bild der Verhaltensaktivitäten während der Aufzuchtzeit zu erhalten. Die Hypothese 5 kann also für die Trächtigkeit bestätigt werden. Für die Zeit der Laktation muss sie jedoch abgelehnt werden. Frage 1: Benutzen die Weibchen während der Aufzucht besser geschütztere Schlafplätze wie Baumhöhlen oder Blätternester? In der Vorpaarungs-, Paarungs- und Tragzeit benutzten die Weibchen am häufigsten Schlafplätze in der offenen Vegetation. Aus bisherigen Studien war bekannt, dass M. ravelobensis während der Trockenzeit im Vergleich zum sympatrisch lebenden Grauen Mausmaki signifikant seltener Baumhöhlen und Baumspalten als Schlafplätze nutzten. Exponierte Schlafplätze in Lianen, im Gestrüpp und in Astgabeln traten auf (Ehresmann 2000, Radespiel et al. 2003). Auch bei ersten Untersuchungen des im JBB allopatrisch vorkommenden M. ravelobensis konnte keine Nutzung von Baumhöhlen festgestellt werden (Randrianambinina 1997). Weibchen nutzten hier neben den oben genannten Schlafplätzen auch Blätternester und Tectonia grandis - Schlafplätze (Weidt 2001). In dieser Studie konnte während der Vorpaarungs- und Paarungszeit die gelegentliche Nutzung von Höhlen als Schlafplatz dokumentiert werden. Dies geschah jedoch überwiegend im Gebiet JBA und auch dort nur bei bestimmten Weibchen. Die überwiegende Nutzung von Schlafplätzen in der offenen Vegetation ist bereits von M. myoxinus bekannt und wird in diesem Zusammenhang mit der interspezifischen Konkurrenz zu M. murinus erklärt, der sympatrisch zu M. myoxinus im Kirindy lebt (Schwab 2000). Gegen eine inter-spezifische Konkurrenz zwischen M. ravelobensis und M. murinus spricht, dass die Goldbraunen Mausmakis im JBB, in dem sie allopatrisch vorkommen, noch 210 | S e i t e seltener Schlafhöhlen benutzten als im JBA. Dies ist möglichweise auch auf Vegetationsunterschiede zwischen den beiden Gebieten zurückzuführen (Rendigs et al. 2003). Im JBB liegt eine geringere Dichte an Bäumen vor als im JBA. Dementsprechend gibt es auch eine geringere Anzahl an Bäumen, die einen ausreichenden Durchmesser haben, um Schlafhöhlen zu besitzen. Die vier Weibchen, die im Untersuchungszeitraum dieser Studie Nachwuchs bekommen hatten, nutzten zusammen mit ihren Jungtieren an 60 % der Tage Blätternester. Beim Vergleich zwischen Weibchen mit Jungtieren und Weibchen ohne Jungtiere fiel außerdem auf, dass Weibchen mit Nachwuchs in den Monaten Dezember `07 und Januar `08 signifikant häufiger Blätternester nutzten als Weibchen ohne Nachwuchs. Diese wurden weiterhin meistens in Schlafplätzen in der offenen Vegetation gefunden. Es fällt allerdings auch auf, dass nicht alle Weibchen mit Jungtieren gehäuft Blätternester nutzten. Zwei der Weibchen wurden zwischen 83 bis 100 % in Blätternestern gefunden und eines der Weibchen nutzte diesen Schlafplatztyp gelegentlich. Das vierte Weibchen wurde allerdings nie in einem Blätternest beobachtet. Die beiden Weibchen, die während der Aufzuchtzeit die Nutzung von Blätternestern präferierten, wurden vor der Aufzuchtzeit größtenteils in Schlafplätzen in der offenen Vegetation und nur zu einem geringen Teil in Schlafhöhlen oder Blätternestern gefunden. Blätternester wurden also von einigen Weibchen in der Aufzuchtzeit präferiert genutzt. Es kann aber nicht von einer generellen Präferenz von Blätternestern bei Weibchen mit Nachwuchs gesprochen werden. Die Nutzung von Schlafhöhlen konnte bei keinem Weibchen während der Aufzucht registriert werden. Drei der Weibchen stammten jedoch aus JBB, wo auch vor der Aufzuchtzeit kaum Schlafhöhlen genutzt wurden. Von Grauen Mausmakis ist bekannt, dass während der Anwesenheit von Jungtieren bevorzugt Schlafhöhlen genutzt wurden (Lutermann 2001). Lutermann (2001) beobachtete allerdings auch, dass die Nutzung von Höhlen ab dem Monat Januar zurückging und anstelle dessen in positiver Korrelation zum Einsetzen starker Niederschläge häufiger Blätternester und Schlafplätze in der offenen Vegetation genutzt wurden. Möglicherweise können Höhlen mit Wasser vollaufen, so dass sie nach starken Niederschlägen nicht mehr zu nutzen sind. Dies erklärt sicherlich eine reduzierte Nutzung von Höhlen während 211 | S e i t e der regenreichen Aufzuchtzeit, kann allerdings keine Erklärung dafür bieten, dass Goldbraune Mausmakis anscheinend gar keine Höhlen nutzten. Das Nutzen von Blätternestern während der Aufzuchtzeit kann einige Ursachen haben. Sie bieten im Vergleich zu Schlafplätzen in der offenen Vegetation einen besseren Schutz vor Prädatoren. Des Weiteren bieten sie auch bessere Isolationseigenschaften und Protektion vor stärkeren Regenfällen als Plätze in der offenen Vegetation. Da Mausmakis Nesthocker sind, deren Behaarung und Koordinationsfähigkeit zum Zeitpunkt der Geburt noch nicht vollständig ausgebildet ist (Glatston 1979), benötigen Jungtiere zwangsläufig einen gut geschützten Platz. Lutermann (2001), die den Aufbau eines Blätternestes, dass von M. murinus genutzt worden war, untersuchte, stellte fest, dass die äußere Schicht aus ledrigen Blättern von Bathiorhamus louveli var. reticulatus (Rhamnaceae) bestand, die mit einer dicken Wachsschicht überzogen waren. Diese Schicht diente vermutlich als Schutz gegen Niederschläge. Thoren et al. (2008) konnte im Mai 2007 erstmals den Bau eines Blätternestes von einem M. ravelobensis-Weibchen beobachten. Im Verlauf der vorliegenden Untersuchung konnte ebenfalls in zwei Situationen ein Weibchen beim Bau eines Nestes beobachtet werden. Die Weibchen investierten viel Energie und Zeit in den Bau von Nestern, da der Nestbau jeweils zwischen 30 - 60 Minuten in Anspruch nahm. Der Bau von Nestern während der Aufzucht wurde auch bei anderen Arten, wie z.B. Buschbabies (Galago crassicaudatus) (Bearder & Doyle 1974) oder Varis (Varecia variegata variegata) (Pereira et al. 1987) beobachtet. Die Fragestellung kann also dahingehend beantwortet werden, dass Goldbraune Mausmakis während der Aufzuchtzeit Blätternester bevorzugen, die vermutlich thermoregulatorische Vorteile sowie Schutz vor Prädatoren bieten. Ultimat könnten damit die Überlebenschancen der Jungtiere und der Reproduktionserfolg der Weibchen erhöht werden. 212 | S e i t e Frage 2: Werden die Schlafplätze während der Aufzucht häufiger gewechselt als vorher? Während der Vorpaarungs- und Paarungszeit lagen die Wiederkehrraten der Senderweibchen zum Schlafplatz des Vortages zwischen 0-100%. Während der Tragzeit kehrten sie zwischen 33,3 bis 62,5 % zurück. Während der Aufzuchtzeit reduzierte sich die Wiederkehrrate der Weibchen auf 0-16,7 %. Es ist allerdings zu erwähnen, dass es große individuelle Varianzen im Wiederkehrverhalten der Weibchen gab. Außerdem lag nur eine kleine Stichprobe vor. Weibchen, die Jungtiere hatten, kehrten in den Monaten Dezember `07 und Januar `08 signifikant seltener zum Schlafplatz des Vortages zurück, als Weibchen, die in dieser Zeit keinen Nachwuchs hatten. Ehresmann (2000) stellte fest, dass Goldbraune Mausmakis außerhalb der Reproduktionszeit (entspricht in dieser Arbeit der Vorpaarungszeit) im Mittel jeden dritten Tag ihren Schlafplatz wechselten. Dies entsprach einer mittleren Rückkehrrate von 35,8%. Während der Paarungszeit dokumentierte sie für Weibchen, dass diese ebenfalls jeden dritten Tag ihren Schlafplatz wechselten. Lutermann (2000) fand heraus, dass Graue Mausmakis in den Monaten Juli, September und Januar häufiger ihre Schlafplätze wechselten als in den übrigen Monaten. Außerdem fand sie heraus, dass Weibchen mit Jungtieren ihren Schlafplatz häufiger wechselten. Dies entspricht den Ergebnissen dieser Studie. Das häufige Wechseln von Schlafplätzen wird vor allem als Anti-PrädatorenStrategie erklärt, wie es auch schon bei einigen anderen Primaten (Anderson, 1984) und bei Fledermäusen (Lewis, 1995) beschrieben wurde. Klimatische Umstände, wie starke Niederschläge, und eventueller Ektoparasitenbefall können allerdings ebenfalls bewirken, dass die Weibchen häufiger den Schlafplatz wechseln. Je nach Konstruktionsaufwand des Weibchens hatten die Nester, die in dieser Studie gefunden worden, mitunter nur eine Lebensdauer von ein bis zwei Tagen, wenn stärkere Niederschläge oder starker Wind auftraten. Es gab jedoch auch Nester, die über einige Wochen stabil blieben. Unter Umständen könnte der leichtere Verfall von Blätternestern auch den häufigeren Wechsel erklären. In den Fällen, in denen das Weibchen beim Bau eines 213 | S e i t e Nestes beobachtet werden konnte, waren die Nester jedoch sehr stabil und noch bis zu drei Wochen nach der Konstruktion nicht zerstört. Trotzdem wurde das Weibchen in jeder darauffolgenden Nacht an einem neuen Ort gefunden. Die Stabilität des Nestes scheint also eher einen geringen Einfluss darauf zu haben, ob der Schlafplatz während des nächsten Tages wieder genutzt wurde. Insgesamt kann also bestätigt werden, dass Weibchen während der Anwesenheit von Jungtieren häufiger ihren Schlafplatz wechseln als vor der Aufzuchtzeit und als Weibchen, die keinen Nachwuchs haben. Somit scheint die Gegenwart von Jungtieren dieses Verhalten stärker zu beeinflussen als es die klimatischen Gegebenheiten tun. Frage 3: Verändert sich die Schlafgruppenzusammensetzung während der Aufzuchtzeit und welche Rolle spielen die männlichen und weiblichen Schlafgruppenmitglieder bei der Aufzucht der Jungtiere? Zwei der Senderweibchen (F03-05, F41-07), die mit Jungtieren in einer Gruppe schliefen, wurden vor der Aufzuchtzeit in gemischt-geschlechtlichen Schlafgruppen beobachtet. Ab der Anwesenheit der Jungtiere konnte jedoch bei keiner Kontrolle ein Männchen als Schlafgruppenmitglied gesehen werden. Das Weibchen F03-05 wurde hauptsächlich alleinschlafend mit ihrem Jungtier beobachtet. Nur zweimal wurde ein weiteres Tier gesichtet, dessen Geschlecht allerdings nicht identifiziert werden konnte. Auch in der Gruppe von F41-07 konnte nach der ersten Sichtung der Jungtiere kein Männchen mehr in der Schlafgruppe gesehen werden. Es wurde jedoch ein weiteres Tier unbekannten Geschlechts in der Gruppe gesehen. Bei einer späteren Kontrolle wurde ein zweites Weibchen in der Schlafgruppe vorgefunden. Aufgrund der stabilen Konstellation der Gruppe aus zwei adulten und zwei juvenilen Tieren handelte es sich bei dem nicht näher identifizierten Tieres sehr wahrscheinlich auch schon um dieses Weibchen. In der Aufzuchtsgruppe von F25-05 wurde ab der ersten Sichtung der Jungtiere immer ein zweites adultes Weibchen in der Schlafgruppe beobachtet. Vor der Aufzuchtzeit wurde F25-05 nur einmal zusammenschlafend mit einem Individuum unbekannten Geschlechts gefunden, sonst schlief es jedoch immer allein. F22-06 wurde immer alleinschlafend mit ihrem 214 | S e i t e Jungtier gesehen. Von diesem Weibchen liegen jedoch keine Informationen über die Schlafsituation vor der Aufzuchtzeit vor. Es scheint demnach so gewesen zu sein, dass Männchen vor der Geburt der Jungtiere aus den Schlafgruppen verschwanden. Es ist jedoch nicht bekannt, wo die Männchen, die vorher mehr oder weniger regelmäßig in Schlafgruppen mit Weibchen angetroffen wurden, sich während der Aufzucht aufhielten und ob diese möglicherweise nach der Aufzucht der Jungtiere wieder zurückkehrten. Lutermann (2000) konnte auch beim Grauen Mausmaki gemischt-geschlechtliche Schlafgruppen beobachten, die allerdings nie während der Aufzuchtzeit Bestand hatten. Wie bereits diskutiert, scheinen Goldbraune Mausmakiweibchen, die in einer Schlafgruppe schlafen, ihren Östrus relativ zu synchronisieren. Hierdurch ist die Grundlage für eine gemeinsame Jungenaufzucht gegeben, die einige Vorteile bieten könnte, wie z.Bsp. Fitnessgewinne durch gemeinsame Ausbeutung von Nahrungsressourcen, Laktation, „Allogrooming“, Verteidigung und Thermoregulation (Emlen 1991). Beobachtungen von Eberle & Kappeler (2006) ergaben, dass Graue Mausmakiweibchen ausschließlich ihren eigenen Nachwuchs trugen, jedoch nichteigenen Nachwuchs auch „groomten“ und säugten. Insgesamt ließen Weibchen jedoch ihrem eigenem Nachwuchs mehr Fürsorge zu teil werden als fremden Jungtieren. Dies lässt sich unter anderem auch dadurch erklären, dass das Säugen von fremdem Nachwuchs Nachteile für den eigenen Nachwuchs nach sich ziehen kann. Dieser erhält möglicherweise nicht mehr ausreichend Milch und ist während der Zeit, die das Weibchen ein anderes Jungtier säugt ohne Betreuung durch die Mutter. Im Rahmen dieser Studie konnte zumindest eine Gruppe mit zwei adulten Weibchen und zwei Jungtieren beobachtet werden. Welches Jungtier zu welchem Weibchen gehörte, konnte allerdings nicht bestimmt werden. Entfernte sich eines der adulten Weibchen vom Schlafplatz, folgte ihr jeweils eines der Jungtiere. Daher kann davon ausgegangen werden, dass jedes Weibchen ein eigenes Jungtier hatte. Beide Weibchen wurden jedoch beim Spielen oder „Allogrooming“ mit beiden Jungtieren 215 | S e i t e beobachtet. Das Säugen oder Tragen eines Jungtieres konnte in dieser Gruppe nicht beobachtet werden, so dass darüber keine Aussagen getroffen werden können. Ein ähnliches Verhalten wurde auch bei Lemur catta beobachtet, wobei Weibchen fremde Jungtiere „groomten“ und auch transportierten (Jolly 1966, Gould 1992). Lutermann (2001) konnte bei einer Aufzuchtsgruppe Grauer Mausmakis, in der sich drei Weibchen mit ihrem Nachwuchs befanden, beobachten, wie eines der Weibchen den Schlafplatz zusammen mit ihrem Jungtier verließ, um dieses außerhalb der Höhle zu säugen. Ob und inwiefern also das Säugen nicht-eigenen Nachwuchses eine Rolle für Mausmakis spielt, ist bisher nicht geklärt. Insgesamt kann jedoch aufgrund der Beobachtungen in dieser Studie geschlussfolgert werden, dass Weibchen auch nicht-eigenem Nachwuchs ein gewisses Investment zukommen lassen. Sollten die Weibchengruppen aus verwandten Tieren bestehen, wie bei Grauen Mausmakis beschrieben (Lutermann 2001), würden die Weibchen durch diese Investitionen ihre indirekte Fitness steigern. Weibliche Schlafgruppenmitglieder könnten also durchaus eine wichtige Rolle bei der Aufzucht der Jungtiere spielen, wohingegen männliche Schlafgruppenmitglieder während der Aufzuchtzeit komplett zu verschwinden scheinen. Frage 4: Wie verändert sich das Raumnutzungsverhalten der Mütter während der Aufzuchtzeit? Während der Aufzuchtzeit hatten die Mütter ihre kleinsten mittleren Aktionsräume (Min: 0,1 ha; Max: 0,28 ha) und legten die kürzesten mittleren Nachtwanderstrecken zurück (Min: 157 m; Max: 250 m). Es zeigte sich also insgesamt eine Verkleinerung der genutzten Fläche während einer Nacht in der Aufzuchtzeit. Lutermann (2001) stellte bei Grauen Mausmakis ebenfalls eine Verkleinerung der Aktionsräume von Juli bis Februar fest. Eine deutliche Abnahme wurde von Januar zu Februar registriert, eine deutliche Zunahme bereits wieder von Februar zu März. Gleiche Resultate finden sich auch bei Sarikaya (1999), die herausfand, dass Aktionsräume während der Trockenzeit deutlich größer waren als in der Regenzeit und auch die Nachtwanderstrecken zu Beginn der Regenzeit am kürzesten waren. Die Regenzeit fällt in dieser Studie mit der Aufzucht der Jungtiere zusammen. 216 | S e i t e Die Verkleinerung des Aktionsraumes kann verschiedene Ursachen haben. Die Verteilung von Ressourcen beeinflusst die Verteilung der Weibchen (Clutton-Brock & Harvey 1978). Die entscheidende Ressource Goldbrauner Mausmakiweibchen ist Nahrung. Bei vielen Arten konnte eine negative Korrelation zwischen der Größe der Streifgebiete und der Verfügbarkeit von Nahrung festgestellt werden (Boutin 1984, Guillet et al. 1996, Hulbert et al. 1996). Auch Veränderungen in der Qualität von Nahrung können Auswirkungen auf das Raumnutzungsverhalten von Tieren haben. Von Goldbraunen Mausmakis im JBB ist aus vorhergehenden Studien bekannt, dass diese in den Monaten August bis Oktober hauptsächlich Homopterensekret fressen (Weidt 2001). Aufgrund des hohen Zucker- jedoch geringen Proteingehaltes (Hladik et al. 1980) muss es in großen Mengen aufgenommen werden, d.h. dass die Weibchen während einer Nacht verschiedene Plätze aufsuchen müssen, an denen sie Homopterensekret finden können, und daher häufig in Lokomotion gesichtet werden. Kommt Nahrung räumlich verstreut vor, müssen die Weibchen größere Aktionsräume haben, um Zugang zu dieser Nahrung zu erhalten. Von Sarikaya (1999) ist bekannt, dass Graue Mausmakis zu Beginn der Regenzeit erstmalig Früchte fraßen, was schließlich sogar zu einem dominierenden Anteil bei der Nahrungsaufnahme wurde. Berücksichtigt man also die überwiegende Aufnahme von Früchten ab dem Beginn der Regenzeit, sowie deren geklumpte Verteilung (Hladik 1980, Richard 1985), wird ersichtlich, warum Weibchen keine langen Strecken mehr zurücklegen müssen und sich außerdem ihr nächtliches Streifgebiet verkleinert. Falls Goldbraune Mausmakis ebenfalls zu Beginn der Regenzeit ihre Fressgewohnheiten änderten, wäre die Verkleinerung der Aktionsräume auch mit der verbesserten Ressourcensituation erklärbar. Es sollte jedoch auch die reproduktive Situation der Weibchen zu Beginn der Regenzeit berücksichtigt werden. Während dieser Studie wurden die ersten stärkeren Niederschläge ab November beobachtet. Während dieses Monats waren einige Weibchen hochtragend. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie also einerseits einen hohen Energiebedarf, waren aber andererseits nicht mehr agil genug, um längere Strecken zurückzulegen. Außerdem sinkt bei den meisten Spezies in der späten 217 | S e i t e Gravidität die Futteraufnahmemenge aufgrund der Verdrängung der Verdauungsorgane durch den wachsenden Fötus. Aufgrund der geklumpten Verteilung von Blüten und Früchten wären diese die perfekten Nahrungsquellen für hochtragende Weibchen. Früchte bestehen aus leichtverdaulicher Fruktose, die ein optimaler Energielieferant ist (Sarikaya 1999). Außerdem enthalten sie auch Proteine (Richard 1985, Richard & Dewar 1991). In den Monaten Dezember und Januar ist schließlich die Anwesenheit der Jungtiere als zusätzlicher Faktor für eine Aktionsraumverkleinerung zu berücksichtigen. Vor allem während der ungefähr sechs-wöchigen Laktation können die Weibchen sich nicht weit von ihren Jungtieren und dem Nest entfernen. Es wurde allerdings beobachtet, dass ein Weibchen ihr Jungtier während einer Nacht durch die Gegend trug. Somit konnte sie Nahrungssuche und Nähe zu ihrem Jungtier vereinbaren und war nicht mehr darauf angewiesen, immer wieder zum Schlafplatz zurückzukehren. Der Transport der Jungtiere ist jedoch auch ein energieverzehrender Faktor und sollte daher nicht über größere Distanzen stattfinden. Das Raumnutzungsverhalten der Weibchen scheint sich also in Anlehnung an das Nahrungsangebot während der Regenzeit zu ändern aber vor allem auch eine Adaptation der Mütter an die Bedürfnisse ihrer Jungtiere widerzuspiegeln. Frage 5: Nach wie vielen Wochen verlassen die Jungtiere das erste Mal eigenständig das Nest? Circa ab der zweiten Lebenswoche wurde beobachtet, wie die Jungtiere erstmalig allein das Nest verließen, sich aber nicht weiter als einen Meter davon entfernten. Erst ab der vierten Lebenswoche konnte beobachtet werden, dass die Jungtiere sich selbstständig außerhalb des Nestes bewegten und der Mutter über längere Strecken folgten. Lutermann (2001) beobachtete in ihrer Studie, dass die Jungtiere mit circa 21 Tagen die Höhlen selbstständig verließen. Jungtiere der Art M. ravelobensis scheinen sich also etwas schneller zu entwickeln als Jungtiere Grauer Mausmakis. Dies ist möglicherweise auf die unterschiedliche Schlafplatzqualität zurückzuführen. Graue Mausmakiweibchen nutzen vorwiegend relativ gut isolierte und geschützte Höhlen während der Aufzucht, wohingegen Goldbraune Mausmakiweibchen weniger 218 | S e i t e gut geschützte Schlafplätze in Blätternestern oder sogar der offenen Vegetation nutzen. Die Jungtiere Goldbrauner Mausmakis müssten also schneller selbstständig werden um so möglichen Prädatoren entfliehen zu können. Jungtiere anderer Lemurenarten wie z.B. bei L. catta beginnen ebenfalls ab einem Alter von vier Wochen selbstständiger die Gegend zu erkunden, wobei sie sich auch nicht weiter als fünf Meter von ihren Müttern entfernen (Gould 1990). Weibchen der Gattung Varecia bauen ebenfalls Nester für ihre Jungtiere. Diese verlassen ab einem Alter von ein bis drei Wochen erstmals dieses Nest, wobei die Mutter sie aus dem Nest herausträgt und in der Vegetation parkt, während sie auf Nahrungssuche geht (Pereira et al. 1987; Morland 1990; Vasey 2007). Auch die Jungtiere dieser Gattung beginnen ab einem Alter von vier Wochen zu klettern und sich aktiv festzuhalten. Allerdings erst ab einem Alter von zwei bis drei Monaten folgen sie der Mutter oder anderen Gruppenmitglieder bis zu 100m. Die Entwicklung der Jungtiere in Richtung Selbstständigkeit beginnt also bei Lemuren relativ früh und etwa zum gleichen Zeitpunkt. Frage 6: Wie verändern sich die Mutter-Jungtier-Kontakte mit zunehmendem Alter der Jungtiere und welche ontogenetischen Eckpunkte lassen sich erkennen? Generell konnte bei den in dieser Studie untersuchten Weibchen ein Anstieg der relativen Kontaktdauer zwischen Mutter und Jungtier bis zur vierten oder fünften Lebenswoche festgestellt werden. Im Gegensatz dazu konnte Lutermann (2001) bei Grauen Mausmakis eine Abnahme der Kontaktzeit zwischen Mutter und Jungtier mit zunehmendem Alter der Jungtiere verzeichnen. Alle von ihr beobachteten Jungtiere wurden allerdings in gut einsehbaren Höhlen aufgezogen und die An- und Abwesenheit der Mütter konnte eindeutig aufgezeichnet werden. Durch verschiedene Faktoren wurde es in dieser Studie erschwert, die Jungtiere während ihrer ersten Lebenswochen kontinuierlich zu überwachen. Eines der beobachteten Weibchen (F03-05) verließ am Anfang der Nacht ihr Nest und kehrte im weiteren Verlauf der Nacht auch nicht wieder zurück. Dies lässt vermuten, dass sie ihr Jungtier mitgenommen hatte. Dieses Verhalten ist auch bei anderen 219 | S e i t e Weibchen zu erwarten, da häufiger Jungtiere gesichtet wurden, die regungslos in Bäumen saßen und dort wahrscheinlich auf die Rückkehr ihrer Mutter warteten. Es ist allerdings ebenfalls denkbar, dass diese Strategie nur von alleinschlafenden Weibchen, wie F03-05 angewandt wurde, da diese noch häufiger zum Nest zurückkehren müssen, als Weibchen, die in Gruppen schlafen. Eine weitere Ursache für die niedrigen Kontaktdauern in den ersten Lebenswochen könnte darauf zurückzuführen sein, dass Weibchen teilweise sehr schlecht bis gar nicht einsehbare Schlafplätze benutzten, so dass zwar registriert werden konnte, dass die Weibchen in die Nähe des Schlafplatzes zurückkehrten, dies jedoch nicht genau observiert werden konnte. Dies erschwerte auch die Datierung von Geburten. Nur bei einem Weibchen (F03-05) wurde das Jungtier noch in einem relativ unreifen Stadium, wahrscheinlich in der 2. Lebenswoche, gesehen. Bei den beiden anderen Weibchen war das Alter ihrer Jungtiere schon deutlich weiter fortgeschritten (3.-4. Lebenswoche). Aufgrund der dichten Vegetation war es desweiteren insgesamt schwieriger den Weibchen zu folgen und direkten Sichtkontakt herzustellen. Es ist also durchaus möglich, dass sich die Jungtiere in der Nähe ihrer Mütter befanden, sie jedoch nicht gesehen werden konnten. Die in dieser Studie beobachtete Zunahme des Kontaktes bis zur fünften Lebenswoche ist also eher darauf zurückzuführen, dass die Jungtiere ab der vierten Lebenswoche selbstständiger wurden und der Mutter über längere Strecken aktiv folgten, was es wiederum einfacher machte, diese überhaupt zu sehen. Die Abnahme des Kontaktes nach der fünften Lebenswoche wäre dann auf die Zunahme der Selbstständigkeit der Jungtiere zurückzuführen. Jungtiere werden bis zur sechsten Lebenswoche gesäugt. Lutermann (2001) konnte bereits eine erhöhte Abwesenheit der Mütter ab der dritten Lebenswoche verzeichnen, was dafür spricht, dass die Jungtiere mit zunehmendem Alter immer weniger auf die Milch der Mutter angewiesen sind und bereits beginnen, sich auf alternative Nahrung umzustellen. Ab der dritten Lebenswoche lagen ihr jedoch keine Informationen mehr über den Kontakt zwischen Mutter und Jungtier vor, da sie den Tieren aufgrund dichter Vegetation nicht mehr folgen konnte. Es ist daher anzunehmen, dass das in dieser Studie beobachtete Absinken der Kontaktdauer ab der fünften Lebenswoche ein 220 | S e i t e realistischer Zeitpunkt für die Umstellung von Muttermilch auf andere Nahrungsquellen darstellt. Bis zur dritten Lebenswoche des Jungtieres wurde beobachtet, wie ein Weibchen ihr Jungtier oral transportierte. Bis zu diesem Alter sind die Jungtiere also stark von der Mutter abhängig, da sie ihr über längere Distanzen noch nicht folgen können. Eberle und Kappeler (2006) konnten sogar bis zur sechsten Lebenswoche beobachten, dass eine Mutter das Jungtier oral transportierte. Es ist allerdings durchaus denkbar, dass die Jungtiere Goldbrauner Mausmakis früher eigenständig werden als Jungtiere Grauer Mausmakis. Da sie schutzlos in der offenen Vegetation geparkt werden und weniger Zeit in geschützten Schlafhöhlen verbringen, ist es für sie von Vorteil, so schnell wie möglich der Mutter eigenständig folgen zu können. Ab der fünften Lebenswoche wurde erstmalig in der Gruppe von F25-05 Spielverhalten beobachtet, bei dem sowohl die Jungtiere untereinander als auch mit beiden adulten Weibchen der Gruppe spielten. Auch Jungtiere von Lemur catta zeigen etwa ab der sechsten Lebenswoche erstes soziales Spielverhalten (Gould 1990). Immer wenn das Senderweibchen F25-05 den Schlafplatz verließ, folgte ihr eines der Jungtiere. Dies konnte bis ca. zur fünften Lebenswoche des Jungtieres beobachtet werden, was auf eine anhaltende Abhängigkeit des Jungtieres von der Mutter hinweist. Das Jungtier war allerdings aufgrund seiner erhöhten Mobilität nicht mehr so stark auf die Mutter angewiesen. Das Jungtier von Senderweibchen F22-06 konnte schließlich während der siebenten Lebenswoche gar nicht mehr in der Nähe der Mutter gesichtet werden. Abgesehen von der Möglichkeit, dass das Jungtier verstorben sein könnte, kann dies bedeuten, dass Jungtiere nur so lange an ihre Mütter gebunden sind, wie sie von diesen ernährt werden. Das Ende des Säugens könnte also auch das Ende regelmäßiger Kontakte zwischen Mutter und Jungtier andeuten. Weitere Studien, die Mütter und Jungtiere über die siebente Lebenswoche hinaus untersuchen, könnten Informationen über den weiteren Verlauf der Mutter-Jungtier-Beziehungen liefern. Es ist jedoch zu erwarten, dass Mütter weiterhin mit ihren Jungtieren in einer Schlafgruppe schlafen, 221 | S e i t e wie dies die genetischen Analysen dieser und anderer Studien belegen (Radespiel et al. 2009). 222 | S e i t e Franziska Quietzsch: Zum Reproduktions- und Aufzuchtverhalten des Goldbraunen Mausmakis (Microcebus ravelobensis) 5. Zusammenfassung Das Fortpflanzungs- und Aufzuchtverhalten Goldbrauner Mausmakis (M. ravelobensis) wurde in dieser Studie im Zeitraum August 2007 bis Januar 2008 im Nordwesten Madagaskars untersucht. Es wurden in der Fortpflanzungssaison zwei Paarungszeiten mit der sich anschließenden Aufzuchtzeit erfasst. In zwei Untersuchungsgebieten (JBA und JBB), in denen Goldbraune Mausmakis in unterschiedlicher Populationsdichte vorkommen, wurden Daten mittels populationsökologischer und telemetrischer Methoden gesammelt, die Aufschlüsse über die Reproduktion dieser Lemurenart lieferten. Genetische Methoden erbrachten weitere Informationen. Mittels der Fangaktionen wurden im JBA (ca. 30 ha) 46 (26,20) verschiedene Goldbraune Mausmakis gefangen. Die monatliche Populationsdichte schwankte zwischen 0,6 und 0,7 Tieren pro Hektar. Im JBB (ca. 5 ha) wurden 80 (35, 45) verschiedene Individuen gefangen. Die Populationsdichte nahm von August bis Oktober kontinuierlich ab. Es konnten in dieser Studie erstmals aufgrund der Zyklusdauer zwei voneinander getrennte Östren im JBA dokumentiert werden. Die erste dauerte vermutlich von der 38.-42. Kalenderwoche und die zweite setzte in der 44. Kalenderwoche ein. Im JBB gab es ebenfalls aufgrund der Zyklusdauer zwei Östren. Die erste begann in der 36. Kalenderwoche und die zweite vermutlich in der 42. Kalenderwoche. Die Interöstrusdauer der Weibchen lag in beiden Gebieten bei ca. 4 Wochen. In jedem Gebiet wurden acht Weibchen mit Radiotransmittern ausgestattet. Die Aktivitätsbudgets, sozialen Interaktionen, das Raumnutzungsverhalten und die Schlafplatzwahl dieser Weibchen wurden untersucht. Es konnten Unterschiede in den Aktivitäten zwischen den Gebieten und in Abhängigkeit von der reproduktiven Phase der Weibchen festgestellt werden. Diese traten vor allem in der Aufzucht-, Vorpaarungs- und Paarungszeit auf und betrafen die Aktivitäten Lokomotion, Aufenthalt im Nest, Ruheverhalten, Sozialkontakte sowie Futtersuche und -aufnahme. 223 | S e i t e Die mittleren Aktionsraumgrößen blieben im JBB während der Vorpaarungs-, Paarungs- und Tragzeit relativ konstant und erreichten die niedrigste Größe mit 0,2 ha in der Aufzuchtzeit. Im JBA reduzierten sich die mittleren Aktionsraumgrößen von der Vorpaarungszeit bis zur Paarungszeit. Die mittleren Nachtwanderstrecken stiegen im JBB von der Vorpaarungszeit zur Paarungszeit an. Danach sanken sie signifikant zur Aufzuchtzeit ab. Im JBA hingegen reduzierten sich die Nachtwanderstrecken von der Vorpaarungszeit zur Paarungszeit. Diese Ergebnisse weisen auf ein unterschiedliches Raumnutzungsmuster der Weibchen in beiden Populationen hin. Im JBA hatten die Weibchen durchschnittlich Zugang zu drei verschiedenen Paarungspartnern, im JBB durchschnittlich zu neun verschiedenen Männchen. In beiden Untersuchungsgebieten erhöhte sich die soziale Begegnungsrate während der Paarungszeit. Während der Trag- und Aufzuchteit reduzierte sich diese wieder. Der Anteil an Interaktionen mit Nicht-Schlafgruppenmitgliedern und Männchen nahm während der Paarungszeit ebenso zu wie die Dauer von Kontakten zu Männchen. Kontakte mit Schlafgruppenmitgliedern reduzierten sich in der Paarungszeit. Während der Aufzuchtzeit stieg ihr Anteil wieder auf über die Hälfte aller Kontakte. Während der Nacht, in der im JBA ein Weibchen bei einer Paarung beobachtet werden konnte, wurden insgesamt vier Individuen in ihrer Nähe gesichtet. Es konnte jedoch nicht geklärt werden, ob es sich um vier verschiedene Tiere handelte. In der Nähe des Weibchens im JBB, das bei einer Paarung beobachtet wurde, konnten im Beobachtungsverlauf zwei verschiedene Männchen gesichtet werden. 14 von 17 Weibchen konnten einer Schlafgruppe zugeordnet werden. Es ließen sich insgesamt 12 verschiedene Schlafgruppen abgrenzen, die jeweils aus zwei bis fünf Individuen bestanden. Mit Ausnahme von drei Schlafgruppen setzten sich alle Gruppen aus mindestens einem Weibchen und einem Männchen zusammen. Die männlichen und weiblichen Mitglieder der Schlafgruppen gehörten in den exemplarisch untersuchten Fällen alle einer Matrilinie an, waren mehr oder weniger eng miteinander verwandt und enthielten somit vermutlich keine Paarungspartner. 224 | S e i t e Weibchen im JBB asynchronisierten ihre Östren und zeigten eine gesteigerte Lokomotionsaktivität während der Paarungszeit. Weibchen im JBA hingegen synchronisierten anscheinend ihre Östren. Während der Aufzuchtzeit schlossen sich die Weibchen entweder in Weibchengruppen zusammen oder schliefen allein. Mit dem Auftreten der Jungtiere wurden keine Männchen mehr in den Schlafgruppen gesehen. Innerhalb dieser Studie wurden drei verschiedene Schlafplatztypen unterschieden: Schlafplätze in der offenen Vegetation, Schlafhöhlen und Blätternester. Dabei beeinflusste vor allem die Gegenwart der Jungtiere die Schlafplatzwahl, die Nutzungsdauer der Schlafplätze und die Wiederkehrraten. In der Aufzuchtzeit konnte eine vermehrte Nutzung von Blätternestern nachgewiesen werden. Außerdem wechselten Weibchen mit Jungtieren die Schlafplätze fast täglich und somit häufiger als Weibchen ohne Jungtiere. Drei der Senderweibchen bekamen nach circa zwei bis drei Monaten Würfe mit einem Jungtier. In einer Schlafgruppe mit zwei adulten Weibchen konnten zwei Jungtiere beobachtet werden. Beide Weibchen waren sehr wahrscheinlich Mutter von je einem der Jungtiere. Die Dauer der beobachteten Mutter-Jungtier-Kontakte nahm circa bis zur fünften Lebenswoche zu und dann kontinuierlich ab. Dieses Ergebnis ist allerdings vor dem Hintergrund zu betrachten, dass die Durchführung der Verhaltensbeobachtungen einen störenden Einfluß auf das Verhalten der Jungtiere gehabt haben könnte und dadurch möglicherweise unrealistische Kontaktdauern zustande gekommen sind. Bis circa zur dritten Lebenswoche wurden das Parken von Jungtieren in der offenen Vegetation und der orale Transport der Jungtiere durch die Mutter beobachtet. Etwa ab der 2.-3. Lebenswoche verließen die Jungtiere erstmalig allein das Nest. Ungefähr ab der 4. Lebenswoche folgten die Jungtiere der Mutter bereits über 30 - 40 Meter und zeigten Spielverhalten mit anderen Jungtieren und Schlafgruppenmitgliedern. 225 | S e i t e Franziska Quietzsch: The reproduction and rearing behavior of the golden-brown mouse lemur (Microcebus ravelobensis) 5. Summary The reproduction and rearing behavior of the golden-brown mouse lemur (M. ravelobensis) was studied during a six-month lasting period covering an entire reproductive season with a subsequent rearing period (August `07 until January `08) in the northwest of Madagascar. Data using population-ecological and telemetric methods have been collected in two study areas (JBA and JBB) differing in population size of the golden-brown mouse lemur to deliver information on the reproduction of this lemur species. Genetic analyses revealed further details. Within JBA (30 ha) 46 (26, 20) different golden-brown mouse lemurs have been captured during the entire study. The monthly population size alternated between 0.6 and 0.7 individuals per hectar. In JBB (5 ha) 80 (35, 45) different golden brown mouse lemurs have been captured during the entire study. The population size decreased continuously from August to October. Within this study two separate estrous could have been documented in JBA for the first time in this species. The first one probably lasted from the 38th – 42th calendar week. The second one started within the 44th calendar week. Two estrous could also been observed in JBB. The first one started in the 36th calendar week, the 2nd one supposably in the 42nd calendar week. The interval between two estrous comprised four weeks in both study sites. Within each study site eight females have been equipped with radiotransmitters to collect information on activity budgets, social interactions, space usage and sleeping site choice. Differences concerning the activities locomotion, being in the nest, resting, social contacts, feeding and foraging could have been revealed between the two sites and the different reproductive states especially during the rearing, pre-mating and the mating period. The mean home range size in JBB remained constant during the pre-mating, mating and gestation period. The lowest size with 0.2 ha was detected during the rearing period. Within JBA the mean home range size decreased from pre-mating to mating period. 226 | S e i t e The nightly travel distance increased in JBB from the pre-mating to the mating period. Afterwards it decreased significantly until the rearing period. Whereas in JBA the nightly travel distance shortened from pre-mating to mating period. These results show that females of both study sites show different space usage patterns. In JBA the females had on average access to three different mating partners whereas females in JBB had on average access to nine different males. Within both study sites the social encounter rate increased during the mating season. During the gestation and the rearing period it reduced again. The contingent of interactions with non-sleeping group partners and males increased during the mating period as well as the duration of contacts with males. Whereas contacts with sleeping group members decreased during the mating period. But within the rearing period more than half of all contacts were with sleeping group members again. During the night wherein a focal female in JBA was observed mating, four individuals could have been seen in her vicinity during the whole observation. Though it remained uncertain, if they were four different individuals. Within the vicinity of the female in JBB that was observed during mating two different males could were seen during the ongoing observation in that night. 14 of 17 females were allocated to sleeping groups. In total 12 different sleeping groups consisting of two to five members were defined. Except three sleeping groups all groups consisted of at least one female and one male. The exemplary tested male and female co-sleepers always belonged to one matriline and were more or less related to each other and therefore probably weren´t mating partners. Females in JBB asynchronized their estrus and showed a higher rate of locomotion during the mating period. Females in JBA in contrast seemed to synchronize their estrus. During the rearing period females affiliated in female sleeping groups or slept alone with their offspring. Beginning with the presence of offspring males could no longer be observed within sleeping groups. Three different types of sleeping sites were distinguished within this study: sleeping sites in the open vegetation, sleeping holes and finally leaf nests. It turned out that the presence of offspring had an impact on the usage duration of sleeping sites and on return rates. 227 | S e i t e During the rearing period an increased usage of leaf nests was detected. Females with offspring changed their sleeping sites almost daily and hence more often than females without offspring. Three of the focal females gave birth to a single child after about 63-69 days. Within one sleeping group two adult females with two infants were observed. Whereas it seemed that each infant belonged to one of the mothers. The duration of the observed mother-infant-contacts increased about until the 5th week after birth and decreased continuously afterwards. Approximately until the 3rd week after birth parking of infants in the open vegetation and oral transport of infants by their mother were observed. Around the 2nd- 3rd week after birth infants started to leave the nests for the first time. Nearly to the 4th week after birth infants followed their mothers up to 30-40 meters and showed playing behavior with other infants and sleeping group members. 228 | S e i t e 6. Literaturverzeichnis Alcock, J. (1996) Das Verhalten der Tiere aus evolutionsbiologischer Sicht. Stuttgart, Gustav Fischer Verlag Ancrenaz, M., Lackman-Ancrenaz, I., Mundy, N. (1994) Field observations of aye-ayes (Daubentonia madagascariensis) in Madagascar. Folia Primatologica 62(1-3):22-36. 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Anhang Anhang A Monatliche Entwicklung des Körpergewichtes aller im Untersuchungszeitraum gefangener Weibchen im JBA und JBB JBA Monat n JBB n Statistik Gebietsvergleich Gewicht (g) Gewicht (g) Mann-Whitney Median (Min – Max) Median (Min – Max) U- Test Z,p Mai 7 71 (49-96) 22 71 (43-106) Z=0,13 p>0,05 Juni 1 56 (56-56) 11 46 (20-88) Monatsvergleich: Z=1,42 Mai - Juni p>0,05 Wilcoxon-Test Z, p Juli 13 56 (38-70) Monatsvergleich: Z= 0,04 Juni - Juli p>0,05 Wilcoxon-Test Z, p August 7 52 (43-74) 27 55 (35-67) Z= -0,53 p>0,05 Monatsvergleich: Juli - August Z= 0,24 Wilcoxon-Test p>0,05 Z, p September 12 61,5 (42-77) 27 57 (35-71) Z= -0,88 p>0,05 273 | S e i t e Monatsvergleich: August- Z=0 Z=1,6 September p>0,05 p>0,05 Wilcoxon-Test Z, p Oktober 16 57,5 (41-72) 20 58,5 (42-75) Z= 0,14 p>0,05 Monatsvergleich: September - Z= 0,7 Z=0,9 Oktober p>0,05 p>0,05 Wilcoxon-Test Z, p November 6 58,5 (44-72) 9 81 (50-96) Z=1,83 p>0,05 Monatsvergleich: Oktober - Z=0,67 Z=2,31 November p>0,05 *p=0,021 Wilcoxon-Test Z, p 274 | S e i t e Anhang B Kontaktzeiten, Anzahl beobachteter Tiere und Nächte pro Gebiet und Monat Monat Gebiet beobachtete Fokustiere + Anzahl Nächte JBB August JBA JBB September JBA JBB Kontaktzeit in Stunden in Prozent F02-04 2 Nächte 05:12:29 55,44% F03-05 4Nächte 06:59:28 42,54% F18-06 1Nacht 07:06:35 54,22% F22-05 2Nächte 02:24:02 28,26% F31-06 2Nächte 02:42:55 29,70% F17-07 2Nächte 04:45:56 52,89% F18-04 1Nacht 01:46:06 41,68% F03-05 3Nächte 06:30:11 43,62% F18-06 2Nächte 05:31:33 58,67% F22-05 2Nächte 02:35:30 44,41% F43-05 3Nächte 03:30:19 30,12% F46-07 5Nächte 08:27:12 36,83% F17-07 1Nacht 00:54:45 20,39% F18-04 1Nacht 00:38:57 34,22% F29-05 4Nächte 05:48:22 29,95% F32-07 3Nächte 04:33:33 32,19% F41-07 5Nächte 07:26:54 34,35% F43-05 3Nächte 04:35:08 35,43% Oktober JBA 275 | S e i t e JBB November JBA JBB Dezember JBA JBB Januar JBA F46-07 3Nächte 02:09:21 33,55% F73-07 2Nächte 00:35:19 7,66% F31-06 1Nacht 00:34:36 25,63% F03-05 4Nächte 07:03:37 41,81% F22-06 1Nacht 00:40:53 28,76% F32-07 1Nacht 04:43:04 40,01% F31-06 2Nächte 01:23:26 16,87% F43-05 1Nacht 00:34:31 16,59% F73-07 2Nächte 01:22:45 32,71% F03-05 6Nächte 07:39:10 27,38% F22-05 2Nächte 01:22:17 17,48% F22-06 3Nächte 01:49:21 15,57% F32-07 2Nächte 02:47:21 36,06% F43-05 3Nächte 05:44:36 51,26% F46-07 1Nacht 01:06:38 23,88% F03-05 2Nächte 01:07:16 19,22% F22-06 3Nächte 01:31:54 12,43% F25-05 5Nächte 04:46:50 26,54% F41-07 5Nächte 01:12:09 11,34% F73-07 2Nächte 00:08:26 11,60% 276 | S e i t e Anhang C Monatliche Entwicklung des Hodenvolumens aller im Untersuchungszeitraum gefangener Männchen im JBA und JBB JBA Hodenvolumen JBB n in mm³ Hodenvolumen Gebietsvergleich n in mm³ mit Mann-Whitney-U Median = 37,88 Mai Min = 26,41 n=2 nicht testbar n=1 nicht testbar n=8 nicht testbar n = 25 Z= -0,3 Max = 49,35 Median = 198,99 Juni Min = 170,03 Max = 227,96 n=2 Median = 162 Median = 371,6 Juli Min = 57,43 Max = 658,66 Median= 2140,5 August Min = 890,37 Median =1981,86 n=21 Max = 4420,30 Min = 229,22 Max = 4926,26 Monatsvergleich: Z=2,24 Juli-August p=0,025 n.s. Wilcoxon-Test Z, p Median =3005,67 September Min = 963,42 Median = 2820,69 n=24 Min = 1018,26 Max = 5009,71 Max = 4464,59 Monatsvergleich: Z=2,07 Z=1,49 August-September p=0,038 n.s. Wilcoxon-Test Z, p n = 28 Z= -0,7 n.s. 277 | S e i t e Oktober Median = 1901,45 n=40 Median = 2248,19 Min = 1275,99 Min = 543,15 Max = 3000,36 Max = 4123,47 Monatsvergleich: Z=3,26 Z=1,87 September-Oktober p=0,001 n.s. Median = 1605,25 Median = 2231,89 n = 33 Z= 0,94 n.s. Wilcoxon-Test Z, p November Min = 1287,54 n=9 Min = 330,98 Max = 2318,97 Max = 2393,62 Monatsvergleich: Z=1,01 Z=0,17 Oktober-November n.s. n.s. n=7 Z= -1,43 n.s. Wilcoxon-Test Z, p Dezember Median = 1075,89 n=1 nicht testbar 278 | S e i t e Danksagung In erster Linie bedanke ich mich ganz herzlich bei PD Dr. Ute Radespiel, die mich in ihre Arbeitsgruppe aufgenommen und mir dieses interessante Thema für meine Dissertation zur Verfügung gestellt hat. Besonders die hervorragende Betreuung während aller Phasen dieses Projektes und die zuverlässige Hilfe und Unterstützung bei der Klärung von Fragen und der Lösung von Problemen, haben mir bei der Realisierung dieser Arbeit sehr geholfen. Danke für die anregenden Gespräche, sowie das Korrekturlesen des Manuskripts. Den madagassischen Institutionen, Behörden und Verantwortlichen danke ich für die mir gegebene Möglichkeit, die Forschungsarbeiten auf Madagaskar auszuführen. Stellvertretend sollen die Direction des Eaux et Forêts, die Association pour la Gestation des Aires Protégées und Conservation International genannt sein. Mein besonderer Dank gilt Blanchard Randrianambinina und Solofo Rasoloharijaona deren Einsatz sehr zur Bewältigung der madagassischen Bürokratie beigetragen hat. Außerdem danke ich Ihnen für den freundlichen Empfang in Madagaskar und ihre Unterstützung während der ersten Wochen. Den Mitarbeitern der Anganoka-Zuchtstation des Durrell Wildlife Conservation Trust in Ampijoroa sei für die zur Verfügung gestellten Wetterdaten gleichermaßen gedankt. Ich danke ganz besonders meiner Feldassistentin Sonja Kunath, die mir in allen sechs Monaten mit unermüdlichem Einsatz und ihrer Frohnatur zur Seite stand. Dank gilt auch Sandra Thoren, der ich einen Teil der Fokusbeobachtungsprotokolle zu verdanken habe sowie Kate Meares, die uns ebenfalls in unserer Arbeit unterstützte. Außerdem danke ich Ihnen und all den anderen Forschern, die während meines Feldaufenthaltes immer für eine angenehme fröhliche Stimmung und familiäre Atmosphäre sorgten und einen so in manchmal frustrierenden Situationen unterstützten. 279 | S e i t e Ein großes Dankeschön geht auch an Hella Breitrück, die mir während meiner Laborarbeit immer hilfreich zur Seite stand und mich mit ihrer fröhlichen Art immer wieder aufgebaut und motiviert hat. Dank gilt auch den Mitarbeitern des Instituts für Zoologie in Hannover, vor allem Mathias Craul und Marine Joly, die mir immer, wenn ich mal wieder ein Problem hatte, mit Rat und Tat zur Seite standen. Außerdem sorgten sie neben allen anderen Mitarbeitern für ein außergewöhnlich angenehmes Arbeitsumfeld. Dank geht vor allem an meine Freunde, die mich durch Anrufe, Briefe, Päckchen und sogar Besuche ständig motivierten und mir die Kraft gaben, die Zeit in der Ferne gut zu überstehen. Ganz besonderer Dank gilt auch Jens, der mich in allen Lebenslagen unterstützte und durch seinen Besuch in Madagaskar ein Stückchen Heimat in die Ferne mitbrachte. Schließlich möchte ich ein großes Dankeschön an meine Eltern aussprechen, ohne die ich heute nicht da wäre, wo ich bin. Sowohl finanziell als auch moralisch unterstützten sie mich auf meinem Weg. Sie nahmen sogar hohe Luftfeuchtigkeit und Mosquitoattacken auf sich, um mich während meines Feldaufenthaltes zu besuchen. Danke, dass es euch gibt! Zuletzt möchte ich den Mausmakis danken, die mir immer wieder faszinierende Einblicke in ihr Leben boten.