Tierärztliche Hochschule Hannover

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Tierärztliche Hochschule Hannover
Zum Reproduktions- und Aufzuchtverhalten des Goldbraunen
Mausmakis (Microcebus ravelobensis, Zimmermann et al. 1998)
INAUGURAL-DISSERTATION
zur Erlangung des Grades einer Doktorin
der Veterinärmedizin
- Doctor medicinae veterinariae ( Dr. med. vet. )
vorgelegt von
Franziska Quietzsch
Karl-Marx-Stadt
Hannover 2009
Wissenschaftliche Betreuung:
PD Dr. Ute Radespiel, Institut für Zoologie
1. Gutachter: PD Dr. Ute Radespiel
2. Gutachter: Prof. Dr. Sabine Meinecke-Tillmann
Tag der mündlichen Prüfung: 28.05.09
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ………………………………………………………………………………….1
1.1 Das sozioökologische Modell ………………………………………………………….1
1.2 Weibliche Fortpflanzungsstrategien ………………………………………………….3
1.3 Weibliche Fortpflanzungsstrategien bei Lemuren vor dem Hintergrund der
Weibchendominanz
………………………………………………………………….7
1.4 Jungtieraufzucht unter Lemuren
………………………………………………….9
1.5 Vorstellung des Modellorganismus – Der Goldbraune Mausmaki
…………14
1.6 Ziele der Arbeit ………………………………………………………………………..21
1.6.1 Untersuchung der weiblichen Reproduktionsbiologie …………………………22
1.6.2 Untersuchung der weiblichen Reproduktionsstrategien …………………………23
1.6.3 Untersuchung zum Aufzuchtverhalten
…………………………………………25
2. Material und Methoden ………………………………………………………………...27
2.1 Untersuchungsgebiete und Untersuchungszeitraum
…………………………27
2.1.1 Untersuchungsgebiete ………….………………………………………...………..27
2.1.1.1 Jardin Botanique A ……………………………………………………….29
2.1.1.2 Jardin Botanique B ……………………………………………………….30
2.1.2 Untersuchungszeitraum
………………………………………………………...31
2.2 Datenerhebung im Feld
………………………………………………………...33
2.2.1 Fang/Wiederfang in den Studiengebieten
…………………………………33
2.2.2. Vermessung, Erfassung des Reproduktionsstatus, Markierung und
Probennahme
………………………………………………………………...35
2.2.3 Besenderung von Weibchen
………………………………………………...39
2.2.4 Verhaltensbeobachtungen ………………………………………………………...41
2.2.5 Bestimmung der Schlafplätze
………………………………………………...43
2.2.6 Zusammensetzung der Schlafgruppen …………………………………………46
2.3 Datenanalyse
………………………………………………………………………..46
2.3.1 Populationsökologische Methoden
…………………………………………46
2.3.1.1 Nutzung von Fallen und Fangbarkeit…….………………………….….46
2.3.1.2 Bestimmung der Populationsgröße …………………………………….46
2.3.1.3 Berechnung der Populationsdichte …………………………………….50
2.3.2 Reproduktionsbiologie der Weibchen
…………………………………………50
2.3.3 Analyse der weiblichen Reproduktionsstrategien
…………………………51
2.3.3.1 Einteilung der reproduktiven Phasen ……………………….………….51
2.3.3.2 Aktivitätbudgets ….……………………………………………………….52
2.3.3.3 Nächtliche Aktionsräume und Wanderstrecken .……………………...53
2.3.3.4 Östrussynchronität …….…………………………………………………54
2.3.3.5 Sozialverhalten ….………………………………………………………..54
2.3.3.6 Zusammensetzung der Schlafgruppen …….………………………….55
2.3.4 Analyse der Kondition und Verfügbarkeit potentieller männlicher Partner
...........................................................................................................................55
2.3.4.1 Saisonale Änderung des Hodenvolumens ……………………………..55
2.3.4.2 Saisonale Änderung des Körpergewichtes …………………………….55
2.3.4.3 Anzahl männlicher Individuen in der Nähe der Weibchen …………...56
2.3.5 Analyse des Aufzuchtverhaltens ………………………………………………...56
2.3.5.1 Entwicklung der Mutter-Kind-Kontakte und ontogenetische
Betrachtungen……………………………………………………………..56
2.3.5.2 Schlafplatzwahl in und außerhalb der Aufzuchtzeit ……..…………..57
2.3.6 Genetische Analysen
………………………………………………………...57
2.3.6.1 DNA Extraktion ……………………………………………………….……57
2.3.6.2 Erstellung der Multilokus-Genotypen ……………………………….…...58
2.3.6.3 Sequenzierung der mitochondrialen d-loop ……………………….……60
2.3.6.4 Bestimmung der Verwandtschaftsverhältnisse in Schlafgruppen …....62
2.3.7 Datenverarbeitung und statistische Verfahren
3. Ergebnisse
……………………………………………………………………......65
3.1 Populationsökologie
3.1.1 Fangbarkeit
…………………………………63
………………………………………………..……………….65
………………………………………………………………………..65
3.1.2 Populationsgröße ……….……………...…………………………………………...72
3.1.3 Populationsdichte
………………………………………………………………...76
3.1.4 Anzahl weiblicher Individuen in der Nähe eines Weibchens
3.1.5 Geschlechterverhältnis
…………………78
………………………………………………………...83
3.2 Kondition und Verfügbarkeit potentieller männlicher Partner
…………………85
3.2.1 Saisonale Änderung des Körpergewichtes
…………………………………85
3.2.2 Saisonale Änderung des Hodenvolumens
…………………………………88
3.2.3 Anzahl männlicher Individuen in der Nähe der Weibchen
3.3 Reproduktionsbiologie der Weibchen
…………………90
…………………………………………93
3.3.1 Zyklusübersicht der Weibchen
………………………………………………...93
3.3.2 Konzeptionswahrscheinlichkeit
………………………………………………...97
3.3.3 Trächtigkeitsdauer …...……………………………….………………..………….101
3.3.4 Reproduktive Phasen der Senderweibchen ………………………………….…102
3.3.5 Verfügbarkeit östrischer Weibchen
………………………………….…....104
3.3.6 Saisonale Entwicklung des Körpergewichtes der Weibchen ………….…….107
3.4 Weibliche Reproduktionsstrategien ……………………………………………….109
3.4.1 Kontaktzeiten zu den Fokusweibchen …….……...……………………………..109
3.4.2 Aktivitätsbudgets in und außerhalb der Paarungszeit ………………………..110
3.4.3 Raumnutzung in und außerhalb der Paarungszeit
………………………..115
3.4.4 Östrussynchronität ……………………………………………………………….124
3.4.5 Sozialverhalten innerhalb und außerhalb der Paarungszeit
………………..125
3.4.6 Zusammensetzung der Schlafgruppen vor der Aufzuchtzeit ………………..135
3.4.7 Paarungsverhalten ……………………………………………………………….144
3.5 Aufzuchtverhalten
……………………………………………………………….146
3.5.1 Schlafplatzwahl in und außerhalb der Jungtieraufzucht
………………..147
3.5.2 Nutzungsmuster der Schlafplätze während und außerhalb der Jungtieraufzucht
…………………………………………………………………………………..…..150
3.5.3 Schlafgruppenzusammensetzung während und außerhalb der
Jungtieraufzucht
……………………………………………………………….155
3.5.4 Entwicklung der Raumnutzung während und außerhalb der Aufzuchtzeit
3.5.5 Entwicklung der Mutter-Kind-Kontakte
..158
…………………………….…………158
3.5.6 Ontogenetische Beobachtungen ……………………………………………….168
4. Diskussion
………………………………………………………………………169
4.1 Methodenkritik ………………………………………………………………………169
4.2 Untersuchung der weiblichen Reproduktionsbiologie
………………………..172
4.3 Reproduktionsstrategien weiblicher goldbrauner Mausmakis
4.4 Untersuchung des Aufzuchtverhalten
………………..187
……………………………………….207
5. Zusammenfassung
……………………………………………………………….223
6. Literaturverzeichnis
……………………………………………………………….229
7. Anhang
………………………………………………………………………………273
Abkürzungsverzeichnis
A
Allelausschluss
A
Aufzuchtzeit
Abb
Abbildung
Aug
August
Dez
Dezember
df
Freiheitsgrad
DNA
Desoxyribonukleinsäure
dNTP´s
deoxynucleotide Triphosphate
eds
editors
F
Prüfwert des ANOVA-Tests
Fa
Firma
g
Gramm
G
statistische Prüfgröße des Goodness-of-fit-Tests
Gr
Gruppe
h
Stunde
ha
Hektar
Hrsg
Herausgeber
ID
Identifikationsnummer
Jan
Januar
JBA
Jardin Botanique A
JBB
Jardin Botanique B
km
Kilometer
KW
Kalenderwoche
M
Männchen
m
Meter
Max
Maximum
Min
Minimum
Mit N
mit Nachwuchs
mm
Millimeter
mm³
Kubikmillimeter
MNA
Minimum Number of Animals Known Alive
MWU
Mann-Whitney-U-Test
N
Anzahl der Stichproben
NN
Normalnull
n.s.
nicht signifikant
Okt
Oktober
p
Irrtumswahrscheinlichkeit
P
Paarungszeit
PCR
Polymerase Chain Reaction
PTC
Peltier Thermal Cycler
r
Verwandtschaftskoeffizient
SG
Schlafgruppe
SG?
Unbekanntes Schlafgruppenmitglied
SGM
Schlafgruppenmännchen
SGW
Schlafgruppenweibchen
Tab
Tabelle
T
Tragzeit
ohne N
ohne Nachwuchs
VP
Vorpaarungszeit
W
Weibchen
WmN
Weibchen mit Nachwuchs
WoN
Weibchen ohne Nachwuchs
Z
statistische Prüfgröße
z. Bsp
zum Beispiel
?
unbekanntes Individuum
1|Seite
1. Einleitung
1.1. Das sozioökologische Modell
Nach Darwin (1859) strebt jedes Individuum danach, eine Fitnessmaximierung zu
erzielen. Die Strategien, die ein Individuum wählt, um dieses Ziel zu erreichen,
werden von einer Reihe von Faktoren modifiziert und können daher sehr
unterschiedlich aussehen (Swartz Soukup & Thompson 1997, Heg & van Teuren
1998). Bei Säugern werden der Reproduktionserfolg und damit die Fitness der
Weibchen durch den Zugang zu Ressourcen, wie Nahrung und Nistplätzen, bestimmt
(Trivers 1972, Wrangham 1980). Bei den Männchen wird der Reproduktionserfolg
durch den Zugang zu rezeptiven Weibchen beschränkt, die selbst eine rare
Ressource darstellen. Das sozioökologische Modell (Abb.1) geht daher davon aus,
dass sich das Verhalten der Weibchen nach den Faktoren Prädationsrisiko und
Ressourcenverteilung richtet. Die Verteilung der Männchen passt sich dann in einem
zweiten Schritt der gegebenen Verteilung der Weibchen an (Emlen & Oring 1977).
Ressourcenverteilung
Prädationsrisiko
Verteilung
Weibchen
Infantizidrisiko
Vor- und Nachteile des
Gruppenlebens
Verteilung
Männchen
Väterliche Fürsorge
Abb. 1 Grundzüge des sozioökologischen Modells nach Emlen und Oring (1977)
(
: maßgebliche Einflussfaktoren;
: potentielle Einflussfaktoren;
: untergeordnete Einflussfaktoren)
Die Verteilung der Ressourcen in einem Habitat beeinflusst die Struktur von
Weibchengruppen (Wrangham 1980, van Schaik 1989). Liegen Ressourcen in
2|Seite
ausreichender Menge vor, die zudem gleichmäßig in einem Gebiet verteilt sind, sollte
keine direkte Konkurrenz um diese entstehen. Agonistische Auseinandersetzungen
zwischen den Weibchen würden keine Vorteile bringen (´non-female bonded`).
Solche Beziehungen sind unter anderem bei arborealen Primatenarten mit folivorer
Ernährungsweise zu finden, wie z.B. bei Stummelaffen (Dunbar & Dunbar 1976).
Wenn
Ressourcen
hingegen
geklumpt
und
limitiert
vorliegen
und
damit
monopolisierbar werden, sollten agonistische Auseinandersetzungen und klare
Rangordnungen zwischen Weibchen ausgeprägt sein („female-bonded“), was z.B.
innerhalb der Lemuren z.B. bei Lemur catta (van Schaik 1989) der Fall ist. Natürlich
ist die Verteilung von Ressourcen auch ausschlaggebend dafür, ob Weibchen solitär
oder in Gruppenverbänden leben. Dabei ist sowohl die zeitliche als auch die
räumliche Verteilung von Ressourcen entscheidend. Bei fleckenhafter Verteilung
einer Ressource ist es für ein Individuum notwendig, eine größere Gesamtfläche zu
verteidigen, als dies für die Befriedigung des eigenen Bedarfs notwendig wäre
(Johnson et al. 2002). Daher kann ohne wesentlich größere Kosten ein zweites
Individuum im selben Gebiet Zugang zu ausreichend vielen Ressourcen gewinnen.
Nach dieser sogenannten Ressourcendispersions-Hypothese kann Gruppenleben
zunächst ohne besondere Vorteile entstehen, weil durch diesen Zusammenhang die
Kosten des Zusammenlebens entscheidend reduziert werden (Kappeler 2006).
Durch eine optimale Raubfeindvermeidung können das eigene Überleben und das
Überleben der Nachkommen gesichert werden. Dies führt zu einer Erhöhung des
individuellen Reproduktionserfolges (Alcock 1998). Das Leben innerhalb eines
Gruppenverbandes kann sich dabei als vorteilhaft erweisen, da mehrere Individuen
schneller und sicherer Prädatoren erkennen und vertreiben können (van Schaik
1983, Cheney & Wrangham 1987). Außerdem werden bei einem Angriff durch einen
Prädator aufgrund des Verdünnungs- und Verwirrungseffekts die individuellen
Überlebenschancen erhöht (Hamilton 1971).
Das Ziel, das von den Männchen verfolgt wird, besteht darin, Zugang zu möglichst
vielen Weibchen zu erlangen (Clutton-Brock & Parker 1992). Das Erreichen dieses
Zieles ist abhängig von der räumlichen und zeitlichen Verteilung rezeptiver Weibchen
(Say et al. 2001). Gibt es in einem Gebiet zum Beispiel eine niedrige Dichte an
3|Seite
Weibchen, die zudem stark synchronisiert östrisch werden, können die Männchen
z.B. eine monogame Beziehung, eine Aktionsraumvergrößerung in der Paarungszeit
oder die Verteidigung eines größeren Gebietes in Betracht ziehen (Emlen & Oring
1977, Ims 1988, 1994, Schwagmeyer 1988, Whitehead 1990). Außer in einer
Monogamie oder kohäsiven Polygynie wird es für die Männchen schwierig sein,
bestimmte Weibchen oder Ressourcen zu monopolisieren. Hier hängt viel von der
Fähigkeit der Männchen ab, östrische Weibchen zu lokalisieren und sich, wenn
möglich, mit ihnen häufiger zu verpaaren als Konkurrenten (scramble competition).
Gemischte Vaterschaften sind unter diesen Bedingungen nicht selten. Daher spielt in
diesen Fällen auch die sogenannte Spermienkonkurrenz eine entscheidende Rolle.
Hierbei konkurrieren die Spermien verschiedener Männchen, die ein Weibchen
begattet haben, um die Befruchtung der weiblichen Eizellen. Charakteristisch für
diese Art der intrasexuellen Konkurrenz sind beispielsweise große Hoden (Harcourt
et al. 1981, Clutton-Brock 1989, Davies 1991, Eberle & Kappeler 2002).
Findet man hingegen eine hohe Dichte an Weibchen, sowie asynchrone Zyklen, ist
die Möglichkeit, ein Weibchen zu monopolisieren, höher. Hier sollten die Männchen
in der Lage sein, den Zugang zu Weibchen gegenüber Rivalen zu verteidigen
(„contest competition“, Milinski & Parker 1991). Dabei spielen die Körpergröße und
das Körpergewicht eine große Rolle (Clutton-Brock 1991; Weckerly 1998; SchulteHostedde & Millar 2002). Zu dieser Verteidigungstaktik gehört auch das Überwachen
rezeptiver Weibchen („mate guarding“). Daher findet man in diesem Fall einen
geringeren Anteil gemischter Vaterschaften.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Männchen ihre Strategien an die
Wahrscheinlichkeit
ein
Weibchen
zu
befruchten,
die
Anzahl
anderer
Paarungsmöglichkeiten und die Kosten einer Weibchenverteidigung anpassen
(Eberle & Kappeler 2004b).
1.2. Weibliche Fortpflanzungsstrategien
Die Fitness von Weibchen soll hautpsächlich durch ihren Reproduktionserfolg und
das Überleben ihres Nachwuchses bestimmt (Eberhard 1998, Jennions & Petrie
2000, Gavrilets et al. 2001, Fedorkaf & Mousseau 2002, Kokko et al. 2003). Dabei ist
4|Seite
die Wahl des geeigneten Paarungspartners („best male strategy“ nach Clutton-Brock
& Harvey 1976) ein wichtiger Faktor. Da in der Regel die Weibchen den größten
Anteil an Investitionen in die Nachkommen haben, sollten sie sich hierbei wählerisch
zeigen (Krebs & Davis 1996). Bei der Auswahl des besten Partners spielt neben der
Weitergabe guten genetischen Erbmaterials auch die Investitionsbereitschaft der
Männchen eine Rolle. Durch die Wahl eines Männchens, das in der Lage ist, eine
Ressource oder aber Weibchen direkt gegen Konkurrenten zu verteidigen, könnten
solche Eigenschaften, soweit sie genetisch fixiert sind, auch an die Nachkommen
weitergegeben werden. Bei Arten, die Brutpflege betreiben, kann die Fähigkeit und
Bereitschaft des Männchens, über die Paarung hinaus in seine Nachkommen zu
investieren, auch ein entscheidendes Auswahlkriterium für das Weibchen sein
(Eberhard 1998, Jennions and Petrie 2000, Gavrilets et al. 2001, Fedorkaf and
Mousseau 2002, Kokko et al. 2003).
Ein Weibchen hat verschiedene Möglichkeiten die Partnerwahl zu beeinflussen.
Wenn Männchen die Initiative übernehmen und paarungsbereite Weibchen
aufsuchen, haben letztere die Wahl, auf die Aufforderungen einzugehen oder diese
abzulehnen. Eberle und Kappeler (2004a) beobachteten, dass Graue MausmakiWeibchen während ihres Östrus nicht in der Lage waren, Paarungen abzuwehren
(Eberle und Kappeler 2004a). Radespiel (2001) konnte hingegen bei vier von acht
beobachteten Grauen Mausmaki-Weibchen feststellen, dass diese sich den
Paarungsversuche von Männchen widersetzten.
Weibchen können allerdings auch selbst auf Partnersuche gehen, um erwählte
Männchen
zu
Paarungen
aufzufordern
(Kappeler
2006).
Weibliche
Graue
Mausmakis kopulieren z.B. in einem sehr engen Zeitfenster von wenigen Stunden
pro Jahr mit jedem Männchen, das Interesse zeigt, wehren sich aber gegen jeden
Annäherungsversuch davor oder danach (Eberle & Kappeler 2004a). Bei östrischen
Lemur catta Weibchen konnte beobachtet werden, dass diese aktiv die Nähe der
Männchen suchen und diese zu Kopulationen regelrecht auffordern, in dem sie ihnen
den Rücken zudrehen und den Schwanz anheben. Sie suchten während ihres Östrus
sogar gezielt Kontakt zu Männchen aus anderen Gruppen (Sauther 1991).
5|Seite
Die Wahl mehrerer Männchen als Kopulationspartner kann vorteilhaft sein. Obgleich
die während einer Kopulation übertragenen Spermien in der Regel für die
Befruchtung aller Eizellen eines Weibchens mehr als ausreichend sind, kann es sich
für ein Weibchen auszahlen, mehrfach und mit verschiedenen Männchen zu
kopulieren (Alcock 1996, Reynolds 1996). Die Vorteile können vielfältiger Natur sein.
Neben direktem materiellen Gewinn, zum Beispiel in Form von Brautgeschenken
(Thornhill & Alcock 1983) ist bei einigen Arten ein promiskuitives Paarungsverhalten
mit der Rekrutierung von Männchen zur Jungenaufzucht verbunden (Kleiman &
Malcolm 1981, Clutton-Brock 1991, Poldmaa & Holder 1997, Nakamura 1998). Die
Unsicherheit der Vaterschaft kann Männchen daran hindern, Infantizid zu begehen
und sie dazu veranlassen, die Jungtiere vor anderen infantizidalen Männchen zu
schützen (van Schaik 1996, van Schaik & Kappeler 1997, Swartz Soukop &
Thompson 1997, van Schaik et al. 1999). Sie kann auch die Bereitschaft von
Männchen erhöhen, Nachwuchs gegen Prädatoren zu verteidigen (Petrie &
Kempenaers 1998). Weibchen können aber auch genetische Vorteile aus
wiederholten Paarungen gewinnen, indem die Qualität und genetische Vielfalt der
Nachkommen gesteigert wird (Jennions 1997, Stear et al. 1998, Drickamer et al.
2000, Osikowski & Rafinski 2001). Dennoch sind wiederholte Kopulationen für
Weibchen auch mit Kosten verbunden, denn diese Zeit können sie nicht mit
Nahrungssuche und -aufnahme verbringen. Betrogene Männchen können ihr
elterliches Investment verringern, wenn sie Untreue vermuten. Der sexuelle Kontakt
zu mehreren Männchen birgt außerdem ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit
Krankheiten und die Übertragung von Parasiten. Paarungen mit mehreren Männchen
konnten z.B. bei Grauen Mausmakis beobachtet werden (Radespiel & Zimmermann
2002, Eberle & Kappeler 2004). Ein Weibchen verpaarte sich dabei mit ein bis sieben
verschiedenen Männchen. Bei der Gattung Varecia verpaaren sich Weibchen
ebenfalls mit mehreren Männchen, die entweder der eigenen aber auch einer
anderen Gruppe angehören können (Morland 1993b, Vasey 2007).
Neben der direkten Wahl, die Weibchen ausüben können, spielt auch die indirekte
Partnerwahl eine große Rolle. Aus einer Studie an Grauen Mausmakis weiß man,
dass Weibchen ihren Östrus sowohl akustisch, durch spezifische Werberufe, als
6|Seite
auch olfaktorisch, durch Urinmarkieren, anzeigen können (Büsching et al. 1998).
Somit erregen sie die Aufmerksamkeit von potentiellen Paarungspartnern. Auch bei
Aye-Ayes wurde beobachtet, wie östrische Weibchen durch wiederholte Rufe die
Aufmerksamkeit von Männchen erregten (Sterling 1993a).
Auch die zeitliche Verteilung der Östren bietet den Weibchen die Möglichkeit, die
Paarungsstrategien der Männchen zu beeinflussen.
So reduziert die zeitliche Synchronisierung der Östren das Monopolisierungspotential
der Männchen, da diese sich mit möglichst vielen Weibchen verpaaren wollen.
Außerdem wird dadurch das Potential für Weibchenwahl gesteigert. Da das
synchrone Auftreten von rezeptiven Weibchen das Monopolisierungspotential von
Männchen besonders bei kurzen Fortpflanzungsperioden stark begrenzen kann, wird
dies
auch
als
Mechanismus
zur
Etablierung
monogamer
Paarungs-
und
Sozialsysteme interpretiert (Knowlton 1979). Dies hat sich jedoch nicht immer als
zutreffend erwiesen (Kempenaers 1997, Weatherhead 1997). Östrussynchronisation,
die über olfaktorische Reize stattfindet, findet man bei vielen sozial lebenden
Säugern. Auch bei Lemur catta Weibchen einer Gruppe konnte eine ovarielle
Synchronität nachgewiesen werden (Pereira 1991, Sauther 1991, Sussman 1991).
Auch Eberle & Kappeler (2004) beobachteten Östrussynchronisierung bei Weibchen,
die nah beieinander lebten.
Die daraus resultierende Geburtensynchronität kann den Reproduktionserfolg
erhöhen und eine gemeinschaftliche Jungenaufzucht begünstigen. Sie kann
gleichzeitig auch als Anpassung an Prädationsdruck interpretiert werden, wobei der
Erfolg einer solchen Strategie vom Beutespektrum und der saisonalen Aktivität der
Beutegreifer abhängt (Ims 1990a, b).
Radespiel und Zimmermann (2001) hingegen stellten fest, dass Graue MausmakiWeibchen, die in einem Käfig gehalten wurden, niemals in derselben Nacht östrisch
wurden. Durch diese moderate Synchronisierung der Östren würde eine intrasexuelle
Konkurrenz der Weibchen um Paarungspartner reduziert werden, die Chance auf
eine gemeinsame Jungenaufzucht hingegen bliebe erhalten.
7|Seite
Es gibt Hinweise darauf, dass Weibchen über präkopulatorische Methoden hinaus
bestimmen können, welche Männchen Väter ihres Nachwuchses werden. Es
existieren physiologische Mechanismen im Fortpflanzungstrakt der Weibchen, mit
deren Hilfe die Vaterschaftswahrscheinlichkeit bestimmter Männchen positiv oder
negativ beeinflusst werden kann. Diese Wahlmethode wird auch als kryptische, also
geheime Weibchenwahl bezeichnet. Diese Form der Weibchenwahl kann nur nach
multiplen Verpaarungen mit unterschiedlichen Männchen erfolgen. Kryptische
Partnerwahl wurde erstmals bei Skorpionsfliegen (Harbobittacus nigriceps) von
Thornhill
(1983)
beschrieben.
Neben
strukturellen
Merkmalen
von
Spermienspeicherorganen, können auch immunologische Prozesse sowie mit dem
Genotyp
der
Männchen
korrelierte
Erkennungsmechanismen
an
der
Spermienoberfläche dafür sorgen, dass bestimmte Spermien eliminiert werden
(Greef & Parker 2000). Das Weibchen hat somit die Möglichkeit, auch nach einer
bereits stattgefundenen Kopulation zwischen verschiedenen möglichen Vätern zu
wählen. Die Unfähigkeit Grauer Mausmaki-Weibchen, „Vaginalplugs“ nach einer
erfolgten Paarung zu entfernen, verringert allerdings die Möglichkeiten für postkopulatorische Auswahlmechanismen. Im Gegensatz dazu konnte das Entfernen von
„Vaginalplugs“ bei anderen Lemurenarten wie z.B. L. catta beobachtet werden
(Setchell & Kappeler 2003).
1.3. Weibliche Fortpflanzungsstrategien bei Lemuren vor dem Hintergrund der
Weibchendominanz
Weibchendominanz ist ein charakteristisches Merkmal vieler Lemurenarten. Sie tritt
jedoch selten bei anderen Primaten und Säugern im Allgemeinen auf (Ralls 1976,
Hrdy 1981, Jolly 1984, Kappeler 1993). Dies verschafft weiblichen Lemuren eine
besondere Stellung im Säugetierreich. Weibchendominanz wird als die Fähigkeit von
Weibchen beschrieben, submissives Verhalten bei erwachsenen Männchen
hervorzurufen (Pereira et al. 1990) und wurde ursprünglich mit saisonalem Stress
bezüglich der Verfügbarkeit von Nahrungsressourcen in Verbindung gebracht (Hrdy
1981).
Dieser
Ansatz
wurde
zu
einem
Konzept
von
energieaufwändiger
Reproduktion basierend auf der hohen Wachstumsrate der Jungtiere, die
8|Seite
zwangsläufig hohe Energiereserven der Mutter einfordert, sowie saisonal stark
limitierter Nahrungsverfügbarkeit, erweitert (Jolly 1984). Neuere Studien diskutieren
allerdings andere Erklärungen für Weibchendominanz. Jolly (1998) argumentiert,
dass sich Dominanz durch Weibchen als eine Form von paternalem Investment in
die Aufzucht der Jungtiere bei monogamen Arten, entwickelt haben könnte. Diese
Theorie basiert auf der Überlegung, dass das Jungtier von einer verbesserten
Kondition des Weibchens profitiert und somit das Männchen seine eigene direkte
Fitness vergrößert. Tilden und Oftedal (1995) legen dar, dass Weibchendominanz
eine Strategie zur Vermeidung von reproduktivem Stress darstellen könnte, die
darauf gründet, dass Weibchen während der nahrungsreichen Zeit Priorität an den
Fressplätzen haben und somit genügend Energiereserven für die folgenden
trockenen Monate ansammeln können. Bei Lemuren wird zwischen einer eindeutigen
Weibchendominanz, einer moderaten Dominanz (Konflikte werden weniger oft
entschieden und Männchen sind häufiger aggressiv) sowie der Dominanz der
Weibchen im Futterkontext unterschieden. Eindeutige Weibchendominanz existiert
z.B. bei Indri indri (Pollock 1979, Powzyk 1997) und M. murinus (Radespiel &
Zimmermann 2001). Moderate Weibchendominanz wurde zum Beispiel bei
Daubentonia
madagascariensis
beobachtet
(Rendall
1993).
Dominanz
im
Futterkontext scheint z.B. bei Sifakas (Propithecus verreauxi) aufzutreten, da bei
dieser Gattung alle beschriebenen Konflikte im Futterkontext beobachtet werden
konnten (Richard 1978, Kubzdela et al. 1992). Weibchendominanz kann dabei
verschiedenen Funktionen dienen. Im Kontext der Reproduktion und Aufzucht
spielen
unter
anderem
die
Regulation
und
Kontrolle
des
Zugangs
zu
Nahrungsressourcen oder Schlafplätzen eine entscheidende Rolle. In einer Studie
von Radespiel et al. (1998) am Grauen Mausmaki wurde herausgefunden, dass
Weibchen im Vergleich zu Männchen besser geschützte und isolierte Schlafplätze
nutzten. Außerdem können Weibchen aktiv Entscheidungen bezüglich potentieller
Paarungspartner
treffen,
in
dem
Paarungsversuche
bestimmter
Männchen
abgewehrt werden. Dieses Verhalten wurde sowohl von Pagès-Feuillade (1988) und
Radespiel (1998) bei freilebenden Grauen Mausmakiweibchen beobachtet. In einer
Studie
von
Radespiel
et
al.
(2001)
gewannen
die
Weibchen
von
vier
9|Seite
Untersuchungsgruppen, die jeweils aus zwei Weibchen und zwei Männchen
zusammengesetzt
waren,
alle
entschiedenen
Männchen-Weibchen-Konflikte
unabhängig vom Kontext und der Konstellation der interagierenden Tiere. Laut einer
Studie von Eberle und Kappeler (2004a) hingegen verpaarten sich alle beobachteten
Weibchen des Grauen Mausmakis in ihrer rezeptiven Phase mit jedem Männchen,
das Interesse zeigte. Das Vorkommen von Weibchendominanz, unabhängig vom
Ausmaß der Dominanzverhältnisse,
scheint weiblichen Lemuren die Chance zu
bieten, maßgeblich auf ihren Reproduktionserfolg einzuwirken und diesen zu
steigern.
1.4. Jungtieraufzucht unter Lemuren
Elterliche Fürsorge kann als jegliches Verhalten eines Elternteiles, das zur Erhöhung
der Fitness seiner Nachkommen beiträgt, definiert werden (Clutton-Brock 1991). Ob
und welche Form elterlicher Fürsorge stattfindet, hängt vom Verhältnis der damit
zusammenhängenden Vor- und Nachteile ab. Die Vorteile bestehen aus positiven
Effekten auf Überleben, Wachstum und Fortpflanzungserfolg der Nachkommen. Die
somatischen und ökologischen Kosten der Fürsorge können sich in reduzierter
Überlebenswahrscheinlichkeit und Fekundität in der nächsten Fortpflanzungsperiode
niederschlagen (Kappeler 2006). Verschiedene Tiergruppen und Arten können sich
aufgrund unterschiedlicher ökologischer und sozialer Rahmenbedingungen in Form
und Intensität der Fürsorge unterscheiden.
Neben der solitären Jungtieraufzucht gibt es Arten, bei denen mehrere Weibchen
gleichzeitig Nachwuchs bekommen und diesen gemeinsam aufziehen („plural
breeders“). Die Vorteile können sowohl in einer direkten Fitnesssteigerung,
vorausgesetzt die Hilfe ist reziprok, oder in der indirekten Fitnesssteigerung liegen,
wenn verwandte Tiere Gruppen ausbilden (Pen & Weissing 2000, Kokko et al. 2001,
Clutton-Brock 2002). Als Vorteile der gemeinschaftlichen Jungenaufzucht werden
Fitnessgewinne
gemeinschaftliche
durch
Jagd,
gemeinsame
Ausbeutung
„Allogrooming“,
von
Verteidigung
Nahrungsressourcen,
und
Thermoregulation
diskutiert. Es werden aber auch zahlreiche Kosten angeführt, wie die gesteigerte
Konkurrenz um Nahrung, die größere Auffälligkeit für Prädatoren, die Übertragung
von Parasiten und Infantizid (Emlen 1991).
10 | S e i t e
Weitere Gründe für die Gruppenaufzucht können auch ökologisch fundiert sein
(Emlen 1982, Getz et al. 1992). Dazu gehört zum Beispiel die beschränkte
Verfügbarkeit von Schlafplätzen. Eine verbesserte Lokalisation von Nahrungsquellen
wird ebenfalls bei manchen Arten als Erklärung angeführt (Caraco & Brown 1986,
Faulkes et al. 1997). Eine weitere Hypothese beschäftigt sich mit missgerichteter
elterlicher Fürsorge, die durch die Unfähigkeit entsteht, eigenen von fremdem
Nachwuchs zu differenzieren (Eberle & Kappeler 2006). Dabei ist jedoch wieder der
Verwandtschaftsgrad in Bezug auf indirekte Fitnesssteigerung zu berücksichtigen.
Ein nicht zu vernachlässigender Grund, Jungtiere gemeinschaftlich aufzuziehen,
kann auch die Sicherung des Reproduktionserfolges bei Versterben der Mutter sein
(König 1994b).
In einer Studie über das Aufzuchtsverhalten des Grauen Mausmakis (Eberle &
Kappeler 2006) wurde beobachtet, dass alle Weibchen, die eng verwandte Weibchen
in ihrer näheren Umgebung hatten, mit diesen gemeinsam während der Aufzucht
Gruppen bildeten. Dabei hatte jedes der Weibchen eigenen Nachwuchs. Auch bei
einem Wechsel von Schlafplätzen blieben diese Gruppen konstant bestehen. Die
Jungtiere verblieben die ersten drei bis vier Lebenswochen im Nest und begannen
ab einem Alter von acht Wochen selbstständig auf Nahrungssuche zu gehen. Bis zu
einem Alter von sechs Wochen wurden die Jungtiere gesäugt und ausschließlich von
ihren eigenen Müttern transportiert. Die Weibchen sind also in der Lage, eigenen
Nachwuchs von fremdem Nachwuchs zu unterscheiden. Der Nachwuchs wurde
allerdings auch von fremden Müttern gesäugt und der Fellpflege unterzogen (Tab.1).
Bei anderen Lemurenarten wie zum Beispiel L. catta wurde die Aufzucht von
Jungtieren in gemischtgeschlechtlichen Gruppen beobachtet (Tab.1). L. catta lebt in
Gruppen bestehend aus 11-17 Individuen (Sussman 1991, Hood & Jolly 1995).
Innerhalb der ersten drei Lebenswochen der Jungtiere stellt die Mutter den primären
Bezugspunkt für ihr Jungtier dar. Andere Weibchen innerhalb der Gruppe, die
teilweise auch eigenen Nachwuchs haben, assistieren der Mutter jedoch in
unterschiedlichem Maße bei der Aufzucht des Nachwuchses („alloparenting“) (Jolly
1966, Gould 1992). Dieses Verhalten kann sowohl das „Groomen“, als auch das
Tragen von fremden Jungtieren beinhalten. In Fällen, in denen die Mutter vor dem
11 | S e i t e
Absetzen der Jungtiere verstarb, wurden diese von anderen Gruppenmitgliedern
versorgt und sogar gesäugt (Gould 2000). Tatsächlich wurden in einer Studie von
Eberle und Kappeler (2006) überlebende Jungtiere gefunden, deren Mütter während
der Laktationsperiode verstorben waren. Ein ähnliches Verhalten konnte bereits auch
bei L. catta beobachtet werden (Gould 2000).
Ähnliche Formen der Jungtierbetreuung in Gruppen, die das Säugen und
Herumtragen nicht-eigenen Nachwuchses beinhalten, wurden unter anderem auch
bei Propithecus edwardsi und P. candidus beobachtet (Jolly 1966, Grieser 1992,
Patel et al. 2003a, reviewed in Patel 2007b).
Bei einer weiteren Lemurenart, Varecia varecia, bei der die Gruppenmitglieder
ebenfalls Unterstützung bei der Jungtieraufzucht leisten, wurde die Mutter beim Bau
eines Nestes, also eines zusätzlichen Schutzfaktors für den Nachwuchs, beobachtet.
Diese Nester wurden vor der Geburt der Jungtiere in circa 10-25 m Höhe aus
Blättern, Zweigen und anderem Laubwerk errichtet (Morland 1990, Vasey 1997a,
2007). Die Mütter verbringen während der ersten zwei Wochen nach der Geburt
zwischen 70 und 90 % der Zeit mit ihrem Nachwuchs in diesen sehr dichten Nestern
(Pereira et al. 1987) (Tab.1). Ab einem Alter von drei Wochen werden die Jungtiere
erstmals von der Mutter aus dem Nest getragen und in der Vegetation platziert
(Pereira et al. 1987, Morland 1990, Vasey 2007). Dort verbleiben sie reglos, bis die
Mutter nach bis zu sieben Stunden von ihrer Futtersuche zurückkehrt (Pereira et al.
1987, Vasey 2007). Der Transport der Jungtiere durch die Mutter endet ab einem
Alter von 2,5 Monaten (Morland 1990, Downman 1993, Vasey 2007). Ab diesem
Zeitpunkt beginnen sie der Mutter und anderen Gruppenmitgliedern bis zu 100 m zu
folgen. Mit drei bis vier Monaten sind die Jungtiere schließlich in der Lage, den
Adulten dauerhaft zu folgen (Morland 1990, Vasey 2007).
Neben der Betreuung von Jungtieren in Gruppen gibt es unter Lemuren aber auch
andere Formen der Jungtieraufzucht wie zum Beispiel bei Cheirogaleus medius.
Diese Art weist ein monogames Paarungsystem auf, wobei ein
Weibchen-Männchen-Paar bis zu drei Jahren zusammenleben kann. Während der
Jungtieraufzucht bewachen und beschützen beide Elternteile die
Jungtiere
(Ratsimbazafy et al. 2006). In Fällen, in denen das Männchen das Weibchen nicht
12 | S e i t e
bei der Aufzucht der Jungtiere unterstützte, wurde gewöhnlich der Tod der Jungtiere
beobachtet (Fietz 1999). Das Zusammenleben in einem Männchen-Weibchen-Paar
wurde auch bei weiteren Lemuren beobachtet. So besteht zum Beispiel die soziale
Einheit bei Avahi occidentalis oder A. laniger auch aus einem Elternpaar und ihrem
Nachwuchs (Harcourt, 1988; Harcourt & Thornback, 1990). Inwieweit sich der Vater
hier allerdings an der Fürsorge um die Jungtiere beteiligt, ist nicht bekannt.
Anhand der Übersicht über die verschiedenen Formen der Jungtieraufzucht bei
Lemuren wird deutlich, dass die Jungtieraufzucht in sozialen Gruppen am weitesten
verbreitet zu sein scheint.
Tab.1 Übersicht über soziale Konstellationen bei der Aufzucht sowie den Verbleib
von Jungtieren bei Lemuren
Soziale Konstellation
beobachtetes
bei Aufzucht
Verhalten
Weibchen ziehen
Artenbeispiele
Referenzen
Cheirogaleus major
Grzimek 1988;
Jungtiere allein auf
Nowak 1999
.
Weibchen ziehen
Gemeinsames Nest
M. murinus
Jungtiere in
Gemeinsames
2006;
Weibchengruppen
„Grooming“
Lutermann 2001
auf
Gemeinsames Säugen
Eberle & Kappeler
Gemeinsamer
Transport
Adoption
Weibchen ziehen
Gemeinsames
Jungtiere in
„Grooming“
gemischten Gruppen
Gemeinsames Säugen
auf
Gemeinsamer
Lemur catta
Propithecus edwardsi
P. candidus
Jolly 1966, Gould 1992
Jolly 1966;
Grieser 1992;
Patel et al. 2003a;
reviewed in Patel
Transport
2007b
13 | S e i t e
Adoption
Varecia varecia
Pereira et al. 1987;
Kerridge 1999
Aufzucht von
Beide Elternteile
Jungtieren durch ein
bewachen und wärmen
Männchen-Weibchen-
die Jungtiere
Cheirogaleus medius
Ratsimbazafy et al.
2006
Paar
Avahi occidentalis
Investment des Vaters
Harcourt & Thornback
nicht bekannt
1990
Jungtier Verbleib
Im Nest
Bis zu einem Alter von
V. varecia
ein - drei
Morland 1990
Vasey 1997a 2007
Lebenswochen
Ch. major
Grzimek 1988
Nowak 1999
Bis zu einem Alter von
drei - vier
M. murinus
Lutermann 2001
Ch. major
Petter et al. 1977;
Lebenswochen
Jungtiere können der
Mutter über längere
Strecken folgen
„Parken“ der
Jungtiere in der
3. - 4. Lebenswoche
offenen Vegetation
Wright & Martin 1995
3. - 4. Lebenswoche
Ch. medius
Petter et al. 1977
mit 8 Wochen
Daubentonia
Ancrenaz et al. 1994;
verlassen sie erstmals
madagascariensis
Feistner & Ashbourne
14 | S e i t e
das Nest
1994
M. murinus
Martin 1972a
1.5. Vorstellung des Modellorganismus – Der Goldbraune Mausmaki
Systematik und Verbreitung
In Madagaskar ist eine der artenreichsten Primatenradiationen der Welt beheimatet,
die Lemuren, zu denen mehr als 90 noch lebende Arten zählen (Mittermeier et al.
2008). Sie sind aufgrund von Abholzung und einer Zunahme an Lebensraum
zerstörender Landwirtschaft stark bedroht. Zu den Lemuren gehören auch die
Mausmakis (Microcebus spp.), eine zur Zeit 16 Arten umfassende Gattung (Olivieri et
al 2007, Radespiel et al. 2008), von denen in dieser Studie eine Art untersucht
werden soll, der Goldbraune Mausmaki (Zimmermann et al. 1998).
Phylogenetisch zählen Mausmakis zu den ursprünglichen Primatenspezies. Sie sind
daher besonders geeignete Modellorganismen für die Erforschung der Evolution von
Sozialsystemen bei Primaten. Taxonomisch werden sie folgendermaßen klassifiziert:
Reich: Animalia
Phylum: Chordata
Klasse: Mammalia
Ordnung: Primates
Unterordnung: Strepsirrhini
Überfamilie: Lemuroidea
Familie: Cheirogaleidae
Gattung: Microcebus
Das Vorkommen des 1998 von Zimmermann et al. entdeckten Goldbraunen
Mausmakis ist auf die Waldgebiete zwischen den Flüssen Betsiboka und Mahajamba
beschränkt (Radespiel & Raveloson 2001, Rendigs et al. 2003, Olivieri et al. 2007,
Rakotondravony & Radespiel 2008).
15 | S e i t e
Der Name M. ravelobensis leitet sich vom Namen des Sees ´Lac Ravelobe` ab, an
dem diese Art erstmals entdeckt wurde. In Ampijoroa tritt der Goldbraune Mausmaki
im Jardin Botanique A (JBA) sympatrisch mit dem Grauen Mausmaki (M. murinus)
auf, wohingegen er im Jardin Botanique B (JBB) die einzige anzutreffende
Mausmakiart darstellt. Diese beiden M. ravelobensis - Populationen unterscheiden
sich drastisch in ihrer Populationsdichte. Während sie in einem Gebiet (JBA) der
Dichte der sympatrischen Grauen Mausmakis vergleichbar ist (0,5 - 0,8 Individuen
pro Hektar (Mester 2006)), ist sie in einem allopatrischen Studiengebiet (JBB)
deutlich höher (3,6 - 4,4 Individuen/ha) (Mester 2006).
Morphologie
M. ravelobensis zählt mit ca. 60 Gramm Körpergewicht zu den schwereren Vertretern
der Mausmakis in West-Madagaskar. Er besitzt eine Kopf-Rumpflänge von 12 - 13
cm, eine Schwanzlänge von 15 - 17 cm und eine Gesamtlänge von 27 - 30 cm
(Rasoloarison et al. 2000). Die Goldbraunen Mausmakis unterscheiden sich vom
sympatrisch lebenden Grauen Mausmaki äußerlich durch ihre goldbraune Färbung
einen längeren Schwanz und längere Hinterfüße (Zimmermann et. al 1998).
Nahrung
Goldbraune Mausmakis ernähren sich wie Graue Mausmakis omnivor. Arthropoden
und kleine Vertebraten zählen ebenso zum Nahrungsrepertoire wie Sekrete von
Insektenlarven, Früchte, Blüten, Nektar, Baumsäfte und Blätter (Hagenah 2001,
Weidt et al. 2004, Radespiel et al. 2006).
Weidt (2001)
konnte in einer Freilandstudie zudem ein saisonal wechselndes
Nahrungsspektrum in Anpassung an sich verändernde Nahrungsbedingungen
beobachten. Sarikaya (1999), Peters (1999) und Schmelting (2000) fanden einen
derartigen Effekt im Nahrungsverhalten auch bei M. murinus.
16 | S e i t e
Kommunikation
Akustische Kommunikation
Für Mausmakis spielen akustische Signale eine wesentliche Rolle im Sozialverhalten
(Zimmermann &
Lerch 1993, Zimmermann 1995a, b, Hafen 1998). Sie
kommunizieren an der oberen Grenze unseres Hörbereiches oder vollständig im
Ultraschallbereich. Das Lautrepertoire der Grauen Mausmakis ist komplex. Sie
verschlüsseln in ihren Rufen geschlechts- und individualspezifische akustische
Erkennungszeichen. Beim Vergleich des Lautrepertoires von M. murinus, M. rufus,
M. berthae und M. ravelobensis wurde deutlich, dass sich die meisten Sozialrufe
zwischenartlich nur gering unterscheiden (Zietemann et al. 1999). Beim Goldbraunen
Mausmaki konnte neben den Sozialrufen Grunzer, Tsäk und Pfiff ein hochfrequenter
Werberuf festgestellt werden (Polenz 2000). Dieser Trillerruf wurde dabei nicht nur
im Paarungskontext geäußert, sondern auch bei der Annäherung eines Männchens
an ein Weibchen sowie beim Zusammentreffen von Schlafgruppen in den
Morgenstunden (Braune et al. 2005) und unterscheidet sich in der akustischen
Struktur deutlich von der des Grauen Mausmakis (Polenz 2000). Außerdem weisen
die Trillerrufe verschiedener Schlafgruppen unterschiedliche Muster auf (Braune et
al. 2005). Eine hohe Individualität in der Lautstruktur der Triller zeigte sich für Graue
und Goldbraune Mausmakis (Zimmermann & Lerch 1993, Polenz 2000). In einer
Studie von Braune (2008) an M. murinus, M. lehilahytsara und M. ravelobensis
wurde weiterhin herausgefunden, dass Mausmakis auf arteigenene Werberufe
deutlich stärker reagierten als auf artfremde. Hingegen konnten keine Unterschiede
in den Reaktionen auf arteigene und artfremde Tsäkrufe beobachtet werden (Braune
2008).
Olfaktorische Kommunikation
In einer Untersuchung unter Verwendung von Käfigen in natürlicher Umgebung
konnte
bei
dem
Markierverhalten
Goldbraunen
beobachtet
Mausmaki
werden
ausschließlich
(Polenz
2000).
Urinmarkieren
Als
Funktion
als
des
„Urinwaschens“ vermutete Glatston (1979), dass es der Kommunikation und
Individuenerkennung, nicht aber der Territorienabgrenzung dient. Bei dem Vorgang
17 | S e i t e
des „Urinwaschens“ baden die Mausmakis ihre Hände und Füße in eigenem Urin.
„Urinwaschen“ wird zudem als Information an das andere Geschlecht bezüglich des
Reproduktionszustandes und auch als Information an Konkurrenten betrachtet (Hurst
& Rich 1999, Rich & Hurst 1998, Schmelting 2000). Individuelle Erkennung von
Individuen am Urin konnte unter anderem bei Mirza coquereli gezeigt werden
(Schilling 1980) und wurde auch für den Grauen Mausmaki vermutet (Sarikaya
1999). Welche individuellen Eigenschaften über den Urin kodiert sind, ist bisher
jedoch noch nicht bekannt. Beim Grauen Mausmaki wird davon ausgegangen, dass
Sekrete
aus
dem
Genitalbereich
der
Weibchen
Informationen
über
ihren
reproduktiven Zustand liefern (Buesching et al. 1998). In einer Freilandstudie an M.
ravelobensis
(Weidt
2001)
wurden
neben
dem
„Urinwaschen“
auch
Anogenitalmarkieren, Astbeißen und Kopf-/Körperreiben beobachtet. Die mittlere
Häufigkeit
des Urinwaschens
nahm
dabei
während
der Paarungszeit
zu.
Anogenitalmarkieren wurde ebenfalls im September mit der größten mittleren
Häufigkeit beobachtet.
Beide Verhaltensweisen wurden also vor allem im
reproduktiven Kontext beobachtet.
Aktionsräume
Weibchen von M. ravelobensis wiesen im Untersuchungsgebiet Jardin Botanique A
im Jahr 1996 mittlere Aktionsraumgrößen von 2,6 bis 2,7 ha, im Jahr 1997 zwischen
1,2 und 2,3 ha auf (Ehresmann 2000). In einer Studie von Weidt et al. (2004) lag die
Größe der Aktionsräume der Weibchen im Jardin Botanique B im Jahr 1998 vor der
Paarungszeit hingegen bei 0,58 ha, im Jahr 2000 bei 0,46 ha. Während der
Paarungszeit wurden Aktionsraumgrößen von 0,62 ha in 1998 und 0,5 ha in 2000
verzeichnet. Die Aktionsraumgrößen der Weibchen im Jardin Botanique B waren
also deutlich kleiner, als die der Weibchen im Jardin Botanique A. Auch die
Männchen von M. ravelobensis wiesen im Jardin Botanique A deutlich größere
Aktionsräume als im Untersuchungsgebiet Jardin Botanique B auf (Ehresmann 2000,
Hagenah 2001).
Sowohl für den Goldbraunen, als auch für den Grauen Mausmaki konnten im Jardin
Botanique A keine Veränderungen der Aktionsraumgrößen im Jahresverlauf bei den
18 | S e i t e
Weibchen festgestellt werden (Radespiel 1998, Ehresmann 2000, Weidt et al. 2004).
Im Untersuchungsgebiet JBA konnte hingegen eine Vergrößerung der Aktionsraume
der Goldbraunen Mausmaki Männchen während der Paarungszeit gefunden werden
(Ehresmann 2000).
Für den Grauen Mausmaki wurde anhand der Aktionsraumbestimmungen und
Fangorte der Individuen eine hohe Ortstreue der Tiere festgestellt (Radespiel 1998).
Ein Vergleich der Aktionsräume der M. ravelobensis Weibchen vor und während der
Paarungszeit zeigte auch hier eine große räumliche Konstanz an (Weidt et al. 2004).
Für M. ravelobensis konnten des Weiteren sowohl intra- als auch intersexuelle
Aktionsraumüberlappungen vor als auch während der Paarungszeit festgestellt
werden (Randrianambinina 1998, Weidt et al. 2004).
Bisher liegen allerdings noch keinerlei Informationen über die Raumnutzung der
Goldbraunen Mausmaki-Weibchen während der Aufzucht vor.
Schlafplätze
M. ravelobensis nutzten im Vergleich zum sympatrisch lebenden Grauen Mausmaki
signifikant seltener Baumhöhlen und Baumspalten als Schlafplätze. Exponierte
Schlafplätze in Lianen, im Gestrüpp und in Astgabeln traten auf (Ehresmann 2000,
Radespiel et al. 2003). Zudem wurde bei Goldbraunen Mausmakis ein starkes
Fluchtverhalten am Schlafplatz beobachtet (Ehresmann 2000, Radespiel et al. 2003).
Auch bei ersten Untersuchungen des im Jardin Botanique B allopatrisch
vorkommenden M. ravelobensis konnte keine Nutzung von Baumhöhlen festgestellt
werden (Randrianambinina 1997). Weibchen nutzten hier neben den oben
genannten Schlafplätzen auch Blätternester und Tectonia grandis-Schlafplätze
(Weidt 2001). Über das Schlafplatzverhalten, also die Nutzung bestimmter
Schlafplatztypen und die Nutzungsdauer eines Schlafplatzes, während der
Aufzuchtzeit Goldbrauner Mausmaki-Weibchen ist bisher noch nichts bekannt.
Reproduktion
Vermutlich in Anpassung an eine saisonale Nahrungsverfügbarkeit gibt es beim
Goldbraunen Mausmaki Hinweise auf eine saisonale Reproduktion (Schmelting et al.
2000, Randrianamibinina et al. 2003, Roloff 2007).
19 | S e i t e
Östrische
Weibchen
des
Goldbraunen
Mausmakis
konnten
in
bisherigen
Untersuchungen in Ampijoroa ab Ende August gefangen werden (Polenz 2000,
Schmelting et al. 2000, Roloff 2007). Damit zeigten sie eine im Gegensatz zu M.
murinus etwa zwei Wochen früher einsetzende Paarungszeit (Schmelting et al.
2000). Von den Grauen Mausmakis weiß man weiterhin, dass alle Weibchen einer
Population in einem sehr engen Zeitraum von ca. drei Wochen in den Östrus
kommen (Radespiel et al. 2001b), wobei sich die rezeptive Phase auf 2 – 4 Stunden
beschränkt (Lebec 1984). Dieser hohe Grad an Synchronität wird durch eine
photoperiodische Steuerung des Reproduktionsbeginns erklärt (Petter-Rousseaux
1988, Perret 1992, Schmelting et al. 2000). Im Gegensatz hierzu findet man
östrische Goldbraune Mausmaki-Weibchen von August bis mindestens November
(Randrianambinina et al 2003). Bei M. ravelobensis
konnte also bisher im
Gegensatz zu M. murinus keine ausgeprägte Östrussynchronisation festgestellt
werden (Ehresmann 2000, Polenz 2000, Weidt et al. 2004). Die Ursache und
mögliche Konsequenzen der reduzierten Östrussynchronität sind bisher noch nicht
untersucht worden. Es sind jedoch auf dieser Grundlage deutliche Unterschiede im
Paarungssystem und Aufzuchtssystem zwischen M. ravelobensis und M. murinus zu
erwarten.
Polenz
durchschnittliche
(2000)
konnte
Östrusdauer
von
für
Goldbraune
2,13
Tagen
Mausmakiweibchen
ermitteln.
Während
eine
dieses
Zeitfensters wiesen die Weibchen eine offene Vagina sowie bei der zytologischen
Untersuchung Plattenepithelien auf, die das Östrusstadium charakterisieren (Izard
and Rasmussen 1985).
Während für M. murinus-Weibchen eine mittlere Interöstrusdauer von circa 50 Tagen
beschrieben wurde (Glatston 1979, Perret 1982, Perret & Aujard 2001b, Radespiel &
Zimmermann 2001a, Wrogemann et al. 2001), gibt es für M. ravelobensis bisher
noch keine verlässlichen Daten. Roloff (2007) ermittelte aus den Daten einer
Langzeitstudie,
dass
die
Weibchen
von
M.
ravelobensis
vermutlich
eine
Interöstrusdauer von vier bis fünf Wochen haben, was deutlich unter den 50 Tagen
von M. murinus liegen würde.
Nach Schmelting et al. (2000) liegen sowohl für den Grauen, als auch für den
Goldbraunen Mausmaki Hinweise auf zwei aufeinanderfolgende Östren innerhalb
20 | S e i t e
einer Fortpflanzungssaison vor. Diese wird von September bis Januar datiert. Polenz
(2000) hingegen konnte für M. ravelobensis keine zwei getrennten Östren feststellen.
Von August bis November wurden in allen Monaten östrische Weibchen gefangen.
Roloff (2007) begründet die starke zeitliche Streuung der Östren durch die im
Vergleich zum Grauen Mausmaki weniger starke Synchronisierung der Östren sowie
durch die schlechte Konzeptionsrate der M. ravelobensis-Weibchen während ihres
ersten Östrus, die dazu führt, dass Weibchen nach circa 4 - 5 Wochen erneut
östrisch werden.
Detaillierte Daten über den Goldbraunen Mausmaki fehlen allerdings noch.
Sozialsystem
Während ihrer nächtlichen Aktivität sind Goldbraune Mausmakis meist allein auf
Nahrungssuche. Sie leben demnach in einem dispersen Sozialsystem (Müller &
Thalmann 2000). Trotzdem konnten auch wiederholt soziale Interaktionen mit
Artgenossen beobachtet werden. Dabei ist die Mehrheit der Interaktionen neutraler
oder positiver Natur. Die wenigen agonistischen Interaktionen, die beobachtet
wurden, fanden kurz vor oder während der Paarungszeit statt. Dabei könnte es sich
sowohl um Konkurrenzverhalten unter Männchen, als auch um aggressives
Verhalten der Weibchen gegenüber potentiellen Paarungspartnern als Form von
Weibchenwahl gehandelt haben (Weidt et al. 2004).
Die Goldbraunen Mausmakis im Jardin Botanique A und im Jardin Botanique B
traten hauptsächlich in gemischtgeschlechtlichen (Radespiel et al. 2003a, Weidt et a.
2004, Randrianambinina 2001) und über einen längeren Zeitraum konstanten
Schlafgruppen auf (Ehresmann 2000, Weidt 2001). Über die Zusammensetzung
dieser Schlafgruppen während der Aufzuchtzeit liegen bisher keinerlei Informationen
vor. Weidt (2001) konnte ein typisches Verhalten beim Aufsuchen der Schlafplätze
feststellen. Noch fehlende Schlafpartner wurden gerufen oder sogar gesucht. Dieses
Verhalten setzt einen sehr hohen Grad an individueller Erkennung voraus (Braune et
al. 2005, Radespiel et al. 2009). Aufgrund der vorliegenden Informationen wurde die
soziale Struktur von M. ravelobensis als ein disperses Mehr-Männchen-Mehr-
21 | S e i t e
Weibchen-System mit einem sozialen Netzwerk bezeichnet (Ehresmann 2000, Weidt
et al. 2004).
Paarungssystem
In der Studie von Weidt et al. (2004) wurde auf der Basis von Fangdaten im JBB die
Anzahl potentieller Paarungspartner untersucht, zu denen weibliche M. ravelobensis
während der Paarungszeit Zugang hatten. Im Jahr 1998 hatten die Weibchen
maximal Zugang zu drei, im Jahr 2000 zu maximal fünf möglichen Paarungspartnern.
Bei den Männchen des Goldbraunen Mausmakis wurde circa einen Monat vor
Beginn der Paarungszeit ein deutlicher Anstieg des Hodenvolumens verzeichnet
(Schmelting et al. 2000). Für den Grauen Mausmaki wurde die Spermienkonkurrenz
als mögliche Paarungsstrategie der Männchen bereits vermutet (Fietz 1999a,
Radespiel 2000). Die vorliegenden Daten zur Entwicklung der Hodengröße zwischen
dem Grauen und dem Goldbraunen Mausmaki sind vergleichbar (Schmelting et al.
2000). Somit scheint Spermienkonkurrenz auch bei den Männchen des Goldbraunen
Mausmakis eine wahrscheinliche Paarungsstrategie darzustellen.
Das Auftreten von gemischtgeschlechtlichen Schlafgruppen könnte eventuell eine
weitere Paarungsstrategie der Männchen darstellen, die es Ihnen erleichtert,
östrische Weibchen zu lokalisieren (Weidt et al. 2004). Es konnte jedoch von Weidt
(2001)
beobachtet
werden,
dass
die
Anzahl
sozialer
Begegnungen
mit
Schlafgruppenpartnern von der Nichtpaarungs- zur Paarungszeit abnahmen, soziale
Begegnungen mit unbekannten Artgenossen jedoch zunahmen. Bisher fehlen jedoch
detaillierte Informationen über die Paarungsstrategien der weiblichen Goldbraunen
Mausmakis.
Aufzuchtverhalten
Goldbraune Mausmakis wurden bisher in keiner Studie während der Aufzuchtzeit
beobachtet. Über diese Phase sowie über die Dauer der Graviditäten liegen also
bisher
keinerlei
Informationen
vor.
Aufgrund
von
Unterschieden
in
der
Schlafgruppenzusammensetzung und des zeitlichen Eintretens der Östren von M.
22 | S e i t e
ravelobensis und M. murinus sind zwischen diesen beiden Arten deutliche
Unterschiede in der Aufzucht zu erwarten.
1.6. Ziele der Arbeit
Im Rahmen dieses Projektes sollen Voraussagen zu Paarungsstrategien weiblicher
Goldbrauner Mausmakis in Abhängigkeit von unterschiedlicher Populationsdichte in
zwei Untersuchungsgebieten und somit die verhaltensökologische Plastizität dieser
Art überprüft werden. Außerdem soll das Aufzuchtverhalten der Goldbraunen
Mausmakis untersucht werden, da es sich aufgrund einer völlig anderen
Schlafgruppenzusammensetzung
grundlegend
vom
Aufzuchtverhalten
des
sympatrisch lebenden Grauen Mausmakis unterscheiden sollte. Daneben sollen
wichtige biologische Rahmendaten erhoben werden, die für diese Art noch nicht
vorliegen, wie zum Beispiel die Dauer und Synchronität der Östren, Länge der
Graviditäten sowie Wurfgrößen.
Im Zentrum steht der Vergleich von zwei Populationen, in denen Weibchen der
Goldbraunen Mausmakis in unterschiedlicher Dichte leben. Aufbauend auf den
Ergebnissen früherer Jahre ist in JBA mit einer geringen und in JBB mit einer hohen
Weibchendichte zu rechnen. Die Populationsgröße und -dichte sollen jedoch für das
Jahr der Untersuchung nochmal aktuell bestimmt werden.
1.6.1. Untersuchung der weiblichen Reproduktionsbiologie
Im Einzelnen sollten die folgenden Parameter und Hypothesen (im Folgenden mit H
abgekürzt) untersucht werden:

Interöstrusdauer
H1: Im Gegensatz zu Weibchen des Grauen Mausmaki werden die Weibchen des
Goldbraunen Mausmaki früher östrisch und haben kürzere Interöstrusdauern.
.

Konzeptionswahrscheinlichkeit bei wechselnder Populationsdichte
H2a: Im Untersuchungsgebiet JBB mit einer hohen Populationsdichte haben
Weibchen eine relativ hohe Konzeptionswahrscheinlichkeit, da sie während des
23 | S e i t e
kurzen Zeitfensters, in dem sie rezeptiv sind, ausreichend Möglichkeiten haben, auf
potentielle Paarungspartner zu treffen.
H2b: Im Untersuchungsgebiet JBA mit einer niedrigen Populationsdichte haben die
Weibchen eine geringe Konzeptionswahrscheinlichkeit. Während des kurzen
Zeitfensters, in dem sie sich verpaaren, treffen sie nur auf sehr wenige potentielle
Paarungspartner.

Abgrenzung von Paarungszeiten, Tragzeiten und Aufzuchtzeiten
H3: Aufgrund der zeitlich asynchronen Östren der Weibchen ist keine einheitliche
Paarungszeit oder Aufzuchtzeit zu erwarten.

Anzahl von Würfen/Geburten pro Weibchen und Reproduktionssaison sowie
Wurfgröße
H4: Es ist zu erwarten, dass Weibchen wie die vom Grauen Mausmaki ebenfalls zwei
Würfe pro Reproduktionssaison haben können.
H5: Die Wurfgröße liegt wie beim Grauen Mausmaki bei circa zwei Jungtieren pro
Wurf.
1.6.2. Untersuchung der weiblichen Reproduktionsstrategien
Im Einzelnen sollten die folgenden Parameter und Hypothesen (im Folgenden mit H
abgekürzt) untersucht werden:

Änderung der Verhaltensaktivitäten in und außerhalb der Paarungszeit
H6a: Während der Paarungszeit bewegen sich die Weibchen im JBA aufgrund der
niedrigen Populationsdichte deutlich mehr, da sie bestrebt sind, die Rate an
Begegnungen zu potentiellen Paarungspartnern zu erhöhen.
24 | S e i t e
H6b: Während der Paarungszeit bewegen sich die Weibchen im JBB nicht mehr als
vor der Paarungszeit, da sie aufgrund der hohen Populationsdichte auf eine
ausreichende Anzahl an Paarungspartnern treffen sollten.

Änderung des Raumnutzungsverhaltens in und außerhalb der Paarungszeit
H7a: Während der Paarungszeit vergrößert sich das Aktionsgebiet eines Weibchens
im JBA, um die Begegnungsrate mit potentiellen Paarungspartnern zu erhöhen.
H7b: Während der Paarungszeit vergrößern Weibchen im JBB aufgrund der hohen
Populationsdichte ihre Aktionsräume nicht, da sie auch so auf genügend potentielle
Paarungspartner treffen.

Ausmaß der Östrussynchronität (innerhalb einer Schlafgruppe/ innerhalb einer
Population) bei wechselnder Weibchendichte
H8a:
Im
JBA
synchronisierte
(niedrige
Zyklen
Weibchendichte)
aufweisen.
sollten
Aufgrund
der
die
Weibchen
insgesamt
moderat
niedrigen
Populationsdichte treffen die Weibchen während ihrer rezeptiven Phasen nur auf
eine begrenzte Anzahl potentieller Paarungspartner. Durch asynchrone Zyklen wäre
es für Männchen noch schwieriger, östrische Weibchen zu finden und sowohl
Weibchen als auch Männchen würden ihre Reproduktionschancen dadurch
minimieren.
H8b: Im JBB, wo eine hohe Weibchendichte vorliegt, sollten die Weibchen
asynchrone Zyklen aufweisen, um den Wettkampf der Männchen untereinander zu
forcieren und die Konkurrenz unter den Weibchen zu minimieren. Die Weibchen
haben aufgrund der insgesamt hohen Populationsdichte in diesem Gebiet die
Möglichkeit, auf viele potentielle Paarungspartner während ihrer rezeptiven Phase zu
treffen.
H9: Weibchen einer Schlafgruppe sollten in beiden Gebieten ihre Östren
synchronisieren, um Nachwuchs später gemeinsam aufziehen zu können.
25 | S e i t e

Sozialverhalten in und außerhalb der Paarungszeit
H10: Die soziale Begegnungsrate sollte sich während der Paarungszeit in beiden
Gebieten erhöhen, da Weibchen Paarungspartner finden müssen und unter
Umständen
durch
weibliche
Partnerwahl
und
multiple
Paarungen
ihren
Reproduktionserfolg sichern sollten.
H11: Es sollten in der Paarungszeit vermehrt positive Interaktionen und Kontakte mit
Männchen stattfinden.

Paarungsstrategien von Männchen und Weibchen im Kontext
gemischtgeschlechtlicher Schlafgruppen
H12:
Männliche
Schlafgruppenpartner
sind
potentielle
Paarungspartner
der
Weibchen und nutzen das Schlafen in gemischtgeschlechtlichen Gruppen zur
verbesserten Östrusdetektion.
1.6.3. Untersuchung zum Aufzuchtverhalten
Im Bereich des Aufzuchtverhaltens sind große Unterschiede zwischen den Arten zu
erwarten, da sich die Zusammensetzung der Schlafgruppen deutlich unterscheidet.
Schlafgruppen bestehen bei M. ravelobensis aus Tieren beiderlei Geschlechts.
Interessant ist vor allem, wie und ob sich die Gruppenkonstellation zum Zeitpunkt der
Geburt verändert. Im Einzelnen sollen die folgenden Fragen untersucht werden:
H13: Der Anteil Futteraufnahme und Futtersuche an der Gesamtaktivität sollte etwa
während der zweiten Hälfte der Tragzeit und Laktation aufgrund eines erhöhten
Energiebedarfes der Weibchen steigen.
Frage 1: Benutzen die Weibchen während der Aufzucht besser geschütztere
Schlafplätze wie Baumhöhlen oder Blätternester?
26 | S e i t e
Frage 2: Werden die Schlafplätze während der Aufzucht häufiger gewechselt als
vorher?
Frage 3: Verändert sich die Schlafgruppenzusammensetzung während der
Aufzuchtzeit
und
welche
Rolle
spielen
die
männlichen
und
weiblichen
Schlafgruppenmitglieder bei der Aufzucht der Jungtiere?
Frage 4: Wie verändert sich das Raumnutzungsverhalten der Mütter während der
Aufzuchtzeit?
Frage 5: Nach wie vielen Wochen verlassen die Jungtiere das erste Mal eigenständig
das Nest?
Frage 6: Wie verändern sich die Mutter-Jungtier-Kontakte mit zunehmendem Alter
der Jungtiere und welche ontogenetischen Eckpunkte lassen sich erkennen?
27 | S e i t e
2. Material und Methoden
2.1. Untersuchungsgebiete und Untersuchungszeitraum
2.1.1. Untersuchungsgebiete
Das Forschungsprojekt wurde im Nationalpark Ankarafantsika im Nordwesten
Madagaskars durchgeführt. Der Park wird von der Nationalstraße 4 durchkreuzt, die
eine Direktverbindung zwischen der Hauptstadt Antananarivo und der ca. 480 km
entfernten Stadt Mahajanga im Nordwesten des Landes am Indischen Ozean
darstellt (Abb. 2).
Abb. 2 Lage des Nationalparks Ankarafantsika und der Forststation Ampijoroa
(nach A. Müller 1999)
Die Datenerhebung fand in den Untersuchungsgebieten Jardin Botanique A (JBA)
und Jardin Botanique B (JBB) statt. Die beiden Gebiete liegen circa 2 km Luftlinie
voneinander entfernt und sind durch die Nationalstraße 4 voneinander getrennt.
(Abb. 3)
28 | S e i t e
Abb. 3 Lage der Untersuchungsgebiete Jardin Botanique A und Jardin Botanique B
JBA und JBB sind durch einen laubabwerfenden Trockenwald charakterisiert, dessen
Vegetation
der
Pflanzengemeinschaft
Dalbergia-Commiphora-Hildegardia
(Ramangason 1988, Jenkins 1990) zugerechnet wird.
Neben der in dieser Studie untersuchten Lemurenart M. ravelobensis leben sieben
weitere Lemurenspezies innerhalb des Nationalparks. Darunter befindet sich eine
weitere Mausmakiart, M. murinus, die im Jardin Botanique A sympatrisch mit M.
ravelobensis auftritt, im Jardin Botanique B jedoch nicht anzutreffen ist ( Rendigs et
al. 2003). Zu den weiteren Spezies zählen die ebenfalls nachtaktiven Arten
Cheirogaleus medius, Lepilemur edwardsii sowie Avahi occidentalis. Des Weiteren
findet man die kathemeralen Arten Eulemur fulvus fulvus und Eulemur mongoz,
sowie die tagaktiven Propithecus coquereli (Mittermeier et al. 2008).
29 | S e i t e
Zu den möglichen Prädatoren für M. ravelobensis zählen die in beiden
Untersuchungsgebieten vorkommenden diversen Schlangenspezies wie Sanzinia
madagascariensis und Acranthophis madagascariensis (Glaw & Vences 1994),
verschiedene Tag- und Nachtgreife wie z.B. Tyto alba und Asio madagascariensis
(Goodman et al. 1993, Morris & Hawkins 1998) als auch die endemische
Schleichkatzenart Cryptoprocta ferox (Hawkins 1998).
2.1.1.1. Jardin Botanique A
Das circa 30 ha umfassende Untersuchungsgebiet Jardin Botanique A (JBA) liegt
einen Kilometer westlich der Forststation Ampijoroa auf einem Hochplateau (ca. 200
m NN). JBA ist von einem Wegenetz durchzogen, welches aus einem Meter breiten
und in 50 Meter Abstand voneinander angelegten Pfaden besteht (Abb.4). Alle
Kreuzungspunkte dieses Wegenetzes sind mit Markierungen versehen.
JBA weist im Vergleich zu JBB eine deutlich höhere Baumdichte auf. Außerdem sind
die Bäume mit einem Durchmesser in Brusthöhe von über fünf cm höher als im
Untersuchungsgebiet JBB (Rendigs et al. 2003).
30 | S e i t e
Abb. 4 Wegenetz des Untersuchungsgebietes Jardin Botanique A (JBA)
2.1.1.2. Jardin Botanique B
Das circa 5,3 ha große Untersuchungsgebiet Jardin Botanique B (JBB) liegt am Ufer
des Sees Ravelobe, ungefähr zwei Kilometer entfernt von der Forststation
Ampijoroa. JBB besitzt genau wie JBA ein Wegesystem, dessen Wege sich aber in
einem Abstand von nur 25 m befinden und ebenfalls an allen Kreuzungspunkten mit
Markierungen versehen sind (Abb. 5).
JBB
ist gekennzeichnet durch einen höheren Deckungsgrad der Strauchschicht,
eine größere Dichte von Sträuchern mit einem Radius über 50 cm und einen höheren
prozentualen Anteil von Bäumen mit Lianenbewuchs (Rendigs et al. 2003).
31 | S e i t e
80
70
60
N
50
40
30
79
20
10
78
90
100
77
99
76
75
98
97
74
73
96
72
95
71
61
51
3
13
84
94
41
31
12
21
11
2
0 10 20 30 40 50m
Abb. 5 Wegenetz des Untersuchungsgebietes Jardin Botanique B (JBB)
2.1.2. Untersuchungszeitraum
Der Untersuchungszeitraum erstreckte sich von Anfang August 2007 bis Ende
Januar 2008. Es wurde somit eine Paarungszeit mit der sich anschließenden
Aufzuchtzeit erfasst.
Das Gebiet des Nationalparks unterliegt einem ausgeprägten saisonalen Klima, mit
einer kühleren siebenmonatigen Trockenzeit (Mai-Oktober) und einer fünfmonatigen
wärmeren Regenzeit (November-April). Mitarbeiter der Angonoka-Zuchtstation des
32 | S e i t e
Durrell Wildlife Conservation Trust in Ampijoroa führen tägliche Temperatur- und
Niederschlagsmessungen an der Station durch. Freundlicherweise wurden für diese
Arbeit die Klimadaten für die Jahre 2006, 2007 und für den Januar 2008 zur
Verfügung gestellt (Abb. 6, 7). Der kälteste Monat des Untersuchungszeitraumes war
der August mit einer minimalen Durchschnittstemperatur von 17,3 °C (Extremwerte:
12 °C; 22,5 °C) und einer maximalen Durchschnittstemperatur von 32,1 °C
(Extremwerte: 30 °C; 35 °C). Erste vereinzelte Regenfälle gab es im September (2,5
mm Gesamtniederschlag). Der regenreichste Monat war der Januar 2008 mit 456
mm Gesamtniederschlag bei minimaler Durchschnittstemperatur von 23,4 °C
(Extremwerte: 21,5 °C; 25,5 °C) und maximaler Durchschnittstemperatur von 31,8 °C
(Extremwerte: 24,5 °C; 35,5 °C).
Niederschlagsmenge in mm
600
Untersuchungszeitraum
500
400
300
200
100
Januar
Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
August
September
Oktober
November
Dezember
Januar
Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
August
September
Oktober
November
Dezember
Januar
0
|
2006
|
2007
|2008
Abb. 6 Darstellung der monatlichen Niederschlagsmenge für die Jahre 2006, 2007
und für den Januar 2008
33 | S e i t e
Mittlere Temperaturen in °C
29
28
27
26
25
24
23
22
Januar
Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
August
September
Oktober
November
Dezember
Januar
Februar
März
April
Mai
Juni
Juli
August
September
Oktober
November
Dezember
Januar
21
|
2006
|
2007
| 2008
Abb. 7 Darstellung der mittleren monatlichen Temperaturen für die Jahre 2006, 2007
und für den Januar 2008
2.2. Datenerhebung im Feld
2.2.1. Fang/Wiederfang in den Studiengebieten
Mittels wöchentlicher Fangaktionen (Tab. 2) wurde die Zusammensetzung der
Population erfasst, reproduktionsbiologische Daten erhoben und die Sendertiere
ausgewählt. Dafür wurden nachmittags zwischen 15-17 Uhr Sherman Lebendfallen
(23,5 cm x 8 cm x 9 cm) an den Kreuzungspunkten des Wegesystems in circa 1-2m
Höhe aufgestellt (s.Abb. 4 und 5). Die Zahl der pro Nacht verwendeten Fallen
schwankte im JBA zwischen 97-120 und im JBB zwischen 92 - 110. Ab Beginn der
Regenzeit wurden wegen zu erwartender Absenkung der Fangzahlen zusätzliche
Fallen um die Schlafplätze der Senderweibchen aufgestellt. Von August bis Ende
Oktober wurden die Fallen mit Mausmakis am Morgen des nächsten Tages ab 6 Uhr
eingesammelt und zur weiteren Untersuchung in die Forschungsstation gebracht.
Offene und leere Fallen wurden geschlossen und bis zur nächsten Fangaktion an Ort
und Stelle belassen. Die gefangenen Tiere wurden vermessen und am Abend des
gleichen Tages an der Fangstelle wieder freigelassen. Von November bis Januar
34 | S e i t e
wurden die Fallen bereits ab 23 Uhr nach dem Aufstellen kontrolliert. Ab diesem
Zeitpunkt war mit Geburten zu rechnen. Eine unnötig lange Abwesenheit der Mütter
von ihren Jungtieren sollte somit vermieden werden. Die Tiere wurden direkt am
Fangort untersucht und anschließend wieder freigelassen.
Tab. 2 Termine der Fangnächte und Anzahl der verwendeten Fallen pro
Untersuchungsgebiet von August 2007 bis Januar 2008
JBA
August
September
Oktober
November
Dezember
Januar
JBB
Datum
Anzahl Fallen
Datum
Anzahl Fallen
11.08.2007
98
12.08.2007
93
13.08.2007
97
14.08.2007
93
20.08.2007
98
21.08.2007
93
27.08.2007
98
28.08.2007
92
03.09.2007
98
04.09.2007
93
11.09.2007
98
12.09.2007
93
17.09.2007
99
18.09.2007
93
24.09.2007
97
25.09.2007
93
01.10.2007
112
02.10.2007
93
08.10.2007
110
09.10.2007
92
16.10.2007
111
15.10.2007
93
23.10.2007
99
22.10.2007
93
29.10.2007
113
30.10.2007
93
05.11.2007
117
06.11.2007
93
12.11.2007
115
13.11.2007
110
18.11.2007
120
19.11.2007
110
25.11.2007
117
26.11.2007
110
09.12.2007
115
10.12.2007
108
16.12.2007
110
17.12.2007
108
06.01.2008
108
07.01.2008
101
19.01.2008
104
20.01.2008
101
35 | S e i t e
2.2.2.
Vermessung, Erfassung des Reproduktionsstatus, Markierung und
Probennahme
Alle gefangenen Tiere wurden in Neu- und Wiederfänge klassifiziert. Bei
Wiederfängen handelte es sich um Tiere, die bereits in vorhergehenden Jahren oder
Fangaktionen gefangen worden waren. Neufänge waren dagegen alle erstmalig
gefangene Tiere.
Vermessung
Bei jedem gefangenen Tier wurde das Gewicht mit Hilfe einer Federwaage (Pesola,
Meßbereich bis 300 g) auf ein Gramm genau bestimmt.
Bei allen männlichen Tieren wurden während jeder Fangaktion die Hodenbreite und
Hodenlänge des rechten und linken Testikels, sowie die Gesamtbreite beider Testikel
mittels einer Präzisionsschublehre (Kanon, Meßbereich bis 15 cm, Genauigkeit 0,1
mm) vermessen.
Markierung
Jeder neu gefangene Mausmaki wurde individuell gekennzeichnet, indem ihm ein
Mikrotransponder
(Typ
Fa.
Telinject,
Römerberg)
subkutan
zwischen
den
Schulterblättern injiziert wurde. Mit Hilfe eines Transponderlesegerätes (TROVAN,
Fa. Telinject, Römerberg) kann der Nummerncode des Mikrotransponders
lebenslang abgelesen werden. Es besteht allerdings die Möglichkeit, dass die Tiere
die Mikrotransponder kurz nach der Injektion wieder verlieren (Austritt durch die
Injektionsstelle). In diesen Fällen wurden die Tiere sofort oder beim nächsten Fang
mit einem neuen Mikrotransponder versehen. Im JBA mussten bei 8% und im JBB
bei 6% der gefangenen Tiere ein neuer Mikrochip eingesetzt werden.
Zusätzlich zu der eben beschriebenen Kennzeichnung wurde jedes Tier mit einer
Ohrmarkierung versehen. Dazu wurden mit Hilfe einer feinen Augenschere kleine
Einschnitte im Ohrrandbereich durchgeführt. Durch eine unterschiedliche Platzierung
am Ohrrand wurde somit eine zusätzliche individuelle Markierung jedes neu
gefangenen
Tieres ermöglicht
(Abb.
8).
Es
wurden
maximal
vier
dieser
36 | S e i t e
Markierungsschnitte an einem Individuum durchgeführt. Diese Ohrmarkierungen
dienten bei Verlust der Transponder der Identifikation des Individuums.
Abb. 8 Ohrmarkierungen für Microcebus spp.
Des Weiteren wurden bei jedem Tier entsprechend der Art und des Geschlechts
unterschiedliche Fellschnitte am Schwanz gesetzt, um somit eine leichtere
Erkennung einzelner Tiere während der Fokusbeobachtungen zu ermöglichen. Alle
Goldbraunen Mausmakis erhielten einen Fellschnitt an der Schwanzbasis. Zusätzlich
bekamen die Weibchen einen Fellschnitt in der Schwanzmitte, die Männchen an der
Schwanzspitze.
Außerdem wurden den Tieren, die in naher Umgebung zu den Senderweibchen
gefangen wurden, Halsbänder (Nylon) mit unterschiedlichen Farbkombinationen
angelegt,
die
eine
zusätzliche
individuelle
Erkennung
während
der
Fokusbeobachtungen erlauben sollte. Diese Halsbänder wurden den Tieren
allerdings
im
Verlauf
der
Studie
aufgrund
von
Verletzungsrisiken
wieder
abgenommen.
Probennahme
Bei jedem neu gefangenen Individuum wurden mittels einer Pinzette 10 bis 20 Haare
mitsamt der Haarwurzel, sowie Gewebeproben aus dem Ohrrandbereich
37 | S e i t e
(1 - 2 mm²) entnommen. Die Gewebeproben wurden in einem Cryo-Röhrchen (Fa.
Roth, Karlsruhe) in 1 ml Queens Lysis Puffer (Seutin et al. (1991; 0,01 M Tris, pH =
8,0; 0,01 M NaCl; 0,01 M EDTA; 1% N-Lauroyl-Sarcosin, Sigma Chemical Co., St.
Louis) konserviert und bei Lufttemperatur gelagert. Die Haarproben wurden hingegen
trocken in Cryo-Röhrchen gelagert. Nach dem Ende der Datenerhebung im Feld
wurden die Proben nach Deutschland verbracht, wo sie zu weiterführenden
genetischen Analysen genutzt wurden (siehe 2.3.6.).
Erfassung des Reproduktionsstatus
Bei den Männchen wurden mit einer Präzisionsschublehre (Kanon, Meßbereich bis
15cm, Genauigkeit 0,1mm) die Hodenmaße (Hodenlänge und Hodenbreite in cm)
aufgenommen.
Bei
allen
gefangenen
Weibchen
wurden
durch
optische
Kontrolle
der
Vulvamorphologie deren Reproduktionsstatus bestimmt (Büsching 1995). Dabei sind
vier verschiedene Zyklusstadien zu unterscheiden. Während des Anöstrus, der die
längste Zeitspanne einnimmt, ist die Vagina durch eine Perigenitalmembran
verschlossen und äußerlich unauffällig. Im Proöstrus, der einige Tage in Anspruch
nehmen kann, beginnt sich die Vulva zu röten und anzuschwellen. Die
Perigenitalmembran öffnet sich nur im Östrus. Bei Weibchen des Grauen Mausmakis
konnte bereits festgestellt werden, dass diese nur für wenige Stunden rezeptiv sind
(Lebec 1984). Die rezeptive Phase liegt bei dieser Art meistens in der Nacht, in der
sich
die
Vulva
erstmals
öffnet.
Nach
einigen
Tagen
verschließt
die
Perigenitalmembran die Vagina erneut (Glatston 1979, Perret 1986).
Um eine mögliche Trächtigkeit feststellen zu können, wurde das Abdomen der
Weibchen palpiert. Gegen Ende der Trächtigkeit können so eventuell vorhandene
Feten ertastet werden. Außerdem konnte durch das Wiegen der Tiere ein eventueller
Gewichtsanstieg erfasst werden. Laktierende Weibchen konnten wiederum durch
einen Verlust des Fellkleides um die Zitzen herum sowie durch auf leichte
Kompression austretende Milch identifiziert werden.
Neben dieser äußerlichen Kontrolle wurde bei allen Weibchen, die sich im Östrus
befanden und somit eine geöffnete Vulva aufwiesen, eine Vaginalspülung
38 | S e i t e
durchgeführt. Hierbei wurde mittels einer Pipette 1 ml physiologische Kochsalzlösung
in die Vagina eingebracht, fünf mal gespült und diese Lösung anschließend auf einen
Objektträger
aufgebracht,
um
eine
mikroskopische
Untersuchung
der
Zellmorphologie durchführen zu können. Diese Untersuchung ermöglicht es, zu
definieren wie lange ein Weibchen vermutlich schon östrisch ist, sowie eventuelle
pathologische
Vorgänge
festzustellen.
Die
mikroskopischen
Bilder
wurden
folgendermaßen interpretiert: Im Östrus sind ausschließlich Superfizialzellen und
Schollen im Mikroskopbild zu erkennen. Am Östrusende und weiteren Verlauf
(Metöstrus) nimmt deren Anzahl ab und es treten vermehrt Intermediärzellen und
Leukozyten auf. Im Diöstrus sind keine Plattenepithelien mehr vorhanden, sondern
ausschließlich runde Epithelzellen und Leukozyten. Wenig später schließt sich die
Vulva.
2.2.3. Besenderung von Weibchen
Während
des
Untersuchungszeitraumes
wurden
zur
Erfassung
von
Verhaltensaktivitäten sowie nächtlicher Wanderstrecken und Aktionsräume acht
Weibchen in JBA und neun Weibchen in JBB mit Senderhalsbändern (TW 4 button
cell tags, Fa. Biotrack, Dorset, Großbrittanien) ausgestattet. Bedingt durch
Senderausfälle oder Tierverluste aufgrund von Prädation liegen jedoch nicht von
allen Tieren durchgehende Daten vor (Tab. 4). Da ab Mitte November keines der
Weibchen mit einem ausgefallenen Sender wieder gefangen wurde, war es nicht
möglich, diese auszuwechseln.
Ein Senderhalsband hat ein Gewicht von circa 2,5 g. Als Sendertiere wurden
ausschließlich Weibchen mit einem maximalen Körpergewicht von über 50 g
verwendet. Die Senderfrequenzen lagen zwischen 150 und 151 MHz. Die Peilanlage
bestand aus einem Empfänger (TR-4 Receiver, Fa. Telonics, USA - Mesa, Arizona)
mit einer Peilantenne (Fa. Telonics, USA - Mesa, Arizona). Die Empfangsreichweite
betrug hierbei je nach Vegetationsdichte und Witterungsverhältnissen zwischen 40
und 100 m.
39 | S e i t e
Tab. 4 Übersicht über Besenderung der Weibchen in JBA und JBB innerhalb des
Untersuchungszeitraumes
Sender-
Gebiet
1.Sender
2.Sender
weibchen
Letztes Signal
Sendedauer
oder letzter
Fang
F03-05
JBB
27.07.07-15.10.07
15.10.07
Bis zum Studienende
F22-05
JBB
27.07.07-09.10.07
15.10.07
Bis zum Studienende
F29-05
JBB
12.08.07-30.10.07
30.10.07
F32-07
JBB
02.10.07
F22-06
JBB
03.05.07-?
F25-05
JBB
02.10.07
F18-06
JBB
27.07.07
25.09.07
F21-07
JBB
27.07.07
11.09.07
11.12.07
11.12.07
15.10.07
Bis zum Studienende
Bis zum Studienende
Signal wurde immer
an der gleichen Stelle
lokalisiert
F02-04
JBB
10.08.07-25.09.07
09.10.07
12.11.07
Signal wurde immer
an der gleichen Stelle
lokalisiert
F18-04
JBA
09.08.07
28.10.07
F08-06
JBA
01.10.07
06.12.07
F46-07
JBA
24.09.07
21.12.07
F41-07
JBA
27.08.07-05.11.07
F73-07
JBA
29.10.07
F31-06
JBA
11.08.07-13.10.07
29.10.07
21.12.07
F43-05
JBA
09.08.07-08.10.07
16.10.07
07.01.08
F17-07
JBA
09.08.07
05.11.07
Sender abgenommen
Bis zum Studienende
11.01.08
10.10.07
Tierverlust wegen
Prädation
2.2.4.Verhaltensbeobachtungen
Die nächtlichen Verhaltensbeobachtungen, die zwischen 18-23 Uhr durchgeführt
wurden, erfolgten nach dem Prinzip des „continuous-recording“ (Altmann 1974)
mittels „focal-animal sampling“ (Martin & Bateson 1992). Während einer Fokusnacht
wurde jeweils ein Senderweibchen beobachtet. Innerhalb der Paarungszeit wurden
40 | S e i t e
jene Weibchen beobachtet, die während der vorhergehenden Fangaktion entweder
proöstrisch oder östrisch gewesen waren. Während der Aufzuchtzeit lag das
Augenmerk auf Senderweibchen mit Nachwuchs.
Wir begannen mit den Beobachtungen zumeist an den Schlafplätzen der
Senderweibchen, die mit Hilfe des Peilsenders geortet werden konnten. Als
Lichtquelle für die Fokusbeobachtung dienten eine Myo-Petzl-Stirnlampe sowie eine
Stablampe der Marke Mag-Lite (3 bzw. 4 Mono/D-Zellen).
Die Verhaltensweisen wurden mit Hilfe eines digitalen Diktaphons (Typ Olympus
digital voice recorder WS-320M, CH-Volketswil) aufgezeichnet und am folgenden
Tag in eine Excel Tabelle übertragen. Es wurde zwischen Verhaltensweisen
unterschieden, die lediglich als Ereignis protokolliert wurden und solchen, bei denen
eine Dauer des Verhaltens erfasst wurde (Tab. 5). Desweiteren wurde alle fünf
Minuten die Aufenthaltshöhe, das Substrat sowie die momentane Aktivität der
Weibchens aufgezeichnet („instantaneous sampling“ nach Altmann 1974).
41 | S e i t e
Tab.
5
Übersicht
über
protokollierte
Verhaltensweisen
während
der
Fokusbeobachtungen
Verhaltenskategorie
Art des
Verhaltensweise
Verhaltens
Solitärverhalten
Sozialverhalten
neutral
positiv
Dauer oder
Ereignis
Ruhe
Dauer
Schlafen
Dauer
„Autogrooming“
Dauer
Lokomotion
Dauer
Futtersuche
Dauer
Fressen
Dauer
Nestbau
Dauer
Anogenitalmarkieren
Ereignis
Kopf-/Körperreiben
Ereignis
Urinwaschen
Ereignis
Im Nest
Dauer
Nähe eines Tieres
Ereignis/Dauer
Annähern
Ereignis
Entfernen
Ereignis
„Allogrooming“
Dauer
Unspezifischer
Ereignis/Dauer
Körperkontakt
agonistisch
sexuell
Folgen
Dauer
Kämpfen
Ereignis
Verjagen
Ereignis
Ausweichen
Ereignis
Jagen
Ereignis
Fliehen
Ereignis
Genitalkontrolle
Ereignis
Aufreiten
Ereignis
Kopulation
Dauer
„Mate guarding“
Dauer
42 | S e i t e
Die Nähe eines Individuums zum Senderweibchen wurde immer dann protokolliert,
wenn sich dieses Tier in einem 10 m Radius zum beobachteten Weibchen befand.
Als Annäherung und Entfernung wurden gerichtete Bewegungen eines Individuums,
bei denen die
1
m-Radiusgrenze
zum
Interaktionspartner hin
oder vom
Interaktionspartner weg überschritten wurde, bezeichnet.
Die Genitalkontrolle bezeichnet einen Vorgang, bei der ein Männchen ein
Fokusweibchen im Bereich der Vulva beschnuppert.
„Mate guarding“ ist eine Verhaltensweise, die sowohl vor als auch nach einer
erfolgten Kopulation beobachtetet werden kann. Dabei hält sich ein Männchen für
einige Zeit in der Nähe zum östrischen Weibchen auf.
Die solitären Verhaltensweisen wurden erfasst, um Aktivitätsbudgets zu erstellen,
anhand
derer
eventuelle
Unterschiede
zwischen
den
einzelnen
Reproduktionszuständen überprüft werden können.
Die sozialen Verhaltensweisen wurden ermittelt, um Einblicke in die Qualität und
Quantität von Interaktionen zu erhalten. Während der Paarungszeit lag dabei das
Augenmerk auf Interaktionen mit potentiellen Paarungspartnern. Innerhalb der
Aufzuchtzeit rückten die Mutter-Jungtier Kontakte in den Vordergrund.
Um soziale Verhaltensweisen analysieren zu können, wurde, wenn möglich, die
Identität der Sozialpartner erfasst. Dabei wurde zwischen bekannten und
unbekannten Männchen sowie Weibchen unterschieden. Desweiteren wurde auch
differenziert, ob es sich um männliche oder weibliche Schlafgruppenmitglieder des
Sendertieres handelte. Die eindeutige Identifizierung der Sozialpartner erfolgte
zumeist anhand von Schwanzmarkierungen oder farbigen Halsbändern.
2.2.5. Bestimmung der Schlafplätze
Viermal wöchentlich wurden die Schlafplätze der Senderweibchen mit Hilfe des
Empfangsgerätes
lokalisiert.
Sie
wurden
mit
einem
farbigen
Markierband
gekennzeichnet und mit Datum, Namen des Senderweibchens und Schlafplatztyp
gekennzeichnet. Es wurde versucht, nicht besenderte, aber mit einem Mikrochip
43 | S e i t e
versehene Schlafgruppenmitglieder mit dem Transponderlesegerät (TROVAN) zu
identifizieren. Dies gelang jedoch nur in seltenen Fällen, nämlich dann, wenn die
Schlafgruppen Höhlen benutzten. Desweiteren wurden die GPS-Koordinaten der
Schlafplätze mit einem GPS-Gerät (Garmin, München) erfasst.
Es wurden drei verschiedene Kategorien von Schlafplätzen unterschieden
(s. Abb.9 - 11).
Baumhöhlen:
Zu dieser Kategorie zählten neben den Baumhöhlen auch andere
verdeckte Plätze in Asthöhlen
Abb. 9 Schlafhöhle
Blätternester: Die Tiere schliefen sowohl in frisch gebauten Nestern mit
ausschließlich grünen Blättern, als auch in Nestern, die aus braunem, vertrockneten
Blattwerk bestanden.
44 | S e i t e
Abb. 10 Blätternest
Offene Vegetation: Hierzu zählten alle Schlafplätze, bei denen die Tiere ohne
sichtbaren Schutz in einem Lianengestrüpp oder in kleinen Büschen oder auf
Astgabeln geschlafen haben.
Abb. 11 Schlafplatz in der offenen Vegetation
45 | S e i t e
In einigen Fällen konnten die Signale der Senderweibchen zwar geortet werden, aber
eine exakte Klassifizierung des Schlafplatzes war nicht möglich. Diese Fälle gingen
nicht in spätere Analysen ein.
2.2.6. Zusammensetzung der Schlafgruppen
Während der viermal wöchentlich stattfindenden Schlafplatzkontrollen wurde
versucht, mit Hilfe des Transponder-Lesegerätes oder des Empfangsgerätes weitere
Schlafgruppenmitglieder zu identifizieren. Bei Schlafplätzen in offener Vegetation war
teilweise auch eine optische Identifizierung aufgrund farbiger Halsbänder oder des
Erkennens von Ohrschnitten oder Schwanzmarkierungen möglich. Außerdem
wurden die Tiere während der Fokusbeobachtungen beim Verlassen der
Schlafplätze beobachtet. Hierbei spielte vor allem die optische Erkennung der Tiere
aufgrund äußerer Kennzeichen eine wichtige Rolle.
2.3. Datenanalyse
2.3.1. Populationsökologische Methoden
2.3.1.1. Nutzung von Fallen und Fangbarkeit
Fangergebnisse können durch die Anzahl und Verteilung aufgestellter Fallen
beeinflusst werden. Für jede Fangaktion wurde daher der Anteil belegter Fallen
errechnet, um zu überprüfen, ob die Anzahl gefangener Tiere nicht durch eine zu
geringe Fallenanzahl limitiert war.
Für den gesamten Untersuchungszeitraum wurde außerdem die Fanghäufigkeit
jedes einzelnen Tieres ermittelt und die Verteilung der individuellen Fanghäufigkeiten
in beiden Untersuchungsgebieten mittels des Chi-Quadrat-Tests verglichen.
2.3.1.2. Bestimmung der Populationsgröße
MNA-Methode
Zur Abschätzung der Populationsgröße wurde die „Minimum Number of Animals
known alive“ für jeden Monat von August 2007 – Oktober 2007 berechnet (MNAMethode: Petrusewicz & Andrezejewski 1962). Sie setzt sich aus der Summe der zu
einem bestimmten Zeitpunkt t gefangenen Individuen und den Tieren, die sowohl in
46 | S e i t e
einer der Fangaktionen davor, als auch in einer der Fangaktionen danach, jedoch
nicht in der Fangaktion t selbst gefangen wurden, zusammen.
Jolly-Seber-Methode
Natürliche Populationen unterliegen Schwankungen in der Anzahl zugehöriger
Individuen durch Geburten, Todesfälle und Migration. Es handelt sich daher um
sogenannte
offene
Populationen
(Krebs
1989).
Zur
Abschätzung
der
Populationsgröße solcher offener Populationen, also auch der beiden Populationen
von M. ravelobensis in JBA und JBB, ist die Jolly-Seber-Methode geeignet (Krebs
1989, Sutherland 1996).
Es ist dabei zu berücksichtigen, dass die Größe für die erste und letzte durchgeführte
Fangaktion nicht berechnet werden kann. Desweiteren müssen mindestens drei
aufeinanderfolgende Fangaktionen durchgeführt werden, um diese Methode
anwenden zu können. Mit Hilfe der folgenden Formeln wurde die Populationsgröße
für die Monate August, September und Oktober 2007 im JBA und JBB berechnet.
Nt = Mt / αt
Mt = [((st + 1) Zt) / (Rt + 1)] + mt
αt = (mt + 1) / (nt + 1)
Nt =
geschätzte Populationsgröße zum Zeitpunkt t
Mt =
Größe der Population der Wiederfänge zum Zeitpunkt t
αt
Anteil der Wiederfänge zum Zeitpunkt t
=
mt =
Anzahl der wiedergefangenen, bereits markierten Tiere in der
Fangaktion t
st
=
Gesamtzahl der freigelassenen Individuen nach der Fangaktion t
nt
=
Gesamtzahl der gefangenen Individuen in der Fangaktion t
47 | S e i t e
Rt =
Anzahl der st-Individuen, die in der Fangaktion t freigesetzt und in
einer späteren Fangaktion wiedergefangen wurden
Zt =
Anzahl der Tiere, die vor der Fangaktion t gefangen wurden, nicht in
der Fangaktion t, aber in einer späteren
Fangaktion wieder gefangen wurden
Zur Schätzung der Konfidenzintervalle wurde die Formel nach Krebs (1989)
angewandt.
Um die Jolly-Seber-Methode sinnvoll anwenden zu können, müssen folgende
Bedingungen erfüllt sein:
1. Jedes Individuum hat die gleiche Wahrscheinlichkeit gefangen zu werden –
unabhängig davon, ob es sich um einen bereits markierten Wiederfang oder einen
neu zu registrierenden Neufang handelt.
2. Jedes Individuum hat die gleiche Überlebenswahrscheinlichkeit von einer
Fangaktion bis zur nächsten.
3. Die Individuen verlieren ihre Markierungen nicht und Markierungen werden nicht
übersehen.
4. Die Dauer der Fangphasen ist vernachlässigbar in Relation zu den Intervallen
zwischen den Phasen.
Das Kriterium 2 kann für diese Studie als gegeben betrachtet werden. Es lagen keine
Hinweise auf eine veränderte Mortalität der Tiere vor, die in den Fallen gefangen
wurden.
Das Kriterium 3 ist erfüllt, da die gefangenen Individuen mit einem subkutan
injizierten Mikrochip gekennzeichnet wurden, der eine lebenslange Wiedererkennung
der Tiere ermöglicht. Desweiteren erhielt jedes Tier eine individuelle Ohrmarkierung,
die eine zusätzliche Absicherung darstellte.
48 | S e i t e
Auch das Kriterium 4 kann bestätigt werden, da während der Studie von August bis
November
einmal
wöchentlich
eine
Fangnacht
pro
Untersuchungsgebiet
durchgeführt wurde.
Das Kriterium 1 muss für diese Studie gesondert überprüft werden, da nicht per se
ausgeschlossen werden kann, dass die Verteilung der Fallen oder das Fangerlebnis
einen Einfluss auf die Wiederfangwahrscheinlichkeit hatte. Hierzu wurde der
Goodness-of-fit-Test nach Krebs (1989) verwendet.
Goodness-of-fit-Test
Mit Hilfe des Goodness-of-fit-Tests kann die Diskrepanz zwischen der beobachteten
Fangbarkeit und einer erwarteten Fangbarkeit unter gleichmäßiger Fallennutzung
festgestellt werden.
Der Goodness-of-fit-Test (Krebs 1989) berechnet sich mit folgenden Formeln:
a1 = f 1 + f 2
a2 = f 3 + f 4
a3 = f 1 + f 3
a 4 = f 2 + f4
n = f1 + f2 + f3 + f4
g1 = ∑ f * loge f
g2 = ∑ a * loge a
G = 2* (g1 - g2 + n * loge n)
f1 = Anzahl der Tiere, die
vor der Fangaktion t gefangen wurden und in einer
späteren Fangaktion wieder gefangen wurden
f2=
Anzahl der Tiere, die vor der Fangaktion t gefangen wurden, in späteren
Fangaktionen jedoch nicht wieder gefangen wurden
f3=
Tiere, die erstmals in der Fangaktion t gefangen wurden und in späteren
Fangaktionen wieder gefangen wurden
f4=
Tiere, die erstmals in der Fangaktion t gefangen wurden,
Fangaktionen jedoch nicht wieder gefangen wurden
in späteren
49 | S e i t e
2.3.1.3. Berechnung der Populationsdichte
Die Populationsdichte errechnet sich durch folgende Formel:
D=
Populationsgröße N
Fläche A
In Anlehnung an eine bereits durchgeführte Studie (Mester 2006) wurde als Fläche N
nicht die Grundfläche der beiden Untersuchungsgebiete JBA und JBB benutzt, da
sowohl von einer ungleichmäßigen Nutzung der Gesamtfläche als auch von einer
über die äußeren Fangreihen hinausgehende Nutzung durch die Populationen von
M. ravelobensis in JBA und JBB ausgegangen werden muss (Mester 2006).
Mit
Hilfe
des
Programmes
DENSITY
2_1
(Efford
2004,
http://www.landcareresearch.co.nz/services/software/density/) wurde auf der Basis
aller Fangergebnisse ein mittlerer Aktionsradius Ŵ der Tiere berechnet. Mit dem
Programm Arc View GIS 3.3. (http://www.esri.com/software/arcview/) wurde dieser
Radius schließlich um alle genutzten Fallen gelegt und die Größe der so
entstandenen Fläche, der effektiven Fangfläche A, berechnet. Diese Fangfläche
wurde anhand der Fangdaten von August 2007 bis Januar 2008 einmal für JBA und
einmal für JBB errechnet und dann in die oben genannte Formel eingesetzt. Zur
Berechnung der Populationsdichte dividiert man schließlich die durch die JollySeber-Methode berechnete Populationsgröße N durch die effektive Fangfläche A.
2.3.2. Reproduktionsbiologie der Weibchen
Anhand der erhobenen Daten wurden Zyklusübersichten erstellt, die dazu dienen,
einen Überblick über die Synchronität der Östren, über die Interöstrusdauer sowie
Konzeptionswahrscheinlichkeiten und Dauer von Trächtigkeiten zu erhalten.
Als im Östrus befindlich wurden die Weibchen bezeichnet, die während der
Fangaktion eine Vagina mit geöffneter Perigenitalmembran aufwiesen. Falls ein
Weibchen mit geschwollener Vulva gefangen wurde, während der nächsten Woche
50 | S e i t e
jedoch gar nicht in die Falle ging oder mit einer gerade wieder verschlossenen
Perigenitalmembran gefangen wurde, wurde ein Östrus für die jeweils nachfolgende
bzw. dazwischen liegende Kalenderwoche angenommen. Bei einer gerade wieder
verschlossenen Vagina ist immer noch eine Schwellung der Vulva zu erkennen und
nur eine dünne Membran verschließt die Vagina. Bei einer geschlossenen Vagina
liegt keine mehr Schwellung vor.
In Anlehnung an die Arbeit von Radespiel und Zimmermann (2001) über die
Östrussynchronität Grauer Mausmakis wurden Östren zweier Weibchen als synchron
bezeichnet, wenn diese weniger als drei Wochen voneinander entfernt lagen. Als
asynchrone Östren wurden dementsprechend die Östren zweier Weibchen definiert,
die mehr als drei Wochen Abstand zueinander hatten.
Es liegen jedoch nicht von allen Weibchen, die gefangen wurden, durchgehende
Informationen über den Zyklusverlauf vor, da die meisten Weibchen nicht in jeder
Fangaktion gefangen werden konnten.
2.3.3. Analyse der weiblichen Reproduktionsstrategien
2.3.3.1. Einteilung der reproduktiven Phasen
Anhand der Informationen aus Fangaktionen und Fokusbeobachtungen wurde jedes
Senderweibchen,
soweit
möglich,
zeitlich
in
die
Phasen
Vorpaarungszeit,
Paarungszeit, Tragzeit und Aufzuchtzeit eingeordnet.
Die Vorpaarungszeit ist als der Zeitraum definiert, der vor dem Eintreten des ersten
Östrus in der Saison liegt. Als Paarungszeit wurde die Phase bezeichnet, in der die
Weibchen mit geschwollener oder offener Vulva gefangen wurden oder diese eine
deutlich erhöhte Rate an sozialen Kontakten vor allem mit Männchen in einer
Fokusnacht aufwiesen. Als Tragzeit wurde der Abschnitt bezeichnet, ab dem die
Weibchen eine deutliche Gewichtszunahme zeigten oder sogar ein Fötus palpiert
werden konnte. Als Aufzuchtzeit wurde letztlich die Phase eingegrenzt, in der die
Weibchen während der Fokusbeobachtungen mit
waren.
Nachwuchs gesichtet worden
51 | S e i t e
2.3.3.2. Aktivitätsbudgets
Es wurde für jedes Weibchen ein Aktivitätsbudget pro Phase erstellt, dass sechs
Verhaltenskategorien beinhaltete: Lokomotion, Ruhe, Futterkontext, „Autogrooming“,
Aufenthalt im Nest und Sozialverhalten. Die Verhaltenskategorie Ruhe wurde immer
dann gewählt, wenn ein Senderweibchen bewegungslos an einer Stelle verharrte.
Dabei konnte es sowohl auf einem Ast oder einer Liane sitzen, als auch an einem
Baumstamm hängen.
Verhaltensweisen, die zum Zeitpunkt der 5-minütigen Momentaufnahmen auftraten
wurden in Relation zur Gesamtanzahl der Momentaufnahmen (%) der jeweiligen
Phase 1) Vorpaarungszeit, 2) Paarungszeit, 3) Tragzeit oder 4) Aufzuchtzeit gesetzt,
in
der
sich
die
Weibchen
gerade
befanden.
Dies
geschah
für
beide
Untersuchungsgebiete separat (Tab. 6).
Tab. 6 Einteilung des Datenbestandes in die vier reproduktiven Phasen
Phase
Gebiet
Beobachtete
Fokusnächte
Fokustiere
Vorpaarungszeit
Kontaktzeit in
h
JBA
2 Weibchen
5 Nächte
08:23:36
JBB
4 Weibchen
13 Nächte
26:23:53
JBA
6 Weibchen
23 Nächte
28:57:45
JBB
5 Weibchen
13 Nächte
22:28:02
Tragzeit
JBB
2 Weibchen
5 Nächte
07:44:30
Aufzuchtzeit
JBB
3 Weibchen
18 Nächte
16:54:31
Paarungszeit
Es wurden die Aktivitäten der verschiedenen Weibchen summiert und zwischen den
Phasen bzw. zwischen beiden Gebieten statistisch mittels des Chi-Quadrat-Tests
miteinander verglichen. Die Daten wurden nicht auf individueller Ebene statistisch
analysiert, da die Stichproben hierfür zu klein waren und es sich zudem um
gemischte (abhängige/unabhängige Daten) Stichproben handelte. Die individuellen
Aktivitätsbudgets werden jedoch zu Vergleichszwecken im Anhang dargestellt.
52 | S e i t e
2.3.3.3. Nächtliche Aktionsräume und Wanderstrecken
Zur Bestimmung der nächtlichen Aktionsräume sowie der Wanderstrecken eines
Senderweibchens wurden mit Hilfe eines GPS-Gerätes immer dann die Koordinaten
des Tieres zu erfasst, wenn es sich mehr als 10 m von seinem vorhergehenden
Standpunkt entfernt hatte. Die Datenverarbeitung fand anschließend mittels des
Programmes Arc View GIS 3.3. statt, in dem nach Eingabe aller GPS-Koordinaten
einer Fokusnacht ein 100 % Minimum-Konvex-Polygon (Mohr 1947) erstellt wurde.
Auch die nächtlichen Wanderstrecken wurden mit dem Programm ARC VIEW GIS
3.3. als Summe aller Teilstrecken zwischen den sukzessiven Positionen der Tiere
berechnet. Anschließend wurde das Durchwanderungspotential für jeden nächtlichen
Aktionsraum berechnet. Dafür wurde die nächtliche Wanderstrecke durch den aus
der nächtlichen Aktionsraumgröße mit der Kreisformel (A=π*r²) berechneten
Aktionsraumdurchmesser geteilt. Diese Analyse erlaubt einen Einblick in die
Raumnutzungsmuster der Weibchen im JBA und JBB. Zur Auswertung der Daten
wurden alle Fokusnächte genutzt, in denen die Tiere mindestens vier Stunden
beobachtet worden waren (Tab.7). Somit entfielen vor allem Nächte während der
Regenzeit, da die Beobachtungen oft aufgrund starken Regens abgebrochen werden
mussten.
Tab. 7 Datengrundlage zur Auswertung der Raumnutzung
Phase
Gebiet
Beobachtete
Anzahl Nächte
Fokustiere
Vorpaarungszeit
JBA
3 Weibchen
6 Nächte
JBB
3 Weibchen
7 Nächte
JBA
3 Weibchen
13 Nächte
JBB
4 Weibchen
12 Nächte
Tragzeit
JBB
1 Weibchen
3 Nächte
Aufzuchtzeit
JBB
3 Weibchen
13 Nächte
Paarungszeit
Es wurde für jedes Individuum ein Mittelwert pro Phase für den Aktionsraum, die
Wanderstecke und das Durchwanderungspotential errechnet. Anhand des Mann-
53 | S e i t e
Whitney-U-Tests wurden sowohl die Gebiete pro Phase als auch die Phasen
untereinander verglichen. Schließlich wurde die kumulative Aktionsraumgröße der
Weibchen berechnet, die sich durch das Übereinanderlegen der Aktionsräume
mehrerer Nächte ergibt. In die Berechnung gingen mindestens drei und maximal
sechs Nächte pro Weibchen ein. Die Gesamtaktionsraumgrößen wurden dann mit
einem Mann-Whitney-U-Test auf Gebietsunterschiede verglichen.
2.3.3.4. Östrussynchronität
Durch die optische Kontrolle der Vulva-Morphologie aller gefangenen Weibchen
konnte ermittelt werden, zu welchem Zeitpunkt diese östrisch waren. So wurde es
möglich, einen zeitlichen Abstand zwischen den Östren der einzelnen Weibchen zu
erfassen und somit Einblicke in die Synchronität der Östren zu erhalten.
Für jedes Weibchen wurde anhand der Fangdaten ein mittlerer Fangort errechnet.
Somit konnten individuelle Distanzen zwischen den einzelnen Weibchen in beiden
Gebieten kalkuliert werden. Es wurde schließlich ein Mantel-Test durchgeführt, der
einen möglichen Zusammenhang zwischen räumlichem Abstand der Weibchen
zueinander und zeitlichem Eintritt in den Östrus untersuchen sollte.
2.3.3.5. Sozialverhalten
Jede soziale Interaktion wurde entweder als Nähe eines Tieres (Proximity), als
positive oder als agonistische Interaktion bewertet (siehe Tab.4). Dabei konnten
während eines Kontaktes zwischen zwei Tieren auch verschiedene Interaktionen
auftreten, die sowohl als positiv, als auch als agonistisch kategorisiert werden
konnten. Es fand ein statistischer Vergleich mittels des Chi-Quadrat-Tests zwischen
den einzelnen Qualitäten von Sozialkontakten und den vier Phasen statt. Im
Vordergrund stand hierbei der Vergleich zwischen Sozialkontakten innerhalb und
außerhalb der Paarungszeit.
Es wurde außerdem die soziale Begegnungsrate pro Phase und Gebiet berechnet.
Hierfür wurden die Kontakte zu Interaktionspartnern pro Stunde gezählt. Es wurde,
54 | S e i t e
wann immer möglich, zwischen Kontakten zu Männchen, zu Weibchen und zu
männlichen und weiblichen Schlafgruppenmitgliedern unterschieden.
Neben der Qualität der Interaktionen wurde ebenfalls die Gesamtdauer sowie die
durchschnittliche Dauer der Kontakte zu männlichen und weiblichen Partnern sowie
zu männlichen und weiblichen Schlafgruppenmitgliedern erfasst.
2.3.3.6. Zusammensetzung der Schlafgruppen
Die Daten zur Zusammensetzung der Schlafgruppen wurden im Hinblick auf eine
eventuelle
Veränderung
der
Schlafgruppenzusammensetzung
zwischen
Paarungszeit und Aufzuchtzeit untersucht.
2.3.4. Analyse der Kondition und Verfügbarkeit potentieller männlicher Partner
2.3.4.1. Saisonale Änderung des Hodenvolumens
Das Hodenvolumen der Männchen wurde aus den Längen- und Breitenmaßen des
rechten und linken Hodens unter Verwendung der Formel von Bercovitch (1989)
bestimmt.
3,14*Gesamtbreite Hoden *(mittlere Länge Hoden)2
Hodenvolumen =
6
Aus den gewonnenen Daten sollten Rückschlüsse auf eine saisonale Dynamik und
eventuelle Unterschiede zwischen den beiden Untersuchungsgebieten gezogen
werden.
Es wurde eine Two-way-ANOVA durchgeführt, um auf Unterschiede zwischen den
Monaten und zwischen den beiden Untersuchungsgebieten zu testen. Ausserdem
wurden mittels des Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Tests monatsweise Vergleiche
durchgeführt.
2.3.4.2. Saisonale Änderung des Körpergewichts
Mittels einer Two-way-ANOVA wurde das Körpergewicht der Männchen auf
monatliche Unterschiede sowie auf Gebietsunterschiede getestet. Jeweils zwei
55 | S e i t e
aufeinanderfolgende Monate wurden mit dem Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test
verglichen.
2.3.4.3. Anzahl männlicher Individuen in der Nähe der Weibchen
Für jedes gefangene Tier wurde der jeweilige mittlere Fangort berechnet. Ausgehend
von den Weibchen wurden dann die Anzahl der Männchen errechnet, die sich in
einem Umkreis von 100 m, zwischen 100 und 150 m und über 150 m befanden. Auf
diese Weise wurde die Verfügbarkeit an möglichen Paarungspartnern getestet. Es
wurden hierbei nur Tiere berücksichtigt, die im Jahr 2007 mindestens bis zum Monat
September gefangen wurden. Somit sollten Tiere ausgeschlossen werden, die
eventuell während der Paarungszeit nicht mehr in der Population lebten.
Mit einer One-way-ANOVA wurde auf Unterschiede in der Verfügbarkeit von
Paarungspartnern in den zwei Gebieten getestet.
2.3.5. Analyse des Aufzuchtverhaltens
2.3.5.1. Entwicklung der Mutter-Kind-Kontakte und ontogenetische
Betrachtungen
Aus den Fokusbeobachtungen ließen sich die Dauern der Kontakte zwischen
Müttern und Jungtieren ermitteln, die in Relation zur Gesamtbeobachtungszeit der
jeweiligen Nächte gesetzt wurde. Somit konnte ein Einblick in die Entwicklung der
Mutter-Jungtier-Kontakte basierend auf gemeinsam verbrachter Zeit gewonnen
werden.
Es wurden sowohl bei den Müttern als auch bei den Jungtieren während der
Fokusbeobachtungen gewisse Verhaltensweisen aufgenommen (z.Bsp.: oraler
Transport von Jungtieren durch die Mutter, Spielen der Jungtiere). Diese wurden
aufgrund der Kenntnis des Geburtszeitpunktes einem bestimmten Alter der Jungtiere
zugeordnet. So konnte eine Entwicklungsübersicht über das Jungtierverhalten erstellt
werden. Diese erlaubte schließlich auch Rückschlüsse auf das Alter von Jungtieren,
deren Geburtstermin nicht bekannt war. Dies war der Fall, wenn ein Weibchen weder
östrisch noch nachweisbar trächtig gefangen worden war, jedoch schließlich mit
Nachwuchs gesichtet werden konnte.
56 | S e i t e
2.3.5.2. Schlafplatzwahl in und außerhalb der Aufzuchtzeit
Die Nutzung der drei verschiedenen Schlafplatztypen (Blätternest, Höhle, offene
Vegetation) wurde zwischen den vier reproduktiven Phasen der Senderweibchen
verglichen. Es wurden jeweils die absoluten Häufigkeiten für jeden Schlafplatztyp pro
Phase ermittelt, um diese untereinander mit dem Chi-Quadrat-Test zu vergleichen.
Im Zeitraum Dezember 2007 bis Januar 2008 wurde außerdem die Schlafplatzwahl
von Weibchen mit und ohne Nachwuchs miteinander verglichen.
Weiterhin wurde die mittlere Nutzungsdauer jedes Schlafplatztyps für jede der vier
Phasen ermittelt und verglichen. Auch hier wurden im Zeitfenster Dezember 2007 bis
Januar 2008 Weibchen mit und ohne Nachwuchs untereinander verglichen.
Außerdem wurde analysiert, wie viele Tage insgesamt zwischen der ersten und der
letzten Nutzung eines Schlafplatzes lagen, um mögliche Unterschiede zwischen den
Schlafplatztypen zu finden.
Des Weiteren wurde auch die Rückkehrrate zum Schlafplatz des Vortages für jede
Phase bestimmt. Die Rückkehrrate ergab sich aus der Anzahl der tatsächlichen
Rückkehrtage in Relation zur Anzahl der potentiell möglichen Rückkehrtage zu
einem Schlafplatz. Dies konnte natürlich nur durchgeführt werden, wenn der
Schlafplatz des Vortages bekannt war. Zur Auswertung der Rückkehrrate mussten
mindestens zwei aufeinanderfolgende Tage vorliegen.
Mittels eines Mann-Whitney-U-Tests wurde auch hier auf Unterschiede zwischen
Weibchen mit und ohne Nachwuchs getestet.
2.3.6. Genetische Analysen
2.3.6.1. DNA Extraktion
Phenol-Chloroform-Extraktion
Zur Isolierung der Nukleinsäuren aus der Gewebeprobe wurde eine
Phenol-Chloroform-Extraktion nach dem Standardprotokoll von Maniatis et al. (1982)
durchgeführt.
57 | S e i t e
Extraktion von DNA aus Haaren
Zur DNA-Extraktion aus Haaren wurde das Extraktionskit Nucleo Spin Tissue
(Macherey-Nagel, Düren) verwendet und die Angaben des Herstellers befolgt.
2.3.6.2. Erstellung der Multilokus-Genotypen
Nukleäre Mikrosatelliten eignen sich aufgrund ihrer hohen Variabilität hervorragend
zur Bestimmung der genetischen Verwandtschaft oder Elternschaft. In der
vorliegenden Arbeit wurden sechs polymorphe Mikrosatelliten verwendet (Tab. 8).
Tab. 8 Eigenschaften der in dieser Arbeit verwendeten Mikrosatelliten
Lokus
n
Mittelwert
Minimum
Maximum
Allele
Hobs
Hexp
Marker
Referenz
155
153
161
4
0,86
0,75
HEX
Hapke et
Tiere
M43B
11
al. 2003
M9N
11
121
108
135
8
0,82
0,81
FAM
Radespiel
et al.
2008
M30
11
234
223
240
6
0,73
0,82
FAM
Hapke et
al. 2003
M8
11
191
174
203
11
0,91
0,92
FAM
Radespiel
et al.
2001
M40
11
151
140
161
6
0,82
0,82
HEX
Hapke et
al. 2003
M3
11
122
118
128
6
0,64
0,68
FAM
Radespiel
et al.
2001
Je 1 µl der extrahierten DNA jedes zu untersuchenden Tieres wurde mit 9 µl
Reagenziengemisch versetzt. In dem Reagenziengemisch befanden sich abhängig
vom Lokus 1-1,5 mM MgCl2, 225 µM dNTPs (jeder Base), 1 x PCR-Puffer
(Endkonzentration: 20 mM Tris-HCL, pH 8.4, 50 mM KCL) oder 1 x PARR-Puffer
(Cambio, UK - Cambridge), 0,1-0,3 µM des jeweiligen Primers und 0,25 U der TaqDNA Polymerase.
58 | S e i t e
Für die Durchführung der PCR standen die Thermocycler Gene Amp PCR
System 9700 (PE Applied Bio-Systems, USA - Foster City) und Peltier Thermal
Cycler PTC - 200 (MJ Research DNA Engine, USA - Waltham) zur Verfügung. Dabei
wurden abhängig vom Lokus unterschiedliche Zyklen benutzt (Abb.12-15).
6x
6x
94°C 94°C
25x
94°C
4min 30sec
72°C
55°C
94°C
30sec
30sec
72°C
53°C
20sec
30sec
30sec
20sec
36x
94°C 94°C
72°C
72°C
4min
30sec 7min 4°C
20sec
∞
Abb.13 Zyklusverlauf für den Lokus M8
35x
92°C
92°C
72°C
72°C
2min
40sec 58°C 1min
5min
4°C
1min
∞
Abb.14 Zyklusverlauf für die Loki M30/M40/M43B
94°C 94°C
72°C
4min
30sec 7min
30sec 50°C
20sec
50°C
20sec
Abb.12 Zyklusverlauf für den Lokus M3
30sec 55°C
72°C
72°C
4°C
∞
Abb.15 Zyklusverlauf für den Lokus M9N
72°C
30sec 7min 4°C
∞
59 | S e i t e
Des Weiteren wurde bei der PCR eine Negativkontrolle (deionisiertes H 2O) als
Indikator für Verunreinigungen, sowie eine leicht zu amplifizierende Positivkontrolle
(hoch konzentrierte DNA aus der Muskulatur eines M. murinus) verwendet.
Der Erfolg der Amplifikation wurde gelelektrophoretisch auf einem 1,5%igen
Agarosegel überprüft, in dem Ethidiumbromid in einer Konzentration von 1,3 x 10 -4
mg/ml enthalten war. Die Fragmentgröße der Produkte konnte mit Hilfe eines
Längenstandards (Gene Ruler TM 100 bp DNA Ladder Plus, Fermentas, St. Leon
Rot) grob geschätzt werden.
Die genaue Bestimmung der Allelgröße erfolgte mittels des
Kapillarsequenzers
MegaBACE 1000 (Amersham Pharmacia, Wien). Jede homozygote Probe wurde
mindestens zweimal amplifiziert, um Fehler bei der Typisierung zu vermeiden.
Mit Hilfe des Programmes MegaBACE Genetic Profiler 2.2. (Amersham Biosciences
2003) wurden die Peaks ausgewertet und mit Hilfe eines intern mitlaufenden
Größenstandards (ET400) die Allellänge bestimmt (Abb.16).
Abb. 16 Darstellung der Peaks im Programm MegaBACE Genetic Profiler 2.2.
2.3.6.3. Sequenzierung der mitochondrialen d-loop
Zunächst wurde eine PCR der mitochondrialen d-loop durchgeführt.
Das Gesamtvolumen einer Probe enthielt dabei 25 μl, wobei 5 μl DNA und 20 μl des
Reagenziengemisches verwendet wurden. Das Reagenziengemisch bestand aus 1
µM für jeden Primer, 1,5 mM MgCl2, 0,2 mM dNTP (je Base), 1 x PCR-Puffer und
60 | S e i t e
0,02 U Taq-DNA-Polymerase. Des Weiteren wurde auch bei dieser PCR eine
Negativkontrolle (deionisiertes H2O) als Indikator für Verunreinigungen, sowie eine
leicht amplifizierende Positivkontrolle verwendet.
Für die Durchführung der PCR standen die Thermocycler Gene Amp PCR System
9700 (PE Applied Bio-Systems) und Peltier Thermal Cycler PTC - 200 (MJ Research
DNA Engine) zur Verfügung. Dabei wurde folgender Zyklus durchgeführt (Abb.17):
35x
94°C
94°C
3min
1min
50°C
72°C
72°C
1min
5min
1min
4°C
∞
Abb. 17 Zyklusverlauf für die D-LOOP Amplifikation
Der Erfolg der Amplifikation wurde gelelektrophoretisch auf einem 1,5%igen
Agarosegel überprüft, in dem Ethidiumbromid in einer Konzentration von 1,3 x 10-4
mg/ml enthalten war, überprüft. Die Fragmentgröße der Produkte konnte mit Hilfe
eines Längenstandards (Gene Ruler TM 100 bp DNA Ladder Plus, Fermentas) grob
geschätzt werden.
Im Anschluss daran wurden die PCR-Produkte aufgereinigt, was der Entfernung
überschüssiger Substanzen aus dem Reaktionsansatz dient. Die DNA wird dabei
unter anderem von Salzen, Oligonukleotiden, Primern und überschüssigen dNTP´s
befreit, da diese einen störenden Einfluss auf Sequenzierungsreaktionen haben
können. Die Aufreinigung erfolgte mit dem Aufreinigungskit von Invitek (MSB® Spin
PCRapace
(250),
Berlin)
und
wurde
entsprechend
der
Herstellerangaben
durchgeführt.
Die Sequenzierung wurde bei der Firma Macrogen (Seoul, Südkorea) in Auftrag
gegeben. Dafür wurde das gesamte PCR-Produkt (mindestens 10 μl) nach der
ersten Aufreinigung zusammen mit den beiden Primern (5 pmol/μl, 10 μl pro fünf
Proben) per Luftweg nach Korea verschickt.
61 | S e i t e
Die fertige Sequenzen wurden mit dem Programm SeqMan II 6.00 (© 1989-2004
DNASTAR, Madison, USA) bearbeitet. Dabei wurden die Elektropherogramme
komplementärer
DNA-Stränge
miteinander
verglichen
und
per
Unstimmigkeiten in der Basenabfolge untersucht. Bei Abweichungen
Auge
auf
zwischen
den Sequenzen wurden Korrekturen zu Gunsten der qualitativ besseren Sequenz
(mit höheren Peaks und geringeren Überlagerungen) vorgenommen. Anschließend
wurden die Sequenzen der komplementären Stränge eines jeden Individuums zu
einer Konsensussequenz
zusammengefasst. Für weitere Analysen wurden die unterschiedlich langen
Konsensussequenzen der einzelnen Individuen an den Enden geschnitten
und
auf
eine
einheitliche
Länge
gekürzt.
Anschließend
wurden
die
Konsensussequenzen von Weibchen mit denen von Männchen, die in derselben
Schlafgruppe gesichtet wurden, verglichen. Wenn die Konsensussequenzen zweier
Individuen zu 100% identisch sind, liegt ein identischer Haplotyp vor, der einen
Hinweis auf die Abstammung von einer gemeinsamen Matrilinie liefert.
2.3.6.4. Bestimmung der Verwandtschaftsverhältnisse in Schlafgruppen
Die Verwandschaftsverhältnisse innerhalb der Schlafgruppen wurde mit Hilfe von
drei Parametern ermittelt:
Es wurde erstens die Anzahl der Allelausschlüsse bei den Mikrosatelliten-Loci
gezählt. Zweitens wurde die Zugehörigkeit zu den Haplotypen untersucht und
drittens ein Verwandtschaftskoeffizient r
mit Hilfe des Programmes Kinship 1.2.
ermittelt (Queller & Goodnight, 1989, http://gsoft.smu.edu/GSoft.html). Die mit dem
Programm ermittelten r-Werte sind Abschätzungen unter der Voraussetzung
zufälliger Paarungen innerhalb einer Population. Eine Elternschaft wurde dann
angenommen, wenn keine Allelausschlüsse, ein identischer Haplotyp sowie ein
Verwandtschaftskoeffizient von r > 0,4 vorlag.
62 | S e i t e
2.3.7. Datenverarbeitung und statistische Verfahren
Außer den bereits erwähnten Programmen wurden bei der Datenverarbeitung die
Programme Word 2007, Excel 2007, Powerpoint 2007 und Corel Draw 12 verwendet.
Die statistischen Auswertungen erfolgten mit dem Programm Statistica 6.0 (Statsoft
Inc., Hamburg). Soweit nicht anders angegeben, wurde das Signifikanzniveau für
statistische Tests auf p > 0,05 festgesetzt. Bei der Durchführung serieller Tests
erfolgte eine Anpassung des Signifikanzniveaus nach der sequentiellen BonferroniTechnik (Engel 1997).
Für die Auswertung wurden folgende statistische Tests angewendet:
Beim Vergleich von zwei unabhängigen Stichproben wurde der Mann-Whitney-UTest angewandt. Dabei handelt es sich um einen nicht-parametrischen Test. Er
prüft, ob zwei unabhängige Stichproben derselben Grundgesamtheit angehören. Es
müssen mindestens drei Datenpunkte pro Stichprobe vorliegen, um diesen Test
anwenden zu können. Der Mann-Whitney-U-Test fand in dieser Arbeit unter anderem
Anwendung bei dem Gebietsvergleich der akkumulativen Aktionsraumgrößen.
Lagen die Daten in Form von zwei abhängigen Stichproben vor, wurde der WilcoxonVorzeichen-Rang-Test eingesetzt. Dieser Test prüft, ob sich zwei abhängige, aus
Ordinaldaten oder Intervalldaten bestehende Stichproben in ihrem Median
unterscheiden. Für diesen Test müssen mindestens fünf gepaarte Datensätze
vorliegen. In dieser Arbeit wurde der Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test unter anderem
zu monatlichen Vergleichen des Hodenvolumens genutzt.
Der Chi-Quadrat-Test wurde angewendet, um beobachtete Häufigkeiten zu prüfen.
Die gemessenen Werte werden mit den Erwartungswerten zu einer Prüfgröße 2
verrechnet. Der Test untersucht, ob ein Unterschied zwischen zwei oder mehr
unabhängigen Stichproben besteht. Dieser Test wurde unter anderem benutzt, um
Vergleiche der Qualitäten von Sozialkontakten zwischen den vier Phasen
durchzuführen.
63 | S e i t e
Die Einfaktorielle Varianzanalyse (One-Way-ANOVA) wurde eingesetzt, um den
Einfluss einer unabhängigen Variablen auf ein Merkmal (abhängige Variable) zu
untersuchen. Die Stichproben müssen stets voneinander unabhängig sein und die
gleiche Varianz aufweisen. Mittels dieses Tests wurden unter anderem die Gebiete
auf Unterschiede in der Verfügbarkeit potentieller Paarungspartner getestet.
Um den Einfluss von zwei unabhängigen Variablen auf ein Merkmal (abhängige
Variable) zu untersuchen, wurde die Zweifaktorielle Varianzanalyse (Two-wayANOVA) angewendet. Dieses Verfahren untersucht, ob mehrere unabhängige
Variabeln einzeln oder in beliebigen Kombinationen einen statistisch gesicherten
Einfluss auf ein Merkmal (abhängige Variable) haben. Voraussetzung für diesen Test
ist, dass die Daten normalverteilt und unabhängig sind, sowie die gleiche Varianz
aufweisen. Mit der Two-way-ANOVA wurde innerhalb dieser Arbeit unter anderem
der Einfluss von Gebiet und Monat auf das Körpergewicht getestet.
Mit dem Programm XLSTAT (Version 2007.7, Addinsoft, Andernach) wurde ein
Mantel-Test (Mantel 1967)
durchgeführt, der den Zusammenhang zwischen
räumlichem Abstand der Weibchen zueinander und deren zeitlichen Östruseintritt
untersuchen sollte. Der mittels des Tests errechnete Korrelationskoeffizient r
(Pearson) gab Aufschluss darüber, ob eine Verbindung zwischen den beiden
untersuchten Variablen besteht.
64 | S e i t e
3. Ergebnisse
3.1. Populationsökologie
3.1.1. Fangbarkeit
Ergebnisse der Fangaktionen
Jardin Botanique A
Im Verlauf des Jahres 2007 wurden im Untersuchungsgebiet JBA 46 (26 Männchen,
20 Weibchen) verschiedene Mausmakis der Art M. ravelobensis gefangen. Bei acht
der gefangenen Weibchen (40%) handelte es sich um Wiederfänge aus den Jahren
2003, 2004, 2005 und 2006. Bei den Männchen hingegen stammen lediglich fünf
Individuen (19%) aus den Jahren 2005 und 2006. Die Ergebnisse der wöchentlichen
Fangaktionen von August 2007 bis Januar 2008 sind in Tabelle 9 dargestellt.
Tab. 9 Anzahl der im JBA während der einzelnen Fangaktionen gefangenen
männlichen und weiblichen M. ravelobensis
Monat
Datum
Anzahl Individuen
Gesamt (♂,♀)
August
September
Oktober
09.08.2007
11 (7, 4)
11.08.2007
11 (5, 6)
13.08.2007
12 (8, 4)
20.08.2007
8 (5, 3)
27.08.2007
12 (6, 6)
03.09.2007
13 (7, 6)
11.09.2007
9 (5, 4)
17.09.2007
12 (5, 7)
24.09.2007
18 (7,11)
01.10.2007
18 (7,11)
08.10.2007
16 (9, 7)
16.10.2007
18 (10,8)
23.10.2007
8 (4, 4)
29.10.2007
17 (10,7)
65 | S e i t e
05.11.2007
10 (4, 6)
12.11.2007
2 (2, 0)
18.11.2007
2 (1, 1)
25.11.2007
1 (1, 0)
Dezember
09.12.2007
1 (1, 0)
Januar
19.01.2008
1 (0, 1)
November
Für die Monate August (G = 3,02; p > 0,05; Goodness-of-fit-Test), September (G =
1,7; p > 0,05; Goodness-of-fit-Test) und Oktober (G = 0,1; p > 0,05; Goodness-of-fitTest) konnten keine Unterschiede zwischen der beobachteten und erwarteten
Fangbarkeit gefunden werden. Aufgrund des starken Rückganges der Anzahl
gefangener Individuen ab November wurden für die Monate November, Dezember
und Januar keine Populationsgrößen ermittelt, um nicht den Eindruck einer
Verkleinerung der Populationsgröße ab November entstehen zu lassen. Daher war
es auch nicht mehr nötig, den Goodness-of-fit-Test für diese Monate zu berechnen.
Jardin Botanique B
Im Verlauf des Jahres 2007 wurden im Untersuchungsgebiet JBB 80 (35 Männchen,
45 Weibchen) verschiedene Mausmakis der Art M. ravelobensis gefangen.
Bei 25 Weibchen (56%) handelte es sich um Wiederfänge aus den Jahren 1998,
1999, 2003, 2004, 2005 und 2006. 13 Männchen (37%) stammten aus den Jahren
2003, 2004, 2005 und 2006. Die Ergebnisse der wöchentlichen Fangaktionen von
August 2007 bis Januar 2008 sind Tabelle 10 zu entnehmen.
66 | S e i t e
Tab. 10 Anzahl der im JBB während der einzelnen Fangaktionen gefangenen
männlichen und weiblichen M. ravelobensis
Monat
Datum
Anzahl Individuen
Gesamt (♂,♀)
August
September
Oktober
November
Dezember
10.08.2007
38 (17,21)
12.08.2007
35 (15,20)
14.08.2007
37 (18,19)
21.08.2007
30 (12,18)
28.08.2007
28 (14,14)
04.09.2007
25 (12,13)
12.09.2007
28 (11,17)
18.09.2007
30 (13,17)
25.09.2007
32 (12,20)
02.10.2007
27 (10,17)
09.10.2007
25 (11,14)
15.10.2007
21 ( 8,13)
22.10.2007
11 ( 3, 8)
30.10.2007
10 ( 4, 6)
06.11.2007
7 ( 3, 4)
13.11.2007
8 ( 2, 6)
19.11.2007
3 ( 2, 1)
10.12.2007
1 ( 1, 0)
Für die Monate August (G = 0,44; p > 0,05; Goodness-of-fit-Test), September (G = 0;
p > 0,05; Goodness-of-fit-Test) und Oktober (G = 0,68; p > 0,05; Goodness-of-fitTest) konnten keine Unterschiede zwischen der beobachteten und der erwarteten
Fangbarkeit gefunden werden. Wie im JBA wurden aufgrund des starken
Rückganges der gefangenen Individuen ab November für die Monate November,
Dezember und Januar keine Populationsgrößen berechnet und dementsprechend
auch keine Goodness-of-fit-Tests durchgeführt.
67 | S e i t e
Fallennutzung
Jardin Botanique A
Im Verlauf dieser Studie wurden im Untersuchungsgebiet JBA pro Nacht zwischen
97 und 120 Fallen aufgestellt. Diese Schwankung entstand durch die zusätzliche
Platzierung von Fallen an den Schlafplätzen der Senderweibchen ab Oktober. Dies
wurde unternommen, um dem zu erwartenden Rückgang der Anzahl gefangener
Individuen entgegenzuwirken. Um zu überprüfen, ob durch die Anzahl der
aufgestellten Fallen die Fangbarkeit limitiert war, wurde der Anteil belegter Fallen pro
Monat berechnet (Abb.18).
Zum überwiegenden Teil wurden M. murinus und M. ravelobensis gefangen. Im
Untersuchungszeitraum gingen jedoch vereinzelt auch endemische Kleinsäuger und
Geckos (letztere nur in der Regenzeit) in die Fallen. Zusätzlich kam es vor, dass sich
einige Fallen über Nacht geschlossen hatten, aber leer waren. Bei einem sehr hohen
Anteil belegter Fallen sollte die Wahrscheinlichkeit größer sein, dass ein Tier
aufgrund einer bereits belegten Falle nicht gefangen werden konnte.
Die meisten Fallen waren während einer Fangaktion im September belegt (51 von
98) (Abb.18). Lediglich in drei von insgesamt 20 Fangaktionen, in denen Mausmakis
gefangen wurden, waren mehr als die Hälfte der Fallen (50,4 bis 52%) belegt. Es ist
daher davon auszugehen, dass die Fangbarkeit von M. ravelobensis im JBA nicht
durch die Anzahl der aufgestellten Fallen limitiert war.
68 | S e i t e
Prozentanteil belegter Fallen
50
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
August
September Oktober
November Dezember
Januar
Monat
Abb.18 Monatlicher Verlauf der Anzahl belegter (M. ravelobensis, M. murinus,
endemische Kleinsäuger und Geckos) oder geschlossener Fallen im JBA
(n Fallen = 97-120)
Jardin Botanique B
Im Verlauf der Studie wurden im Untersuchungsgebiet JBB pro Nacht zwischen 92
und 110 Fallen aufgestellt. Auch in diesem Gebiet wurden zusätzliche Fallen an den
Schlafplätzen der Senderweibchen positioniert. Dies geschah hier allerdings erst ab
Anfang November 2007. Um auch im JBB eine Fanglimitierung aufgrund eines zu
hohen Anteils belegter Fallen auszuschließen, wurde dieser monatlich berechnet
(Abb. 19). Der größte Anteil belegter oder geschlossener Fallen konnte während
einer Fangaktion Mitte August 2007 verzeichnet werden (57 von 93 Fallen). In fünf
von 18 Fangaktionen, in denen mindestens ein Mausmaki gefangen wurde, lag der
Prozentanteil belegter Fallen zwischen 50,5% und 61,3%. In allen anderen Fällen
wurde der 50% Anteil belegter Fallen nicht überschritten. Es ist also auch im JBB
davon auszugehen, dass überwiegend keine Fanglimitierung aufgrund eines zu
hohen Fallenbelegungsanteils vorlag.
69 | S e i t e
Prozentanteil belegter Fallen
60
50
40
30
20
10
0
August
September Oktober
November Dezember
Januar
Monat
Abb.19
Monatlicher Verlauf der Anzahl belegter (M. ravelobensis, endemische
Kleinsäuger und Geckos) oder geschlossener Fallen im JBB (nFallen= 92-110)
Fanghäufigkeit
Jardin Botanique A
Während der Studie gingen die einzelnen Individuen mit unterschiedlicher Häufigkeit
in die Fallen. 34,8% der Tiere im JBA wurden nur einmal pro Jahr gefangen. Die
maximale Fanghäufigkeit eines Individuums betrug 18 Mal (Abb.20).
70 | S e i t e
18
Anzahl der Tiere
16
14
12
10
8
6
4
2
0
1x
3x
5x
7x
9x
11x
15x
17x
Fanghäufigkeit
Abb. 20 Darstellung der individuellen Fanghäufigkeiten der einzelnen im JBA
gefangenen Goldbraunen Mausmakis
Der Anteil der Tiere, die nur einmalig gefangen wurden (n = 16), war tendenziell
niedriger, als der Anteil Tiere, die mehrmals gefangen werden konnten (n = 30)
(2 = 3,38; p = 0,0662). Es konnten somit keine negativen Falleneffekte, also eine
systematische Vermeidung der Fallen durch die Tiere festgestellt werden.
Jardin Botanique B
Im Untersuchungsgebiet JBB gingen die Mausmakis mit unterschiedlicher Häufigkeit
in die Fallen. Nur einmal pro Jahr wurden 16,3 % der Tiere gefangen. Zwei- bis
viermal pro Jahr wurden 32,5 % der Tiere gefangen. Die maximale Fanghäufigkeit
betrug im JBB 24 Mal (Abb. 21).
71 | S e i t e
14
Anzahl der TIere
12
10
8
6
4
2
0
1x
3x
5x
7x
9x
11x
13x
15x
17x
19x
24x
Fanghäufigkeit
Abb. 21 Darstellung der individuellen Fanghäufigkeiten der einzelnen im JBB
gefangenen Goldbraunen Mausmakis
Statistisch gesehen war der Anteil an Tieren, die nur einmal gefangen worden waren
(n = 13), signifikant niedriger als der Anteil Tiere, die wiederholt gefangen werden
konnten (n = 67) (2 = 12,97; p = 0,0003). Es konnten also auch im JBB keine
negativen Falleneffekte nachgewiesen werden.
3.1.2. Populationsgröße
Die Populationsgröße wurde sowohl mit der Jolly-Seber-Methode als auch mit der
MNA-Methode für die Monate August, September und Oktober 2007 berechnet. In
die Berechnung der Populationsgrößen gingen auch die Fangergebnisse aus den
Monaten Mai bis Juli 2007 und November 2007 bis Januar 2008 ein. Für November
und Dezember 2007 sowie Januar 2008 lagen jedoch aufgrund zu geringer
Fangerfolge zu wenige Daten vor, um Berechnungen durchführen zu können.
Jardin Botanique A
Die Populationsgröße im Untersuchungsgebiet JBA blieb in den Monaten August,
September und Oktober relativ konstant (Jolly-Seber-Methode: 28-32-31 Individuen;
72 | S e i t e
MNA-Methode: 30-29-30 Individuen). Der genaue Verlauf kann in Abb. 22
nachvollzogen werden.
Populationsgröße (Anzahl Individuen)
45
40
35
×
30
×
×
25


20

15
10






5






0
August
September
Oktober
Legende:  Fangergebnisse × MNA-Methode  Gesamtanzahl gefangener Individuen
 Populationsgröße nach J.S. mit Konfidenzintervallen
Abb. 22 Monatliche Populationsgrößen im JBA nach der Jolly-Seber-Methode &
MNA-Methode, tageweise und monatliche Fangergebnisse
Die Fangbarkeit der Individuen lag basierend auf den Populationsgrößewerten, die
mittels der Jolly-Seber-Methode ermittelt wurden, im Monat August bei 71 %, im
Monat September bei 72 % und stieg im Oktober auf 94 % an.
Basierend auf den Werten der Populationsgrößen, die durch die MNA-Methode
berechnet wurden, lag die Fangbarkeitsrate der Tiere im Monat August bei 67 %, im
September stieg die Fangbarkeit bereits auf 79 % an und erreichte schließlich den
höchsten Wert im Oktober mit 97 %.
Beim
Vergleich
monatlicher
Populationsgrößen
konnten
Unterschiede zwischen den Monaten gefunden werden.
keine
signifikanten
73 | S e i t e
Jardin Botanique B
Auch für das Untersuchungsgebiet JBB wurden mit Hilfe der Jolly-Seber-Methode
und der MNA-Methode die Populationsgrößen für August, September und Oktober
2007 kalkuliert (Abb. 23). Diese blieb über die Monate August (Jolly-Seber-Methode:
56 Individuen, MNA-Methode: 51 Individuen) und September (Jolly-Seber-Methode:
52 Individuen, MNA-Methode: 50 Individuen) relativ konstant. Sie zeigte jedoch
bereits im Oktober (Jolly-Seber-Methode und MNA-Methode: 35 Individuen) einen
Abfall. Der Rückgang der Populationsgröße ging mit dem Einbruch der Fangzahlen
Populationsgröße (Anzahl Individuen)
am Ende der Trockenzeit und Beginn der Regenzeit einher.
70
60
×

50
40
30

×







 ×



20


10

0
August
September
Oktober
Legende:  Fangergebnisse × MNA-Methode  Gesamtanzahl gefangener Individuen
 Populationsgröße nach J.S. mit Konfidenzintervallen
Abb. 23 Monatliche Populationsgrößen im JBB nach der Jolly-Seber-Methode und
der MNA-Methode, tageweise und monatliche Fangergebnisse
Die Fangbarkeit der Individuen lag basierend auf den Populationsgrößewerten, die
mittels der Jolly-Seber Methode ermittelt wurden, im Monat August bei 87 %, im
Monat September bei 90 % und stieg im Oktober sogar auf 100 % an.
Basierend auf den Werten der Populationsgrößen, die durch die MNA-Methode
berechnet wurden, lag die Fangbarkeitsrate der Tiere im Monat August bei 96 %, im
74 | S e i t e
September sank die Fangbarkeit auf 94 % an und erreichte schließlich den höchsten
Wert im Oktober mit 100 %.
Um die Populationsgrößen zwischen den Monaten statistisch vergleichen zu können,
gingen die wöchentlich berechneten Populationsgrößen in die Statistik ein. Auf dieser
Basis konnte mittels einer One-way-ANOVA im JBB ein signifikanter Unterschied
zwischen den einzelnen Monaten festgestellt werden (F2,10 = 32,175, p < 0,0001).
Die Monate August und September konnten aufgrund einer zu geringen
Stichprobengröße nicht miteinander verglichen werden. Ein signifikanter Abfall der
Populationsgröße konnte jedoch von September zu Oktober (Wilcoxon Test, Z =
2,67, N = 9, p < 0,01;) nachgewiesen werden.
Beim monatsweisen Vergleich der wöchentlichen Populationsgrößen beider Gebiete
wurde mittels einer Faktoriellen ANOVA festgestellt, dass die Populationsgröße im
JBB in jedem Monat signifikant größer war als im JBA (F2,20 = 21,29, p = 0,00001)
(Abb.24).
Abb. 24 Monatliche Populationsgröße in den beiden Untersuchungsgebieten JBA
und JBB
75 | S e i t e
3.1.3. Populationsdichte
Basierend auf den Ergebnissen einer Studie aus dem Jahr 2006 (Mester) wurde zur
Berechnung
der
Populationsdichte
statt
der
Grundfläche
der
beiden
Untersuchungsgebiete die effektive Fangfläche für JBA und JBB ermittelt.
Jardin Botanique A
Mit Hilfe des Programmes DENSITY 2_1 wurde ein mittlerer individueller
Aktionsradius basierend auf den Ergebnissen aller Fangaktionen berechnet. Dieser
Radius, der im JBA 87 m beträgt, wurde dann um jede einzelne Falle gelegt, in der
mindestens einmal ein Mausmaki gefangen worden war. Als Ergebnis ergab sich
dann die effektive Fangfläche von JBA mit einer Größe von 43,6 ha (Abb. 25).
N
100 m
Abb. 25 Darstellung der effektiven Fangfläche des Untersuchungsgebietes JBA
Jardin Botanique B
Das gleiche Verfahren wurde für JBB durchgeführt, wobei hier der Aktionsradius bei
47 m lag und somit eine effektive Fangfläche von 9,2 ha berechnet wurde (Abb. 26).
76 | S e i t e
N
100 m
Abb. 26 Darstellung der effektiven Fangfläche im JBB
Schließlich konnte die mittels der Jolly-Seber-Methode kalkulierte Populationsgröße
auf
die
effektive
Fangfläche
umgerechnet
werden,
um
die
monatlichen
Populationsdichten für die beiden Untersuchungsgebiete zu berechnen (Tab.11).
Dabei vergrößerte sich die Grundfläche von JBA um 34 % und die Grundfläche von
JBB um 46%. Die Populationsdichte im JBA lag im August bei 0,6 Tieren pro Hektar
und stieg im September und Oktober auf 0,7 Tiere pro Hektar an. Im JBB lag die
Populationsdichte hingegen im August bei 6,1 Tieren pro Hektar, reduzierte sich im
September bereits auf 5,7 Tiere pro Hektar und erreichte schließlich den niedrigsten
Wert im Oktober mit 3,8 Tieren pro Hektar.
77 | S e i t e
Tab. 11 Monatliche Populationsdichte in den beiden Untersuchungsgebieten auf der
Basis der Grundfläche der Gebiete und auf der Basis der effektiven
Fangfläche
Monat
August
September
Oktober
Gebiet
Populationsdichte auf
Populationsdichte auf
der Basis der
der Basis der
Populationsgröße
Grundfläche der Gebiete
effektiven Fangfläche
nach Jolly-Seber
( JBA = 29,1 ha ;
( JBA = 43,6 ha ;
JBB = 5 ha )
JBB = 9,2 ha )
JBA
28
1 Tier / ha
0,6 Tiere / ha
JBB
56
11,2 Tiere / ha
6,1 Tiere / ha
JBA
32
1,1 Tiere / ha
0,7 Tiere / ha
JBB
52
10,4 Tiere / ha
5,7 Tiere / ha
JBA
31
1,1 Tiere / ha
0,7 Tiere / ha
JBB
35
7 Tiere / ha
3,8 Tiere / ha
3.1.4. Anzahl weiblicher Individuen in der Nähe eines Weibchens
Nach der Berechnung des mittleren Fangortes jedes gefangenen Individuums konnte
ermittelt werden, wie viele weibliche Individuen sich in einem 100 m-Radius zu den
mittleren Fangorten der Senderweibchen aufhielten.
Jedes Senderweibchen hatte in einem 100 m-Radius potentiell Zugang zu null bis
fünf weiteren Weibchen (JBA) (Tab. 12a) bzw. acht bis zehn Weibchen (JBB)
(Tab.12b). Betrachtet man alle gefangenen Weibchen, haben diese im Durchschnitt
zwei weitere Weibchen (JBA) bzw. neun weitere Weibchen (JBB) in ihrem näheren
Umfeld (100 m Radius) (Abb. 27a und b). Vier der Senderweibchen im JBA hatten zu
weniger Weibchen Zugang im Vergleich zum Medianwert aller Weibchen in der
Population und vier Senderweibchen hatten mehr weitere weibliche Individuen in
ihrer unmittelbaren Umgebung im Vergleich zum
Median aller gefangener
78 | S e i t e
Weibchen. Somit stellen die beobachteten Senderweibchen eine repräsentative
Stichprobe der Population dar. Im Untersuchungsgebiet JBB hatten zwei der
Senderweibchen
zu
weniger
weiteren
weiblichen
Individuen
Zugang,
vier
Senderweibchen hatten zu gleich vielen weiteren Weibchen Zugang und zwei
Weibchen hatten mehr Weibchen in ihrer unmittelbaren Umgebung im Vergleich zum
Median aller gefangener Weibchen. Die Senderweibchen im JBB stellen somit auch
eine repräsentative Stichprobe der weiblichen Population dar.
Tab. 12a Anzahl Weibchen in einem 100-meter-Umkreis zu den mittleren Fangorten
der Fokusweibchen im JBA
Verhältnis zum
Fokusweibchen
Anzahl Weibchen bis 100 m
Median
Abstand
(2 weitere ♀ im 100 m
Radius)
F41-07
0
<
F18-04
0
<
F43-05
1
<
F17-07
1
<
F08-06
3
>
F31-06
3
>
F73-07
4
>
F46-07
5
>
79 | S e i t e
Fokusweibchen
Weibchen ohne Sender
Abb. 27a Karte des JBA mit den mittleren Fangorten aller gefangener Weibchen
80 | S e i t e
Tab. 12b Anzahl Weibchen in einem 100-meter-Umkreis zu den mittleren Fangorten
der Fokusweibchen im JBB
Verhältnis zum
Fokusweibchen
Anzahl Weibchen bis 100 m
Median (9 weitere ♀
Abstand
im 100 m Radius)
F25-05
8
<
F29-05
8
<
F22-06
9
=
F18-06
9
=
F02-04
9
=
F03-05
9
=
F32-07
10
>
F22-05
10
>
81 | S e i t e
Fokusweibchen
Weibchen ohne Sender
Abb. 27b Karte des JBB mit den mittleren Fangorten aller gefangener Weibchen
Mittels des Mann-Whitney-U-Tests konnte ein signifikanter Unterschied in der Anzahl
weiblicher Individuen in einem 100 m-Radius der Weibchen zwischen den beiden
Gebieten festgestellt werden. In JBB befanden sich signifikant mehr weibliche
Individuen in der näheren Umgebung eines Weibchens als im JBA (Z = -5,5,
NJBA = 16 NJBB = 30, p < 0,00001) (Abb. 28).
82 | S e i t e

Abb. 28 Darstellung der Anzahl an weiblichen Individuen in einem 100m-Radius zu
den mittleren Fangorten aller gefangener Weibchen (: p < 0,00001)
3.1.5. Geschlechterverhältnis
Jardin Botanique A
In den Monaten August und November wurden mehr Männchen als Weibchen
gefangen (Abb. 29). Im Gegensatz dazu gingen in den Monaten September und
Oktober mehr Weibchen als Männchen in die Fallen.
Diese Verschiebungen des Geschlechterverhältnisses zu Gunsten von Männchen
(August & November) bzw. Weibchen (September & Oktober) waren jedoch im
Untersuchungsgebiet JBA in keinem Monat signifikant (2: 0,04 - 2,33; p > 0,05).
83 | S e i t e
18
16
Anzahl Tiere
14
12
10
Männchen
8
Weibchen
6
4
2
0
August
September
Oktober
November
Abb. 29 Anzahl pro Monat gefangener Weibchen und Männchen im JBA
Jardin Botanique B
In den Monaten August, September, Oktober und November wurden immer mehr
Weibchen als Männchen gefangen (Abb. 30).
Diese Verschiebungen des Geschlechterverhältnisses zu Gunsten der Weibchen im
Untersuchungsgebiet JBB waren jedoch in keinem untersuchten Monat signifikant
(2 : 0,69 und 1,14; p > 0,05).
84 | S e i t e
35
30
Anzahl Tiere
25
20
Männchen
15
Weibchen
10
5
0
August
September
Oktober
November
Abb. 30 Anzahl pro Monat gefangener Weibchen und Männchen im JBB
3.2. Kondition und Verfügbarkeit potentieller männlicher Partner
3.2.1.Saisonale Änderung des Körpergewichtes
Bei der Entwicklung des Körpergewichts zeigten sich bei den Männchen keine
signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Untersuchungsgebieten. Die
maximalen mittleren Körpergewichte wurden in beiden Gebieten im November 2007
erreicht (Tab. 13). Die mittleren Körpergewichte waren im JBA am kleinsten im Mai
2007 und Juni 2007. Im JBB waren die kleinsten mittleren Werte hingegen im Juli
und August 2007 ermittelt worden.
85 | S e i t e
Tab. 13 Minimale, maximale und mittlere Körpergewichte der Männchen von Mai bis
November 2007 in beiden Untersuchungsgebieten
Monat
JBA
n
Gewicht (g)
JBB
n
Gewicht (g)
Gebietsvergleich
Mann-Whitney
U- Test
Z,p
Mai
Median = 46
Min = 40
Juni
Median = 53
9
Min =
31
Max = 64
Max = 78
Median = 43
Median = 46
Min = 43
3
Max = 60
Min =
35
17
Z=1,7
n.s.
5
Max = 70
Z=0,52
n.s.
Monatsvergleich:
Mai - Juni
Z=2,02
Wilcoxon-Test
p=0,04
Z, p
Juli
Median = 51
Min = 40
15
Max = 62
Monatsvergleich:
Juni-Juli
Z=1,21
Wilcoxon-Test
n.s.
Z, p
August
Median = 57
Min = 44
Max = 67
Median = 51
13
Min =
36
Max = 69
Monatsvergleich:
Juli-August
Z= 0,73
Wilcoxon-Test
n.s.
Z, p
22
Z=1,75
n.s.
86 | S e i t e
September
Median = 58
11
Median = 57
Min = 46
Min =
Max = 63
Max = 64
August-
Z= 0,4
Z= 0,15
September
n.s.
n.s.
Median = 55
Median = 58
20
37
Z= -0,79
n.s.
Monatsvergleich:
Wilcoxon-Test
Z, p
Oktober
Min =
48
Max =
61
14
Min =
40
15
Max = 66
Z= -0,55
n.s.
Monatsvergleich:
September-
Z=1,58
Z= 0,97
Oktober
n.s.
n.s.
Median = 58,5
Median = 67
Wilcoxon-Test
Z, p
November
Min =
55
8
Min =
46
Max = 64
Max = 72
Oktober-
Z=1,69
Z=0,94
November
n.s.
n.s.
5
Z=1,24
n.s.
Monatsvergleich:
Wilcoxon-Test
Z, p
 Min: Minimalwert, Max: Maximalwert, Z: Prüfgröße, p: Irrtumswahrscheinlichkeit,
n.s.: nicht signifikant
Beim
paarweisen
Vergleich
aufeinanderfolgender
Monate
konnten
im
Untersuchungsgebiet JBA keine signifikanten Veränderungen von Monat zu Monat
festgestellt werden. Im Untersuchungsgebiet JBB konnte nach der Herabsetzung des
Signifikanzniveaus nach Bonferroni auf p < 0,008 keine signifikante Änderung des
87 | S e i t e
Körpergewichtes von Monat zu Monat mehr festgestellt werden. Vor der Korrektur
konnte jedoch noch eine Abnahme des Körpergewichtes von Mai zu Juni 2007
verzeichnet werden (Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test, Z = 2,02, p = 0,04).
Zwischen den Männchen gab es insgesamt eine hohe interindividuelle Variabilität im
Körpergewicht.
Insbesondere konnte bei der Betrachtung des ersten ermittelten Fanggewichtes des
Jahres 2007 ein signifikanter Unterschied des Körpergewichtes zwischen den Neuund Wiederfang-Männchen festgestellt werden. So zeigten die Männchen, die
erstmalig im Jahr 2007 gefangen worden waren, ein deutlich niedrigeres Gewicht im
Vergleich zu den Männchen, die bereits in Vorjahren gefangen worden waren
(ANOVA, F(1,58)=27,209, p < 0,00001) (Abb. 31).

Abb. 31 Körpergewichte wiedergefangener oder im Jahr 2007 neu gefangener
Männchen ( : p < 0,00001)
3.2.2. Saisonale Änderung des Hodenvolumens
Die maximalen mittleren Hodenvolumina wurden im Monat September 2007 in
beiden Untersuchungsgebieten erreicht (JBA: 3025,12 mm 3; JBB: 2734,84 mm³)
(Abb. 32, 33). Die minimalen Hodenvolumina wurden hingegen im Mai und im Juni
88 | S e i t e
2007 im Untersuchungsgebiet JBB erreicht. Beim statistischen Vergleich der Gebiete
innerhalb jedes Monats konnten keine signifikanten Unterschiede gefunden werden
(Anhang C).
Im JBA konnte nach einer Reduktion des Signifikanzniveaus nach der BonferroniMethode auf p = 0,016 eine signifikante Abnahme der Hodenvolumina von
September
zu Oktober 2007 nachgewiesen werden (Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-
Test, Z = 2,07, p = 0,001). Vor der Herabsetzung des Signifikanzniveaus konnte
noch ein signifikanter Volumenanstieg von August zu September 2007 verzeichnet
werden (Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test, Z = 2,07 p = 0,038) (Abb.52).

Abb. 32 Monatliche Hodenvolumina der Männchen im JBA (: p<0,001)
Im Untersuchungsgebiet JBB stieg das Hodenvolumen von Juli zu August deutlich
an.
Danach
nahm
es
kontinuierlich
wieder
ab.
Nach
Reduktion
des
Signifikanzniveaus auf p < 0,0125 konnten jedoch keine signifikanten Änderungen
der Hodenvolumina mehr verzeichnet werden (Anhang C).
89 | S e i t e
Abb. 33 Monatliche Hodenvolumina der Männchen im JBB
Beim Vergleich der monatlichen Hodenvolumina im Jahr 2007 neugefangener
Männchen und den Volumina wiedergefangener Männchen konnten mittels des
Mann-Whitney-U-Tests keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden.
3.2.3.Anzahl männlicher Individuen in der Nähe der Weibchen
In einem 100 m-Umkreis zum mittleren Fangort jedes Senderweibchens befanden
sich zwischen fünf und 12 (JBB, Tab. 14b) bzw. ein bis sechs Männchen (JBA,
Tab.14a). Betrachtet man alle gefangenen Weibchen, hatten diese im Durchschnitt
drei verschiedene Männchen (JBA) bzw. neun verschiedene Männchen (JBB) in
ihrem näheren Umfeld (100 m-Radius). Unter den Senderweibchen beider Gebiete
war die Anzahl derer, die überdurchschnittlich oder unterdurchschnittlich viele
potentielle Partner in der Umgebung hatte, gleich. Die Anzahl der potentiellen
Partner hing dabei nicht mit dem Alter der Weibchen zusammen. Wiederfänge bzw.
Neufänge kamen in beiden Kategorien vor.
90 | S e i t e
Tab. 14a Anzahl Männchen in einem 100-meter-Umkreis zu den mittleren Fangorten
der Fokusweibchen im JBA
Fokusweibchen
Anzahl Männchen bis
Verhältnis zum Median der
100 m Abstand
Population
(Median ♂ 3 Tiere)
F41-07
1
<
F17-07
2
<
F18-04
2
<
F31-06
2
<
F46-07
3
=
F43-05
4
>
F08-06
5
>
F73-07
6
>
91 | S e i t e
Tab. 14b Anzahl Männchen in einem 100-meter-Umkreis zu den mittleren Fangorten
der Fokusweibchen im JBB
Fokusweibchen
Anzahl Männchen bis
Verhältnis zum Median der
100 m Abstand
Population
(Median ♂ 9 Tiere)
F25-05
5
<
F22-06
6
<
F32-07
7
<
F29-05
8
<
F18-06
9
=
F02-04
11
>
F03-05
12
>
F22-05
12
>
Im Untersuchungsgebiet JBA sind signifikant weniger männliche Individuen in einem
100 m-Umkreis zum mittleren Fangort der Weibchen anzutreffen, als im
Untersuchungsgebiet JBB (Mann-Whitney-U-Test, Z= - 5,36; p < 0,000001)(Abb. 34).
92 | S e i t e

Abb. 34 Anzahl von Männchen in einem 100m-Umkreis zu den mittleren Fangorten
der Senderweibchen (: p<0,000001)
3.3. Reproduktionsbiologie der Weibchen
3.3.1. Zyklusstadien der Weibchen
Jardin Botanique A
Im Jahr 2007 wurden insgesamt 20 Weibchen im Untersuchungsgebiet JBA
gefangen. Von diesen 20 Weibchen wurden allerdings nur noch 18 Weibchen
während des Untersuchungszeitraumes (ab August 2007) gefangen (Abb. 35). Für
die Betrachtungen der Zyklusverläufe wurden die zwei nicht mehr gefangenen
Weibchen dementsprechend nicht berücksichtigt. Nur von fünf dieser 18 Weibchen
liegen relativ konstante Informationen über deren Zyklusverlauf vor, die eine zeitliche
Bestimmung des ersten Östrus ermöglichen. Weibchen mit erstem Östrus wurden
zwischen der 38. und 40. Kalenderwoche, also zwischen 17.09.07 und 01.10.07,
gefangen. Eines der Weibchen (F55-07) wies während der 38. Kalenderwoche einen
„Vaginalplug“ auf. Fünf der im Untersuchungsgebiet JBA gefangenen Weibchen
wurden mehrfach östrisch. Dabei lag der zweite Östrus zwischen der 42. und 44.
Kalenderwoche, also zwischen dem 15.10.07 und 29.10.07. Eines der Weibchen
93 | S e i t e
(F46-07) wies auch während des zweiten Östrus einen „Vaginalplug“ auf. Bei drei
dieser Weibchen lagen jeweils vier Wochen zwischen dem ersten und dem zweiten
Östrus (F55-07, F31-06, F46-07). Bei einem der Weibchen lagen sechs Wochen
zwischen den beiden Östren (F18-04). Bei F43-05 lagen 10 Wochen zwischen dem
ersten Östrus und dem nächsten dokumentierten Östrus. Aufgrund des großen
zeitlichen Abstandes handelte es sich bei diesem Östrus vermutlich bereits um den
dritten Östrus. Ein Post-partum-Östrus käme bei diesem Weibchen ebenfalls in
Betracht, wobei sie allerdings nie mit Jungtieren gesehen werden konnte. Es könnte
sich hierbei allerdings auch um einen Fall embryonaler Mortalität handeln. Drei
Weibchen wurden zwischen der 42. und 44. Kalenderwoche erstmals östrisch
gefangen (F74-07, F73-07, F41-07). Im Vergleich zur zeitlichen Lage der ersten und
zweiten Östren der Weibchen von denen durchgehende Informationen vorliegen,
könnte es sich bei den Östren dieser drei Weibchen um zweite Östren gehandelt
haben. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass bei saisonal reproduktiven Weibchen
Jungtiere häufig später östrisch werden. Die drei betroffenen Weibchen wurden alle
im Jahr 2007 erstmals gefangen und könnten somit durchaus Jungtiere sein, die
Ende 2006, Anfang 2007 geboren worden waren.
94 | S e i t e
■ geschlossen ♦ geschwollen ● offen ☼ laktierend ■ wieder geschlossen
F74-07
F73-07
F23-05
F68-07
F31-05
F64-07
F51-04
F08-06
F62-07
F18-03
F55-07
F51-07
F31-06
☼
F46-07
F18-04
F43-05
F17-07
F41-07
28
|
Juli
32
|
36
August
40
|
September
44
|
48
Oktober
52
|
November |
Abb. 35 Zyklusübersicht aller im JBA gefangener M. ravelobensis-Weibchen,
Nummern der Weibchen mit mehrwöchig aussagekräftigen Östrusdaten
sind fett markiert
95 | S e i t e
Jardin Botanique B
Im Untersuchungsgebiet JBB wurden im Jahr 2007 insgesamt 45 verschiedene
Weibchen gefangen. Von diesen 45 Weibchen wurden allerdings nur 33 Weibchen
während des Untersuchungszeitraumes (ab August 2007) gefangen (Abb. 36). Für
die Betrachtungen der Zyklusverläufe wurden die 12 nicht mehr gefangenen
Weibchen dementsprechend nicht berücksichtigt. Von 13 dieser 33 Weibchen liegen
relativ konstante Informationen über den Zyklusverlauf vor, die vor allem eine
zeitliche Festlegung des Eintritts in den ersten Östrus ermöglichen. Weibchen mit
erstem Östrus wurden zwischen der 36. und 40. Kalenderwoche, also zwischen dem
04.09.07 und 02.10.07, gefangen. Bei zwei dieser Weibchen (F22-06, F03-05)
wurden „Vaginalplugs“ in der 37.KW und 38.KW beobachtet. Lediglich drei der 33
Weibchen wurden zweimal östrisch gefangen. Dabei lag der zweite Östrus zwischen
der 42. und 49. Kalenderwoche, also zwischen dem 15.10.07 und 04.12.07. Bei zwei
der Weibchen lagen vier Wochen zwischen dem ersten und zweiten Östrus (F13-07,
F29-05). Als F13-07 das erste Mal östrisch gefangen worden war, könnte dies
aufgrund der zeitlichen Einordnung schon ein zweiter Östrus und dementsprechend
der vier Wochen später eintretende Östrus ein dritter gewesen sein. Beim letzten der
drei Weibchen (F03-05) lagen 10 Wochen zwischen den beiden Östren. Zum
Zeitpunkt des zweiten Östrus hatte dieses Weibchen bereits seit einigen Tagen
Nachwuchs. Es handelte es sich also um einen Post-partum-Östrus.
96 | S e i t e
■ geschlossen ♦ geschwollen ● offen ■ wieder geschlossen ▲tragend ☼ Laktationszeitraum
F42-07
F37-07
F25-05
F26-07
F14-06
F34-07
F32-07
F30-07
F04-05
F28-07
F23-07
F22-07
F21-07
F18-07
F13-07
F12-07
F09-07
F03-07
F35-06
F25-06
F22-06
F18-06
F11-06
F01-06
F29-05
F24-05
F22-05
F18-05
F11-05
F03-05
F20-04
F02-04
F05-03
☼
☼
☼
30
35
|
August
40
| September |
45
Oktober
50
| November
|
Abb. 36 Zyklusübersicht aller im JBB gefangener M. ravelobensis-Weibchen,
Nummern der Weibchen mit mehrwöchig aussagekräftigen Östrusdaten
sind fett markiert
3.3.2. Konzeptionswahrscheinlichkeit
Jardin Botanique A
Bei fünf aller im JBA gefangener Weibchen liegen Informationen über den Zeitpunkt
des ersten Östrus vor. Von diesen fünf Weibchen konzipierte keines im ersten Östrus
und alle wurden ein zweites Mal östrisch (Tab.15a).
97 | S e i t e
Die Konzeptionswahrscheinlichkeit im ersten Östrus lag somit bei den untersuchten
fünf Weibchen bei 0 %. Im zweiten Östrus konzipierte mindestens eins der
Weibchen, das im Januar laktierend gefangen werden konnte. Die Konzeptionsrate
kann damit im zweiten Östrus zwischen 20 % und maximal 100 % gelegen haben.
Nur bei einem Weibchen konnte definitiv nachgewiesen werden, dass es Nachwuchs
bekommen hatte. Die verbleibenden vier Weibchen wurden nicht mehr tragend oder
laktierend gefangen und auch bei Fokusbeobachtungen nicht mit Jungtieren
gesehen. Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass sie trotzdem im zweiten Östrus
konzipiert haben könnten.
Tab. 15a Konzeptionsraten und Anzahl an Östren der Weibchen im JBA
+ Weibchen hat konzipiert - Weibchen hat nicht konzipiert
rot gekennzeichnet: Fokusweibchen
Weibchen
kadfkoadf
1.Östrus
Konzeption
2./3. Östrus
Konzeption
Geburt
F43-05
38.KW
-
49.KW
?
?
F18-04
38.KW
-
44.KW
?
?
F55-07
38.KW
-
41.-42. KW
+
F31-06
39.-40.KW
-
43.-44.KW
?
?
F46-07
39.-40.KW
-
43.-44.KW
?
?
52.-01.KW?
Jardin Botanique B
Von 14 Weibchen im Untersuchungsgebiet JBB liegen Informationen über deren
ersten Östrus vor (Tab.15b). Vier dieser Weibchen konzipierten während ihres ersten
98 | S e i t e
Östrus (F20-04, F03-05, F22-06, F18-05), wobei zwei dieser Weibchen definitiv circa
10 Wochen später mit ihrem Nachwuchs gesichtet werden konnten.
Bei sieben
Weibchen konnte aufgrund mangelnder Fangerfolge nicht herausgefunden werden,
ob sie im ersten Östrus konzipiert hatten oder nicht. Die Konzeptionsrate lag somit
zwischen 29 und 79 % im ersten Östrus. Von den verbleibenden 10 Weibchen hatten
drei Weibchen einen zweiten Östrus (F29-05, F13-07, F28-07), wobei eines dieser
Weibchen wahrscheinlich konzipierte, da es circa einen Monat nach ihrem zweiten
Östrus mit einem um 10 g erhöhten Gewicht gefangen werden konnte
(F29-05). Die Konzeptionsrate im zweiten Östrus schwankt also zwischen 33,3 und
100 %, da natürlich nicht ausgeschlossen werden kann, dass die beiden anderen
Weibchen, die ebenfalls ein zweites Mal östrisch geworden waren, nicht auch
konzipierten. Bei den sieben verbleibenden Weibchen liegen keine Informationen
über deren Konzeption oder das Auftreten eines zweiten Östrus vor.
99 | S e i t e
Tab. 15b Konzeptionsraten und Anzahl an Östren der Weibchen im JBB
+ Weibchen hat konzipiert
- Weibchen hat nicht konzipiert
*wahrscheinlich
tragend (Körpergewicht deutlich erhöht) rot gekennzeichnet: Fokusweibchen
Weibchen
kadfkoadf
1.Östrus
Konzeption
2.Östrus
Konzeption
Geburt
F20-04
36.KW
+
-
-
46.-47.KW?
F04-05
36.KW
?
?
?
?
F11-05
36.-37.KW
?
?
?
?
F02-04
36.-37.KW
?
?
?
?
F24-05
37.KW
?
?
?
?
F29-05
37.KW
-
42.KW
*
?
F18-06
37.KW
?
?
?
?
F22-06
37.KW
+
-
-
50.KW
F03-05
37.-38.KW
+
-
-
48.KW
F22-05
37.-38.KW
?
?
?
?
F01-06
38.KW
?
?
?
?
100 | S e i t e
F18-05
38.-39.KW
+
-
-
49.-50.KW?
F28-07
40.KW
-
43.KW
?
?
F13-07
42.KW
-
47.KW
?
?
3.3.3. Trächtigkeitsdauer
Drei der acht Senderweibchen im JBB bekamen Nachwuchs. F03-05 hatte ihren
ersten Östrus zwischen der 37. und 38. Kalenderwoche. Der Nachwuchs wurde das
erste Mal am 04.12.07 während einer Fokusbeobachtung gesichtet. Das Jungtier
wurde oral von der Mutter transportiert und war völlig unselbstständig und rein
äußerlich noch sehr wenig entwickelt. Das in Anlehnung an den Entwicklungszustand
Grauer Mausmaki-Jungtiere geschätzte Alter des Jungtieres zu diesem Zeitpunkt lag
maximal bei einer Woche. In der Fokusbeobachtung am 27.11.07 schlief das
Weibchen bereits in einem Blätternest, was für eine mögliche Anwesenheit eines
Jungtieres sprechen könnte. Die Trächtigkeit dauerte somit zwischen 63 und 69
Tagen.
F22-06 wurde am 12.09.07 östrisch gefangen. Der Nachwuchs wurde das erste Mal
am 19.12.07 gesichtet. Das Jungtier folgte zum Zeitpunkt der ersten Beobachtung
der Mutter bereits über kurze Strecken selbstständig. Das anhand der Vergleiche zu
den, von zunehmendem Alter abhängigen, Aktivitäten der Jungtiere der anderen
Würfe geschätzte Jungtieralter lag zu diesem Zeitpunkt somit bei circa 30 Tagen. Die
Trächtigkeit bei diesem Weibchen dauerte demnach zwischen 60 bis 65 Tagen.
Das letzte der drei Weibchen mit Nachwuchs wurde leider zu keinem Zeitpunkt
östrisch gefangen (F25-05). Es konnte somit keine Trächtigkeitsdauer ermittelt
werden.
101 | S e i t e
3.3.4. Reproduktive Phasen der Senderweibchen
Jardin Botanique A
Anhand der Östrus- und Beobachtungsdaten sollten die Beobachtungszeiten der
Senderweibchen
den
vier
verschiedenen
reproduktiven
Phasen
(VP:
Vorpaarungszeit, P: Paarungszeit, T: Tragzeit, A: Aufzuchtzeit) zugeordnet werden.
In Abb. 37 ist zu sehen, wie diese Phasen den Fokusweibchen im JBA zugeordnet
werden konnten und wann sie jeweils beobachtet wurden.
Bei den Senderweibchen im JBA konnte lediglich eine Unterteilung in eine erste und
zweite Paarungszeit vorgenommen werden. Keines der Senderweibchen wurde im
Laufe der Studie tragend gefangen. Eins der Weibchen (F41-07) wurde zwar im
Januar als Teil einer Schlafgruppe mit einem weiteren nicht besenderten Weibchen
und zwei Jungtieren beobachtet, es konnte jedoch aufgrund eines sehr geringen
Kontaktes zwischen diesem Weibchen und den Jungtieren nach dem Verlassen des
Nestes nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei ihr tatsächlich um die
Mutter handelte.
Bei der Betrachtung der zeitlichen Lage der Östren könnte es sich bei dem
scheinbaren ersten Östrus von F73-07 und F41-07 bereits um einen zweiten Östrus
gehandelt haben. Der zweite Östrus von F43-05 könnte möglicherweise bereits ein
dritter Östrus gewesen sein.
Es liegen demnach Beobachtungsdaten zu Fokusweibchen aus zwei Phasen vor, der
Vorpaarungszeit (VP) und der Paarungszeit (P). Einige Beobachtungen konnten
keiner Phase zugeordnet werden und wurden daher nicht weiter verwendet.
102 | S e i t e
1: Vorpaarungszeit
2: Paarungszeit 1. Östrus
F17-07
?: keiner Phase zuzuordnen
3: Paarungszeit 2. Östrus
1
?
3
F73-07
2
F46-07
F43-05

F31-06
?
?
2
F41-07
?
3
3
1
2
3

?
3
?

F18-04
2
32
3
37
42
47
52
Abb. 37 Reproduktive Phasen und Beobachtungszeiten (wenn Fokusbeobachtungen
durchgeführt
wurden,
mit

gekennzeichnet,
wenn
mehrere
kurz
aufeinanderfolgende Beobachtungen durchgeführt wurden, sind sie mit
einem Kasten versehen) der Senderweibchen im JBA
Jardin Botanique B
Im Untersuchungsgebiet JBB konnten zwei Senderweibchen in der ersten und
zweiten Paarungszeit beobachtet werden (Abb. 38). Bei F03-05 handelte es sich bei
dem zweiten Östrus allerdings um einen sogenannten Post-partum-Östrus, zu
dessen Zeitpunkt sie bereits Nachwuchs hatte. Zwei weitere Weibchen wurden
ebenfalls mit Nachwuchs beobachtet. Bei F03-05 sowie F22-06 konnten aufgrund
der genauen Kenntnis des Konzeptionszeitpunktes die Tragzeiten relativ genau
bestimmt werden. Bei F25-05 lagen aus den Fangaktionen leider keine Informationen
über deren Reproduktionszustand vor. Hier wurde aus dem Verhalten der Jungtiere
auf deren Alter und somit den ungefähren Geburtszeitpunkt und die Tragzeit
geschlossen.
103 | S e i t e
Es liegen demnach Beobachtungsdaten zu Fokusweibchen aus vier Phasen vor, der
Vorpaarungszeit, der Paarungszeit, der Tragzeit und der Aufzuchtzeit. Einige
Beobachtungen konnten keiner Phase zugeordnet werden und wurden daher nicht
weiter verwendet.
1: Vorpaarungszeit
2: Paarungszeit: 1. Östrus
3: Paarungszeit 2. Östrus
4: Tragzeit
5: Aufzuchtzeit
4
F25-05
F29-05
2
F22-06
2
3
4

5
3
F32-07
F22-05
1
F18-06
1

5
?
?
2
1
?
?
2
1
F03-05
5
F02-04
2
1
32

4
5

2
36
3
40
44
48
52
Abb. 38 Reproduktive Phasen und Beobachtungszeiten (wenn Fokusbeobachtungen
durchgeführt
wurden,
mit

gekennzeichnet,
wenn
mehrere
kurz
aufeinanderfolgende Beobachtungen durchgeführt wurden, sind sie mit
einem Kasten versehen) der Senderweibchen im JBB
3.3.5. Verfügbarkeit östrischer Weibchen
Jardin Botanique A
Während der 38. Kalenderwoche, ab dem 17.09.07, wurden erstmalig östrische
Weibchen (N = 5) im JBA gefangen, die einen Anteil von 56 % aller in dieser Woche
gefangenen Weibchen ausmachten (Abb. 39a). Von der 39. bis zur 43.
Kalenderwoche wurden immer wenige östrische (vermutlich 1. Östrus) und
zunehmend Weibchen mit einer geschlossenen Vagina in den Fallen vorgefunden,
wobei ihr Anteil zwischen 71 und 100 % schwankte. In der 42. Kalenderwoche stieg
104 | S e i t e
der Anteil östrischer Weibchen wieder an. In der 43. Kalenderwoche konnten dann
jedoch gar keine östrischen Weibchen mehr gefangen werden. In der 44.
Kalenderwoche wurden jedoch plötzlich wieder 57 % östrische Weibchen (vermutlich
2.Östrus) gefangen. In der darauffolgenden Woche reduzierte sich der Anteil
östrischer Weibchen bereits wieder auf 17 %. In den folgenden Wochen sank parallel
zu den abnehmenden Fangzahlen (s. 3.1.1.) der Anteil gefangener östrischer
Weibchen auf 0 % ab. Während einer Fokusbeobachtung konnte während der 49.
Kalenderwoche allerdings erneut ein östrisches Weibchen beobachtet werden. Dabei
könnte es sich jedoch bereits um einen möglichen 3. Östrus handeln. Östrische
Weibchen gab es demnach zwischen der 38. und 49. Kalenderwoche aber in
wechselnder Häufigkeit (17.09.07 bis 10.12.07).
12
Anzahl Weibchen
10
8
6
geschlossen
östrisch
4
2
0
| 1. Östrus |
2.Östrus
|
3. Östrus?
Abb. 39a Wöchentliche Verteilung östrischer und nicht östrischer Weibchen im JBA
105 | S e i t e
Jardin Botanique B
Innerhalb der 36. Kalenderwoche, ab dem 04.09.07, wurden die ersten östrischen
Weibchen (N = 3) im Untersuchungsgebiet JBB gefangen, die einen Anteil von 25 %
an allen in dieser Woche gefangenen Weibchen ausmachten (Abb. 39b). Dieser
Anteil nahm bis zur 37. Kalenderwoche hin zu und dann wie im JBA ab. Eine kleine
Zunahme konnte erneut in der 42. Kalenderwoche verzeichnet werden. Das
Absinken der Anzahl östrischer Weibchen und das darauffolgende Wiederansteigen
deutet auf einen zweiten Östrus ab der 42. Kalenderwoche hin. Das letzte östrische
Weibchen wurde in der 49. Kalenderwoche während einer Fokusbeobachtung
gesehen. Bei diesem Östrus handelte es sich allerdings um einen Post-partumÖstrus, da das Weibchen zu diesem Zeitpunkt bereits Nachwuchs hatte. Die
Fangbarkeit nahm allerdings bereits ab der 47. Kalenderwoche drastisch, also
bereits zwei Wochen früher als im JBA, ab (s. 3.1.1.). Östrische Weibchen gab es
demnach zwischen der 36. Und 49. Kalenderwoche, also zwischen dem 04.09.07
und 04.12.07, jedoch in wechselnder Häufigkeit.
30
25
Anzahl Weibchen
20
15
geschlossen
östrisch
10
5
0
|
1. Östrus
|
2. Östrus
|
Abb. 39b Wöchentliche Verteilung östrischer und nicht östrischer Weibchen im JBB
106 | S e i t e
3.3.6. Saisonale Entwicklung des Körpergewichtes der Weibchen
Jardin Botanique A
Das maximale Körpergewicht im Untersuchungsgebiet JBA erreichte ein Weibchen
im Mai mit 96 g (Abb. 40a). Es ist jedoch unklar, ob dieses Weibchen tragend war
oder zu diesem Zeitpunkt einfach große Fettreserven besaß. Eine deutliche
Gewichtsabnahme konnte im Vergleich dazu im August verzeichnet werden, die sich
allerdings als nicht signifikant herausstellte. In den darauffolgenden Monaten blieben
die Körpergewichte der Weibchen relativ konstant. Das minimale Körpergewicht
wurde im Monat Oktober mit 41 g erreicht. Bei diesem Weibchen handelte es sich
um einen Neufang aus dem Jahr 2007. Insgesamt konnten im JBA keine
signifikanten Unterschiede beim paarweisen Vergleich aufeinanderfolgender Monate
gefunden werden (Anhang A).
Abb. 40a Monatliche Körpergewichte der Weibchen im JBA
Jardin Botanique B
Das maximale Körpergewicht im Untersuchungsgebiet JBB erreichte wie im JBA ein
Weibchen im Mai 2007 mit 106 g Körpergewicht (Abb. 40b). Auch bei diesem
Weibchen ist unklar, ob es sich um ein tragendes Weibchen handelt oder ob dieses
107 | S e i t e
Tier große Fettreserven angesammelt hat. Das niedrigste Körpergewicht wurde im
Juni erreicht und lag bei 56 g. Auch bei diesem Weibchen handelte es sich um einen
Neufang aus dem Jahr 2007. Zwischen Juli und Oktober blieben die Körpergewichte
der Weibchen relativ konstant. Im November stieg das Körpergewicht dann wieder
an. Bei dem Weibchen mit dem maximalen Körpergewicht von 96 g im November
handelte es sich um ein tragendes Weibchen. Nach der Bonferroni-Korrektur konnten
keinerlei Unterschiede mehr zwischen aufeinanderfolgenden Monaten gefunden. Vor
der Korrektur ließ sich ein signifikanter Gewichtsanstieg von Oktober zu November
verzeichnen (Anhang A).
Abb. 40b Monatliche Körpergewichte der Weibchen im JBB
Bei der Entwicklung des Körpergewichtes der Weibchen im Jahresverlauf zeigten
sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Untersuchungsgebieten
JBA und JBB (Anhang A).
Betrachtet man jeweils nur das erste registrierte Fanggewicht im Jahr 2007, dann
wiesen Neufänge beider Untersuchungsgebiete im Vergleich zu Weibchen, die
bereits in vorhergehenden Jahren gefangen worden waren, ein signifikant geringeres
Fanggewicht auf (ANOVA, F(1,59)=48,1, p < 0,000001) (Abb. 41). Es ist daher
wahrscheinlich,
dass
es
sich
bei
einem
Großteil
der
Neufänge
um
108 | S e i t e
Nachwuchsweibchen aus der zurückliegenden Saison gehandelt hat. In der Tat
wogen nur 25 % der Neufänge aus JBA und 30 % der Neufänge aus JBB mehr als
das 25 %-Quartil der Körpergewichte der Wiederfänge im jeweiligen Gebiet.

Abb. 41 Körpergewichte wiedergefangener oder im Jahr 2007 neu gefangener
Weibchen ( : p < 0,000001)
3.4. Weibliche Reproduktionsstrategien
3.4.1. Kontaktzeiten zu den Fokusweibchen
Im Median lagen die Sichtkontaktzeiten im August bei 43,53 % und im September bei
38,32 % (Abb. 42). Im Oktober sanken sie dann auf 28,39 % und blieben relativ
konstant im November mit 29,46% und im Dezember mit 28,61 %. Im Januar sanken
sie dann schließlich auf 16,23 % ab (Anhang B).
Mittels einer two-way ANOVA wurden die Einflüsse der Gebiete (JBA, JBB) und der
Monate auf die Kontaktzeiten untersucht. Zwischen den Gebieten konnte kein
Unterschied gefunden werden (p > 0,05). Es bestand jedoch ein signifikanter
Unterschied zwischen den Monaten (ANOVA, F(5,31)=4,78, p = 0,0237). Im
paarweisen Vergleich aufeinanderfolgender Monate konnten allerdings keine
109 | S e i t e
signifikanten Unterschiede der Kontaktzeiten nachgewiesen werden. Nach der
Bonferroni-Korrektur fiel die zunächst signifikante Abnahme der Kontaktzeiten von
August 2007 zu Januar 2008 heraus.
Abb.
42
Kontaktzeiten
von
August
2007
bis
Januar
2008
beider
Untersuchungsgebiete
3.4.2. Aktivitätsbudgets in und außerhalb der Paarungszeit
In den Abbildungen 43 a-d sind die prozentualen Anteile der Verhaltenskategorien
Lokomotion, in Ruhe, Futtersuche und -aufnahme, Körperpflege, im Nest und
Sozialkontakt in den verschiedenen reproduktiven Phasen der Weibchen dargestellt.
Die Auswertung wurde summarisch vorgenommen, da nicht von jedem Weibchen für
jede Phase ausreichend Daten für eine individuelle Auswertung vorlagen.
In der Vorpaarungszeit waren in beiden Untersuchungsgebieten Ruhe und
Futtersuche und -aufnahme die beobachteten Hauptaktivitäten (Abb. 43a). Beim
Vergleich
beider
Gebiete
wurde
mittels
Chi-Quadrat-Test
ein
signifikanter
Unterschied gefunden (² = 31,56, df = 11, p < 0,000897). So wurde im
Untersuchungsgebiet JBA weniger Lokomotion beobachtet als erwartet (²= 5,52),
110 | S e i t e
wohingegen die Verhaltenskategorien Körperpflege (² = 6,85) und „im Nest“ (² =
6,56) häufiger als erwartet beobachtet wurde. Im Untersuchungsgebiet JBB konnten
keine Abweichungen zwischen erwartetem und beobachtetem Verhalten ermittelt
werden.
+
+
-
Abb. 43 a Prozentuale Verteilung der Aktivitäten in beiden Untersuchungsgebieten
(JBA: N = 100 JBB: N = 272) während der Vorpaarungszeit (+: häufiger
als erwartet ; - : seltener als erwartet)
Innerhalb der Paarungszeit waren die zu beobachtenden Hauptaktivitäten der
Weibchen Lokomotion, Ruhe sowie Futtersuche und -aufnahme (Abb. 43b). Auch
während dieser Phase konnte ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden
Untersuchungsgebieten gefunden werden (Chi-Quadrat Test, ² = 29,04, df = 11,
p < 0,002). So zeigten die Senderweibchen im Untersuchungsgebiet JBA häufiger als
erwartet Ruheverhalten (² = 7,24), wohingegen sie im Untersuchungsgebiet JBB
seltener als erwartet Ruheverhalten zeigten (² = 9,39)
111 | S e i t e
+
-
Abb. 43 b Prozentuale Verteilung der Aktivitäten in beiden Untersuchungsgebieten
(JBA: N=319
JBB: N=246) während der Paarungszeit (+: häufiger als
erwartet ; - : seltener als erwartet)
Lokomotion, Ruheverhalten sowie Futtersuche und -aufnahme waren auch während
der Tragzeit die Hauptaktivitäten der
beobachteten Senderweibchen (Abb. 43c),
wobei die Weibchen deutlich vermehrt mit Futtersuche und -aufnahme (57,5 % der
Gesamtaktivität) beschäftigt waren. Da im JBA keine tragenden Weibchen
beobachtet werden konnten, kann kein Gebietsvergleich durchgeführt werden.
112 | S e i t e
Abb. 43 c Prozentuale Verteilung der Aktivitäten im JBB (N = 80) während der
Tragzeit
Während der Aufzuchtzeit wurden die Senderweibchen auch hauptsächlich bei
Lokomotion, Ruheverhalten, Futtersuche und –aufnahme beobachtet (Abb. 43d).
Dabei war das Verhältnis zwischen Futtersuche und –aufnahme einerseits und
Lokomotion andererseits im Vergleich zur Tragzeit verschoben. Weibchen mit
Nachwuchs konnten nur im Untersuchungsgebiet JBB beobachtet werden, daher ist
auch hier kein Gebietsvergleich durchgeführt worden.
113 | S e i t e
Abb.43 d Prozentuale Verteilung der Aktivitäten im JBB (N=172)
während der
Aufzuchtzeit
Beim Vergleich der Phasen Vorpaarungszeit und Paarungszeit im JBA konnte
insgesamt kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Phasen gefunden
werden.
Beim Vergleich der vier reproduktiven Phasen (Vorpaarungszeit, Paarungszeit,
Tragzeit, Aufzuchtzeit) der Senderweibchen im JBB konnte hingegen ein signifikanter
Unterschied zwischen den Phasen gefunden werden (Chi-Quadrat-Test, ² = 62,76,
df = 23, p < 0,000015). Es zeigte sich, dass die Weibchen während der
Vorpaarungszeit seltener als erwartet Lokomotion zeigten (² = 7,61) (Abb. 43a),
wohingegen diese in der Aufzuchtzeit häufiger als erwartet beobachtet werden
konnte (² = 10,5) (Abb. 43d). Die Verhaltenskategorie Futtersuche und -aufnahme
wurde hingegen in der Aufzuchtzeit seltener als erwartet beobachtet (² = 11,45).
Außerdem wurden die Senderweibchen häufiger als erwartet im Nest (² = 6,56) und
im Sozialkontakt (² = 8,94) gesichtet (Abb. 43d).
114 | S e i t e
3.4.3.Raumnutzung in und außerhalb der Paarungszeit
Die mittleren nächtlichen Aktionsraumgrößen der Senderweibchen im JBA
schwankten zwischen 0,25 ha während der Paarungszeit und 0,3 ha während der
Vorpaarungszeit (Tab. 16). Im Untersuchungsgebiet JBB schwankten diese Werte
zwischen 0,2 ha während der Aufzuchtzeit und 0,3 ha innerhalb der Tragezeit. Beim
statistischen Vergleich der Gebiete mittels des Mann-Whitney-U-Tests konnten in
keiner Phase signifikante Unterschiede in der nächtlichen Aktionsraumgröße
gefunden werden bzw. konnten aufgrund zu geringer Stichprobengröße keine
statistischen Tests durchgeführt werden. Auch beim Vergleich Vorpaarungszeit und
Paarungszeit in den jeweiligen Gebieten konnten keine signifikanten Unterschiede
der Aktionsraumgrößen gefunden werden. Die anderen Phasen konnten aufgrund zu
geringer Stichprobengrößen nicht miteinander verglichen werden.
Tab. 16 Mittlere Aktionsraumgrößen pro Gebiet und Phase der Senderweibchen
JBB
JBA
Gebietsvergleich
Phase
n
n
Tiere Nächte
Median
n
n
Median
Mann-
(Min; Max)
Tiere
Nächte
(Min;
Whitney
Max) in
U Test
ha
Z, p
0,3 (0,17;
Z= -0,65,
0,4)
n.s.
0,25(0,02;
Z= 0,29
0,38)
n.s.
in ha
Vorpaarungszeit
3
7
0,28 (0,18;
(VP)
Paarungszeit
3
6
0,34)
4
12
0,29 (0,23;
(P)
0,4)
4
14
Phasenvergleich
ZVP-P=-0,7
ZVP-P =1,1
VP-P
n.s.
n.s.
Mann-Whitney U
Test
Z, p
115 | S e i t e
Tragzeit
1
4
0,3
(T)
nicht
testbar
Aufzuchtzeit
3
(A)
Phasenvergleich
ZP-A=1,41
P-A
n.s.
17
0,2 (0,1;
nicht
0,28)
testbar
Mann-Whitney U
Test
Z, p
 Min: Minimalwert, Max: Maximalwert, Z: Prüfgröße, p: Irrtumswahrscheinlichkeit,
n.s. nicht signifikant
Die mittleren Nachtwanderstrecken im Untersuchungsgebiet JBA wiesen eine
Schwankung von 250 m
in der Paarungszeit und 295 m innerhalb der
Vorpaarungszeit auf (Tab. 17). Zwischen den beiden Phasen konnte kein
signifikanter Unterschied in der zurückgelegten Strecke festgestellt werden. Im
Untersuchungsgebiet JBB variierte die mittlere Länge der Nachtwanderstrecken
zwischen 217 m innerhalb der Aufzuchtzeit und 439 m während der Paarungszeit.
Beim Vergleich der mittleren Strecken in der Paarungszeit und in der Aufzuchtzeit
konnte festgestellt werden, dass die Weibchen während der Aufzuchtzeit signifikant
kürzere Strecken zurückgelegt haben (Mann-Whitney-U-Test, NPZ = 4 NAZ = 3, ZPZ-AZ
= 2,12, p = 0,03). Beim Vergleich der Gebiete in jeder Phase konnte kein
signifikanter Unterschied gefunden werden. Es fällt jedoch auf, dass die mittleren
Strecken im JBB während der Vorpaarungs- und Paarungszeit länger sind als die
mittleren Strecken im JBA.
116 | S e i t e
Tab. 17 Mittlere Nachtwanderstrecken pro Gebiet und Phase der Senderweibchen
JBB
JBA
Gebietsvergleich
Phase
n
n
Median
n
n
Median
Mann-
Tiere
Nächte
(Min; Max)
Tiere
Nächte
(Min;
Whitney U
Max) in
Test
m
Z, p
295
Z=0,65
(194;
n.s.
in m
Vorpaarungszeit
3
7
325
(VP)
3
6
(199;451)
368)
Paarungszeit
4
12
(P)
439
(288; 599)
4
14
250(57;
Z=1,15
358)
n.s.
Phasenvergleich
Z VP-P= -0,7
Z VP-P= 0,35
VP-P
n.s.
n.s.
Mann-Whitney U
Test
Z, p
Tragzeit
1
3
246
(T)
Aufzuchtzeit
nicht
testbar
3
17
217 (157; 249)
(A)
nicht
testbar
Phasenvergleich
ZP-A = 2,12
P-A
*p=0,03
Mann-Whitney U
Test
Z, p
 Min: Minimalwert, Max: Maximalwert, Z: Prüfgröße, p: Irrtumswahrscheinlichkeit,
n.s. nicht signifikant
Es wurde nun zwischen den Gebieten und Phasen verglichen, wie häufig die
Weibchen pro Nacht rein rechnerisch ihren nächtlichen Aktionsraum durchquert
117 | S e i t e
haben
konnten
(=
Durchwanderungspotential).
Die
mittleren
Durchwanderungspotentiale im JBA lagen zwischen 4,5 und 5 in der Vorpaarungsund Paarungszeit (Tab. 18). Zwischen den beiden Phasen konnte kein signifikanter
Unterschied
gefunden
werden.
Im
Untersuchungsgebiet
JBB
variierte
das
Durchwanderungspotential zwischen 4,2 in der Tragezeit und 6,75 innerhalb der
Paarungszeit. Die Weibchen legten relativ zur Fläche ihres Aktionsraumes in der
Paarungszeit die größte nächtliche Wanderstrecke zurück. Insofern statistische Tests
durchgeführt werden konnten, wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen
den Phasen gefunden. Der Gebietsvergleich während der Vorpaarungszeit lieferte
keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des Durchwanderungspotentials.
Allerdings konnte beim Vergleich der Gebiete innerhalb der Paarungszeit ein
statistischer Trend gefunden werden, der darauf hinweist, dass die Weibchen im JBB
während der Paarungszeit ihren Aktionsraum potentiell häufiger durchquert haben
konnten.
Tab. 18 Mittleres Durchwanderungspotential pro Gebiet und reproduktiver Phase der
Senderweibchen
JBB
JBA
Gebietsvergleich
Phase
n
n
Median
n
n
Median
Mann-
Tiere
Nächte
(Min; Max)
Tiere
Nächte
(Min; Max)
Whitney U
in m
Test
in m
Z, p
Vorpaarungszeit
3
7
5,3 (4;7)
3
6
4,5 (4;5)
Z=0,65
n.s.
Paarungszeit
4
12
6,75 (5;8)
6
22
5 (4;6)
Z=1,59
p=0,099
Phasenvergleich
Z VZ-PZ= -1,24
Z VZ-PZ= -0,88
VZ-PZ
n.s.
n.s.
Mann-Whitney U
Test
Z, p
118 | S e i t e
Tragzeit
1
3
4,2
nicht
testbar
Aufzuchtzeit
3
17
5 (5;5)
nicht
testbar
Phasenvergleich
ZPZ-AZ =1,59
PZ-AZ
n.s.
Mann-Whitney U
Test
Z, p
 Min: Minimalwert, Max: Maximalwert, Z: Prüfgröße, p: Irrtumswahrscheinlichkeit,
n.s. nicht signifikant
Die kumulative Aktionsraumgröße der Senderweibchen schwankte zwischen 0,86 ha
und 2,7 ha im Untersuchungsgebiet JBA (Tab. 19, Abb. 45a) und 0,35 ha und 1,1 ha
im JBB (Tab.19, Abb. 45b). Beim Vergleich der kumulativen Aktionsraumgrößen im
JBA und JBB mittels des Mann-Whitney-U-Tests konnte ein signifikanter Unterschied
nachgewiesen werden (Z = 2,6; p = 0,009). Die Gebiete der Senderweibchen im JBA
waren signifikant größer als die der Senderweibchen im JBB (Abb. 44).
119 | S e i t e

Abb. 44 Gesamtaktionsraumgrößen der Senderweibchen beider
Untersuchungsgebiete (  : p < 0,01)
Tab. 19 Gesamtaktionsraumgröße der Senderweibchen im JBB und JBA
Gebiet
Weibchen
Aktionsraumgröße
in ha
JBA
JBB
F41-07
2,7 ha
F17-07
1,4 ha
F43-05
1,2 ha
F31-06
1,1 ha
F46-07
0,86 ha
F03-05
1,1 ha
F22-05
0,83 ha
F32-07
0,71 ha
F18-06
0,56 ha
F29-05
0,42 ha
F22-06
0,35 ha
120 | S e i t e
F73-07
F31-06
F43-05
F46-07
F41-07
F17-07
100m
Abb. 45a Kumulative Aktionsräume der Senderweibchen im JBA
121 | S e i t e
F18-06
F32-07
F03-05
F25-05
F29-05
F22-06
F22-05
100m
Abb. 45b Kumulative Aktionsräume der Senderweibchen im JBB
Beide Gebiete unterschieden sich somit nicht hinsichtlich der nächtlichen
Aktionsräume. Hinsichtlich der kumulativen Aktionsräume fielen jedoch Differenzen
auf. Dies deutet auf unterschiedliche temporäre Raumnutzungsmuster in beiden
Gebieten hin. Um dies zu überprüfen, wurde die Zunahme der Aktionsraumgröße in
Abhängigkeit von der Anzahl eingehender Nächte betrachtet. Dieses Muster der
Vergrößerung der Streifgebiete in Abhängigkeit von der Anzahl beobachteter Nächte
unterschied sich zwischen den beiden Untersuchungsgebieten. So wurde beim
Vergleich der kumulativen Aktionsräume bereits nach der dritten Nacht ein
signifikanter Unterschied zwischen den Gebieten JBA und JBB nachgewiesen
(Mann-Whitney-U Test, Z = -2,68; p < 0,05). Die Aktionsräume der Senderweibchen
im JBA sind also ab der dritten Nacht signifikant größer als im JBB (Abb. 46a und
46b). Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Weibchen im JBA nicht in jeder
122 | S e i t e
Nacht dasselbe Areal nutzten, sondern von Nacht zu Nacht stärkere Veränderungen
in ihren Aktionsräumen hatten als die Weibchen im JBB.
Abb. 46a: Entwicklung der Aktionsraumgröße der Senderweibchen bei steigender
Anzahl beobachteter Nächte im JBA
123 | S e i t e
Abb. 46b: Entwicklung der Aktionsraumgröße der Senderweibchen bei steigender
Anzahl beobachteter Nächte im JBB
3.4.4.Östrussynchronität
Jardin Botanique A
Bei fünf der gefangenen Weibchen im JBA lässt sich der zeitliche Eintritt in den
ersten Östrus genauer festlegen. Drei dieser Weibchen wurden innerhalb der 38.
Kalenderwoche erstmalig östrisch. Die beiden anderen Weibchen folgten nach zwei
Wochen in der 40. Kalenderwoche. Diese Weibchen schienen also in einem engen
Zeitfenster östrisch zu sein und waren dann relativ synchronisiert. Eine Korrelation
zwischen räumlichem Abstand und zeitlichem Östruseintritt war aufgrund der
geringen Datenmenge nicht möglich.
Jardin Botanique B
Die Weibchen im JBB (N = 13) traten innerhalb eines vierwöchigen Zeitfensters in
ihren ersten Östrus ein. 20,5 % (N = 32) der Weibchen hatten in der gleichen Woche
ihren ersten Östrus. Bei 44,2 % (N = 69) der Weibchendyaden lag eine Woche
124 | S e i t e
Abstand zwischen dem Eintreten des ersten Östrus. Zwei Wochen Abstand hatten
immer noch 21,2 % (N = 33). 10,3 % (N = 16) der Weibchen wiesen einen
dreiwöchigen und 3,9 % (N = 6) einen vierwöchigen Abstand zwischen dem Beginn
des ersten Östrus auf.
Bei der Überprüfung einer potentiellen Korrelation zwischen dem räumlichen Abstand
der Weibchen und deren zeitlichen Eintritt in den ersten Östrus konnte kein
signifikanter Unterschied gefunden werden (Mantel Test, r(AB) = 0,036, p = 0,653).
Die räumliche Distanz oder Nähe der Weibchen scheint also keinen Einfluss auf die
Synchronität der Östren zu haben.
3.4.5.Sozialverhalten innerhalb und außerhalb der Paarungszeit
Die sozialen Interaktionen zwischen den Senderweibchen und anderen Individuen,
denen sie während der Fokusbeobachtungen begegneten, wurden in drei
Verhaltenskategorien geteilt. Es wurden positive und agonistische Interaktionen
unterschieden sowie die Nähe eines weiteren Individuums protokolliert (= Distanz <
10 m). In den Abbildungen 47a und b sind die Häufigkeiten sozialer Interaktionen in
beiden Gebieten innerhalb der Vorpaarungs- und Paarungszeit gegenübergestellt.
Für die Phase der Tragzeit und der Aufzuchtzeit liegen nur Informationen aus dem
Gebiet JBB vor (Abb. 47c, 47d).
Bei der Betrachtung der sozialen Begegnungsrate konnte im Untersuchungsgebiet
JBA eine Verdreifachung der sozialen Begegnungsrate von der Vorpaarungszeit (0,7
Begegnungen pro Stunde) zur Paarungszeit (2,2 Begegnungen pro Stunde)
registriert werden. Im Untersuchungsgebiet JBB konnte eine Verdopplung der Rate
von der Vorpaarungszeit (1,5 Begegnungen pro Stunde) zur Paarungszeit (3
Begegnungen pro Stunde) beobachtet werden. In beiden Phasen war die soziale
Begegnungsrate im JBB höher als im JBA. Während der Tragzeit und der
Aufzuchtzeit begegneten die Weibchen während der Fokusbeobachtungen einer
geringeren Anzahl an Tieren.
In der Vorpaarungszeit konnten im JBA zu gleichen Teilen „Proximity“, agonistische
und positive Interaktionen beobachtet werden. Im JBB wurde am häufigsten
„Proximity“ gesehen, wohingegen agonistische und positive Begegnungen relativ
125 | S e i t e
ausgeglichen vorkamen (Abb. 47a). Beim Vergleich der beiden Gebiete konnten
keine signifikanten Unterschiede in der Qualität der Interaktionen gefunden werden
(Chi-Quadrat-Test, ² = 4,1, p > 0,05).
Während der Paarungszeit wurden im JBA und JBB zu gleichen Teilen „Proximity“
sowie agonistische und positive Interaktionen beobachtet (Abb. 47b), wobei im JBA
agonistische Interaktionen prozentual vordergründig waren. Auch während dieser
Phase wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gebieten gefunden
(Chi-Quadrat-Test, ² = 4,5, p > 0,05).
Während der Tragzeit wurden im JBB wie in der Paarungszeit Proximity,
agonistische und positive Interaktionen gleich häufig beobachtet (Abb. 47c).
In der Aufzuchtzeit konnte eine deutliche anteilige Zunahme von positiven
Interaktionen beobachtet werden. Agonistische Interaktionen wurden nur noch in
geringer Anzahl beobachtet (Abb. 47d).
Beim Vergleich der zwei reproduktiven Phasen im Untersuchungsgebiet JBA konnten
keine signifikanten Unterschiede in der Verteilung von Qualitäten der Sozialkontakte
gefunden werden (Chi-Quadrat-Test, ² = 0,58, df = 5, p > 0,05).
Beim Vergleich der vier reproduktiven Phasen im JBB konnte ein signifikanter
Unterschied in der Verteilung der Interaktionsqualitäten gefunden werden (ChiQuadrat-Test, ² = 26,76, df = 11, p < 0,005). Während der Vorpaarungszeit
(²=3,57) wurden häufiger als erwartet Individuen in der
„Proximity“ der
Senderweibchen beobachtet. Hingegen traten positive Interaktionen seltener als
erwartet auf (² = 4,63). In der Aufzuchtzeit wurden seltener als erwartet agonistische
Interaktionen zwischen den Tieren beobachtet (² = 4,88), wohingegen positive
Interaktionen häufiger als erwartet auftraten (² = 8,1). Das vermehrte Auftreten von
soziopositiven Kontakten ist vor allem durch den hohen Anteil von Interaktionen
zwischen Müttern und Jungtieren (n = 95) zu erklären.
80
80
70
70
60
50
Proximity
40
agonistisch
30
positiv
20
Anzahl Interaktionen
Anzahl Interaktionen
126 | S e i t e
60
50
30
20
10
10
0
0
JBA
0,7/ h
Proximity
agonistisch
positiv
40
JBB
JBA
JBB
1,5/ h
2,2/ h
3/ h
Abb.47a Vorpaarungszeit
Abb.47b Paarungszeit
80
80
Anzahl Interaktionen
60
Proximity
50
agonistisch
40
positiv
30
20
Anzahl Interaktionen
70
70
60
50
Proximity
40
agonistisch
positiv
30
20
10
10
0
0
JBB
2,7/ h
Abb.47c Tragzeit
JBB
0,7/ h
Abb. 47d Aufzuchtzeit
Abb. 47a-d Soziale Interaktionen und soziale Begegnungsrate (unter den Säulen
dargestellt) während der Vorpaarungszeit (a), der Paarungszeit (b), der
Tragzeit (c) und der Aufzuchtzeit (d) in beiden Untersuchungsgebieten
Positive Interaktionen konnten in Form von „Allogrooming“, unspezifischem
Körperkontakt (z.B. Kuscheln), Genitalkontrollen, dem Folgen des Senderweibchens
127 | S e i t e
durch ein zweites Individuum und Paarungen beobachtet werden (Tab. 20). Die
quantitative Darstellung erfolgt für beide Gebiete gemeinsam, da sich die Qualität
und Quantität der positiven Interaktionen ungefähr entsprechen. Es konnte eine
deutliche Zunahme von Folgen durch Sozialpartner während der Paarungszeit im
Gegensatz zur Vorpaarungszeit beobachtet werden. Während der Vorpaarungszeit
wurde „Grooming“ hauptsächlich zwischen Schlafgruppenpartnern beobachtet,
wohingegen während der Paarungszeit bis auf einen Fall ausschließlich unbekannte
Tiere beim „Grooming“ mit den Senderweibchen beobachtet werden konnten. Es ist
allerdings nicht auszuschließen, dass es sich bei diesen Unbekannten nicht auch um
Schlafgruppenmitglieder
handelt.
Im
Gegensatz
dazu
wurde
unspezifischer
Körperkontakt, der fast ausschließlich mit Schlafgruppenmitgliedern beobachtet
werden konnte, deutlich seltener in der Paarungszeit protokolliert. Der hohe
Gesamtanteil an positiven Interaktionen in der Aufzuchtzeit ist auf Kontakte der
Mütter zu ihrem Nachwuchs zurückzuführen. Es fanden jedoch auch wieder vermehrt
positive
Interaktionen
wie
gegenseitiges
„Groomen“
oder
unspezifischer
Körperkontakt zwischen den Schlafgruppenmitgliedern während der Aufzuchtzeit
statt.
Bei den Interaktionspartnern wurde in der Auswertung zwischen weiblichen und
männlichen
Schlafgruppenmitgliedern
sowie
Männchen
und
Weibchen
unterschieden. Außerdem wurden auch die Tiere erfasst, deren Geschlecht nicht
bestimmt werden konnte (Unbekannte) (Tab. 20, Abb.48a-d).
128 | S e i t e
Tab. 20 Anzahl und Art positiver Interaktionen der Senderweibchen mit ihren
jeweiligen Sozialpartnern in den vier Phasen (SG: Schlafgruppenmitglieder,
M: Männchen, W: Weibchen)
Phase
Interaktionspartner
gesamt
SG (M+W) M W Unbekannte Jungtier
Vorpaarungszeit
„Allogrooming“
8
1
Körperkontakt
14
3
Partner folgt
3
Partner beschnuppert Genitalregion
1
30
Paarungszeit
„Allogrooming“
7
Partner „groomt“ Weibchen
1
3
Weibchen „groomt“ Partner
Körperkontakt
1
2
3
2
Paarung
2
Partner folgt
8
15
Partner beschnuppert Genitalregion
1
3
47
Tragzeit
„Allogrooming“
1
1
1
Partner „groomt“ Weibchen
2
Körperkontakt
1
6
Aufzuchtzeit
„Allogrooming“
5
1
17
Weibchen „groomt“ Jungtier
8
Jungtier „groomt“ Weibchen
3
Partner folgt
7
2
27
Körperkontakt
4
3
36
Weibchen trägt Jungtier
2
129 | S e i t e
Partner reitet auf
2
Spielen
1
110
Im Untersuchungsgebiet JBA fand der Großteil der Interaktionen während der
Vorpaarungszeit mit Tieren statt, deren Identität nicht bestimmt werden konnte
(Abb.48a). Lediglich bei einem Kontakt konnte ein Männchen als Sozialpartner
erkannt werden. Im Untersuchungsgebiet JBB fanden 20 % der Interaktionen
während der Vorpaarungszeit mit Schlafgruppenmitgliedern und nur 8 % mit NichtSchlafgruppenmitgliedern statt. Der restliche Anteil bestand aus Tieren, deren
Identität und Geschlecht nicht näher bestimmt werden konnte.
Im Untersuchungsgebiet JBA fanden 6 % der Kontakte in der Paarungszeit mit
Schlafgruppenmitgliedern und 34 % der Kontakte mit Männchen statt. Der
verbleibende Anteil der Interaktionspartner konnte nicht eindeutig identifiziert werden.
In der Paarungszeit hatten die Senderweibchen im JBB umgekehrt nur 7 % der
Interaktionen
mit
Schlafgruppenmitgliedern
und
17
%
mit
Nicht-
Schlafgruppenmitgliedern. Es konnte eine signifikante Zunahme von Interaktionen
mit
vermutlich
schlafgruppenfremden
Individuen
während
der
Paarungszeit
nachgewiesen werden (² = 1; df = 11, p < 0,05).
Während
der
Tragzeit
waren
14
%
der
Interaktionspartner
vermutlich
schlafgruppenfremde Weibchen und Männchen. Alle anderen Interaktionspartner
konnten nicht näher bestimmt werden.
Während der Aufzuchtzeit waren bei 52 % der Interaktionen Schlafgruppenmitglieder
die Interaktionspartner der Senderweibchen. Lediglich bei einer dieser Interaktionen
handelte es sich um ein männliches Schlafgruppenmitglied. Bei 47 % der
Interaktionen konnte der Interaktionspartner nicht identifiziert werden (Abb. 48d).
130 | S e i t e
Abb. 48a Anzahl und Art der Interaktionspartner in der Vorpaarungszeit (nJBB = 50,
nJBA = 7)
Abb. 48b Anzahl und Art der Interaktionspartner in der Paarungszeit (nJBB=72,
nJBA= 67)
131 | S e i t e
Abb. 48c Anzahl und Art der Interaktionspartner in der Tragzeit (n =21)
Abb. 48d Anzahl und Art der Interaktionspartner in der Aufzuchtzeit (n=11)
Abb. 48a-d Anzahl und Art der Interaktionspartner während der Vorpaarungszeit (a),
der Paarungszeit (b), der Tragzeit (c) und der Aufzuchtzeit (d) (SG M:
132 | S e i t e
Schlafgruppenmännchen,
SG
W:
Schlafgruppenweibchen,
SG?:
Schlafgruppenmitglied unbekannten Geschlechts, M: Männchen, W: Weibchen, ?:
Individuum unbekannten Geschlechts)
Im Untersuchungsgebiet JBA ist zu erkennen, dass die Senderweibchen innerhalb
der Paarungszeit einige langandauernde Kontakte zu Männchen hatten, wobei nicht
in
allen
Fällen
ausgeschlossen
werden
kann,
dass
es
sich
um
Schlafgruppenmännchen gehandelt haben könnte (Abb. 49). Der längste Kontakt
dauerte circa eine Stunde und wurde in der Nacht des 19.09.07 beobachtet. Bei
diesem Kontakt kann aufgrund der Ähnlichkeit dieses Ablaufs zum Paarungskontext
des Grauen Mausmakis angenommen werden, dass sich beide Tiere im Schlafplatz
gepaart haben (s. 3.4.6.). Bei diesem Männchen handelte es sich jedoch definitiv
nicht um einen Schlafgruppenpartner des Weibchens.
Abb. 49 Dauer der Sozialkontakte zu Schlafgruppenmännchen (SG M) und weibchen (SG W) sowie schlafgruppenfremden Männchen (M) während
der Vorpaarungszeit (VP) und Paarungszeit (P) im Untersuchungsgebiet
JBA
133 | S e i t e
Die Kontaktdauer unterschied sich bei unterschiedlichen Sozialpartnern im
Untersuchungsgebiet JBB in den verschiedenen Phasen (Abb. 50). Die Kontaktdauer
zu Schlafgruppenmännchen verkürzte sich in der Paarungszeit, während die
Kontaktdauer zu Schlafgruppenweibchen und schlafgruppenfremden Männchen sich
während der Paarungszeit verlängerte. Weiterhin fällt auf, dass während der
Aufzuchtzeit längere Kontakte zu Schlafgruppenweibchen beobachtet werden
konnten. Diese Kontakte fanden statt, nachdem die Weibchen zusammen mit ihren
Jungtieren den Schlafplatz verlassen hatten, sich noch zwischen 30 und 45 Minuten
in der Nähe des Schlafplatzes aufhielten und in verschiedener Art und Weise
interagierten. Die Kontakte endeten, wenn sich eines der adulten Weibchen vom
Schlafplatz entfernte.
Abb. 50 Dauer der Sozialkontakte zu Schlafgruppenmännchen (SG M) und weibchen (SG W) sowie wahrscheinlich schlafgruppenfremden Männchen
(M) während der Vorpaarungszeit (VP), Paarungszeit (P), Tragzeit (T) und
Aufzuchtzeit (A) im Untersuchungsgebiet JBB
134 | S e i t e
3.4.6.Zusammensetzung der Schlafgruppen vor der Aufzuchtzeit
Mit
Ausnahme
von
zwei
Senderweibchen
(F22-06,
F32-07)
konnten
alle
Senderweibchen Schlafgruppen zugeordnet werden. Es ließen sich insgesamt 12
verschiedene Schlafgruppen abgrenzen, die jeweils aus zwei bis maximal fünf
Individuen bestanden (Tab. 21). Mit Ausnahme von drei Schlafgruppen setzten sich
alle Gruppen aus mindestens einem Weibchen und einem Männchen zusammen.
Die Senderweibchen F18-04 (Gruppe 10) und F21-07 (Gruppe 11) konnten zwar mit
ein bis zwei Schlafgruppenpartnern gesichtet werden, es war jedoch in keinem der
Fälle möglich, die Identität dieser Tiere zu bestimmen. Das Senderweibchen F25-05
wurde vor der Aufzuchtzeit nur allein schlafend angetroffen.
Tab. 21 Schlafgruppenzusammensetzung der 12 Schlafgruppen an
unterschiedlichen Kontrolltagen
Gruppe Nr.
Datum
und Gebiet
× an diesem Tag in der Schlafgruppe geschlafen
Gr. 1 im
JBB
ID-Nummer der zugehörigen Schlafgruppenmitglieder : GesamtM01-07
M33-07
M?
anzahl
F03-05
F18-06
?
2
15.08.07
×
×
17.08.07
×
×
×
3
20.08.07
×
×
×
4
25.08.07
×
×
×
×
4
13.09.07
×
×
×
×
2
03.10.07
×
11.10.07
×
×
2
26.10.07
×
×
1
15.11.07
×
16.11.07
×
27.11.07
×
3
×
2
2
×
2
×
2
135 | S e i t e
Gruppe Nr.
Datum
und Gebiet
: × an diesem Tag in der Schlafgruppe geschlafen
Gr. 2 im JBA
Gruppe
ID-Nummer der zugehörigen Schlafgruppenmitglieder Gesamt-
F41-07
M31-07
06.09.07
×
×
11.10.07
×
13.10.07
×
14.10.07
×
4×
5
20.10.07
×
4×
5
25.10.07
×
27.10.07
×
28.10.07
×
01.11.07
×
10.11.07
×
13.11.07
×
Datum
Nr. und
F?
M?
anzahl
?
3×
5
×
2
1
2×
2×
5
1
×
2
×
2×
4
×
2
1
ID-Nummer der zugehörigen Schlafgruppenmitglieder : Gesamt× an diesem Tag in der Schlafgruppe geschlafen
anzahl
Gebiet
Gr. 3 im
JBA
F31-06
M19-07
F51-07
F64-07
M?
F?
?
14.08.07
×
2×
3
18.08.07
×
×
2
27.09.07
×
×
29.09.07
×
×
04.10.07
×
×
×
10.10.07
×
×
×
11.10.07
×
×
×
×
12.10.07
×
×
×
01.11.07
×
×
02.-
×
×
2
×
3
×
4
×
4
4
×
×
4
2
×
×
4
04.11.07
14.11.07
×
×
2×
4
136 | S e i t e
17.11.07
Gruppe Nr.
×
×
Datum
und Gebiet
2
ID-Nummer der zugehörigen
Gesamt-
Schlafgruppenmitglieder : × an diesem Tag in der
anzahl
Schlafgruppe geschlafen
Gr. 4 im JBB
Gruppe Nr.
F29-05
14.09.07
×
29.09.07
×
16.10.07
M27-07
F?
?
×
2
×
3
×
×
2
17.10.07
×
×
2
18.10.07
×
26.10.07
×
31.10.07
×
01.11.07
×
Datum
und Gebiet
×
×
×
2
2
×
×
2
2
ID-Nummer der zugehörigen
Gesamt-
Schlafgruppenmitglieder : × an diesem Tag in der
anzahl
Schlafgruppe geschlafen
Gr. 5 im
JBA
F46-07
F73-07
M?
F?
?
26.09.07
×
2×
3
28.-
×
×
2
×
2×
3
24.10.07
×
2×
3
25.10.07
×
2×
4
30.10.-
×
×
02.11.07
×
×
03.-
×
×
2
×
×
2
30.09.07
02.03.10.07
×
2
01.11.07
×
3
04.11.07
10.11.11.07
137 | S e i t e
15.-
×
×
2
×
×
2
08.12.07
×
×
16.12.07
×
×
2
18.12.07
×
×
2
20.-
×
×
2
16.11.07
06.07.12.07
×
3
21.12.07
Gruppe Nr.
Datum
ID-Nummer der zugehörigen
und Gebiet
Gesamt-
Schlafgruppenmitglieder : × an diesem Tag in der
anzahl
Schlafgruppe geschlafen
Gr. 6 im JBA
Gruppe
F43-05
M38-07
M?
16.08.07
×
×
×
19.09.07
×
24.10.07
×
25.10.07
×
×
27.10.07
×
×
25.11.07
×
×
2
11.12.07
×
×
2
Datum
Nr. und
?
3
×
×
3
2×
3
×
3
ID-Nummer der zugehörigen Schlafgruppenmitglieder
2
Gesamtanzahl
: × an diesem Tag in der Schlafgruppe geschlafen
Gebiet
Gr. 7
im JBB
F25-05
?
10.10.07
×
1
12.11.07
×
1
19.11.07
×
×
2
138 | S e i t e
Gruppe Nr.
Datum
ID-Nummer der zugehörigen
und Gebiet
Gesamt-
Schlafgruppenmitglieder : × an diesem Tag in der
anzahl
Schlafgruppe geschlafen
Gr. 8 im JBB
Gruppe Nr.
F02-04
30.08.07
×
10.10.07
×
Datum
und Gebiet
M?
?
2×
×
2
×
4
ID-Nummer der zugehörigen
Gesamtanzahl
Schlafgruppenmitglieder : × an diesem Tag in der
Schlafgruppe geschlafen
Gr. 9 im
JBA
01.11.07
Gruppe Nr.
Datum
und Gebiet
F08-06
M12-07
×
×
2
ID-Nummer der zugehörigen
Gesamtanzahl
Schlafgruppenmitglieder : × an diesem Tag in der
Schlafgruppe geschlafen
Gr. 10 im
JBA
Gruppe Nr.
F18-04
24.08.07
×
24.10.07
×
27.10.07
×
Datum
?
1
×
1
ID-Nummer der zugehörigen
und Gebiet
2
Gesamtanzahl
Schlafgruppenmitglieder : × an diesem
Tag in der Schlafgruppe geschlafen
Gr. 11 im JBB
Gruppe Nr.
und Gebiet
F21-07
?
20.08.07
×
×
2
21.08.07
×
×
2
Datum
ID-Nummer der zugehörigen
Gesamt-anzahl
Schlafgruppenmitglieder : × an diesem Tag in der
Schlafgruppe geschlafen
Gr. 12 im
F22-05
M29-06
M31-06
139 | S e i t e
JBB
?
01.09.07
×
15.09.07
×
×
×
4
3×
4
Vier der gemischten Schlafgruppen (Nr. 1, 3, 6, 12) wurden exemplarisch mit Hilfe
der mitochondrialen d-loop-Sequenz und sechs nukleären Mikrosatelliten auf ihre
verwandtschaftlichen Verhältnisse untersucht. Matrilineare Verwandtschaft wurde an
der
Zugehörigkeit
zum
selben
Haplotyp,
einem
erhöhten
Verwandtschaftskoeffizienten (r > 0,125) und möglichst wenigen Allelausschlüssen
festgemacht.
In Gruppe 1 haben alle vier getesteten Individuen den gleichen Haplotyp A (Abb. 51).
F03-05 und F18-06 sowie F18-06 und M01-07 wiesen keine Allelausschlüsse und
einen
Verwandtschaftskoeffizienten
größer
0,4
auf.
Bei
diesen
beiden
Konstellationen handelte es sich vermutlich um eine Mutter-Tochter- bzw. eine
Mutter-Sohn-Dyade. Bei den Dyaden zwischen F03-05 und M01-07 sowie F03-05
und
M33-07
könnte
es
sich
bei
einem
Allelausschlusses
und
einem
Verwandtschaftskoeffizienten von r = 0,1 für die erste Dyade und r = 0,24 für die
zweite Dyade eventuell um Großmutter-Enkel-Beziehungen oder eine Tante-NeffeDyade handeln.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die vier Tiere dieser Schlafgruppe
derselben Matrilinie angehörten und diese Gruppe damit im Wesentlichen auf
Verwandtschaft beruhte.
140 | S e i t e
Typ A
1A
F03-05
r = 0,24
M33-07
3A
1A
r = -0,12
r = 0,1
3A
0A
r > 0,4
F18-06
0A
r > 0,4
r = 0,04
M01-07
Abb. 51 Verwandtschaftliche Beziehungen innerhalb der Schlafgruppe 1 im JBB
(A = Allelausschlüsse, r = Verwandtschaftskoeffizient, Typ A = Haplotyp A)
Die Partner der Schlafgruppe 6 (M38-07 und F43-05) haben ebenfalls den gleichen
Haplotyp B (Abb. 52). Diese Konstellation wäre bei einem Allelausschluss und einem
Verwandtschaftskoeffizienten von r = 0,28 auch mit einer Großmutter-EnkelKonstellation erklärbar. Hier ist also ebenfalls von einer verwandtschaftlichen Basis
auszugehen.
141 | S e i t e
Typ B
1A
r = 0,28
F43-05
M38-07
Abb. 52 Verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Schlafgruppenmitgliedern
der Schlafgruppe 6 (F43-05 und M38-07) im JBA (A = Allelausschluss,
r = Verwandtschaftskoeffizient, Typ B = Haplotyp B)
Das Senderweibchen F31-06 wurde auf ihre verwandtschaftliche Beziehung zu ihrem
Schlafgruppenpartner M19-07 untersucht (Schlafgruppe 3, Abb. 53). Sie gehören
beide auch dem Haplotyp B an, weisen keine Allelausschlüsse auf und haben einen
Verwandtschaftskoeffizienten von r > 0,4. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelte es
sich daher bei dieser Konstellation um ein Mutter-Sohn-Paar.
142 | S e i t e
Typ B
0A
r > 0,4
F31-06
M19-07
Abb. 53 Verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Schlafgruppenmitgliedern
F43-05 und M38-07 (Schlafgruppe 3) im JBA (A = Allelausschluss,
r = Verwandtschaftskoeffizient, Typ B = Haplotyp B)
In der Schlafgruppe von F22-05 wurde bei allen drei getesteten Individuen der
gleiche Haplotyp C nachgewiesen (Abb. 54). Zusätzlich traten in der Dyade F22-05
und M31-06 keine Allelausschlüsse auf und es lag ein Verwandtschaftskoeffizient
über 0,4 vor. Wahrscheinlich handelt es sich bei diesem Fall um ein Mutter-SohnPaar. Zwischen dem Senderweibchen F22-05 und dem Männchen M29-06 gab es
dagegen keine enge Verwandtschaft (3 Allelausschlüsse, r = 0,04) und dieses
Männchen war auch zu M31-06 nicht besonders nah verwandt (2 Allelausschlüsse,
r = 0,06). Das genaue Verwandtschaftsverhältnis zu diesem Männchen lässt sich auf
der Basis dieser Daten jedoch nicht klären.
143 | S e i t e
Typ C
F22-05
3A
0A
r = 0,04
r > 0,4
M31-06
M29-06
2A
r =0,058
Abb. 54 Verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Schlafgruppenmitgliedern
der Schlafgruppe 12 im JBB (A = Allelausschluss,
r = Verwandtschaftskoeffizient, Typ C = Haplotyp C)
3.4.7. Paarungsverhalten
Im gesamten Untersuchungszeitraum wurde ein Weibchen (F03-05) bei einer
Paarung
beobachtet.
Ein
weiteres
Weibchen
(F43-05)
verpaarte
sich
höchstwahrscheinlich während einer Fokusbeobachtung. Diese Beobachtungen
sollen im Folgenden näher beschrieben werden.
Die erste Paarung konnte während der Fokusbeobachtung am 19.09.07 erfasst
werden, bei der das Weibchen F43-05 im Untersuchungsgebiet JBA beobachtet
wurde. Circa 6 Minuten nach Beobachtungsbeginn (18:00:00) am Schlafplatz, einem
dichten Lianengestrüpp, in dem an einer Stelle ein größeres Stück Baumrinde lag,
hinter dem Tiere schliefen, verließen ein Männchen und ein Tier unbekannten
Geschlechts den Schlafplatz. F43-05 verblieb hingegen im Schlafplatz. Circa 10
Minuten nach Beobachtungsbeginn näherte sich das Männchen M30-07, das nicht
dieser Schlafgruppe angehörte, dem Schlafplatz und betrat diesen kurze Zeit darauf.
144 | S e i t e
In den folgenden 50 Minuten verließ das Männchen nur einmal den Schlafplatz, den
es kurz darauf erneut betrat. In der Zeit, in der sich beide Tiere im Schlafplatz
befanden, wurden wiederholt Tsäk-Laute vernommen. Nach 50 Minuten verließ das
Männchen endgültig den Schlafplatz, verblieb jedoch in dessen unmittelbarer Nähe.
Sechs Minuten später verließ schließlich das Weibchen den Schlafplatz, in den es
während der folgenden 15 Minuten einige Male zurückkehrte. 1:15h nach
Beobachtungsbeginn entfernte sich das Weibchen, gefolgt von M30-07 endgültig von
ihrem Schlafplatz. Während der gesamten Beobachtung am Schlafplatz tauchte
einmal ein zweites Männchen in Schlafplatznähe (circa 6-7m) auf, das sich jedoch
nicht weiter annäherte und nach einigen Sekunden auch wieder verschwand. Bei
diesem Kontakt kann aufgrund der Ähnlichkeit dieses Ablaufs zum Paarungskontext
des Grauen Mausmakis angenommen werden, dass sich beide Tiere im Schlafplatz
gepaart haben. Im weiteren Verlauf der Nacht konnten noch dreimal andere
Individuen unbekannten Geschlechts in der Nähe des Weibchens gesichtet werden,
die sich zwischen 3-6 Minuten in der Nähe des Weibchens aufhielten und diesem
auch folgten.
Außerdem konnte M28-05 in der Nähe des Weibchens gesehen
werden. Als das Weibchen den Baum, in dem sich beide Tiere befanden, verließ,
folgte ihr M28-05. Möglicherweise war die rezeptive Phase des Weibchens während
dieser Begegnung bereits vorbei. Es konnte jedoch während der gesamten
Beobachtung keine weitere Paarung beobachtet werden.
Die
zweite
Paarung,
die
beobachtet
werden
konnte,
fand
während
der
Fokusbeobachtung am 04.12.07 bei F03-05 im Untersuchungsgebiet JBB statt. Das
Weibchen hatte zu diesem Zeitpunkt bereits seit circa ein bis zwei Wochen
Nachwuchs. Circa eine halbe Stunde nach Beobachtungsbeginn (18:30 Uhr)
entfernte sich das Weibchen ungesehen von ihrem Schlafplatz. Gegen 19:30 Uhr
wurde das erste Mal ein Individuum unbekannten Geschlechts in ihrer Nähe
gesichtet. Dieses näherte sich ihr an, woraufhin F03-05 sich entfernte. Das andere
Tier folgte ihr. Als gegen 19:37 Uhr wieder Sichtkontakt bestand, konnte allerdings
kein weiteres Individuum in ihrer Nähe gesichtet werden. Um 20:20 Uhr konnte
schließlich eine Paarung, bei der sich das Männchen auf dem Rücken des
Weibchens befand, über ungefähr eine Minute beobachtet werden. Das Männchen
145 | S e i t e
konnte dabei nicht näher identifiziert werden. Noch während der Paarung wurde ein
zweites Männchen gesichtet, das sich in etwa einem Meter Entfernung zu den sich
paarenden Tieren befand und sich schließlich annäherte und in kurzen Angriffen die
Paarung störte, welche auch ungefähr 10 Sekunden später endete. Direkt nach der
Paarung entfernte sich F03-05, gefolgt von den beiden Männchen. Zwischen 20:22
Uhr und 20:41 Uhr wurde sie dreimal in Lokomotion gesehen, wobei sie bei zwei der
Situationen ihr Jungtier im Maul trug. Bei jeder Sichtung wurde sie von mindestens
einem Männchen verfolgt. Am Ende der letzten Sichtung verscheuchte sie das
Männchen. Zwischen 20:45 und 20:46 Uhr wurde sie erneut gesehen, diesmal saß
sie ruhig im Geäst. Zwei weitere Tiere, von denen in diesem Fall das Geschlecht
nicht näher bestimmt werden konnte, befanden sich erneut in ihrer Nähe. Das
Jungtier konnte in dieser Situation nicht gesehen werden. Nach dieser Sichtung
konnte bis zum Ende der Beobachtung (circa drei Stunden später) kein weiteres Tier
in ihrer Nähe gesehen werden und dementsprechend auch keine Paarung mehr
beobachtet werden.
3.5. Aufzuchtverhalten
Von allen im Untersuchungszeitraum beobachteten Senderweibchen konnten nur
vier mit Jungtieren beobachtet werden. Drei dieser Senderweibchen lebten im
Untersuchungsgebiet
JBB
(F03-05,
F22-06,
F25-05)
und
eines
im
Untersuchungsgebiet JBA (F41-07). Das Weibchen im JBA wurde in einer
Schlafgruppe mit einem weiteren Weibchen und zwei Jungtieren beobachtet, hatte
jedoch nie engeren Kontakt zu einem der Jungtiere, weshalb in dieser Arbeit nicht
davon ausgegangen wird, dass es sich bei diesem Weibchen um die Mutter eines
der Jungtiere handelte. Das Weibchen wird deshalb nur in Auswertungen zur
Schlafplatzwahl und Schlafgruppenzusammensetzung einbezogen. Die Daten von
beiden
Untersuchungsgebieten
wurden
aufgrund
Stichprobenmenge für die Auswertungen zusammengefasst.
einer
zu
geringen
146 | S e i t e
3.5.1. Schlafplatzwahl in und außerhalb der Jungtieraufzucht
Zwischen den beiden Gebieten konnte innerhalb der Vorpaarungszeit und der
Aufzuchtzeit keine unterschiedliche Nutzung von Schlafplätzen beobachtet werden.
Innerhalb der Paarungszeit wurden jedoch im JBA häufiger Schlafhöhlen benutzt als
im JBB (² = 5,8, df = 5, p < 0,02). Innerhalb der Vorpaarungs-, Paarungs- und
Tragzeit war der meistgenutzte Schlafplatztyp die offene Vegetation (Abb. 55).
Hierunter fallen Schlafplätze in dichtem Lianengestrüpp, in kleinen Büschen oder in
Astgabeln. In mehreren Fällen waren diese Plätze sehr exponiert und die Tiere somit
deutlich zu sehen. Während der Aufzuchtzeit wurden von den vier Weibchen mit
Jungtieren jedoch am häufigsten Blätternester genutzt (60 %). Diese Verteilung der
Schlafplätze auf die drei Substrattypen war über die vier Phasen statistisch nicht
gleich verteilt (² = 64,48, df = 11, p < 0,0000001). Beim Vergleich der Nutzung der
einzelnen Schlafplatztypen in den vier Phasen lässt sich eine verminderte Nutzung
von Blätternestern (² = 4,81) und eine vermehrte Nutzung von Höhlen (² = 6,47)
innerhalb der Paarungszeit nachweisen. Auch während der Tragzeit wurden
Blätternester seltener als erwartet genutzt (² = 5,63). Während der Aufzuchtzeit
konnte schließlich eine deutlich vermehrte Nutzung von Blätternestern nachgewiesen
werden (² = 25,66) (Abb. 55).
147 | S e i t e
Prozentuale Verteilung der Schlafplatztypen
n = Anzahl genutzter Schlafplätze
N = Anzahl Weibchen
100%
90%
+
80%
70%
Höhle
60%
50%
Offene
Vegetation
40%
+
30%
Blätternest
20%
10%
-
0%
VP
P
n = 59
N = 10
n=53
N=12
T
Phasen
Aug07 - Okt07 | Sept07 –Nov07 |
n=40
N=2
A
n=27
N=4
Okt07 – Dez07 | Dez07 - Jan08
Abb. 55 Nutzung der drei Schlafplatztypen in den vier Phasen: Vorpaarungszeit (VP),
Paarungszeit (P), Tragzeit (T) und Aufzuchtzeit (A) in JBA und JBB (+ :
häufiger als erwartet, - : seltener als erwartet)
Die Nutzung der drei Schlafplatztypen von Weibchen mit Jungtieren und Weibchen
ohne Jungtiere zwischen Dezember 2007 und Januar 2008 ist nicht gleich verteilt
(² = 18,25, df = 5, p < 0,003) (Abb. 56). Es fällt eine erhöhte Nutzung von
Blätternestern bei Weibchen mit Jungtieren auf (² = 4,45), wohingegen Weibchen
ohne Jungtiere Blätternester seltener als erwartet nutzten (² = 7,2).
148 | S e i t e
ProzentualeVerteilung der Schlafplatztypen
100%
90%
80%
70%
60%
50%
Höhle
40%
Offene Vegetation
+
30%
Blätternest
20%
10%
-
0%
mit N
ohne N
n = 27
n = 37
N=4
N=7
Abb. 56 Nutzung der drei Schlafplatztypen bei Weibchen ohne Nachwuchs („ohne
N“) und mit Nachwuchs („mit N“) zwischen Dezember 2007 und Januar
2008 (+:häufiger als erwartet, - : seltener als erwartet)
Betrachtet man nur die vier Weibchen mit Nachwuchs, fällt auf, dass einzelne
Weibchen bestimmte Schlafplatztypen favorisierten und letztlich nicht alle Weibchen
mit Nachwuchs vermehrt Blätternester bauten und nutzten (Abb. 57a,b). So wurde
zum Beispiel das Weibchen F22-06 im Untersuchungsgebiet JBB ausschließlich in
Schlafplätzen in der offenen Vegetation angetroffen, wohingegen F03-05 und F41-07
bei 83-100 % der Kontrollen in Blätternestern vorgefunden wurden. F03-05 nutzte
während der Vorpaarungszeit zu 67 % Schlafplätze in der offenen Vegetation und zu
33 % Blätternester. F41-07 wurde in der Vorpaarungszeit zu 100 % in Schlafplätzen
in der offenen Vegetation vorgefunden. In der Paarungszeit nutzte F03-05 zu 100 %
Schlafplätze in der offenen Vegetation und F41-07 wurde zu 66 % in Schlafhöhlen
und 34 % in der offenen Vegetation gefunden. Während der Tragzeit nutzte F03-05
wieder zu 96 % Schlafplätze in der offenen Vegetation und nur in 4 % der Kontrollen
149 | S e i t e
ein Blätternest. Beide Weibchen präferierten also tatsächlich Blätternester erst ab
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
Prozentuale Nutzung
Prozentuale Nutzung
dem Zeitpunkt, wo Jungtiere auftauchten.

100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%

F41-07
JBA
F41-07 F03-05 F22-06 F25-05
JBA
JBB
F03-05
Weibchen
F22-06
JBB
F25-05
Weibchen
Abb. 57a Blätternestnutzung
Abb. 57b Nutzung von Schlafplätzen in
der offenen Vegetation
( | trennt Weibchen aus JBA und JBB )
3.5.2.
Nutzungsmuster
der
Schlafplätze
während
und
außerhalb
der
Jungtieraufzucht
Während der Vorpaarungszeit lag die mittlere Nutzungsdauer für Blätternester
(nBlätternest = 7) bei 1,7 Tagen, für Höhlen (nHöhle = 4) bei 1,8 Tagen und für
Schlafplätze in der offenen Vegetation (noffene Vegetation = 21) bei 1,7 Tagen. Innerhalb
der Paarungszeit lag die mittlere Nutzungsdauer bei ganz ähnlichen Werten, für
Blätternester (n = 2) bei 1,5 Tagen, bei 1,8 Tagen für Höhlen (n = 4) und bei 1,7
Tagen für Schlafplätze in der offenen Vegetation (n = 21). Während der Tragzeit
nutzten die Senderweibchen ausschließlich Schlafplätze in der offenen Vegetation
(n = 6), die im Schnitt 2,7 Tage lang genutzt wurden. Während der Aufzuchtzeit
nahm die mittlere Nutzungsdauer leicht ab und betrug für Blätternester (n = 16) 1,1
Tage und für Schlafplätze in der offenen Vegetation (n = 8) einen Tag (Abb. 58). In
dieser Zeit wechselten die Weibchen mit Jungtieren also praktisch jeden Tag den
Schlafplatz.
150 | S e i t e
Abb. 58 Mittlere Nutzungsdauer für verschiedene Schlafplatztypen in JBA und JBB
(VP: Vorpaarungszeit NWeibchen= 9, P: Paarungszeit NWeibchen= 12,
T: Tragezeit NWeibchen= 2, A: Aufzuchtzeit NWeibchen= 4)
Weibchen ohne Jungtiere hingegen nutzten Blätternester (n = 2) zwischen Dezember
07 und Januar 08 im Durchschnitt 2,5 Tage lang, Höhlen (n = 1) nur einen Tag lang
und Schlafplätze in der offenen Vegetation (n = 33) im Mittel 1,3 Tage lang (Abb. 59).
151 | S e i t e
Abb. 59 Mittlere Nutzungsdauer für verschiedene Schlafplatztypen von Weibchen mit
Jungtieren und Weibchen ohne Jungtieren
Vergleicht man den gesamten Zeitraum, über den hinweg Schlafplätze der
verschiedenen Schlafplatztypen genutzt wurden, so kann festgestellt werden, dass
Blätternester über einen Zeitraum von bis zu acht Tagen, Höhlen von bis zu 15
Tagen und Schlafplätze in der offenen Vegetation über einen Zeitraum von bis zu 18
Tagen genutzt wurden (Abb. 60).
152 | S e i t e
Abb. 60 Gesamtnutzungsdauer der verschiedenen Schlafplatztypen
Innerhalb der Vorpaarungs- und Paarungszeit lagen die Wiederkehrraten der
Senderweibchen zum Schlafplatz des Vortages zwischen 0-100 %. Während der
Tragzeit kehrten sie an zwischen 33,3 bis 62,5 % der Tage zurück. Während der
Aufzuchtzeit reduzierte sich die Wiederkehrrate der Weibchen auf 0-16,7 % (Abb.
61). Es konnte statistisch jedoch weder ein Einfluss des Gebietes, des Substrates
noch der Phase festgestellt werden. Es ist allerdings zu erwähnen, dass es große
individuelle Varianzen im Wiederkehrverhalten der Weibchen gab und nur eine kleine
Stichprobenmenge vorlag.
153 | S e i t e
VP
P
T
A
Phase
Abb. 61 Wiederkehrraten während der vier Phasen (VP: Vorpaarungszeit N = 2,
P: Paarungszeit N = 13, T: Tragezeit N = 2, A: Aufzuchtzeit N = 6)
Weibchen, die Jungtiere hatten, kehrten in den Monaten Dezember 2007 und Januar
2008 signifikant seltener zum Schlafplatz des Vortages zurück, als Weibchen, die in
dieser Zeit keinen Nachwuchs hatten (Mann-Whitney-U-Test , Z = -2,36; p = 0,018)
(Abb. 62).
154 | S e i t e
Abb. 62 Wiederkehrraten von Weibchen mit Nachwuchs (W m N) und Weibchen
ohne Nachwuchs (W o N)
3.5.3. Schlafgruppenzusammensetzung während und außerhalb der
Jungtieraufzucht
Schlafgruppe 1:
In der Schlafgruppe 1 von F03-05 im Untersuchungsgebiet JBB wurden vor der
Aufzuchtzeit mit unterschiedlicher Kontinuität das Weibchen F18-06 und die
Männchen M01-07 und M33-07 gesichtet (Tab. 20, Kapitel 3.3.5.). In einigen Fällen
konnte das Geschlecht bzw. die genaue Identität eines Schlafgruppenmitgliedes
nicht geklärt werden. Die Anzahl der Schlafgruppenmitglieder schwankte immer
zwischen einem bis vier Tieren. Das Weibchen F18-06, das ebenfalls einen Sender
trug, wurde bis Mitte September immer gemeinsam schlafend mit F03-05 gefunden.
Ab Mitte September konnte von F18-06 plötzlich kein Signal mehr empfangen
werden und es konnte auch nicht mehr gesichtet werden, weshalb davon
auszugehen ist, dass dieses Weibchen höchstwahrscheinlich einem Prädator zum
Opfer gefallen ist. Nach der Geburt des Jungtieres Ende November – Anfang
Dezember `07 wurde nur bei zwei von insgesamt acht Kontrollen neben dem
155 | S e i t e
Weibchen F03-05 ein weiteres nicht zu identifizierendes Schlafgruppenmitglied
gesichtet. In 75% der Kontrollen wurde das Weibchen allerdings alleinschlafend mit
ihrem Jungtier gesichtet (Tab. 22). Ab dem 27.11.07 konnten die Männchen nicht
mehr in der Schlafgruppe gesichtet werden.
Tab. 22 Schlafgruppenzusammensetzung der Gruppe 1 in der Aufzuchtzeit
Datum
F03-05
5.-6.12.07
×
11.12.07
×
18.12.07
×
19.12.07
×
30.12.07
?
Jungtier
Gesamtanzahl
×
1,5
×
2,5
×
1,5
×
2,5
×
×
1,5
04.01.08
×
×
1,5
06.01.08
×
×
1,5
×
×
Schlafgruppe 2:
Die Schlafgruppe 2 des Senderweibchens F41-07 im Untersuchungsgebiet JBA
bestand vor der Aufzuchtzeit aus einem bis fünf Individuen (Tab. 20, Kapitel: 3.3.5.).
Es konnte nur eines der Schlafgruppenmitglieder identifiziert werden, nämlich das
Männchen M31-07. In einer Kontrolle wurden zwei weitere Weibchen und zwei
weitere Männchen gesichtet, die jedoch nicht näher identifiziert werden konnten.
Nach der ersten Sichtung der Jungtiere im Januar 2008 bestand die Schlafgruppe
jedoch nur aus einem weiteren Weibchen und den zwei Jungtieren (Tab. 23).
156 | S e i t e
Tab. 23 Schlafgruppenzusammensetzung der Gruppe von F41-07 in der Aufzuchtzeit
Datum
F41-07
04.01.08
F?
?
Jungtier
Gesamtanzahl
×
×
×
2,5
14.-15.01.08
×
×
2×
3
16.01.08
×
2×
3
×
Schlafgruppe 7:
Das Senderweibchen F25-05 wurde vor der Aufzuchtzeit bei zwei Kontrollen
alleinschlafend angetroffen und nur bei einer Kontrolle mit einem weiteren Individuum
unbekannten Geschlechts. Ab der ersten Sichtung der Jungtiere im Januar 08 schlief
es konstant mit einem weiteren Weibchen und den beiden Jungtieren zusammen
(Tab. 24).
Tab. 24 Schlafgruppenzusammensetzung der Schlafgruppe von F25-05 in der
Aufzuchtzeit
Datum
F25-05
F?
Jungtier
gesamt
09.01.08
×
×
2×
3
13.-14.01.08
×
×
2×
3
18.01.08
×
×
2×
3
Über die Schlafgruppenkonstellation vor der Aufzuchtzeit von F22-06 liegen keine
Informationen vor. Seit sie das erste Mal mit Nachwuchs beobachtet werden konnte,
wurde sie ausschließlich alleinschlafend mit ihrem Jungtier angetroffen (19.12.07;
30.12.07).
157 | S e i t e
3.5.4. Entwicklung der Raumnutzung während und außerhalb der Aufzuchtzeit
Während der Aufzuchtzeit hatten die betroffenen Senderweibchen ihre kleinsten
mittleren Aktionsraumgrößen (Min: 0,1 ha; Max: 0,28 ha) und legten die kürzesten
mittleren Nachtwanderstrecken zurück (Min: 157 m; Max: 250 m). Beim Vergleich der
mittleren Strecken in der Paarungszeit und in der Aufzuchtzeit konnte festgestellt
werden, dass die Weibchen während der Aufzuchtzeit signifikant kürzere Strecken
zurückgelegt haben (Mann-Whitney-U-Test, NPZ = 4 NAZ = 3, ZPZ-AZ = 2,12, p = 0,03).
Es zeigt sich also insgesamt eine Verkleinerung der genutzten Fläche während einer
Nacht in der Aufzuchtzeit.
3.5.6. Entwicklung der Mutter-Kind-Kontakte
In den Abbildungen 63a-c sind die prozentualen Anteile der Kontaktzeit zwischen
Mutter und Jungtier in Relation zur Gesamtkontaktzeit pro Nacht abgebildet. Als
Kontakt wurde dabei jede direkte Interaktion zwischen Mutter und Jungtier und auch
die Anwesenheit des Jungtieres in der Nähe der Mutter (< 10 m) definiert. Außerdem
wurde das Verbleiben der Mutter in einem Blätternest ebenfalls als Kontakt
bezeichnet, da davon auszugehen ist, dass das Jungtier sich ebenfalls in dem Nest
aufgehalten hat. Der Geburtstermin ist durch eine senkrechte durchgezogene Linie
bzw. wenn das Datum indirekt abgeleitet worden war, durch eine gestrichelte Linie
gekennzeichnet. Bei den beiden Weibchen mit bekanntem Geburtstermin ist generell
ein Anstieg der relativen Kontaktdauer bis zur vierten oder fünften Lebenswoche zu
erkennen. Bei F03-05 gab es Schwankungen im Kurvenverlauf, die unter anderem
auf eine niedrige Kontaktzeit während der betroffenen Nächte zurückzuführen sind.
Nach der fünften Lebenswoche scheint sich der Kontakt dann zu reduzieren. Die
Jungtiere von F25-05 waren von allen drei Würfen die jüngsten und so passen die im
Januar 2008 erhaltenen Kontaktwerte noch zu den Verlaufskurven der beiden
anderen Weibchen.
Relative Kontaktdauer in %
158 | S e i t e
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
Abb. 63a Relative Kontaktdauer von F03-05 zu ihrem Nachwuchs (Geburtstermin:
Relative Kontaktdauer in %
47. Kalenderwoche: 19.-25.11.07 durch senkrechte Linie gekennzeichnet)
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
Abb. 63b Relative Kontaktdauer von F25-05 zu ihrem Nachwuchs (Geburtstermin:
circa 48. Kalenderwoche: 26.11.-02.12.07 durch gestrichelte Linie
gekennzeichnet)
159 | S e i t e
Relative Kontaktdauer in %
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
Abb. 63c Relative Kontaktdauer von F22-06 zu ihrem Nachwuchs (Geburtstermin:
47. Kalenderwoche: 19.-25.11.07 durch senkrechte Linie gekennzeichnet)
In den folgenden Unterkapiteln ist der nächtliche Verlauf der Kontakte von den
Jungtieren zu den Senderweibchen in der Aufzuchtzeit dargestellt. Während der
dunkelgrau markierten Abschnitte bestand nur Sichtkontakt zu dem Senderweibchen.
Während der schwarz markierten Phasen war das Jungtier in ihrer Nähe zu sehen.
Die
hellgrau
markierten
Abschnitte
stellen
Zeiträume
dar, in
denen
das
Senderweibchen beim Nestbau beobachtet werden konnte oder sich im selbst
gebauten Nest aufhielt. Es ist davon auszugehen, dass die im Nest verbrachte Zeit
auch Kontaktzeit zum Jungtier darstellte.
Weibchen F03-05:
Bei Senderweibchen F03-05 wurde das Jungtier während der ersten Lebenswoche
nur gesichtet, wenn die Mutter es oral transportierte oder an einem Platz in der
offenen Vegetation parkte. Der orale Transport des Jungtieres durch die Mutter
wurde insgesamt fünfmal beobachtet. Das Parken des Jungtieres konnte zweimal
beobachtet werden. Gegen Ende der Beobachtung am 04.12.07, in der sie erstmalig
mit ihrem Jungtier gesehen wurde, konstruierte sie während einer Stunde ein
Blätternest (Abb. 64a). Dies konnte ebenfalls am Beginn der darauffolgenden
Fokusnacht beobachtet werden. In dieser Nacht kehrte sie dann auch eine Stunde
vor Beobachtungsende in dieses Nest zurück. Das Jungtier konnte in dieser Nacht
160 | S e i t e
nicht gesehen werden, aber die Vermutung liegt nahe, dass die Mutter es
unbeobachtet in das Nest verbracht hat (Abb. 64b). Während der zweiten
Lebenswoche des Jungtieres konnte es überhaupt nicht gesichtet werden (Abb. 64c).
In der ersten Nacht der dritten Lebenswoche wurde das Jungtier erstmals beim
selbstständigen Verlassen des Nestes beobachtet. Die Mutter entfernte sich
schließlich gemeinsam mit dem Jungtier, das oral von der Mutter transportiert wurde,
vom Nest. Im weiteren Verlauf dieser Nacht wurden Mutter und Jungtier im
Körperkontakt sitzend gesehen und während sich die Mutter zu „groomen“ begann,
entfernte sich das Jungtier circa einen Meter von ihr. Über kurze Abstände (bis ca.
einen Meter) folgte das Jungtier der Mutter bereits. Sobald die Mutter allerdings
einen größeren Ortswechsel vornahm, transportierte sie das Jungtier erneut oral
(Abb. 64d). Während der zweiten Beobachtungsnacht in der dritten Lebenswoche
des Jungtieres wurde dieses nur einmal kurz gesichtet, während es von der Mutter
im Maul getragen wurde (Abb. 64e). Innerhalb der Fokusnacht in der vierten
Lebenswoche des Jungtieres wurden Mutter und Jungtier am Anfang der Nacht in
ihrem Nest beobachtet, welches die Mutter schließlich ohne das Jungtier verließ. Im
weiteren Verlauf der Nacht wurden Mutter und Jungtier allerdings circa 20-30 Meter
vom Nest entfernt, wieder im Körperkontakt gesehen. Außerdem konnte erneut
beobachtet werden, wie das Jungtier der Mutter über kürzere Distanzen folgte (Abb.
64f). Innerhalb der Beobachtungsnacht in der fünften Lebenswoche des Jungtieres
wurde dieses wiederholt in der Nähe der Mutter oder im Körperkontakt mit der Mutter
gesehen
(Abb.
64g).
Während
der
Beobachtungsnacht
in
der
siebenten
Lebenswoche des Jungtieres wurde dieses nur noch zweimal in der Nähe der Mutter
gesichtet, wobei es dieser entweder folgte oder sich sitzend in deren Nähe aufhielt
(Abb. 64h).
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Abb. 64a 1.-2. Lebenswoche des Jungtieres von F03-05 (04.12.07)
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Abb. 64b 1.-2. Lebenswoche des Jungtieres von F03-05 (07.12.07)
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23:45:36
Abb. 64c 2.-3. Lebenswoche des Jungtieres von F03-05 (14.12.07)
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Abb. 64d 3.-4. Lebenswoche des Jungtieres von F03-05 (18.12.07)
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Abb. 64e 3.-4. Lebenswoche des Jungtieres von F03-05 (21.12.07)
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Abb. 64f 4.-5. Lebenswoche des Jungtieres von F03-05 (30.12.07)
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Abb. 64g 5.-6. Lebenswoche des Jungtieres von F03-05 (02.01.08)
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Abb. 64h 7.-8. Lebenswoche des Jungtieres von F03-05 (17.01.08)
Abb. 64a-e: Kontakte zu Senderweibchen F03-05 während der Aufzuchtzeit
163 | S e i t e
Weibchen F25-05:
Die Jungtiere aus der Schlafgruppe von F25-05 wurden erstmals während ihrer
fünften Lebenswoche gesichtet. In der ersten Beobachtungsnacht während dieser
Woche der Jungtiere zeigten diese Spielverhalten. Als sich das Senderweibchen
vom Schlafplatz entfernte, folgte ihr eines der Jungtiere. Es wurde jedoch im
weiteren Verlauf der Nacht nicht wieder gesehen (Abb. 65a). In der darauf folgenden
Beobachtung konnten innerhalb der ersten Stunde, nachdem die Tiere ihren
Schlafplatz verlassen hatten, zahlreiche Interaktionen, wie „Allogrooming“ oder
unspezifische Körperkontakte, zwischen allen Gruppenmitgliedern beobachtet
werden. Als sich das Senderweibchen in dieser Nacht vom Schlafplatz entfernte,
folgte ihr erneut eines der Jungtiere. Im weiteren Verlauf der Beobachtung wurde ein
Jungtier wieder in der Nähe des Senderweibchens, circa 40-50 Meter vom Nest
entfernt, gesichtet (Abb. 65b). In der Fokusnacht während der sechsten
Lebenswoche der Jungtiere wurden nach Verlassen des Schlafplatzes einige
Interaktionen zwischen dem Senderweibchen und einem der Jungtiere beobachtet.
Wie in den Nächten davor, folgte das Jungtier dem Senderweibchen, als dieses sich
vom Nest entfernte (Abb. 65c). In der zweiten Beobachtungsnacht während der
sechsten Lebenswoche konnten erneut zahlreiche Interaktionen zwischen allen
Gruppenmitgliedern nach Verlassen des Schlafplatzes beobachtet werden. Es kam
wiederholt zu unspezifischen Körperkontakten, „Allogrooming“ und bei Ortswechseln
der adulten Tiere folgten die Jungtiere ihnen bis zu 10 Metern. Im weiteren Verlauf
dieser Nacht konnte eines der Jungtiere noch einmal im Körperkontakt mit dem
Senderweibchen und einmal kurz in ihrer Nähe gesichtet werden (Abb. 65d).
164 | S e i t e
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Abb.65a ca. 5. Lebenswoche des Jungtieres von F25-05 (09.01.08)
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Abb. 65b ca. 5. Lebenswoche des Jungtieres von F25-05 (13.01.08)
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Abb. 65c ca. 6. Lebenswoche des Jungtieres von F25-05 (17.01.08)
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Abb.65d ca. 6.Lebenswoche des Jungtieres von F25-05 (18.01.08)
Abb. 65a-d Kontaktdauer vom Jungtier zu Senderweibchen F25-05 während der
Aufzuchtzeit
Weibchen F22-06:
Das Jungtier von F22-06 konnte das erste Mal in der dritten Lebenswoche
beobachtet werden. In dieser Nacht wurde es einmal im Körperkontakt mit der Mutter
gesehen. Über kürzere Strecken (circa 2 - 3 Meter) folgte das Jungtier der Mutter, es
165 | S e i t e
konnte jedoch auch beobachtet werden, dass die Mutter sich entfernte und das
Jungtier allein in einem Baum auf einem Ast sitzend zurückblieb (Abb. 66a). In der
nächsten Fokusnacht während der vierten Lebenswoche kam es während der
gesamten Beobachtungszeit wiederholt zu Körperkontakten zwischen Mutter und
Jungtier. Außerdem folgte das Jungtier der Mutter über Distanzen zwischen 20-30
Meter (Abb. 66b). Die Fokusnacht während der fünften Lebenswoche folgte dem
gleichen Muster wie die vorhergehende Nacht. Das Senderweibchen wurde
wiederholt im Körperkontakt mit dem Jungtier beobachtet. Das Jungtier folgte der
Mutter auch wieder selbstständig über circa 30 Meter (Abb. 66c). In den beiden
Fokusnächten während der siebenten Lebenswoche wurde das Jungtier nicht mehr
gesichtet (Abb. 66d-e). Die Kontaktzeiten waren insgesamt während dieser Nächte
sehr kurz und die Beobachtungen wurden außerdem aufgrund stärkeren Regens
verfrüht abgebrochen. Es ist also davon auszugehen, insofern das Jungtier nicht
verstorben war, dass weiterhin Kontakt zur Mutter bestand, dieser jedoch nicht
beobachtet werden konnte.
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Abb.66a 3. Lebenswoche des Jungtieres von F22-06 (19.12.07)
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Abb.66b 4. Lebenswoche des Jungtieres von F22-06 (30.12.07)
166 | S e i t e
18:00:00 18:57:36 19:55:12 20:52:48 21:50:24 22:48:00 23:45:36
Abb.66c 5. Lebenswoche des Jungtieres von F22-06 (02.01.08)
18:00:00
18:57:36
19:55:12
20:52:48
21:50:24
22:48:00
Abb.66d 7. Lebenswoche des Jungtieres von F22-06 (09.01.08) (Abbruch der
Fokusbeobachtung: 22:11:00 Uhr)
18:00:00
18:57:36
19:55:12
20:52:48
21:50:24
22:48:00
Abb.66e 7. Lebenswoche des Jungtieres von F22-06 (13.01.08) (Abbruch der
Fokusbeobachtung: 22.35:00 Uhr)
Abb.66a-e Kontaktdauer vom Jungtier zu Senderweibchen F22-06 während der
Aufzuchtzeit
167 | S e i t e
3.5.7.Ontogenetische Beobachtungen
In Abhängigkeit vom Jungtieralter konnten sowohl von der Mutter als auch vom
Nachwuchs unterschiedliche Aktivitäten beobachtet werden (Tab. 25). Der orale
Transport der Jungtiere durch die Mutter sowie das Parken in der offenen
Vegetation, also in kleinen Bäumen, in denen die Jungtiere reglos auf einem Ast
sitzend zurückblieben, wurde während der ersten drei Lebenswochen beobachtet.
Beim Parken der Jungtiere verblieben diese völlig regungslos an dem Platz, wo die
Mutter sie abgesetzt hatte, und warteten dort auf deren Rückkehr.
Ab der zweiten Lebenswoche wurde beobachtet, wie die Jungtiere erstmalig das
Nest allein verließen, sich aber nicht weiter als einen Meter davon entfernten. Ab der
vierten Lebenswoche wurden die Jungtiere im Spiel miteinander aber auch mit den
adulten Tieren ihrer Schlafgruppe beobachtet. Sie folgten nun der Mutter auch über
längere Strecken (circa 30-40 Meter) und wurden im Verlauf der Beobachtung immer
wieder in der Nähe der Mutter gesichtet.
Tab. 25 Ontogenese der Jungtiere
Lebensalter der Jungtiere
Aktivitäten
1.-2./3. Lebenswoche
Parken der Jungtiere in der Vegetation
1.-3. Lebenswoche
Oraler Transport der Jungtiere durch die
Mutter
ab Mitte 2. Lebenswoche
Selbstständiges
Verlassen
des
Nestes;
bleiben zunächst in Nestnähe (<1m)
ab 4. Lebenswoche
Jungtiere
bewegen
sich
eigenständig
außerhalb des Nestes und folgen der Mutter
zeitweilig (ca. 30-40 Meter)
ab 4. Lebenswoche
Jungtiere
zeigen
Spielverhalten
verschiedenen Gruppenmitgliedern
mit
168 | S e i t e
4. Diskussion
4.1. Methodenkritik
In der vorliegenden Arbeit wurden verschiedene Methoden eingesetzt, die Vorteile
bieten aber auch mit systematischen Fehlern behaftet sind.
So bietet die Methode des Fang/Wiederfang den großen Vorzug, dass Tiere
individuell
identifiziert
werden
können
und
Daten
zur
Morphometrie
und
Reproduktionsbiologie zugänglich werden. Nachteilig ist dagegen, dass die
Ergebnisse durch individuelle Schwankungen in der Fanghäufigkeit von Individuen
beeinflusst werden können. Aussagen aus Fangdaten gelten daher immer nur für die
gefangene Population aber nicht notwendigerweise für die Gesamtpopulation. In
dieser Studie lag unter anderem ein Hauptaugenmerk auf den Verläufen weiblicher
Reproduktionszyklen. Da allerdings nicht jedes Weibchen in jeder wöchentlichen
Fangaktion gefangen werden konnte, liegen über einen Großteil der Weibchen nur
unvollständige Informationen über deren reproduktiven Phasen vor. Die Daten, die
von einzelnen Weibchen ermittelt werden konnten, wurden auf die Gesamtpopulation
übertragen. Aufgrund der geringen Stichprobenmenge bleibt die Aussagekraft dieser
Informationen für die Gesamtpopulation allerdings sehr begrenzt.
Die Zahl der gefangenen Individuen kann außerdem durch die Fallenzahl limitiert
sein. Dies wurde im Rahmen dieser Studie für beide Untersuchungsgebiete getestet.
Es konnte allerdings keine Einschränkung der Fangbarkeit aufgrund einer zu
geringen Anzahl aufgestellter Fallen gefunden werden.
Fokusbeobachtungen mittels Radiotelemetrie sind eine Form der kontinuierlichen
Telemetrie, die direkte Informationen zum Verhalten des Tieres liefert sowie eine
Erfassung
der
räumlichen
Bewegungen
der
Tiere
ermöglicht.
Bei
Verhaltensbeobachtungen besteht grundsätzlich die Problematik, dass die Übung
des Beobachters im Verlauf der Untersuchung zu einer veränderten Datenaufnahme
führen kann. Bei den Sichtkontaktzeiten während dieser Studie fällt jedoch auf, dass
diese im August, also am Anfang der Studie, relative hohe Werte erreichten
169 | S e i t e
(28-55 %) und erst im Januar, also im letzten Monat der Studie, insgesamt abfielen
auf Werte zwischen 11-26 %. Dies spricht gegen einen Effekt durch Übung der
Beobachter.
Diese Schwankungen sind vermutlich besser zu erklären durch die erhöhte Dichte
der Vegetation ab dem Beginn der Regenzeit, die es den Beobachtern deutlich
erschwerte, den Tieren zu folgen. Außerdem ist zu erwähnen, dass die
Sichtkontaktzeiten im Untersuchungsgebiet JBA mit Ausnahme des Monats
Dezember im Mittel niedriger waren als im JBB. Dies ist vermutlich auf die höhere
Baumdichte und die größere Höhe der Bäume generell zurückzuführen (Rendigs et
al. 2003). Außerdem liegen die Pfade, auf denen man sich relativ schnell
vorwärtsbewegen kann, im JBA deutlich weiter auseinander als im JBB. Man kann
somit den Tieren aufgrund der dichteren Vegetation schlechter folgen und wenn sie
sich in größeren Höhen befinden, diese auch schlechter sehen.
Anhand der Fokusbeobachtungen wurden Aktivitätsbudgets der Weibchen erstellt,
anhand derer eine mögliche unterschiedliche Gewichtung einzelner Aktivitäten in den
jeweiligen Phasen herauskristallisiert werden sollte. Sind die Kontaktzeiten jedoch
niedrig, verringert sich die Aussagekraft dieser Aktivitätsbudgets. Sie liefern letztlich
kein repräsentatives Bild für die Aktivität eines Weibchens in einer Nacht ab. Ob es
sich also bei Aktivitätsänderungen in den reproduktiven Phasen um tatsächliche
Veränderungen handelte oder um Artefakte geringer Kontaktzeiten bleibt fraglich.
Niedrige Kontaktdauern könnten natürlich auch zu einer Verringerung der sozialen
Begegnungsrate führen. So wurde im JBB die niedrigste Begegnungsrate in der
Aufzuchtzeit in den Monaten Dezember und Januar, also den Monaten mit der
geringsten Kontaktzeit, ermittelt. Es könnte sich also bei dieser Reduktion um ein
Artefakt geringer Kontaktdauern handeln.
Zur Bewertung der räumlichen Daten aus Fokusbeobachtungen ist zu erwähnen,
dass die Kalkulation der Aktionsräume eine Idealisierung darstellt und nicht
zwangsläufig mit den realen Bedingungen übereinstimmt. Durch die Wahl des
Zeitintervalls zwischen der Aufnahme zweier Datenpunkte wird die Qualität der
Daten entscheidend beeinflusst. Je länger dieses Intervall ist, desto mehr Zeit
verbleibt dem Tier, sich möglicherweise in seinem Streifgebiet mehrfach hin und her
170 | S e i t e
zu bewegen und dies kann eine Unterschätzung des tatsächlichen Aktionsraumes
zur Folge haben (siehe auch Schmelting 2000). Eine Erfassung der Koordinaten
eines Tieres nach einem Ortswechsel ab 10 m, wie es in dieser Studie durchgeführt
wurde, wirkte diesem Problem jedoch entgegen.
Die direkte Beobachtung der Tiere hatte den Vorteil, dass soziale Interaktionen
beobachtet werden konnten. Gleichzeitig schränkt sie aber auch die Zahl parallel zu
beobachtender Tiere ein. Dies führte in dieser Studie dazu, dass nur eine geringe
Stichprobe beobachteter Tiere und somit auch nur einige wenige Daten zu
Aktivitätsbudgets
oder
dem
Raumnutzungsverhalten
(Aktionsraumgröße,
Nachtwanderstrecken) vorliegen. Es wurde erneut von einigen Weibchen auf die
restlichen Weibchen der Population geschlossen. Dies muss bezüglich der
Aussagekraft der in dieser Studie gewonnenen Ergebnisse berücksichtigt werden.
Es konnten also mit dieser Studie Einblicke in das Reproduktions- und
Aufzuchtsverhalten der Weibchen gewonnen, aber letztlich keine allgemeingültigen
Aussagen getroffen werden. Soziale Interaktionen wurden während dieser Studie in
den vier reproduktiven Phasen der Weibchen in unterschiedlicher Quantität und
Qualität sowie mit jeweils unterschiedlichen Interaktionspartnern beobachtet und
lieferten somit Einblicke in die unterschiedlichen Formen von Sozialkontakten beim
Goldbraunen Mausmaki.
171 | S e i t e
4.2. Untersuchung der weiblichen Reproduktionsbiologie
H1: Im Gegensatz zu Weibchen des Grauen Mausmaki werden die Weibchen
des
Goldbraunen
Mausmaki
früher
östrisch
und
haben
kürzere
Interöstrusdauern.
Im Untersuchungsgebiet JBA wurden Interöstrusabstände von 4, 6 und 10 Wochen
verzeichnet. Der zweite Östrus des Weibchens, das einen Interöstrusabstand von 10
Wochen aufwies, war jedoch möglicherweise ein Post-partum-Östrus. Da das
Weibchen jedoch nicht mit einem Jungtier gesehen wurde, kann vermutet werden,
dass dies auf embryonale Mortalität bzw. das Versterben des Jungtiers zurückgeführt
werden kann. Die Mehrzahl der Weibchen im JBA wies jedoch einen 4-wöchigen
Abstand zwischen zwei Östren auf.
Im Untersuchungsgebiet JBB wurden ebenfalls Interöstrusabstände von 4 und 10
Wochen verzeichnet, wobei der zweite Östrus des Weibchens mit dem 10-wöchigen
Interöstrusintervall ebenfalls ein Post-partum-Östrus war. Das Jungtier konnte in
diesem Fall bis zur 8. Lebenswoche beobachtet werden. Also auch im JBB scheint
der Abstand zwischen einem Östrus, in dem ein Weibchen nicht konzipiert und dem
darauffolgenden Östrus bei circa vier Wochen zu liegen.
Dies entspricht den Ergebnissen der Studie von Roloff (2007), der für die
Goldbraunen Mausmakis einen Interöstrusdauer von 4-5 Wochen ermittelte. Die
Goldbraunen Mausmakis scheinen also tatsächlich einen deutlich geringeren
Interöstrusdauer aufzuweisen als Graue Mausmakis, bei denen circa 50 Tage (~ 7
Wochen) zwischen zwei Östren vergehen (Glatston 1979, Perret 1982, Perret &
Aujard 2001, Radespiel & Zimmermann 2001a, Wrogemann et al. 2001). Bei M. rufus
Weibchen wurden sogar mittlere Interöstrusdauer von 59 Tagen (~ 8 Wochen)
ermittelt (Wrogemann & Zimmermann 2001). Van Horn und Eaton (1979) konnten für
Cheirogaleus major einen Interöstrusdauer von 30 Tagen (~ 4 Wochen) feststellen.
Größere Unterschiede der Interöstrusdauer zweier Arten, wie der dreiwöchige
Unterschied bei M. murinus und M. ravelobensis scheinen also durchaus der
üblichen interspezifischen Plastizität zu entsprechen.
172 | S e i t e
Wie bereits von Roloff (2007) diskutiert, könnte es sich bei diesen kurzen Abständen
zwischen zwei Östren um eine evolutionäre Kompensation handeln, schlechte
Konzeptionsraten im ersten Östrus auszugleichen und somit immer noch die
Möglichkeit zu haben, Jungtiere während der regen- und nahrungsreichen Zeit
zwischen Dezember und März aufzuziehen. Diese Möglichkeit wird unter H2a/b
nochmal genauer beleuchtet.
Der Reproduktionsbeginn wird bei Mausmakis typischerweise durch eine verlängerte
Photoperiode induziert (Petter-Rousseaux 1968, 1972, 1988, van Horn & Eaton
1979). Saisonale Unterschiede in der Photoperiode werden bei saisonal östrischen
Tieren, wie Pferden oder Wasserbüffeln von der Epiphyse registriert, die ihrerseits
Signale von der Retina über den Nervus opticus erhält. Innerhalb Phasen der
Dunkelheit sezerniert die Epiphyse Melatonin und Serotonin, die ihrerseits die GnRHProduktion inhibieren. Nimmt nun die Tageslänge zu, werden geringere Mengen
dieser Neurotransmitter ausgeschüttet. Bei Tieren, die bei zunehmendem Lichttag in
die Paarungszeit eintreten, wie Mausmakis, kommt es somit zur vermehrten
Ausschüttung von GnRH und zur Induktion der Paarungszeit (Squires 2003).
Erste östrische Goldbraune Mausmakiweibchen wurden in dieser Studie im JBA in
der 38. Kalenderwoche und im JBB bereits in der 36. Kalenderwoche gefangen.
Weidt (2001) fing im JBB erste östrische Weibchen am 20. September 2000. Dies
würde in dieser Studie der 38. Kalenderwoche entsprechen. Ehresmann (2000) fing
erste östrische Goldbraune Mausmakiweibchen im JBA Anfang September. Dies
würde in dieser Studie ungefähr der 36. Kalenderwoche entsprechen. Im Vergleich
der Jahre scheint also der Reproduktionsbeginn in beiden Gebieten zu einem
ähnlichen Zeitpunkt stattzufinden. Aufgrund der Tatsache, dass nicht alle Weibchen
der Population in jeder Fangaktion gefangen werden konnten, könnte man vermuten,
dass auch im JBA schon vor der 38. Kalenderwoche östrische Weibchen auftraten.
Graue Mausmakiweibchen mit offener Vagina wurden hingegen erst in der 39. und
40. Kalenderwoche gefangen. Ehresmann (2000) fing erste östrische Graue
Mausmakiweibchen Ende September. Bei Goldbraunen Mausmakis ist also von
einem zwei bis drei Wochen früher einsetzendem Reproduktionsbeginn auszugehen.
173 | S e i t e
Auch Roloff (2007) konnte einen früheren Reproduktionsbeginn für Goldbraune
Mausmakis feststellen (33.-39. Kalenderwoche), wohingegen erste östrische Graue
Mausmakiweibchen erst zwischen der 38. und 42. Kalenderwoche gefangen wurden.
Das Einsetzen der Reproduktionsphase wird normalerweise photoperiodisch durch
das Einsetzen längerer Sonnentage gesteuert. Da diese Umstellung zum Langtag
bei beiden Mausmaki-Arten zum gleichen Zeitpunkt stattfindet, die Weibchen beider
Arten aber trotzdem einige Wochen versetzt
östrisch werden, sollten die
neuroendokrinen Mechanismen, die die Reproduktion initiieren, bei M. murinus und
M. ravelobensis unterschiedlich getriggert sein. Auch im Labor konnten bei zwei aus
verschiedenen Gebieten stammenden Mausmaki-Arten (M. murinus und M. rufus)
unter
gleichen
photoperiodischen
Bedingungen
unterschiedliche
Reproduktionszeiten festgestellt werden (Wrogemann et al. 2000). Für das
unterschiedliche Einsetzen des ersten Östrus gibt es mindestens fünf mögliche
Erklärungen, die hier nacheinander kurz diskutiert werden sollen.
Die Induktion der Reproduktion kann neben der photoperiodischen Steuerung
ebenfalls durch andere ökologische oder soziale Faktoren beeinflusst werden. Bei
saisonal reproduktiven Vögeln wurde beispielsweise nachgewiesen, dass das
Vokalisationsverhalten männlicher Vögel unter anderem den Verlauf des ovariellen
Zyklus beeinflussen kann (Brockway 1965). Es wäre also durchaus denkbar, dass
die beiden sympatrisch lebenden Mausmaki-Arten aufgrund ihrer unterschiedlichen
Sozialstruktur auch unterschiedlichen Einflüssen und Stimuli ausgesetzt sind, die zu
einem zeitlich versetzten Beginn der Reproduktionszeit führen könnten.
Das frühere Einsetzen des ersten Östrus bei M. ravelobensis könnte zweitens eine
Strategie zur Vermeidung von interspezifischen Konflikten sein, zum Beispiel um
gute Schlafplätze während der Aufzucht der Jungtiere. Dies würde allerdings nur
eine Erklärung für die Weibchen im JBA liefern, da M. ravelobensis im JBB
allopatrisch auftritt. Das Vorkommen von zwei koexistierenden Arten, die aufgrund
ihrer Physiologie weitestgehend ähnliche Ansprüche haben, kann laut Hutchinson´s
Nischentheorie (1957) bei einer Überlappung der fundamentalen Nischen entweder
dazu führen, dass die konkurrenzschwächere Art aus dem Überlappungsbereich
174 | S e i t e
verdrängt wird oder der Überlappungsbereich in die sogenannten realisierten
Nischen der beiden Arten aufgeteilt wird. Im Zusammenhang mit der damit
einhergehenden ökologischen Verschiebung
(„ecological shift“) können sich
morphologische Veränderungen („character displacement“) bei beiden Arten
herausbilden, die zu einer stabilen Koexistenz führen (Brown & Wilson 1956, Grant
1972). In diesem Fall wäre das eine zeitlich versetzte Reproduktionszeit.
Es könnte sich also bei der früher einsetzenden Reproduktion Goldbrauner
Mausmakis um eine temporale Nische handeln, die sie zur Vermeidung
interspezifischer Konkurrenz nutzen. In Bezug auf die Nutzung von Schlafplätzen
kann eher nicht von einer Konkurrenzsituation zwischen den beiden Arten
ausgegangen werden. M. murinus- Weibchen nutzten während der Aufzucht ihrer
Jungtiere
fast
ausschließlich
Höhlen
(Lutermann
2001),
wohingegen
M.
ravelobensis-Weibchen häufiger in Blätternestern oder in der offenen Vegetation
gesehen wurden.
Eine Konkurrenz um Nahrungsressourcen während der Aufzucht wäre als Ursache
zur Ausbildung temporaler Nischen ebenfalls möglich. Die Aufzuchtzeit ist jedoch in
der nahrungsreichen Regenzeit angesiedelt, so dass während dieses Abschnittes
aufgrund des hohen Nahrungsangebotes auch hier keine Konkurrenz zwischen den
beiden Arten aufkommen sollte. Außerdem konnte bei vielen Arten eine deutliche
Nischenbildung in Bezug auf die Präferenz bestimmter Nahrungsbestandteile
während der Zeit großer Nahrungsverfügbarkeit festgestellt werden, während sich ihr
Nahrungsspektrum in der Zeit einer Nahrungsknappheit sehr ähnelte (z.B. GautierHion, 1988; Vasey, 2000). So konnte in einer während der Trockenzeit
durchgeführten Studie an Grauen und Goldbraunen Mausmakis (Reimann, 2002)
keine ökologische Differenzierung beider Arten auf der Ebene der konsumierten
Nahrung festgestellt werden. Inwieweit Nahrungskonkurrenz zwischen den beiden
Arten während der Aufzuchtzeit vorliegt, ist allerdings noch nicht klar. Es könnte sich
also bei dem zeitlich versetzten Östrus tatsächlich um eine temporale Nische
handeln.
Die früher einsetzende Paarungszeit bei Goldbraunen Mausmakis könnte drittens ein
Mechanismus zur Vermeidung von Hybridbildung zwischen Goldbraunen und
175 | S e i t e
Grauen Mausmakis sein. Da Hybride bei ausreichend großer ökologischer Divergenz
im Nachteil sind, sollten isolierende Reproduktionsmechanismen eine Ausbildung
artspezifischer Signale sowie artspezifischen Paarungsverhaltens gefördert werden
(West-Eberhard, 1983). Diese Mechanismen bzw. artspezifischen Unterschiede
sollten vor allem bei den Grauen und Goldbraunen Mausmakis im JBA stark
ausgeprägt sein. In dieser Studie konnte allerdings nur ein Unterschied im
Reproduktionsbeginn von 1 - 2 Wochen gefunden werden. Teilweise überlappten
sich östrische Weibchen beider Arten sogar temporär. Roloff (2007) stellte im Jahr
2000 einen Östrusbeginn bei Goldbraunen Mausmakiweibchen im JBA während der
35. Kalenderwoche fest. Erste östrische Goldbraune Mausmakiweibchen im JBB
sowie Graue Mausmakiweibchen wurden hingegen erst in der 38. Kalenderwoche
gefangen. Auch im Jahr 2003 wurden Goldbraune Mausmakiweibchen im JBA zwei
Wochen früher östrisch gefangen als Goldbraune Mausmakiweibchen im JBB und
immerhin drei Wochen früher als erste östrische Graue Mausmakiweibchen. Diese
Jahre würden bestätigen, dass vor allem ein größerer temporärer Unterschied
zwischen Goldbraunen Mausmakiweibchen im JBA und Grauen Mausmakiweibchen
besteht. Es könnte sich also tatsächlich um einen speziellen Mechanismus zur
Hybridvermeidung handeln. In einzelnen Jahren wurden jedoch die Goldbraunen
Mausmakiweibchen im JBB eher östrisch gefangen als diejenigen im JBA. Inwieweit
die zeitliche Verlagerung, die in dieser Studie nicht besonders prominent hervortritt,
eine Rolle als Hybridvermeidungsstrategie spielt, bleibt fraglich. Es liefert zudem
auch keine Erklärung für die früher eintretenden Östren der Weibchen im JBB.
Roloff (2007) vermutete schließlich, dass sich M. ravelobensis möglicherweise in
einem evolutionsbiologisch instabilen Stadium befinden könnten, d.h. in einer
Übergangsphase zu einem früheren oder späteren Östrus, da die ersten häufig nichtkonzeptiven Östren unökonomisch erscheinen, da sie vermutlich kostenintensiv sind
aber keinen direkten Fitnessgewinn bewirken.
Letztens wird eine Hypothese basierend auf genetischen Auswertungen diskutiert,
die den früheren Östrus Goldbrauner Mausmakis darauf zurückführt, dass diese Art
schon länger im Nordwesten Madagaskars beheimatet ist als die Grauen Mausmakis
(Schneider et al. in Vorb.). Da die Regenzeit im Norden des Landes früher eintritt,
176 | S e i t e
erlaubt dies einen früheren Reproduktionsbeginn. Die Östren der Grauen Mausmakis
könnten also noch das Erbe ihrer südlichen Herkunft sein. Eine Anpassung an die
klimatischen Verhältnisse im Norden hat möglicherweise bei Ihnen noch nicht
stattgefunden.
Die Hypothese 1 könnte basierend auf der unterschiedlichen Sozialstruktur der
beiden Arten durchaus eine Rolle spielen beim zeitlich versetzten Beginn der
Reproduktion.
Die Hypothesen 2 und 3 sind als eher unwahrscheinlich zu betrachten, da sie vor
allem keine Erklärung für die früher einsetzenden Östren der Weibchen im JBB
liefern, die keiner interspezifischen Konkurrenz ausgesetzt sind. Die Hypothesen 4
und 5 bieten einen besseren Lösungsansatz, der für die Populationen in beiden
Gebieten zutreffend sein könnte. Insgesamt kann die Hypothese, dass Goldbraune
Mausmakiweibchen früher östrisch werden und kürzere Interöstrusabstände
aufweisen unter Vorbehalt der geringen Stichprobenmenge, also bestätigt werden.
H2a: Im Untersuchungsgebiet JBB mit einer hohen Populationsdichte haben
Weibchen eine relativ hohe Konzeptionswahrscheinlichkeit, da sie während
des kurzen Zeitfensters, in dem sie rezeptiv sind, ausreichend Möglichkeiten
haben, auf potentielle Paarungspartner zu treffen.
Die Konzeptionsrate im JBB lag für den ersten Östrus zwischen 29-79 % und für den
zweiten Östrus zwischen 33,3 und 100 %. Da einige Weibchen relativ selten
gefangen werden konnten, liegen nur von wenigen Tieren durchgehende
Informationen über den Zyklusverlauf vor. Aufgrund dieser geringen Stichprobe ist zu
bedenken, dass die Konzeptionsraten höher liegen könnten, als hier angenommen.
Die im JBB beobachtete Konzeptionswahrscheinlichkeit war relativ gering, wenn man
bedenkt, dass die Analyse der Fangdaten ergab, dass die Weibchen im Durchschnitt
in ihrem Aktionsraum Zugang zu neun verschiedenen Männchen hatten. Diese Zahl
liegt deutlich über der von Weidt (2004) angegebenen möglichen drei bis fünf
Interaktionspartner während der Paarungszeit. Sie ist außerdem deutlich höher als
die Anzahl potentieller Partner im JBA, die bei drei Männchen in einem 100 m-
177 | S e i t e
Umkreis lag. Im Vergleich zu M. murinus, wo fast alle Weibchen im ersten Östrus
konzipierten (Roloff 2007), ist die Konzeptionsrate der Weibchen im ersten Östrus im
JBB also relativ gering, obwohl das Potential, paarungsbereite Männchen zu treffen,
durchaus gegeben war und die soziale Begegnungsrate während der Paarungszeit
mit durchschnittlich drei Begegnungen pro Stunde auch relativ hoch war. Die
Männchen zeigten bereits im August ihr maximales Hodenvolumen, was darauf
hinweist, dass diese an den im Vergleich zu M. murinus früher einsetzenden Östrus
der Weibchen angepasst waren. Die äußeren Rahmenbedingungen für eine hohe
Konzeptionsrate waren somit eigentlich gegeben.
Ein
wichtiger
Einflussfaktor
für
eine
erfolgreiche
Konzeption
ist
das
Geschlechterverhältnis einer Population. Dunbar und Sharman (1983) fanden
heraus, dass ein in Richtung Weibchen verschobenes Geschlechterverhältnis, wie es
während des Monats September im JBB der Fall war, zu einer reduzierten
Geburtenrate führen kann. Dies könnte möglicherweise auf einer erhöhten
Konkurrenz zwischen Weibchen um Paarungspartner basieren.
Schlechte Konzeptionsraten vor allem im ersten Östrus könnten auch auf
Unregelmäßigkeiten in der Ovarfunktion, wie anovulatorische Zyklen oder verzögerte
Ovulationen, zurückzuführen sein. Dies wird beispielsweise beim ebenfalls saisonal
polyöstrischen Pferd beobachtet.
Umweltfaktoren können ebenso die Fertilität von Tieren beeinflussen.
So ist z. Bsp. vom europäischen Wildschwein (Sus scrofa) bekannt, dass abhängig
von der Nahrungsverfügbarkeit eine früher eintretende Reproduktionsphase sowie
erhöhte Konzeptionsraten auftreten können (Gethöffer, 2005). So könnte man
schlußfolgernd bei Goldbraunen Mausmakis vermuten, dass ein mangelhaftes
Nahrungsangebot, das am Ende der Trockenzeit vorliegt, einen negativen Effekt auf
die Konzeptionsraten der Weibchen gehabt haben könnte.
Ein zusätzlicher die Fekundität von Weibchen stark beeinflussender Faktor ist das
Alter der Weibchen. Dabei steigt die Fekundität bis zu einem gewissen Alter an und
sinkt danach stetig wieder ab (Dittus 1975, Dunbar 1980a).
178 | S e i t e
Von den 14 Weibchen, die während des ersten Östrus gefangen worden waren,
konzipierten vier innerhalb des ersten Östrus. Diese Weibchen waren mindestens
zwischen ein bis vier Jahre alt. Es waren also vor allem in Anbetracht der geringen
Stichprobenmenge keine Unterschiede zwischen jüngeren und älteren Weibchen zu
erkennen. Es wäre jedoch insgesamt zu erwarten, dass wenn in einer Population
vorwiegend alte Weibchen vorkommen, dies die generelle Konzeptionsrate negativ
beeinflussen könnte.
Betrachtet
man
die
Konzeptionsraten
der
M.
ravelobensis-Weibchen
im
Untersuchungsgebiet JBA vergleichend zu denen der Weibchen im JBB, haben
letztere allerdings eine durchaus hohe Konzeptionsrate, womit auf der Basis von
unterschiedlicher Populationsdichte die Hypothese 2a als bestätigt betrachtet werden
kann.
H2b: Im Untersuchungsgebiet JBA mit einer niedrigen Populationsdichte
haben die Weibchen eine geringe Konzeptionswahrscheinlichkeit. Während
des kurzen Zeitfensters, in dem sie sich verpaaren, treffen sie nur auf sehr
wenige potentielle Paarungspartner.
Von den Weibchen im JBA, von denen Informationen über den ersten Östrus
vorliegen, konzipierten 0 % während des ersten Östrus. Im zweiten Östrus lag die
Konzeptionsrate
immerhin
zwischen
20
und
100
%.
Im
Vergleich
zum
Untersuchungsgebiet JBB lag die Populationsdichte im Monat September, in dem die
ersten östrischen Weibchen auftraten, nur bei 0,7 Tieren/ha. Die Weibchen hatten
die Möglichkeit, in ihrem näheren Umfeld (bis 100 m) im Durchschnitt auf drei
verschiedene Männchen zu treffen. Bei der Beobachtung eines Weibchens während
ihres ersten Östrus konnten mindestens zwei und maximal fünf weitere Männchen in
ihrer
Nähe
gesichtet
werden,
was
die
potentielle
Rate
an
möglichen
Interaktionspartnern bestätigt. Mit einem Männchen (M30-07) konnte auch eine
Paarungssituation beobachtet werden. Der mittlere Fangort dieses Männchens
befand sich in einem 12 m - Umkreis zum mittleren Fangort des beobachteten
Weibchens. Der mittlere Fangort eines anderen Männchens (M28-05), das ebenfalls
179 | S e i t e
in der Nacht, in der sich das Weibchen verpaart hatte, in ihrer Nähe gesichtet werden
konnte, lag hingegen in einem 170 m - Abstand zum mittleren Fangort des
Weibchens. Dies spricht dafür, dass die Männchen im JBA ihren Aktionsraum
während der Paarungszeit deutlich vergrößerten und sich dadurch auch ihre
Begegnungschancen
mit
östrischen
Weibchen
erhöhten.
Als
mögliche
Paarungspartner spielten demnach sowohl Männchen, die sich bereits vor der
Paarungszeit im engerem Umkreis der Weibchen befanden, als auch Männchen, die
erst während der Paarungszeit aufgrund einer Aktionsraumvergrößerung in die Nähe
der Weibchen kamen, eine Rolle. Die beobachtete Paarung fand jedoch mit dem
Männchen statt, das sich auch vor der Paarungszeit im Aktionsraum des Weibchens
befand. Dies spricht für einen Ortsvorteil dieses Männchens, der aufgrund seines
zielstrebigen Aufsuchens und Betretens des Schlafplatzes bereits vorher über den
rezeptiven Zustand informiert sein musste und außerdem den Schlafplatz des
Weibchens vermutlich bereits kannte.
Es
ist
also,
trotz
der
niedrigen
Populationsdichte,
fraglich,
warum
die
Konzeptionsrate bei 0 % im ersten Östrus lag, da die Weibchen ja offensichtlich
Paarungspartner trafen und sich auch verpaarten. Andere Faktoren, die nach einer
stattgefundenen Paarung auf das embryonale Überleben einwirken und somit eine
Reduktion von Konzeptionsraten verursachen können, müssen beteiligt gewesen
sein.
Bei den ebenfalls saisonal östrischen Stuten ist der erste Östrus nach der
Anöstrusphase typischerweise sehr ungleichmäßig und es ist schwierig den
Ovulationszeitpunkt zu bestimmen. Es treten unter anderem anovulatorische Zyklen
und verzögerte Ovulationen auf, die insgesamt zu einer schlechten Konzeptionsrate
führen. Eine ähnliche Problematik wäre auch bei Goldbraunen Mausmakis denkbar,
da dies die relativ geringen Konzeptionsraten der Weibchen in beiden Gebieten
erklären könnte.
Umweltbedingungen können die Fruchtbarkeit bzw. die Kondition von Weibchen bei
vielen Säugetieren beeinflussen (Sadleir 1969). Mori (1979a) konnte zum Beispiel
180 | S e i t e
bei
Macaca
fuscata-Weibchen
den
Abfall
des
Körpergewichtes
mit
einer
abnehmenden Geburtenrate in Verbindung bringen. Das Fehlen energiereicher
Nahrung könnte somit eine Erklärung für eine reduzierte Konzeptionsrate im JBA
sein. Rendigs (2003) stellte bereits fest, dass die Ressource Nahrung im JBA in
geringer Anzahl und zudem weit verstreut vorliegt. Nahrungsknappheit kann zu
sozialem Stress führen, falls wenige qualitativ hochwertige Nahrungsressourcen von
mehreren Tieren beansprucht werden. Stress kann sich wiederum negativ auf die
Fruchtbarkeit von Weibchen auswirken kann. Außerdem bewirkt ein Energiemangel
durch unzureichendes Nahrungsangebot eine reduzierte GnRH und in Folge dessen
eine reduzierte LH-Sekretion, so dass es zu verzögerten Ovulationen oder sogar zur
Follikelatresie kommen kann. Vergleicht man die medianen Körpergewichte der
Weibchen in den beiden Untersuchungsgebieten während der Reproduktionsphase
haben die Weibchen im JBA allerdings keine signifikant geringeren Körpergewichte
als Weibchen im JBB. Dies hätte ein Hinweis auf eine unterschiedliche
Ressourcenlage
und
somit
einen
unterschiedlichen
Ernährungszustand
der
Weibchen beider Gebiete geliefert, der einen möglichen Erklärungsansatz für die
relativ deutlich unterschiedlichen Konzeptionsraten im JBA und JBB während des
ersten Östrus geboten hätte. Es wäre wichtig in folgenden Studien weitere
Informationen zu den realen Konzeptionsraten zu erhalten, um herauszufinden, ob
es sich möglicherweise nur um ein saisonales Problem der Nahrungsknappheit im
Jahr 2007 gehandelt haben könnte.
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Tiere im JBA, im Gegensatz zu den
allopatrisch lebenden Mausmakis im JBB, sympatrisch zum Grauen Mausmaki leben.
Möglich wäre daher auch eine Nahrungskonkurrenz zwischen diesen beiden Arten.
Falls Graue Mausmakis sich dabei als dominant über die Goldbraunen Mausmakis
zum Beispiel an bestimmten Fressplätzen herausstellen sollten (Linnenbrinck 2008),
wäre dies eine weitere Erklärung für eine eventuelle Nahrungsknappheit oder
erhöhten sozialen Stress, mit dem Goldbraune Mausmakis im Untersuchungsgebiet
JBB nicht konfrontiert sind. Aus vorhergehenden Studien ist bekannt, dass
Mausmakis sich während der Trockenzeit vornehmlich von Homopterensekret und
181 | S e i t e
Baumharzen ernähren (Sarikaya (1999), Schmelting (2000), Lutermann (2001),
Weidt (2001), Reimann (2002)). Es konnte jedoch keine ökologische Differenzierung
von M. murinus und M. ravelobensis auf der Ebene der während der Trockenzeit
genutzten Nahrungsklassen festgestellt werden (Radespiel et al. 2006), die eine
Vermeidung von Konkurrenzsituationen ermöglichen würde. Die interspezifische
Konkurrenz zwischen den beiden Arten könnte also zumindest während des knappen
Nahrungsangebotes in der Trockenzeit ein zu berücksichtigender Stressfaktor
gewesen sein.
Ein weiterer Grund, der zu der schlechten Konzeptionsrate im JBA geführt haben
könnte, ist möglicherweise eine zu starke Synchronisierung der Östren, die es den
Männchen im JBA aufgrund der starken räumlichen Streuung der Weibchen stark
erschwert haben könnte, alle rezeptiven Weibchen zu befruchten.
Die Weibchen im JBA scheinen die
schlechten Konzeptionsraten während ihres
ersten Östrus unter anderem erfolgreich durch die Existenz eines schnell folgenden
zweiten Östrus zu kompensieren, da bei allen Weibchen, von denen relativ
durchgehende Informationen über deren Zyklusverlauf vorliegen, ein zweiter Östrus
beobachtet werden konnte, so dass letztlich über die Jahre die Populationsgrößen im
JBA trotz der schlechten Konzeptionsrate konstant oder sogar gestiegen sind. Im
Jahr 1996 lag die Populationsgröße noch bei 13,6 Tieren und im darauffolgenden
Jahr bei 14,2 Tieren (Ehresmann 2000). Im Jahr 1998 bestand die Population bereits
aus maximal 27 Individuen, 2000 aus maximal 24 Tieren, 2001 stieg es erneut an auf
35 Tiere und erreichte einen höchsten Punkt im Jahr 2003 mit 36 Tieren (Mester
2006). Während dieser Studie schwankte die Größe der Population zwischen 28 und
32 Tieren.
Die Hypothese H2b kann bestätigt werden. Die schlechte Fekundität der Weibchen
scheint allerdings auf deutlich mehr Faktoren als nur eine niedrige Populationsdichte
zurückzuführen sein.
182 | S e i t e
H3: Aufgrund der zeitlich asynchronen Östren der Weibchen ist keine
einheitliche Paarungszeit oder Aufzuchtzeit zu erwarten.
Asynchrone Östren sind nicht universell für alle Weibchen und für beide
Untersuchungsgebiete zu bestätigen. Im Untersuchungsgebiet JBA wurden die
Weibchen
in
einem
zwei-wöchigen
Zeitfenster
erstmals
östrisch
(38.-40.
Kalenderwoche) und waren somit genauso stark synchronisiert wie Graue
Mausmaki-Weibchen im selben Gebiet (Radespiel 2000). Ein zweiter Peak östrischer
Weibchen wurde während der 44. Kalenderwoche beobachtet, so dass dieser
Zeitraum als zweite Paarungszeit bezeichnet werden kann.
In vorhergehenden Studien wurden über einen Zeitraum von Ende Juli bis Oktober
(Ehresmann 2000)
bzw. von Ende August bis November (Polenz 2000,
Randrianambinina et al 2003) sowie in den Monaten September und Oktober (Weidt
2004) proöstrische und östrische Weibchen gefangen. Es wurden bisher keine zwei
getrennten Paarungszeiten festgestellt. Aufgrund der jeweils nur monatlich
stattfindenden Fangaktionen war es in diesen Studien jedoch nicht möglich gewesen,
einen zwischenzeitlichen Rückgang östrischer Weibchen zu detektieren, wie es in
dieser Studie innerhalb der 43. Kalenderwoche beobachtet werden konnte. Da die
Weibchen, die in der 44. Kalenderwoche wieder östrisch gefangen werden konnten,
bereits etwa 4 Wochen zuvor östrisch gefangen worden waren, ist hier ganz
eindeutig von einer zweiten Paarungszeit zu sprechen. Obwohl keines der
Weibchen, über das detaillierte Zyklusverläufe vorliegen, innerhalb des ersten Östrus
konzipierte, ist davon auszugehen, dass einige Weibchen der Population bereits
während ihres ersten Östrus konzipierten. Diese gemischten Konzeptionen haben
zur Folge, dass die Jungtiere nicht unbedingt im selben Zeitraum zur Welt kommen
und das Potential für die gemeinschaftliche Jungenaufzucht damit beschränkt ist.
Im Untersuchungsgebiet JBB wurden die Weibchen zwischen der 36. und 40.
Kalenderwoche, also von Anfang September bis Anfang Oktober erstmals östrisch
und wiesen demnach relativ asynchrone Zyklen auf, was bereits in vorhergehenden
Studien festgestellt wurde (Ehresmann 2000, Polenz 2000, Weidt et al. 2004). Im
Vergleich zum JBA ist also insgesamt eine stärkere Streuung östrischer Weibchen zu
183 | S e i t e
erkennen. Roloff (2007) fand in beiden Gebieten eine Streuung gefangener
östrischer Weibchen zwischen der 34. und 45. Kalenderwoche im JBA und der 35.
und 45. Kalenderwoche im JBB. Es ist jedoch zu betonen, dass es sich bei dieser
starken Streuung östrischer Weibchen sowohl um Weibchen mit erstem als auch mit
zweitem Östrus handelte, wie es in dieser Studie nachgewiesen werden konnte. Wie
bereits in Hypothese 1 diskutiert, könnte der in dieser Studie festgestellte spätere
Östrusbeginn der Goldbraunen Mausmakiweibchen im JBA auf eine Problematik der
Fangaktionen zurückgeführt werden, die daran begründet liegt, dass nicht alle
Weibchen der Population in einer Fangaktion gefangen wurden. Es können also
auch
im
JBA
bereits
in
der
36.
Kalenderwoche
östrische
Goldbraune
Mausmakiweibchen vorgekommen sein, ohne das diese gefangen wurden. Ob also
die Weibchen im JBB tatsächlich asynchronere Zyklen aufwiesen als die Weibchen
im JBA bleibt fragwürdig.
Betrachtet man die Verteilung östrischer und nicht-östrischer Weibchen fällt ebenfalls
eine Abnahme östrischer Weibchen während der 40. und 41. Kalenderwoche und ein
erneuter Anstieg während der 42. Kalenderwoche auf, der den Beginn der zweiten
Paarungszeit andeuten könnte. Zwischen den Geburtsterminen der Weibchen mit
Jungtieren lagen circa zwei bis fünf Wochen. Eine einheitliche Aufzuchtzeit aller
Weibchen ist also in diesem Gebiet ebensowenig gegeben wie im JBA. Asynchrone
Östren und Geburten können den Weibchen jedoch auch Vorteile bringen in Form
von der Vermeidung intrasexueller Nahrungskonkurrenz während der energetisch
aufwändigen Aufzuchtzeit. Da Weibchen sich, wenn sie Jungtiere haben, nicht weit
von ihrem Nest entfernen bzw. ihr Jungtier nicht über lange Strecken tragen können,
sind sie auf Nahrung in relativer Nähe zu ihrem Schlafplatz angewiesen. Es konnte
jedoch festgestellt werden, dass sowohl zwei Weibchen im JBB als auch im JBA, die
in einer Schlafgruppe gefunden wurden, in der gleichen Woche östrisch wurden. Dies
ist ein Indiz dafür, dass Weibchen innerhalb einer Gruppe sich möglicherweise
synchronisieren, um ihre Jungtiere gemeinsam aufzuziehen (s. Hypothese 8). Auf
der Ebene der gesamten Population sind die Zyklen der Weibchen allerdings zeitlich
versetzt. Somit kann die Hypothese 3 für beide Untersuchungsgebiete bestätigt
werden.
184 | S e i t e
H4: Es ist zu erwarten, dass Weibchen wie die des Grauen Mausmakis
ebenfalls zwei Würfe pro Reproduktionssaison haben können.
Drei der Fokusweibchen im JBB hatten während des Untersuchungszeitraumes
einen Wurf. F03-05 konzipierte während ihres ersten Östrus zwischen der 37. und
38. Kalenderwoche. Sie wurde schließlich Anfang Dezember das erste Mal mit ihrem
Jungtier gesehen, das vermutlich Mitte November nach circa 63-69 Tagen Tragzeit
geboren wurde. Circa zwei Wochen nach der Geburt dieses Jungtieres wurde das
Weibchen erneut östrisch und konnte sogar bei einer Paarung beobachtet werden.
Wenn man von einer ähnlichen Tragzeit wie in der vorhergehenden Trächtigkeit
ausgehen kann, würde sie dementsprechend einen zweiten Wurf Anfang Februar
bekommen haben. Von den beiden anderen Weibchen im JBB liegen keine
Informationen über einen Post-partum-Östrus vor. Es ist jedoch zu vermuten, dass
zumindest die Weibchen, die in ihrem ersten Östrus konzipierten, direkt nach ihrem
ersten Wurf wieder östrisch wurden, um somit die regenreiche und nahrungsreiche
Periode zwischen Dezember und März voll auszunutzen und weitere Jungtiere zu
bekommen.
Eines der Fokusweibchen aus dem Untersuchungsgebiet JBA wurde im Jahr 2007
vom 01.05.07 bis zum 15.06.07 laktierend gefangen. Von Grauen Mausmakis ist
bekannt, dass Jungtiere bis zur 6. Lebenswoche gesäugt werden (Eberle & Kappeler
2006). Es ist also davon auszugehen, dass dieses Weibchen einen Wurf Anfang Mai
hatte und demnach Anfang März konzipiert haben musste. Da die Paarungszeit
spätestens Anfang September beginnt, sollte dieses Weibchen bereits ein bis zwei
Würfe vor demjenigen im März gehabt haben. Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf,
dass dieses Weibchen mindestens zwei möglicherweise sogar drei Würfe gehabt
haben muss. Lutermann (2001) berichtet ebenfalls von zwei Würfen bei Grauen
Mausmakis während einer Reproduktionssaison. Martin (1972b) vermutete sogar
drei Würfe während einer Saison in Süd-Madagaskar. Im Untersuchungsgebiet
Kirindy scheinen Graue Mausmakiweibchen nur einen Wurf pro Saison zu haben und
lediglich dann einen zweiten, wenn der erste Wurf nicht erfolgreich aufgezogen
185 | S e i t e
werden konnte (Eberle & Kappeler 1999). Diese Beobachtungen decken sich mit den
Befunden aus dem Labor (Perret 1982, 1995, 1996, Radespiel & Zimmermann 2001,
Wrogemann et al. 2001). Die Weibchen weisen hier jedoch durchaus eine Postpartum-Östrus auf und wären demnach in der Lage eines zweiten Wurf zu
bekommen. Meist wird dies jedoch aus züchterischen Gründen unterbunden.
Andriantsiferana et al. (1974) beschrieben allerdings zum Beispiel, dass zwei
Wildfänge im Labor einen zweiten Wurf hatten, nachdem sie bereits einen erfolgreich
aufgezogen hatten. Die saisonale Beschränkung der Fortpflanzungsperiode und der
hohe Prädationsdruck, dem Mausmakis ausgesetzt sind, sind wichtige Faktoren, die
eine hohe Reproduktionsrate begünstigen (Leutenegger 1979, Ross 1998, Goodman
1993, Ims 1990a und b). Im Vergleich zu anthropoiden Altweltaffen verfolgen
Mausmakis daher eher eine r-Strategie, die aber dennoch nicht zu einem
vergleichbaren Reproduktionspotential führt wie bei Nicht-Primaten ähnlicher Größe,
wie etwa Mäusen (Bronson 1989, Stearns 1992, Ross & Jones 1999, Lambin &
Yoccoz 2001). Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse kann vermutet werden, dass
Goldbraune Mausmakis einen zweiten Wurf in der Reproduktionssaison aufweisen.
Da jedoch kein zweiter Wurf beoabchtet werden konnte, kann die Hypothese nicht
uneingeschränkt als bestätigt betrachtet werden.
H5: Die Wurfgröße liegt wie beim Grauen Mausmaki bei circa 2 Jungtieren pro
Wurf.
Zwei der Senderweibchen im JBB bekamen ein Jungtier. Ein weiteres Weibchen im
JBB bildete eine Schlafgruppe mit einem weiteren adulten Weibchen und zwei
Jungtieren. Wenn eines dieser Weibchen den Schlafplatzbereich verließ, folgte
jeweils eines der Jungtiere. Daraus kann abgeleitet werden, dass jedes Weibchen
jeweils ein Jungtier bekommen hatte. Die in dieser Studie beobachtete Wurfgröße,
lag also jeweils bei einem Jungtier pro Wurf. Lutermann (2001) beobachtete beim
Grauen Mausmaki durchschnittliche Wurfgrößen, die im ersten Wurf bei 2,5
Jungtieren und 2 Jungtieren im zweiten Wurf lagen. M. griseorufus bekommt einmal
jährlich ein bis zwei Jungtiere (Génin 2008). Die Wurfgröße bei M. rufus liegt bei zwei
bis drei Jungtieren (Atsalis 2008).
186 | S e i t e
Goldbraune Mausmakiweibchen nutzen hauptsächlich Blätternester und Schlafplätze
in der offenen Vegetation, die keinen sicheren Schutz vor Prädatoren liefern. Eines
der Fokusweibchen konnte häufig dabei beobachtet werden, wie sie ihr Jungtier oral
transportierte. Außerdem nahm sie das Jungtier sofort bei Anbruch der Nacht mit aus
dem Schlafplatz und kehrte auch nicht mehr dahin zurück. Wenn man davon
ausgeht, dass Goldbraune Mausmakiweibchen ihre Jungtiere generell eher nicht in
den unsicheren Schlafplätzen zurücklassen, wäre es für sie sehr energieaufwendig
mehr als ein Jungtier zu haben. Sie müssten wiederholt die gleichen Strecken
ablaufen, um weitere Jungtiere ebenfalls weg transportieren zu können. Da
allerdings nur drei Weibchen mit Nachwuchs beobachtet werden konnten, ist es
längst nicht möglich auf die anderen Weibchen zu schließen. Die Wurfgröße der
Weibchen in dieser Studie lag jedoch bei nur einem Jungtier pro Wurf und somit
unter dem erwarteten Wert. Die Hypothese 5 kann also nicht bestätigt werden. Es
müssten jedoch weitere Studien durchgeführt werden, um diese Ergebnisse zu
untermauern.
4.3. Reproduktionsstrategien weiblicher Goldbrauner Mausmakis
H6a: Während der Paarungszeit bewegen sich die Weibchen im JBA aufgrund
der niedrigen Populationsdichte deutlich mehr, da sie bestrebt sind, die Rate
an Begegnungen zu potentiellen Paarungspartnern zu erhöhen.
Die Populationsdichte der Goldbraunen Mausmakis im JBA lag im August 2007 bei
0,6 Tieren pro Hektar und erhöhte sich im September und Oktober auf 0,7 Tiere pro
Hektar.
Diese
Werte
entsprechen
denen
von
Mester
(2003)
ermittelten
Populationsdichten zwischen 0,5 bis 0,9 Goldbraunen Mausmakis pro Hektar im Jahr
2003. Bei der Untersuchung der Häufigkeit bestimmter Aktivitäten konnte entgegen
der Erwartung keine Änderung des Lokomotionsverhaltens und auch keine
Veränderung in der Häufigkeit der anderen Aktivitäten von der Vorpaarungszeit zur
Paarungszeit
im
JBA
festgestellt
werden.
Es
stellte
sich
hingegen
im
Gebietsvergleich zu JBB heraus, dass die Weibchen im JBA während der
Paarungszeit häufiger als erwartet Ruheverhalten zeigten. Dieses Ergebnis ist
möglicherweise auf die schwierigeren Beobachtungsbedingungen der Weibchen im
187 | S e i t e
Untersuchungsgebiet JBA zurückzuführen (siehe 4.1. Methodenkritik). Diese wurden
möglicherweise leichter beobachtet, wenn sie sich stationär aufhielten, wie z.B.
sitzend oder fressend.
Es
scheint
demnach,
dass
die
Paarungszeit
keinen
Einfluss
auf
die
Bewegungsaktivität der Weibchen im JBA hatte. Die gleichen Ergebnisse wurden in
einer Studie an Goldbraunen Mausmakis in Käfighaltung erzielt, in der die Weibchen
ebenfalls keine Veränderung der untersuchten Verhaltensaktivitäten, u.a. auch der
Bewegungsaktivität, während des Östrus zeigten (Polenz 2000). Es wäre demnach
möglich, dass Weibchen des Goldbraunen Mausmakis im JBA während ihres Östrus
andere Verhaltensmuster zeigen als die sympatrisch lebenden Grauen Mausmakis,
die ihrerseits eine gesteigerte lokomotorische Aktivität während der Paarungszeit
aufwiesen (Büsching 1995).
Bei der im JBA beobachteten Paarung verließ das Weibchen während ihrer
rezeptiven Nacht zunächst nicht ihren Schlafplatz. Das Männchen näherte sich
vielmehr kurz nach Aktivitätsbeginn diesem Schlafplatz an, um ihn kurz darauf zu
betreten. Das Weibchen verließ erst circa 01:30 h nach Beobachtungsbeginn, also
nach einem Großteil der gesamten Beobachtungsdauer, ihren Schlafplatz. Handelte
es sich bei diesem Ablauf um eine typische Paarungssituation, könnte dies z. B. eine
Erklärung für ein häufiger beobachtetes Ruheverhalten der Weibchen in der
Paarungszeit sein.
Aufgrund der Beobachtung, dass ein Männchen (M28-05), dessen mittlerer Fangort
sich eigentlich in einem 170m-Radius zum mittleren Fangort eines rezeptiven
Senderweibchens befand und in deren unmittelbaren Nähe gesehen werden konnte
und diesem auch folgte, kann darauf geschlossen, dass Männchen ihren
Aktionsraum während der Paarungszeit vergrößerten. Die Initiative, Paarungspartner
zu finden, könnte demnach möglicherweise im JBA primär von den Männchen
ausgehen. Anstelle einer erhöhten lokomotorischen Aktivität nutzen Weibchen
möglicherweise akustische und olfaktorische Signale, um ihren Östrus anzuzeigen
und somit Paarungspartner auf sich aufmerksam zu machen und zu sich zu locken.
188 | S e i t e
Die Hypothese 6a kann also für das Gebiet JBA nicht bestätigt werden.
H6b: Während der Paarungszeit bewegen sich die Weibchen im JBB nicht mehr
als vor der Paarungszeit, da sie aufgrund der hohen Populationsdichte auf eine
ausreichende Anzahl an Paarungspartnern treffen sollten.
Die Populationsdichte im JBB lag im Monat August 2007 bei 6,1 Tieren pro Hektar,
reduzierte sich im September auf 5,7 Tiere pro Hektar und sank schließlich im
Oktober auf 3,8 Tiere pro Hektar ab. Diese Werte liegen unter den von Weidt (2004)
ermittelten Werten von 8,4 Tieren pro Hektar im Jahr 1998 und 10,9 Tieren pro
Hektar im Jahr 2000. Dieser Unterschied ist jedoch auf eine unterschiedliche
Berechnung der Populationsdichten zurückzuführen. Weidt (2004) dividierte die
berechneten Populationsgrößen durch die Gesamtfläche des Gebietes JBB, die circa
5 Hektar beträgt. In der vorliegenden Studie wurde eine effektive Fangfläche
berechnet, die eine realistischere von Mausmakis genutzte Fläche widerspiegelt.
Diese betrug 9,2 Hektar und war somit deutlich größer als die Gesamtfläche des
Gebietes und erklärt dadurch die in dieser Studie niedrigeren Werte der
Populationsdichten.
Beim Vergleich der Verteilung von Aktivitäten in allen vier reproduktiven Phasen
konnte im JBB keine Änderung des Verhaltens während der Paarungszeit gefunden
werden.
Beim Vergleich der Aktivitäten zwischen den beiden Untersuchungsgebieten konnte
jedoch kontrastierend zu JBA im JBB während der Paarungszeit festgestellt werden,
dass die Weibchen seltener als erwartet in Ruhe gesichtet werden konnten.
Dies könnte möglicherweise darauf zurückzuführen sein, dass die Beobachtung der
Weibchen im JBB aufgrund der offeneren Vegetation leichter war als im JBA und
diese daher auch während der Lokomotion gut verfolgt werden konnten (s.
Methodenkritik 4.1.).
Neben methodischen Fehlern können jedoch auch andere Faktoren vorliegen, die zu
einer erhöhten Lokomotion während der Paarungszeit im JBB gegenüber JBA
geführt hat.
189 | S e i t e
Ein wichtiger Unterschied zwischen den beiden Gebieten ist die räumliche Verteilung
von Weibchen. Im JBA haben die Weibchen in einem 100 m - Umkreis Zugang zu
zwei weiteren Weibchen, im JBB zu neun weiteren Weibchen. Diese räumliche
Klumpung der Weibchen im JBB könnte zu einer erhöhten intrasexuellen Konkurrenz
um Nahrung und vor allem während der Paarungszeit um Paarungspartner führen.
Außerdem ist das Geschlechterverhältnis in allen untersuchten Monaten in Richtung
der Weibchen verschoben. Da verwandte Weibchen nah beieinander leben, würden
diese durch Konkurrenz untereinander ihre indirekte Fitness reduzieren. Die erhöhte
lokomotorische Aktivität während der Paarungszeit könnte dazu beitragen,
verwandte Weibchen zu meiden und Konkurrenz zu reduzieren.
Da Weibchen im JBB jedoch asynchron östrisch werden, kann nicht von einer
starken Konkurrenzsituation auf nächtlicher Ebene ausgegangen werden. Es gibt
jedoch auch Hinweise darauf, dass sich Weibchen einer Schlafgruppe weitestgehend
synchronisieren. So wurden zwei Weibchen im JBB, die einer Schlafgruppe
angehörten, in derselben Woche östrisch. Aufgrund der geringen Stichprobe ist es
jedoch schwierig dieses Ergebnis zu generalisieren. Es würde jedoch die gerade
diskutierte Hypothese stärken, dass es für diese Weibchen sinnvoll wäre, sich
während der rezeptiven Phase zu meiden.
Der Hintergrund für eine hohe Populationsdichte im JBB im Vergleich zum JBA
könnte auf der größeren Verfügbarkeit und höheren Qualität von Nahrung im JBB
basieren. Rendigs (1999) wies in ihrer Arbeit bereits auf die unterschiedliche Bodenund Vegetationsstruktur der beiden Gebiete JBA und JBB hin. Bei einer höheren
Nahrungsverfügbarkeit wären die Weibchen im JBB energetisch besser versorgt als
Weibchen im JBA und könnten es sich demnach erlauben ihre Bewegungsaktivität
also einen energieverbrauchenden Prozess während der Paarungszeit zu steigern.
Beim monatlichen Vergleich der Körpergewichte der Weibchen beider Gebiete
konnten allerdings keine signifikanten Unterschiede gefunden werden.
Es ist also eher zu vermuten, dass die Weibchen beider Gebiete unterschiedliche
Strategien
aufgrund
der
unterschiedlichen
Populationsdichte
und
der
190 | S e i t e
unterschiedlichen räumlichen Verteilung der Weibchen anwenden. Die Hypothese 6b
kann für das Gebiet JBB nicht bestätigt werden.
H7a: Während der Paarungszeit vergrößert sich das Aktionsgebiet eines
Weibchens im JBA, um die Begegnungsrate zu potentiellen Paarungspartnern
zu erhöhen.
Die
mittleren
nächtlichen
Aktionsraumgrößen
der
Senderweibchen
im
Untersuchungsgebiet JBA lagen während der Paarungszeit bei 0,25 ha. Reimann
(2002) ermittelte mittlere nächtliche Aktionsraumgrößen für M. ravelobensis im Jahr
2000 von 1,13 ha. Im Jahr 2001 verkleinerte sich die mittlere nächtliche
Aktionsraumgröße auf 0,5 ha. Dieser Wert lag relativ nah an der in dieser Studie
ermittelten Aktionsraumgröße.
Beim Vergleich der Aktionsraumgrößen in der Vorpaarungszeit und Paarungszeit
konnte keine Vergrößerung von der Vorpaarungs- zur Paarungszeit festgestellt
werden. Im JBA reduzierte sich die mittlere Aktionsraumgröße der Weibchen sogar
leicht von 0,3 auf 0,25 ha. Außerdem verkürzten die Weibchen im JBA während der
Paarungszeit ihre Nachtwanderstrecken im Vergleich zur Vorpaarungszeit, was auch
in Verbindung mit dem erhöhten Ruheverhalten der Weibchen im JBA stehen kann.
Vergleicht man die Länge der mittleren Nachtwanderstrecken mit dem Durchmesser
der mittleren Aktionsräume (= Durchwanderungspotential) für jede reproduktive
Phase, so wird deutlich, dass der Aktionsraum innerhalb einer Nacht immer vielfach
durchlaufen werden konnte, wie dies bereits in vorhergehenden Studien im JBB
festgestellt
wurde
(Weidt
2001).
Im
JBA
waren
die
höchsten
Durchwanderungspotentiale allerdings während der Paarungszeit zu finden. Dies
deutet daraufhin, dass Weibchen in der Paarungszeit entweder in Relation zur
Aktionsraumfläche mehr gelaufen sind als außerhalb der Paarungszeit oder gleich
viel laufen aber eine geringere Fläche damit abdeckten. Diese Erklärung scheint das
Phänomen am ehesten zu erklären.
Zumindest für die Weibchen des Gebietes JBA kann also davon ausgegangen
werden, dass die aktive großflächige Suche nach potentiellen Paarungspartnern
seitens der Weibchen keine Rolle als weibliche Paarungsstrategie gespielt hat.
191 | S e i t e
Dies scheint auch bei weiblichen Aberts-Eichhörnchen der Fall zu sein, da die
Weibchen während der Paarungszeit ihre zurückgelegten Strecken sogar reduzierten
(Edelman & Koprowski 2006). Von Grauen Mausmakis ist bekannt, dass die
Männchen ihre Aktionsräume zu Beginn der Paarungszeit deutlich erhöhen (Barre et
al. 1988, Pagès-Feuillade 1988, Fietz 1995, Radespiel 1998, 2000). Radespiel
(2000) erklärt dies mit einer verstärkten Suche nach rezeptiven Weibchen. Das
aktive Suchen nach potentiellen Paarungspartnern könnte also eher eine Strategie
der Männchen im JBA darstellen. Dies wurde auch bereits für den Goldbraunen
Mausmaki vermutet (Ehresmann 2000). Die Effizienz dieses Suchens ist jedoch
limitiert durch räumliche und soziale Vertrautheit mit der Umgebung (Schwagmeyer
1994, Schwagmeyer et al. 1998). Die nächtlichen Routen der Weibchen sind
allerdings für Männchen schlecht vorhersehbar. Die Schlafplätze der Weibchen sind
hingegen besser kalkulierbar (Schmid, 1998). Das Weibchen, das im Rahmen dieser
Studie bei einer Paarung im Schlafplatz beobachtet werden konnte, hatte diesen
nicht gemeinsam mit ihren Schlafgruppenpartnern verlassen. Es könnte also dort
bereits auf Paarungspartner gewartet haben. Eine gesteigerte Lokomotion der
Weibchen während der Paarungszeit
könnte den Reproduktionserfolg demnach
sogar minimieren, da sie den Männchen erschweren würde, östrische Weibchen
außerhalb ihrer Schlafplätze aufzuspüren.
Da Weibchen abhängig von ihrem reproduktiven Zustand keine Änderung räumlicher
Nutzungsmuster zeigten, kann darauf geschlossen werden, dass die Größe und
Nutzung
der
Aktionsräume
von
Weibchen
nicht
primär
durch
das
Paarungsgeschehen bestimmt wurde sondern eher durch die Verteilung und
Verfügbarkeit von Ressourcen (Trivers 1972). Zwischen dem Monat August, aus
dem die meisten Daten für die Vorpaarungszeit stammten und den Monaten
September und Oktober, während derer die meisten Daten zur Paarungszeit
gesammelt wurden, konnten keine starken klimatischen Veränderungen verzeichnet
werden. Falls diese klimatische Kontinuität mit einem konstanten Nahrungsangebot
einhergeht, wäre damit auch eine unveränderte Raumnutzung zu erklären.
Die Hypothese 7a kann also nicht bestätigt werden.
192 | S e i t e
H7b: Während der Paarungszeit vergrößern Weibchen im JBB aufgrund der
hohen Populationsdichte ihre Aktionsräume nicht, da sie auch so auf
genügend potentielle Paarungspartner treffen.
Die
mittleren
nächtlichen
Aktionsraumgrößen
der
Senderweibchen
im
Untersuchungsgebiet JBB lagen während der Paarungszeit bei 0,29 ha. Weidt (2001)
ermittelte monatliche Aktionsraumgrößen der Weibchen zwischen 0,46 und 0,94ha.
Die Daten aus der Studie von Weidt (2001), die auf monatlichen Aktionsraumgrößen
basieren, können nicht zum direkten Vergleich zu denen in dieser Studie ermittelten
nächtlichen Aktionsraumgrößen dienen. Zwangsläufig sind natürlich die von Weidt
berechneten Aktionsräume größer.
Im JBB konnte ebenso wie im Gebiet JBA keine Vergrößerung der Aktionsräume von
der Vorpaarungs- zur Paarungszeit festgestellt werden. Bei der Betrachtung der
Nachtwanderstrecken fällt auf, dass die Weibchen im JBB während der Paarungszeit
eine längere mittlere Strecke zurücklegten als während der Vorpaarungszeit.
Zusätzlich sind auch im JBB die höchsten Durchwanderungspotentiale während der
Paarungszeit zu finden. Diese Ergebnisse decken sich mit dem seltener auftretenden
Ruheverhalten der Weibchen im JBB während der Paarungszeit. Es gab also
vermutlich eine Aktivitätssteigerung in dieser Phase seitens der Weibchen im JBB.
Es zeigte sich sogar ein statistischer Trend dafür, dass die Weibchen im JBB ihren
Aktionsraum potentiell häufiger durchquerten als die Weibchen im JBA.
In keiner der untersuchten Phasen fand sich allerdings ein Unterschied zwischen den
beiden Gebieten bezüglich der Aktionsraumgröße oder der zurückgelegten
Nachtwanderstrecke.
Dies
ist
möglicherweise
auch
auf
eine
zu
geringe
Stichprobengröße zurückzuführen. Diese Ergebnisse scheinen im ersten Moment
denen aus vorhergehenden Studien zu widersprechen, in denen die Weibchen im
JBA größere Aktionsräume aufwiesen als Weibchen im JBB (Ehresmann 2000,
Weidt 2001). Beim Vergleich der kumulativen Aktionsräume konnte jedoch bereits ab
der dritten Nacht festgestellt werden, dass die Weibchen im JBA größere
Aktionsräume aufwiesen als die Weibchen im JBB. Diese Ergebnisse deuten darauf
hin, dass die Weibchen im JBA nicht in jeder Nacht dasselbe Areal nutzten, sondern
von Nacht zu Nacht ihre Aktionsräume stärker veränderten als die Weibchen im JBB.
193 | S e i t e
Die Weibchen im JBA hatten also letztlich doch größere Aktionsräume als die
Weibchen im JBB. In den beiden Gebieten scheinen demnach unterschiedliche
ökologische Bedingungen vorzuliegen, die das unterschiedliche Aktivitätsmuster und
die
unterschiedliche
Raumnutzung
der
Weibchen
beeinflussen.
Die
Nahrungsressourcen im JBA liegen vermutlich in geringerer Zahl und räumlich weiter
verstreut vor als im JBB. Die Weibchen im JBA müssen also in jeder Nacht ein neues
Areal erschließen, um ausreichend Nahrung zu finden. Im JBB kommt kontrastierend
dazu die Ressource Nahrung häufig vor und die Weibchen sind nicht gezwungen in
jeder Nacht ein anderes Gebiet zu ergründen.
Während aller Untersuchungsmonate war das Geschlechterverhältnis im Gebiet JBB
in Richtung Weibchen verschoben. Im Untersuchungsgebiet JBA hingegen war der
Anteil an Weibchen und Männchen in der gefangenen Population fast ausgeglichen.
Diese Verschiebung des Geschlechterverhältnisses im JBB könnte eine Konkurrenz
unter den Weibchen um mögliche Paarungspartner während der Paarungszeit
auslösen (Pereira 1991). Ein Männchen kann natürlich mehrere Weibchen
befruchten. Bei wiederholten Ejakulationen innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne
kann die Kapazität der männlichen Reproduktion allerdings beschränkt sein. Eine
Abnahme der Anzahl der Spermien und/oder anderer Parameter pro Ejakulat nach
wiederholten Ejakulationen konnte bei zahlreichen Tierarten (z. Bsp. Ratte) und auch
beim Menschen nachgewiesen werden (Oldereid et al. 1984, Ruangsboon &
Visutakul 1985, Levin et al. 1986, Übersicht in Austin & Dewsbury 1986). Wiederholte
Paarungen mit mehreren Weibchen in kurzem zeitlichen Abstand könnten daher die
Konzeptionswahrscheinlichkeit der Weibchen herabsetzen (Austin & Dewsbury
1986). Es könnte somit für ein östrisches Weibchen vorteilhaft sein, sich als erste in
einer Nacht mit einem Männchen zu verpaaren. Dazu müsste sie allerdings während
ihrer rezeptiven Phase aktiv auf die Suche nach möglichen Partnern gehen.
Die Hypothese 7b kann also für das Gebiet JBB bezüglich der gleichbleibenden
Aktionsraumgröße bestätigt werden.
194 | S e i t e
H8a: Im JBA (niedrige Weibchendichte) sollten die Weibchen moderat
synchronisierte
Zyklen
aufweisen.
Aufgrund
der
insgesamt
niedrigen
Populationsdichte treffen die Weibchen während ihrer rezeptiven Phasen nur
auf eine begrenzte Anzahl potentieller Paarungspartner. Durch asynchrone
Zyklen wäre es für Männchen noch schwieriger, östrische Weibchen zu finden
und sowohl Weibchen als auch Männchen würden ihre Reproduktionschancen
dadurch minimieren.
Die Weibchen im JBA wurden innerhalb eines zwei-wöchigen Zeitfensters erstmals
östrisch und waren demnach relativ synchronisiert. Es muss jedoch auch
berücksichtigt werden, dass es sich bei diesem Ergebnis um ein Artefakt der
Fangaktionen handeln könnte, das darin begründet liegt, dass nicht alle Weibchen in
jeder Fangaktion gefangen werden konnten. Es ist also durchaus möglich, dass
bereits vor der 38. Kalenderwoche östrische Weibchen im JBA auftraten und die
Weibchen somit eher asynchronere Zyklen aufwiesen. Die Ergebnisse dieser Studie
stehen im Gegensatz zur Studie von Reimann (2002), die in den Jahren 2000 und
2001 von Anfang September bis Anfang November östrische Goldbraune Mausmakis
fing. Ehresmann (2000) fing in den Jahren 1996 und 1997 zwischen Anfang
September und Ende Oktober östrische Weibchen. Beide Autorinnen konnten keine
klare Trennung von Paarungszeiten feststellen und vermuteten einen hohen Grad an
Asynchronität bei Goldbraunen Mausmakiweibchen.
Die Synchronität von Östren reduziert das Monopolisierungspotential der Männchen,
deren Bestreben es ist, sich mit möglichst vielen Weibchen zu paaren (Kappeler
1997a, Schmid & Kappeler 1998). Anstatt ein Weibchen, mit dem sie sich bereits
verpaart haben, zu bewachen, sollten sie eher weiter ziehen, um andere rezeptive
Weibchen zu finden. Diese Strategie wird als „scramble competition“ bezeichnet
(Wells 1977). Hier wird der Paarungserfolg durch eine Vergrößerung des
Aktionsraumes und die Fähigkeit, östrische Weibchen aufzuspüren, nicht jedoch
durch höhere Körpergewichte der Männchen, bestimmt (Schwagmeyer 1994, Fisher
& Lara 1999).
Aus einer Studie an Dreizehnstreifenerdhörnchen (Spermophilus
tridecemlineatus) ist bekannt, dass sich der Reproduktionserfolg der Männchen mit
einer Vergrößerung des Aktionsraumes erhöht (Schwagmeyer 1988). Auch bei
195 | S e i t e
nachtaktiven Lemuren konnte festgestellt werden, dass Männchen ihre Aktionräume
während der Paarungszeit stark vergrößern, um so möglicherweise vermehrt
rezeptive Weibchen als Paarungspartner zu treffen (Kappeler 1997, Fietz 1999,
Radespiel 2000, Schwab 2000). Ehresmann (2000) konnte eine Vergrößerung der
Aktionsräume
männlicher
Goldbrauner
Mausmakis
im
JBA
während
der
Paarungszeit feststellen. Radespiel (2000) erklärt dies damit, dass die Männchen auf
der Suche nach rezeptiven Weibchen weit umherstreifen. Das gleiche Phänomen
wird auch für Riesenmausmakis (Mirza coquereli) (Kappeler 1997b) und die NagerArten Dreizehensteifenziesel (Spermophilus tridecemlineatus) (Schwagmeyer 1988)
und die Waldmaus (Apodemus sylvaticus) (Randolph 1977) beschrieben und von
den Autoren ebenfalls als eine verstärkte Suche nach rezeptiven Weibchen zu
Beginn der Paarungszeit interpretiert. Wie bereits erwähnt, wurde bei einer
Fokusbeobachtung ein Männchen in der Nähe eines östrischen Weibchens
gesichtet, dessen mittlerer Fangort 170 m vom mittleren Fangort des Weibchens
entfernt war. Goldbraune Mausmakimännchen im JBA scheinen also tatsächlich ihre
Streifgebiete in der Paarungszeit zu vergrößern.
Neben der Vergrößerung des Aktionsraumes, die in vorhergehenden Studien
festgestellt werden konnte, weisen die Männchen zudem relativ zum Körpergewicht
große Hodenvolumina auf. Diese sprechen dafür, dass der Zugang zu östrischen
Weibchen nicht von einzelnen Männchen monopolisiert wird. Männchen mit größeren
Hoden sollten einen selektiven Vorteil besitzen, da sie theoretisch häufiger
erfolgreich
kopulieren
können.
Ein
positiver
Zusammenhang
zwischen
Aktionsraumgröße und Hodenvolumen, wie er bei M. murinus festgestellt wurde,
kann ein Hinweis auf „scramble competition“ (Clutton-Brock 1989, Schwagmeyer
1988) sein. Insgesamt sprechen alle Faktoren dafür, dass die vorherrschende
Strategie der Männchen im JBA „scramble competition“ war. Das Hodenvolumen der
Männchen nahm von September zu Oktober jedoch bereits wieder signifikant ab.
Dies spricht für eine Paarungszeit in einem relativ engen Zeitfenster und
unterstreicht, dass die Weibchen im JBA relativ synchronisiert waren. Aufgrund des
reduzierten Monopolisierungspotentials durch Männchen rückt die Wahl eines
Paarungspartners durch die Weibchen in den Vordergrund. Diese erhöhen ihren
196 | S e i t e
Reproduktionserfolg durch die Wahl des „besten Vaters“ mit den „besten Genen“
(Trivers 1972, Halliday 1983). Aufgrund der niedrigen Populationsdichte und der
Tatsache, dass die Weibchen des Goldbraunen Mausmakis im JBA eher verstreut
vorkamen, sollte jedoch keine totale Synchronisation der Östren vorliegen, da die
Weibchen sonst riskieren würden, gar nicht befruchtet zu werden (Ims 1990). Sollte
jedoch eine zu starke Synchronisation der Weibchen im JBA vorgelegen haben,
würde dies die schlechte Konzeptionsrate der Weibchen in ihrem ersten Östrus
erklären. Die Synchronisierung von Östren könnte letztlich auch der gemeinsamen
Aufzucht der Jungtiere dienen, was vor allem für Weibchen einer Schlafgruppe von
großem Interesse sein sollte.
Die Hypothese 8a kann bestätigt werden.
H8b: Im JBB, wo eine hohe Weibchendichte vorliegt, sollten die Weibchen
asynchrone Zyklen aufweisen, um den Wettkampf der Männchen untereinander
zu forcieren und die Konkurrenz unter den Weibchen zu minimieren. Die
Weibchen haben aufgrund der insgesamt hohen Populationsdichte in diesem
Gebiet die Möglichkeit, auf viele potentielle Paarungspartner während ihrer
rezeptiven Phase zu treffen.
Die Weibchen im Untersuchungsgebiet JBB wurden in einem vierwöchigen
Zeitfenster östrisch und waren demnach relativ asynchron. Die zeitlich-räumliche
Verteilung rezeptiver Weibchen hat einen großen Einfluss auf Paarungsstrategien
der Männchen und bietet außerdem den Weibchen die Möglichkeit das Verhalten der
Männchen zu beeinflussen (Ims 1988, Eberle & Kappeler 2002). Bei solitär lebenden
Säugern ermöglicht Asynchronität der Östren sowohl das Monopolisierungspotential
durch Männchen als auch die Option für Weibchenwahl und multiple Paarungen:
„Reproductive asynchrony can increase the opportunity for optimal mate choice,
since each receptive female can attract more males when
no other receptive
females are around“ (Ims 1988), wobei das Monopolisierungspotential von einem in
Richtung der Männchen ansteigenden operanten Geschlechterverhältnisses limitiert
wird. Männchen sollten unter diesen Umständen stark untereinander konkurrieren
und nur die stärkeren Männchen mit den besseren Erbanlagen gewinnen die
197 | S e i t e
Auseinandersetzungen und können sich mit den Weibchen verpaaren. Bei der
Desynchronisierung von Östren könnte es sich somit um eine weibliche Strategie
handeln, die genetische Qualität des Nachwuchses zu erhöhen (Eberle & Kappeler
2004). Außerdem sollten die Männchen postkopulatorische Strategien verwenden,
wie z.B. das „mate guarding“ (Dewsbury 1988, Moller & Birkhead 1989), bei dem
rezeptive Weibchen von Männchen bewacht werden, um so eine Paarung mit
anderen Männchen zu verhindern. Bei der im JBB beobachteten Paarung konnte
eine Konkurrenzsituation zwischen zwei Männchen beobachtet werden, wobei ein
Männchen erfolgreich eine Paarung störte. Direkt nach der Paarung folgten dem
Weibchen sowohl das Männchen, das die Paarung gestört hatte, als auch das
Männchen, mit dem sich das Weibchen vorher verpaart hatte. Im weiteren Verlauf
der Beobachtung wurden noch einige Male zwei weitere Individuen in der Nähe des
Weibchens gesehen, die ihr folgten. Trotz nicht genauer Identifikation dieser beiden
Tiere handelte es sich sehr wahrscheinlich um die beiden vorher beobachteten
Männchen und somit zumindest im Fall des Männchens, das bereits eine Paarung
vollzogen hatte, um eine Form von „mate guarding“. Des Weiteren wurden viermal
während der Fangaktionen Weibchen mit „Vaginal Plugs“ gesehen, die als eine Form
des postkopulatorischen „mate guarding“ angesehen werden können (Eberle &
Kappeler 2004). Im Untersuchungsgebiet JBB scheint also „contest competition“,
also die direkte Konkurrenz zwischen Männchen, die vorherrschende Strategie der
Männchen darzustellen. Auch die Männchen im JBB weisen ein im Vergleich zum
Körpergewicht relativ großes Hodenvolumen auf. Dies liefert einen Hinweis auf
Spermienkonkurrenz, der wiederum ein Hinweis für das Auftreten multipler
Paarungen sein kann, wobei dann die Spermien verschiedener Männchen um die
Befruchtung der Eizelle eines Weibchens konkurrieren. Es ist also durchaus
wahrscheinlich, dass neben der direkten Konkurrenz zwischen Männchen auch noch
andere Paarungsstrategien seitens der Männchen im JBB eine Rolle spielen. Das
Hodenvolumen der Männchen blieb bis einschließlich Oktober relativ hoch, im
Vergleich zum JBA also einen Monat länger, und nahm erst im November ab. Dies
könnte auch mit einer vermehrten Desynchronisierung der Östren in Zusammenhang
stehen.
198 | S e i t e
Die Desynchronisierung der Östren könnte also im JBB aufgrund eines in Richtung
Weibchen verschobenen Geschlechterverhältnisses und dem räumlich geklumpten
Vorkommens der Weibchen ein Mechanismus zur Vermeidung intrasexueller
Konkurrenz sein. In einem 100m-Umkreis konnte ein Weibchen potentiell auf
durchschnittlich neun weitere Weibchen treffen. Bei dieser Dichte ist eine hohe
intrasexuelle Konkurrenz um Paarungspartner zu erwarten, die möglicherweise durch
zeitlich versetzte Östren reduziert werden konnte.
Es ist jedoch auch zu erwähnen, dass zwei Weibchen einer Schlafgruppe im JBB in
derselben Woche östrisch wurden. Dies könnte möglicherweise ein Hinweis dafür
sein, dass Weibchen einer Gruppe ihre Östren relativ synchronisieren, um später
gemeinsam ihre Jungtiere aufzuziehen. Aufgrund der geringen Stichprobe von nur
zwei Weibchen müssten allerdings weitere Studien durchgeführt werden, um eine
mögliche Synchronisierung der Östren auf Schlafgruppenebene zu überprüfen.
Die Hypothese 8b kann jedoch für die Gesamtheit der Weibchen im JBB bestätigt
werden.
H9: Weibchen einer Schlafgruppe sollten in beiden Gebieten ihre Östren
synchronisieren, um Nachwuchs später gemeinsam aufziehen zu können.
Im Untersuchungsgebiet JBA waren die untersuchten Weibchen generell stark
synchronisiert. Die Weibchen F73-07 und F46-07, die einer Schlafgruppe
angehörten, wurden mit einer Woche Abstand östrisch. Dies spricht also auch für
eine Synchronisierung der Weibchen im JBA auf der Ebene der Schlafgruppen.
Im Untersuchungsgebiet JBB wurde festgestellt, dass die Weibchen zwar insgesamt
asynchron östrisch wurden, die Weibchen F03-05 und F18-06 jedoch, die in einer
Gruppe schliefen, wurden innerhalb einer Woche östrisch. In beiden Gebieten
bestehen also Hinweise darauf, dass Weibchen einer Schlafgruppe sich verstärkt
synchronisierten.
Schlafgruppen
Der Hintergrund dieser Synchronisierung auf der Ebene der
zielt
wahrscheinlich
hauptsächlich
auf
eine
gemeinsame
Jungenaufzucht ab. Die gemeinsame Aufzucht von Jungtieren kann einige Vorteile
bringen. So kommen unter anderem thermoregulatorische Vorteile in Betracht, da die
Jungtiere während der ersten Lebenswochen das Nest noch nicht verlassen und sich
199 | S e i t e
dann während der Abwesenheit der Mütter gegenseitig wärmen könnten (Glatston
1986). Die Weibchen hätten weiterhin die Möglichkeit, sich bei der Betreuung der
Jungtiere abzuwechseln, so dass diese nicht allein bzw. nicht über längere
Zeiträume allein sein müssten. Gleichzeitig sichert es eine bessere Verteidigung von
Jungtieren gegen Prädatoren oder infantizidale Artgenossen und erhöht durch den
Verdünnungseffekt die Überlebenschancen der eigenen Nachkommen, wie es
bereits für einige gemeinschaftlich brütende Vogelarten nachgewiesen wurde
(Vehrencamp 2000). Falls verwandte Weibchen gemeinsam ihre Jungtiere aufziehen
würden und Weibchen sich auch um fremden Nachwuchs kümmerten, würde dies
auch ihre indirekte Fitness erhöhen.
Die Vorteile gemeinsamer Aufzucht würden sich verstärken, je synchronisierter die
Weibchen östrisch wären, da ihre Aufzuchtsaktivitäten sich so auf eine homogene
Altersgruppe von Jungtieren richten könnten, was wahrscheinlich effizienter ist, als
Jungtiere verschiedener Altersklassen aufzuziehen (Radespiel et al. 2001). An
Jungtieren in Gruppen wird häufiger Fellpflege betrieben,
als an solchen von
Einzeltieren und dies könnte sich auch vorteilhaft auf den Befall von Jungtieren mit
Ektoparasiten und damit langfristig auf ihr Überleben und den Reproduktionserfolg
auswirken (Russell 1983, Brown & Bruford 1986, König 1997). Eberle und Kappeler
(2006) konnten sogar beobachten, dass Mütter fremde Jungtiere säugten und
transportieren, was besonders im Falle eines möglichen Todes der eigenen Mutter
das Überleben des Jungtieres sichern würde (König 1994b). Tatsächlich wurden in
einer Studie von Eberle und Kappeler (2006) überlebende Jungtiere gefunden, deren
Mütter während der Laktationsperiode verstorben waren. Ein ähnliches Verhalten
konnte bereits auch bei Lemur catta beobachtet werden (Gould 2000). Ein weiterer
Faktor, der für die gemeinschaftliche Aufzucht von Jungtieren spricht, wäre die
Jungtiersozialisation innerhalb einer gleichaltrigen Jungtiergruppe (Rowell and
Richards 1979).
Eine völlige Synchronisierung der Östren konnte in keinem der Gebiete beobachtet
werden. Im JBA würde dies, wie bereits diskutiert, die Konzeptionswahrscheinlichkeit
aufgrund der geringen Populationsdichte reduzieren. Im JBB würde es hingegen zu
einer verstärkten weiblichen intrasexuellen Konkurrenz um Paarungspartner führen.
200 | S e i t e
Mit Östrusabständen innerhalb der Schlafgruppen von circa einer Woche sind die
Weibchen allerdings noch synchron genug, um gemeinsam ihre Jungtiere
aufzuziehen. Die Hypothese 9 kann also bestätigt werden.
H10: Die soziale Begegnungsrate sollte sich während der Paarungszeit in
beiden Gebieten erhöhen, da Weibchen Paarungspartner finden müssen und
unter Umständen durch weibliche Partnerwahl und multiple Paarungen ihren
Reproduktionserfolg sichern sollten.
Die soziale Begegnungsrate verdreifachte sich im Untersuchungsgebiet JBA von der
Vorpaarungszeit mit 0,7 Begegnungen pro Stunde auf 2,2 Begegnungen pro Stunde
während der Paarungszeit. Im Vergleich dazu wurden bei sympatrisch lebenden
Grauen Mausmakis Begegnungsraten durchschnittliche Begegnungsraten von 0,53
Begegnungen
pro
Stunde
ermittelt
(Radespiel
2000).
Die
Goldbraunen
Mausmakiweibchen im JBA hatten in der Vorpaarungszeit sieben verschiedene
Kontakte, wobei nicht klar ist wie viele verschiedene Interaktionspartner beteiligt
waren. In der Paarungszeit erhöhte sich die Anzahl von Kontakten auf 67, wobei
auch hier die Höhe der Interaktionspartner aufgrund des hohen Anteils unbekannter
Sozialpartner nicht erfasst werden konnte.
Im Untersuchungsgebiet JBB konnte eine Verdopplung der sozialen Begegnungsrate
von der Vorpaarungszeit von 1,5 Begegnungen pro Stunde auf 3 Begegnungen pro
Stunde in der Paarungszeit beobachtet werden. Im Vergleich dazu beobachtete
Weidt et al. (2004) eine durchschnittliche Begegnungsrate von 1,7 Begegnungen pro
Stunde bei Goldbraunen Mausmakis in den Monaten Mai bis Oktober 1998 und
2000 im JBB. Dass die Begegnungsrate im JBB im Vergleich zu JBA weniger stark
anstieg, lässt sich durch die hohe Populationsdichte im JBB erklären, die dazu führte,
dass sich Tiere auch außerhalb der Paarungszeit öfter begegneten. Die Anzahl an
Kontakten lag während der Vorpaarungszeit bei 50 und stieg in der Paarungszeit auf
insgesamt 72 Interaktionen an. Wie viele verschiedene Interaktionspartner an diesen
Kontakten beteiligt waren, ist aufgrund der hohen Rate unbekannter Sozialpartner
nicht nachzuvollziehen.
201 | S e i t e
Die Erhöhung der Begegnungsrate könnte in beiden Gebieten durch eine
Vergrößerung der Aktionsräume der Männchen während der Paarungszeit und der
Suche beider Geschlechter nach Paarungspartnern erklärt werden. So wurde ein
Männchen im JBA, dessen mittlerer Fangort 170 Meter entfernt vom mittleren
Fangort des Senderweibchens lag, während der rezeptiven Nacht dieses Weibchens
in ihrer unmittelbaren Nähe gesichtet. Bei der Beobachtung dieses rezeptiven
Weibchens im JBA konnten im Verlauf der Nacht vermutlich fünf verschiedene
Sozialpartner in ihrer Nähe gesichtet werden. Weibchen im JBA vergrößerten weder
ihren Aktionsraum noch zeigten sie eine erhöhte lokomotorische Aktivität während
der Paarungszeit. Die Östrusanzeige durch die Weibchen im JBA könnte vermutlich
mittels olfaktorischer oder akustischer Signale erfolgt sein. Dadurch könnten
vermehrt Männchen angelockt worden sein, was einerseits die Konkurrenz zwischen
den Männchen gesteigert und andererseits zu multiplen Paarungen geführt haben
könnte.
Im JBB wiesen die Weibchen eine im Vergleich zum JBA erhöhte Mobilität der auf.
Sie
legten
außerdem
in
der
Paarungszeit
die
längsten
mittleren
Nachtwanderstrecken zurück. Diese höhere Laufbereitschaft der Weibchen im JBB
gegenüber den Weibchen im JBA ist möglicherweise auf ein in Richtung Weibchen
verschobenes Geschlechterverhältnis und die Vermeidung intrasexueller Konkurrenz
verwandter Weibchen zurückzuführen.
Die erhöhte Begegnungsrate könnte natürlich auch generell durch eine gesteigerte
beiderseitige Anziehung der Geschlechter während der Paarungszeit hervorgerufen
werden und muss nicht zwangsläufig auf veränderte Raumnutzungsstrategien
zurückgeführt werden.
Die Hypothese H 10 kann dementsprechend für beide Gebiete bestätigt werden.
.
H11: Es sollten in der Paarungszeit vermehrt positive Interaktionen und
Kontakte mit Männchen stattfinden.
Im JBA dominierten während der Paarungszeit Kontakte mit agonistischem
Hintergrund. Dies widerspricht den Ergebnissen von Weidt et al (2004), die während
202 | S e i t e
der Paarungszeit größtenteils positive bzw. neutrale Kontakte bei Goldbraunen
Mausmakis beobachtete. Nur in wenigen Fällen wurden agonistische Interaktionen
beobachtet.
Sie
berichteten
allerdings
weiterhin,
dass
sie
außerhalb
der
Paarungszeit überhaupt keine agonistischen Interaktionen beobachten konnten. Dies
spricht letztlich doch für ein vermehrtes Auftreten sozionegativer Kontakte in der
Paarungszeit. Es könnte sich bei den vielen Konflikten um Agonistik zwischen
potentiellen Paarungspartnern gehandelt haben.
Polenz (2000) konnte in ihrer Studie gehäuft agonistisches Verhalten zwischen
Männchen und Weibchen von M. ravelobensis in der Paarungszeit beobachten,
wenn Weibchen nicht rezeptiv waren. Außerhalb ihrer rezeptiven Phase verhalten
sich auch Graue Mausmakiweibchen in der Paarungszeit besonders aggressiv und
abweisend gegenüber Männchen (Glatston 1979, Lindemann 1996, Sarikaya 1999).
Dies konnte z.B. auch bei L. catta Weibchen beobachtet werden. Sind sie nicht
rezeptiv, schlagen und verjagen sie Männchen (Koyama 1988; Sauther 1991). Eine
auf dieser Abwehrhaltung basierende gesteigerte Aggressivität wäre ein realistischer
Handlungshintergrund der Weibchen im JBA. Während der Vorpaarungszeit konnte
nur ein Weibchen-Männchen-Kontakt beobachtet werden. Hingegen wurden in der
Paarungszeit 23 Weibchen-Männchen-Interaktionen beobachtet. Ob es sich bei allen
Kontakten um schlafgruppenfremde Männchen handelte, konnte nicht geklärt
werden. Auf der Basis nächtlicher Beobachtungen stellten Eberle & Kappeler (2004a)
fest, dass Graue Mausmakiweibchen in der Paarungszeit auf zwischen zwei bis 15
verschiedene Männchen in einer Nacht trafen. Im Rahmen dieser Studie konnte
außerdem nachgewiesen werden, dass sich die Dauer der Männchen-WeibchenKontakte während der Paarungszeit verlängerte, was ein Indiz für eine veränderte
Qualität der Kontakte darstellt.
Im Untersuchungsgebiet JBB standen neutrale Kontakte („Proximity“) und positive
Kontakte im Vordergrund. Bei der Betrachtung der Qualität und Quantität
soziopositiver Interaktionen in beiden Gebieten fiel eine Veränderung in der
Partnerwahl beim „Allogrooming“ auf, das während der Vorpaarungszeit fast
ausschließlich mit Schlafgruppenmitgliedern beobachtet worden war aber während
203 | S e i t e
der Paarungszeit nur noch mit unbekannten Tieren stattfand. Es besteht natürlich die
Möglichkeit, dass es sich bei diesen Tieren auch um Schlafgruppenmitglieder
gehandelt haben könnte, wahrscheinlicher ist jedoch, dass es sich dabei um
potentielle Paarungspartner gehandelt hat. Das gehäufte Auftreten soziopositiver
Interaktionen während der Östren wurde auch schon von Polenz (2000) für den
Goldbraunen Mausmaki beschrieben. Sie erklärt dieses Verhalten mit einer erhöhten
Akzeptanz der Männchen, sowie durch eine Stärkung der sozialen Bindung an den
Partner. Die Zunahme positiver Kontakte wurde auch bei Buschbabies (Galago
crassicaudatus crassicaudatus) beobachtet (Eaton et al. 1973).
Dass im Untersuchungsgebiet JBB der Anteil soziopositiver Kontakte größer war als
im JBA, könnte darauf zurückzuführen sein, dass hier Weibchen während ihrer
rezeptiven Phase selbst aktiv auf der Suche nach Männchen waren und somit
Kontakte zwischen Männchen und Weibchen, die noch nicht oder nicht mehr rezeptiv
waren und sich in einer Abwehrhaltung befanden, vermieden wurden. Im JBB
konnten in der Vorpaarungszeit drei Weibchen-Männchen-Interaktionen beobachtet
werden. In der Paarungszeit erhöhte sich die Anzahl der Weibchen-Männchen
Kontakte auf elf. Auch die Dauer der Kontakte zu vermutlich schlafgruppenfremden
Männchen erhöhte sich während der Paarungszeit.
In beiden Gebieten wurden also vermehrt Kontakte mit Männchen während der
Paarungszeit beobachtet, womit die Hypothese 11 bestätigt werden kann.
H12: Männliche Schlafgruppenpartner sind potentielle Paarungspartner der
Weibchen und nutzen das Schlafen in gemischtgeschlechtlichen Gruppen zur
verbesserten Östrusdetektion.
Im Untersuchungsgebiet JBA fanden in der Paarungszeit nur 6 % der Kontakte mit
Schlafgruppenmitgliedern und 34 % der Kontakte mit Männchen statt. Der
verbleibende Anteil der Interaktionspartner konnte nicht eindeutig identifiziert werden.
In der Paarungszeit hatten die Senderweibchen im JBB umgekehrt nur 7 % der
Interaktionen mit Schlafgruppenmitgliedern (während der Vorpaarungszeit waren es
immerhin noch 20 %) und 17 % mit Nicht-Schlafgruppenmitgliedern (in der
Vorpaarungszeit nur 8 %). Es konnte zumindest im JBB eine signifikante Zunahme
204 | S e i t e
von Interaktionen mit schlafgruppenfremden Individuen während der Paarungszeit
nachgewiesen werden. Dies entspricht den Ergebnissen von Weidt (2001), die
ebenfalls eine Abnahme von Kontakten zu Schlafgruppenmitgliedern von Juli zu
September verzeichnete und eine Zunahme von Kontakten zu unbekannten
Artgenossen.
Diese
Ergebnisse
deuten
daraufhin,
dass Weibchen
in
der
Paarungszeit ihre Interaktionen und Interaktionspartner vermehrt außerhalb der
Schlafgruppe suchen.
Hintergründe für das Auftreten gemischt-geschlechtlicher Gruppen sind zahlreich. Es
könnte sich zum einen um Mütter mit ihren Jungtieren aus der vorhergehenden
Saison handeln. Nach der Untersuchung verwandtschaftlicher Verhältnisse einiger
männlicher und weiblicher Schlafgruppenpartner aus dem JBA und dem JBB
konnten alle zusammenschlafenden Tiere jeweils einer Matrilinie zugeordnet werden.
In einigen Fällen konnten Mutter-Sohn- bzw. Großmutter-Enkel-Dyaden identifiziert
werden. Das Schlafen in gemischtgeschlechtlichen Gruppen scheint also primär auf
verwandtschaftlichen Beziehungen zu beruhen (Radespiel et al. 2009) und nicht der
Verbesserung der Paarungschancen zu dienen.
Es liegen momentan noch keine Nachweise für Zuchtpaare oder das Vorkommen
von Vätern mit ihren Nachkommen in den Schlafgruppen vor. Das Schlafen in
gemischtgeschlechtlichen Schlafgruppen scheint also keine Paarungsstrategie
darzustellen.
Die Hypothese H11 kann also nicht bestätigt werden. Es ist jedoch nicht
auszuschließen, dass gelegentlich auch Paarungen zwischen männlichen und
weiblichen Mitgliedern einer Schlafgruppe stattfinden können. Das Vorkommen von
zwei Fällen von Inzucht 1. Ordnung (Radespiel et al. 2009) scheint dies zu
bestätigen.
Die
Reproduktionsstrategien
weiblicher
Goldbrauner
Mausmakis
–
ein
Resümee
Mittels dieser Studie konnten Einblicke in das Paarungsverhalten weiblicher
Goldbrauner Mausmakis gewonnen werden, das sich flexibel an unterschiedliche
205 | S e i t e
ökologische Rahmenbedingungen anzupassen scheint. Generell konnte eine im
Vergleich
zum
Grauen
Mausmaki
circa
zwei Wochen
früher einsetzende
Reproduktionsperiode festgestellt werden. In beiden Gebieten (JBA und JBB)
konnten außerdem zwei voneinander getrennte Paarungszeiten nachgewiesen
werden. Der Unterschied zwischen den beiden beobachteten Populationen war vor
allem die unterschiedliche Dichte an Individuen pro Hektar. Diese Ungleichheit ist
sehr wahrscheinlich auf eine unterschiedliche Habitatstruktur in den beiden Gebieten
zurückzuführen, die bereits Rendigs (2003) in ihrer Studie beschrieb. Im JBB scheint
die Ressource Nahrung zahlreich und dicht verteilt vorzukommen, was letztlich die
hohe Populationsdichte begründen kann. Im JBA hingegen tritt die Ressource
Nahrung vermutlich in geringerer Zahl und weiter verstreut auf, so dass die
Populationsdichte relativ niedrig ist.
Weibchen im JBB haben durchschnittlich Zugang zu neun verschiedenen
Paarungspartnern. Gleichzeitig befinden sich allerdings auch neun weitere Weibchen
und potentielle Konkurrentinnen in ihrer unmittelbaren Umgebung.
Weibchen im JBB asynchronisieren ihre Östren und vermeiden somit Konkurrenz mit
Weibchen in ihrer Nähe, die zusätzlich zumeist verwandt mit Ihnen sind. Durch die
Asynchronisierung
werden
mehr
Männchen
angelockt.
Diese
konkurrieren
untereinander um den Zugang zu Weibchen und nur die stärkeren Männchen mit den
besseren Erbanlagen sollten die Auseinandersetzungen gewinnen. Dadurch können
Weibchen die genetische Qualität ihrer Nachkommen erhöhen (Eberle & Kappeler
2004).
Zusätzlich zur zeitlichen Steuerung der Östren, zeigten die Weibchen im JBB eine
gesteigerte Lokomotion während der Paarungszeit und legten die vergleichsweise
längsten Nachtwanderstrecken zurück. Dies spiegelt einerseits eine aktive Suche
nach Paarungspartnern wider, könnte aber möglicherweise auch als intrasexuelle
Konkurrenzminimierung verwandter Weibchen interpretiert werden.
Im JBA haben die Weibchen durchschnittlich Zugang zu drei verschiedenen
Männchen. Laut dieser Studie scheinen diese Weibchen ihre Östren zu
synchronisieren. Dadurch wird das Monopolisierungspotential der Männchen
reduziert
(Kappeler
1997a,
Schmid
&
Kappeler
1998).
Die
Wahl
eines
206 | S e i t e
Paarungspartners durch die Weibchen rückt in den Vordergrund. Diese erhöhen
ihren Reproduktionserfolg durch die Wahl des „besten Vaters“ mit den „besten
Genen“ (Trivers 1972, Halliday 1983).
Kontrastierend zu den Weibchen im JBB zeigten die Weibchen im JBA keine
gesteigerte Aktivität während der Paarungszeit. Dies ist möglicherweise auf die
schlechtere Ressourcenlage im JBA zurückzuführen. Die Weibchen können es sich
möglicherweise nicht erlauben, eine Energie verbrauchende Aktivität, wie z.B. die
Lokomotion zu steigern. Bei einer im JBA beobachteten Paarung verließ das
Weibchen während ihrer rezeptiven Nacht zunächst nicht ihren Schlafplatz. Ein
Männchen näherte sich vielmehr kurz nach Aktivitätsbeginn diesem Schlafplatz an,
um ihn dann zu betreten. Das Weibchen verließ erst circa 01:30 h nach
Beobachtungsbeginn, also nach einem Großteil der gesamten Beobachtungsdauer,
ihren Schlafplatz. Handelte es sich bei dabei um eine typische Paarungssituation,
könnte dies auch eine Erklärung für das häufiger beobachtete Ruheverhalten der
Weibchen während der Paarungszeit sein.
Möglicherweise setzen diese Weibchen vermehrt akustische und olfaktorische
Signale ein, um ihren Östrus anzuzeigen und somit vermehrt Paarungspartner
anzulocken.
Das
unterschiedliche
Verhalten
Goldbrauner
Mausmakiweibchen
zweier
Populationen, die sich in ihrer Habitatstruktur und somit in ihrer Populationsdichte
unterscheiden, deutet auf eine hohe verhaltensökologische Plastizität Goldbrauner
Mausmakiweibchen hin, die sich an unterschiedliche ökologische Bedingungen
anpassen können.
4.4. Untersuchung des Aufzuchtverhalten
H13: Der Anteil Futteraufnahme und Futtersuche an der Gesamtaktivität sollte
während der Tragzeit und Laktation aufgrund eines erhöhten Energiebedarfes
der Weibchen steigen.
Der Anteil der Futteraufnahme und Futtersuche lag während der Tragzeit bei 57,5 %
und erreichte im Vergleich zu den drei anderen Phasen den Höchstwert. In der
207 | S e i t e
Vorpaarungszeit lag der Anteil der Futteraufnahme und Futtersuche bei 45 % im JBA
und 53,7 % im JBB. Während der Paarungszeit lag der Anteil im JBA bei 35,1 % und
im JBB bei 45,9 %. Während der Aufzuchtzeit wurde der niedrigste Anteil mit 28,5 %
im JBB erreicht. Lutermann (2001) konnte bei Grauen Mausmakiweibchen ebenfalls
eine prozentuale Zunahme des Fressens während der Monate Oktober und
November `98 sowie im Januar `99 verzeichnen. In diesen Monaten könnten sich
Weibchen am Ende ihrer Trächtigkeit bzw. in der Aufzuchtzeit befunden haben. Im
folgenden Jahr waren die Anteile des Fressens an der Gesamtaktivität von
September bis November `99 relativ konstant, erreichten jedoch im Februar 2000
deutlich höhere Werte. Dies deckt sich mit den Ergebnissen dieser Studie.
Im Untersuchungsgebiet JBB korreliert die gesteigerte Futteraufnahme auch mit
einer deutlichen Erhöhung des Körpergewichtes im November, also dem Monat, in
dem mindestens drei der Senderweibchen in der Endphase ihrer Trächtigkeit waren.
Eine der wichtigsten Veränderungen während der Trächtigkeit ist der gesteigerte
Metabolismus, der erforderlich ist, um dem heranwachsenden Fetus ausreichend
Nährstoffe anzubieten. Die Verfügbarkeit und Qualität der Nahrung, die den
Weibchen während der Trächtigkeit zur Verfügung steht, ist also ausschlaggebend
für den Reproduktionserfolg. Chivers (1977) führt sogar die Saisonalität im
Reproduktionskontext bei Siamangs auf die Verfügbarkeit von Nahrungsressourcen
während der Trächtigkeit zurück. Tragende Weibchen sind aufgrund ihres deutlich
erhöhten Körpergewichtes motorisch stark eingeschränkt. Ein vermutlich trächtiges
Goldbraunes Mausmakiweibchen wurde im Mai 2007 mit 96 Gramm Körpergewicht
gefangen. Im Vergleich zu den mittleren Körpergewichten zwischen 50 und 70
Gramm stellt dies eine deutliche Zunahme dar. Andererseits benötigen gerade
tragende Weibchen aufgrund ihres erhöhten Energiebedarfs Nahrung mit hohem
Energiegehalt. Das Einsetzen der Regenzeit ist positiv mit einem erhöhten
Futterangebot für Mausmakis korreliert. Von Sarikaya (1999) ist bekannt, dass Graue
Mausmakis zu Beginn der Regenzeit erstmalig Früchte fraßen, was schließlich sogar
zu einem dominierenden Anteil bei der Nahrungsaufnahme wurde. Aufgrund der
geklumpten Verteilung von Blüten und Früchten ist dies die perfekte Nahrungsquelle
für hochträchtige Weibchen, da sie keine großen Strecken mehr zurücklegen
208 | S e i t e
müssten, um weit verstreute Nahrung zu finden. Früchte bestehen außerdem aus
leichtverdaulicher Fruktose, die ein optimaler Energielieferant ist (Sarikaya 1999).
Außerdem enthalten sie Proteine (Richard 1985, Richard & Dewar 1991). Sie stellen
dadurch eine sehr gute Nahrungsquelle für trächtige Weibchen dar. Entsprechende
Vergleichsdaten für M. ravelobensis fehlen allerdings noch, daher ist eine
abschließende Klärung dieses Aspektes momentan nicht möglich. Weibchen
scheinen jedoch nicht nur ihre Nahrungsaufnahme zu steigern, sondern auch
bestimmte Nahrungsquellen aufgrund ihres Nährstoffgehaltes zu bevorzugen.
Während der Aufzuchtzeit wurde im Vergleich zu den drei anderen reproduktiven
Phasen die Futtersuche und -aufnahme
am wenigsten beobachtet. Dies ist
eigentlich unlogisch, da der Energiebedarf der Weibchen während der Laktation am
höchsten ist und sie daher viel mehr Nahrung aufnehmen sollten. Die dominierende
Aktivität während der Aufzuchtzeit war die Lokomotion, die in dieser Phase ihren
höchsten Anteil erreichte. Dies erklärt sich einerseits dadurch, dass die Weibchen
immer wieder zu ihren Jungtieren zurückkehren mussten und somit Wegstrecken
zurücklegten, die vor der Anwesenheit der Jungtiere nicht nötig gewesen wären.
Außerdem wurde eines der Weibchen mit Jungtieren (F03-05) während zwei
Fokusbeobachtungen beim Nestbau beobachtet, was jeweils circa eine Stunde, also
ein Fünftel der gesamten Beobachtungszeit in Anspruch nahm. Der Anteil an
Sozialkontakten stieg ebenfalls auf 7,6 % an und vervielfältigte sich im Vergleich zu
den vorhergehenden Phasen. Die Weibchen, die in Gruppen schliefen, verblieben
nach Verlassen des Schlafplatzes noch bis zu maximal 22 Minuten in
Schlafplatznähe, wobei alle Schlafgruppenmitglieder und Jungtiere in dieser Zeit
miteinander interagierten. Vor der Aufzuchtzeit verließen die Schlafgruppenmitglieder
normalerweise relativ schnell den Schlafplatz und steuerten die ersten Fressplätze
an. Schließlich stand den Weibchen während der regenreichen Zeit im Dezember
und Januar auch energiereichere Nahrung wie Früchte zur Verfügung. Während der
Tragzeit, die größtenteils in der Trockenzeit angesiedelt ist, war energiereiche
Nahrung hingegen rar. Die Weibchen mussten also während der Aufzuchtzeit längst
nicht mehr so viel Nahrung zu sich nehmen, um ihren Energiebedarf zu decken. Der
geringe Anteil an beobachteter Nahrungsaufnahme und -suche ist also einerseits
209 | S e i t e
wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die Weibchen während der Aufzuchtzeit
andere Verhaltensmuster aufwiesen als in vorhergehenden Phasen und die
Futteraufnahme zu Gunsten von Sozialkontakten und Lokomotion, z.B. Nestbau,
reduziert wurde. Andererseits ermöglicht natürlich das reichliche und qualitativ
hochwertige Futterangebot während der Regenzeit den Weibchen nicht so viel Zeit in
die Nahrungsaufnahme zu investieren. Es sollten jedoch auch Beobachtungen in der
zweiten Hälfte der Nacht durchgeführt werden, um so ein komplettes Bild der
Verhaltensaktivitäten während der Aufzuchtzeit zu erhalten. Die Hypothese 5 kann
also für die Trächtigkeit bestätigt werden. Für die Zeit der Laktation muss sie jedoch
abgelehnt werden.
Frage 1: Benutzen die Weibchen während der Aufzucht besser geschütztere
Schlafplätze wie Baumhöhlen oder Blätternester?
In der Vorpaarungs-, Paarungs- und Tragzeit benutzten die Weibchen am häufigsten
Schlafplätze in der offenen Vegetation. Aus bisherigen Studien war bekannt, dass M.
ravelobensis während der Trockenzeit im Vergleich zum sympatrisch lebenden
Grauen
Mausmaki
signifikant
seltener
Baumhöhlen
und
Baumspalten
als
Schlafplätze nutzten. Exponierte Schlafplätze in Lianen, im Gestrüpp und in
Astgabeln traten auf (Ehresmann 2000, Radespiel et al. 2003). Auch bei ersten
Untersuchungen des im JBB allopatrisch vorkommenden M. ravelobensis konnte
keine Nutzung von Baumhöhlen festgestellt werden (Randrianambinina 1997).
Weibchen nutzten hier neben den oben genannten Schlafplätzen auch Blätternester
und Tectonia grandis - Schlafplätze (Weidt 2001). In dieser Studie konnte während
der Vorpaarungs- und Paarungszeit die gelegentliche Nutzung von Höhlen als
Schlafplatz dokumentiert werden. Dies geschah jedoch überwiegend im Gebiet JBA
und auch dort nur bei bestimmten Weibchen. Die überwiegende Nutzung von
Schlafplätzen in der offenen Vegetation ist bereits von M. myoxinus bekannt und wird
in diesem Zusammenhang mit der interspezifischen Konkurrenz zu M. murinus
erklärt, der sympatrisch zu M. myoxinus im Kirindy lebt (Schwab 2000). Gegen eine
inter-spezifische Konkurrenz zwischen M. ravelobensis und M. murinus spricht, dass
die Goldbraunen Mausmakis im JBB, in dem sie allopatrisch vorkommen, noch
210 | S e i t e
seltener Schlafhöhlen benutzten als im JBA. Dies ist möglichweise auch auf
Vegetationsunterschiede zwischen den beiden Gebieten zurückzuführen (Rendigs et
al. 2003). Im JBB liegt eine geringere Dichte an Bäumen vor als im JBA.
Dementsprechend gibt es auch eine geringere Anzahl an Bäumen, die einen
ausreichenden Durchmesser haben, um Schlafhöhlen zu besitzen.
Die vier Weibchen, die im Untersuchungszeitraum dieser Studie Nachwuchs
bekommen hatten, nutzten zusammen mit ihren Jungtieren an 60 % der Tage
Blätternester. Beim Vergleich zwischen Weibchen mit Jungtieren und Weibchen
ohne Jungtiere fiel außerdem auf, dass Weibchen mit Nachwuchs in den Monaten
Dezember `07 und Januar `08 signifikant häufiger Blätternester nutzten als Weibchen
ohne Nachwuchs. Diese wurden weiterhin meistens in Schlafplätzen in der offenen
Vegetation gefunden. Es fällt allerdings auch auf, dass nicht alle Weibchen mit
Jungtieren gehäuft Blätternester nutzten. Zwei der Weibchen wurden zwischen 83
bis 100 % in Blätternestern gefunden und eines der Weibchen nutzte diesen
Schlafplatztyp gelegentlich. Das vierte Weibchen wurde allerdings nie in einem
Blätternest beobachtet. Die beiden Weibchen, die während der Aufzuchtzeit die
Nutzung von Blätternestern präferierten, wurden vor der Aufzuchtzeit größtenteils in
Schlafplätzen in der offenen Vegetation und nur zu einem geringen Teil in
Schlafhöhlen oder Blätternestern gefunden. Blätternester wurden also von einigen
Weibchen in der Aufzuchtzeit präferiert genutzt. Es kann aber nicht von einer
generellen Präferenz von Blätternestern bei Weibchen mit Nachwuchs gesprochen
werden. Die Nutzung von Schlafhöhlen konnte bei keinem Weibchen während der
Aufzucht registriert werden. Drei der Weibchen stammten jedoch aus JBB, wo auch
vor der Aufzuchtzeit kaum Schlafhöhlen genutzt wurden. Von Grauen Mausmakis ist
bekannt, dass während der Anwesenheit von Jungtieren bevorzugt Schlafhöhlen
genutzt wurden (Lutermann 2001). Lutermann (2001) beobachtete allerdings auch,
dass die Nutzung von Höhlen ab dem Monat Januar zurückging und anstelle dessen
in positiver Korrelation zum Einsetzen starker Niederschläge häufiger Blätternester
und Schlafplätze in der offenen Vegetation genutzt wurden. Möglicherweise können
Höhlen mit Wasser vollaufen, so dass sie nach starken Niederschlägen nicht mehr
zu nutzen sind. Dies erklärt sicherlich eine reduzierte Nutzung von Höhlen während
211 | S e i t e
der regenreichen Aufzuchtzeit, kann allerdings keine Erklärung dafür bieten, dass
Goldbraune Mausmakis anscheinend gar keine Höhlen nutzten.
Das Nutzen von Blätternestern während der Aufzuchtzeit kann einige Ursachen
haben. Sie bieten im Vergleich zu Schlafplätzen in der offenen Vegetation einen
besseren Schutz vor Prädatoren. Des Weiteren bieten sie auch bessere
Isolationseigenschaften und Protektion vor stärkeren Regenfällen als Plätze in der
offenen Vegetation. Da Mausmakis Nesthocker sind, deren Behaarung und
Koordinationsfähigkeit zum Zeitpunkt der Geburt noch nicht vollständig ausgebildet
ist (Glatston 1979), benötigen Jungtiere zwangsläufig einen gut geschützten Platz.
Lutermann (2001), die den Aufbau eines Blätternestes, dass von M. murinus genutzt
worden war, untersuchte, stellte fest, dass die äußere Schicht aus ledrigen Blättern
von Bathiorhamus louveli var. reticulatus (Rhamnaceae) bestand, die mit einer
dicken Wachsschicht überzogen waren. Diese Schicht diente vermutlich als Schutz
gegen Niederschläge.
Thoren et al. (2008) konnte im Mai 2007 erstmals den Bau eines Blätternestes von
einem M. ravelobensis-Weibchen beobachten. Im Verlauf der vorliegenden
Untersuchung konnte ebenfalls in zwei Situationen ein Weibchen beim Bau eines
Nestes beobachtet werden. Die Weibchen investierten viel Energie und Zeit in den
Bau von Nestern, da der Nestbau jeweils zwischen 30 - 60 Minuten in Anspruch
nahm. Der Bau von Nestern während der Aufzucht wurde auch bei anderen Arten,
wie z.B. Buschbabies (Galago crassicaudatus) (Bearder & Doyle 1974) oder Varis
(Varecia variegata variegata) (Pereira et al. 1987) beobachtet. Die Fragestellung
kann also dahingehend beantwortet werden, dass Goldbraune Mausmakis während
der Aufzuchtzeit Blätternester bevorzugen, die vermutlich thermoregulatorische
Vorteile
sowie
Schutz
vor
Prädatoren bieten.
Ultimat
könnten damit die
Überlebenschancen der Jungtiere und der Reproduktionserfolg der Weibchen erhöht
werden.
212 | S e i t e
Frage 2: Werden die Schlafplätze während der Aufzucht häufiger gewechselt
als vorher?
Während der Vorpaarungs- und Paarungszeit lagen die Wiederkehrraten der
Senderweibchen zum Schlafplatz des Vortages zwischen 0-100%. Während der
Tragzeit kehrten sie zwischen 33,3 bis 62,5 % zurück. Während der Aufzuchtzeit
reduzierte sich die Wiederkehrrate der Weibchen auf 0-16,7 %. Es ist allerdings zu
erwähnen, dass es große individuelle Varianzen im Wiederkehrverhalten der
Weibchen gab. Außerdem lag nur eine kleine Stichprobe vor.
Weibchen, die Jungtiere hatten, kehrten in den Monaten Dezember `07 und Januar
`08 signifikant seltener zum Schlafplatz des Vortages zurück, als Weibchen, die in
dieser Zeit keinen Nachwuchs hatten.
Ehresmann (2000) stellte fest, dass Goldbraune Mausmakis außerhalb der
Reproduktionszeit (entspricht in dieser Arbeit der Vorpaarungszeit) im Mittel jeden
dritten
Tag
ihren
Schlafplatz
wechselten.
Dies
entsprach
einer
mittleren
Rückkehrrate von 35,8%. Während der Paarungszeit dokumentierte sie für
Weibchen, dass diese ebenfalls jeden dritten Tag ihren Schlafplatz wechselten.
Lutermann (2000) fand heraus, dass Graue Mausmakis in den Monaten Juli,
September und Januar häufiger ihre Schlafplätze wechselten als in den übrigen
Monaten. Außerdem fand sie heraus, dass Weibchen mit Jungtieren ihren
Schlafplatz häufiger wechselten. Dies entspricht den Ergebnissen dieser Studie.
Das häufige Wechseln von Schlafplätzen wird vor allem als Anti-PrädatorenStrategie erklärt, wie es auch schon bei einigen anderen Primaten (Anderson, 1984)
und bei Fledermäusen (Lewis, 1995) beschrieben wurde.
Klimatische
Umstände,
wie
starke
Niederschläge,
und
eventueller
Ektoparasitenbefall können allerdings ebenfalls bewirken, dass die Weibchen
häufiger den Schlafplatz wechseln. Je nach Konstruktionsaufwand des Weibchens
hatten die Nester, die in dieser Studie gefunden worden, mitunter nur eine
Lebensdauer von ein bis zwei Tagen, wenn stärkere Niederschläge oder starker
Wind auftraten. Es gab jedoch auch Nester, die über einige Wochen stabil blieben.
Unter Umständen könnte der leichtere Verfall von Blätternestern auch den
häufigeren Wechsel erklären. In den Fällen, in denen das Weibchen beim Bau eines
213 | S e i t e
Nestes beobachtet werden konnte, waren die Nester jedoch sehr stabil und noch bis
zu drei Wochen nach der Konstruktion nicht zerstört. Trotzdem wurde das Weibchen
in jeder darauffolgenden Nacht an einem neuen Ort gefunden. Die Stabilität des
Nestes scheint also eher einen geringen Einfluss darauf zu haben, ob der Schlafplatz
während des nächsten Tages wieder genutzt wurde. Insgesamt kann also bestätigt
werden, dass Weibchen während der Anwesenheit von Jungtieren häufiger ihren
Schlafplatz wechseln als vor der Aufzuchtzeit und als Weibchen, die keinen
Nachwuchs haben. Somit scheint die Gegenwart von Jungtieren dieses Verhalten
stärker zu beeinflussen als es die klimatischen Gegebenheiten tun.
Frage 3: Verändert sich die Schlafgruppenzusammensetzung während der
Aufzuchtzeit und welche Rolle spielen die männlichen und weiblichen
Schlafgruppenmitglieder bei der Aufzucht der Jungtiere?
Zwei der Senderweibchen (F03-05, F41-07), die mit Jungtieren in einer Gruppe
schliefen, wurden vor der Aufzuchtzeit in gemischt-geschlechtlichen Schlafgruppen
beobachtet. Ab der Anwesenheit der Jungtiere konnte jedoch bei keiner Kontrolle ein
Männchen als Schlafgruppenmitglied gesehen werden. Das Weibchen F03-05 wurde
hauptsächlich alleinschlafend mit ihrem Jungtier beobachtet. Nur zweimal wurde ein
weiteres Tier gesichtet, dessen Geschlecht allerdings nicht identifiziert werden
konnte. Auch in der Gruppe von F41-07 konnte nach der ersten Sichtung der
Jungtiere kein Männchen mehr in der Schlafgruppe gesehen werden. Es wurde
jedoch ein weiteres Tier unbekannten Geschlechts in der Gruppe gesehen. Bei einer
späteren Kontrolle wurde ein zweites Weibchen in der Schlafgruppe vorgefunden.
Aufgrund der stabilen Konstellation der Gruppe aus zwei adulten und zwei juvenilen
Tieren handelte es sich bei dem nicht näher identifizierten Tieres sehr wahrscheinlich
auch schon um dieses Weibchen. In der Aufzuchtsgruppe von F25-05 wurde ab der
ersten Sichtung der Jungtiere immer ein zweites adultes Weibchen in der
Schlafgruppe beobachtet. Vor der Aufzuchtzeit wurde F25-05 nur einmal
zusammenschlafend mit einem Individuum unbekannten Geschlechts gefunden,
sonst schlief es jedoch immer allein. F22-06 wurde immer alleinschlafend mit ihrem
214 | S e i t e
Jungtier gesehen. Von diesem Weibchen liegen jedoch keine Informationen über die
Schlafsituation vor der Aufzuchtzeit vor.
Es scheint demnach so gewesen zu sein, dass Männchen vor der Geburt der
Jungtiere aus den Schlafgruppen verschwanden. Es ist jedoch nicht bekannt, wo die
Männchen, die vorher mehr oder weniger regelmäßig in Schlafgruppen mit Weibchen
angetroffen wurden, sich während der Aufzucht aufhielten und ob diese
möglicherweise nach der Aufzucht der Jungtiere wieder zurückkehrten.
Lutermann (2000) konnte auch beim Grauen Mausmaki gemischt-geschlechtliche
Schlafgruppen beobachten, die allerdings nie während der Aufzuchtzeit Bestand
hatten.
Wie bereits diskutiert, scheinen Goldbraune Mausmakiweibchen, die in einer
Schlafgruppe schlafen, ihren Östrus relativ zu synchronisieren. Hierdurch ist die
Grundlage für eine gemeinsame Jungenaufzucht gegeben, die einige Vorteile bieten
könnte,
wie
z.Bsp.
Fitnessgewinne
durch
gemeinsame
Ausbeutung
von
Nahrungsressourcen, Laktation, „Allogrooming“, Verteidigung und Thermoregulation
(Emlen 1991). Beobachtungen von Eberle & Kappeler (2006) ergaben, dass Graue
Mausmakiweibchen ausschließlich ihren eigenen Nachwuchs trugen, jedoch nichteigenen Nachwuchs auch „groomten“ und säugten. Insgesamt ließen Weibchen
jedoch ihrem eigenem Nachwuchs mehr Fürsorge zu teil werden als fremden
Jungtieren. Dies lässt sich unter anderem auch dadurch erklären, dass das Säugen
von fremdem Nachwuchs Nachteile für den eigenen Nachwuchs nach sich ziehen
kann. Dieser erhält möglicherweise nicht mehr ausreichend Milch und ist während
der Zeit, die das Weibchen ein anderes Jungtier säugt ohne Betreuung durch die
Mutter.
Im Rahmen dieser Studie konnte zumindest eine Gruppe mit zwei adulten Weibchen
und zwei Jungtieren beobachtet werden. Welches Jungtier zu welchem Weibchen
gehörte, konnte allerdings nicht bestimmt werden. Entfernte sich eines der adulten
Weibchen vom Schlafplatz, folgte ihr jeweils eines der Jungtiere. Daher kann davon
ausgegangen werden, dass jedes Weibchen ein eigenes Jungtier hatte. Beide
Weibchen wurden jedoch beim Spielen oder „Allogrooming“ mit beiden Jungtieren
215 | S e i t e
beobachtet. Das Säugen oder Tragen eines Jungtieres konnte in dieser Gruppe nicht
beobachtet werden, so dass darüber keine Aussagen getroffen werden können. Ein
ähnliches Verhalten wurde auch bei Lemur catta beobachtet, wobei Weibchen
fremde Jungtiere „groomten“ und auch transportierten (Jolly 1966, Gould 1992).
Lutermann (2001) konnte bei einer Aufzuchtsgruppe Grauer Mausmakis, in der sich
drei Weibchen mit ihrem Nachwuchs befanden, beobachten, wie eines der Weibchen
den Schlafplatz zusammen mit ihrem Jungtier verließ, um dieses außerhalb der
Höhle zu säugen. Ob und inwiefern also das Säugen nicht-eigenen Nachwuchses
eine Rolle für Mausmakis spielt, ist bisher nicht geklärt. Insgesamt kann jedoch
aufgrund der Beobachtungen in dieser Studie geschlussfolgert werden, dass
Weibchen auch nicht-eigenem Nachwuchs ein gewisses Investment zukommen
lassen. Sollten die Weibchengruppen aus verwandten Tieren bestehen, wie bei
Grauen Mausmakis beschrieben (Lutermann 2001), würden die Weibchen durch
diese Investitionen ihre indirekte Fitness steigern. Weibliche Schlafgruppenmitglieder
könnten also durchaus eine wichtige Rolle bei der Aufzucht der Jungtiere spielen,
wohingegen männliche Schlafgruppenmitglieder während der Aufzuchtzeit komplett
zu verschwinden scheinen.
Frage 4: Wie verändert sich das Raumnutzungsverhalten der Mütter während
der Aufzuchtzeit?
Während der Aufzuchtzeit hatten die Mütter ihre kleinsten mittleren Aktionsräume
(Min: 0,1 ha; Max: 0,28 ha) und legten die kürzesten mittleren Nachtwanderstrecken
zurück (Min: 157 m; Max: 250 m). Es zeigte sich also insgesamt eine Verkleinerung
der genutzten Fläche während einer Nacht in der Aufzuchtzeit. Lutermann (2001)
stellte bei Grauen Mausmakis ebenfalls eine Verkleinerung der Aktionsräume von
Juli bis Februar fest. Eine deutliche Abnahme wurde von Januar zu Februar
registriert, eine deutliche Zunahme bereits wieder von Februar zu März. Gleiche
Resultate finden sich auch bei Sarikaya (1999), die herausfand, dass Aktionsräume
während der Trockenzeit deutlich größer waren als in der Regenzeit und auch die
Nachtwanderstrecken zu Beginn der Regenzeit am kürzesten waren. Die Regenzeit
fällt in dieser Studie mit der Aufzucht der Jungtiere zusammen.
216 | S e i t e
Die Verkleinerung des Aktionsraumes kann verschiedene Ursachen haben. Die
Verteilung von Ressourcen beeinflusst die Verteilung der Weibchen (Clutton-Brock &
Harvey 1978). Die entscheidende Ressource Goldbrauner Mausmakiweibchen ist
Nahrung. Bei vielen Arten konnte eine negative Korrelation zwischen der Größe der
Streifgebiete und der Verfügbarkeit von Nahrung festgestellt werden (Boutin 1984,
Guillet et al. 1996, Hulbert et al. 1996). Auch Veränderungen in der Qualität von
Nahrung können Auswirkungen auf das Raumnutzungsverhalten von Tieren haben.
Von Goldbraunen Mausmakis im JBB ist aus vorhergehenden Studien bekannt, dass
diese in den Monaten August bis Oktober hauptsächlich Homopterensekret fressen
(Weidt 2001). Aufgrund des hohen Zucker- jedoch geringen Proteingehaltes (Hladik
et al. 1980) muss es in großen Mengen aufgenommen werden, d.h. dass die
Weibchen während einer Nacht verschiedene Plätze aufsuchen müssen, an denen
sie Homopterensekret finden können, und daher häufig in Lokomotion gesichtet
werden. Kommt Nahrung räumlich verstreut vor, müssen die Weibchen größere
Aktionsräume haben, um Zugang zu dieser Nahrung zu erhalten.
Von Sarikaya (1999) ist bekannt, dass Graue Mausmakis zu Beginn der Regenzeit
erstmalig Früchte fraßen, was schließlich sogar zu einem dominierenden Anteil bei
der Nahrungsaufnahme wurde. Berücksichtigt man also die überwiegende Aufnahme
von Früchten ab dem Beginn der Regenzeit, sowie deren geklumpte Verteilung
(Hladik 1980, Richard 1985), wird ersichtlich, warum Weibchen keine langen
Strecken mehr zurücklegen müssen und sich außerdem ihr nächtliches Streifgebiet
verkleinert. Falls Goldbraune Mausmakis ebenfalls zu Beginn der Regenzeit ihre
Fressgewohnheiten änderten, wäre die Verkleinerung der Aktionsräume auch mit der
verbesserten Ressourcensituation erklärbar.
Es sollte jedoch auch die reproduktive Situation der Weibchen zu Beginn der
Regenzeit berücksichtigt werden. Während dieser Studie wurden die ersten
stärkeren Niederschläge ab November beobachtet. Während dieses Monats waren
einige Weibchen hochtragend. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie also einerseits einen
hohen Energiebedarf, waren aber andererseits nicht mehr agil genug, um längere
Strecken zurückzulegen. Außerdem sinkt bei den meisten Spezies in der späten
217 | S e i t e
Gravidität
die
Futteraufnahmemenge
aufgrund
der
Verdrängung
der
Verdauungsorgane durch den wachsenden Fötus. Aufgrund der geklumpten
Verteilung von Blüten und Früchten wären diese die perfekten Nahrungsquellen für
hochtragende Weibchen. Früchte bestehen aus leichtverdaulicher Fruktose, die ein
optimaler Energielieferant ist (Sarikaya 1999). Außerdem enthalten sie auch Proteine
(Richard 1985, Richard & Dewar 1991). In den Monaten Dezember und Januar ist
schließlich die Anwesenheit der Jungtiere als zusätzlicher Faktor für eine
Aktionsraumverkleinerung zu berücksichtigen. Vor allem während der ungefähr
sechs-wöchigen Laktation können die Weibchen sich nicht weit von ihren Jungtieren
und dem Nest entfernen. Es wurde allerdings beobachtet, dass ein Weibchen ihr
Jungtier während einer Nacht durch die Gegend trug. Somit konnte sie
Nahrungssuche und Nähe zu ihrem Jungtier vereinbaren und war nicht mehr darauf
angewiesen, immer wieder zum Schlafplatz zurückzukehren. Der Transport der
Jungtiere ist jedoch auch ein energieverzehrender Faktor und sollte daher nicht über
größere Distanzen stattfinden. Das Raumnutzungsverhalten der Weibchen scheint
sich also in Anlehnung an das Nahrungsangebot während der Regenzeit zu ändern
aber vor allem auch eine Adaptation der Mütter an die Bedürfnisse ihrer Jungtiere
widerzuspiegeln.
Frage 5: Nach wie vielen Wochen verlassen die Jungtiere das erste Mal
eigenständig das Nest?
Circa ab der zweiten Lebenswoche wurde beobachtet, wie die Jungtiere erstmalig
allein das Nest verließen, sich aber nicht weiter als einen Meter davon entfernten.
Erst ab der vierten Lebenswoche konnte beobachtet werden, dass die Jungtiere sich
selbstständig außerhalb des Nestes bewegten und der Mutter über längere Strecken
folgten. Lutermann (2001) beobachtete in ihrer Studie, dass die Jungtiere mit circa
21 Tagen die Höhlen selbstständig verließen. Jungtiere der Art M. ravelobensis
scheinen sich also etwas schneller zu entwickeln als Jungtiere Grauer Mausmakis.
Dies ist möglicherweise auf die unterschiedliche Schlafplatzqualität zurückzuführen.
Graue Mausmakiweibchen nutzen vorwiegend relativ gut isolierte und geschützte
Höhlen während der Aufzucht, wohingegen Goldbraune Mausmakiweibchen weniger
218 | S e i t e
gut geschützte Schlafplätze in Blätternestern oder sogar der offenen Vegetation
nutzen. Die Jungtiere Goldbrauner Mausmakis müssten also schneller selbstständig
werden um so möglichen Prädatoren entfliehen zu können. Jungtiere anderer
Lemurenarten wie z.B. bei L. catta beginnen ebenfalls ab einem Alter von vier
Wochen selbstständiger die Gegend zu erkunden, wobei sie sich auch nicht weiter
als fünf Meter von ihren Müttern entfernen (Gould 1990). Weibchen der Gattung
Varecia bauen ebenfalls Nester für ihre Jungtiere. Diese verlassen ab einem Alter
von ein bis drei Wochen erstmals dieses Nest, wobei die Mutter sie aus dem Nest
herausträgt und in der Vegetation parkt, während sie auf Nahrungssuche geht
(Pereira et al. 1987; Morland 1990; Vasey 2007). Auch die Jungtiere dieser Gattung
beginnen ab einem Alter von vier Wochen zu klettern und sich aktiv festzuhalten.
Allerdings erst ab einem Alter von zwei bis drei Monaten folgen sie der Mutter oder
anderen Gruppenmitglieder bis zu 100m. Die Entwicklung der Jungtiere in Richtung
Selbstständigkeit beginnt also bei Lemuren relativ früh und etwa zum gleichen
Zeitpunkt.
Frage 6: Wie verändern sich die Mutter-Jungtier-Kontakte mit zunehmendem
Alter der Jungtiere und welche ontogenetischen Eckpunkte lassen sich
erkennen?
Generell konnte bei den in dieser Studie untersuchten Weibchen ein Anstieg der
relativen Kontaktdauer zwischen Mutter und Jungtier bis zur vierten oder fünften
Lebenswoche festgestellt werden. Im Gegensatz dazu konnte Lutermann (2001) bei
Grauen Mausmakis eine Abnahme der Kontaktzeit zwischen Mutter und Jungtier mit
zunehmendem Alter der Jungtiere verzeichnen. Alle von ihr beobachteten Jungtiere
wurden allerdings in gut einsehbaren Höhlen aufgezogen und die An- und
Abwesenheit der Mütter konnte eindeutig aufgezeichnet werden.
Durch verschiedene Faktoren wurde es in dieser Studie erschwert, die Jungtiere
während ihrer ersten Lebenswochen kontinuierlich zu überwachen. Eines der
beobachteten Weibchen (F03-05) verließ am Anfang der Nacht ihr Nest und kehrte
im weiteren Verlauf der Nacht auch nicht wieder zurück. Dies lässt vermuten, dass
sie ihr Jungtier mitgenommen hatte. Dieses Verhalten ist auch bei anderen
219 | S e i t e
Weibchen zu erwarten, da häufiger Jungtiere gesichtet wurden, die regungslos in
Bäumen saßen und dort wahrscheinlich auf die Rückkehr ihrer Mutter warteten. Es
ist allerdings ebenfalls denkbar, dass diese Strategie nur von alleinschlafenden
Weibchen, wie F03-05 angewandt wurde, da diese noch häufiger zum Nest
zurückkehren müssen, als Weibchen, die in Gruppen schlafen. Eine weitere Ursache
für die niedrigen Kontaktdauern in den ersten Lebenswochen könnte darauf
zurückzuführen sein, dass Weibchen teilweise sehr schlecht bis gar nicht einsehbare
Schlafplätze benutzten, so dass zwar registriert werden konnte, dass die Weibchen
in die Nähe des Schlafplatzes zurückkehrten, dies jedoch nicht genau observiert
werden konnte. Dies erschwerte auch die Datierung von Geburten. Nur bei einem
Weibchen (F03-05) wurde das Jungtier noch in einem relativ unreifen Stadium,
wahrscheinlich in der 2. Lebenswoche, gesehen. Bei den beiden anderen Weibchen
war das Alter ihrer Jungtiere schon deutlich weiter fortgeschritten (3.-4.
Lebenswoche). Aufgrund der dichten Vegetation war es desweiteren insgesamt
schwieriger den Weibchen zu folgen und direkten Sichtkontakt herzustellen. Es ist
also durchaus möglich, dass sich die Jungtiere in der Nähe ihrer Mütter befanden,
sie jedoch nicht gesehen werden konnten. Die in dieser Studie beobachtete
Zunahme des Kontaktes bis zur fünften Lebenswoche ist also eher darauf
zurückzuführen, dass die Jungtiere ab der vierten Lebenswoche selbstständiger
wurden und der Mutter über längere Strecken aktiv folgten, was es wiederum
einfacher machte, diese überhaupt zu sehen.
Die Abnahme des Kontaktes nach der fünften Lebenswoche wäre dann auf die
Zunahme der Selbstständigkeit der Jungtiere zurückzuführen. Jungtiere werden bis
zur sechsten Lebenswoche gesäugt. Lutermann (2001) konnte bereits eine erhöhte
Abwesenheit der Mütter ab der dritten Lebenswoche verzeichnen, was dafür spricht,
dass die Jungtiere mit zunehmendem Alter immer weniger auf die Milch der Mutter
angewiesen sind und bereits beginnen, sich auf alternative Nahrung umzustellen. Ab
der dritten Lebenswoche lagen ihr jedoch keine Informationen mehr über den
Kontakt zwischen Mutter und Jungtier vor, da sie den Tieren aufgrund dichter
Vegetation nicht mehr folgen konnte. Es ist daher anzunehmen, dass das in dieser
Studie beobachtete Absinken der Kontaktdauer ab der fünften Lebenswoche ein
220 | S e i t e
realistischer
Zeitpunkt
für
die
Umstellung
von
Muttermilch
auf
andere
Nahrungsquellen darstellt.
Bis zur dritten Lebenswoche des Jungtieres wurde beobachtet, wie ein Weibchen ihr
Jungtier oral transportierte. Bis zu diesem Alter sind die Jungtiere also stark von der
Mutter abhängig, da sie ihr über längere Distanzen noch nicht folgen können. Eberle
und Kappeler (2006) konnten sogar bis zur sechsten Lebenswoche beobachten,
dass eine Mutter das Jungtier oral transportierte. Es ist allerdings durchaus denkbar,
dass die Jungtiere Goldbrauner Mausmakis früher eigenständig werden als Jungtiere
Grauer Mausmakis. Da sie schutzlos in der offenen Vegetation geparkt werden und
weniger Zeit in geschützten Schlafhöhlen verbringen, ist es für sie von Vorteil, so
schnell wie möglich der Mutter eigenständig folgen zu können.
Ab der fünften Lebenswoche wurde erstmalig in der Gruppe von F25-05
Spielverhalten beobachtet, bei dem sowohl die Jungtiere untereinander als auch mit
beiden adulten Weibchen der Gruppe spielten. Auch Jungtiere von Lemur catta
zeigen etwa ab der sechsten Lebenswoche erstes soziales Spielverhalten (Gould
1990).
Immer wenn das Senderweibchen F25-05 den Schlafplatz verließ, folgte ihr eines der
Jungtiere. Dies konnte bis ca. zur fünften Lebenswoche des Jungtieres beobachtet
werden, was auf eine
anhaltende Abhängigkeit des Jungtieres von der Mutter
hinweist. Das Jungtier war allerdings aufgrund seiner erhöhten Mobilität nicht mehr
so stark auf die Mutter angewiesen.
Das Jungtier von Senderweibchen F22-06 konnte schließlich während der siebenten
Lebenswoche gar nicht mehr in der Nähe der Mutter gesichtet werden. Abgesehen
von der Möglichkeit, dass das Jungtier verstorben sein könnte, kann dies bedeuten,
dass Jungtiere nur so lange an ihre Mütter gebunden sind, wie sie von diesen ernährt
werden. Das Ende des Säugens könnte also auch das Ende regelmäßiger Kontakte
zwischen Mutter und Jungtier andeuten. Weitere Studien, die Mütter und Jungtiere
über die siebente Lebenswoche hinaus untersuchen, könnten Informationen über
den weiteren Verlauf der Mutter-Jungtier-Beziehungen liefern. Es ist jedoch zu
erwarten, dass Mütter weiterhin mit ihren Jungtieren in einer Schlafgruppe schlafen,
221 | S e i t e
wie dies die genetischen Analysen dieser und anderer Studien belegen (Radespiel et
al. 2009).
222 | S e i t e
Franziska Quietzsch: Zum Reproduktions- und Aufzuchtverhalten des Goldbraunen
Mausmakis (Microcebus ravelobensis)
5. Zusammenfassung
Das
Fortpflanzungs-
und
Aufzuchtverhalten
Goldbrauner
Mausmakis
(M.
ravelobensis) wurde in dieser Studie im Zeitraum August 2007 bis Januar 2008 im
Nordwesten Madagaskars untersucht. Es wurden in der Fortpflanzungssaison zwei
Paarungszeiten mit der sich anschließenden Aufzuchtzeit erfasst. In zwei
Untersuchungsgebieten (JBA und JBB), in denen Goldbraune Mausmakis in
unterschiedlicher
Populationsdichte
vorkommen,
wurden
Daten
mittels
populationsökologischer und telemetrischer Methoden gesammelt, die Aufschlüsse
über die Reproduktion dieser Lemurenart lieferten. Genetische Methoden erbrachten
weitere Informationen. Mittels der Fangaktionen wurden im JBA (ca. 30 ha) 46
(26,20)
verschiedene
Goldbraune
Mausmakis
gefangen.
Die
monatliche
Populationsdichte schwankte zwischen 0,6 und 0,7 Tieren pro Hektar. Im JBB (ca. 5
ha) wurden 80 (35, 45) verschiedene Individuen gefangen. Die Populationsdichte
nahm von August bis Oktober kontinuierlich ab. Es konnten in dieser Studie erstmals
aufgrund der Zyklusdauer zwei voneinander getrennte Östren im JBA dokumentiert
werden. Die erste dauerte vermutlich von der 38.-42. Kalenderwoche und die zweite
setzte in der 44. Kalenderwoche ein. Im JBB gab es ebenfalls aufgrund der
Zyklusdauer zwei Östren. Die erste begann in der 36. Kalenderwoche und die zweite
vermutlich in der 42. Kalenderwoche. Die Interöstrusdauer der Weibchen lag in
beiden Gebieten bei ca. 4 Wochen.
In jedem Gebiet wurden acht Weibchen mit Radiotransmittern ausgestattet. Die
Aktivitätsbudgets, sozialen Interaktionen, das Raumnutzungsverhalten und die
Schlafplatzwahl dieser Weibchen wurden untersucht.
Es konnten Unterschiede in den Aktivitäten zwischen den Gebieten und in
Abhängigkeit von der reproduktiven Phase der Weibchen festgestellt werden. Diese
traten vor allem in der Aufzucht-, Vorpaarungs- und Paarungszeit auf und betrafen
die Aktivitäten Lokomotion, Aufenthalt im Nest, Ruheverhalten, Sozialkontakte sowie
Futtersuche und -aufnahme.
223 | S e i t e
Die mittleren Aktionsraumgrößen blieben im JBB während der Vorpaarungs-,
Paarungs- und Tragzeit relativ konstant und erreichten die niedrigste Größe mit 0,2
ha in der Aufzuchtzeit. Im JBA reduzierten sich die mittleren Aktionsraumgrößen von
der Vorpaarungszeit bis zur Paarungszeit. Die mittleren Nachtwanderstrecken
stiegen im JBB von der Vorpaarungszeit zur Paarungszeit an. Danach sanken sie
signifikant
zur
Aufzuchtzeit
ab.
Im
JBA
hingegen
reduzierten
sich
die
Nachtwanderstrecken von der Vorpaarungszeit zur Paarungszeit. Diese Ergebnisse
weisen auf ein unterschiedliches Raumnutzungsmuster der Weibchen in beiden
Populationen hin.
Im JBA hatten die Weibchen durchschnittlich Zugang zu drei verschiedenen
Paarungspartnern, im JBB durchschnittlich zu neun verschiedenen Männchen.
In beiden Untersuchungsgebieten erhöhte sich die soziale Begegnungsrate während
der Paarungszeit. Während der Trag- und Aufzuchteit reduzierte sich diese wieder.
Der Anteil an Interaktionen mit Nicht-Schlafgruppenmitgliedern und Männchen nahm
während der Paarungszeit ebenso zu wie die Dauer von Kontakten zu Männchen.
Kontakte mit Schlafgruppenmitgliedern reduzierten sich in der Paarungszeit.
Während der Aufzuchtzeit stieg ihr Anteil wieder auf über die Hälfte aller Kontakte.
Während der Nacht, in der im JBA ein Weibchen bei einer Paarung beobachtet
werden konnte, wurden insgesamt vier Individuen in ihrer Nähe gesichtet. Es konnte
jedoch nicht geklärt werden, ob es sich um vier verschiedene Tiere handelte. In der
Nähe des Weibchens im JBB, das bei einer Paarung beobachtet wurde, konnten im
Beobachtungsverlauf zwei verschiedene Männchen gesichtet werden.
14 von 17 Weibchen konnten einer Schlafgruppe zugeordnet werden. Es ließen sich
insgesamt 12 verschiedene Schlafgruppen abgrenzen, die jeweils aus zwei bis fünf
Individuen bestanden. Mit Ausnahme von drei Schlafgruppen setzten sich alle
Gruppen aus mindestens einem Weibchen und einem Männchen zusammen. Die
männlichen und weiblichen Mitglieder der Schlafgruppen gehörten in den
exemplarisch untersuchten Fällen alle einer Matrilinie an, waren mehr oder weniger
eng miteinander verwandt und enthielten somit vermutlich keine Paarungspartner.
224 | S e i t e
Weibchen im JBB asynchronisierten ihre Östren und zeigten eine gesteigerte
Lokomotionsaktivität während der Paarungszeit. Weibchen im JBA hingegen
synchronisierten anscheinend ihre Östren.
Während
der
Aufzuchtzeit
schlossen
sich
die
Weibchen
entweder
in
Weibchengruppen zusammen oder schliefen allein. Mit dem Auftreten der Jungtiere
wurden keine Männchen mehr in den Schlafgruppen gesehen.
Innerhalb dieser Studie wurden drei verschiedene Schlafplatztypen unterschieden:
Schlafplätze in der offenen Vegetation, Schlafhöhlen und Blätternester. Dabei
beeinflusste vor allem die Gegenwart der Jungtiere die Schlafplatzwahl, die
Nutzungsdauer der Schlafplätze und die Wiederkehrraten. In der Aufzuchtzeit konnte
eine vermehrte Nutzung von Blätternestern nachgewiesen werden. Außerdem
wechselten Weibchen mit Jungtieren die Schlafplätze fast täglich und somit häufiger
als Weibchen ohne Jungtiere.
Drei der Senderweibchen bekamen nach circa zwei bis drei Monaten Würfe mit
einem Jungtier. In einer Schlafgruppe mit zwei adulten Weibchen konnten zwei
Jungtiere beobachtet werden. Beide Weibchen waren sehr wahrscheinlich Mutter
von je einem der Jungtiere. Die Dauer der beobachteten Mutter-Jungtier-Kontakte
nahm circa bis zur fünften Lebenswoche zu und dann kontinuierlich ab. Dieses
Ergebnis ist allerdings vor dem Hintergrund zu betrachten, dass die Durchführung
der Verhaltensbeobachtungen einen störenden Einfluß auf das Verhalten der
Jungtiere gehabt haben könnte und dadurch möglicherweise unrealistische
Kontaktdauern zustande gekommen sind. Bis circa zur dritten Lebenswoche wurden
das Parken von Jungtieren in der offenen Vegetation und der orale Transport der
Jungtiere durch die Mutter beobachtet. Etwa ab der 2.-3. Lebenswoche verließen die
Jungtiere erstmalig allein das Nest. Ungefähr ab der 4. Lebenswoche folgten die
Jungtiere der Mutter bereits über 30 - 40 Meter und zeigten Spielverhalten mit
anderen Jungtieren und Schlafgruppenmitgliedern.
225 | S e i t e
Franziska Quietzsch: The reproduction and rearing behavior of the golden-brown
mouse lemur (Microcebus ravelobensis)
5. Summary
The reproduction and rearing behavior of the golden-brown mouse lemur (M.
ravelobensis) was studied during a six-month lasting period covering an entire
reproductive season with a subsequent rearing period (August `07 until January `08)
in the northwest of Madagascar. Data using population-ecological and telemetric
methods have been collected in two study areas (JBA and JBB) differing in
population size of the golden-brown mouse lemur to deliver information on the
reproduction of this lemur species. Genetic analyses revealed further details.
Within JBA (30 ha) 46 (26, 20) different golden-brown mouse lemurs have been
captured during the entire study. The monthly population size alternated between
0.6 and 0.7 individuals per hectar. In JBB (5 ha) 80 (35, 45) different golden brown
mouse lemurs have been captured during the entire study. The population size
decreased continuously from August to October. Within this study two separate
estrous could have been documented in JBA for the first time in this species. The first
one probably lasted from the 38th – 42th calendar week. The second one started
within the 44th calendar week. Two estrous could also been observed in JBB. The
first one started in the 36th calendar week, the 2nd one supposably in the 42nd
calendar week. The interval between two estrous comprised four weeks in both study
sites. Within each study site eight females have been equipped with radiotransmitters
to collect information on activity budgets, social interactions, space usage and
sleeping site choice. Differences concerning the activities locomotion, being in the
nest, resting, social contacts, feeding and foraging could have been revealed
between the two sites and the different reproductive states especially during the
rearing, pre-mating and the mating period. The mean home range size in JBB
remained constant during the pre-mating, mating and gestation period. The lowest
size with 0.2 ha was detected during the rearing period. Within JBA the mean home
range size decreased from pre-mating to mating period.
226 | S e i t e
The nightly travel distance increased in JBB from the pre-mating to the mating
period. Afterwards it decreased significantly until the rearing period. Whereas in JBA
the nightly travel distance shortened from pre-mating to mating period. These results
show that females of both study sites show different space usage patterns. In JBA
the females had on average access to three different mating partners whereas
females in JBB had on average access to nine different males. Within both study
sites the social encounter rate increased during the mating season. During the
gestation and the rearing period it reduced again. The contingent of interactions with
non-sleeping group partners and males increased during the mating period as well as
the duration of contacts with males. Whereas contacts with sleeping group members
decreased during the mating period. But within the rearing period more than half of
all contacts were with sleeping group members again. During the night wherein a
focal female in JBA was observed mating, four individuals could have been seen in
her vicinity during the whole observation. Though it remained uncertain, if they were
four different individuals. Within the vicinity of the female in JBB that was observed
during mating two different males could were seen during the ongoing observation in
that night. 14 of 17 females were allocated to sleeping groups. In total 12 different
sleeping groups consisting of two to five members were defined. Except three
sleeping groups all groups consisted of at least one female and one male. The
exemplary tested male and female co-sleepers always belonged to one matriline and
were more or less related to each other and therefore probably weren´t mating
partners. Females in JBB asynchronized their estrus and showed a higher rate of
locomotion during the mating period. Females in JBA in contrast seemed to
synchronize their estrus. During the rearing period females affiliated in female
sleeping groups or slept alone with their offspring. Beginning with the presence of
offspring males could no longer be observed within sleeping groups.
Three different types of sleeping sites were distinguished within this study: sleeping
sites in the open vegetation, sleeping holes and finally leaf nests. It turned out that
the presence of offspring had an impact on the usage duration of sleeping sites and
on return rates.
227 | S e i t e
During the rearing period an increased usage of leaf nests was detected. Females
with offspring changed their sleeping sites almost daily and hence more often than
females without offspring. Three of the focal females gave birth to a single child after
about 63-69 days. Within one sleeping group two adult females with two infants were
observed. Whereas it seemed that each infant belonged to one of the mothers.
The duration of the observed mother-infant-contacts increased about until the 5th
week after birth and decreased continuously afterwards. Approximately until the 3rd
week after birth parking of infants in the open vegetation and oral transport of infants
by their mother were observed. Around the 2nd- 3rd week after birth infants started to
leave the nests for the first time. Nearly to the 4th week after birth infants followed
their mothers up to 30-40 meters and showed playing behavior with other infants and
sleeping group members.
228 | S e i t e
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Folia Primatolgica 69, 106-114
272 | S e i t e
7. Anhang
Anhang
A
Monatliche
Entwicklung
des
Körpergewichtes
aller
im
Untersuchungszeitraum gefangener Weibchen im JBA und JBB
JBA
Monat
n
JBB
n
Statistik
Gebietsvergleich
Gewicht (g)
Gewicht (g)
Mann-Whitney
Median (Min – Max)
Median (Min – Max)
U- Test
Z,p
Mai
7
71 (49-96)
22
71 (43-106)
Z=0,13
p>0,05
Juni
1
56 (56-56)
11
46 (20-88)
Monatsvergleich:
Z=1,42
Mai - Juni
p>0,05
Wilcoxon-Test
Z, p
Juli
13
56 (38-70)
Monatsvergleich:
Z= 0,04
Juni - Juli
p>0,05
Wilcoxon-Test
Z, p
August
7
52 (43-74)
27
55 (35-67)
Z= -0,53
p>0,05
Monatsvergleich:
Juli - August
Z= 0,24
Wilcoxon-Test
p>0,05
Z, p
September
12
61,5 (42-77)
27
57 (35-71)
Z= -0,88
p>0,05
273 | S e i t e
Monatsvergleich:
August-
Z=0
Z=1,6
September
p>0,05
p>0,05
Wilcoxon-Test
Z, p
Oktober
16
57,5 (41-72)
20
58,5 (42-75)
Z= 0,14
p>0,05
Monatsvergleich:
September -
Z= 0,7
Z=0,9
Oktober
p>0,05
p>0,05
Wilcoxon-Test
Z, p
November
6
58,5 (44-72)
9
81 (50-96)
Z=1,83
p>0,05
Monatsvergleich:
Oktober -
Z=0,67
Z=2,31
November
p>0,05
*p=0,021
Wilcoxon-Test
Z, p
274 | S e i t e
Anhang B
Kontaktzeiten, Anzahl beobachteter Tiere und Nächte pro Gebiet und Monat
Monat
Gebiet
beobachtete Fokustiere
+ Anzahl Nächte
JBB
August
JBA
JBB
September
JBA
JBB
Kontaktzeit
in Stunden
in Prozent
F02-04
2 Nächte
05:12:29
55,44%
F03-05
4Nächte
06:59:28
42,54%
F18-06
1Nacht
07:06:35
54,22%
F22-05
2Nächte
02:24:02
28,26%
F31-06
2Nächte
02:42:55
29,70%
F17-07
2Nächte
04:45:56
52,89%
F18-04
1Nacht
01:46:06
41,68%
F03-05
3Nächte
06:30:11
43,62%
F18-06
2Nächte
05:31:33
58,67%
F22-05
2Nächte
02:35:30
44,41%
F43-05
3Nächte
03:30:19
30,12%
F46-07
5Nächte
08:27:12
36,83%
F17-07
1Nacht
00:54:45
20,39%
F18-04
1Nacht
00:38:57
34,22%
F29-05 4Nächte
05:48:22
29,95%
F32-07 3Nächte
04:33:33
32,19%
F41-07 5Nächte
07:26:54
34,35%
F43-05 3Nächte
04:35:08
35,43%
Oktober
JBA
275 | S e i t e
JBB
November
JBA
JBB
Dezember
JBA
JBB
Januar
JBA
F46-07 3Nächte
02:09:21
33,55%
F73-07 2Nächte
00:35:19
7,66%
F31-06 1Nacht
00:34:36
25,63%
F03-05 4Nächte
07:03:37
41,81%
F22-06 1Nacht
00:40:53
28,76%
F32-07 1Nacht
04:43:04
40,01%
F31-06 2Nächte
01:23:26
16,87%
F43-05 1Nacht
00:34:31
16,59%
F73-07 2Nächte
01:22:45
32,71%
F03-05 6Nächte
07:39:10
27,38%
F22-05 2Nächte
01:22:17
17,48%
F22-06 3Nächte
01:49:21
15,57%
F32-07 2Nächte
02:47:21
36,06%
F43-05 3Nächte
05:44:36
51,26%
F46-07 1Nacht
01:06:38
23,88%
F03-05 2Nächte
01:07:16
19,22%
F22-06 3Nächte
01:31:54
12,43%
F25-05 5Nächte
04:46:50
26,54%
F41-07 5Nächte
01:12:09
11,34%
F73-07 2Nächte
00:08:26
11,60%
276 | S e i t e
Anhang
C
Monatliche
Entwicklung
des
Hodenvolumens
aller
im
Untersuchungszeitraum gefangener Männchen im JBA und JBB
JBA
Hodenvolumen
JBB
n
in mm³
Hodenvolumen
Gebietsvergleich
n
in mm³
mit
Mann-Whitney-U
Median = 37,88
Mai
Min = 26,41
n=2
nicht testbar
n=1
nicht testbar
n=8
nicht testbar
n = 25
Z= -0,3
Max = 49,35
Median = 198,99
Juni
Min =
170,03
Max =
227,96
n=2
Median = 162
Median = 371,6
Juli
Min = 57,43
Max = 658,66
Median= 2140,5
August
Min = 890,37
Median =1981,86
n=21
Max = 4420,30
Min = 229,22
Max = 4926,26
Monatsvergleich:
Z=2,24
Juli-August
p=0,025
n.s.
Wilcoxon-Test
Z, p
Median =3005,67
September
Min = 963,42
Median = 2820,69
n=24
Min = 1018,26
Max = 5009,71
Max = 4464,59
Monatsvergleich:
Z=2,07
Z=1,49
August-September
p=0,038
n.s.
Wilcoxon-Test
Z, p
n = 28
Z= -0,7
n.s.
277 | S e i t e
Oktober
Median = 1901,45
n=40
Median = 2248,19
Min = 1275,99
Min = 543,15
Max = 3000,36
Max = 4123,47
Monatsvergleich:
Z=3,26
Z=1,87
September-Oktober
p=0,001
n.s.
Median = 1605,25
Median = 2231,89
n = 33
Z= 0,94
n.s.
Wilcoxon-Test
Z, p
November
Min = 1287,54
n=9
Min = 330,98
Max = 2318,97
Max = 2393,62
Monatsvergleich:
Z=1,01
Z=0,17
Oktober-November
n.s.
n.s.
n=7
Z= -1,43
n.s.
Wilcoxon-Test
Z, p
Dezember
Median = 1075,89
n=1
nicht testbar
278 | S e i t e
Danksagung
In erster Linie bedanke ich mich ganz herzlich bei PD Dr. Ute Radespiel, die mich in
ihre Arbeitsgruppe aufgenommen und mir dieses interessante Thema für meine
Dissertation zur Verfügung gestellt hat. Besonders die hervorragende Betreuung
während aller Phasen dieses Projektes und die zuverlässige Hilfe und Unterstützung
bei der Klärung von Fragen und der Lösung von Problemen, haben mir bei der
Realisierung dieser Arbeit sehr geholfen. Danke für die anregenden Gespräche,
sowie das Korrekturlesen des Manuskripts.
Den madagassischen Institutionen, Behörden und Verantwortlichen danke ich für die
mir gegebene Möglichkeit, die Forschungsarbeiten auf Madagaskar auszuführen.
Stellvertretend sollen die Direction des Eaux et Forêts, die Association pour la
Gestation des Aires Protégées und Conservation International genannt sein. Mein
besonderer Dank gilt Blanchard Randrianambinina und Solofo Rasoloharijaona
deren Einsatz sehr zur Bewältigung der madagassischen Bürokratie beigetragen hat.
Außerdem danke ich Ihnen für den freundlichen Empfang in Madagaskar und ihre
Unterstützung während der ersten Wochen.
Den Mitarbeitern der Anganoka-Zuchtstation des Durrell Wildlife Conservation Trust
in Ampijoroa sei für die zur Verfügung gestellten Wetterdaten gleichermaßen
gedankt.
Ich danke ganz besonders meiner Feldassistentin Sonja Kunath, die mir in allen
sechs Monaten mit unermüdlichem Einsatz und ihrer Frohnatur zur Seite stand. Dank
gilt auch Sandra Thoren, der ich einen Teil der Fokusbeobachtungsprotokolle zu
verdanken habe sowie Kate Meares, die uns ebenfalls in unserer Arbeit unterstützte.
Außerdem danke ich Ihnen und all den anderen Forschern, die während meines
Feldaufenthaltes immer für eine angenehme fröhliche Stimmung und familiäre
Atmosphäre sorgten und einen so in manchmal frustrierenden Situationen
unterstützten.
279 | S e i t e
Ein großes Dankeschön geht auch an Hella Breitrück, die mir während meiner
Laborarbeit immer hilfreich zur Seite stand und mich mit ihrer fröhlichen Art
immer wieder aufgebaut und motiviert hat.
Dank gilt auch den Mitarbeitern des Instituts für Zoologie in Hannover, vor allem
Mathias Craul und Marine Joly, die mir immer, wenn ich mal wieder ein Problem
hatte, mit Rat und Tat zur Seite standen. Außerdem sorgten sie neben allen anderen
Mitarbeitern für ein außergewöhnlich angenehmes Arbeitsumfeld.
Dank geht vor allem an meine Freunde, die mich durch Anrufe, Briefe, Päckchen und
sogar Besuche ständig motivierten und mir die Kraft gaben, die Zeit in der Ferne gut
zu überstehen.
Ganz besonderer Dank gilt auch Jens, der mich in allen Lebenslagen unterstützte
und durch seinen Besuch in Madagaskar ein Stückchen Heimat in die Ferne
mitbrachte.
Schließlich möchte ich ein großes Dankeschön an meine Eltern aussprechen, ohne
die ich heute nicht da wäre, wo ich bin. Sowohl finanziell als auch moralisch
unterstützten sie mich auf meinem Weg. Sie nahmen sogar hohe Luftfeuchtigkeit und
Mosquitoattacken auf sich, um mich während meines Feldaufenthaltes zu besuchen.
Danke, dass es euch gibt!
Zuletzt möchte ich den Mausmakis danken, die mir immer wieder faszinierende
Einblicke in ihr Leben boten.
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