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Jule Philippi / Michael Tewes
Basiswissen Generative Grammatik
UTB (2010); München u.a.
LÖSUNGSVORSCHLÄGE
UTB 3317
ISBN 978-3-8252-3317-4
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Kapitel 2....................................................................................................................... 3
Abschnitt 2.3......................................................................................................... 3
Abschnitt 2.5......................................................................................................... 5
Abschnitt 2.6......................................................................................................... 8
Abschnitt 2.7........................................................................................................11
Abschnitt 2.7.1...............................................................................................11
Abschnitt 2.7.2...............................................................................................12
Kapitel 3......................................................................................................................17
Kapitel 4......................................................................................................................20
Kapitel 5......................................................................................................................22
Kapitel 6......................................................................................................................24
Abschnitt 6.1........................................................................................................24
Abschnitt 6.2........................................................................................................30
Abschnitt 6.3........................................................................................................36
Abschnitt 6.4........................................................................................................40
Kapitel 2
Abschnitt 2.3
1) Handelt es sich bei den Wortketten a) bis d) um Konstituenten des folgenden
Satzes? Begründen Sie!
Ferkel nimmt ein Bad.
a) ein Bad
b) Ferkel nimmt
c) nimmt ein Bad
d) nimmt ein
a) Ein Bad ist eine Konstituente. Dafür sprechen folgende Konstituententests:
• Ersetzungstest:
Ferkel nimmt einen Mundvoll Honig.
• Pronominalisierungstest:
Pu hat gestern ein Bad genommen und Ferkel nimmt es heute.
• Fragetest:
Was nimmt Ferkel?
• Koordinationstest:
Ferkel nimmt ein Bad und einen Mundvoll Honig.
• Topikalisierungstest:
ein Bad nimmt Ferkel
• Parenthesentest:
Ferkel nimmt – glaube ich – ein Bad.
b) Ferkel nimmt ist keine Konstituente, denn es gibt keine Proform, durch die man
Ferkel nimmt ersetzen kann. Auch kann man Ferkel nimmt nicht erfragen. Eben­
so führen auch alle anderen Tests zu ungrammatischen Ergebnissen.
c) nimmt ein Bad ist eine Konstituente. Das zeigen folgende Konstituententests:
• Ersetzungstest:
Ferkel holt einen Luftballon.
• Pronominalisierungstest:
Ferkel macht es.
• Fragetest:
Was macht Ferkel?
Kapitel 2
• Koordinationstest:
Ferkel nimmt ein Bad und geht ins Bett.
• Parenthesentest:
Ferkel – glaube ich – nimmt ein Bad.
d) nimmt ein kann nicht erfragt, nicht koordiniert und nicht topikalisiert werden
und ist deshalb keine Konstituente. Ebenso führen auch alle anderen Tests zu
ungrammatischen Ergebnissen.
2) Zerlegen Sie die folgenden Sätze in ihre Konstituenten:
a) Pu entdeckt den Nordpol.
b) Pu erfindet ein neues Spiel.
c) Pu baut ein Haus.
a) Pu entdeckt den Nordpol
Pu
entdeckt den Nordpol
entdeckt
den Nordpol
den
Nordpol
b) Pu erfindet ein neues Spiel
Pu
erfindet ein neues Spiel
erfindet
ein neues Spiel
ein
neues Spiel
neues
c) Pu baut ein Haus
Pu
baut ein Haus
baut
ein Haus
ein
Haus
Spiel
Kapitel 2
Abschnitt 2.5
1) Schreiben Sie eine Phrasenstrukturgrammatik für die folgenden Sätze:
a) Der Maulwurf bewacht den kranken Kröterich.
b) Die Ratte schläft.
c) Pu schenkt I-Ah einen leeren Honigtopf.
a) S
NP
NP
NP
VP
A
D
N
V
→ NP VP
→ D NP
→ A NP
→N
→ V NP
→ kranken
→ der, den
→ Maulwurf, Kröterich
→ bewacht
b) S
NP
VP
D
N
V
→ NP VP
→DN
→V
→ die
→ Ratte
→ schläft
c) S
VP
NP
NP
NP
A
D
N
V
→ NP VP
→ V NP NP
→ D NP
→ A NP
→N
→ leeren
→ einen
→ Pu, I-Ah, Honigtopf
→ schenkt
Kapitel 2
Alle drei Lösungen lassen sich in einer Phrasenstrukturgrammatik zusammenfassen:
S
NP
NP
NP
NP
VP
VP
VP
N
D
V
A
→ NP VP
→DN
→ D NP
→ A NP
→N
→V
→ NP V
→ NP NP V
→ Maulwurf; Kröterich, Ratte, Pu, I-Ah, Honigtopf
→ der, den, die, einen
→ schläft, bewacht, schenkt
→ kranken, leeren
Die Regeln lassen sich per Klammerung noch weiter zusammenfassen.
2) Schreiben Sie ein Baumdiagramm für den folgenden Satz:
Der Kröterich kauft einen gelben Wohnwagen.
S
VP
NP
D
N
V
Der
Kröterich
kauft
NP
D
einen
NP
A
N
gelben
Wohnwagen
Kapitel 2
3) Der folgende Satz ist mehrdeutig. Weisen Sie jeder Lesart einen Strukturbaum
zu:
Kaninchen trifft seine vielen Verwandten und Bekannten.
a)
S
VP
NP
N
V
Kaninchen
trifft
NP
D
seine
NP
NP
Q1
N
vielen
Konj.
N
Verwandten und Bekannten
b)
S
VP
NP
N
V
Kaninchen
trifft
NP
D
seine
Q
NP
NP
N
Konj.
NP
und
N
vielen Verwandten
Bekannten
Kapitel 2
Abschnitt 2.6
1) Wie sieht der Lexikon-Eintrag für die folgenden Verben aus:
a)
b)
c)
d)
schlagen
bekommen
rennen
schenken
a) schlagen
Argumentstruktur:
θ-Raster:
syntaktische Struktur: referenzieller Index:
1
2
AGENS PATIENS
NP
NP
i
j
b) bekommen
Argumentstruktur:
θ-Raster:
syntaktische Struktur: referenzieller Index:
1
2
REZIPIENT T
HEMA
NP
NP
i
j
c) rennen
Argumentstruktur:
1
θ-Raster:
AGENS
syntaktische Struktur: NP
referenzieller Index:
i
d) schenken
Argumentstruktur:
1
θ-Raster:
AGENS
syntaktische Struktur: NP
referenzieller Index:
i
2
3
REZIPIENT THEMA
NP
NP
j
k
2) Formulieren Sie das θ-Kriterium.
θ-Kriterium:
a) Jedes Argument muss genau eine θ-Rolle erhalten.
b) Jede θ-Rolle muss genau einem Argument zugewiesen werden.
Kapitel 2
3) Die folgenden Satzstrukturen scheinen dem Theta-Kriterium zu widersprechen:
a) Harry und Ron besuchen die maulende Myrte.
b) Peeves bewirft Ron und Hermine mit Tintenfässern.
c) Filch hasst und verachtet jeden Schüler.
Finden Sie eine Lösung.
Das Verb besuchen in (3a) weist zwei θ-Rollen zu: AGENS und BENEFIZIENT. Der
Satz enthält aber drei NPs: Harry, Ron und die maulende Myrte. Der Satz ist dennoch grammatisch, weil das Verb die θ-Rolle AGENS zwei durch eine Konjunktion
mit­einander verbundenen NPs (Harry und Ron) zuweist, die hierdurch eine (kom­
ple­xe) NP bilden. Damit ist das θ-Kriterium nicht verletzt. Ebenso wird in (3b) die
θ-Rolle PATIENS der komplexen NP Ron und Hermine zugewiesen. hasst und ver­
ach­tet in (3c) wird als komplexes Verb analysiert, das eine θ-Rolle EXPERIENCER
und eine θ-Rolle PATIENS zuweist. Der Satz enthält zwei NPs, Filch und jeden
Schüler, denen diese θ-Rollen zugewiesen werden können. Damit ist der Satz grammatisch.
4) Welche Beziehung besteht zwischen den folgenden Satzpaaren:
1) a) Harry öffnet die Tür.
b) Die Tür öffnet sich.
2) a) Snape kocht einen Zaubertrank.
b) Der Zaubertrank kocht.
3) a) Harry überlistet einen Drachen.
b) Der Drache wird überlistet.
Die Verben in den Beispielen (1-2) haben jeweils zwei Lexikoneinträge. Zum einen
neh­men sie zwei Argumente, denen sie die θ-Rollen AGENS (der Subjekt-NP) und
THEMA (der Objekt-NP) zuweisen (vgl. a); zum anderen können sie als einstellige
Ver­ben realisiert werden, die nur der Subjekt-NP eine θ-Rolle (THEMA) zuweisen
(vgl. b). In (3a) liegt ein Aktiv-Verb vor, in (3b) das entsprechende Passiv-Verb. Ein
Passiv-Verb weist keine θ-Rolle AGENS zu; die θ-Rolle THEMA erhält die SubjektNP. Die Beziehung zwischen (3a) und (3b) ist deshalb dieselbe wie in (1/2a) zu
(1/2b).
10
Kapitel 2
5) Was sind Expletivpronomina?
Expletivpronomina sind semantisch leere Pronomina, die in der Subjekt-Position
von Verben stehen, die keine θ-Rollen zuweisen (regnen, schneien, stürmen etc.).
Dies schreibt das erweiterte Projektionsprinzip vor, das besagt, dass alle Sätze ein
Subjekt enthalten müssen.
6) Erklären Sie den Grammatikalitätsunterschied zwischen dem lateinischen
und dem englischen Satz:
a)
b)
Puellam amat.
(puellam: Akk.Sg. zu ‚puella’: das Mädchen;
amat: 3. Sg. ind. akt. Präsens zu ‚amare’: lieben)
*loves a girl.
Das Lateinische ist eine pro-drop-Sprache, d. h., es lässt ein phonetisch leeres Sub­
jekt-Pronomen pro zu. Der Satz in (a) muss daher wie folgt analysiert werden:
pro puellam amat.
Das Englische ist keine pro-drop-Sprache. Phonetisch leere Subjekte sind nicht erlaubt. Der Satz in (b) ist deshalb ungrammatisch.
7) Was versteht man unter Topic-Drop? Geben Sie Beispiele.
Man spricht von Topic-Drop, wenn ein Argument des Verbs durch ein phonetisch
leeres Pronomen ersetzt wird. Das Pronomen muss sich aus dem verbalen oder
nicht verbalen Kontext rekonstruieren lassen:
Was tut Filch?
Ø schläft.
Das Pronomen muss an die Satzspitze verschoben werden, andernfalls ist der Satz
ungrammatisch:
Was ist mit Dumbledore geschehen?
Den / θ hat Snape getötet.
Snape hat ihn /*θ getötet.
Kapitel 2
11
Abschnitt 2.7
Abschnitt 2.7.1
1) Formulieren Sie das X-Bar-Schema.
X-Bar-Schema:
a) Jede Phrase hat einen Kopf. Der Kopf muss ein terminaler Knoten sein.
b) Die Ebenen X, X’ und XP sind universal.
c) Die Position des Kopfes in Relation zu seinen Komplementen ist sprachspezifisch verschieden.
2) Zeichnen Sie Strukturbäume für folgende Ausdrücke. Was fällt Ihnen auf?
a)
b)
c)
d)
a)
(weil Pu) heute I-Ah besucht hat.
Ferkels Angst vor dem Heffalump
(Pu ist) ziemlich stolz auf Ferkel.
(Ferkel wohnt) nahe bei Pu.
VP
Spec
V'
heute
NP
b)
NP
Spec
V
Ferkels N
I-Ah besucht hat
c)
AP
Spec
ziemlich A
stolz
PP
auf Ferkel
PP
Angst
d)
A'
N'
vor dem Heffalump
PP
Spec
P'
nahe
P
NP
bei
NP, VP, AP und PP weisen alle dieselbe interne Struktur auf.
Pu
12
Kapitel 2
3) Erklären Sie den Gammatikalitätsunterschied:
a) ein Freund von Pu, der gerne Disteln frisst
b) *ein Freund, der gerne Disteln frisst, von Pu
In (b) nimmt die PP, die eigentlich Komplement von N ist, die Adjunktposition ein.
Der Relativsatz, der eigentlich Adjunkt ist, wird in der Komplementposition realisiert. Der Satz ist deshalb ungrammatisch.
Abschnitt 2.7.2
1) Welche Argumente sprechen dafür, S als IP und S’ als CP zu interpretieren?
S’ und S werden durch folgende Regeln erzeugt:
S’→ C S
S → NP VP
Beide Kategorien widersprechen dem X-Bar-Schema. S’ ist eine Projektion von S.
Dem X-Bar-Schema zufolge sollte S ein terminaler Knoten sein. Dies ist aber nicht
der Fall. S hat zwei Töchter: NP und VP. NP und VP sind ebenfalls keine termina­
len Knoten, somit hat auch S keine Tochter, die ein terminaler Knoten ist. Seit den
Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts wird der Knoten AUX, der ursprünglich
nur bei Verbformen eingesetzt wurde, die mit Hilfsverben gebildet werden, durch
einen obligatorischen Knoten I ersetzt Auf I werden nicht nur Hilfsverben und
Modalverben, sondern auch Flexionsendungen von Vollverben realisiert. I wird als
Kopf von S angenommen, das als IP analysiert wird. I weist in der Tat Merkmale
auf, die an die Köpfe der anderen Phrasen V, N, A und P erinnern:
Auf I werden die Merkmale [±AGR] (Kongruenz) und [±TNS] (Tempus) realisiert; diese über­tragen sich von dort auf den ganzen Satz. Wenn I positiv für [±AGR]
spezifiziert ist, liegt ein finiter Satz vor. Ist I für [±AGR] negativ spezifiziert, liegt
ein in­finiter Satz vor. Ist I für [±TNS] positiv spezifiziert, liegt ein für [±TNS] positiv spe­zifizierter Satz vor; ist I für [±TNS] negativ spezifiziert, ist auch der ganze
Satz für [±TNS] negativ spezifiziert. Das entspricht dem Kopf-Vererbungsprinzip.
Die auf I realisierten Elemente lassen sich nur mit bestimmten VPs kombinieren. Werden kann nur mit einer Infinitiv-VP stehen; haben und sein lassen nur
par­tizipiale VPs als Komplemente zu. Flexionsmorpheme stehen nur mit einem
Verb­stamm. Das erinnert an rektionale Eigenschaften von Verben und Prä­po­si­
Kapitel 2
13
tionen, die nur mit NPs kombiniert werden können, die in einem bestimmten
Kasus stehen.
Auch C weist Merkmale auf, die an die Köpfe der anderen Projektionen erinnert. Auf C wird das Merkmal [±Wh] (Fragesatz) realisiert, das von dort auf die
ganze Phrase übertragen wird. Ist C für [±Wh] positiv spezifiziert, liegt ein Fragesatz
vor; ist C für [±Wh] negativ spezifiziert, liegt kein Fragesatz vor. Dies entspricht
dem Kopf-Vererbungsprinzip. Zudem weisen die auf C realisierten Elemente
rektiona­le Eigenschaften auf. um lässt sich zum Beispiel nur mit infiniten Sätzen
kombinieren, dass nur mit finiten.
2) Zeichnen Sie einen Strukturbaum für folgende Sätze:
a) Chemluth liebt Fredda.
b) (Blaubär fragt sich) ob er den Gallertprinzen wiedertrifft.
c) (Das Publikum jubelt) weil Blaubär den Stollentroll besiegt.
(a)
IP
Spec
I'
Chemluth
I
VP
-t
V'
V
lieb-
DP
Fredda
14
Kapitel 2
(b) CP
C'
C
ob
IP
Spec
I'
er
I
VP
-t
V'
DP
den Gallertprinzen
V
wiedertriff-
(c) CP
C'
C
weil
IP
Spec
I'
Blaubär
I
VP
-t
V'
DP
den Stollentroll
V
besieg-
3) Welche funktionalen und welche lexikalischen Kategorien gibt es?
Lexikalische Kategorien: V, N, A, P
Funktionale Kategorien: C, I, Agr., D, (Q)
Kapitel 2
15
4) Worin unterscheiden sich lexikalische von funktionalen Kategorien?
Lexikalische Kategorien
Funktionale Kategorien
• Wörter von diesem Typ haben
• Elemente von diesem Typ haben
eine semantische Bedeutung; sie
keine Bedeutung und weisen
bezeichnen Personen, Länder,
keine θ-Rollen zu. Vielmehr legen
Dinge (N), Aktionen wie geben,
sie grammatisch relevante
lachen, trinken (V) oder
Informationen wie Tempus,
Eigenschaften wie grün, klein (A).
Definitheit und
Kongruenzmerkmale fest.
• Sie bilden offene Klassen, d.h., es
• Elemente von diesem Typ bilden
können immer neue Wörter
eine geschlossene Klasse. Neue Is,
hinzukommen.
Cs und Ds entstehen erst nach
jahrzehnte- oder jahrhundertelangem Sprachwandel.
• V, N und A können verschiedene
• Elemente von diesem Typ lassen
Phrasen als Komplement nehnur jeweils eine Kategorie als
men. Subkategorisierung ist ein
Komplement zu.
wortspezifisches Merkmal: Sub­ka­
te­gorisierungseigenschaften
werden deshalb im Lexikon
festgelegt.
• Lexikalische Kategorien weisen
keine θ-Rollen zu.
5) Zeichnen Sie Strukturbäume zu den folgenden Strukturen. Was fällt Ihnen
auf?
a) Blaubär fürchtet die Waldspinnenhexe.
b) Blaubärs Furcht vor der Waldspinnenhexe
16
Kapitel 2
(a)
IP
Spec
I'
Blaubär
I
VP
[+AGR]
[+TNS]
V'
-t
(b)
V
fürchte-
DP
die Waldspinnenhexe
DP
Spec
Blaubär-
D'
D
NP
[+AGR]
[+POSS]
N'
-s
N
Furcht
PP
vor derWaldspinnenhexe
IP und DP weisen dieselbe interne Struktur auf.
6) Welche Argumente sprechen dafür und welche dagegen, Präpositionen zu
den funktionalen Kategorien zu zählen?
Präpositionen haben einige Eigenschaften mit funktionalen Kategorien gemeinsam:
• Präpositionen sind weder für [±N] noch für [±V] positiv spezifiziert.
• Präpositionen bilden eine geschlossene Klasse.
• Präpositionen selegieren nur eine Kategorie als Argument: N.
Präpositionen haben aber auch eine lexikalische Bedeutung. Diese Eigenschaft haben sie mit den lexikalischen Kategorien gemeinsam; sie spricht dagegen, sie als
funktionale Kategorien zu charakterisieren.
Kapitel 3
1) Begründen Sie, warum der Subjektkasus von I zugewiesen wird.
Nominativsubjekte kommen nur in finiten Sätzen vor. In infiniten Sätzen sind sie
ungrammatisch. Es sind die Eigenschaften des I-Kopfes, die festlegen, ob ein Satz
finit oder infinit ist. Also muss es der I-Kopf sein, der dem Subjekt den Kasus zuweist.
2) Was sind ECM-Konstruktionen?
ECM (Exceptional Case Marking)-Verben haben die besondere Eigenschaft, dass
sie in ihr Satzkomplement hineinregieren können und der DP in der [Spec IP]bzw. [Spec AgrP]-Position von außen Kasus zuweisen können. Da der I- bzw
Agr-Kopf leer ist, kann er selbst keinen Kasus an die Spec-Position zuweisen.
3) Betrachten Sie die folgenden Sätze. Wie bekommen die DPs ihren Kasus?
a)
b)
c)
d)
e)
Ron liebt Hermine.
Harry liebt die Schwester seines besten Freundes.
Die Schüler leben in einem Schloss.
Harry sieht Filch schlafen.
Hermine hält Professor Trelawney für eine Schwindlerin.
(a)Der I-Kopf weist der DP Ron ihren Kasus (Nominativ) zu.
Der V-Kopf liebt weist der DP Hermine ihren Kasus (Akkusativ) zu.
(b)Der I-Kopf weist der DP Harry ihren Kasus (Nominativ) zu.
Der V-Kopf liebt weist der DP die Schwester ihren Kasus (Akkusativ) zu.
Der N-Kopf Schwester weist der DP seines besten Freundes den Kasus (Genitiv) zu.
(c)Der I-Kopf weist der DP die Schüler ihren Kasus (Nominativ) zu.
Der P-Kopf in weist der DP einem Schloss den Kasus (Dativ) zu.
(d)Der I-Kopf weist der DP Harry den Kasus Nominativ zu.
Das Verb sieht ist ein ECM-Verb. Es kann deshalb in die infinite IP Filch schla­
fen hineinregieren und dem Satzsubjekt Filch in [Spec IP] den Kasus (Akkusativ)
zuweisen. Die infinite Verbform schlafen kann selbst keinen Kasus zuweisen.
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Kapitel 3
(e)Der I-Kopf weist der DP Hermine den Kasus (Nominativ) zu. Das Verb hält
nimmt eine Small Clause zum Komplement, die die Projektion eines funktionalen Kopfes Agr ist. Agr kann seiner [Spec]-Position keinen Kasus zuweisen.
Der Satz ist grammatisch, weil die DP Professor Trelawney in [Spec AgrP] ihren
Kasus (Akkusativ) vom Verb erhält.
4) Die Sätze (a-c) sind grammatisch, die in (d-f) nicht. Erklären Sie, warum.
a)
b)
c)
d)
e)
f)
Harry sieht Filch schlafen.
Harry hält Professor Binns für einen Schnarchsack.
Harry prefers for Snape to resign.
*Harry sieht, dass Filch schlafen.
*Harry hält dass Professors Binns einen Schnarchsack.
*Snape to resign Harry prefers.
In (d) interveniert der C-Kopf dass zwischen dem ECM-Verb sieht und der SubjektDP Filch. Diese steht in der [Spec IP]-Position des eingebetteten Satzes. In der
Position kann sie aber keinen Kasus erhalten, weil der I-Kopf für [±AGR] negativ
spezifiziert, deshalb „schwach“ ist und nach [Spec IP] keinen Kasus zuweisen kann.
Die DP erhält keinen Kasus. Der Satz verletzt den Kasusfilter und ist deshalb ungrammatisch.
In (e) interveniert der C-Kopf dass zwischen dem Verb hält und der Subjekt-DP
Professor Binns des eingebetteten Satzes. Professor Binns einen Schnarchsack ist eine
Small Clause, also eine AgrP. Der Kopf Agr ist „schwach“ und kann [Spec Agr] keinen Kasus zuweisen. Die DP Professor Binns steht in einer Position, in der ihr kein
Kasus zugewiesen werden kann. Der Satz verletzt den Kasusfilter und ist deshalb
ungrammatisch.
In (f) wurde der Infinitivsatz an die Satzspitze verschoben. Die Subjekt-DP des
Infinitivsatzes steht in einer Position, in der sie keinen Kasus bekommen kann. Sie
ist nicht adjazent zu der DP prefers, die dies im Prinzip könnte. Die IP selbst ist für
[±AGR] negativ spezifiziert, deshalb „schwach“ und kann [Spec IP] keinen Kasus
zuweisen. Der Satz verletzt den Kasusfilter und ist deshalb ungrammatisch.
5) Betrachten Sie die beiden dem Lehrwerk ‚redde rationem I‘ entnommenen
lateinischen sowie die dazugehörigen englischen Beispielsätze und erklären
Sie die Grammatikalitätsunterschiede:
a) Cornelia serpentem
in horto
videt.
Cornelia-Nom Schlange-Akk in Garten-Abl sieht
Cornelia sieht im Garten eine Schlange.
Latein
Kapitel 3
b) Cornelia
in horto
serpentem
c) Cornelia sees a snake in the garden.
d) *Cornelia sees in the garden a snake.
videt.
19
Englisch
Im Englischen müssen (anders als im Lateinischen) Kopf und Komplement adjazent sein, d.h., das Komplement muss direkt neben dem Kopf realisiert werden.
Dies ist in (4d) nicht der Fall. Der Satz ist deshalb ungrammatisch.
6) Warum sind die Strukturen (a) bis (c) grammatisch, nicht aber (d)?
a)
b)
c)
d)
Harry believes that Dobby is honest.
Harry’s belief that Dobby is honest.
Harry believes Dobby to be honest.
*Harry’s belief Dobby to be honest.
Englisch
(d) ist ungrammatisch, weil die Subjekt-DP des Infinitivsatzes in einer Position
steht, in der sie keinen Kasus erhält. Der I-Kopf des Infinitivsatzes ist für [±AGR]
negativ spezifiziert und kann deshalb [Spec IP] keinen Kasus zuweisen. Der NKopf, von dem der Infinitivsatz abhängt, kann im Englischen ebenfalls keinen
Kasus zuweisen. Der Satz verletzt den Kasusfilter.
Kapitel 4
1) Welches sind die drei Prinzipien der Bindungstheorie?
Prinzip A: Eine Anapher muss in ihrer Rektionskategorie gebunden sein.
Prinzip B: Ein Pronomen muss in seiner Rektionskategorie frei sein.
Prinzip C: Ein referenzieller Ausdruck (R-Ausdruck) muss überall frei sein.
2) Welcher Knoten c-kommandiert B? Welcher F? Warum kann D F nicht ckommandieren?
A
B
E
C
D
F
G
H
I
E c-kommandiert B.
G c-kommandiert F.
D kann F nicht c-kommandieren, weil der nächsthöhere Knoten, der D dominiert
(B), F nicht dominiert.
3) Bestimmen Sie die Referenzmöglichkeiten der Anaphern und Pronomina in
den folgenden Sätzen:
a)
b)
c)
d)
Lupin sagt, dass er ein Werwolf ist.
Er sagt, dass Lupin ein Werwolf ist.
Harry glaubt, dass Gilderoy sich mag.
Harry glaubt, dass Gilderoy ihn mag.
Das Pronomen er in (a) kann auf Lupin oder eine andere Person (Greyback u. a.)
verweisen.
Das Pronomen er in (b) kann nicht auf Lupin verweisen.
Das Reflexivpronomen sich in (c) muss mit Gilderoy koindiziert werden.
Das Pronomen ihn in (d) kann mit Harry koindiziert werden, kann aber auch auf
eine andere Person verweisen.
Kapitel 4
21
4) Erklären Sie die Grammatikalitätsunterschiede in den folgenden Sätzen:
a)
b)
c)
d)
e)
f)
g)
h)
Gilderoyi findet sichi toll.
*Gilderoyi findet ihni toll.
Eri findet Gilderoyj toll.
*Eri findet Gilderoyi toll.
Herminei bewundert Gilderoysj Bücher über sich selbstj.
*Herminei bewundert Gilderoysj Bücher über sich selbsti.
Gilderoyi bewundert die Bücher über sich selbsti.
*Gilderoyi bewundert die Bücher über ihni.
(b)ist ungrammatisch, weil ihn ein Pronomen ist, das innerhalb seiner Rek­ti­ons­
kate­gorie frei sein muss. Es darf mit keiner DP innerhalb des Satzes koindiziert
werden. In (b) liegt eine Verletzung des Prinzips B der Bindungstheorie vor.
(d)ist ungrammatisch, weil Gilderoy ein R-Ausdruck ist. R-Ausdrücke dürfen innerhalb desselben Satzes nicht gebunden sein. (d) verletzt Prinzip C der
Bindungstheorie.
(f) ist ungrammatisch, weil sich selbst eine Anapher ist, die innerhalb ihrer
Rektionskategorie gebunden sein muss. sich selbst ist mit der DP Hermine koreferent, welche außerhalb der Rektionskategorie (die DP Gilderoys Bücher über
sich selbst) liegt. Der Satz verletzt Prinzip A der Bindungstheorie.
(h)ist ungrammatisch, weil ihn ein Pronomen ist, das in seiner Rektionskategorie
frei sein muss. Die Rektionskategorie des Pronomens kann aber nicht die DP
die Bücher über ihn sein, weil diese kein Subjekt enthält. Die nächsthöhere mögliche Rektionskategorie ist der ganze Satz. (h) verletzt deshalb Prinzip B der
Bindungstheorie.
Kapitel 5
1) Welche Argumente sprechen dafür, in der folgenden Struktur ein phonetisch
leeres PRO als Subjekt des Infinitivsatzes anzunehmen?
Harry freut sich, Hagrid zu besuchen.
Das Verb besuchen weist zwei θ-Rollen zu: AGENS und BENEFIZIENT. Gäbe es in
dem Infinitivsatz kein Subjekt, so könnte das Verb seine externe θ-Rolle nicht verge­
ben und würde somit das θ-Kriterium verletzen. Ein subjektloser Satz würde zudem
das erweiterte Projektionsprinzip verletzen, das vorschreibt, dass Sätze grundsätzlich ein Subjekt haben müssen. Überdies wird auch im eingebetteten Satz intuitiv
ein Subjekt mitverstanden. Derjenige, der Hagrid besucht, ist Harry.
2) Erklären Sie den Grammatikalitätsunterschied in den folgenden Strukturen:
a)
b)
c)
d)
Snape befiehlt Harry, sein Buch über Zaubertränke zu holen.
*Snape befiehlt Harry, er sein Buch über Zaubertränke zu holen.
*Snape befiehlt Harry, dass PRO sein Buch über Zaubertränke holt.
Snape befiehlt Harry, dass er sein Buch über Zaubertränke holt.
(b) ist ungrammatisch, weil die Subjekt-DP des eingebetteten Satzes in einer
Position steht, in der sie keinen Kasus erhalten kann. Der Satz ist für [±AGR] negativ spezifiziert; der I-Kopf kann deshalb [Spec IP] keinen Kasus zuweisen. Das Verb
befiehlt ist kein ECM-Verb; es nimmt eine CP und keine IP zum Komplement und
kann nicht in [Spec IP] hineinregieren. Der Satz verletzt den Kasusfilter.
Das Pronomen PRO in (c) steht in einer Position, in der es einen Kasus erhält.
Der eingebettete Satz ist für [±AGR] positiv spezifiziert. Der I-Kopf kann deshalb
[Spec IP] Kasus zuweisen. Kasuszuweisung erfolgt unter Rektion. PRO ist aber nur
in unregierten Positionen zugelassen. Das besagt das PRO-Theorem. (c) verletzt
das PRO-Theorem und ist deshalb ungrammatisch.
3) Leiten Sie das PRO-Theorem aus den Prinzipien der Bindungstheorie ab.
PRO ist eine pronominale Anapher, d.h., PRO ist sowohl für das Merkmal [±anaphorisch] als auch für das Merkmal [±pronominal] positiv spezifiziert.
Kapitel 5
23
Nach Prinzip A der Bindungstheorie müssen Anaphern in ihrer Rektionskategorie
ge­bunden sein; nach Prinzip B müssen Pronomina in ihrer Rektionskategorie frei
sein.
Wie kann PRO in seiner Rektionskategorie gleichzeitig gebunden und frei sein?
Der Widerspruch wird aufgehoben, wenn man annimmt, dass PRO überhaupt keine Rektionskategorie hat. Dies ist in der Tat der Fall: PRO ist nur in Positionen
zugelassen, die nicht regiert sind. Eine Kategorie, die nicht regiert ist, hat keine
Rektionskategorie. Daraus folgt das PRO-Theorem: PRO muss unregiert sein.
4) Was versteht man unter Subjektkontrolle, was unter Objektkontrolle? Er­läu­
tern Sie anhand von Beispielen.
Wenn das Subjekt des Hauptsatzes das PRO-Subjekt des eingebetteten Satzes kontrolliert, spricht man von Subjektkontrolle.
Beispiel: Harryi verspricht Hermine, PROi Hagrid zu besuchen.
Wenn das Objekt des Hauptsatzes das PRO-Subjekt des eingebetteten Satzes
kontrolliert, spricht man von Objekt-Kontrolle.
Beispiel: Harry bittet Herminei, PROi Hagrid zu besuchen.
5) Bestimmen Sie die Referenzmöglichkeiten von PRO in den folgenden Sätzen.
Worin unterscheiden sich (a) und (b)?
a) Harry findet es sinnvoll, [PRO Hausaufgaben zu machen].
b) Harry hat keine Lust, [PRO Hausaufgaben zu machen].
In (a) liegt ein arbiträres PRO vor. D.h., PRO kann sich auf Harry beziehen oder
aber auf eine unbestimmte Person. Man sagt auch, dass Harry PRO optional kontrolliert.
In (b) kann sich PRO nur auf Harry beziehen. Man sagt auch, dass Harry PRO
obligatorisch kontrolliert.
6) Warum kann das PRO im folgenden Satz nicht mit Hermine koreferent sein?
Hermines Kater versucht, PRO Rons Ratte zu fangen.
Es gibt eine konfigurationale Beschränkung für Kontrolle: Der Kontrollierer muss
PRO c-kommandieren. PRO wird jedoch nicht von der DP Hermine c-kommandiert, die in der [Spec DP]-Position des Subjekts des Hauptsatzes realisiert wird,
sondern nur von der ganzen DP Hermines Kater.
Kapitel 6
Abschnitt 6.1
1) Warum sind die folgenden englischen Sätze ungrammatisch?
a) *It was killed Medusa.
b) *It was rewarded Philemon.
c) *It was loved Io.
Passivverben können keinen Kasus zuweisen. Die Objekt-DPs in (a), (b) und (c)
stehen in einer Position, in der sie keinen Kasus erhalten. Die Sätze verletzen den
Kasusfilter.
2) Was ist die D-Struktur und was die S-Struktur der folgenden Sätze? Zeichnen
Sie Strukturbäume. Wie bekommen die DPs Kasus? Wie werden ihnen θRollen zugewiesen?
a) Polyphem wird geblendet.
b) Orpheus scheint Eurydike zu lieben.
c) Hera scheint beleidigt zu sein.
(a)D-Struktur:
IP
Spec
I'
e
I
VP
wird
V'
DP
V
Poylphem geblendet
Kapitel 6
25
S-Struktur:
IP
Spec
I'
Polyphemi I
VP
wird
V'
DP
V
ti
geblendet
Die DP Polyphem muss auf der S-Struktur aus der Objektposition in die Subjekt­
position nach [Spec IP] bewegt werden, um dort Kasus zu erhalten, denn das
passivische Verb geblendet vergibt keinen Kasus.
(b)D-Struktur
IP
Spec
I'
e
I
VP
-t
V'
V
IP
schein- Spec
I'
Orpheus
I
VP
[-AGR] Eurydike zu lieben
[-TNS]
26
Kapitel 6
S-Struktur
IP
Spec
I'
Orpheusi I
VP
-t
V'
V
IP
schein- Spec
ti
I'
I
VP
[-AGR] Eurydike zu lieben
[-TNS]
Die DP Orpheus erhält vom leeren I-Kopf des eingebetteten Satzes keinen Kasus.
Erst nachdem sie in die [Spec IP]-Position bewegt wurde, erhält die DP den Nomi­
nativ. Die Theta-Rolle erhält die DP bereits auf der D-Struktur; scheinen vergibt
keine Theta-Rolle an die Subjekt-Position.
Kapitel 6
(c)D-Struktur
IP
Spec I'
e
I
VP
-t
V'
V
schein-
IP
Spec
I'
e
I
VP
[PASS]
V'
DP
V
Hera
beleidigt zu sein
27
28
Kapitel 6
S-Struktur:
IP
Spec I'
Herai I
VP
-t
V'
V
schein-
IP
Spec
I'
ti
I
VP
[PASS]
V'
DP
V
t'
beleidigt zu sein
Die DP Hera wird zunächst in die Subjektposition des eingebetteten Satzes ver­scho­
ben. Das Passivverb vergibt hierher aber keinen Kasus. Um den Nominativ (von
dem Verb scheinen) zu erhalten, rückt die DP weiter bis in die Subjektposition des
übergeordneten Satzes. Die θ-Rolle erhält die DP bereits in der Basisposition.
3) Was besagt Burzios Generalisierung?
a) Verben, die keine externe θ-Rolle vergeben, weisen keinen strukturellen Kasus
zu.
b) Verben, die keinen strukturellen Kasus zuweisen, vergeben keine externe θRolle.
Kapitel 6
29
4) Erklären Sie die Syntax der folgenden Sätze. Argumentieren Sie auf der Basis
von Burzios Generalisierung und UTAH.
a)
b)
c)
d)
Die Sonne schmilzt den Schnee.
Der Schnee schmilzt.
Johann stürzt den Baum ins Wasser.
Der Baum stürzt ins Wasser.
Die Verben schmilzt und stürzt in (b) und (d) weisen ihren Subjekt-DPs dieselbe
θ-Rolle zu, die auch die Verben in (a) und (c) ihren Objekten zuweisen: THEMA.
Die Hypothese der uniformen Theta-Zuweisung besagt, dass dieselbe thematische
Rolle auf der D-Struktur immer derselben Position zugewiesen werden muss. Die
Verben in (b) und (d) weisen zudem der jeweiligen Subjekt-Position keine θ-Rolle
zu. Burzios Generalisierung zufolge können sie demnach der Objekt-Position keinen Kasus zuweisen. Das bedeutet, dass die Subjekt-DPs der Schnee und der Baum
in der D-Struktur die Objekt-Position einnehmen müssen. Von dort müssen sie
aber in eine andere Position weiterbewegt werden, damit der Kasusfilter nicht verletzt wird. Die einzige Kasusposition, die in Frage kommt, ist die Subjekt-Position,
die ihrerseits keine θ-Position ist.
5) Untersuchen Sie anhand der Tests, welches ergative und welches unergative
Verben sind.
a)
b)
c)
d)
e)
ertrinken
erkranken
träumen
verblühen
landen
Perfekt:
a) Sie *hat / ist ertrunken.
b) Sie *hat / ist erkrankt.
c) Sie hat / * ist geträumt.
d) Sie *hat / ist verblüht.
e) Sie *hat / ist gelandet.
Ergativ
Ergativ
Unergativ
Ergativ
Ergativ
30
Kapitel 6
Partizip II:
a) die ertrunkenen Kühe
b) die erkrankte Lehrerin
c) *das geträumte Kind
d) die verblühte Blume
e) ?das gelandete Flugzeug
Ergativ
Ergativ
Unergativ
Ergativ
Ergativ
Unpersönliches Passiv:
a) *Es wird ertrunken.
b) *Es wird erkrankt.
c) Es wird geträumt.
d) *Es wird verblüht.
e) *Es wird gelandet.
Ergativ
Ergativ
Unergativ
Ergativ
Ergativ
Substantivierung auf -er:
a) *Ertrinker
b) *Erkranker
c) Träumer
d) *Verblüher
e) *Lander
Ergativ
Ergativ
Unergativ
Ergativ
Ergativ
Abschnitt 6.2
1) Stellen Sie die D-Struktur und die S-Struktur der folgenden Sätze dar:
a)
b)
c)
d)
Wer hat Dumbledore getötet?
Wen hat Dobby gewarnt?
Welchem Schüler hat Moody geholfen?
Welchen Brief an Filch hat Harry gelesen?
Kapitel 6
(a)D-Struktur:
CP
Spec
C'
C
IP
Spec
I'
wer
I
VP
hat
Dumbledore getötet
S-Struktur:
CP
Spec
C'
weri
C
hatj
IP
Spec
I'
ti
I
tj
VP
Dumbledore getötet
31
32
Kapitel 6
(b)D-Struktur
CP
Spec
C'
C
IP
Spec
I'
Dobby
I
VP
hat
V'
DP
wen
V
gewarnt
S-Struktur:
CP
Spec
C'
weni
C
hatj
IP
Spec
I'
Dobby
I
VP
tj
V'
DP
V
ti
gewarnt
Kapitel 6
(c)D-Struktur:
CP
Spec
C'
C
IP
Spec
I'
Moody
I
VP
hat
V'
DP
V
welchem Schüler
geholfen
S-Struktur:
CP
Spec
welchem Schüleri
C'
C
hatj
IP
Spec
I'
Moody
I
VP
tj
V'
DP
V
ti
geholfen
33
34
Kapitel 6
(d)D-Struktur:
CP
Spec
C'
C
IP
Spec
I'
Harry
I
VP
hat
V'
DP
V
welchen Brief an Filch
gelesen
S-Struktur:
CP
Spec
C'
welchen Brief an Filchi C
hatj
88,639 Pt
IP
Spec
I'
Harry
I
VP
tj
V'
DP
V
ti
gelesen
Kapitel 6
35
2) Welches sind die Unterschiede zwischen DP-Bewegung und Wh-Bewegung?
A-Bewegung (DP-Bewegung)
1) Der Landeplatz ist eine A-Position
([Spec IP]).
2) DP-Spuren sind kasusunmarkiert.
3) Die DP-Spur ist eine Anapher, die in
ihrer Rektionskategorie gebunden
sein muss.
4) DP-Bewegung ist ein lokaler Prozess.
A’-Bewegung (Wh-Bewegung)
Der Landeplatz ist eine A’-Position
([Spec CP]).
Wh-Spuren sind kasusmarkiert.
Die Wh-Spur ist eine Variable, die
innerhalb der Domäne ihres
Operators frei sein muss.
Wh-Bewegung ist ungebunden.
3) Was besagt die Subjazenz-Bedingung?
Eine Konstituente kann nicht über mehr als zwei Grenzknoten hinweg bewegt werden. Grenzknoten sind IP und DP.
4) Warum sind die folgenden Sätze ungrammatisch?
a) *Welchen Brief an Filch glaubst du wer hat gelesen?
b) *Wer glaubst du welchen Zaubertrank hat getrunken?
c) *An wem sagt Neville wer hat den Beinklammerfluch ausgeübt?
Um in ihre Zielposition, die [Spec CP]-Position des Matrixsatzes, zu gelangen,
müssen die Wh-Phrasen zwei IP-Knoten überschreiten: den IP-Knoten des eingebetteten und den IP-Knoten des Matrixsatzes. Das ist der Subjazenz-Bedingung
zufolge verboten. Die einzige Möglichkeit, die Sätze zu „retten“, bestünde darin, die
Wh-Phrasen welchen Brief, wer und an wem in der [Spec CP]-Position des jeweiligen eingebetteten Satzes „zwischenlanden“ zu lassen. Die [Spec CP] –Positionen
sind aber schon durch andere Wh-Phrasen besetzt. Die Ungrammatikalität der
Sätze ist auf eine Subjazenz-Verletzung zurückzuführen.
5) Wie unterscheiden sich das Deutsche und das Italienische bezüglich der Sub­
jazenz-Bedingung?
Im Deutschen sind IP und DP Grenzknoten, im Italienischen CP und DP.
36
Kapitel 6
6) Erklären Sie den Grammatikalitätsunterschied zwischen den folgenden
Sätzen:
a) Wem glaubst du, dass Molly einen Heuler geschickt hat?
b) *Wer glaubst du, dass Tante Petunia einen Heuler geschickt hat?
Das ECP besagt, dass Spuren streng regiert sein müssen. Eine Spur ist dann streng
regiert, wenn ihr Regens eine lexikalische Kategorie ist oder aber wenn es ein Ante­
ze­dens gibt, das sie bindet.
In (a) regiert das Verb geschickt die Objekt-Spur. Verben sind lexikalische Kate­
gorien; die Spur ist damit streng regiert. Der Satz gehorcht dem ECP und ist folglich
grammatisch.
In (b) regiert der Complementizer dass die Subjekt-Spur. Complementizer sind
nicht lexikalische, sondern funktionale Kategorien. Prinzipiell käme auch die Spur
in [Spec CP] als Regens in Frage. Der Minimalitätsbedingung zufolge zählt aber bei
mehreren möglichen Regenten immer nur dasjenige Element, das der Spur am
nächsten ist. Der Complementizer dass blockiert die Rektionsbeziehung zwischen
den Spuren. Damit ist die Subjektspur nicht streng regiert; der Satz verletzt das
ECP und ist ungrammatisch.
Abschnitt 6.3
1) Geben Sie je zwei Beispiele für Verb-Erst, Verb-Zweit und Verb-Letzt-Sätze.
Wählen Sie möglichst unterschiedliche Satztypen.
Verb-Erst:
Stürzt Gollum in den Schicksalsberg?
Stürzt Gollum einfach in den Schicksalsberg!
Wäre Gollum nur nicht in den Schicksalsberg gestürzt!
Stürzt Gollum in den Schicksalsberg, wird Saurons Macht gebrochen sein.
Was ist mit Gollum geschehen? Ist in den Schicksalbsberg gestürzt.
Verb-Zweit:
Gollum stürzt in den Schicksalsberg.
Gollum stürzt in den Schicksalsberg?
Dann stürzt Gollum in den Schicksalsberg.
Wer stürzt in den Schicksalsberg?
Als stürze Gollum in den Schicksalsberg.
Gollum möge in den Schicksalsberg stürzen.
Kapitel 6
37
Verb-Letzt:
weil Gollum in den Schicksalsberg stürzt.
2) Gliedern Sie die Sätze. Gebrauchen Sie das topologische Stellungsfeldermodell
nach Drach.
a)
b)
c)
d)
e)
Trelawney hat Greyback eine Kristallkugel auf den Kopf geworfen.
Hat Trelawney Greyback eine Kristallkugel auf den Kopf geworfen?
Wirf Greyback eine Kristallkugel auf den Kopf!
Eine Kristallkugel hat Trelawney Greyback auf den Kopf geworfen.
Harry sieht, dass Trelawney Greyback eine Kristallkugel auf den Kopf
wirft.
Vorfeld
r. Satzkl. Mittelfeld
Trelawney hat
G. eine Kristallkugel auf den Kopf
Hat
T. G. eine Kristallkugel auf den
Kopf
Wirf
G. eine Kristallkugel auf den Kopf!
Eine K.
hat
T. G. auf den Kopf
dass
T. G. eine Kristallkugel auf den
Kopf
l. Satzkl. Nachfeld
geworfen.
geworfen?
geworfen.
wirft.
3) Welches ist die D-Struktur und welches die S-Struktur der folgenden Sätze?
a) Ron liebt Hermine.
b) Harry hat Cho geküsst.
38
Kapitel 6
(a)D-Struktur:
CP
Spec
C'
C
IP
Spec
I'
Ron
I
VP
-t
V'
DP
Hermine
V
lieb-
S-Struktur
CP
Spec
C'
Roni
C
liebtj
IP
Spec
I'
ti
I
VP
t'j
V'
DP
Hermine
DP
tj
Kapitel 6
(b)D-Struktur:
CP
Spec
C'
C
IP
Spec
I'
Harry
I
VP
-t
V'
DP
Cho
V
geküsst ha-
S-Struktur:
CP
Spec
C'
Harryi C
hatj
IP
Spec
I'
ti
I
VP
t'j
V'
DP
Cho
V
geküsst tj
39
40
Kapitel 6
4) Was spricht dafür, die Verb-Letzt-Struktur als die zugrunde liegende Satzstruktur des Deutschen anzunehmen?
Viele Verbformen werden diskontinuierlich gebildet. Nur der finite Teil des Verbs
erscheint in der Verb-Zweit-Position. Der nicht-finite Teil (Infinitive oder Parti­
zipien) oder auch abtrennbare Partikeln stehen in der Verb-Letzt-Position. Man
sagt auch, dass nur der finite Teil nach C bewegt wird, die nicht-finiten Teile verbleiben in der Basisposition. Dies belegen die folgenden Beispielsätze:
a) Der Richter wird den Kröterich einsperren.
b) Der Richter hat den Kröterich eingesperrt.
c) Der Richter sperrt den Kröterich ein.
5) Warum sind die folgenden Sätze ungrammatisch?
a) *dass Ron hat sich von Lavender getrennt.
b) *Ron dass sich von Lavender getrennt hat.
In (a) wird das Hilfsverb hat nach C bewegt, obwohl diese Position schon von dem
Complementizer dass besetzt ist. Es kann aber nur jeweils ein Element in einer
Position realisiert werden.
In (b) wird die Subjekt-DP nach [Spec CP] bewegt. In C ist aber nicht ein Verb,
sondern ein Complementizer realisiert. Dieser Bewegungsprozess ist laut Gre­
wendorf (1988) nur dann erlaubt, wenn in C ein flektiertes Element realisiert ist.
Im Standarddeutschen sind Complementizer – anders als im Bairischen – nicht
flektiert.
Abschnitt 6.4
1) Warum hat in der folgenden Struktur kein Scrambling stattgefunden?
weil Filch das Zaubern schwerfällt.
Das Verb schwerfallen ist ein ergatives Verb. Die DP das Zaubern befindet sich in
ihrer D-strukturellen Position, nämlich in der Komplement-Position des Verbs. Sie
erbt ihren Kasus von einem phonetisch leeren Expletivpronomen in der SubjektPosition.
Kapitel 6
41
2) Zeichnen Sie einen Baum für die folgende Satzstruktur:
weil Hagrid die Eule Harry geschenkt hat.
weil Hagrid
VP2
DP
VP1
Harryi
Spec
die Eule
V'
DP
V
ti
geschenkt hat
3) Welche Argumente sprechen dafür, Scrambling als einen Fall von DP-Be­we­
gung zu analysieren? Geben Sie Beispiele.
Fanselow (1990) zeigt, dass sich Scrambling-Spuren – ebenso wie Spuren von DPBewegung – wie Anaphern verhalten. Anaphern müssen innerhalb der kleinsten
CP gebunden sein, die die Anaphern selbst, ihr Regens und ein Subjekt enthält.
Fanselow erklärt dies am Beispiel von ECM-Konstruktionen. Subjekte von ECMKonstruktionen können im Matrix-Satz gebunden sein. Ebenso ist es möglich, das
Subjekt einer ECM-Konstruktion an die Matrix-IP zu scrambeln:
weil Frodoi [sichi singen] hört.
weil sichi Frodoi [ti singen] hört.
Objekt-Anaphern können auch in einer ECM-Konstruktion nicht außerhalb des
Satzes gebunden sein. Genauso können Objekte aus ECM-Konstruktionen nicht an
die Matrix-IP gescrambelt werden:
*weil Gollumi [Bilbo sichi bestehlen] lässt.
*weil Gollumi Gandalf [Bilbo ti bestehlen] lässt.
Die Beschränkung gilt aber nur, wenn das Subjekt bereits auf der D-Struktur vorhanden ist – d.h., dass Objekte von ergativischen und Passivstrukturen sehr wohl
an die Satzspitze bewegt werden können:
weil Frodoi [sichi ein Stück Lembas schmecken] lässt.
weil sichi Frodoi [ti ein Stück Lembas schmecken] lässt.
42
Kapitel 6
4) Welche Argumente sprechen dagegen, Scrambling als einen Fall von WhBewegung zu analysieren? Geben Sie Beispiele.
Es gibt zwar viele Gemeinsamkeiten zwischen Scrambling und Wh-Bewegung,
aber auch viele Unterschiede:
Wh-Bewegung ist Bewegung nach [Spec CP]. Es gibt nur eine [Spec CP]Position. Deshalb kann nur jeweils ein Element dorthin bewegt werden. Liegt eine
multiple Wh-Frage vor, müssen alle anderen Wh-Phrasen in situ bleiben:
*Ich frage mich, wem was Gollum abgebissen hat.
Demgegenüber ist mehrfaches Scrambling möglich:
Ich hoffe, dass Frodo den Ring niemand wegnehmen wird.
Scrambling ist nur innerhalb von IP möglich (Generalisierung 1):
*weil [IP Sauroni [IP ich glaube [CP dass jeder Bewohner von Mittelerde ti fürchtet]]]
Das gilt nicht für Wh-Bewegung:
Weni ließ Gandalf [Sam ti begleiten]?
Weni glaubt Gandalf [CP dass jeder Bewohner von Mittelerde ti fürchtet?]
Es ist verboten, eine Phrase über den Bereich des nächsthöheren Subjekts hinauszuscrambeln (Generalisierung 7):
*weil ihni Gandalf [Sam ti begleiten] ließ.
Auch diese Beschränkung gilt nicht für Wh-Phrasen.
Generalisierung 4 besagt, dass gerade Wh-Phrasen nicht gescrambelt werden
dürfen:
Wemi hat [IP Elrond ti welchen Hinweis gegeben]?
??Wemi hat [IP welchen Hinweisj [IP Elrond ti tj gegeben]]?
5) Was spricht dafür, Scrambling-Strukturen als basisgeneriert anzunehmen?
Ein wesentliches Argument dafür, Scrambling als einen basisgenerierten Prozess
anzunehmen, liegt in den sogenannten Ökonomie-Prinzipien, denen zufolge
Bewegung nur dann erlaubt ist, wenn sie motiviert ist, d.h., wenn ein grammatisches Prinzip verletzt wird, wenn sie nicht stattfindet. Dies ist bei den
Bewegungsprozessen, die wir bisher kennengelernt haben, gegeben. Wenn in
Passiv- und Anhebungskonstruktionen keine DP-Bewegung stattfindet, wird der
Kapitel 6
43
Kasusfilter verletzt. Wh-Bewegung findet statt, weil die Wh-Phrase für das Merkmal
[+Wh] spezifiziert ist, das in [Spec CP] lizensiert werden muss. Scrambling hingegen ist ein optionaler Prozess, der nur aus stilistischen Gründen stattfindet, aber
eben nicht obligatorisch ist. Da Bewegung immer „Kosten“ verursachen, grammatische Prozesse aber so ökonomisch wie möglich sein sollen, ist es sinnvoll,
Scrambling als einen basisgenerierten Prozess anzunehmen.
6) Welchen Lexikon-Eintrag hat das Verb töten?
töten:
λy
|
f2
λx
|
d,f1
[x machen dass [y tot sein]]
semantische Form
syntaktische Form
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