Referat zur Kasustheorie

Werbung
am Beispiel des Russischen
werden keine Aussagen darüber gemacht, in
welcher linearen Abfolge Komplement- und
Adjunktkategorien in einer phrasealen
Kategorie auftreten, nach der X-bar Theorie
sind also alle folgenden Phrasen wohlgeformt:
a) učeniki Puškinskoij školy vse nosjat sinnye brjuki.
b) *Puškinskoij školy nosjat učeniki sinnye brjuki
vse.
c) Otec Iriny
d) *Iriny Otec
e) Rukovodstvo predprijatijem ne vchodit v moi
zadači
f) *ne predprijatijem v moi zadači rukovodstvo
vchodit
Das X-bar-Schema erlaubt, dass Komplemente
prinzipiell sowohl links als auch rechts vom Kopf
stehen.
Tatsächlich sind nur die Abfolgen
a), c), e) grammatisch.
Diese Restriktion lässt sich mit Hilfe der
Kasustheorie erklären, die als
Wohlgeformtheitsbedingung des X-barSchemas dient.
Die Kasustheorie wirkt wie ein Filter auf
den Output der X-bar Theorie:
Das X-bar Schema generiert unendlich
viele Phrasen, von denen nur die
wohlgeformt sind, die den Prinzipien
der Kasustheorie genügen.
Zwei Prinzipien der Kasustheorie
1.
Kasusfilter: *NP ist ungrammatisch, wenn
NP keinen Kasus zugewiesen bekommt.
2.
Kasusparameter: X° weist Kasus
sprachspezifisch nach links oder rechts
zu.
Generell wird bei der Kasuszuweisung
zwischen inhärentem bzw. obliquem
Kasus und dem strukturellen Kasus
unterschieden.
mit inhärenten Kasus wird die Zuweisung als
Besonderheit des Lexems beschrieben, es
handelt sich um einen lexikalischer Kasus;
ein bestimmtes Verb „verlangt“ immer einen
bestimmten Kasus
oder es handelt sich um die Zuweisung an
eine bestimmte semantische Rolle, z. B. ein
„Instrument“ wird immer durch den
Instrumental ausgedrückt
bei strukturellen Kasus handelt es sich um
Zuweisung abhängig von grammatischer
Funktion;
z. B. wird dem Verb-Komplement immer der
Akkusativ oder dem Subjekt immer der
Nominativ zugewiesen.
Nur V bzw. INFL können einen strukturellen
Kasus zuweisen.
Kasusmerkmale können eine direkte
morphologische Realisation haben, wie es in
den meisten flektionsreichen Sprachen, z. B.
dem Russischen, der Fall ist, oder, in
flektionsarmen Sprachen, wie dem
Englischen, nicht overt sein, also nicht durch
eine morphologische Realisation erkenntlich
die Kasuszuweisung erfolgt in den
Einzelsprachen aufgrund von
unterschiedlichen Kategorien und auch
die Richtungen der Kasuszuweisungen
sind unterschiedlich
Die einzigen in allen Sprachen
auftretende kasuszuweisende
Kategorien sind Verben und
Präpositionen.
Adjektive und Nomina weisen nur in
bestimmten Sprachen Kasus zu.
Im Russischen , wie auch im
Deutschen, sind alle lexikalischen
Kategorien, die als Kopf einer
Konstruktion auftreten können, also V,
N, A und P, kasuszuweisend
Die Köpfe sind bei der Kasuszuweisung
peripher, d. h. sie stehen am rechten oder
linken Rand ihrer Projektion, es gibt also
Sprachen, die den Kasus nach links
zuweisen, die man kopffinal / head-final
nennt, z. B. Japanisch, und Sprachen, die
den Kasus nach rechts zuweisen, die man
kopfinitial / head-initial nennt,
z. B. Englisch.
Schwach flektierende Sprachen unterliegen
in der Kasuszuweisung häufig einer
besonderen Restriktion: Kopf und
Komplement müssen adjazent sein, d.h. ein
Komplement erhält nur dann einen Kasus,
wenn es unmittelbar neben dem
lexikalischen Kopf steht,
z. B. im Englischen
die Richtung der Kasuszuweisung bezeichnet
man als Kasusparameter:
X° weist Kasus sprachspezifisch nach links
(head-final)
oder
rechts (head-initial) zu.
Im Russischen weisen NP und PP die Kasus
nur nach rechts zu,
sind also head-initial, z. B.
Otec Iriny
*Iriny otec
v zavodje
*zavodje v
VP und AP dagegen können die Kasus
sowohl nach rechts als auch nach links
zuweisen, beide Varianten sind
grammatikalisch richtig und weisen nur
einen semantischen Unterschied auf
z. B.
ona rukovodit zavodom
ona zavodom rukovodit
veren korol‘û
korol‘û veren
Der Akkusativ ist der strukturelle
Kasus von Verben, alle übrigen
von Verben zugewiesene Kasus
sind lexikalische Kasus.
Bei der Verneinung allerdings wird
die Akkusativzuweisung an die
Komplemente blockiert,
stattdessen wird der Genitiv
zugewiesen, z. B.
Ivan ne čital ètoj knigi ni minuty.
Boris ne spal ni odnoj minuty.
General ne pravil stranoj ni odnogo
goda.
Folgt daraus, dass der Genitiv der
strukturelle Kasus verneinter
Verben ist?
Komplemente von Nomina oder
Adjektiven können im Russischen
niemals den Akkusativ erhalten.
Nominalisierungen von Verben, die den
Akkusativ erfordern, weisen den Genitiv auf,
z. B.:
čistit' posudu - čistka posudy
narušat' zakon - narušenie zakona
NPs können, im Gegensatz z. B. zum
Deutschen, auch andere Fälle zuweisen,
wenn sie Nominalisierungen von
bestimmten Verben sind
Nominalisierungen von Verben, die den
Instrumental erfordern, weisen den
Instrumental auf, z. B.:
rukovodit' zavodom - rukovodstvo zavodom
vladet' domom - vladenije domom
Im Deutschen muss die NP in Objektposition
immer vor dem Verb stehen:
ich glaube, dass er seinem Freund helfen wird
*ich glaube, dass er helfen wird seinem Freund
Im Russischen dagegen kann die
NP auch hier sowohl vor als auch
nach dem Verb auftreten:
ja dumaju, čto on svojemu drugu pomožet
ja dumaju, čto on pomožet svojemu drugu
Unterliegen auch alle Subjekt-NPs dem
Kasusfilter oder nur alle NPs in
Objektstellung?
In den meisten indoeuropäischen
Sprachen erhält das Subjekt immer den
Nominativ.
Die Nominativmarkierung des Subjekts ist jedoch
keine universelle Eigenschaft natürlicher
Sprachen, im Isländischen kommen auch DativSubjekte vor, im Lateinischen können Subjekte in
infiniten Sätzen auch im Akkusativ erscheinen
(sog. ACI), z.B.:
Gallos
frequentur bellum gerrere putat
die Gallier häufig
Krieg führen (er) glaubt
(AKK)
(AKK)
er glaubt, dass die Gallier häufig Krieg führen
Daraus folgt, dass das Subjekt nicht
von V zugewiesen bekommt, sondern
von INFL, d.h. die Kasuszuweisung
erfolgt nicht durch das Verblexem
sondern durch die Flexionsform des
Verbs.
Beim Russischen spielt dies z. B. bei
der Kasuszuweisung in einer
Infinitivkonstruktion eine Rolle:
Wenn das Subjekt bei einer
Infinitivkonstruktion ausgedrückt
wird, steht es z. B. im Dativ :
Ivanu ujti ?
*Ivan ujti?
PPs wirken als Rektionsbarriere,
d. h. eine PP blockiert die maximale
Projektion innerhalb einer VP
zu dem als Adjunkt stehenden NP
im Bsp. My eli èti vkusnye âbloka v St.
Peterburg regiert das Verb est` die NP èti
vkusnye âbloka, aber nicht die PP v St.
Peterburg
Im Russischen können auch Zahlwörter einen
bestimmten Kasus zuweisen, so steht das gezählte
Substantiv nach dem Nom. oder Akk. der Zahl 1
und allen Grundzahlwörtern, die als letztes Glied
eine 1 enthalten, im Nom. bzw. Akk. Sg.
z. B. odin dom
nach den Grundzahlwörtern 2, 3, 4 und
entsprechenden zusammengesetzten
Grundzahlwörtern im Gen. Sg.
z. B. tri karandaša
nach den übrigen Grundzahlwörtern im Gen. Plural
z. B. cto cem´desât´devât´učenikov
Wenn eine Präposition 2 Kasus in ähnlicher
Bedeutung zuweist, ist der Akkusativ immer
ein Teil der Alternanz
z. B. v gorod v gorode
na vokzal na vokzale
pod stol pod stolom
za stol
za stolom
Akkusativ bezeichnet hier immer eine
Richtung.
Bedingungen der Kasuszuweisung




Kasus kann nur zugewiesen werden, wenn eine
bestimmte strukturelle Konfiguration vorliegt.
Kasus zuweisendes und Kasus empfangendes Element
müssen in einer Rektionsbeziehung zueinander stehen.
Die Rektion lässt sich über eine hierarchische
Kommando-Beziehung ermitteln.
Über diese Kommando-Beziehung lässt sich ermitteln,
ob eine NP innerhalb des Rektionsbereichs eines
potentiellen Kasuszuweisers steht oder nicht.
Das C-Kommando

Die Kasuszuweisung durch die lexikalischen Kategorien
V, A, N und P an Komplement-NPs erfolgt unter der CKommando-Bedingung:
„α c-kommandiert β, α ≠ β, genau dann, wenn
a) jeder verzweigende Knoten γ, der α dominiert, auch
β dominiert,
b) α β nicht dominiert“
Das M-Kommando

Die Kasuszuweisung durch die funktionale Kategorie INFL an die
Subjekt-NP erfolgt unter der M-Kommando-Bedingung:
„α m-kommandiert β, α ≠ β, genau dann, wenn
a) jede maximale Projektion γ, die α dominiert, auch β dominiert,
b) weder α β noch β α dominiert“
Fanselow, G. und S. Felix. Sprachtheorie. Eine Einführung in die
Generative Grammatik. 2 Bde. Tübingen: Francke, 1987, 1993.
Franks, S. Parameters of Slavic Morpho-Syntax, Cambridge: Cambridge
Univ. Press, 2000.
Kosta, P. Leere Kategorien in den nordslavischen Sprachen. Zur
Analyse leerer Subjekte und Objekte in der Rektions-Bindungs-Theorie.
Habilitationsschrift. Frankfurt am Main, 1991
Testelez, Â. G., Vvedenie f obŝij sintaksis. Moskau, 2001
http://www.uni-bielefeld.de/lili/personen/ssahel/theorien_modelle1/
Herunterladen