Angebote für Klausurfragen Grammatik WS 2016/17 Kasuszuweisung 1. Unterscheiden Sie drei Arten der Kasuszuweisung und nennen Sie zentrale Merkmale jeder Art! (6 Punkte) (a) Kasusrektion (1 P.) - Kasusrektion liegt vor, wenn ein Wort verlangt, dass eine von ihm abhängige Phrase einen bestimmten Kasus aufweist. (1 P.) (b) Kasuskongruenz (1 P.) - In bestimmten Konstruktionen übernehmen Nominalphrasen den Kasus von einer anderen Nominalphrase. Es liegt dann Kongruenz im Kasus vor. (1 P.) (c) Semantische Kasuszuweisung (1 P.) - Bei manchen Phrasen besteht ein direkter Zusammenhang zwischen Semantik und Kasus; man spricht dann von semantischer Kasuszuweisung. Der Kasus wird „von außen“ der Phrase zugewiesen. (1 P.) 2. Erläutern Sie das Rangverhältnis der Aktanten bei Verben, die drei Aktanten verlangen! Bilden Sie ein Beispiel! Zeichnen Sie in das Beispiel mit Pfeilen die Kasuszuweisung ein und kennzeichnen Sie die jeweilige Rolle der Satzglieder (Agens, Patiens etc.) (6 Punkte) Zum Rangverhältnis bei mehreren Aktanten: (a) Der Aktant mit der aktivsten Rolle hat den höchsten Rang und erhält den Nominativ. (Typisch: Agens) (1 P.) (b) Der Aktant mit der am wenigsten aktiven Rolle hat den niedrigsten Rang und erhält den Akkusativ. (Typisch: Patiens) (1 P.) (c) Der dritte Aktant, sofern vorhanden, steht rangmäßig dazwischen und erhält den Dativ. (Typisch: wahrnehmende Person, Nutznießer, Empfänger, Besitzer) (1 P.) Beispiel: (Punktverteilung: 1 Punkt für korrekten Beispielsatz (Verb mit drei Aktanten), 1 Punkt für richtige Pfeilkennzeichnung der Fälle, 1 Punkt für richtige Zuweisung der Rollen) Nichtakkusativische Verben und Infinitivkonstruktionen mit PRO 1) Was unterscheidet nichtakkusativische Verben von transitiven (intransitiven) Verben / von Passivkonstruktionen? A) Unterschied zu transitiven: transitiv zieht 2 Aktanten nach sich (Agens/Nominativ + Patiens/Akkusativ), intransitive Verben 1 Aktant (Agens/Nominativ), wohingegen nichtakk.V. 1 Aktant (Patiens/Nominativ) nach sich ziehen. Passivkonstruktionen: beide haben keinen Agens, beim Passiv ist er zurückgestuft, bei nichtakk.V. von Haus aus nicht vorhanden. 2) Was verlangen nichtakkusativische Verben (Aktanten, semantische Rollen)? Welche Besonderheit tritt hierbei auf? A) nichtakk.V. verlangen einen Patiens, keinen Agens. Patiens müsste eigentlich im Akkusativ stehen. Geht aber nicht, weil BURZIOS Generalisierung (fin.V. kann keinen Akk vergeben, wenn kein Subjekt/Agens im Nominativ). Verb hat also einen Nominativ übrig -> an Aktanten. Also: Patiens im Nominativ als Subjekt. 3) Wie kann man nichtakkusativische Verben erkennen? A) Verschiedene Proben: z.B. Hilfsverb sein im Perfekt; Aufspaltung von Nominativ-NPs [ (Was) sind denn hier (_für Ziegel) runtergefallen)?]; kein Passiv möglich. Subjekt (=Patiens) nicht selbst aktiv - Der Krug zerbricht ohne sein eigenen Zutun; der Schnee schmilzt -da kann der Schnee aber nix dafür. 4) Was ist PRO? Welche Arten von PRO gibt es? Ordnen Sie zu. a) Anna verspricht Otto, [PRO das Buch zu lesen]. b) [PRO Solche Bücher zu lesen], ist wichtig. c) [Statt PRO zu lernen], liest Otto ein Buch. A) PRO ist ein leeres Subjektpronomen im Nominativ, das anstelle eines lexikalischen Subjekts angenommen wird (in bestimmten Konstruktionen, wenn eben kein lexikalisches Subjekt vorhanden ist). Es gibt: kontrolliertes PRO (a), arbiträres PRO (b), adverbiale Infinitivphrasen (c). 5) Woher bekommt PRO seinen Kasus? A) PRO hat seinen Kasus (Nominativ) inhärent, ist also einfach schon da, schon enthalten. Kann seinen Kasus nicht vom Verb kriegen, da infinit. Kann seinen Kasus auch nicht vom Hauptsatz (übergeordneten Satz) bekommen, da die CP als "Schutzhülle" vor Kasusrektion von außen dient. 6) Wieso nimmt man ein solches leeres Subjektpronomen PRO überhaupt an? Macht das nicht alles unnötig komplizierter? Nenne einen Grund für die Annahme von PRO. A) Gründe für PRO: z.B. a) formaler Grund: arbiträres PRO hat eigene morphosyntaktische Merkmale (3.Ps.mask.Sg.) - [PRO *Ihre Sachen zu verlieren], ist unangenehm. -> [PRO Seine Sachen... ] ->OK; oder b) semantischer Grund: finite Nebensätze und satzwertige Infinitivphrasen sind meist miteinander austauschbar, semantisch ähnlich; c) semantischer Grund: arbiträres PRO hat eine eigenständige Semantik: Indefinitpronomen 'man' Thematische Rollen 1) Was sind Thematische Rollen? (Definiere kurz was thematische Rollen allgemein im Satz anzeigen.) A) Theta-Rollen beschreiben die nähere Natur der semantischen Beziehung, die ein Argument mit seinem Prädikat eingeht, also welche Rolle das Argument in der Handlung spielt, die vom Prädikat ausgedrückt wird. Die Theta-Rollen beschreiben also Anzahl,Art der Argumente und Stellung der Argumente; sie dienen zur „Indizierung“ eines Arguments. 2) Nenne drei thematische Rollen und definiere kurz was diese Rollen ausmacht. Gib zu jeder Rolle ein Beispiel an. A) Agens (der belebte Ausführende oder Handlungsträger von etw. ) Beispiel: <Paula> sägt das Holz. Patiens (wer oder was wird durch die Handlung beeinflusst, affiziert bei Unbelebtem) Beispiel: Peter kauft <ein Buch>: Locus/Ort (wo ist die Handlung lokalisiert, wo findet sie statt) Beispiel: Paul arbeitet <in München>. 3) Benenne mindestens einen Aspekt den man an dem Modell der Theta-Rollen allg. kritisieren kann. A) Nicht alle theoretischen Ansätze verwenden Theta-Rollen. Diese sind weitgehend beschränkt auf die generative Grammatik Noam Chomskys und die Lexikalisch-funktionale Grammatik. oder alternativ als Antwort zu 3: Die Frage, wie eine endgültige Liste von Rollen(typen) aussehen sollte, ist in der Literatur nie abschließend entschieden worden (jeder definiert die einzelnen Typen anders, Grammatikduden hat nur die aktanten agens und patiens) Kasus bei Präpositionen 1) Welche beiden Kasus sind semantisch relevant, welche beiden irrelevant? Erkläre. A) Dativ und Akkusativ sind semantisch relevant, weil ihre Wahl syntaktischsemantisch determiniert ist. Je nachdem welchen Kasus ich benutze ändert sich die Bedeutung. Bsp. Anna läuft auf die Straße. (Akk.) oder Anna läuft auf der Straße (Dat.). Zwischen Genitiv und Dativ besteht Wahlfreiheit in dem Sinne, dass bei Vertauschung keine Bedeutungsänderung vorliegt. Sie sind semantisch irrelevant. Es ist egal, ob ich wegen dem schlechten Wetter oder wegen des schlechten Wetters sage. Das ist eine stilistische Entscheidung. 2) Nenne zwei Präpositionen mit mehr als zwei Kasus. Bilde Beispielsätze. A) Entlang, pro. Entlang des Flusses, entlang dem Fluss, den Fluss entlang. Pro großen Teller, pro großem Teller, pro großer Teller. 3) Wann ist die Verschmelzung von Präpositionen obligatorisch? Nenne mindestens drei Beispiele. A) Obligatorische Verschmelzung vor substantivierten Infinitiven: zum Essen, am Rauchen, beim Arbeiten vor substantivierten Adjektiven: ins Reine bringen vor Unika und Eigennamen: zum Mond fliegen, am Rhein Rad fahren vor Abstrakta und Stoffbezeichnungen: im Wasser, im Vertrauen innerhalb von Datums- und Zeitangaben: am elften Juli, in der Nacht vom 3. auf den 4. Mai Innerhalb von festen Wendungen und Idiomen: im Gegensatz zu, zum Abschluss bringen hinters Licht führen, ums Leben kommen Einrichtung/ Institution: zum Zahnarzt gehen, beim Biobäcker, zur Schule gehen Genitiv 1) Benenne die Aspekte der Genitivregel A) Eine Nominalphrase kann nur dann im Genitiv stehen, wenn: (1) mindestens ein adjektivisch flektiertes Wort und (2) mindestens ein Wort mit -s/-es/-er Endung enthält. 2) „So etwas sieht man nur innerhalb [von] Städte[n].“ Um welche Ersatzkonstruktion des Genitives handelt es sich? A) Ersatzkonstruktion: von + Dativ 3) Was versteht man unter Monoflexion? Geben sie Beispiele. A) a) Monoflexion 1: Ist der Wegfall des Genitiv-s beim Nomen (Bsp.: Im Laufe [des Januar]) b) Monoflexion 2: schwache statt starke Endung bei Artikelwörtern (Bsp.: Das ist die Pflicht [jedes Schülers] --> Das ist die Pflicht [jeden Schülers] c) Monoflexion 3: Bei Präpositionen mit unsicherem Kasus wird die Form mit dem geringeren morphologischen Aufwand präferiert (Bsp.: trotz [starken Regens]? trotz [starkem Regen]? --> trotz [Regen]