11PS - KINEMATIK P. Rendulić 2011 GERADL. GLEICHM. BESCHL. BEWEGUNG 3 GERADL. GLEICHM. BESCHL. BEWEGUNG 3.1 Experimentelle Herleitung des Weg-Zeit-Gesetzes 7 3.1.1 Versuchsbeschreibung Wirkt längs der Bahn eine konstante Kraft in Bewegungsrichting auf den Schlitten (z.B. durch Schlitzgewichte, die über eine Schnur und Umlenkrolle am Schlitten ziehen, oder eine leicht geneigte Bahn), so führt er eine geradlinig gleichmäßig beschleunigte Bewegung aus. Zur Bestimmung des Weg-Zeit-Gesetzes s = f (t ) für eine geradlinig gleichförmig beschleunigte Bewegung werden die Zeiten gemessen, die der Schlitten aus dem Ruhezustand aus benötigt, um verschiede Wegstrecken s zurückzulegen. Die Zeit t wird mit einer Lichtschranke und einem Digitalzähler bestimmt. Um kleinere Schwankungen auszugleichen, wird für jede Wegstrecke s die zugehörige Zeit t mehrmals gemessen und ein Mittelwert tm gebildet.. 3.1.2 Messwertetabelle s (m) 0 - t (s) - tm (s) 0 tm2 (s)2 0 11PS - KINEMATIK 3.1.3 P. Rendulić 2011 GERADL. GLEICHM. BESCHL. BEWEGUNG 8 Weg-Zeit-Diagramm im s-t-Koordinatensystem s t O 3.1.4 Weg-Zeit-Diagramm im s-t2-Koordinatensystem s 2 t O 3.1.5 Ergebnis Der sich im s-t2-Koordinatensystem ergebende Kurvenzug ist eine Gerade durch den Koordinatenursprung: Führt ein Körper eine geradlinig gleichmäßig beschleunigte Bewegung aus, so ist der von ihm in der Zeit t zurückgelegte Weg s dem Quadrat der Zeit t2 proportional: s ~ t2 ; somit gilt für das Weg-Zeit-Gesetz s = k ⋅t2 , wobei k eine Konstante ist. Der sich im s-t-Koordinatensystem ergebende Kurvenzug ist also eine Parabel. 11PS - KINEMATIK 3.1.6 GERADL. GLEICHM. BESCHL. BEWEGUNG P. Rendulić 2011 9 Interpretation Die Steigung k der Geraden s = f (t 2 ) hat die Dimension einer Beschleunigung (m/s2); sie ist jedoch nicht dem Betrag a der Beschleunigung gleichzusetzen, vielmehr gilt k= 1 a, 2 womit für das Weg-Zeit-Gesetz s= 1 ⋅a ⋅t2 2 folgt. Anmerkung: Der Faktor ½ lässt sich jedoch aus den vorliegenden Messungen nicht ermitteln; er wird später rechtfertigt werden. 3.1.7 Schlussfolgerung Das Weg-Zeit-Gesetz für eine geradlinige Bewegung mit konstanter Beschleunigung ist eine Parabel im Weg-ZeitKoordinatensystem. 3.2 Experimentelle Herleitung des Geschwindigkeit-Zeit-Gesetzes und des Beschleunigung-Zeit-Gesetzes 3.2.1 Versuchbeschreibung Ein auf einer Luftkissenbahn aufgesetzter Schlitten bewegt sich geradlinig gleichförmig beschleunigt. Um die Geschwindigkeit v eines Körpers zu ermitteln, misst man für ein kleines Wegintervall ∆s das zugehörige Zeitintervall ∆t und bildet den Quotienten. ∆s / ∆t. Die so gemessene Geschwindigkeit entspricht der Momentangeschwindigkeit am Bahnpunkt in der Mitte des Wegintervalls ∆s . 11PS - KINEMATIK P. Rendulić 2011 GERADL. GLEICHM. BESCHL. BEWEGUNG 10 Die Änderung der Geschwindigkeit ∆v im Zeitintervall ∆t ist die Durchschnittsbeschleunigung a. Ist die Durchschnittsbeschleunigung von der Größe des Zeitintervalls ∆t und dem Zeitpunkt t, in dem sie bestimmt wird, unabhängig, ist die Durchschnittsbeschleunigung gleich der Momentanbeschleunigung a. Die Beschleunigung a bestimmt sich dann als Quotient v / t. Zur Bestimmung des Geschwindigkeit-Zeit-Gesetzes misst man außer dem Zeitintervall ∆t die Zeit t, die der Schlitten benötigt, um den Bahnpunkt s zu erreichen. 3.2.2 Messwertetabelle Blendenlänge ∆s = ............. m s (m) 0 - t (s) - tm (s) 0 - ∆t (s) - ∆tm (s) v= ∆s ⎛ m ⎞ ⎜ ⎟ ∆t m ⎝ s ⎠ a= v tm ⎛m⎞ ⎜ 2⎟ ⎝s ⎠ - - - 11PS - KINEMATIK 3.2.3 P. Rendulić 2011 GERADL. GLEICHM. BESCHL. BEWEGUNG 11 Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm im v-t-Koordinatensystem v t O 3.2.4 Beschleunigung-Zeit-Diagramm im a-t-Koordinatensystem a t O 3.2.5 Ergebnis • Der sich im v-t-Koordinatensystem ergebende Kurvenzug ist eine Gerade durch den Koordinatenursprung: Die Geschwindigkeit v zum Zeitpunkt t des gleichförmig beschleunigten Körpers ist der Zeit t proportional: v ~t. • Der sich im a-t-Koordinatensystem ergebende Kurvenzug ist eine Parallele zur Zeitachse. Die Beschleunigung a bleibt längs der Bahn konstant. Bewegt sich ein Körper geradlinig gleichförmig beschleunigt, so bewegt er sich mit konstanter Beschleunigung. 11PS - KINEMATIK GERADL. GLEICHM. BESCHL. BEWEGUNG P. Rendulić 2011 12 3.2.6 Interpretation Aus der Proportionalität zwischen v und t folgt für das Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz v = a⋅t , wobei die Konstante a die Steigung der Geraden ist; sie hat die Dimension einer Beschleunigung und ist aufgrund der Definition der Beschleunigung dieser gleichzusetzen. 3.2.7 Schlussfolgerungen Das Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz für eine geradlinige Bewegung mit konstanter Beschleunigung besagt, dass die Geschwindigkeit eines Körpers der Zeit proportional ist. Das Beschleunigung-Zeit-Gesetz für eine geradlinige Bewegung mit gleichförmiger Beschleunigung ist eine horizontale Gerade; die Beschleunigung ist konstant. 3.3 Definition der Beschleunigung Unter konstanter Beschleunigung a versteht Geschwindigkeitsänderung zu der dafür benötigten Zeit. a= man das Verhältnis der ∆v v 2 − v 1 = ∆t t 2 − t1 Die SI-Einheit der Beschleunigung ist das Meter pro Sekunde im Quadrat. In der Tat: [a] = [∆v ] = [∆t ] 3.4 v m s =m s s2 Rechtfertigung des Faktors ½ B a v= t Wir wissen, dass der zurückgelegte Weg s sich geometrisch als die Fläche unterhalb der Geschwindigkeitslinie im vt-Diagramm darstellen lässt. Die Fläche unterhalb der Geschwindigkeitslinie ist das Dreieck OAB. Der Flächeninhalt dieses Dreiecks ist: s = ½ a t2 t O t s= A 1 1 1 1 ⋅ OA ⋅ AB = ⋅ t ⋅ v = ⋅ t ⋅ a ⋅ t = ⋅ a ⋅ t 2 2 2 2 2 11PS - KINEMATIK P. Rendulić 2011 GERADL. GLEICHM. BESCHL. BEWEGUNG 13 Diese Betrachtung rechtfertigt den Faktor ½ welcher im Weg-Zeit-Gesetz der geradlinig gleichmäßig beschleunigten Bewegung auftaucht. Anmerkung: das Weg-Zeit-Diagramm kann theoretisch aus dem Geschwindigkeit-ZeitDiagramm hergeleitet werden. 3.5 Geradlinig gleichmäßig beschleunigte Bewegung mit Anfangsgeschwindigkeit In den vorherigen Punkten wurde die geradlinig beschleunigte Bewegung ohne Anfangsgeschwindigkeit v0 beschrieben. Das heißt, dass der beobachtete Körper aus dem Stand beschleunigt. Besitzt der Körper bereits eine Anfangsgeschwindigkeit v0, wenn die gleichförmige Beschleunigung einsetzt, dann ändert sich das dazugehörige Geschwindigkeit-ZeitDiagramm folgendermaßen: v at ½at v0 2 v0t t O Daraus ergibt sich das Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz für die geradlinig gleichmäßig beschleunigte Bewegung: v = v 0 + at und das Weg-Zeit-Gesetz: s = v 0t + 1 2 at 2 11PS - KINEMATIK P. Rendulić 2011 GERADL. GLEICHM. BESCHL. BEWEGUNG 14 3.6 Geradlinig gleichmäßig verzögerte Bewegung Ein gleichmäßiger Verzögerungsvorgang ist ein Sonderfall der gleichmäßig beschleunigten Bewegung. Bei einer Verzögerung haben Geschwindigkeit und Beschleunigung entgegengesetztes Vorzeichen (sie wirken in entgegengesetzte Richtungen), sodass sich der Betrag der Geschwindigkeit verringert, bis die Anfangsgeschwindigkeit v0 aufgezehrt ist. a= ∆v v 2 − v1 = < 0 weil v1 > v 2 ∆t t 2 − t1 Die Endgeschwindigkeit v2 des Körpers ist also kleiner als seine Anfangsgeschwindigkeit v1. Die Verzögerung unterscheidet sich von der Beschleunigung nur durch das negative Vorzeichen des Zahlenwertes. Beispiel: Beschleunigung: a>0 Verzögerung: a<0 a = -5 m/s2 heißt, dass die Geschwindigkeit in jeder Sekunde um 5 m/s abnimmt. 11PS - KINEMATIK 3.7 P. Rendulić 2011 GERADL. GLEICHM. BESCHL. BEWEGUNG 15 Zusammenfassung Geradlinig gleichförmige Bewegung Weg-Zeit-Gesetz Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz v s t t s = v ⋅t v = konstant Geradlinig gleichmäßig beschleunigte Bewegung ohne Anfangsgeschwindigkeit Weg-Zeit-Gesetz s Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz Beschleunigung-Zeit-Gesetz v a t t s= 1 ⋅a ⋅t2 2 t v = a⋅t a = konstant Geradlinig gleichmäßig beschleunigte Bewegung mit Anfangsgeschwindigkeit Weg-Zeit-Gesetz s Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz Beschleunigung-Zeit-Gesetz v a t t s= 1 ⋅ a ⋅ t 2 + v0 ⋅ t 2 v = a ⋅ t + v0 t a = konstant Geradlinig gleichmäßig verzögerte Bewegung mit Anfangsgeschwindigkeit Weg-Zeit-Gesetz Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz v s t t t s= Beschleunigung-Zeit-Gesetz 1 ⋅ a ⋅ t 2 + v 0 ⋅ t (a < 0) 2 v = a ⋅ t + v 0 (a < 0) a = konstant (a < 0) 11PS - KINEMATIK 3.8 P. Rendulić 2011 GERADL. GLEICHM. BESCHL. BEWEGUNG 16 Aufgaben 3.8.1 Beschleunigender Körper Ein Körper hat aus der Ruhe nach der 1. Sekunde eine Geschwindigkeit von v1 = 0,5 m/s, nach der 2. Sekunde von v2 = 1,0 m/s, nach der 3. Sekunde von v3 = 1,5 m/s erreicht. a. b. c. d. Zeichne das Geschwindigkeits-Zeit-Diagramm. Trage die Geschwindigkeitsänderung je Sekunde in das Diagramm ein. Warum haben die Geschwindigkeit und die Beschleunigung verschiedene Einheiten? Berechne die Fläche unter der v-Linie. Was stellt sie dar? 3.8.2 Zwei Radfahrer Zwei Radfahrer A und B bewegen sich aus der Ruhe gleichmäßig beschleunigt. Fahrer A erreicht nach tA = 7 s eine Fahrgeschwindigkeit vA = 7,2 km/h, Fahrer B nach tB = 15 s eine Geschwindigkeit vB = 10,8 km/h. a. Welcher Fahrer hat die größere Anfahrbeschleunigung? b. Welche Wege haben die Radfahrer dabei zurückgelegt? 3.8.3 Beschleunigendes Auto Ein Auto erhält aus der Ruhe gleichmäßig beschleunigt eine solche Beschleunigung, dass es nach t = 16 s einen Weg s = 200 m zurücklegt. a. Wie groß ist die Beschleunigung? b. Welche Endgeschwindigkeit (in km/h) ist dabei erreicht? 3.8.4 Auf der Autobahn beschleunigendes Fahrzeug 1 Die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs wird bei einer Beschleunigung von a = 2,5 m/s2 von v1 = 180 km/h auf v2 = 216 km/h gleichmäßig beschleunigt gesteigert. a. Wie groß ist die dabei zurückgelegte Wegstrecke? b. Zeichne das zugehörige v-t-Diagramm. 3.8.5 Auf der Autobahn beschleunigendes Fahrzeug 2 Ein PKW wird in 15 s von der Geschwindigkeit 90 km/h auf 126 km/h gleichmäßig beschleunigt. a. Wie groß ist die Beschleunigung? (a = 0,667 m/s2) b. Welcher Gesamtweg wird während der Beschleunigung zurückgelegt? (s = 450 m) c. Wie ändern sich Beschleunigung und Gesamtweg, wenn die Geschwindigkeitsänderung in 10 s erreicht werden soll? (a’ = 1,00 m/s2; s = 300 m) 11PS - KINEMATIK 3.8.6 P. Rendulić 2011 GERADL. GLEICHM. BESCHL. BEWEGUNG 17 Verzögerung Ein Autofahrer muss bei plötzlicher Gefahr sein Fahrzeug abbremsen. Bis zur Betätigung der Bremsen vergeht eine Reaktionszeit von 1 s. Ermittle mit den Werten aus dem v-t-Diagramm: a. b. c. d. e. die Fahrgeschwindigkeit, die Wegstrecke s1, die er in der Reaktionszeit durchfährt, die Bremsverzögerung a und den Bremsweg s2, den Anhalteweg, Wie groß wäre die Wegstrecke s1 + s2 bei gleicher Verzögerung, jedoch zweifacher Fahrgeschwindigkeit? 3.8.7 Richtgeschwindigkeit auf der Autobahn Dargestellt ist ein Beispiel des Deutschen Verkehrssicherheitsrates zur Richtgeschwindigkeit 130 km/h. Auf der Autobahn wird in 150 m Entfernung ein Hindernis entdeckt. Begründe, dass bei einer Reaktionszeit von 1 s und einer Bremsverzögerung von -6 m/s2: a. bei Tempo 130 km/h der Anhalteweg ausreicht b. es bei Tempo 150 km/h zu einem Aufprall kommt mit einer Auftreffgeschwindigkeit von circa 75 km/h. 3.8.8 Verzögerung Bei einer Geschwindigkeit von 108 km/h erblickt ein Autofahrer in 70 m Entfernung ein Hindernis. Nach einer Schrecksekunde führt er eine Vollbremsung aus und erreicht dabei eine Verzögerung von a = -4 m/s2. a. Mit welcher Geschwindigkeit prallt der Wagen noch auf das Hindernis? b. Welche Verzögerung wäre notwendig gewesen, um den Wagen dicht vor dem Hindernis zum Stillstand zu bekommen? 3.8.9 An der Ampel 1 Neben einer Ampel sitzt ein Polizist auf seinem Motorrad. In dem Moment, wo ein Auto mit der konstanten Geschwindigkeit von 72 km/h durch Rot fährt startet der Polizist und nimmt die Verfolgung des Wagens auf. Die Bewegung des Motorrads erfolgt bei konstanter Beschleunigung (4,5 m/s2). a. Wann holt der Polizist das Auto ein? b. Wie weit liegt der Einholpunkt von der Ampel entfernt? c. Wie groß ist die Geschwindigkeit des Motorrads am Einholpunkt? 11PS - KINEMATIK P. Rendulić 2011 GERADL. GLEICHM. BESCHL. BEWEGUNG 18 3.8.10 An der Ampel 2 Neben einer Ampel sitzt ein Polizist auf seinem Motorrad. Zwei Sekunden, nachdem ein Auto mit der konstanten Geschwindigkeit von 72 km/h durch Rot gefahren ist, startet der Polizist und nimmt die Verfolgung des Wagens auf. Die Bewegung des Motorrads erfolgt bei konstanter Beschleunigung (4,5 m/s2). a. Wann holt der Polizist das Auto ein? b. Wie weit liegt der Einholpunkt von der Ampel entfernt? c. Wie groß ist die Geschwindigkeit des Motorrads am Einholpunkt? 3.8.11 Im Nebel auf der Autobahn * Auf der Autobahn fährt ein Lastwagen mit einer konstanten Geschwindigkeit von 54 km/h. Ein Autofahrer fährt trotz der eingeschränkten Sicht viel zu schnell (126 km/h) hinter dem Lastwagen. Erst in dem Moment wo der Abstand zwischen dem Wagen und dem Lastwagen 30 m beträgt kann der Autofahrer eine Vollbremsung einleiten. Die Verzögerung des Wagens beträgt dabei –6 m/s2. a. Zeige, dass ein Auffahrunfall stattfindet! b. Wie groß dürfte die Geschwindigkeit des Autos maximal sein, damit kein Unfall stattfindet? 3.8.12 Auf der schmalen Landstraße * Auf einer einspurigen Landstraße fährt ein Wagen mit einer Geschwindigkeit von 90 km/h. Ihm kommt ein 2. Wagen mit einer Geschwindigkeit von 110 km/h entgegen. Beide Fahrer können sich noch nicht sehen, weil einer der Wagen sich noch in einer Kurve befindet. In dem Moment, wo die Fahrer sich gegenseitig erblicken, leiten beide eine Vollbremsung ein. In diesem Augenblick beträgt die Entfernung zwischen den Fahrzeugen 120 m. Die Verzögerung des 1. Wagens beträgt –6 m/ s2, die des 2., wegen schlechterer Reifen –5 m/s2. Berechne, ob ein Unfall stattfinden wird!