Chat-Kommunikation Eine Gegenüberstellung von ChatKommunikation und Face-to-faceKonversation von Jan Wolter Technische Redaktion FH Hannover Inhalt des Vortrags Grundsätzliches zur Kommunikationsart „Chat“ Sprachliche Charakteristika innerhalb von Chat-Konversationen Vergleich der Kommunikationsform „Chat“ zum direkten Gespräch Fazit 1. Definition: Chat Direkte, (nahezu) synchrone und wechselseitige Kommunikation mit Teilnehmern über das Internet Medial schriftliche, konzeptuell mündliche Kommunikationsform 1.1 Chatformen IRC (Internet Relay Chat) Instant-Messenger (ICQ, MSN, Yahoo, …) Webchats (ChatCity.de etc.) Online-Chats (von großen Providern wie AOL) 2. Sprachliche Charakteristika Chatkonversation wird häufig intuitiv als „Gespräch“ empfunden Medial schriftliche, aber konzeptuell mündliche Kommunikationsform Phonetische und umgangssprachlich orientierte Ausdrucksweise Nutzung von Emoticons und Akronymen zur Visualisierung von Emotionen und Handlungen 2.1 Phonetische Schreibweise Phonetische Schreibweise im Chat besonders häufig 1. „wat meinste denn damit jez wieda?“ 2. „ick hab nüscht vor heute abend“ 3. „wo stehtn dat?“ • Beruht auf dem Empfinden des „Sprechens“ • Lässt oft regionale Herkunft des Teilnehmers erkennen 2.1 Phonetische Schreibweise Wichtige phonetische Phänomene: Endungsausfall, z.B. „is doch egal jez!“ Verschmelzung von Verb und Personalpronomen, z.B. „haste morgen zeit?“ Wiedergabe des sprechsprachlich vokalisierten „r“, z.B. „du bist ja wieda lustig heute“ 2.2 Syntax Um Anschluss an Konversation nicht zu verpassen Häufig kurze Sätze Kompletter Verzicht auf Großschreibung Vernachlässigung von Interpunktion 2.3 Akronyme und Abkürzungen Häufig in der Internet-Kommunikation vorzufinden, im Chat aber besonders 1. 2. 3. 4. 5. cu = „see you“ btw = „by the way“ lol = „laughing out loud“ asap = „as soon as possible“ afaik = „as far as I know“ 2.4 Emoticons Dienen zur Anzeige von nonverbalen Signalen Werden oft zur Auflockerung der Konversation eingesetzt Können beliebig verstärkt werden; z.B. :-))))) für herzhaftes Lachen 2.5 „Comic-Sprache“ Verwendung von Comic-Sprache, meist zum Ausdruck von Emotionen und Handlungen *raetsel*, *liebguck*, *knuddel*, *vorsichtfrag*, *lach*, *kaffeehol* • Hat wahrscheinlich durch Jugendsprache Einzug ins Internet erhalten 3. Chat versus direktes Gespräch Chat-Kommunikation und Face-toface-Konversation weisen viele Ähnlichkeiten auf: Beteiligung von zwei oder mehr Kommunikanten Interaktion umfasst mehr als eine Äusserung Kommunikation findet spontan, expressiv, dialogisch und zeitlich synchron statt 3.1 Gesprächsphasen Im Massenchat kein definierbarer Initial- und Schlussteil (Endlostext) Im Einzelchat durch Begrüßungs- und Verabschiedungssequenz vorhanden Begrüßung häufig in Form von „hi“ oder „hallo“ bzw. „hi leute, hi alle, hallo ihr“ Verabschiedungsformen: „bye“, „cu“, „cya“ 3.2 Beitragslinearisierung Beiträge erscheinen stets hintereinander auf dem Bildschirm zusammengehörende Textteile folgen oft nicht aufeinander Kognitive Fähigkeiten der Teilnehmer nötig Besonderheit: Parallele Partizipation an mehreren Gesprächen, in der Face-toface-Kommunikation so nicht möglich 3.3 Hörersignale Nonverbale Signale können während der Textproduktion nicht vermittelt werden (Nicken, Blickkontakt, …) Auf Nachricht kann erst nach Absenden reagiert werden Die Äußerungsproduktion ist nicht ersichtlich (Ausnahme: InstantMessenger) 3.4 Sprecherwechsel In der Face-to-face-Kommunikation: Einer Spricht, der Andere schweigt. Im Chat so nicht möglich und durch Linearisierung der Beiträge auch nicht nötig Sprecherwechsel regelt sich häufig durch initiierende und reaktiv-initiative Gesprächsschritte 3.4 Sprecherwechsel Missverständnisse bei gleichzeitigen, initiierenden Beiträgen „Reparaturverfahren“ [19:22:17] [19:23:53] [19:24:05] [19:24:06] [19:25:00] [19:25:22] [19:25:49] <Peter> was hastn so für hobbies? <Heinz> hauptsächlich reiten und lesen eigentlich.. <Peter> aah.. schwimmen auch oder nich so? <Heinz> wo gehst du denn am wochenende immer so hin? <Heinz> joa doch, ab und zu ne.. <Peter> meistens ins MEC eigentlich :> <Heinz> ahjo, da bin ich auch recht oft… 3.5 Deixis Verwendung deiktischer Ausdrücke im Chat durch verschiedene Anschauungsräume problematisch Ausdrücke wie oben, unten, hier daher ambiguitär, beziehen sich aber meist auf den Bildschirm <Horst> wie isn nochmal die adresse von dieser witzeseite? <Martin> siehe oben ;) Paralinguistische Elemente im Chat Einsatz von Verbalisierungen wie „hmm…“ oder „ääh“ als Ersatz für Pausen Reduplikation von Buchstaben, um Tonhöhe oder Akzent zu ersetzen (z.B. „Haaalloooooo“) Durchgängige Verwendung von Großbuchstaben soll meist Schreien vermitteln 4. Fazit Durch innovative Lösungen sehr viele nonverbale und paralinguistische Elemente eines direkten Gesprächs darstellbar Unverwechselbare Art des Gesprächspartners (Gesicht, Stimme, Mimik, Gestik) nicht wahrnehmbar Klärung von Missverständnissen im Chat ungleich komplizierter Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Quellen Wilde, Eva (2002) Zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit: Die Chat-Kommunikation aus linguistischer Sicht. http://www.chat-bibliography.de/papers/wilde.pdf