Die EU-Verordnung 1143/2014 und ihre Bedeutung für Tierhaltungen Nasua nasua rufa Dagmar Schratter, Schönbrunner Tiergarten GesmbH, 4.ÖSTERREICHISCHE NEOBIOTA –TAGUNG, 26.1.2017 „Tierhaltung“ ist nicht „Tierhaltung“! In Österreich gibt es Zoos der Kategorie A, B, C Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen über Mindestanforderungen an Zoos (Zoo-Verordnung): § 4. (1) Zoos der Kategorie A sind berechtigt, alle Arten von Säugetieren, Reptilien, Amphibien, Fischen und Vögeln sowie Wildtierarten ohne Einschränkung der Zahl und Art zu halten. Trachemys scripta scripta Trachemys scripta elegans Sind Zoos das eigentliche Problem? • Zoologische Gärten gehören zu den qualitativ besten und am stärksten kontrollierten Tierhaltungen in Österreich (Europa)! Nach EU-Richtlinie 1999/22/EG und §23 Bundestierschutzgesetz unterliegen sie einem strengen Genehmigungsverfahren mit regelmäßig kontrollierten Auflagen. • Zoos erfüllen schon heute alle Anforderungen für eine pauschale Ausnahme nach Artikel 8 der Verordnung 1143/2014 (Bildung, Forschung und Ex-Situ Erhaltungszucht)! • Europäische Zoos dürfen mit der VO nicht in eine Art Generalhaftung für oft regionale Probleme mit invasiven Arten genommen werden (Beispiel Nasenbären in Mallorca)! Sind Zoos das eigentliche Problem? • Zoos sind eine der wichtigsten Wissensvermittler bzgl. Invasive Arten • Tiergarten Schönbrunn erreicht 2,2 Millionen/Jahr Besucher • Über 2500 Führungen/Workshops/Seminare werden jedes Jahr abgehalten und ca. 50% davon für Schulen und Kindergärten Zoos als Verursacher Caulerpa taxifolia • Die Alge wurde aus dem Zoo Wilhelma in Stuttgart in das Aquarium Monaco abgegeben. • 1984 gelangte sie von dort ins Mittelmeer. • Populationen in fast allen Mittelmeer-Anrainerländern. • Entwicklung derzeit rückläufig. Caulerpa taxifolia • Mir ist kein Beispiel bekannt, dass Zoos für die Ansiedlung und Ausbreitung von invasiven Tier-Arten in Europa verantwortlich wären! Sichere Verwahrung • ZooV zu TSchG §2/7; Entweichen von Tieren • Höchste Kompetenz im sicheren Verwahren von Tieren • Biosecure Maßnahmen seit 2008 Ambystoma dumerilii Hauptverursacher • Jagd, Aquakultur und kommerzielle Tierzuchten sind hauptverantwortlich für das Freisetzen allochthoner Tierarten in Europa. • Zoos wird nicht zugetraut, dass sie ihre Bestände unter Kontrolle halten können, aber Jagd und Fischerei dürfen invasive Tierarten freisetzen? Oncorhynchus mykiss Praktische Folgen für Zoos 1) Können Zoos ihre Tiere weiterhin halten? Zoos müssen nach und nach die Haltung gelisteter Tierarten auslaufen lassen, dürfen ihre aktuellen Bestandstiere jedoch noch bis zu deren natürlichem Ableben behalten unter der Voraussetzung, dass jegliche Fortpflanzung oder Entkommen der Tiere ausgeschlossen wird. 2) Wird die Haltung von Tierarten, die auf der Unionsliste gelistet sind, gänzlich verboten? Was passiert, wenn eine gelistete Tierart in ihrem natürlichen Ursprungsgebiet vom Aussterben bedroht ist? Einrichtungen, die ex-situ Artenschutz betreiben, können im jeweiligen EUMitgliedstaat eine Ausnahmegenehmigung beantragen. Gelistete Tierarten, die in ihrem natürlichen Lebensraum bedroht sind, dürften somit im Rahmen eines ex-situ Artenschutzprogrammes weiterhin gehalten werden. Praktische Folgen: Beispiel Schönbrunn • Nasenbär 5 Tiere. 2014 ein neues Gehege mit hohen Investitionen gebaut. Planungsunsicherheit. • Chinesischer Muntjak Einzelnes junges Männchen, Partnerin aus anderem Zoo abgesagt. Widerspricht dem Tierschutzgedanken. • Nutria 2 sehr alte Weibchen in veraltetem Gehege. Auslaufende Haltung. • Rotwangen-Schmuckschildkröte 60 Tiere – alle aus Privathaltung. Keine Zucht. Was werden Privathalter tun? Planungssicherheit gefährdet • Welche Arten sind auf der nächsten Liste? • Was ist mit potentiell invasiven Arten? Macropus rufogriseus Panthera unica Artenschutz in EAZA-Zoos • Erhaltungszuchtprojekte in allen EAZA-Zoos - auch mit vielen Arten, die keine Publikumsmagnete sind. Im TGS werden zB über 40 Fischarten nachgezüchtet, die CR oder EW sind. • Invasive Arten werden gehalten, um deren ökologische Valenzen und life history-Parameter festzustellen. • Internationale Zusammenarbeit mit Universitäten und Forschungsinstituten. Aphanius saourensis, EW Artenschutzprojekt Europäische Sumpfschildkröte • Kooperation mit NPDA. • Gelegeschutz: Gelege werden an natürlichem Standort mit Gittern vor Fressfeinden geschützt. • Gelegepatenschaften finanzieren das Projekt. • Jedes Jahr werden 20-50 Trachemys sp von Privatpersonen im Zoo aufgenommen und sicher untergebracht. Emys orbiculata Trachemys sp Forschung: Beispiel Mnemiopsis leidyi • Von IUCN unter den 100 invasivsten Arten gelistet. • Kein Forschungseinrichtung konnte diese Art nachzüchten. • Erstzucht Monterey Bay Aquarium, jetzt regelmäßig im TGS gelungen. • Ermöglicht qualitativ hochwertige Grundlagenforschung. Mnemiopsis leidyi Überzogene Forderungen Rechtsauffassung der EU- Kommission in Bezug auf Zoos entspricht nicht dem Willen und der Intention von EU Parlament und EU Rat. Übersteigerte Rechtsauslegung im Frage und Antwortbogen für Zoos: • Alle gelisteten Tiere würden aus Zoos verschwinden. • Steht im Gegensatz zu Artikel 8, §1 und 2 der EU Verordnung, welcher die Haltung gelisteter Tierarten in Zoos in keiner Weise als Auslaufmodell charakterisiert • Ausnahmen nur für gefährdete Arten. • Widerspricht dem Artikel 3, §10 der EU Verordnung, welcher ex situ Artenschutz definiert als die „Erhaltung von Bestandteilen der biologischen Vielfalt außerhalb der natürlichen Lebensräume“. Unterscheidet nicht zwischen bedrohten und nicht bedrohten Tierarten Überzogene Forderungen Rechtsauffassung der EU- Kommission in Bezug auf Zoos entspricht nicht dem Willen und der Intention von EU Parlament und EU Rat. Übersteigerte Rechtsauslegung: • Tierschutzrechtliche Bedenken. • Die Konsequenzen wie Einzeltierhaltungen und/oder Sterilisation/Kastration werfen tierschutzrechtliche Bedenken auf. Es steht im Widerspruch zu modernen Tierschutzstandards, sozial lebende Tiere lebenslang am Ausleben ihres natürlichen Verhaltensrepertoires zu hindern. Ausnahmegenehmigung für Zoos • Zoos sind keine Verursacher bestandsbildender Populationen invasiver Tierarten. • Jegliche Einschränkung führt zu Qualitätsverlust und logistischen Problemen. • 140 Millionen Zoobesucher jährlich werden auch über Invader-Problematik informiert und können diese Arten bis jetzt auch sehen. Muntiacus reevesi