Teil VII Relativistische Invarianz der Elektrodynamik

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Teil VII
Relativistische Invarianz der
Elektrodynamik
163
Kapitel 18
Spezielle Relativitätstheorie
Wir werden im Kap. 19 die Lorentz-Invarianz der Maxwell-Gleichungen nachweisen. Historisch ist dieses vor der Entwicklung der relativistischen Mechanik geschehen. Diese ist
jedoch anschaulicher und wir werden daher zunächst eine Einführung in die spezielle Relativitätstheorie geben.
Die Newton’schen Bewegungsgleichungen sind invariant unter Galilei-Transformationen,
nicht jedoch unter Lorentz-Transformationen. Das Relativitätsprinzip verlangt daher eine
Modifikation der Newton’schen Gleichungen, und zwar derart, daß bei Geschwindigkeiten
v c die Newton’schen Gleichungen gültig bleiben.
18.1
Einleitung
Einige experimentelle Tatsachen zeigen, dass die Galileiinvariante Mechanik nur begrenzte
Gültigkeit haben kann.
Konstanz der Lichtgeschwindigkeit Die beobachtete Invarianz der Lichtgeschwindigkeit,
c = 2, 99992458 × 105 km/s
steht in Widerspruch zum Additionstheorem
~v 0 = ~v1 + ~v2
für Geschwindigkeiten. Die Invarianz der Lichtgeschwindigkeit folgt, wie besprochen, auch
direkt aus den Maxwellgleichungen.
Radioakiver Zerfall bewegter Teilchen Das Myon, eine Art „schweres Elektron“mit
Masse mµ ' 207 me , zerfällt spontan in ein Elektron und zwei Neutrinos,
mit einer Zerfallszeit (im Labor)
µ → e + ν1 + ν2 ,
τ (0) (µ) = (2.19703 ± 0.00004) × 10−6 s .
Misst man nun die Zerfallszeit von bewegten Myonen (an einem Strahl), so findet man
eine Zerfallszeit, welche via
164
1
,
γ=q
1 − v 2 /c2
τ (v) (µ) = γ τ (0) (µ),
(18.1)
von der Geschwindigkeit v der Myonen abhängt. Nun ist aber der Zerfallsvorgang eines
Elementarteilchens ein intrinsischer Vorgang, der also ohne äußeren Einfluss nur nach
der inneren Uhr des Elementarteilchens abläuft. Gleichung (18.1) bedeutet nun, dass die
innere Uhr bei erhöhten Geschwindigkeiten um den Faktor γ langsamer läuft.
18.2
Wellengleichung
~ B,
~
Die Ausbreitung des Lichts, d.h. der 6 Komponenten des elektromagnetischen Feldes E,
wird durch die Wellengleichung
!
1 ∂2
− ∆ u(~x, t) =
c2 ∂t2
"
1 ∂2
∂2
∂2
∂2
−
+
+
c2 ∂t2
∂x2 ∂y 2 ∂z 2
#!
u(~x, t) = 0
beschrieben. Wir betrachten erst einmal eine Raumdimension, d.h.
∂2
1 ∂2
−
c2 ∂t2 ∂x2
!
u(x, t) = 0 ,
(18.2)
mit der allgemeinen Lösung
u(x, t) = u1 (x + ct) + u2 (x − ct),
(18.3)
wobei die u1 () und u2 () beliebige Funktionen sind, die sich aus den Anfangsbedingungen
bestimmen lassen.
Lichtkegel Nach (18.3) ist somit c die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts. Insbesondere breitet sich das Licht von einem Ereignis zur Zeit t0 und Ort xo auf dem „Lichtkegel“
u(x, t) = δ(x − x0 + c(t − t0 )) + δ(x − x0 − c(t − t0 ))
aus. Wegen der (experimentell festgestellten) Konstanz der Lichtgeschwindigkeit muss
daher die Kugelwellenfront
t
Lichtkegel
x
165
(18.4)
c2 (t − t0 )2 − (~x − ~x0 )2 = 0
invariant unter einer noch zu findenden Klasse von Transformationen sein. Diese Klasse
von Transformationen soll dann nicht nur für die Wellengleichung, d.h. für die Elektrodynamik, sondern auch für die Mechanik gelten; man nennt sie „Lorentztransformationen“.
Postulate der speziellen Relativitätstheorie Die Gesetze der Mechanik müssen
demnach gegenüber der Newton’schen Mechanik modifiziert werden, da diese unter der
Gruppe der Galileitransformationen invariant sind und eine Galileitransformation mit
~v 6= 0 (18.4) nicht invariant lässt. Bei der Bestimmung der neuen Gesetze der Mechanik
lässt Einstein sich vom „Trägheitsprinzip“leiten, welches besagt, dass für freie Teilchen
¨ = 0 invariant sein soll. Die Relativitätstheorie beruht also auf drei
das Trägheitsgesetz ~x
Postulaten:
• Konstanz der Lichtgeschwindigkeit Aufgrund der experimentellen Evidenz, z.B. durch
Michelson und Morley (1887).
• Relativitätsprinzip
Alle Gesetze der Mechanik (und der Elektrodynamik) müssen invariant unter der
Gruppe der Lorentztransformationen sein, d.h. alle Naturgesetze obliegen den gleichen Transformationseigenschaften.
• Trägheitsprinzip
¨ soll für freie Teilchen (Lorentz-)invariant sein, ein Spezialfall des
Die Gleichung ~x
Relativitätsprinzips.
18.3
Lorentztransformationen
In der speziellen, wie auch in der allgemeinen Relativitätstheorie, gibt es eine strenge
Vorschrift wie Koordinaten zu schreiben sind. Hoch- oder tiefgestellte Indizes haben verschiedene Bedeutungen, welche wir später genauer definieren werden, und dürfen nicht
verwechselt werden.
• Vierer-Vektoren
Wir beschreiben die Raum-Zeit durch den R4 mittels des Vierer-Vektors
x = (x0 , x1 , x2 , x3 );
x0 = ct;
~x = (x1 , x2 , x3 ) .
Wir nennen x0 = ct die Zeitkoordinate und (x1 , x2 , x3 ) = ~x die kartesische Raumkoordinate.
• Weltlinie
Die Bewegung eines Teilchens ist eine Kurve im R4 , welche jede Ebene x0 = konst.
nur einmal schneidet („Weltlinie“).
166
ct
ct
x
x(t)
Koordinatentransformationen Für freie Teilchen sind die Weltlinien Geraden. Die gesuchten Transformationen A müssen also nach dem Trägheitsgesetz geradentreu sein und
sogar affin (Geraden werden auf Geraden abgebildet, parallele Geraden bleiben parallel,
Teilverhältnisse bleiben erhalten), wenn kein Ereignis ins Unendliche abgebildet werden
soll,
(detA 6= 0; a ∈ R4 ) .
x0 = Ax + a;
(18.5)
Koordinatendifferenzen ξ = x − x0 transformieren sich homogen,
ξ 0 = Aξ .
Metrischer Tensor Die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit verlangt nach (18.4) die
Invarianz von
0 = c2 (t − t0 )2 − (~x − ~x0 )2 = (ξ 0 )2 −
3
X
(ξ i )2 = ξ T g ξ ,
(18.6)
i=1
unter Lorentz-Transformationen, wobei ξ T der transponierte 4-er Vektor ist und wir mit


g = 


1 0
0
0
0 −1 0
0
0 0 −1 0
0 0
0 −1
den „metrischen Tensor“ g im R4 definiert haben.





(18.7)
Minkowski-Raum Der metrische Tensor g führt via
(ξ1 , ξ2 ) ≡ ξ1T g ξ2
(18.8)
zu einem Skalarprodukt (ξ1 , ξ2 ), welches allerdings nicht positiv definit ist. Den R4 mit
dem Skalarprodukt (18.8) bezeichnet man als den Minkowski-Raum.
Invarianz der Lichtgeschwindigkeit Die Invarianz der Lichtgeschwindigkeit ist mit
der Invarianz von (18.6) unter einer Lorentz-Transformation ξ → ξ 0 = Aξ äquivalent,
0 = (ξ 0 )T g ξ 0 = ξ T AT g A ξ ,
| {z }
h
167
dass heißt der Tensor h muss proportional zu g sein, also
h = AT g A = µ2 g ,
(18.9)
wobei die Proportionalitätskonstante i.Allg. positiv ist (betrachte z.B. ξ 0 = µξ).
Feste Maßstäbe Reine Dilatationen ξ 0 = µξ (µ > 0) beschreiben simultane Maßstabsänderungen für Länge und Zeit; sie sind mit allen Postulaten verträglich. Im Allgemeinen
wollen wir jedoch die physikalischen Gesetze unter der Annahme formulieren, dass wir in
jedem Bezugssytem mit den gleichen (festen) Maßstäben messen. Dann sind Dilatationen
nicht zugelassen und
µ2 ≡ 1.
Damit definieren wir die Gruppe der Lorentztransformationen Λ durch
x0 = Λx + a;
a ∈ R4 .
ΛT gΛ = g
(18.10)
Lorentz-Transformationen lassen per Definition den metrischen Tensor invariant.
18.4
Darstellung der Lorentztransformationen
Die allgemeine Lorentztransformation ist durch 6 Parameter bestimmt.
• Rotationen
Drei Parameter ϕ
~ = |~
ϕ| ϕ̂ beschreiben Rotationen um eine Achse ϕ̂ um den Winkel
ϕ = |~
ϕ|.
• Eigentliche Lorentz-Transformationen
~ = |φ|
~ φ̂ beschreiben die Transformation auf ein bewegtes BezugsDrei Parameter φ
~
system mit der Geschwindigkeit ~v = −cφ̂ tanhφ, mit φ = |φ|.
Die allgemeine, homogene Lorentztransformation ist durch
~ ϕ
~·K
~ +ϕ
Λ(φ,
~ ) = exp φ
~ · J~
(18.11)
~ = (Kx , Ky , Kz ) und J~ = (Jx , Jy , Jz ) in
gegeben, wobei die infinitesimalen Erzeugenden K
Komponenten durch




Kx = 
0
1
0
0
1
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0



,





Jx = 
168
0
0
0
0
0 0
0 0
0 0
0 −1
0
0
1
0



,

(18.12)

0
0
1
0
0
0
0
0
1
0
0
0
0
0
0
0


0
0
0
1
0
0
0
0
0
0
0
0
1
0
0
0



Ky = 




Kz = 

0
0
0
0

0 0 0
0 0 1
0 −1 0
0 0 0



,


Jy = 


,

Jz = 




0
0
0
1

(18.13)

(18.14)
0 0
0 −1 

,
0 0 
0 0
0
0
0
0


,

~ schreiben
gegeben sind. Den Nachweis, dass sich räumliche Rotationsmatrizen als exp(~
ϕ·J)
lassen, können wir an dieser Stelle nicht geben. Für Rotationen um die z-Achse läßt sich
dieses schnell nachrechnen.
Gruppeneigenschaft Die homogenen Lorentztransformationen bilden eine Gruppe, es
gilt also stets
~ ϕ
~ 0, ϕ
~ 00 , ϕ
Λ(φ,
~ ) · Λ(φ
~ 0 ) = Λ(φ
~ 00 ),
~ ϕ
~ 0, ϕ
~ 00 , ϕ
wobei allerdings der Zusammenhang zwischen (φ,
~, φ
~ 0 ) und (φ
~ 00 ) i.Allg. kompli~ ~0) bezeichnet man
ziert ist. Lorentztransformationen ohne einen Rotationsanteil, also Λ(φ,
als „spezielle“oder “eigentliche” Lorentztransformationen.
Kommutatoren Der Kommutator zweier Operatoren (Matrizen) A und B ist als [A, B] :=
AB − BA definiert. Der Kommutator zweier Erzeugenden ist wieder eine Erzeugende, somit bilden die Erzeugenden eine sog. „Lie-Algebra“.
Die Kommutatorrelationen der Erzeugenden lassen sich als (Übung)
[Ki , Kj ] =
ijk Jk
[Ji , Kj ] = −ijk Kk
[Ji , Jj ] = −ijk Jk
schreiben, wobei i, j, k über x, y, z laufen. Insbesondere sieht man aus [Ki , Kj ] = ijk Jk ,
dass die speziellen Lorentztransformationen keine Gruppe bilden: Zwei spezielle Lorentztransformationen in verschiedenen Richtungen hintereinander beinhalten auch eine Rotation.
Quantenmechanik Nur der Vollständigkeits halber bemerken wir, dass Rotationen
allgemein in exponentieller Form geschrieben werden, wobei im Exponenten stets die
jeweiligen Erzeugenden stehen. In der Quantenmechanik sind Rotationen durch
R(~
ϕ) = ei~ϕ·J/~ ,
~
J~ = ~r × p~,
[Jk , Jl ] = i~ klm Jm
gegeben. Datei ist R(~
ϕ) die 3 × 3 Matrix für Rotationen um die Achse ϕ
~ /|~
ϕ| um den
~
Winkel |~
ϕ|, und L der Drehimpuls-Operator.
Der Faktor i/~ im Exponenten ist notwendig um den ensprechenden Faktor in der
Defintion des Impulsoperators, p~ = (~/i)∇ zu kürzen.
169
18.5
Spezielle Lorentztransformationen
Drehungen sind auch Lorentztransformationen, doch sie bringen keine neue Physik mit
sich. Wir betrachten daher im Folgenden nur die speziellen Lorentztransformationen und
können uns hier, o.B.d.A. auf einen „Boost“entlang der x-Koordinaten beschränken, d.h.
Λ = exp[φKx ].
Boosts Wir wollen nun die explizite Form von (18.11) für einen Boost berechnen. Wir
bemerken zunächst, dass



Kx2 = 

0
1
0
0
1
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0








·

0
1
0
0
1
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0








= 

1
0
0
0
0
1
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0





≡ 10
und somit Kx2m = 10 und Kx2m−1 = Kx (m ≥ 1). Wir berechnen nun explizit die Exponentialreihe für einen Boost in x-Richtung,
e
φKx
∞
X
φn n
=
Kx = 1 +
n=0 n!
In Komponenten finden wir also
|
{z
cosh φ−1




Λ(φ) = eφKx = 
oder, mit x0 = Λ(φ)x,
!
φ2m
10 +
(2m)!
m=1
∞
X
}
|
{z
sinh φ
cosh φ sinh φ 0 0
sinh φ cosh φ 0 0
0
0
1 0
0
0
0 1
= cosh(φ) ct + sinh(φ) x
= sinh(φ) ct + cosh(φ) x
=
y
=
z
ct0
x0
y0
z0
!
φ2m−1
Kx .
m=1 (2m − 1)!
∞
X
}



,

(18.15)
Geschwindigkeit Bisher ist der Parameter φ in der Lorentz-Transformation ein formeller
Parameter ohne physikalische Bedeutung. Um diese zu finden betrachten wir einen Punkt,
welcher im bewegten Koordinatensystem ruht. Für diesen ist x0 = const., seine Bewegung
wird im Laborsystem durch
sinh(φ) ct + cosh(φ) x = 0 ,
beschrieben. Seine Geschwindigkeit ist also
v =
x
sinh φ
= −c
= −c tanh φ .
t
cosh φ
170
(18.16)
Damit haben wir den Zusammenhang zwischen der Geschwindigkeit v des bewegten Systems und dem Parameter φ der Lorentztransformation gefunden. Aus
2
2
cosh φ − sinh φ = 1;
finden wir mit β ≡ v/c
cosh φ = √
und somit wird (18.15) zu
tanh2 φ
sinh φ =
1 − tanh2 φ
1
;
cosh φ =
1 − tanh2 φ
2
2
1
≡ γ,
1 − β2
sinh φ = −βγ,
ct0 =
cγ t − βγ x
0
x = −vγ t + γ x
(18.17)
(18.18)
Invarianz des Lichtkegels Wir können nun nachweisen, dass (18.18) tatsächlich eine
Lorentztransformation ist, das heißt, dass der Lichtkegel (18.4) invariant ist,
c2 (t0 )2 − (x0 )2 = γ 2 (ct − vx)2 − γ 2 (−vt + x)2
= γ 2 (1 − β 2 ) c2 t2 − x2
.
Die Wellengleichung ist im bewegten Bezugssystem genau dann erfüllt wenn sie auch im
Laborsystem gilt.
Kausalität Wir bemerken noch, dass der Lichtkegel (18.4) die „Kausalität“ erfüllt.
• zeitartige Ereignisse
Man bezeichnet zwei Ereignisse (ct1 , ~x1 ) und (ct2 , ~x2 ) als zeitartig, wenn
c2 (t2 − t1 )2 > (~x2 − ~x1 )2
erfüllt ist.
• raumartige Ereignisse
Man bezeichnet zwei Ereignisse (ct1 , ~x1 ) und (ct2 , ~x2 ) als raumartig, wenn
c2 (t2 − t1 )2 < (~x1 − ~x1 )2
gilt.
Für t1 < t2 kommt bei zwei zeitartigen Ereignissen ein Lichtsignal vom ersten Ereignis vor
dem zweiten Ereignis an, bei zwei raumartigen Ereignissen erst danach. Bei zeitartigen
Ereignissen kann das erste also das zweite Ereignis auslösen, bei raumartigen Ereignissen
ist dies nicht möglich.
Nach (18.4) bleibt die die Kausalität durch Lorentztransformationen erhalten.
171
18.6
Addition von relativistischen Geschwindigkeiten
Wir betrachten zwei Boosts hintereinander in x-Richtung, den ersten mit Geschwindigkeit
v1 , den zweiten mit Geschwindigkeit v2 . Die Endgeschwindigkeit sei v3 und tanh φi =
−βi , (i = 1, 2, 3). Man findet aus der Exponentialdarstellung
eφ3 Kx = eφ2 Kx · eφ1 Kx = e(φ2 +φ1 )Kx ,
die Beziehung1
vi
tanh φi = − ;
c
φ3 = φ2 + φ1 ;
i = 1, 2, 3 ,
oder
tanh−1 β3 = tanh−1 β2 + tanh−1 β1 .
(18.19)
Aus dieser Gleichung lässt sich die Endgeschwindigkeit v3 als Funktion der beiden einzelnen Geschwindigkeiten v1 und v2 berechnen. Wir formen um:
h
β3 = tanh tanh−1 β2 + tanh−1 β1
=
i
=
sinh tanh−1 β2 + tanh−1 β1
cosh tanh−1 β2 + tanh−1 β1
sinh(tanh−1 β2 ) cosh(tanh−1 β1 ) + cosh(tanh−1 β2 ) sinh(tanh−1 β1 )
.
cosh(tanh−1 β2 ) cosh(tanh−1 β1 ) + sinh(tanh−1 β2 ) sinh(tanh−1 β1 )
q
Jetzt verwenden wir sinh = tanh / 1 − tanh
2
β
sinh tanh−1 β = √
,
1 − β2
q
und cosh = 1/ 1 − tanh2 . Damit wird
cosh tanh−1 β = √
und wir erhalten mit
β3 =
β2 + β1
,
1 + β2 β1
v3 =
1
1 − β2
v2 + v1
1 + v2 v1 /c2
(18.20)
die gewünschte Additionsformel für relativistische Geschwindigkeiten.
• Für v1 /c 1 und v2 /c 1 wird (18.20) zu v3 = v1 + v2 + O(v1 v2 /c2 ). Im nichtrelativistischen Grenzfall kleiner Geschwindigkeiten erhalten wir also die übliche
Formel der Galilei’schen Mechanik.
• Man kann leicht zeigen (Übung), dass v3 nach (18.20) nie größer als die Lichtgeschwindigkeit sein kann.
1
Beachte: für [A, B] 6= 0 ist exp(A) exp(B) 6= exp(A + B).
172
18.7
Vektorkalkül
In der relativistischen Mechanik spielt der Begriff eines „4-er Vektors“eine zentrale Rolle.
Kontravariante Vektoren Man nennt (ξ 0 , ξ 1 , ξ 2 , ξ 3 ) einen „kontravarianten“ 4-er Vektor, falls sich die Komponenten unter Lorentztransformationen wie Koordinatendifferenzen verhalten, d.h. wenn
ξ 0µ = Λµν ξ ν
(18.21)
gilt. Nicht alle Quardrupel von Zahlen sind 4-er Vektoren; ganz entscheidend sind ihre
Transformationseigenschaften. Z.B. ist (xµ ) = (ct, x, y, z) ein 4-er Vektor, aber (ct, x, y, z 3 )
ist kein 4-er Vektor.
Kovariante Vektoren Lorentztransformationen sind so definiert, dass der metrische
Tensor g invariant bleibt. Somit ist das Skalarprodukt (18.8)
(ξ, η) = ξ µ gµν η ν ≡ ξ µ ην = ξ 0 η0 − ξ~ · ~η
auch Lorentz-invariant, falls ξ und η 4-er Vektoren sind, sich also wie (18.21) transformieren. Hierbei haben wir mit
(xµ ) = (ct, −x, −y, −z)
ηµ ≡ gµν η ν
die kovarianten Komponenten von η definiert. Mit g µν = gµν kann man das Skalarprodukt
auch als
(ξ, η) = g µν ξµ ην
schreiben.
Kovariante Ableitungen Die Differenzierung nach der Raum-Zeit, x = (ct, x, y, z), ist
kovariant,
∂µ ≡
∂
∂xµ
(18.22)
und das Skalarprodukt
ξµ
∂
= ξ µ ∂µ
∂xµ
ein invarianter Differentialoperator.
Die Kovarianz von ∂µ lässt sich folgendermaßen zeigen: Für eine skalare Funktion f (x)
(skalare Funktionen sind Lorentz-invariant) ist die Differenzierung entlang ξ,
d
∂f
f (x + λξ)
= ξ µ µ = (ξ µ ∂µ ) f (x)
dλ
∂x
λ=0
173
Lorentz-invariant, und somit auch ξ µ ∂µ . Damit muss also ∂µ kovariant sein.
Wellenoperator Natürlich ist der Wellenoperator
g µν ∂µ ∂ν =
1 ∂2
−∆
c2 ∂t2
invariant; dies war ja unser Ausgangspunkt. Ferner ist für jedes Vektorfeld A(x) die Divergenz
∂µ Aµ =
eine Invariante (Skalarfeld).
18.8
∂Aµ
∂xµ
Relativistische Mechanik
Wir suchen eine Lorentz-invariante Bewegungsgleichung für ein geladenes Teilchen in einem elektromagnetischen Feld, welche für kleine Geschwindigkeiten den bekannten nichtrelativistischen Grenzfall haben soll. Wir fangen mit einem freien Teilchen an.
Differentielle Bogenlänge Die differentielle Bogenlänge ds auf einer Weltlinie x(t) ist
ein Skalar,
ds
2
= gµν dx dx
µ
ν
= c2 dt2 − dx2 + dy 2 + dz 2
,
(18.23)
oder, mit der „3-er Geschwindigkeit“~v = d~x/dt,
ds2 =
und somit Lorentz-invariant.
c2 − vx2 + vy2 + vz2
dt2
Eigenzeit Die „Eigenzeit“τ ist via c dτ = ds definiert, also
dτ =
q
1
ds = 1 − ~v 2 /c2 dt
c
.
(18.24)
Da τ Lorentz-invariant ist und im Limes kleiner Geschwindigkeiten mit der Laborzeit t
übereinstimmt, ist τ die Eigenzeit, also die „Uhr“ in dem bewegten Bezugssystem.
Zeitdilatation Der in der Einleitung diskutierte radioaktive Zerfall ist als physikalischer
Prozess Lorentz invariant und läuft daher nach (18.24) n der Laborzeit dt gemäß
q
dt = γ dτ
um den Faktor γ = 1/ 1 − v 2 /c2 langsamer ab (Zeitdilation), in Einklang mit dem
Experiment, siehe (18.1).
4-er Geschwindigkeit Als „4-er Geschwindigkeit“bezeichnet man
174

dx
u =
;
dτ
(uµ ) =  q
mit (u, u) = c2 . Anlog ist der „4-er Impuls“via
c
1 − v 2 /c2

p = mu;
,q
~v
1 − v 2 /c2
mc
m~v

(18.25)

(18.26)


(pµ ) =  q
,q
2
2
2
2
1 − v /c
1 − v /c
definiert, wobei m die Ruhemasse ist. Er erfüllt stets
(p, p) = m2 c2 .
(18.27)
Lagrangefunktion Um die Lagrangefunktion für ein freies Teilchen herzuleiten gehen
wir vom Prinzip von Euler-Maupertuis (siehe Mechanik) aus, welches besagt, dass für ein
freies Teilchen die Variation der Lorentz-invarianten Wirkung
Z (2)
(1)
ds
für feste Endpunkte (1) und (2) verschwindet (Die Endzeiten sind jedoch variabel). Wir
postulieren also, dass das Prinzip von Euler-Maupertuis auch relativistisch gilt, wenn man
wie mit s einen Lorentz-invarianten Kurvenparameter wählt.
Wir multiplizieren mit (−mc) und erhalten
Z
(−mc) ds =
Z
2
(−mc ) dτ =
Das Variationsprinzip
δ
Z (2)
(1)
Z
q
(−mc2 ) 1 − v 2 /c2 dt.
|
{z
}
≡L
L dt = 0,
führt zur Definition der Lagrangefunktion
q
L = (−mc2 ) 1 − v 2 /c2 ≈ −mc2 +
m 2
v + O(v 2 /c2 ) .
2
Bewegungsgleichungen Die Lagrange-Gleichungen,
∂L
d ∂L
−
= 0,
dt ∂ ẋi
∂xi
(i = 1, 2, 3)
(18.28)
werden somit zu den Bewegungsgleichungen
d
m~v
q
= 0
dt 1 − ~v 2 /c2
welches den relativistischen 3-er Impuls
175
,
(18.29)
p~ = q
m~v
1 − ~v 2 /c2
definiert, in Einklang mit (18.26). Die Lösung von (18.29) ist natürlich ~v = konst..
Relativistische Energie Aus der Mechanik wissen wir, dass für zeitunabhängige LaP
grangefunktionen die verallgemeinerte Energie α pα q̇α − L erhalten ist. In unserem Fall
ist die Energie E
E =
3
X
i=1
p ẋ − L =
i i
=
also
E = q
q
m~v 2
2
1 − ~v 2 /c2
q
− (−mc ) 1 − v 2 /c2
m~v 2 + (mc2 )(1 − v 2 /c2 )
q
1 − ~v 2 /c2
mc2
,
E(~v = 0) = mc2 ,
1 − ~v 2 /c2
(18.30)
mit der „Ruheenergie“ E(~v = 0) = mc2 .
Energie-Impuls-Beziehung Ein Vergleich der relatistischen Energie (18.30) mit der
Definition des 4-er Impulses (18.26) zeigt, dass der 4-er Impuls die Form
E
, p~
c
hat und die Relation (p, p) = E 2 /c2 − p~ 2 = m2 c2 , siehe (18.27), somit zu
pµ =
E =
q
p~ 2 c2 + (mc2 )2
(18.31)
(18.32)
wird. Gl. (18.32) ist die berühmte Energie-Impuls-Beziehung der speziellen Relativitätstheorie.
Masselose Teilchen Aus (18.32) folgt, dass auch Teilchen ohne Masse, wie z.B. Photonen, einen Impuls
p = E/c
haben.
18.9
Relativistisches Teilchen in einem elektromagnetischen Feld
~ ~x)
Mit den Definitionen für das skalare Potential Φ(t, ~x) und für das Vektorpotential A(t,
aus Abschnitt 7.1,
~
~ = ∇ × A,
~
~ = − ∂ A − ∇Φ
(18.33)
B
E
∂t
176
können wir das kovarianten 4-er Potential
(Aµ ) :=
(18.34)
~
φ, A
definieren, wie in Kapitel 19 noch näher erläutert werden wird.
Lagrange Funktion für ein Geladenes Teilchen Mit der
der 4-er Geschwindigkeit
R
u = γ(c, ~v ), nach (18.25), könne wir die Wirkung I = (−mc2 ) dτ für eine freies Teilchen
Lorentz-invariant zu
I =
Z q
1
e
2
2
2
~
−m c − (u, A) dτ =
−mc 1 − v /c − e(φ − ~v · A) dt
c
c
|
{z
}
Z 2 2
(18.35)
L(~
x,~v ,t)
verallgemeiner, wobei wir die Lagrange
Funktion L(~x, ~v , t) definieren haben und dτ = dt/γ
q
verwendete haben, mit 1/γ = 1 − (v/c)2 .
Lagrange Gleichungen Für die Lagrange Gleichungen (18.28) brauchen wir

und

e k
e ∂Ak e X ∂Ak i
d ∂L
d 
mv k
d
mv k
q
q
+
+
=
A
=
+
v
dt ∂ ẋk
dt
dt 1 − v 2 /c2 c ∂t
c i ∂xi
1 − v 2 /c2 c
∂Φ
e X ∂Ai i
∂L
=
−e
+
v .
∂xk
∂xk c i ∂xk
Wir erhalten somit mit (18.33) die Bewegungsgleichungen
∂φ
1 ∂Ak
mv k
d
q
= e − k−
dt 1 − v 2 /c2
∂x
c ∂t
|
{z
Ek
!
}
!
k
e X i ∂Ai
i ∂A
−
v
v
,
+
c i
∂xk
∂xi
|
{z
~ k
(~v ×B)
}
für eine relativistisches Teilchen in einem äußerm elektromagnetischem Feld. Die Rechte
Seite entspricht der Lorrentz Kraft. Hier haben wir
~ k = klm vl mop ∂o Ap = (δko δlp − δkp δlo )vl ∂o Ap
(~v × B)
verwendet.
Kanonischer Impuls und Energie Der kanonische Impuls ist
p~ =
e~
∂L
=
mγ~
v
+
A,
c
∂ ~x˙
wie aus der klassischen Mechanik im nicht-relativistischem Limes γ → 1 schon bekannt.
Die erhaltene Gesamtenergie ist nach dem Satz von Noether dann
E = p~ · ~v − L = mγc2 + eΦ ,
177
~ e/c heben sich weg, die Lorentz-Kraft
wobei wir (18.30) verwendet haben. Die Terme ±~v ·A
ist keine Potentialkraft.
Teilchen im konstanten elektrischen Feld Wir haben
m~v
d
~ ,
~ + e ~v × B
q
= eE
dt 1 − v 2 /c2
c
(18.36)
~ = E0 x̂ und B
~ = 0. Mit
zu lösen, für den Fall eines konstanten elektrischen Feldes E
~v = vx̂ wird dann die Bewegungsgleichung (18.36) zu
q
mv
1 − v 2 /c2
oder
2 2
0 = m v − (eE0 t)
2
v2
1− 2
c
!
= eE0 t ,
= v
2
(eE0 t)2
m +
c2
2
!
− (eE0 t)2 .
Für die Geschwindigkeit v = v(t) erhalten wir
eE0 t
.
v = v(t) = q
m2 + (eE0 t)2 /c2
Für kleine Zeiten ist v ' eE0 t/m, für große Zeiten ist limt→∞ v = c, die Lichtgeschwindigkeit c hat also die Bedeutung einer asymptotischen Grenzgeschwindigkeit.
178
Kapitel 19
Lorentz-invariante Formulierung der
Maxwell-Gleichungen
19.1
Das vierdimensionale Raum-Zeit-Kontinuum
Das Ziel dieses Abschnittes wird es sein, einen Formalismus zu entwickeln, mit dessen
Hilfe die Gesetze der Elektrodynamik auf eine Weise geschrieben werden können, die
ihre Invarianz bezüglich Lorentz-Transformationen (LT) evident macht. Als ersten Schritt
errinnern wir an die Viererschreibweise, welche wir im Kapitel 18 eingeführt haben.
Vektorkalkül Seien ct, x, y und z Koordinaten im Minkowski-Raum. Es gelten die
folgenden Definitionen und Konventionen:
• Kontravariante Vierervektoren xµ
xµ ≡ (x0 , x1 , x2 , x3 ) = (ct, x, y, z);
µ = 0, 1, 2, 3 .
• Kovariante Vierervektoren xµ
xµ ≡ (x0 , x1 , x2 , x3 ) = (ct, −x, −y, −z);
µ = 0, 1, 2, 3 .
• Lateinische und griechische Indizes
Per Konvention steht ein griechischer Index für 0...3, ein lateinischer für 1...3.
• Summenkonvention
Die Einstein-Konvention, wie wir sie bisher verwendeten, wird nun eingeschränkt.
Summiert wird nur noch über gleichnamige Indizes, wenn sie auf verschiedenen
Ebenen stehen, d.h.
xµ xµ ≡
3
X
xµ xµ = s 2 ;
µ=0
xi xi ≡
3
X
xi x i .
i=1
• Metrik
Die Beschaffenheit, d.h. die Geometrie eines Raumes ist durch seine Metrik und damit durch sein Linienelement eindeutig festgelegt. Nach (18.23) ist die differentielle
Bogenlänge ds mit
179
ds2 = gµν dxµ dxν
(19.1)
Lorentz-invariant, wobei gµν der metrische Tensor ist.
Metrischer Tensor Im euklidischen vierdimensionalen Raum lautet die Metrik



gµν → 

1
0
0
0
0
1
0
0
0
0
1
0
0
0
0
1





.
Im Minkowski-Raum der Relativitätstheorie gilt dagegen

1
0
0
0
0 −1
0
0
0
0 −1
0
0
0
0 −1



gµν = 





(19.2)
.
Die Form des metrischen Tensors folgt unmittelbar aus der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, wie im Kapitel 18 diskutiert.
• Mit der Metrik (19.2) ist es möglich, Indizes zu heben bzw. zu senken und damit
kovariante in kontravariante Vektoren zu verwandeln und umgekehrt. Es gilt
xµ = gµν xν
und
xµ = g µν xν ,
wobei g µν die zu gµν inverse Metrik darstellt.
• Es gilt g µν = gµν denn
g µν = g µµ g νν gµ0 ν 0 .
0
0
• Die 4er-Einheitsmatrix δ µλ (das 4er Kronecker-δ) ist durch
g µλ
= g gνλ =
µν
δ µλ
=
(
0
1
µ 6= λ
µ=λ
gegeben.
• Die vertikale Positionierung der Indizes ist wichtig. Die Lorentztransformationen
Λµν und Λνµ sind i.Allg. nicht gleich, die Schreibweise Λµν unzulässig. Der erste Index
eines Tensor indiziert die Reihe, der zweite die Spalte.
Rechnen mit Tensoren Als Beispiel betrachten wir einen Tensor
Mµ
ν
=
A B
C D
!
;
(gµν ) =
180
1
0
0 −1
!
für den vereinfachten Fall von einer räumlichen und einer zeitlichen Dimension. In Klartext
haben wir
M0 0 = A
M1 0 = C
M0 1 = B
M1 1 = D
in Komponenten-Schreibweise. Es gilt
Mµν = gνν 0 Mµ ;
(Mµν ) =
ν0
und
M µν
= g
µµ0
(M µν )
Mµ0 ν ;
A −B
C −D
A −B
−C
D
=
!
!
.
Diese Beziehung zwischen (Mµν ) und (M µν ) läßt sich ohne Probleme auf den Fall dreier
räumlicher Dimensionen verallgemeinern.
Lorentz-Transformationen Wie transformieren sich Vektoren beim Übergang in ein
anderes Koordinatensystem? Was macht einen kovarianten Vektor aus? Man betrachte
die ko- bzw. kontravarianten Vierervektoren
Aµ = (A0 , −A1 , −A2 , −A3 );
Aµ = (A0 , A1 , A2 , A3 ) .
Ein Vektor ist nun dann und nur dann ko- bzw. kontravariant wenn er sich unter einer
Lorentz-Transformation Λ vom Laborsystem Σ zu einem bewegten Bezugssystem Σ0 wie
(A0 )µ = Λµν Aν ;
(A0 )
µ
= Λµν Aν ;
Λµν = gµµ0 g νν Λµν 0
0
0
(19.3)
transformiert, vergl. (18.21). Nun ist die Lorentz-Transformation eine lineare Abbildung
und daher gilt
∂x0µ
∂x0µ
ν
Λµν =
;
Λ
=
(19.4)
µ
∂xν
∂xν
wenn wir mit xµ die 4er Koordinaten im Laborsystem Σ bezeichnen und mit x0µ die im
bewegten Bezugssystem Σ0 , vgl. (18.18) und (18.22). Aus einem Vergleich der rechten und
linken Seite von (19.4) ist klar dass die Ableitung nach einem kontravarianten Vektor
kovariant sein muss und umgekehrt,
∂µ
∂
≡
=
∂xµ
!
∂ ~
,∇ ;
∂x0
∂µ
∂
≡
=
∂xµ
!
∂
~
, −∇
∂x0
,
siehe auch (18.22).
Invarianz des Skalarproduktes Lorentz Transformationen lassen per Definition die
Metrik invariant, als
(x0 |x0 ) = (x|x)
was ausgeschrieben
(x0 ) gµν (x0 )
µ
ν
= xσ gσρ xρ ,
xσ gσρ xρ = Λµσ xσ gµν Λνρ xρ
181
ergibt, vergl. auch (18.10). Diese Beziehung gilt für alle xσ und wir finden daher mit
δ λρ = g λσ gσρ = g λσ gµν Λµσ Λνρ = (Λ−1 )λν Λνρ
gσρ = gµν Λµσ Λνρ ;
|
{z
=: (Λ−1 )λν
einen Ausdruck für die inverse Lorentz-Transformation Λ−1 .
}
Wellengleichung Die Viererdivergenz
µ
∂µ A
= ∂ Aµ
µ
∂A0
:=
+
∂x0
∂A1 ∂A2 ∂A3
+
+
∂x1
∂x2
∂x3
!
1 ∂A0
=
+ ∇·A
c ∂t
(19.5)
führt via
=
:= ∂µ ∂ µ
∂2
1 ∂2
−
∆
=
−∆ .
2
∂x0
c2 ∂t2
zur Wellengleichung, welche per Definition Lorentz-invariant ist und damit ein Skalar.
Rotationen Einfache Rotationen des Koordinatensystems lassen die Minkowski-Metrik
invariant und gehhören also auch zur Gruppe der Lorentz-Transformationen.


1 0 0 0

0



0
R
0



(Λµν ) = 
Die Untermatrix R beschreibt dabei eine Rotation, also eine orthogonale Transformation
im euklidischen 3d-Unterraum, mit
(
detL = detR = 1
detL = −1
)
(
:
eigentlichen
uneigentlichen
)
Rotationen.
Boosts Lorentz Transformationen welche (ohne eine zusätzliche Rotation des Koordinatensystems) auf ein Bezugssystem transformieren, welche sich mit der Relativgeschwindigkeit v zum Laborsystem bewegt, nennt mann Boosts. Für v = (v, 0, 0) und β = v/c
gilt
x1 − βx0
x0 − βx1
01
√
,
x
=
,
x02 = x2 ,
x03 = x3 ,
(19.6)
x00 = √
1 − β2
1 − β2
also
(Λµν )
=







√1
1−β 2
√−β
1−β 2
0
0
√−β
1−β 2
√1
1−β 2
0
0
0
0
0


0 

1 0
0 1



.
Für kovariante Ortsvektoren lautet das Transformationsgesetz
x0µ = Λµν xν ,
mit
182
Λµν = gµρ Λρλ g λν ,
(19.7)
also
Λµν
=







√1
1−β 2
√β
1−β 2
0
0
√β
1−β 2
√1
1−β 2
0
0

0
0
0
0 




1 0 
0 1
(19.8)
.
Drei Rotationen um und drei Boots entlang der Raumachsen ergeben sechs unabhängige Parameter für die eindeutige Bestimmung einer LT. Man sieht das auch auf eine
alternative Weise ein.
19.2
Gauß’sches cgs-System
Für die relativistische Formulierung ist es vorteilhaft, nicht das bisher benützte MKSASystem für die elektromagnetischen Einheiten zu benützen, sondern das Gauß’sche cgsSystem. Die Maxwell-Gleichungen haben im Gauß’schen cgs-System (im Vakuum) die
Form:
∇ · E = 4πρ
∇·B = 0
(19.9)
4π
1 ∂E
∇ × B = c j + c ∂t
∇ × E + 1c ∂B
= 0.
∂t
Die Lorentz-Kraft lautet im Gauß’schen cgs-System: q E + 1c v × B .
Aus den Potentialen A und φ gewinnt man die physikalischen Felder im cgs-System via
1 ∂A
− ∇φ ,
c ∂t
(19.10)
1 ∂
φ + ∇·A = 0 .
c ∂t
(19.11)
B = ∇ × A,
E=−
die Lorentz-invarianted Lorentz-Eichung
∂µ A µ =
~ und Aµ = (φ, A) ist.
Beachte, dass ∂µ = (∂/∂x0 , ∇)
19.3
Ströme, Dichten, Potentiale
Der in den letzten Abschnitten entwickelte Formalismus stellt eine leistungsfähige Methode zur Formulierung der Elektrodynamik dar. Im Folgenden werden die Gleichungen der
Elektrodynamik so geschrieben, dass diese unter LT forminvariant bleiben.
Kontinuitätsgleichung Die Viererdivergenz (19.5) legt einen Zusammenhang mit der
Kontinuitätsgleichung nahe. Setzt man den Viererstrom
(j µ ) = (cρ, ~j)
183
in die Kontinuitätsgleichung ein, so erhählt man
0 = ρ̇ + ∇ · ~j =
1∂
(cρ) + ∇ · ~j;
c ∂t
∂µ j µ = 0
.
(19.12)
Da dies einen Skalar darstellt, ist die Gleichung Lorentz-invariant. Alle physikalischen
Gesetze müssen invariant sein, so wie die Kontinuitätsgleichung (19.12).
4er-Strom Bei der Herleitung von (19.12) haben wir stillschweigend vorausgesetzt, dass
j µ ein 4er-Vektor ist. Dafür muss sich seine nullte Komponente cρ wie eine zeitartige
Variable transformieren.
Die im Volumenelement d3 x eingeschlossene Ladung ist ρ d3 x. Das Minkowski-Volumenelement d4 x transformiert sich auf folgende Weise:
4 0
dx =
∂(x00 , x01 , x02 , x03 ) 4
d x
∂(x0 , x1 , x2 , x3 ) |
{z
}
= d4 x ,
d3 x0 d(x0 )0 = d3 x dx0 ,
= |detL| = 1
also ist d4 x eine Lorentz-Invariante. Andererseits ist wegen der Invarianz der elektrischen
Ladung
ρ
ρ0
=
.
(19.13)
ρ0 d3 x0 = ρ d3 x;
0
0
d(x )
dx0
Damit ist gezeigt, dass ρ eine zeitartige Variable ist: Sie transformiert sich wie dx0 .
Lorentz-Eichung Die Lorentz-Eichbedingung lautet
∇·A +
1∂
φ = 0.
c ∂t
Mit der Definition
wird diese zu
(Aµ ) := (φ, A)
(19.14)
∂µ Aµ = 0 ,
(19.15)
welche als Skalar wieder invariant unter Lorentz-Transformationen ist. Das gilt offensichtlich nicht für die Coulomb-Eichung ∇ · A = 0.
Vektor- und Skalarpotential in Lorentz-Eichung Die Feldgleichungen (7.9) und
(7.10)) für die Potentiale φ und A können nun in Lorentz-Eichung kompakt hingeschrieben
werden. Sie lauten zusammen einfach
Aµ =
4π µ
j
c
184
.
(19.16)
Die inhomogenen Wellengleichungen sind zu den Maxwell-Gleichungen äquivalent und die
Lorentz-Invarianz von (19.16) impliziert somit auch die Lorentz-Invarianz der klassischen
Elektrodynamik.
E- und B-Felder Mit ∂ µ =
1 ∂
, −∇
c ∂t
ergibt sich beispielsweise für die x-Komponenten
x
Ex = − 1c ∂A
−
∂t
Bx =
19.4
∂Az
∂y
−
∂φ
∂x
∂Ay
∂z
= − ∂ 0 A1 − ∂ 1 A0
= − ∂ 2 A3 − ∂ 3 A2
(19.17)
Maxwell-Gleichungen in Vakuum und Materie
Die Darstellung (19.17) der elektromagnetischen Felder legt nahe den kontravarianten
antisymmetrischen Feldstärkentensor



F µν = ∂ µ Aν − ∂ ν Aµ = 


(19.18)
.
(19.19)
0 −Ex −Ey −Ez
Ex
0 −Bz
By 


Ey
Bz
0 −Bx 
Ez −By
Bx
0
zu definieren. Seine kovariante Form erhält man durch


Fµν = gµρ F ρλ gλν = 


0
Ex
Ey
Ez
−Ex
0 −Bz
By
−Ey
Bz
0 −Bx
−Ez −By
Bx
0





Aus diesem gewinnt man den sogenannten dualen Feldstärketensor F µν über
F µν :=


1 µνλρ
ε
Fλρ = 


2

(19.20)
.
(19.21)
0 −Bx −By −Bz
Bx
0
Ez −Ey 

 .
By −Ez
0
Ex 
Bz
Ey −Ex
0
Analog zum dreidimensionalen Fall ist hier
µνλρ



+1 falls µ, ν, λ, ρ zyklisch
= −1 falls µ, ν, λ, ρ antizyklisch


0 sonst
Man sieht, dass man von F µν direkt nach F µν gelangt, wenn man B für E und −E für
B einsetzt. Mit diesen Definitionen können die Maxwell-Gleichungen äußerst kompakt
aufgeschrieben werden.
Wir bemerken noch, dass die dreier-Komponenten von F µν als


0 −Bz
By

0 −Bx 
 Bz
 = −ijk Bk
−By
Bx
0 ij
185
geschrieben werden kann.
Inhomogene Maxwell-Gleichungen Die inhomogenen Maxwell-Gleichungen lauten
unter Verwendung des Feldstärketensors einfach
4π ν
j
c
∂µ F µν =
(19.22)
,
und diese Formulierung ist, wie man leicht zeigen kann, Lorentz-invariant. Also gilt in
jedem anderen Inertialsystem Σ0 die Gleichung
4π 0ν
j .
c
Die inhomogenen Maxwell-Gleichungen (19.22) lassen sich aus der Lagrange Funktion
∂µ0 F 0µν =
I =
Z e
1 Z 4
−m c − (u, A) dτ −
d yFµν F µν
c
16πc
2 2
(19.23)
herleiten, wenn man (19.18) benutzt und (19.23) nach den Feldern Aµ variert. Siehe auch
(18.35).
Homogene Maxwell-Gleichungen Die homogenen Maxwell-Gleichungen haben die
Form
∂µ F µν = 0
(19.24)
,
wobei F µν hier der duale Feldstärketensor ist. Man kann die homogenen Gleichungen auch
mit Hilfe des Feldstärketensors F µν schreiben,
∂ µ F νλ + ∂ ν F λµ + ∂ λ F µν = 0 .
(19.25)
Diese Gleichung heißt auch Jacobi-Identität (der Beweis erfolgt einfach durch das Einsetzen der Definition (19.18)). Da aber die Null auf der rechten Seite ganz automatisch allein
durch die Definition von F µν herauskommt, sind die homogenen Gleichungen ohne jede
weitere Annahme automatisch erfüllt!
Mit anderen Worten:
Schreibt man (19.18) hin, so sind die homogenen Gleichungen bereits impliziert und damit trivial!.
Beispielsweise erhält man für µ = 0, ν = 1 und λ = 2 die z-Komponente der Induktionsgleichung,
"
1∂
∂
∂
1∂ ~ ~
~
−
Bz −
Ey +
Ex = −
B+∇×E
c ∂t
∂x
∂y
c ∂t
#
Für µ = 1, ν = 2, und λ = 3 ergibt sich
∂
∂
∂
Bx +
By +
Bz = ∇ · B = 0 .
∂x
∂y
∂z
186
=0.
z
19.5
Transformation der Felder
Es stellt sich die Frage, wie sich elektrische und magnetische Felder bzw. der Feldstärketensor unter Lorentz-Transformationen verhalten. Die universelle Transformationsvorschrift
für Tensoren zweiter Stufe lautet
(F 0 )µν = Lµλ Lνρ F λρ .
Das gestrichene System bewege sich mit der Geschwindigkeit v entlang der x-Richtung. Die
zwischen dem Laborsystem Σ und dem bewegten Bezugssystem Σ0 vermittelnde Transformation ist ein Boost der Form (19.7) und bewirkt, dass im gestrichenen System die
Felder die Form
Ex0 = Ex ,
√
Ey0 = (Ey − βBz )/√1 − β 2 ,
Ez0 = (Ez + βBy )/ 1 − β 2 ,
Bx0 = Bx
√
By0 = (By + βEz )/√1 − β 2
Bz0 = (Bz − βEy )/ 1 − β 2
(19.26)
annehmen. Die Transformationsvorschrift (19.26) vermischt die elektrischen und die magnetischen Komponenten des Feldstärketensors. Der Feldstärketensor F µν , nicht die getrennten Felder E und B, liefert die relativistisch konsequente Beschreibung des elektromagnetischen Feldes.
Transformation der Felder Die korrekte Verallgemeinerung von (19.26) für allgemeine
Geschwindigkeiten ~v lautet
mit
B0
=
E0
=
γ − 1
γ
v
×
E
B
·
v
v
−
v2
c
γ − 1
γ
γE−
v
×
B
E
·
v
v
+
v2
c
γB−
1
.
1 − β2
Die obigen Formeln machen deutlich, dass beispielsweise ein in einem bestimmten Inertialsystem rein magnetisches Feld nicht in allen anderen Inertialsystemen auch rein
magnetisch zu sein braucht. Bei der Transformation treten plötzlich elektrische Feldkomponenten auf! Das darf aber nicht zu der Annahme verführen, die Lorentz-Kraft
γ := √
Fl =
e
v×B
c
erwachse rein aus der Transformation des Magnetfeldes in das Bezugssystem eines bewegten Teilchens. Wie man sich mit Hilfe von (19.26) leicht überzeugt, gilt diese Aussage nur
in niedrigster Ordnung in v/c.
Transformation der Koordinaten Zu beachten ist, dass zu einer Transformation in ein
neues Bezugssystem immer auch eine Transformation der Raumzeit-Koordinaten gehört,
187
denn andere Koordinaten hat der dortige Beobachter ja nicht zur Verfügung. In Σ0 müssen
also die Felder als
E0 = E0 (x0 , t0 );
B0 = B0 (x0 , t0 )
ausgedrückt werden. In den Formeln (19.26) wird dieses impliziet vorrausgesetzt.
188
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